VITANI von brightest-star (Die Geschichte der Schattenlöwin) ================================================================================ Kapitel 12: Dürre ----------------- Einige Tage waren seit dem Zwischenfall auf dem Elefantenfriedhof vergangen. Vitani wuchs heran und bekam Unterricht im Jagen, Kämpfen und Regieren. Nachts beobachtete sie stundenlang die Sterne. Vielleicht würde sie irgendwann auch da oben sein und auf das Geweihte Land hinab blicken... Bis dahin war es allerdings noch ein weiter Weg. „Du hast eine große Zukunft vor dir!“, hatte Scar einmal gesagt. „Als Königin musst du gerecht urteilen können. Sieh deine eigenen Fehler ein... und verurteile keinen anderen dafür.“ Manchmal konnte Vitani wieder diese Schuld in Scars Gesicht sehen. Aber was hatte er getan? Wieder einmal dachte die Löwin über diese Frage nach, als sie mitten auf einem Felsen in der Savanne döste. Wenn sie wenigstens jemanden hätte, mit dem sie über all dies reden könnte... In der Ferne erkannte Vitani die Jagdpatrouille, die einem jungen Gnu hinterherhetzte. Der Beutemangel sorgte dafür, dass die Löwinnen auch junge und damit stärkere Tiere angreifen mussten. Schon sah sie, wie Hasira, eine der Jägerinnen, von einem der muskulösen Hinterbeine getroffen wurde und zu Boden stürzte. „Hasira!“, schrie Zira und ließ von dem Gnu ab. „Jirana, Kifari und Sari, ihr verfolgt dieses verdammte Gnu!“, knurrte sie. „Kivuli, lauf zum Königsfelsen und hol Hilfe! Ich bleibe inzwischen hier!“ Vitani beobachtete die Szene mit aufgerissenen Augen. Sie musste doch auch etwas tun können! Schnell sprang sie von ihrem Felsen und lief zu Zira, die sich besorgt über Hasiras Wunde beugte. Jetzt hatte sie auch Vitani bemerkt. „Die Wunde muss gestillt werden. Hol Weißmoos!“, befahl die Königin barsch. Aber Vitani wusste, dass Zira es eigentlich nicht so meinte. Sie machte sich nur Sorgen um ihre Schwester. Gehorsam lief sie los, um das Weißmoos zu holen, das sie schon bald an einem Felsen am Flussbett leuchten sah. Vitani pflückte einige Büschel Moos mit den Zähnen und rannte zu der Verletzten. „Hier.“ Zira deutete auf eine klaffende Wunde am Bauch, die stark blutete. Hasira stöhnte auf, als Vitani das weiße Moos auf die Wunde presste. In wenigen Herzschlägen färbte es sich tiefrot. Schnell wechselte sie den Moosballen aus, bevor noch mehr Blut aus der Wunde strömen konnte. „Schaffst du es bis zum Königsfelsen?“, fragte Zira besorgt. „Ich denke schon.“ Hasira biss die Zähne zusammen, während Vitani einen Moosballen nach dem anderen auswechselte. „Ich habe schon Schlimmeres überstanden. Vitani, das reicht jetzt!“ In diesem Moment kam Kivuli atemlos angerannt. „Er kommt!“ Da sah Vitani Scar. Seine schwarze Mähne und sein Fell glänzten in der Sonne, die Narbe am rechten Auge verlieh ihm ein verwegenes, fast schon majestätisches Aussehen. Seine leuchtend grünen Augen wanderten zu der verletzten Hasira. „Was ist passiert?“, fragte Scar. „Hasira wurde von einem Gnu verletzt“, berichtete Zira knapp. „Der Rest der Jagdpatrouille müsste jeden Moment hier auftauchen.“ Jetzt bemerkte Scar auch Vitani, die etwas abseits stand. „Gut gemacht!“, lobte er, als sein Blick auf die blutgetränkten Moosbüschel fiel. „Als Königin musst du deine Pflichten wahrnehmen und dich um die kümmern, die in Not sind.“ Sah Vitani da einen Funken Neid in Ziras Augen aufblitzen? Sie beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken und nickte nur. Hasira versuchte gerade vorsichtig aufzustehen. Gestützt von Zira und Kivuli, gelang es ihr, ein paar Schritte zu gehen. Nun halfen auch Scar und Vitani mit und gemeinsam gelang es ihnen, die verletzte Löwin zum Königsfelsen zu transportieren. Mit hängenden Köpfen warteten dort schon Sari, Kifari und Jirana, der Rest der Jagdpatrouille. Auch sie sahen arg mitgenommen aus: Alle hatten kleinere Kratzer und Wunden von der Verfolgung des Gnus davongetragen. Beute hatten sie keine dabei. „Die Dürre hat bereits die meisten großen Herden vertrieben. Viele Tiere sind erkrankt und... viel bleibt nicht mehr übrig...“, berichtete Sari. „Diese Trockenzeit muss doch irgendwann ein Ende haben. Seit vielen Monden habe ich keine schlimmere erlebt!“, stöhnte Jirana. „Wir sind alle hungrig, müde und geschwächt, so kann das nicht weitergehen!“, beschwerte sich Kifari. Erst jetzt bemerkte Vitani, wie ihr Magen knurrte. Seit mindestens zwei Tagen hatte sie keine Frischbeute mehr gesehen. Die Löwinnen werden von Tag zu Tag schwächer. Was ist, wenn sie nicht mehr jagen können? „Dann müssen wir wohl verhungern!“, sagte eine kalte Stimme in ihrem Kopf, die ihr einen Schauder über den Rücken jagte. „Ich schlage vor, noch eine Jagdübung mit Vitani zu machen. Sie ist, genau wie ich, eine der wenigen Unverletzten und vielleicht erbeuten wir genügend kleine Beutetiere für das gesamte Rudel.“, meinte Kivuli. „Eine ausgezeichnete Idee!“, lobte Scar, während Zira etwas skeptisch drein blickte. Vitani hingegen war hellauf begeistert. Jetzt konnte sie endlich ihre Jagdkünste unter Beweis stellen und noch dabei einen wichtigen Beitrag für das Rudel leisten! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)