Das Vogel-Problem von Sensenmann (- Wenn ein Zauber nach hinten los geht) ================================================================================ Prolog: -------- Tony hatte absolut keine Ahnung wessen Idee es gewesen war ein Meeting ausgerechnet auf einen Freitagnachmittag zu legen. Oder vielleicht doch? Er warf einen flüchtigen Blick nach rechts. Neben ihm saß Pepper und hörte aufmerksam einem ihrer Geschäftspartner zu, während dieser einen Vortrag über Kosten und Angebot-Nachfragemodelle hielt. Tony seufzte innerlich.   Solche Meetings hatten ihn noch nie groß geschert. Die Bürokratie und Zettelwirtschaft, um die sich ein Firmeninhaber kümmern musste, war noch nie sein Metier gewesen. Nicht ohne Grund hatte er Pepper den Großteil seiner Firma überschrieben. Pepper hatte ein Händchen für solche Dinge – er nicht. Doch nachdem sie sich vor einigen Monaten getrennt hatten, hatte Pepper darauf bestanden, dass Tony wieder eine Führungsrolle bei STARK INDUSTRIES einnehmen sollte. Tony war alles andere als begeistert über diesen Vorschlag, hatte Pepper zur Liebe jedoch letzten Endes eingewilligt.     So war es auch nicht gerade überraschend, dass der Ingenieur schon fast erleichtert wirkte, als sein Smartphone mitten in der Sitzung anfing zu klingeln. Tony entschuldigte sich bei den restlichen Anwesenden und holte, unter einem tadelnden Blick von Pepper, sein Handy hervor. Für einen kurzen Moment sackte ihm das Herz in die Hose als er seinen Bildschirm entsperrte und der Name PETER PARKER als Anrufer angezeigt wurde. Es war äußerst untypisch für den Teenager, dass er Tony während einem seiner Meetings störte.   Ein mulmiges Gefühl ergriff Tony. Er stand auf und warf einen kurzen Blick zu Pepper, hielt sein Handy so, dass Pepper flüchtig Peters Namen lesen konnte. „Tut mir leid, da muss ich rangehen“, entschuldigte er sich, mehr bei ihr als bei den restlichen Gästen.    „Kann das nicht warten?“, beschwerte sich einer ihrer Geschäftspartner lauthals.   Tony drehte sich zu ihm um. Es war der, der gerade im Begriff war ihre Gewinn-Bilanzen mit nicht-aussagekräftigen Diagrammen zu untermalen.   „Nicht, wenn man Iron Man ist. Tut mir leid“, entgegnete Tony ohne auch nur im Entferntesten wirklich bedauernd zu klingen und verließ den Raum. Er schloss die Tür hinter sich und entfernte sich ein paar Schritte in Richtung Flur, ehe er das Gespräch entgegennahm.   „Hey, Pete“, meldete er sich.   „Ehm hi… M-Mister Stark…“, begrüßte ihn der Teenager am anderen Ende des Telefons.   Tony war einerseits erleichtert Peters Stimme zu hören, andererseits aber auch besorgt über dessen Tonfall. Peter stockte beim Reden - etwas das er nur machte, wenn er nervös war.   „Was ist los, Kleiner?“   „Ich… Ich habe etwas… etwas Dummes getan?“    „Definiere: Etwas Dummes von einer Skala von eins bis zehn“, antwortete er. „Wobei eins bedeutet `Ich habe meine Pyjamas anstatt mein Sportzeug eingepackt´ und zehn `Ich liege irgendwo verletzt unter Trümmern´.“   „Ehm… Acht?“   Tony seufzte innerlich und fuhr sich mit der freien Hand über sein Gesicht. Wie er befürchtet hatte. „Oh Gott, Pete. Geht es dir gut?“   „Ja. Mir schon. Aber…“   „Aber was?“, wollte Tony wissen und bemühte sich darum ruhig zu bleiben. Er mochte Peter. Der Teenager war ihm vom ersten Augenblick an irgendwie ans Herz gewachsen und schon fast eine Art Sohn für ihn, doch manchmal musste man dem Jungen wirklich alles aus der Nase ziehen.   „Also zu meiner Verteidigung: Ich wusste, dass Sie heute nicht da sind. Und Tante May kommt auch erst am Abend wieder, also bin ich nach der Schule zu Doktor Strange, weil ich dachte wir könnten weiter an den Schutzzaubern für meinen Anzug arbeiten und…“   „Was ist passiert?“, unterbrach Tony ihn, Schlimmes ahnend.   „Naja… Doktor Strange war noch beschäftigt, aber er meinte ich soll in der Bibliothek auf ihn warten und nichts anfassen. Also bin ich in die Bibliothek gegangen und… Waren Sie schon Mal in der Bibliothek? Die ist echt riesig! So etwas habe ich noch nie gesehen.“   Peter versuchte von der eigentlichen Geschichte abzulenken. Tony ahnte, was passiert sein musste. „Du hast etwas angefasst.