Abenddämmerung von Morgi (Inu no Taishō / Inu no Kami) ================================================================================ Kapitel 1: Ahornblatt --------------------- Abenddämmerung - Ahornblatt - Autor: Beta: , Fandom: Inu Yasha Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline Triggerwarnungen: Tod, Gewalt Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen. Vorwort: Herzlich Willkommen zu einer Reise in den Osten und Westen des alten Japans, welche den Stolz zweier Hundedämonen gehörig auf den Prüfstand stellen wird. Manchmal braucht die Liebe eintausend Sommer, um zu wachsen, und eine weitere Abenddämmerung, um zu erblühen ... - - - - - - - Erste Dekade des Augusts, westliches Japan 1 Der Herbst kehrte ein, trieb die roten Ahornblätter von den Bäumen und ließ sie knisternd zu Boden gleiten. Lerchen trällerten hier und da, und gewaltige Krähen sprangen in den Ästen, als wollten sie den harschen Wind mit ihrem Flügelschlag beeindrucken. Nun, sie hatte erbärmlichere Gärten gesehen. Für einen Abend ließ es sich an diesem Platz gut aushalten, ehe sie im Gefolge ihres Vaters und einer ermüdenden Prozession in den Osten zurückkehren musste. Sie war nicht erpicht auf diese Reise gewesen, doch das Wort einer Hundedämonin bedeutete verhärmten Generälen nichts. So hatte sie wie jede Frau ihr Schicksal stumm ertragen. Eines Tages jedoch ... konnte sich all das ändern. Sie musste nur den interessantesten Fürsten beeindrucken, der ihren Weg kreuzte, aber noch war sie zu jung, zu unerfahren. Ihre Mutter hielt sie mit strengem Blick unter ihren Fittichen und weigerte sich, ihr all das zu verraten, was einen Mann für immer an sie binden konnte. Dabei hatte sie durchaus Andeutungen fallen lassen, gelächelt und ihren Fächer dazu genutzt, ihr verschmitzt auf den Handrücken zu schlagen. Ohne ihren beißenden Spott hätte sie fast erheitert wirken können. Oh, was für ein Gedanke! Vor derlei sollte sie sich lieber hüten. Die alte Fürstin des Ostens war nicht gnädiger als der Winter. Ihre Blicke glichen den eisigen Böen, die der Natur Tod und Verderben brachten, seit ihre letzte Hoffnung auf die Geburt eines Erben erstickt worden war. Ihre Befehle würde noch ein Jahrhundert für sie bindend sein. Aber dann konnte sie auf ihre eigene Ehe hoffen - ein glücklicher Tag, dafür würde sie mit den bescheidenen Mitteln einer jungen Frau schon sorgen. Auch ihrem Vater konnte es nur recht sein, wenn es ihr gelang, einen mächtigen Verbündeten für seine Kriegslisten zu gewinnen. Sein Zorn darüber, dass der erste, handverlesene Bewerber jüngst von Pantherdämonen erschlagen worden war, hatte einem halben Dutzend Vasallen den Kopf von den Schultern getrennt. Nun, sie konnte nicht behaupten, über den Verlust ihres möglichen Gatten allzu unglücklich zu sein. Er hatte sie als Welpe geängstigt, grau und aschfahl wie er gewesen war. Und sich so einem unterwerfen? Nein, nein. Sie hatte einige Tage angemessen bedrückt ausgesehen, doch zu mehr gab es keinen Grund. Zumal, nicht hier: Ihre Hofdamen umgaben sie plaudernd. Sie kicherten und schnatterten wie die Gänse der Menschen auf den ersten Stufen der Gärten. Weitläufiges Grün, umrahmt vom Rot und Gold der Ahornbäume. Die Residenz des Westens füllte sich ebenfalls hartnäckig mit Leben. Diener huschten über jahrtausendealtes Holz, das mit allerlei Verzierungen