BeyBlade in Love von nataschl91 (Staffel 3) ================================================================================ Prolog: was bisher geschah... ----------------------------- Luna Sternlieb ist anfangs das, was man eine orientierungslose junge Erwachsene nennen würde, vom äußeren Erscheinungsbild gleicht sie einer Mischung aus Punk und alternativem Hipster, was ihr nur Absagen auf Bewerbungen einhandelt...und sie ist ein riesiger Fan der Blitzkrieg Boys! Nachdem ihre Mutter sie rausgeschmissen und das Mädchen mit ihrem Vater seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte wohnt sie kostenfrei bei Jamie, einen Bekannten von früher. Die beiden führen eine eher lockere Freundschaft Plus Beziehung, bis Luna auf eine Wohnungsanzeige stößt. Diese beinhaltete, dass ein WG Zimmer frei wäre, welches sich die immer noch arbeitslose mit ihren letzten Ersparnissen gerade so leisten könnte. Jamie begleitete das Mädchen zur Wohnungsbesichtigung und als Spencer Petrov von den Blitzkrieg Boys ihnen die Tür öffnete war es bereits um sie geschehen. Voller Vorfreude und mit heftigem Herzklopfen sieht sich Luna das freie Zimmer an, erfährt von Spencer sogar, dass auch Tala und Bryan in dieser Wohnung lebten. Das wäre einfach zu perfekt! Der Blader weißt sie darauf hin, dass sie als einziges Mädchen eine eher geringere Chance auf das Zimmer hätte, woraufhin Jamie ein paar unpassende Bemerkungen machte. Gekränkt trennt sich Luna von ihm und lebt 3 Wochen auf der Straße, bis sie die Zusage für das freie Zimmer bekommt. Als wären Tala, Bryan und Spencer nicht schon hype und Gefühlschaos genug für sie gewesen zieht auch noch Kai Hiwatari kurz vor dem Mädchen in die WG ein. Nach anfänglichen Hürden und missverständlichen Konflikten miteinander raufen sich die fünf Personen dann doch zusammen und lernen einander kennen. Nach einem heftigen Streit mit Tala, in welchem er Luna klarmacht, dass er nicht im Geringsten an einer Beziehung mit ihr interessiert ist läuft das Mädchen davon und flüchtet in ein kleines Café. Marvin, der Besitzer sucht momentan händeringend nach einer neuen Kellnerin, nachdem seine letzte kurzfristig gekündigt hatte und bietet Luna einen vorübergehenden Job an, wenn sie sich die Haare ordentlich machen lässt und auf einige Piercings verzichtet. Ohne zu zögern nimmt sie an und verkündet ihren Mitbewohnern voller Freude, dass sie doch nicht ausziehen würde und endlich eine Arbeit gefunden hätte. Langsam glätten sich wieder die Wogen zwischen Tala und ihr, die beiden freunden sich sogar miteinander an. Inzwischen lernt Luna Mirka Solojow kennen, ein junges, überaus hübsches Mädchen aus Russland, welche ihr mitteilt, dass sie mit Kai verlobt sei. Die beiden erzählen ihr außerdem, dass sie zu einem uralten Clan, den Chevalier angehören, welchem mehrere Familien angehörten, so auch Adrian und Lucielle Dejeaun, ein Geschwisterpaar, das nicht unterschiedlicher hätte sein können. Luna begegnet Louis, einem überaus durchschnittlichen jungen Mann, mit welchem sie eine Beziehung eingeht, er ist ebenfalls ein großer Fan der Blitzkrieg Boys. Zur selben Zeit funkt es ebenfalls zwischen ihr und Tala, die beiden schlafen miteinander, ohne dass Louis etwas davon mitbekommt. Die BeyBlade Weltmeisterschaft steht kurz vor der Tür und zu allem Übel müssen die Blitzkrieg Boys inklusive Luna genau zu diesem Zeitpunkt die Wohnung räumen. Das Mädchen bietet sich an, während die Jungs auf Reisen sind den Umzug zu managen, was ihr mithilfe von Louis und ihrem Vater, mit welchem sie mittlerweile wieder Kontakt hat auch gelingt. Inzwischen musste Marvin das kleine Café schließen, besorgt Luna jedoch einen Job als Barkeeperin in der Discothek seines Bruders. Als die Jungs nach der Weltmeisterschaft nicht gleich wieder zurückkehren macht sich Luna große Sorgen und erfährt nach einigen Telefonaten, dass Tala schwer verletzt vor ein paar Tagen ins örtliche Krankenhaus verlegt wurde. Während ihres Besuches erscheint Rachel, Talas letzte ernsthafte Beziehung und möchte sich mit ihm unter 4 Augen unterhalten. Louis bemerkt, dass Luna ihm gegenüber immer abweisender wird und erwischt sie knutschend mit dem Chef der Blitzkrieg Boys. Völlig außer sich beendet er die Beziehung, woraufhin Luna mehrmals versucht noch einmal mit ihm darüber zu reden. Als sie ihn nach mehreren Fehlschlägen dann schließlich in der Discothek mit einem anderen Mädchen rummachen sieht kippt Luna kurzerhand einen Eimer Eiswürfel über die beiden und verliert für einige Zeit ihren Job. Während die Blitzkrieg Boys und Luna Kais Geburtstag/ Junggesellenabschied in besagter Discothek feiern möchten erzählen ihre ehemaligen Kollegen, dass sie mit dem Chef geredet hätten und es ein „Missverständnis“ gewesen sei. Luna erhält somit ihren Job als Barkeeperin wieder und wird kurz darauf auf einen Lehrgang geschickt. Bevor sie allerdings diesen antritt hat Tala, welcher mittlerweile mit Luna in einer Beziehung ist den Verdacht, dass sie schwanger sein könnte. Sie streitet es natürlich ab, weigert sich jedoch einen Schwangerschaftstest zu machen. Daraufhin verwehrt der Chef der Blitzkrieg Boys ihr den Sex, bis beide völlige Gewissheit haben, dass kein Kind auf dem Weg sei. Während Lunas Abwesenheit treffen die Jungs wieder auf Amanda, eine junge Kosmetikerin, welche seit Jahren schon für Spencer schwärmt und Ulrike, eine junge Kellnerin. Letztere war besagtes Mädchen, welche zusammen mit Louis von Luna mit Eiswürfeln überschüttet wurde und einen später One night Stand mit Bryan hatte. Während der Russe weiterhin eine rein sexuelle Beziehung mit ihr führen möchte beginnt Ulrike aufgrund seiner dunklen Vergangenheit und ihres Psychologie Studiums Interesse für ihn zu entwickeln. Trotz, dass Bryan sie abweist schneiden sich immer wieder ihre Wege, was dazu führt, dass Ulrike ihn einmal völlig betrunken nach Hause bringt und er sie im Gegenzug vor ein paar liebestollen Bargästen beschützt. Inzwischen sind Kai und Mirka verheiratet, während Spencer und Amanda einen sogenannten Probemonat zelebrieren, in der Hoffnung, der Russe würde sich später auf eine Beziehung mit ihr einlassen. Derweilen haben Tala und Luna erneute Beziehungsprobleme, da dass Mädchen jedes Mal wenn der Rotschopf in der Öffentlichkeit von Fans umzingelt wird einfach abhaut. Als er sie darauf anspricht und ihr sagt, dass er sich im Stich gelassen fühlt erwidert Luna, dass sie mit diesem Druck nicht umgehen könnte. Auf einer Benefizgala der BBA teilt Tala Luna mit, dass er sich von ihr trennen würde, da sie von Anfang an wusste, was auf sie zukommt, wenn sie mit ihm zusammen wäre. Völlig aufgelöst verlässt Luna die Gala, während Bryan Ulrike in der Bar aufsucht um mit ihr zu reden. Kai erhält ein Jobangebot von der BBA, welche ihn nur zu gerne als Trainer einstellen würde. Nach einem klärenden Gespräch mit Mirka, welche ihm verspricht immer hinter ihn zu stehen, egal für was er sich entscheiden würde, entschließt sich Kai vor dem hohen Rat zu treten. Allerdings kommt ihm Adrian zuvor und verkündet, dass er sich nach mehrmaligen schlechten Benehmen aus dem Chevalier Clan austragen lassen möchte. Tala fängt Luna beim packen ihrer Sachen ab. Die beiden schlafen miteinander und beschließen vorerst für eine ungewisse Zeit nach Russland zu gehen. Mittlerweile sind Spencer und Amanda in einer Beziehung und hatten ihr erstes Mal gemeinsam. Kapitel 1: kapitel 1 -------------------- Der eiskalte Wind peitschte ihm ins Gesicht, dicke Schneeflocken nahmen seine Sicht, während der Junge die Straße entlang rannte. Er war viel zu spät dran...schon wieder! „Das gibt Ärger!“, keuchte er, während er versuchte zwischen zwei engen Gassen eine Abkürzung zu finden, „riesigen Ärger!“ Vielleicht hätte er das letzte Match nicht mehr bestreiten sollen, dennoch war die Freude darüber, dass er mittlerweile seit drei Tagen ungeschlagen war größer als die Angst, was zu Hause gleich passieren würde. Zumindest für diesen Moment. „Bin wieder da!“, rief der Junge und öffnete schwungvoll die Tür. Augenblicklich stand sein Vater vom Esstisch auf und ging mit bereits erhobener Hand auf sein Kind zu. Die schallende Ohrfeige brannte auf dem Gesicht des Kindes, welches darauf das Gleichgewicht verloren hatte und auf seinem Hintern gelandet war, während sein Vater wütend fluchte. „Ich habe mir große Sorgen gemacht!