“   „Ich habe etwas angefasst“, wiederholte Peter kleinlaut.   Tony stöhnte frustriert. „Wie schlimm ist es?“, wollte er wissen, besann sich dann aber doch eines Besseren, als er hörte, dass Peter wieder zum Erklären ausholte. „Oder nein. Warte… Gib mir am besten Stephen.“   An dem anderen Ende trat für einen kurzen Moment Stille ein. Tony glaubte im Hintergrund ein leises Tuscheln zu hören. Dann, ganz zögerlich, antwortete Peter. „Das… geht nicht.“   „Wieso?“   „Nun ja… er kann momentan nicht wirklich reden.“   Das mulmige Gefühl von vor ein paar Minuten machte sich wieder in der Magengegend des Ingenieurs breit, als er Peters Satz noch einmal in Gedanken wiederholte. Peter ging es allem Anschein nach gut… Doch Stephen…? War er verletzt? „Was genau meinst du mit `er kann momentan nicht reden´?“   Erneut schwieg der Teenager einen Augenblick lang, bevor er antwortete.  „Wong meinte es sei am besten, wenn Sie selbst kommen und es sich ansehen.“   Tony seufzte. „Peter, ich bin am anderen Ende von New York. Ich kann nicht einfach so…“ Er brach mitten im Satz ab, als sich vor ihm ein Portal auftat. Er runzelte die Stirn und legte den Kopf leicht schief um durch die Öffnung hindurch spähen zu können. Auf der anderen Seite des Tors konnte er Wong und Peter, der immer noch sein Starkphone am Ohr hielt, stehen sehen. Tony legte auf. „Habt ihr eigentlich eine Vorstellung davon wie gruselig das ist, dass ihr Zauberer genau wisst, wann ich wo stehe?“   Sobald er mit beiden Schuhen auf dem Marmorboden der Eingangshalle stand, hörte er wie sich das Portal hinter ihm mit einem leisen Zischen schloss.   Tony ließ den Blick flüchtig durch die Eingangshalle schweifen. Ihm entgingen weder Wongs ernste Miene, noch Peters beschämte und schuldbewusste Haltung. Doch viel wichtiger als diese Punkte war, dass weit und breit nichts von Stephen selbst zu sehen war.   „Okay… Wo genau ist Houdini?“, fragte er und sah dabei von Peter zu Wong.   Wong nickte leicht mit dem Kopf in Richtung des Teenagers. Tony folgte ihm mit dem Kopf und nahm erst jetzt wirklich wahr, dass Peter mit seiner anderen Hand Stephens Umhang an seine Brust gedrückt hielt. Peter und Wong tauschten einen kurzen Blick, dann steckte Peter sein Handy weg und machte einen Schritt auf Tony zu. „Hier.“, sagte Peter und hielt ihm den Umhang hin, der nun eher an ein Bündel aus rotem Stoff, als an ein magisches Cape erinnerte.   Tony runzelte angesichts dieser Geheimnistuerei irritiert die Stirn und hob fragend eine Augenbraue, als Peter ihm, äußerst vorsichtig, das Bündel überreichte. Tony stutzte. Er musste zugeben, dass der Umhang etwas schwerer war, als er es in Erinnerung hatte, aber das war auch das einzige, was „Strange“ an ihm war.   „Ich weiß ja nicht, ob euch das aufgefallen ist, aber das ist nur sein Umhang“, sagte er deshalb. „Wo genau ist der Rest von unserem Doktor?“   Peter sah für einen Moment beschämt zur Seite, dann suchte er Tonys Blick und schluckte schwer, bevor er sachte ein Stück des roten Stoffs anhob. „Das… Das ist Doktor Strange, Mister Stark.“   Tony blinzelte. Meinte der Junge das ernst? Er wollte gerade etwas vehementer wiederholen, dass es sich bei dem Umhang nicht um Strange handelte, als plötzlich ein heiseres Krächzten aus dem Inneren des Stoffbündels hallte.   „Arr…“   „Hat der Umhang gerade gekrächzt?“    Ein zweites Krächzten ertönte und nun musterte Tony den zusammengeknautschten Umhang in seinen Händen genauer. Irgendetwas im Inneren des Bündels bewegte sich. Tony stutzte. Es war zwar nicht unüblich für den Umhang, dass er sich bewegte. Im Gegenteil – Stephens Cape hatte ein gewisses Eigenleben entwickelt und Tony hatte sich bereits daran gewöhnt, den Umhang auch ohne den Arzt durch das Sanctorium schweben zu sehen. Doch das sah ganz und gar nicht danach aus, als würde der Umhang sich bewegen. Vielmehr als hätte der Umhang sich um irgendetwas gelegt, dass sich bewegte.   Neugierig schob er den Stoff etwas zur Seite und staunte nicht schlecht, als ein kobaltblauer, gefiederter Kopf zum Vorschein kam und kleine, eisblaue Augen zu ihm aufblickten.   „Stephen?“   „Arr!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)