versehen war, und sie hatte schon manchen Namen der Herrschaften aufschnappen können. Sogar ein Flohgeist hatte sich hektisch über die mit Reisig bestückten Dächer davongemacht - Himmel, wie exotisch! Ihre verehrte Amme Yori war sich sicher darin gewesen, in ihm den Berater ihres Gastgebers erkannt zu haben. Wie kam man nur auf solch einen Gedanken? Wahrscheinlich galten die Hundedämonen dieser Ländereien deshalb als sonderbar, aber das wagte natürlich niemand auszusprechen. Der alte Inu no Taishou war ein grausamer, verschlagener Dämon, der Drohungen und Einschüchterungen wie eine zweite Haut auf dem Leib trug. Gut, dass sie als Fürstentochter kein Recht dazu besaß, in dessen Empfangszimmer zu knien, und zwischen Maulbeerwein und rauem Gelächter den Prahlereien der Männer zu lauschen. Hier war es ihr doch lieber. In weniger als einhundert Jahren würde sie weniger Glück besitzen. Dann musste sie aufmerksamer sein und zwischen ranghohen Dämonen bestehen. Heute gab es allerdings keine unangenehmen Überraschungen oder Gefahren für sie. Die Zeit war ihr Freund und das wusste sie durchaus zu schätzen. Zufrieden strich sich die Hundeyoukai über den glatten und makellosen Überkimono, der betörend wie das aufziehende Morgenrot schimmerte: Spinnenseide war kostbar, und die kleinen Bambuswedel-Stickereien mussten ins beste Licht gerückt sein. Jedoch ... auf einmal verstummten die Gespräche um sie herum. Huch? "Seht doch!", murmelte die Hofdame Fumi entzückt, die sich neben der Amme Yori als Erste fing. Im Gegensatz zu der alten Kinderfrau trug sie ihr Haar in Schlaufen und nahm mit einer einzigen Geste die Aufmerksamkeit aller gefangen. Ihre Hand flatterte wie ein aufgeregter Singvogel, als sie auf den kleinen, weißhaarigen Dämon deutete, der vor ihnen im Gras stand und das Kinn reckte. "Wer hätte das erwartet? Ist er nicht mutig, wie er unsere Herrin mustert? So keck war nicht einmal der erste General des hiesigen Fürsten, und ich sage euch, der trug sein Fell sogar auf den Zähnen!" Das einsetzende Gekicher sprach für sich. Nur Yoris Augen schmälerten sich beim Anblick des roten Seidenobis scharf, ehe sie keuchte: "Das muss sein Sohn sein!" "Der des Generals?", fragte Fumi heiter neben ihr. "Dann sieht er besser aus als sein Vater. Wie viele Jahrhunderte mag er zählen? Er ist doch sehr klein. Zwei?" "Sei keine Närrin, Fumi. Das ist der zukünftige Inu no Taishou!" Die Jüngere wurde blass, und prompt verneigten sich die anwesenden Frauen wie in einer Welle, befürchtete man doch eine Strafe. Ihnen allen war bewusst gewesen, dass der Sohn des Fürsten bei ihrer Ankunft geschlafen hatte - so war das üblich für junge Dämonen, die ihre Kräfte noch nicht kontrollieren konnten. Ihn nun an den Hakama-Hosen mit Dreck und Staub bedeckt zu sehen, die blitzförmigen Streifen auf den Wangen mit Erde beschmiert: Das schlug alle Erwartungen. Gästen trat man so verschmutzt nicht gegenüber, doch für eine Zurechtweisung konnte er trotzdem sorgen. Sie fürchteten nun über Stunden im Eiswasser baden zu müssen oder sich von dämonischen Energien den Rücken zerreißen zu lassen. Ungehorsam, gar Respektlosigkeit, war ein sicherer Weg in den Tod. Eine Weile geschah nichts. Schweigen lag in den Baumkronen des mächtigen Ahorns über ihnen, bis die Fürstentochter blinzelnd ihren Blick hob und die Witterung prüfte. Nein, zornig war er