Abenddämmerung von Morgi (Inu no Taishō / Inu no Kami) ================================================================================ Kapitel 18: Schwarzkiefer II ---------------------------- Abenddämmerung - Schwarzkiefer II - Autor: Beta: Fandom: Inu Yasha Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline Triggerwarnungen: Tod, Gewalt Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld. - - - - - - - 34 Zwischen umgestürzten Lacktischen und mit Blut verschmierten, leeren Mündern staute sich der Qualm der Kohlenpfannen in einer Nebelwand, bevor der Rauch wie vom Hafer gestochen durch die aufgebrochene Regentür nach draußen floh und die Bambusmatten freigab. In der Luft lag ein unmenschliches Heulen. Miharu, die im Schatten ihres Vaters vor jedem Staubkorn beschützt wurde und mit dem Kaiken in der Hand einer Giftspinne glich, rundete eingeschüchtert die Schultern. Ihr Mut stolperte förmlich über den bebenden Boden. Chrysanthemen- und Pflaumenblütenzweige flockten wie Weidenkätzchen auf. Der Ruß kicherte. Wie... wie war das möglich? "Vater?!" "Spielereien, nichts weiter." Yuuseis fiebriges, wie Eiter tropfendes Murmeln mündete in einem Ausdruck, der schier an Wahnsinn grenzte. Dann wandte er sich geifernd und brüllend an die Kämpfenden: "Seht her!", verlangte er. "Asche, Schreie und Knochen lockten die Herrin des Hauses an! Wo bleibt die vielgepriesene Höflichkeit, die uns im Süden ziert?" Er gackerte so laut, dass es um ein Haar das Krachen der letzten, aufeinanderschlagenden Klingen verschluckte, bevor sich etliche Schwerter ineinander verkeilten und unter zornig knisternden, dämonischen Energien Köpfe gedreht wurden. "Wie lange habe ich auf diesen Tag gewartet ..." Fürst Yuusei selbst war es, der sich in seiner schwarzglänzenden Rüstung streckte, als könnte ein Reiskloß den Tintenfisch ängstigen. In voller Leibesfülle trat er vorwärts wie er es mit seinen gewaltigen Schritten gewohnt war, und stieg dabei auf den Rücken eines Leichnams, dessen Wirbelsäule schneller als ein Pinselstiel brach. Der dumpfe Aufprall am Grund erschütterte ihn wenig. "Dreitausend Jahre ist es her, keinen Tag länger. Eine Abendstunde wie diese", sagte er, während er seine fleischigen Lippen benetzte und sich einer Erinnerung hingab, die Brücken in eine gemeinsame Vergangenheit schlug. So elegant... Ob einst unter Magnolienbäumen, umringt von ihren stolzen, schweigenden Hofdamen, oder jetzt im Angesicht des Todes: Schneeweiße Pelze glitten von ihrer Schulter aus hinab und wiesen ihrem schmalen, herablassenden Lächeln den Weg in das Empfangszimmer. Alles an ihr schien unberührter, ja, frostiger zu sein als der erste Morgen eines Winters. Einzig ihre Haut schimmerte unter den goldenen Augen bereits so dünn und pergamenten, als wäre sie das letzte Mal dem Leichentuch entsprungen. Und doch... "Die Gattin des Inu no Taishous beehrt uns. Ganz allein. Hat man Euch schon die feinen Dienerinnen erschlagen, oh große Fürstin?" Yuuseis Wangen glänzten speckig, bevor er ihrem makellosen Überkimono ein Grunzen gönnte. Er leuchtete wie der steife Brokatobi, auf dem Nadelstiche die Schönheit von Kirschblüten und blutroten Spinnenlilien für die Ewigkeit festgestickt hatten. Trunken rang er nach Luft und behielt sie großzügig in den Backentaschen. Es schien, als wolle er sie ewig zwischen seinen Zähnen und der Zunge kreisen lassen, doch sein Aufschrei beendete die Freundlichkeit: "Warum bettelt Ihr nicht um das Leben Eures Hofstaats und Welpen?! Werft Euch auf den Grund! Jetzt! Ich befehle es!" Zu seinen Füßen begannen dank seiner Macht geborstene Holzstreben zu zittern, die in den Hälsen und Lenden der Leichen steckten, bis die Splitter auseinander blätterten. Aber was scherte es ihn? Aufgespießte Fische waren es, welche die Herrin der Hunde bloß eines einzigen Blickes würdigte. Sie schürzte die Lippen und