“, schrie der Mann außer sich, „wieso kommst du nur wieder so spät nach Hause?!“ „Ich habe gebladet!“, verteidigte sich der Junge und widerstand dem Drang sich seine Wange zu reiben. Die Tränen, welche ihm bereits in den Augen standen versuchte er so gut wie nur möglich zu unterdrücken. Der Vater packte seinen Sohn am Jackenkragen und hob ihn so hoch, bis sich ihre Gesichter gefährlich nahe waren. „Du gehst nie wieder bladen! Dieses Spielzeug wird dich nicht zu einem Mann machen!“ Der Vater griff in die Jackentasche des Jungen und holte den Blade heraus, bevor er ihn auf den Boden warf und darauf trat. „NEIN!“, rief das Kind und konnte bei diesem Anblick die Tränen nicht mehr zurückhalten, „NEIN!“ „Deine Mutter und ich schuften uns die Hände wund, während du nicht in die Schule gehst und lieber mit diesen Ratten aus der Abtei spielst!“ „Das sind keine Ratten!“ „Halt dein freches Maul! Mir reicht es mit dir!“ Erneut schallte eine Ohrfeige durch den Raum und der Mann ließ seinen Sohn zu Boden fallen. Er fluchte wild vor sich her, während er immer wieder einen kräftigen Schluck Wodka zu sich nahm, sein Sohn kugelte sich vor Schmerz und Frust auf dem Boden herum. Er sammelte die letzten Reste seines Beyblades auf und dachte daran, dass er nie wieder jemanden besiegen würde… Das heute war also sein letzter Kampf gewesen… Für Ersatzteile hatte die Familie kein Geld und für einen neuen Blade schon zwei mal nicht. Nie wieder würde er dieses süße Gefühl des Triumphes kosten können… „Hör auf zu heulen!“, knurrte der Vater vom Esstisch aus und setzte erneut die Glasflasche an seinen Mund, „benimm dich endlich wie ein Mann!“ „Ich...hasse...dich!“ „Jaja“, lachte der Vater betrunken, „ich hasse dich auch. Und jetzt geh in dein Bett! Morgen wirst du wieder in die Schule gehen! Hoffentlich nehmen die dich überhaupt noch...“ „Das sag ich Mama!“ „Mach doch!“ „Mach ich auch!“ „Und was soll sie tun? Ich bin der Herr dieses Hauses! Was seid ihr beide ohne mich? Wer bringt das Geld mit nach Hause? Wer beschützt euch?“ „Du sicher nicht! Du trinkst nur noch!“ Hastig stand der Vater von seinem Stuhl auf, so dass dieser nach hinten umflog. Der Junge ballte die Hände zu Fäusten und rannte mit einem lauten Kriegesschrei auf den Mann zu, welcher schwankend vor ihm stand. Dieser packte den kleinen erneut und hob ihn mit Leichtigkeit mit nur einem Arm hoch, während der Junge wild mit den Füßen strampelte. „Wer glaubst du eigentlich das du bist?“, lachte der Vater lallend. Gefährlich knurrend sprach der Sohn ein paar Schimpfwörter aus, welche seinem alten Herren definitiv nicht gefielen. „Du kleiner Hundesohn! Bastard! Diesmal kann deine Mutter nicht dazwischen gehen!“ Mit genug Schwung ließ er das Kind erneut zu Boden fallen, ging jedoch gleich hinterher und platzierte sein Knie auf dessen Brustkorb, so dass er beide Hände frei hatte. „Undankbares Balg! Du Plage! Nichtsnutz!“ Mit jedem weiteren Wort ließ der Vater erneut seine Faust auf den Jungen nieder schnellen, egal, wo er ihn traf. Erst als er aus Mund und Nase blutend unter ihm lag ließ der Mann von ihm ab, ging zum Küchentisch und trank den Rest aus seiner Glasflasche leer. „Säufer...fick dich doch in den Arsch...“, keuchte der Junge und blickte mit leeren Augen zu ihm auf, beobachtete, wie der Vater die Flasche gegen den Tisch schlug und mit den gezackten Flaschenhals auf ihn zuging. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Spencer und Bryan hoben mit einem kaum hörbaren Ächzen die Waschmaschine hoch und navigierten sie unter Amandas Anweisungen durch den Türrahmen ins Badezimmer. An der richtigen Stelle angekommen ließen sie das schwere Gerät wieder zu Boden und schoben sie in die richtige Position, bevor Spencer den Schlauch am Wasserhahn anschloss. „Und wie lange wird diese hier unsere Wäsche waschen, bevor ihr beiden sie wieder kaputt macht??“, fragte Bryan und kratzte sich am Hinterkopf. „Die alte hat eben nicht mehr richtig geschleudert“, erklärte der Riese und tätschelte das neue Modell, „die hier wird hoffentlich länger durchhalten!“ Amanda hinter ihm grinste verlegen und wandte den Blick ab, so dass weder Spencer noch Bryan ihre Schamröte sehen konnten. Der Riese ging in die Hocke und begutachtete das leuchtende Display, pfiff sogar anerkennend. „Brauchst du mich noch?“, erkundigte sich der silbrig Haarige und stemmte locker eine Hand in die Hüfte. „Hast du‘s eilig?“, grinste Spencer und warf seinem Kumpel einen vielsagenden Blick zu, „wartet deine Kleine unten auf dich?“ „Sie ist nicht meine Kleine!“, beschwerte sich Bryan lauthals und wandte sich zum Gehen ab, „und sie wartet auch nicht auf mich!“ „Und dennoch bist du grade rot geworden!“, rief ihm Spencer hinterher. „Gar nicht!“ Eine Tür wurde schwungvoll aufgerissen und sogleich wieder zugeschmissen. Amanda blickte auf die Wand auf der Höhe, auf welcher Bryans Zimmertüre gerade noch in Mitleidenschaft gezogen wurde und schmollte. „Jetzt hast du ihn aber verletzt...“, murmelte die Frau zu Spencer, welcher eben wieder aus seiner Hocke aufgestanden war. „Bryan hält deutlich mehr aus!“, kicherte der Riese und tätschelte beruhigend ihre Schulter, „wenn du ihn mal richtig kennen gelernt hast, dann wirst du dir nicht mehr so viele Sorgen machen müssen...“ „Willst du dich nicht bei ihm entschuldigen?“ „Ich? Nein. Warum?“ „Vielleicht weint er jetzt?“ „Bryan...weint…? Das ist der beste Witz, den ich seit Jahren gehört habe! Der Kerl hat das letzte mal vor Jahren aus Schmerz geheult, weil er der festen Überzeugung gewesen war, dass er eine Jalapeño blank essen müsste...glaub mir, Amanda: der guckt sich die nächsten Stunden Pornos an, dann macht er sich über den Kühlschrank her und hockt sich danach vor den Fernseher.“ Amanda stutzte und folgte ihrem Freund in die großzügig geschnittene Wohnküche, wo sie sich gegen die Kücheninsel lehnte. „Er ist...also nicht nachtragend?“ „Bryan? Nicht das ich wüsste.“ „Er...ist allgemein ziemlich...gefühlskalt...“ „Dafür kann er nichts“, nickte Spencer und reichte seiner Freundin einen Kaffee, „die Wissenschaftler in der Abtei haben das mit ihm gemacht...“ „Du hast mir nie wirklich erzählt, was damals passiert ist...“ „Das hat seine Gründe“, lächelte Spencer traurig. „Tut mir leid.“ „Muss es nicht...irgendwann...irgendwann erzähl ich dir mal...“, murmelte Spencer und blickte ihr in die Augen. „Mich interessiert es nicht, welcher Mensch du mal warst, sondern welcher du jetzt bist.“ Die beiden sahen sich eine Zeit lang tief in die Augen, bevor die Frau um die Kochinsel herum ging und den Russen umarmte. „Alles ist gut“, lächelte sie ihn an, „solange wir zwei die neue Waschmaschine nicht wieder kaputt machen!“ Spencer kicherte und nickte. „Nur...nur müssen wir jetzt einen neuen Ort finden, an dem wir miteinander schlafen können...“, überlegte er. „Wie stabil ist dein Bett?“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Der Geschmack von Blut lag ihm seit mehreren Stunden auf der Zunge, während sich der Junge schwerfällig durch die Gassen Moskaus schleppte. Seine Schritte schmerzten bei jedem Mal wenn er auftrat, die Schnittwunde am Arm pochte und seine Sicht verschwamm immer wieder. Irgendwann sank er auf die Knie nieder, schwer atmend und spuckte das Blut aus, welches sich großzügig mit seiner Spucke vermischt hatte. „Ich...bin müde...so...müde...“, murmelte er und legte seinen geschwächten Körper in den Schnee, „schlafen...“ Ihm war nur zu gut bewusst, dass wenn er jetzt seine Augen schloss diese höchstwahrscheinlich nie wieder öffnen würde. Trotzdem tat er dies und seufzte ein letztes Mal schwerfällig in den Schnee. Wie lange er dort schon lag wusste er nicht, nur dass er weder Hände noch Füße spürte, als jemand neben ihn trat und in die Hocke ging. „Ist er tot, Meister?“ „Nein...“ Ob er seine Augen nicht mehr öffnen konnte oder wollte wusste er nicht, nur dass ihn jemand berührte und ihm das ganz und gar nicht gefiel. Er gab ein knurrendes Geräusch von sich, worauf der andere ein zufriedenes Grunzen von sich gab. Dieser Jemand rollte den Jungen auf den Rücken und pfiff anerkennend. „Dich haben sie aber ordentlich zugerichtet…!“ Der Junge stöhnte unter den Schmerzen jämmerlich auf und hob seine Augenlider für einige Millimeter. Er konnte nur schemenhaft mehrere Gestalten über sich erkennen. „Er hat mehrere Schnittwunden...sie sind aber nicht tief...mit ein paar Stichen sollten diese schnell behandelt sein.