VITANI von brightest-star (Die Geschichte der Schattenlöwin) ================================================================================ Kapitel 7: Flucht ----------------- Vitani rannte. Ihre Pfoten schmerzten, aber sie achtete nicht darauf. Ziellos lief sie über den Friedhof. In einiger Entfernung sah sie einen mächtigen Schädel aus dem Dunst aufragen... In ihrem Kopf formte sich ein Plan. Jetzt hieß es schnell handeln! Vitani drehte sich um, ihre Verfolger waren ihr dicht auf den Fersen. Sie schoss los, verringerte ihr Tempo aber nicht, als sie sich dem großen Schädel näherte. Ihre Krallen benutzte sie wie Spikes auf dem unebenen Boden. Sie nahm all ihre Kraft zusammen, jede einzelne Muskelfaser war gespannt. Dann sprang sie. Vitanis ausgefahrene Krallen bohrten sich in das Elfenbein der Stoßzähne. Schnurrhaarlänge für Schnurhaarlänge zog sie sich höher hinauf. Vitani biss die Zähne zusammen. Wenn der Plan gelingen würde und sie es auf den Elefantenschädel schaffen würde, könnte sie den Hyänen entkommen. Wenn nicht... Immer weiter arbeitete sie sich voran. Aber ihre Kräfte ließen nach. Vorsichtig blickte die kleine Löwin hinab. Shenzi, Banzai und Ed schienen tatsächlich ihre Spur verloren zu haben, fluchend schlichen sie um den Schädel herum. Vitani spürte ihr Herz pochen. Nur noch ein kleines Stück... dann wäre sie in Sicherheit. Da hörte sie es. Ein unheilverkündendes Knacken. Das konnte nur eines bedeuten. Im nächsten Moment bildeten sich erste Risse in der Schädeldecke. Panisch versuchte Vitani den Abstieg, doch dabei drohte sie am glatten Elfenbein abzurutschen. Inzwischen hatten sich die Risse vergrößert und breiteten sich immer weiter aus. Voller Angst sah die kleine Löwin ihre letzte Chance. Sie stieß sich ab – und stürzte in die Tiefe. Reflexartig gelang es Vitani, ihren Körper um die eigene Achse zu drehen, aber trotzdem war die Landung ziemlich unsanft. Als sie sich stöhnend wieder aufrichtete, sah sie gerade noch, wie der Elefantenschädel in sich zusammenstürzte. Vitanis rechte Schulter schmerzte. Erst jetzt bemerkte sie, dass die Flucht sie ziemlich mitgenommen hatte. Eine kleine Wunde klaffte an der Brust, und das linke Ohr war zerkratzt. Hungrig und müde schlich sie durch das Knochenfeld. Nun wollte sie nur noch eins: Nach Hause zum Königsfelsen! Plötzlich wirbelte sie herum. Da war doch was! So, als hätte sich jemand angeschlichen... nur dass dieser Jemand nicht so gut schleichen konnte. In diesem Moment sprang sie eine dunkle Gestalt von hinten an. Vitani hatte kaum Zeit, sich zu verteidigen, denn schon kamen die beiden anderen Hyänen dazu. Vergeblich versuchte sie sich zu befreien, sie bleckte die Zähne und schlug immer wieder mit den Krallen auf ihre Angreifer ein. Wäre doch bloß Vater hier!, dachte sie verzweifelt. Doch sie wusste, dass sie diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Geschwächt von der Flucht, hatte sie keine Chance gegen die drei ausgewachsenen Hyänen. Schon fletschte Shenzi die Zähne für den letzten Biss. Doch da wurde sie gewaltsam zurück gerissen. Banzai drehte sich blitzschnell herum – und erstarrte. Diesen Moment nutzte Vitani, um sich seinem Griff zu entziehen. Nun sah auch sie, was Banzai so erschreckt hatte: Eine junge Löwin mit hellem, cremefarbenen Fell kämpfte tapfer gegen die drei Hyänen. Mit ausgefahrenen Krallen griff sie an. Shenzi und Banzai sprangen auf den Rücken der Löwin, aber diese beförderte sie mit einem gekonnten Tatzenschlag wieder herunter. Knurrend und zähnefletschend attackierte sie Ed, der panisch kichernd zu flüchten versuchte. Nun bekam es Vitani mit der Angst zu tun. Was, wenn die Löwin auch sie angreifen würde? Sie hätte keine Chance gegen eine so starke Gegnerin. Langsam stahl sie sich davon, nicht ohne hin und wieder einen Blick auf die immer noch kämpfende Löwin zu werfen. Leise winselnd zogen Shenzi, Banzai und Ed die Schwänze ein und schlichen mit gesenktem Kopf davon. Die Löwin stieß ein markerschütterndes Brüllen aus, das Vitani einen Schauer über den Rücken jagte. Sie duckte sich tiefer auf den Boden, damit die Fremde sie nicht entdecken konnte. Nun aber sah diese sich suchend um. Bloß nicht in meine Richtung sehen!, flehte Vitani innerlich. Bloß nicht in meine Richtung, sonst ist es aus! Vorsichtig hob sie den Kopf und blinzelte direkt in zwei türkisblaue Augen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)