tat, als hätte sie in dem Blutbad alle Zeit der Welt, um die lackierten Klauen im weiß-roten Seidenkrepp der Ärmelschleppen zu spreizen und das Verhalten der Gäste hinzunehmen. Ihr Haarschmuck, der aus Schildpattnadeln, Schmuckkämmen und Seidenblüten bestand, klirrte leise unter ihrer Kopfneigung. Aufgebrachtes, zähes Schweigen antwortete ihr. Irgendetwas tat sich in der Luft. Ein Funkeln, nein, ein gespenstisch dürres, grünes Leuchten erschien, das eiliger als ein herabfallender Wassertropfen von ihren Getas aus versickerte und in Fäden wiederauferstand. Erst, als hinter ihr ein Spinnennetz aushärtete, zog sie eine Perlenkette aus der zweiten Schleppe, an der ein schlichtes, goldenes Kleinod glänzte. "Isamu", flüsterte sie nach einer Weile gegen die schweren Atemzüge des Südens an, woraufhin die Männer prompt den Erben anstarrten und eifersüchtig erkannten, dass Fürst Yuusei nicht mehr als ihre Wangen und das aufgesteckte, silberweiße Haar zu sehen bekam. "Belästigt dich dieser Welpe im Hause deines Vaters? Ich hatte eine Brautschau erwartet. Stattdessen führen unsere Männer ihre Schwertkünste vor." "Mutter –" "Ich vergebe dir." Ungerührt sah sie unter ihren dichten Wimpern zu dem Jungen, dessen blitzförmige Streifen jedem Narren verrieten, wer ihm einst das Leben geschenkt hatte. "Heute bleibt dir die Wahl erspart, doch halte mich kein weiteres Mal für so geduldig. – Und nun, beiseite." Stutzend begriff der Süden, dass nicht nur der achthundertjährige Welpe sprang, als sei man ihm mit Kohlenstücken ins Fell gefahren. Klingen fielen polternd und klappernd so weit das Auge reichte. Die Verteidigung brach auseinander. Togas unbewaffnete Männer lachten rau, sobald die Angreifer des Südens den niederen Instinkten nachgaben und den heiter spottenden Fliehenden bis in die Ecken des Empfangszimmers hinterher setzten. Barsch trieben sie ihre Schwerter in die Brustkörbe. Blut spritzte. Die Hauptmänner und Soldaten des Inu no Taishous sackten mit einem wahnhaften Glanz in den Augen zu Boden. Vier, fünf, nein, sechs weitere Leichen. Fürst Yuusei speichelte. Er war hin- und hergerissen zwischen der schmähenden Ansprache und seiner Bestürzung, als er das Schauspiel verfolgte. Die unheilvolle Vorahnung in seiner Brust sprang ihm mit einem Schlucken bis zum Adamsapfel. Warum lächelte dieser Abschaum im Moment des Todes? Warum folgten sie dem Befehl einer Frau und opferten den Boden? Der Westen war für vieles bekannt, aber auf den Schlachtfeldern nährten die Männer den Ruf, die Unterwelt mit den Seelen ihrer Feinde zu speisen. Eine Falle? Nein, das konnte nicht sein. Da blieben nur die Fürstin, ihr Balg und eine Handvoll Hofdamen in zerschlissenen Seidenkimonos, als das Blut des letzten, furchteinflößenden Generals wie ein Brunnen aus dessen Kehle sprudelte. Ihre Überzahl hatte gesiegt! Der erste Teil der Residenz war unwiderruflich gefallen. Es gab kein Zurück mehr – und der Inu no Taishou entfaltete seine volle Kraft noch irgendwo in den höchsten Wolkenbergen. Dessen Macht durfte niemandem mehr etwas nutzen: Er würde ihm vorher die Eingeweide seiner treuen Gattin vor die Füße werfen. Wenn das kein Bannkreis hinter ihr war, sollte ihn die Hölle verschlingen. Kindische Spielereien, schrie sein Stolz. Genug der Zeitverschwendung, ehe es ihm zum Nachteil gereichte. "Macht den Weg frei!" Zischend zog Fürst Yuusei das Schwert aus der Scheide, dann fegte sein Youki als unnatürlich, giftig-gelber Schleier in den Stahl. Die dicke, gewobene Seide seines Ärmels rutschte zurück und gab Schweißtropfen in der Größe seiner Klauen preis, während sein Fuß ein Damastkissen zur Seite stieß. "Ich tilge diese Familie eigenhändig von der Welt. Komm her, mein Junge. Du schuldest mir deinen Kopf." Lüstern maß er den Welpen des Inu no Taishous, der angespannt hinter die Pelze seiner Mutter wich und dort – wie vom