“ Der Mann äugte auf die Hand des Jungen, welcher immer noch regungslos im Schnee lag und entdeckte den kaputten Beyblade. Er grinste schief, bevor er wieder aufstand. „Du warst schon öfters bei uns...“, lächelte der Mann, „du bist der junge Blader, welcher ein paar meiner Schüler besiegt hat.“ Der Junge versuchte seinen Blick zu schärfen, was ihm jedoch nicht gelingen wollte. Stattdessen fiel sein Kopf auf die Seite, wo er in einem unnatürlichen Winkel liegen blieb. „Haben dich meine Schüler so zugerichtet?“, fragte der Mann nun in einem strengeren Ton. „N...nein...“, keuchte der Junge kaum hörbar und zuckte ein paar mal mit dem Kopf, nachdem er ihn nicht in einer verneinenden Geste bewegen konnte, „m...mein Va...Vater...“ „Ah...ich verstehe...“ Augenblicklich wurde der Junge hochgehoben und fortgetragen. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Bryan biss genüsslich in das kalte Stück Pizza, während Amanda den Kopf schief legte und seufzte. „Wenn du nur fünf Minuten hättest warten können, dann wäre das Abendessen auch fertig gewesen.“ „Aber die Pizza war auch noch da“, kaute der Junge und grinste sie an, „Spencer mag es nicht, wenn wir Essen wegschmeißen.“ „Das weiß ich...“, seufzte die Frau und rührte in dem Topf herum, „trotzdem dachte ich, wenn ich euer Lieblingsessen koche, dass auch du lieber davon isst.“ „Was soll das eigentlich sein?“ Amanda ließ augenblicklich die Schultern hängen und guckte ihn fassungslos an, während Bryan über die Kücheninsel hinweg in den Topf blickte und grinste. „Versuchst du etwa Borschtsch zu kochen?“ „Sieht es so anders aus?“ „Es riecht schon ganz anders!“ „Das war ein Rezept aus dem Internet“, gestand Amanda und klopfte den Kochlöffel ab, „anscheinend das falsche.“ Trotz ihres vermutlichen Fehlschlages tauchte die Frau einen Löffel in die Suppe und probierte. Bryan beobachtete ihre Mimik genau, bis sie die Schultern zuckte. „Und? Kann man das essen?“, grinste Bryan schief. „Ich habe noch nie vorher Borschtsch gegessen, geschweige denn gekocht. Also weiß ich auch nicht wie‘s schmecken soll.“ Bryan holte sich ebenfalls einen Löffel und schob sich die Suppe in den Mund, bevor er eine angeekelte Grimasse zog und sich die Wangen rieb und hustete. „Viel zu viel Salz“, kulchte er, „oh Gott! Meine Zunge!“ Amanda seufzte schwerfällig und massierte sich den Nacken, während der Russe sich mehrmals den Mund ausspülte. „Und jetzt?“ „Bist jetzt doch nicht so unglücklich darüber, dass wir noch kalte Pizza über haben?“ Bryan schob ihr den Karton zu und grinste noch breiter. „Du teilst dein Essen mit mir? Das ist aber nett, Bryan!“ Er guckte sie unschlüssig an, was er darauf antworten sollte wusste er nicht. Schließlich winkte er nur ab und schob den Karton noch näher an sie heran. Dann guckten beide in den Topf. „Was machen wir damit?“, erkundigte sich der Junge. „Wenn du Spencer nichts sagst, dann sage ich ihm auch nichts“, kicherte Amanda und trug den Topf in Richtung Toilette. „Ich werde mich hüten!“, lachte Bryan. Als die Frau mit dem leeren Kochtopf wieder zurück in die Küche kam spülte sie ihn sofort und stellte ihn weg. „Sag mal...“, begann sie zögernd und guckte auf Bryans freien Oberarm, wo sich eine zirka fünf Zentimeter lange helle Linie abzeichnete, „in wie viele Schlägereien gerätst du eigentlich?“ „Heute sind es nicht mehr so viele.“ „Das sieht ja übel aus...“, murmelte sie und beäugte eine weitere Narbe am selben Arm, „hast du dich...mal ge...geritzt?“ „Nö.“ „Kann man sich beim bladen so sehr verletzen?!“ „Nö.“ „Das geht mich nichts an, tut mir leid, dass ich gefragt habe.“ Bryan sah auf die Frau nieder, welche sich beschämt abwandte und einige Broschüren von Lieferdiensten studierte. „Auf was hast du Hunger?“, erkundigte sich Amanda, guckte jedoch nicht von der Liste auf. „Wenn du wissen willst, woher ich diese Narben habe, dann musst du mich schon gezielt danach fragen“, entgegnete der Russe plötzlich und machte eine winkende Geste. Amanda blickte ihn erschrocken an, nachdem sie realisiert hatte, dass sie aufgeflogen war. Sofort stammelte sie etwas unverständliches vor sich her, woraufhin der Russe nur noch breiter grinste. „Spencer und Tala mögen nicht darüber reden wollen, weil sie noch Emotionen dafür haben. Mir hat man das damals abtrainiert, also kann ich auch völlig ungeniert darüber reden.“ „Bist du nicht traurig, dass das so ist?“ „Es hat diverse Vorteile.“ „Was fühlst du überhaupt noch?“ „Im Moment Hunger“, lachte Bryan und nahm sich das letzte Stück kalte Pizza aus dem Karton. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Er hatte keine Ahnung, wie lange er geschlafen hatte, als der Junge die Augen öffnete und in einem Raum mit gedämmten Licht guckte. Er setzte sich vorsichtig auf, bemerkte die Bandagen an beiden Armen und Brustkorb. Neben seinem provisorischen Bett stand ein Stuhl, darauf eine ausgebeulte Schale mit Wasser und einem Lappen darin. „Ah...du bist also wieder wach“, ertönte eine dunkle Männerstimme. Der Junge zuckte zusammen und zog die Bettdecke bis an sein Kinn, während der Mann mit einem Tablett auf ihn zuging. „Du brauchst keine Angst vor mir zu haben...“, lächelte der Mann und stellte das Tablett ab, „ich habe dich gefunden, als du im Schnee gelegen hast.“ „Wer sind Sie?“ „Mein Name ist Boris Balkov. Und wie heißt du?“ Der Junge wich erneut zurück, beäugte jedoch das Essen auf dem Tablett. Boris lachte herzhaft auf und reichte ihm einen Teller mit einer dicken Suppe. Sofort nahm der Junge den Teller entgegen, setzte ihn an seinen Mund an trank die heiße Suppe. „Ich hätte dir auch noch einen Löffel gegeben...“, staunte Boris nicht schlecht, „allerdings hast du drei Tage geschlafen, kein Wunder, dass du Hunger hast.“ Der Junge ignorierte seine Worte und riss das Stück Brot in einigermaßen mundgerechte Happen, welches ihm gerade noch gereicht wurde. Er schlang es regelrecht hinunter, vergaß immer wieder zu kauen, weshalb er immer wieder mehrmals schlucken musste. „Mach langsam“, bat Boris, als er das Schauspiel beobachtet hatte, „dir muss das ganze Gesicht schmerzen, so viele Blutergüsse wie du hast!“ „Ich kenne keinen Schmerz!“, brummte der Junge und funkelte den Mann herausfordernd an. „So siehst du aus“, lachte Boris erneut auf, „ein richtiger Kämpfer! Willst du nicht noch stärker und furchtloser werden?“ „Meine Mutter macht sich bestimmt schon Sorgen“, widersprach der Junge und wälzte sich aus dem Bett. „Sicher. Sie ist schließlich deine Mutter. Sie muss sich Sorgen um dich machen!“ „Sie...Sie lassen mich also gehen?“ „Natürlich. Dich zwingt keiner hierzubleiben. Allerdings habe ich eine Frage an dich.“ „Ja?“ „Meinst du, dass du einen nächsten Angriff erneut überleben wirst?“ Der Junge hielt in seiner Bewegung inne und guckte Boris groß an. Dann blickte er auf seine bandagierten Arme und Beine, welche natürlich noch heftig schmerzten. „...nein...“, murmelte er schließlich kleinlaut. „Bleib bei uns“, schlug Boris vor und winkte einen anderen Jungen zu sich, „wir nehmen dich auf. Und einen neuen Blade bekommst du auch!“ „Wirklich?!“ „Natürlich. Wenn du gut genug bist, dann kannst du später mal ein erfolgreicher Blader werden.“ „Das will ich!“, schwärmte der Junge und seine Augen funkelten. „Ausgezeichnet!“ Boris gab dem anderen Jungen die Anweisung, dass er sich ab jetzt um den Neuankömmling kümmern sollte. „Das ist Spencer. Er wird dir die Abtei hier zeigen und dich zu deinem neuen Zimmer bringen. Wir reden später...“, erklärte Boris. „Bryan“, erwiderte der Junge, „mein Name ist Bryan. Ein paar Stunden später... „Sag mal, Großer...“, begann Bryan, während er Spencer durch die dunklen Gänge der Abtei folgte, „kannst du auch reden?“ „Ja.“ „Sehr gesprächig scheinst du aber nicht wirklich zu sein?“ „Ich rede nur, wenn ich gefragt werde“, antwortete Spencer knapp. „Krasse Sache.“ Die beiden Jungen liefen über den Hof zum gegenüberliegenden Gebäude, in welchem sich die Schlafsäle befanden. Spencer, welcher in einem strammen Schritt vorausging öffnete eine Tür mit quietschendem Geräusch und ließ seinen Begleiter eintreten. Der Raum war nicht sonderlich groß, hatte jedoch genug Platz für zwei Etagenbetten, einer improvisierten Kommode und einem Schreibtisch. Bryan stellte fest, dass dieses Zimmer dennoch größer war, als seines zu Hause. „Und...wo schlafe ich?“ „Dort oben“, antwortete Spencer und deutete auf eines der oberen Betten. „Und wo schläfst du?