VITANI von brightest-star (Die Geschichte der Schattenlöwin) ================================================================================ Kapitel 15: Geheimgang ---------------------- Vitani verabschiedete sich und rannte ins Land hinaus. Der Königsfelsen ragte vor ihr auf wie ein imposanter, steinerner Thron. Bisher hatte sie nie einen Gedanken an die beeindruckende Größe dieses Felsens verschwendet, ihn für selbstverständlich gehalten, aber jetzt fiel ihr auf, dass sie ihn noch nie gründlich erkundet hatte! Aufmerksam umrundete sie den Königsfelsen, aber schnell wurde ihr die Sucherei langweilig. Scar war heute am Wasserloch, um einen Streit um das letzte verbliebene Wasser zu schlichten, und würde deshalb erst in der Dämmerung zurückkehren. Wenn sie doch jetzt schon ein Geschwisterchen hätte! Alleine machte das alles keinen Spaß. Auf einmal fiel ihr etwas auf. Ein kleiner Spalt im Felsen, gerade groß genug, dass eine Löwin ihrer Größe hindurch schlüpfen konnte... Nur einen Moment später stand Vitani in einem steinernen Gang, der sich in den Felsen hinein grub, immer weiter in die Tiefe. „Wow!", flüsterte sie, und das Echo ihrer Worte hallte im Tunnel wider. „Ein Geheimgang!" Na, das war mal etwas, was es zu entdecken gab! Sie lief den Tunnel hinab, ihre Ohren zuckten aufgeregt. Überall hörte man gedämpfte Geräusche, einmal meinte Vitani sogar, das Trompeten eines Elefanten zu vernehmen. Es war, als wäre man unter Wasser, weit weg von der Oberfläche, die so unwirklich erschien. Je tiefer sie ging, desto kälter wurde es. Der Fels wich feuchter, von Wurzelflechten durchzogener Erde. Pfützen bildeten sich am Boden. Seltsam, dachte Vitani, dass es hier unten so nass ist, obwohl oben Trockenheit herrscht! Kleine Erdklumpen lösten sich von der Decke, als eine Herde über das Land donnerte. Ihre Hufe klangen gedämpft und weit entfernt. Wie tief sie jetzt wohl schon unter der Erde war? Der Gang verengte sich; sie musste jetzt tief am Boden geduckt weiter schleichen. So fühlt sich ein Maulwurf! Sie lachte. Sie hatte keine Angst. Sie war schließlich ein Maulwurf und der fürchtete sich nicht im Dunkeln! Mit leuchtenden Augen arbeitete sie sich weiter voran. Da! Was war das für ein Licht? Kurz musste Vitani die Augen zusammenkneifen. Einige Löwenlängen vor ihr lag der Ausgang. Sonnenlicht strahlte durch das Loch im Fels und beschien das Innere der geräumigen Höhle, in die der Gang mündete. Vitani kletterte weiter den jetzt steil ansteigenden Tunnel hinauf und lugte hinein. „Ich sage, wir tun es jetzt." Vor Schreck purzelte die kleine Löwin fast in den Gang zurück. Die Höhle war nicht leer. Vorsichtig, darauf bedacht, auch nicht ein Steinchen zu bewegen, beugte sie sich vor. In einer Ecke tigerte die wohl größte Löwin, die Vitani je gesehen hatte. Ihr räudiges Fell klebte ihr an den Rippen und die Augen waren von einem stechenden Orange. Das markanteste Merkmal waren aber wohl die schwarzen Spitzen ihrer Ohren. Allein ihre Anwesenheit verströmte etwas Unbehagliches, etwas, das Vitani kalte Schauer über den Rücken laufen ließ. Es wäre wohl besser,sie bliebe im Geheimgang. Dennoch überwog die Neugier der Prinzessin und ihre blauen Augen spähten wieder hinaus. In den Schatten bewegten sich weitere Löwinnen, auch sie sahen mager und ungepflegt aus. Mit Schrecken erkannte Vitani eine Löwin, die Nala ähnelte. Was ging hier vor? „Wir schlagen zu, bevor sie es bemerken." Die große Löwin erhob erneut die Stimme. „Der König wird noch vor Sonnenaufgang tot sein!" Vitani hatte nicht bemerkt, wie sie aufgeschrien hatte. Sie spürte nur die losen Steine unter ihren Pfoten, dann den Aufprall und die Krallen, die sich in ihren Rücken bohrten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)