Donner getroffen – den Blick auf eine grauhaarige, schwer keuchende Hofdame lenkte, die gerade noch vor ihn stolpern wollte. Yuusei knurrte. Diese... diese Anmaßung! Er hielt lieber eine Rangniedere in den Farben des Ostens fest, statt noch einmal das Wort an ihn, einen Fürsten, zu richten? "Du hättest dich besser mit beiden Händen an dein Schwert geklammert!" Während Yuuseis Klinge unter der hervor brechenden Mordlust erbebte und Schlangenköpfe aus der Spitze donnerten, öffnete die Fürstin ihre Fänge und gab sich einem salbungsvollen, falschen Lächeln hin. "Beeindruckend", hauchte die Herrin des Westens, "doch Ihr kämpft nicht gegen uns Lebende. Leistet den Toten Gesellschaft, meine hochverehrten Gäste." Eine Handbewegung später flammte der Stein ihrer Halskette auf und stieß den Raum in Schwärze, tiefer und dunkler als jeder Abgrund. Unter den Füßen der ersten Dämonen entstand ein Pfad aus Erde und verwelkten Farnen. Wer nicht sprang, versank augenblicklich bis zu den Knöcheln in den lose aufeinander geschichteten Lehmklumpen. Entsetzte Schreie erklangen, die selbst Yuusei ins Mark fuhren. Was ist das für ein Zauber? Wo die Fäden des schützenden Spinnennetzes ragten, tat sich nichts. Diejenigen, die er abschlachten wollte, starrten ihn an. War das Mitleid in ihren Gesichtern? Mit ihm?! "Wehrt euch, Ihr Narren! Schützt meinen Welpen!", befahl er erregt. "Niemand fürchtet die Kräfte dieses Weibes!" Wüst schlug Yuusei in den Grund. Der Boden spie ihn dank seines Youkis wieder wie einen Pflaumenkern aus. Kurz blitzten die Streben der Bambusmatten auf, dann schwappte die Finsternis zurück: Eine Illusion! Die Hitze des eigenen Angriffs brannte auf seiner Haut, als er mit einem frisch ausgebrüteten Fluch auf der Zunge und überaus zornig auf ein Kraut trat. Dort, wo die Blattspindeln die Säume seiner Beinkleider berührten, geronnen sie zu zähem Schlick und aufkochenden Blasen. Als die ersten platzten, traten aberhunderte Lichter aus ihnen hervor. Jedes einzelne war winziger als ein Glühwürmchen. Der Feldherr in ihm, der Schlachten und Überfälle in windigen Gebirgen für sich entschieden hatte, brüllte. "Soll mich das schrecken?" Diese Energie war schwach. Ein Abglanz seiner eigenen, die seine Stoffe nun senffarben färbte. Brodelnd wie ein Vulkan richtete er sich zu voller Höhe auf, bereit, die Knochen zu verformen und brechen zu lassen. Die Herrin der Hunde lächelte still – und kaum, dass sie die bepinselten Lippen verzog, erstickten die Energien des südlichen Fürstens wie der Docht einer Kerze; kalt, nutzlos, schwach. "Wie habt Ihr –?!", zischte Yuusei erstickt, ehe er den eindeutig eingeschüchterten Mienen seiner Männer vorgriff. "Zum Teufel mit Euch! Was spielt es für eine Rolle?!" Rabiat schüttelte er die Schwerthand und entfesselte erneut, was ihm gehörte, aber die Mächte flackerten und verschwanden, kehrten auf die Klauen zurück und loderten fauchend an der Klinge empor. "Ihr könnt mich nicht mäßigen, Weib!" "Ich hörte Fliegen in den Netzen klüger sprechen. Mein Sohn war gescheiter als Ihr, als er gerade meinen Fellen entschlüpfte. Ich gebe mein Leben für das der Kinder des Westens." Zurück blieb der kühne Ausdruck in ihren Augen, während das Fleisch auf ihren Wangen in den Schatten ausmergelte. Ihr Youki floss in das Medaillon, ehe sie zu altern begann. Herzschlag um Herzschlag, rasanter als ein Wasserfall hinabstürzte, brannten Muskeln von ihren Knochen. Ihre Klauen wurden brüchig. Jahrhunderte vergingen in einem Wimpernschlag. Dann umklammerte die Hand einer Greisin das Schmuckstück. Ihre Stimme flüsterte auf dem Totenbett, das nach ihr griff. "Dient und kämpft erneut, Kinder des Westens. Tötet sie und kratzt dem Täubchen zuerst die Augen aus!" - - - - - - - Auge um Auge, Zahn um Zahn in Kapitel #19, "Schwarzkiefer III". Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)