“ „Dort unten.“ Bryan stemmte die Hände in die Hüften und grinste den Jungen breit an. „Also lass dir mal eines gesagt sein: mit mir kannst du auch reden, wenn ich dich nicht nach etwas frage!“ Spencer sah auf ihn runter, verschränkte seine Arme hinter seinem Rücken und musterte Bryan ausgiebig. „Du bist aber nicht mein Herr.“ „Aber ich könnte dein Freund werden!“ Spencer hob seine Augenbrauen, sagte jedoch nichts. „Ähm...hat es dir jetzt schon wieder die Sprache verschlagen?“ „Nein.“ Bryan seufzte gespielt theatralisch, kletterte auf sein Bett hoch und guckte sich von seiner neuen Position aus noch mal im Zimmer um. Spencer ließ ihn dabei keine Sekunde aus den Augen. „Mensch jetzt weiß ich, wie es so ist, so groß wie du zu sein!“, kicherte Bryan, „du hast ja immer voll den Überblickt!“ Erneut erwiderte Spencer nichts, weshalb Bryan wieder nach unten kletterte und zu ihm aufsah. „Du bist echt ein komischer...“ In diesem Moment trat ein weiterer Junge in das Zimmer und blickte die beiden anderen mit kühlen Augen an. Während Spencer keine Mine verzog plusterte sich Bryan gleich wieder auf, schließlich zählte hier der erste Eindruck! „Du bist also der Neue?“, erkundigte sich der andere Junge. „So ist es! Ich bin Br...“ „Interessiert mich nicht.“ Bryan glotzte ihn fassungslos an. „Wie war das?!“ „Solange du mich im Beybladen nicht besiegt hast, muss ich deinen Namen nicht wissen“, zuckte der Junge mit seinen Schultern, „ich bin nämlich der Stärkste hier!“ „Ach ja? Das können wir gleich ändern!“ Bryan stellte sich dem Jungen kampflustig gegenüber, als sich Spencer wie ein Eisbrecher zwischen die beiden schob. „Du hast noch keinen Blade erhalten...“, raunte er zu Bryan runter, „geh niemals ohne Waffe in eine Schlacht!“ Der andere Junge funkelte Bryan gehässig mit seinen kalten Augen an, während dieser vor Wut zu kochen schien. Er zeigte mit dem Finger auf sein Gegenüber und seine Augen funkelten ebenfalls angriffslustig. „Sag mir, wie du heißt!“ „Warum sollte ich das tun?“ „Damit ich deinen Namen in deinen Grabstein meißeln kann, nachdem ich dich besiegt habe!“ Der andere Junge lachte schallend aus und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das wird niemals passieren!“ „Schiss?!“ Jetzt glühten die Augen des anderen Jungen und er trat ganz nah an Bryan heran. „Mein Name ist Tala...“, raunte er gefährlich leise. „Tala...“, wiederholte Bryan, „du bist derjenige, den ich besiegen werde!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Sag mal Spencer“, begann Bryan und lehnte sich weit über die Couchlehne, „Amanda und du...ihr seid doch jetzt ein Paar oder?“ „Ja.“ „Zieht sie dann auch bei uns ein?“ „Wie kommst du denn plötzlich auf sowas?“, erkundigte sich der Riese und blickte zu seinem Mitbewohner rüber. „Naja...“, überlegte dieser, „als Tala damals mit Prissilla und Rachel zusammen war, haben beide jeweils bei uns gewohnt. Ich habe jetzt nur 1 und 1 zusammen gezählt.“ „Du kannst zählen?“, grinste Spencer schief. „Stell dir vor!“, grinste Bryan zurück. „Sie hat ihre eigene Wohnung“, überlegte der Riese, „außerdem...wo soll sie denn schlafen?“ „Wir haben zwei Zimmer frei.“ „Ja, aber Tala und Luna sind nur vorübergehend in Russland. Sie kommen ja irgendwann wieder zu uns.“ „Ja, aber solange…?“ „Amanda würde dem sicherlich nicht zustimmen.“ „Dann schläft sie halt bei dir“, kicherte Bryan verschmitzt. Spencer blickte ihn fast schon erschrocken an. „Das geht nicht!“, wehrte er schließlich ab. „Wieso? Hast du Angst, dass sie dich nicht schlafen lässt?“ „Nein. Aber das geht nicht! Wir sind gerade mal 3 Monate zusammen!“ „Da war Rachel schon schwanger“, überlegte Bryan und legte den Kopf schief. Spencer winkte desinteressiert ab und widmete sich wieder seiner Aufgabe, während Bryan ihn immer noch anguckte. „Soll ich sie fragen?“, schlug er schließlich vor. „Wage es dich!“, platzte es aus dem Riesen heraus. Seine Augen waren bis aufs Maximum geweitet, er stützte sich auf der Kochinsel ab und kleine Schweißperlen rannten über seine Stirn. „Was denn?“ „Ich habe endlich eine Freundin! Ich will diese auch behalten! Wenn ich sie jetzt schon bitte, bei uns einzuziehen, dann kriegt sie es sicherlich mit der Angst zu tun, weil wir dann nur noch zusammen sind und macht Schluss mit mir!“ „Weshalb soll ich Angst kriegen?“, erkundigte sich Amanda, welche aus dem Badezimmer in die Wohnküche zu den beiden Russen kam. Ihre nassen Haare klebten noch auf ihrer Haut, während sie ungeniert ungeschminkt zwischen den beiden Jungen stand und von einem zum anderen blickte. „Ist...ist alles in Ordnung bei euch beiden?“, fragte sie vorsichtig nach. „Ja!“, antworteten Spencer und Bryan schnell im Chor. „Sicher…? Ihr zwei seid blasser als sonst...“ „Alles gut!“ „Ihr Russen habt schon eine komische Art an euch...“, gestand Amanda und rollte mit den Augen. Spencer und Bryan machten beide eine unbeholfene Geste. Die Frau lehnte sich an die Kochinsel und blickte ihren Freund gespielt herausfordernd an. „Also...was ist los? Was habt ihr ausgefressen?“, grinste sie breit. „Nichts!“, erwiderte Spencer und hob entschuldigend die Hände hoch, „du hast uns lediglich überrascht.“ „Bei was denn?“ „Ich habe Spencer gefragt, wann du bei uns einziehst“, gestand Bryan ohne sich über den Ausmaß seiner Antwort bewusst zu sein. Erst als er den Blick des Riesen vernahm schluckte er schwerfällig und zog den Kopf zwischen den Schultern ein. Amanda machte inzwischen eine gerührte Mine und legte eine Hand auf Spencers. „Bist du denn der Meinung, dass ich in eure Männer WG passen würde?“ „Mann kann nie genug weiblichen Charme haben“, lächelte Spencer ihr kurz zu, danach funkelten seine Augen wieder Bryan böse an. Keine zwei Sekunden später hielt der Riese inne und ließ sich seine eigenen Worte noch mal durch den Kopf gehen und stellte fest, dass er sich verschätzt hatte, denn Amanda lächelte ihn gerührt an. „Also wenn du das möchtest...“, begann sie und umarmte den Russen, „dann kann ich gerne ein paar mehr Sachen von mir hier lassen...“ „Ein paar Sachen mehr?“ „Das ich halt mal für mehrere Tage hier bin. Fürs endgültige umziehen ist es meiner Meinung nach noch etwas zu früh...außerdem möchte Bryan sicher auch ein paar gemeinsame Stunden mit dir verbringen!“ Die beiden Jungs warfen sich einen vielsagenden Blick zu, während Amanda lediglich nur kicherte. Kapitel 2: kapitel 2 -------------------- Spencer stand stramm am Rande des Trainingfeldes, während seine Mitschüler ihre täglichen Übungen machten. Mitten drin stand dieser Bryan, welcher dem Riesen bereits seit dem ersten Tag tierisch auf die Nerven ging. So viel reden konnte doch nicht normal sein! Und dann war er auch noch so übertrieben selbstsicher und aufgedreht, dass Spencer jedes Mal, wenn der kleine eingeschlafen war drei Kreuze machte. Gerade nutzte er die Gunst der Stunde und versuchte sich daran zu erinnern, wie lange er jetzt schon hier in dieser Abtei lebte...vergebens. Spencer hatte jegliches Zeitgefühl vollkommen verloren, aus Wochen waren Monate und daraus Jahre geworden. Während die Jahreszeiten gewechselt hatten war er hier zu dem geworden, was er nun war: einer der besten Blader der Abtei. Und er war gewachsen! Andere Jungs in seinem Alter gingen Spencer lediglich bis an die Schulter wenn überhaupt. Das sie ihn deshalb mieden und aus der Ferne anstarrten war ihm nicht entgangen, jedoch ließen sie Spencer aufgrund seiner stattlichen Körpergröße auch in Ruhe. Der Junge seufzte tief und ließ den Blick weiter abschweifen, als ihn plötzlich jemand antippte. Es war ein Neuer, welcher in mit wässrigen Augen anguckte. „Spielst du mit mir?“, wimmerte der kleine vernachlässigt. „Ich muss auf die Schüler aufpassen“, erwiderte Spencer. „Aber niemand will mit mir spielen...“ „Ich kann auch nicht mit dir spielen.“ „Och menno...“, wimmerte der kleine und ging mit hängendem Kopf wieder weg. Spencer hatte dem Kleinen noch eine Weile hinterher gesehen, bevor er sich wieder seiner eigentlichen Aufgabe widmete und die Schüler beaufsichtigte. Es verging einige Zeit, bis er erneut gestört wurde. „Guck mal!“, strahlte Bryan und trat neben den Riesen, „ich habe endlich einen neuen Beyblade bekommen!“ „Standartstück“, erwiderte Spencer ohne auf das Modell zu gucken. Für einen Bruchteil einer Sekunde zog Bryan einen Schmollmund, doch dann machte er Spencers Körperhaltung nach und guckte zu ihm hoch. „...und...du...stehst jetzt einfach nur so da?