nicht, nur still. Beruhigt straffte sie die Schultern, auf denen federweiche Pelze im Herbstwind tanzten, dann drehte sie sittsam die Fußspitzen nach innen und kniete als Erste aufrecht. Sie konnte sich wahrlich nicht daran erinnern, wann ein Welpe sie zuletzt behelligt hatte. Für gewöhnlich schlug fremder Nachwuchs einen großen Bogen um ihre dick wattierten Säume und ahnte, dass sie keine Spiele und Neckereien schätzte. Doch dieser hier ... Verwirrend. Er reichte ihr kaum bis zur Hüfte, aber seine goldenen Augen verhießen Mut. Nun, in fünf oder sechs Jahrhunderten würde sie es nicht mehr wagen können, ihn anzusprechen. Glich er erst ihrem Alter, wäre er längst ein Mann. "Was führt Euch zu uns, mein Fürst?" Seine Miene weichte auf wie der Morgennebel. "Seid Ihr die Tochter, die Vater erwähnte? Unser unverhoffter Gast?" Der erstaunte Blick der Hundedämonin sprach für sich. Obwohl es sich nicht ziemte, zog sie die Stirn mit dem Sichelmond darauf in Falten. "Das kann ich kaum leugnen", erwiderte sie seicht. "Wir wurden einander noch nicht vorgestellt, fürchte ich." Ein großes Pech, wie sie nun erkannte. Es war kein ranghoher, alter Dämon da, der das stellvertretend tun- "Ich bin Isamu. Und Ihr?" Was? "N... Noriko." Sie konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie Fumi bereits die Lippen zu einem Kichern verzog, doch die war klug genug, sich keinen Fingerbreit aus ihrer ehrfürchtigen Haltung zu lösen. Besser, sie bügelte das aus. Kinder waren sehr aufmerksam und allmählich glaubte sie, man könne sie auf diese Weise testen - und wenn sie nicht Acht gab, auch nachhaltig blamieren. "Ich bin die jüngste Tochter meines Vaters, des Fürsten des Ostens, und-" "Ihr seid wunderschön." Angetan neigte der junge Dämon den Kopf, während sein Lächeln mühelos die blitzförmigen Male über seine Wangenknochen schob. Der Ausdruck erreichte seine Augen, die glänzten und funkelten, als könne er sich keine klügere Bemerkung vorstellen. "Wenn ich erwachsen bin", verkündete er unbekümmert, "brauche ich eine Braut. Ich hoffe, dass sie genauso anmutig sein wird wie Ihr. Leider seid Ihr bereits zu alt, aber Vaters Berater Myouga wird mich schon nicht im Stich lassen. Nun muss ich aber gehen. Mein Schwertmeister wartet und die Pflichten eines zukünftigen Fürsten dürfen nicht ruhen!" Kühn verneigte er sich, dann ging er gediegenen Schrittes fort und zottelte sich noch im Gehen eine der schneeweißen Haarsträhnen im Zopf zurecht. Falls er spürte, dass sich die Hofdamen wieder aufrichteten und vielsagende Blicke tauschten, ließ er sich das nicht anmerken. Einzig Noriko blieb sprachlos und mit offenen Lippen knien, und bettete die Hände in den Schoß. Dann sah sie zu ihrer Kinderfrau Yori. "Wurde... wurde ich gerade von einem Welpen abgewiesen?" "Ich fürchte ja, Herrin." Fumi neigte sich belustigt vor, sodass die duftenden Gräser und Halme leise raschelten. "Aber es war die bezauberndste Abweisung, die man je von einem Mann gehört hat!" "In der Tat", stimmte die Fürstentochter zu, ehe sie ihre kribbelnden Fingerspitzen in die Ärmelaufschläge zurückzog und die gerundeten Schultern wieder den üblichen Traditionen unterwarf. Was für ein eigenartiger Morgen. - - - - - - Keine Sorge: In Kapitel #2, "Birkenrinde", sehen sie sich wieder. Wie alt werden sie da wohl sein? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)