“ „Ich habe die Aufsicht.“ „Über wen?“ „Die Schüler“, raunte der Riese und blickte aus dem Augenwinkel zu Bryan runter, „bei denen du eigentlich stehen und üben solltest…!“ „Ups“, kicherte dieser und zog verspielt den Kopf zwischen die Schultern ein. Die beiden sahen auf das Trainingsfeld und beobachteten die Schüler bei diversen Übungen. Bryan stutzte und blickte erneut zu Spencer hoch. „Wieso hast gerade du die Aufsicht?“ „Weil Boris es von mir verlangt hat.“ „Warum macht er es nicht selber?“ Spencer blieb vor lauter Schreck die Luft kurz weg. Er starrte den Jungen neben sich fassungslos an und hoffte, dass ihn niemand sonst noch gehört hatte. „Sowas kannst du doch nicht so laut sagen!“, fauchte Spencer, woraufhin ihn Bryan verwundert anguckte, „der Meister hat wichtigeres zu tun!“ Sein Gegenüber zog die Augenbrauen zusammen, erwiderte jedoch nichts mehr. Stattdessen standen sie so nebeneinander, bis die Übungen der Schüler beendet waren. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Die Bar war brechend voll, als der junge Russe an der Theke Platz nahm. Einer der Angestellten erkannte Bryan, winkte ihm grinsend zu und stellte einen Wodkashot hin. „Ulli!“, rief der Mann danach und grinste noch breiter, „dein Lover ist hier!“ Bryan verschluckte sich an seinem Shot und warf dem Kerl einen fassungslosen Blick zu, woraufhin der Mann laut schallend lachen musste. „Erwischt!“, kicherte er, während eine junge Frau neben ihn trat und verlegen schmunzelte. „Wir sind nicht zusammen!“, wehrte Bryan hastig ab. „Lover meint auch nicht in einer Beziehung.“ Der Russe blickte zu Ulrike und schien eine Erklärung zu erwarten. „Ich hab nie was gesagt. Er zählt nur eins und eins zusammen“, erwiderte sie schulterzuckend, „du sitzt jeden Abend wenn ich Schicht habe bis Feierabend hier und gehst mit mir raus. Noch nie darüber nachgedacht, dass das Aufsehen erregt?“ „Ich errege gleich was ganz anderes“, brummte Bryan verärgert, so dass Ulrike ihn sprachlos anstarrte, „dafür musst du nur ein paar Zentimeter näher kommen!“ „Du wirst mir hier nicht an den Möpsen herum spielen!“, raunte sie, lehnte sich gegen den Tresen und seufzte, „war dein Tag auch so stressig wie meiner?“ „Nö.“ „Ach stimmt ja...du arbeitest ja nicht.“ „Das klingt jedes Mal so abwertend, so wie du es sagst.“ Ulrike warf ihre langen braunen Haare über eine Schulter und lächelte verlegen. „Wieso willst du immer wissen, was ich den ganzen Tag über so mache?“ „Smalltalk mit meinem Stammkunden.“ „Ach ja? Ich denke ehr, dass du wieder in meinem Kopf herum spuken willst!“ „Bryan ich spuke dir nicht ihm Kopf herum, ich studiere Psychologie weil ich später mal Menschen helfen will.“ „Genau das macht ihr Seelenklempner doch! Ihr faselt irgendwas und die Leute glauben euch!“ „Das sind Politiker.“ Bryan überlegte für einen kurzen Moment, dann tippte er mit dem Zeigefinger auf die Holzplatte und funkelte die Frau herausfordernd an. „Was liegt dir auf der Zunge?“, grinste diese und legte den Kopf schief. „DA! Du tust es schon wieder!“ „Jeder hätte dir eben angesehen, dass du was sagen willst...“ „Dann seid ihr eben alles Psycho...klempner...“ „Schön, dass du nicht mehr den Ausdruck von damals sagst...“ „Du meinst…?“ „Nein. Sag ihn nicht! Bitte. Du hast mich damals echt gekränkt!“ „Das hast du mich spüren lassen“, brummte Bryan, „wir hatten zwei Wochen keinen Sex...“ „Du hättest zwei Monate lang keinen Sex verdient nach sowas!“ „Wieso bist du so fies zu mir?“ „Ich begleiche nur Rechnungen, damit wir quitt bleiben“, zwinkerte sie ihm zu, „das hast du mir selber beigebracht.“ Stolz rümpfte der junge Russe die Nase hoch in die Luft und plusterte seine Brust auf, Ulrike musste sich ein auflachen verkneifen bei diesem Anblick, als er beinahe vom Hocker fiel. Gerade noch so konnte sich Bryan im Gleichgewicht wieder fangen. „Junge so viel hast du doch noch gar nicht getrunken“, bemerkte Ulrike und guckte ihn prüfend an, „hast du doch noch nicht oder?“ „Nein“, meinte Bryan zögernd. „Wie viel hast du denn heute schon getrunken…?“ Die beiden warfen sich einen vielsagenden Blick zu. „Bryan…?“ „Ich habe zwei Bier auf den Weg hierher getrunken“, gestand er. „Doch so wenig?“, fragte die Frau überrascht, „bist du krank? Oder brütest du was aus?“ „Seh ich etwa aus wie ein Huhn?!“ Ulrike guckte Bryan fassungslos an und schüttelte den Kopf. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Spencer lag wach ins seinem Bett und starrte auf die Matratze über sich, auf welcher Bryan schlief. In dem Schlafraum war es bis auf ein paar wenige röchelnde Geräusche ruhig, ab und zu hörte Spencer die Wache auf dem Flur patrouillieren. Als es später an der Tür zum wecken klopfte hatte Spencer das Gefühl gehabt, lediglich für ein paar Minuten die Augen geschlossen zu haben. Mühselig raffte sich der Junge auf und streckte sich, wie es die beiden anderen Jungs im Schlafraum auch taten. „Oh man hab ich einen Kohldampf...“, gähnte Bryan über Spencer und ließ die Füße vom Bett baumeln, „ich könnte einen ganzen Topf voll mit Mutters Eintopf verputzen!“ Über Spencers Gesicht huschte ein kurzes Lächeln, bevor er endgültig aufstand und seine Stiefel anzog. Tala stand ihm gegenüber, bereits fertig angezogen und packte seinen Beyblade in die dafür vorgesehene Tasche. Dieser Junge… Der Riese warf ihm einen verstohlenen Blick aus dem Augenwinkel zu, während er in seine Jacke schlüpfte und sie schloss. Tala Ivanov war zirka ein dreiviertel Jahr vor Bryan hier angekommen, mit leerem Blick und völlig abgemagert. Niemand hatte ihn richtig wahr genommen, nicht einmal Spencer selbst. Doch vor ungefähr drei Monaten war irgendwas mit ihm passiert, was den Jungen komplett geändert hatte… Seine Ausstrahlung war eisig kalt geworden, seine Augen versprühten dieses gewisse Funkeln, was jedem in der Abtei einen Schauer über den Rücken jagte und er war innerhalb von fünf Tagen der beste Blader in dieser Abtei geworden. „Beeil dich gefälligst“, raunte Tala in diesem Moment und holte Spencer aus deinem Grübeln, „wegen dir kommen wir noch zu spät und bekommen nichts zu essen!“ „Bin ja schon fertig“, gab Bryan im selben Ton zurück und stemmte die Hände in die Hüften, „willst du dir deine Frisur noch schnell richten?“ Die beiden Jungen standen sich bis auf wenige Zentimeter gegenüber, Bryan einen halben Kopf kleiner als Tala. Sie blickten sich tief in die Augen und während Spencer schon mit dem schlimmsten rechnete kam einer der Aufseher und bemerkte, dass sie endlich kommen sollten. Gerade noch gut gegangen, dachte sich der Riese und lief hinter Tala und Bryan her, als sie in den Speisesaal eintraten. „Wehe dir, wenn du dich neben mich setzt“, fauchte Bryan gespielt dem rothaarigen Jungen zu und funkelte ihn giftig an. „Dasselbe wollte ich dir gerade auch sagen“, raunte Tala ohne ihn anzusehen. „WAS?!“ Bevor Bryan irgendetwas machen konnte hatte Spencer seine Hand auf dessen Schulter gelegt und nur den Kopf geschüttelt. „Du bist auf seiner Seite?“, fragte der Junge fassungslos, während Tala sich bereits gesetzt hatte. „Ich bin auf niemandes Seite.“ „Warum hältst du mich dann zurück?!“ „Weil deine Verletzungen gerade erst verheilt sind. Oder bist du so scharf drauf, dir gleich neue zu holen?“ Bryan guckte verwundert zu dem Riesen auf. Machte er sich etwa Sorgen um ihn? „Mit dem Rotschopf werde ich schon fertig!“, gab Bryan stolz von sich und klopfte sich auf die Brust. „Überschätze dich nicht“, murmelte Spencer und nahm sein Frühstück entgegen, „ich habe gegen Tala gekämpft und es war die Hölle für mich.“ „Du hast verloren?!“ „Haushoch. Ich hatte nie eine Chance gehabt.“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Zeigst du mir bitte, wie man Borschtsch kocht?“ Spencer blickte Amanda fragend an, während er mit ihr gemeinsam die Einkäufe einräumte. Für einen kurzen Moment hielt er inne, dann grinste er und nickte. „Klar kann ich dir zeigen wie man Borschtsch kocht.“ „Das ist lieb von dir!“ „Kein Problem.“ „Wo ist eigentlich…?“ „Bryan ist in der Badewanne.“ „Ach so.“ „Willst du nachsehen, ob sein Wasser noch warm genug ist?“, grinste Spencer breit, woraufhin Amanda ihm einen gekünstelten giftigen Blick zuwarf. „Er wird schon nicht ertrinken“, gab sie schließlich von sich, „der Kerl ist ja ‚nur‘ einen Kopf kleiner als du.“ Der Riese blickte kurz auf, schien etwas zu überlegen, musste dann dennoch schmunzeln. „Woran denkst du?“ „Ach nichts...nur von früher was...“ Amanda machte einen traurigen Dackelblick, sagte jedoch nichts. „Kannst du dir vorstellen, dass Bryan bis vor ein paar Jahren mal kleiner als Tala war?“ „Du verarscht mich…?“ „Nein.“ „Wie kam dann die Wende? Hast du ihn einer Fruchtzwergetherapie unterzogen?“ „Die beiden konnten sich anfangs überhaupt nicht leiden. Die haben sich gehasst!“ „Ich dachte immer, dass ihr drei so eng befreundet seid“, murmelte Amanda und blickte in Richtung Badezimmer, „ihr macht auf mich den Eindruck, dass es Liebe auf den ersten Blick war!“ „Keineswegs“, kicherte Spencer und stützte sich auf die Kücheninsel ab, „Tala...Tala ist als kleines Kind mal in die Wolga gefallen und fast ertrunken. Er kann bis heute nicht schwimmen und braucht auch mehrere Anläufe um in die Badewanne oder mit uns ins Schwimmbad zu gehen...von Entspannung oder Spaß kann da auch kaum die Rede sein. Als wir noch in der Abtei gelebt haben...konnten sich Bryan und Tala wie gesagt anfangs nicht leiden. Bis...zu...jenem...Tag.“ „Spencer...“ „An diesem Tag wäre Tala beinahe erneut ertrunken...wir hatten uns alle drei gegen unseren Lehrer aufgelehnt und er statuierte an ihm ein Exempel. Bryan hat ihn gerettet.“ „Und...das war der Tag, an dem ihr alle drei Freunde wurdet?“ „Tala und Bryan begruben ihr Kriegsbeil und wir wurden Freunde, ja.“ In diesem Moment kam Bryan entspannt laut stöhnend auf dem Badezimmer, lediglich ein Handtuch um seine Hüften gewickelt. „Zieh dir was an“, grinste der Riese und stützte sich auf die Kücheninsel, „der Fotograf ist schon wieder weg!“ „Wieso sagst du das andauernd zu mir? Hast du etwa Angst, dass deine Freundin Gefallen an meinem Körper finden könnte?“, grinste der andere breit und fuhr sich seine definierten Bauchmuskeln nach. Spencer hob ungläubig die Augenbrauen, während Amanda lediglich kicherte und den Kopf schüttelte. „Du bist ziemlich selbstsicher, kann das sein?“ „Lady!“, rief der Russe triumphierend aus und streckte seine Arme aus, „also bitte! Wann hast du das letzte Mal so einen makellosen Körper gesehen?“ Amanda schielte zu Spencer rüber und biss sich auf die Unterlippe: „Gestern Nacht.“ „In your face“, lachte der Riese und gab seiner Freundin ein high five. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Tala Ivanov beschleunigte seinen Schritt, als er an einem Obst- und Gemüsestand am Marktplatz vorbeiging und schnappte sich unauffällig einen Apfel. „HEY! DIEB!“, rief ihm sofort jemand hinterher, woraufhin der Rotschopf schnell wegrannte. Anscheinend war er nicht unauffällig genug gewesen. Er bog in eine Seitenstraße und zwängte sich durch einen Spalt, bevor er in die Hocke ging und horchte. „Wo ist der Junge hin?“ „Keine Ahnung. Aber er ist auf jeden Fall hier entlang!“ „Such ihn! Wenn ich ihn diesmal in die Finger kriege, dann blüht ihm sein wahres Wunder!“ Für einen Moment verweilte Tala in seinem Versteck, bis er sich entschied den Apfel hier und jetzt zu essen. Genüsslich biss er ein großes Stück ab und kaute genüsslich. In der Abtei gab es viel zu selten Obst, weshalb der Junge jeden weiteren Bissen in vollen Zügen genoss und sogar das Kerngehäuse mitaß. Das nächste Mal würde er sich gleich zwei Äpfel nehmen! Vorsichtig blickte er durch den Spalt hindurch und prüfte, ob die Luft wieder rein war. Langsam schlich er in die entgegen gesetzte Richtung und versuchte in der Menschenmasse auf dem Marktplatz unter zu gehen. Geschickt schlängelte er sich durch das Geschehen und fand sich am Ufer der Wolga wieder, wo ein paar Kinder Steine in den Fluss warfen. Neugierig beobachtete er sie für eine Weile, wie sie sich freuten, wenn sie weiter als ihr Vorgänger geworfen hatten. „Was für ein sorgenfreies Leben...“, seufzte der Rotschopf und ließ die Schultern hängen. Er setzte sich auf eine Holzbank, welche nicht weit von den Kindern stand und guckte ihnen noch eine Weile lang zu, bis er plötzlich gepackt und hochgezogen wurde. „HAB ICH DICH ENDLICH!“ Der Obstverkäufer schlug Tala sofort mit der flachen Hand ins Gesicht und packte ihm am Arm. „Bin gespannt, was deine Eltern dazu sagen werden, dass du schon wieder bei mir geklaut hast?“ „Lass mich los!“ Triumphierend zog der Mann den Jungen hinter sich her und ging an seinen Stand zurück, wo er Tala am Handgelenk hochzog. „WEM GEHÖRT DIESER BÄNGEL?!“, rief er dann über den kompletten Platz. Die Passanten blickten auf die Beiden, einige Tuschelten sofort, andere gingen nach einem kurzen Blick einfach weiter. „Zeig mir wer deine Eltern sind!“ Tala warf dem Mann einen frechen Blick zu, schwieg jedoch. Erneut bekam er eine schallende Ohrfeige. „DU SAGST MIR JETZT SOFORT WO DEINE ELTERN SIND!“ „Der Junge ist aus der Abtei“, gab plötzlich jemand von sich. Der Mann starrte vom Passanten zu Tala und wieder zurück. Augenblicklich wurde sein griff fester um dessen Handgelenk. „Auch noch eines dieser Waisenkinder! Unerzogen obendrein! Das wird Balkov aber nicht freuen, wenn ich einen seiner Jungen erneut beim klauen erwischt habe!“ Keine halbe Stunde später stand der Mann zusammen mit Tala an den großen Toren der Abtei und klopfte kräftig dagegen. Der Magen des Jungen drehte sich sofort um, als Boris höchstpersönlich die Tür öffnete und auf ihn nieder blickte. Seine Augen wurden für eine Sekunde zu dünnen Schlitzen und pure Enttäuschung sprach aus ihnen. „Gehört der zu Ihnen?“, erkundigte sich der Obstverkäufer. „Allerdings. Das ist einer meiner Schüler...hat...er was angestellt?“ „In der Tat! Er hat schon wieder bei mir geklaut!“ „Schon wieder?“ „Zum dritten Mal!“ Boris sog die Luft langsam ein und blickte erneut auf den Jungen runter, welcher in diesem Moment den Apfel am liebsten wieder ausgekotzt hätte. „Das...das tut mir sehr leid...ich werde natürlich für Ihre Entschädigung aufkommen.“ „Kümmern Sie sich lediglich darum, dass der Bengel nicht mehr bei mir klaut!“ „Ich werde mich höchstpersönlich darum kümmern“, versprach Boris und legte eine Hand auf Talas Schultern. Als sich die schweren Tore hinter ihnen mit einem langen quietschenden Geräusch schlossen und Boris mit dem Jungen einen der dunkeln Flure entlangging versuchte Tala so ruhig wie nur möglich zu bleiben. Immerhin war er der beste Blader der ganzen Abtei, was könnte ihm also schon passieren, außer dass Boris ihn kurz zurecht weisen würde? Als der Mann jedoch die Tür zu einem Raum öffnete, welchen Tala nur zu gut kannte wurden seine Beine weich und gaben augenblicklich nach. „Stell dich nicht so an!“, fauchte Boris und zog den Jungen am Arm mit sich mit, „meinst du tatsächlich, dass ich so ein Verhalten durchgehen lasse? Gerade bei dir?!“ „Boris!“, flehte Tala und versuchte sich dagegen zu stemmen, „bitte! Ich hatte Hunger!“ „Du bist übermütig geworden, Tala. Es wird Zeit, dich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück zu holen!“ „NEIN! BITTE NICHT!“ „Hol du die anderen beiden! Anscheinend wurde meine Autorität in letzter Zeit zu oft untergraben. Wenn ich schon dabei bin, dann mach ich gleich einen Rundumschlag“, brummte Boris einem Aufseher zu, welcher sofort losging. Er zog noch einmal kräftig an Talas Arm, so dass der Junge mit zu viel Schwung nach vorne flog und unsanft auf seiner Seite zum liegen kam. Er kauerte einige Zeit so auf dem Boden und hoffte, dass er im Moment nur einen Albtraum hatte. „Steh auf, Tala“, mahnte Boris und zog seinen schweren Mantel aus. Als der Rotschopf weiterhin regungslos auf dem kalten Steinboden liegen blieb stampfte der Mann entnervt auf ihn zu und zog ihm am Kragen hoch. „Boris...bitte...nicht...“, wimmerte der Junge und dicke Tränen liefen bereits über seine Wangen. „Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du dir so etwas zu Schulden kommen lässt!“ In diesem Moment kam der Aufseher mit Bryan und Spencer zurück, welche mit großen Augen auf Boris und Tala guckten. „Ich gebe euch ein zu Hause. Ich gebe euch Essen! Ein Bett! Ich bilde euch zu den besten Bladern der Welt aus und womit dankt ihr mir das?!“ Die Stimme des Mannes wurde immer lauter, sodass Spencer und Bryan die Köpfe einzogen, während Tala versuchte sich aus dem Griff zu befreien. „Ungehorsam! Ignoranz! Diebstahl! Das ist also euer Dank für meine Bemühungen?!“ Boris packte Tala am Schopf und hielt ihn fester denn je, so dass der Junge vor Schmerz noch lauter wimmerte. Bei diesem Anblick wurde Spencer und vor allem Bryan ganz anders. Der Mann blickte einmal in die Runde und stellte fest, dass er diesmal mehr als nur eine Standpauke und feste Griffe anwenden musste, also gab er einem Aufseher ein kurzes Zeichen und dieser legte einen großen Glastank frei, welcher zur Hälfte im Boden eingelassen war. „NEIN! NICHT INS WASSER!“, rief Tala aus Angst. „Ich hoffe für dich, dass der Apfel köstlich war...“, raunte Boris und gab dem Jungen einen Schups. Mit einem uneleganten Bauchplatscher tauchte der Rotschopf in Tank ein und wedelte wild mit seinen Armen um sich. Spencer schnellte sofort einen Schritt nach vorne, doch zwei Aufseher hielten ihn zurück. „Was? Willst du mir erneut widersprechen?“, fragte ihn Boris herausfordernd. „N...nein!“, stotterte der Riese und blickte aufgeregt zwischen Boris und Tala hin und her, „er kann aber nicht schwimmen…!“ „Das weiß ich.“ „Und jetzt wollen Sie ihn einfach ersaufen lassen?“, meldete sich jetzt auch Bryan zu Wort. „Du auch noch! Willst du auch in den Tank?“ Bryan hielt in seiner Bewegung inne und blickte ebenfalls auf den großen Glaskasten, worin sich Tala immer noch abstrampelte. Der Junge biss die Zähne so heftig zusammen, dass es schmerzte. Er konnte den Rotschopf nicht ausstehen, dass war Tatsache. Dennoch konnte er nicht einfach so tatenlos zusehen. „Ihr drei habt euch zu den besten Bladern dieser Abtei heraus kristallisiert. Ihr seid die drei, welche ich besonders viel Aufmerksamkeit gab und ihr bringt mir seit dem nichts als Undankbarkeit entgegen! Das kann ich nicht dulden!“ Talas holte ein letztes Mal tief Luft, bevor sein erschöpfter Körper völlig Unterwasser tauchte. Hier und dort versuchte er noch einmal nach oben zu kommen...erfolglos. Spencer und Bryan starrten auf den Jungen, wie er immer tiefer in den Tank sank und kaum noch Regungen von sich gab. Boris verschränkte die Arme vor seiner Brust und guckte kurz auf seine Armbanduhr. Wie lange es wohl dauern würde, bis der Schock richtig saß? Bryan löste sich zuerst aus seiner Starre und blickte zu Spencer. Der Riese zitterte am ganzen Körper, seine Augen waren zwar auf den Tank gerichtet, aber er sah mehr hindurch als direkt hin. Bryan ballte seine Hände zu Fäusten und gab ein knurrendes Geräusch von sich, bevor er seine Jacke von sich riss und auf den Wassertank zu rannte. Mit einem ziemlich ungeschickten Köpfer tauchte er in das eisig kalte Wasser ein und griff nach dem Jungen, welcher mittlerweile regungslos im Wasser dümpelte. Als er wieder aufgetaucht war blickte er zu dem Riesen rüber. Dieser verstand sofort und eilte zu den beiden. „Ich hab euch!“, meinte Spencer und zog die Jungen mit Leichtigkeit aus dem Tank. Bryan kniete sich neben Tala, welcher die Augen immer noch geschlossen hatte und grübelte. „Weißt du, wie das geht?“ „Ich habe keine Ahnung!“ „Verdammte Scheiße! Mein erster Kuss soll kein Junge sein und schon gar nicht der!“, fluchte Bryan und raufte sich die Haare. Spencer blickte verwirrter denn je zwischen den beiden hin und her, blickte schließlich auf, um Boris um Hilfe anzuflehen, doch der Mann war inzwischen schon gegangen. „Sie haben uns alleine gelassen“, stotterte der Riese und riss die Augen ängstlich auf, „was machen wir jetzt?“ „Argh!“, fluchte Bryan immer noch, schwang eines seiner Beine über Tala und schlug ihm einmal kräftig mit der Faust auf den Brustkorb. Sofort riss der Rotschopf wieder die Augen auf und spuckte hastig das Wasser aus seinen Lungen, bevor er die Situation wieder richtig einzuschätzen versuchte. Verwirrt sah er Bryan mit großen Augen an, beinahe schon fassungslos. Er stützte sich auf seine Ellbogen und holte tief Luft. „Lass stecken“, grummelte Bryan und ließ erschöpft die Schultern sinken, „ich habe es nicht für dich getan...“ Kapitel 3: kapitel 3 -------------------- Ulrike eilte mit einem Wäschekorb zwischen Schlafzimmer und Bad hin und her, stopfte ihre Waschmaschine voll und schaltete diese ein, als es an ihrer Türe klingelte. „Oh!“, stöhnte sie und drückte auf den Summer, welcher die Haustüre öffnete, „mein Essen!“ Voller Vorfreude auf den Lieferanten riss sie ihre Wohnungstüre auf und blickte in die grünen Augen Bryans. „Oh...“, gab sie stutzig von sich und ließ die Schultern hängen. „Du hast dich auch schon mal mehr gefreut mich zu sehen“, bemerkte er und trat selbstverständlich in die Wohnung. „Eigentlich habe ich jemand anderes erwartet...“, schmollte sie und schloss die Türe wieder. Bryan fuhr herum und blickte sie groß an: „Was? Wen?“ „Mein Essen. Ich habe mir heute mal was beim Lieferservice bestellt.“ Augenblicklich atmete Bryan erleichtert auf und schmiss seine Jacke an die Garderobe, wo sie nicht hängen blieb und zu Boden glitt. Ulrike beobachtete dies und seufzte erneut, hing die Jacke ordentlich auf und holte den Staubsauger heraus. „Bei dir war es auch schon mal sauberer“, grinste der Russe schief und schlüpfte aus seinem Oberteil, bevor er sich auf ihr Bett hockte. „Ey!“, rief das Mädchen schon fast wütend aus, „es tut mir unendlich leid, dass ich gerade im Prüfungsstress bin und deshalb keine Zeit hatte aufzuräumen!“ „Es gefällt mir, wenn du sarkastisch wirst! Das turnt mich voll an!“ Ulrike warf ihm einen vielsagenden Blick zu, während er es sich bereits auf ihrem Bett gemütlich gemacht hatte und darauf tätschelte. „Du könntest mich aber auch mal vorwarnen, wenn du kommst!“ „Das habe ich das letzte Mal zu dir gesagt!“, beschwerte er sich im selben Tonfall. „Kommen in Form von erscheinen, Bryan! Nicht ejakulieren!“ „Als du mir mal gesagt hattest, dass ich auch mal so vorbeikommen soll war das dann auch sarkastisch gemeint?“ „Nein war es nicht. Außerdem meinte ich es so, dass wir mal was anderes machen außer vögeln.“ Bryan warf ihr einen fassungslosen Blick zu, während Ulrike ihre Wohnung wie ein Blitz durch saugte. Als sie das Gerät wieder weg geräumt hatte und er immer noch so guckte fragte sie ihn was denn los war. „Was sollen wir denn außer Sex noch machen?“, wollte er ahnungslos wissen. „Ähm...du könntest mich von meinem Stress ablenken, den ich gerade habe, wie ich dir eben gesagt habe?“ „Aber wie soll gerade ich dich da ablenken?“, wollte Bryan wissen und blickte sich an seinem nackten Oberkörper runter, „außer mit Sex?“ Ulrike stöhnte genervt auf und rang mit ihren Händen, damit sie ihm keine Kopfnuss gab. Nach ein paar Minuten purem Schweigens stemmte sie ihre Hände in die Hüften und machte eine ziemlich undeutliche Geste. „Wir könnten auch mal ins Kino gehen. Oder in die Sauna, oh Bryan ich LIEBE Sauna! Falls du allerdings durch deine letzten Saufeskapaten kein Geld mehr hast, dann lass uns doch einfach spazieren gehen…? Das Wetter wird endlich wieder schöner.“ Der Russe starrte sie mit offenem Mund an, setzte sich wieder auf und schüttelte den Kopf, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen. „Was nein? Zu Kino, Sauna oder spazieren gehen?“, erkundigte sich Ulrike, nachdem ewig keine Antwort von ihm kam. „Zu allem!“, beschwerte er sich und stand vom Bett auf, „das sind alles Sachen, was Pärchen machen! Zumindest tun das Amanda und Spencer immer!“ Das Mädchen lachte hell auf und ging an die Wohnungstür, nachdem es erneut geklingelt hatte. Gierig schob sie sich ihr Essen mit einer Gabel in den und, während Bryan immer noch auf eine Erklärung zu warten schien. „Ich...“, murmelte Ulrike und schluckte ihr gekautes Essen, „ich kann aber nicht jedes mal wenn du hier bist mit dir Sex haben...“ „Warum nicht? Ist unser Sex so schlecht?!“ „Bryan, unser Sex ist mittlerweile so gut geworden, dass sogar ich kommen kann...solange ich oben bin...“ Sie zuckte mit den Schultern, unterdessen zog er sich sein Oberteil wieder an und verschränkte seine Arme über der Brust. „Es ist nur so...“, begann sie erneut und kaute auf einem Stückchen Fleisch, „ich habe demnächst Berufsorientiertes Praktikum. Sprich ich werde abends nicht mehr in der Bar arbeiten, sondern in einem Krankenhaus.“ „WAS? Für wie lange?!“ „Zirka 12-16 Wochen...wie lange genau hängt davon ab, wie gut ich bin. Ich darf unter einem der besten Ärzte lernen, dass ist die Chance für mich!“ „Ich mag Ärzte nicht.“ „Ich weiß.“ „Und jetzt? Treffen wir uns für diesen Zeitraum gar nicht mehr?“ „Ich habe nicht mehr so viel Zeit, aber ich habe dir drei Möglichkeiten genannt, die ich mir finanziell und zeitlich auch leisten kann.“ „Diesen Pärchenscheiß?“ „Bryan wir können von mir aus auch Essen bestellen und privat Fernsehn gucken...ich möchte nur nicht jeden Tag beziehungsweise Abend in meiner Wohnung verbringen! Apropos wieso sind wir eigentlich ständig in meiner Wohnung?“ „Du hast nie gefragt, ob wir auch mal zu mir können“, zuckte er mit seinen Schultern. „Ach stimmt ja. Du willst ja nach allem gefragt werden...“ „Wieso streitest du jetzt mit mir?“ „Ich bin gestresst! Guck mal ich esse sogar im Stehen! Außerdem kommt es in einer Beziehung mal vor, dass man sich zofft.“ „Wir sind aber nicht in einer Beziehung!“ Ulrike hielt inne und guckte ihn herausfordernd an, während Bryans grüne Augen abwertig aufleuchteten. „Wir haben nie definiert, was wir da haben...“, murmelte das Mädchen und stellte ihr Essen auf dem Schreibtisch ab. „Was gibt es da bitte zu definieren? Wir ficken miteinander. Punkt.“ „Fühlst du wirklich rein gar nichts außer sexuellem Verlangen für mich?“ „Wenn ich weiter so nah an deinem Essen stehe krieg ich auch Hunger“, gestand Bryan und stutzte. „Du weichst mir aus! Ich will das jetzt geklärt haben!“, entschied sie und stellte sich schützend vor ihr Essen. „Da gibt es aber nichts zu klären“, schüttelte der Russe den Kopf. „Bryan...“ „Nein! Ich hab kein Bock auf sowas! Ich mach Schluss!“ „Damit du Schluss machen kannst müssten wir erst mal in einer Beziehung sein“, grinste die Frau und wippte herausfordernd mit den Augenbrauen. „ARGH! DU! RAUS AUS MEINEM KOPF!“ „Ich hab noch nicht mal angefangen in deinem Kopf zu spuken, also was willst du von mir?“m kicherte Ulrike triumphierend. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Spencer richtete sich schweißgebadet mit einem tiefen Stöhnen von der Couch auf und hielt sich an der Lehne fest, während Amanda immer noch nach Luft rang. „Oh mein Gott!“, rief sie schließlich und grinste lüsternd, „wo hast du das denn her?“ „Hat es dir gefallen?“, keuchte er und wischte sich den Schweiß mit dem Arm von der Stirn. „Hast du mich nicht gehört? Das war der Hammer!“ Spencer nickte triumphierend und sammelte ihre Klamotten vom Boden auf. „Also…? Wer hat dir das gezeigt? Tala? Bryan?“ „Ein Magier verrät niemals seine Tricks“, zwinkerte der Riese ihr zu und half der Frau auf. „Von mir aus kannst du das öfters machen. Himmel! So hart gekommen bin ich schon lange nicht mehr!“ Sofort blickte Amanda zu Spencer und streichelte mitfühlend seinen Arm. „Vor deiner Zeit versteht sich!“ „Dann haben wir die Couch also auch gemeistert. Was kommt als nächstes?“ Bevor sie antworten konnte wurde die Wohnungstür aufgeschmissen und ein paar Stiefel flog durch den Flur. Sofort schmiss Spencer eine Decke über seine Freundin und schlüpfte in seine Shorts, bevor Bryan wütend in die Küche gestampft kam. Sein Gesicht war hochrot und er schien die beiden eiskalt zu ignorieren, als er in den Kühlschrank griff und schockiert feststellte, dass kein Wodka mehr drin war. „Was zum…?“ „Was suchst du?“, erkundigte sich der Riese und stellte sich vor Amanda, so dass sich diese schnell anziehen konnte. „Seit wann haben wir keinen Wodka mehr verflucht?!“ „Den letzten hast du doch geleert.“ „Ja ich weiß, aber wann zum Teufel war das?“ „Dienstag…?“ „Dienstag?!“ „Müsste ziemlich am Anfang der Woche gewesen sein. Wenn du jetzt unbedingt was trinken willst, es ist noch Bier auf dem Balkon.“ „Das ist Limonade für mich“, brummte Bryan und schmiss den Kühlschrank wieder zu. „Ich habe meinen Likör von letztens dagelassen“, machte sich Amanda bemerkbar und der Russe zuckte zusammen. „Alter! Seit wann bist du da?!“ „Seit...länger schon?“ „Es müsste auch noch fertig gemischtes da sein. Was ist passiert, dass du so aufgebracht bist?“, erkundigte sich der Riese. „Oh Ulrike!“ „Ach ne...“, seufzten Amanda und Spencer im Chor, „hattet ihr euren ersten Streit?“ „Von ihr kam die ganze Zeit nur mimimimi, während ich schon halb nackt auf ihrem Bett liege und sie ignoriert mich! Ist das zu fassen?!“ „Hast du wenigstens auch nur eine Sache von dem mimimimi behalten?“ „Dann würde er es nicht so aussprechen...“, murmelte Spencer und schüttelte den Kopf, „du bist eben fett geworden, Bryan. Wird langsam wieder mal Zeit für dich ins Fitnessstudio zu gehen.“ „WAS?!“ Bryan hob augenblicklich sein Oberteil bis zum Kinn hoch und zeigte Amanda seinen Oberkörper. „Findest du, dass ich fett geworden bin?!“ „Naja“, überlegte die Frau und legte den Kopf schief, „kann sein, dass man die Sehnen am Sixpack nicht mehr so definiert sieht…wieso? Hat sich deine Schnecke etwa beschwert?“ „Sie hat mir Pärchenzeug vorgeschlagen, da Madame jetzt Prüfungsstress hat“, gab Bryan in einer übertrieben hohen Stimme von sich und fuchtelte mit seinen Händen, „ich habe jetzt nicht mehr so viel Zeit, aber wir können ins Kino, Sauna oder doch lieber spazieren gehen!!“ Amanda und Spencer warfen sich einen breit grinsenden Blick zu, während sich der andere Junger immer noch aufregte. „Aber Bryan...man kann auch ins Kino oder spazieren gehen ohne in einer Beziehung zu sein...“, meinte Amanda schließlich. „Bäh! Ekelhaft!“ „Du Idiot hättest sie in der Sauna knallen können“, kicherte der Riese und zeigte seinem Kollegen den Vogel. „ICH IDIOT!“ „Jap. Genau das bist du. Während Ulrike sich Gedanken um euch beide macht, dass es nicht langweilig wird hast du nur das eine im Kopf. Warum denkst du eigentlich immer nur ans vögeln?!“ „Ich wollte mit ihr Schluss machen“, meinte Bryan plötzlich und schob sich Chips in den Mund. Spencer und Amanda starrten ihn mit offenen Mündern und Augen an, wechselten sprachlos einen vielsagenden Blick und guckten dann wieder zu ihm rüber. „Du hast WAS?!“, fragten die beiden im Chor. „Ich habe nicht ich wollte“, berichtigte er, „aber diese Psychotussi spukt mir die ganze Zeit im Kopf rum, so dass ich weich geworden bin!“ „Was hat sie gesagt?“ „Bryan, um mit mir Schluss machen zu können müssten wir erst in einer Beziehung sein!“, wiederholte er ihre Worte erneut mit übertrieben hoher Stimme. „Ähm...da hat sie auch vollkommen Recht“, bemerkte Amanda, „ihr seid meines Wissens...seid ihr jetzt zusammen oder nicht?“ „Warum fragt mich das jeder?!“ „Naja...“, zuckte Spencer mit seinen Schultern, „es wird langsam schwierig da noch eine Grenze zu ziehen. Als Außenstehender versteht sich.“ Bryan verdrehte die Augen und griff erneut in den Kühlschrank, diesmal um sich was zu essen zu suchen. „Du hast doch hoffentlich nichts unanständiges zu ihr gesagt?“, fragte der Riese herausfordernd. „Oh bitte! Ich habe nur unanständiges Zeug zu ihr gesagt!“ „Er meinte, dass du nichts unüberlegtes zu ihr gesagt hast“, berichtigte Amanda Spencers vorherige Aussage. „Ich sagte zu ihr, dass sie diesen Pärchenkram mit jemand anderes machen kann, aber nicht mit mir.“ „Du DIOT!“, rief Spencer verärgert aus und raufte sich die Haare, bevor er um die Kücheninsel herumging und Bryan am Ohrläppchen zog, „weißt du was du damit angestellt hast?“ „AUAUAUAUAUAUAUA!“ „IDIOT!“ „Du wiederholst dich! Komm auf den Punkt!“ „Du hast ihr damit gesagt, dass sie sich einen einsichtigeren Betthasen suchen soll!“ „HÄ? Nein hab ich gar nicht!“, beschwerte sich der Russe und rieb sein Ohr, während er Amanda einen fragenden Blick zuwarf. „Im Grunde genommen hast du genau das zu ihr gesagt...tut mir leid um deine Lustgrotte.“ Bryan starrte fassungslos zwischen Spencer und Amanda hin und her, bevor er endlich das Ausmaß seiner Worte verstand und sich sein Mund zu einem verärgerten dennoch stummen Schrei verformte. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Boris trat neben Spencer, während er wieder einmal die Schüler unter seiner Aufsicht hatte und warf ihm einen prüfenden Blick zu. „Meister?“, raunte der Junge, ohne seinen Blick von den Schülern zu nehmen. „Ich habe eine neue Aufgabe für dich. Du musst ein paar Besorgungen machen.“ „Natürlich!“ Spencer wurde sofort von jemand anderem abgelöst und folgte Boris wortlos bis zum vorderen Hof der Abtei. Dort angekommen überreichte der Mann dem Jungen eine Liste mit diversen Stichpunkten. Spencer überflog diese kurz und nickte Boris anschließend vielversprechend zu. „Ich erwarte dich vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück!“, mahnte der Mann und gab Spencer ein Zeichen, dass er gehen konnte. Er wusste genau, wo er die einzelnen Dinge bekommen würde und um ein besonders großes Lob zu erhalten nahm der Riese die Beine in die Hand und sputete sich in die Innenstadt Moskaus. Er klapperte die einzelnen Geschäfte ab und trug nach zwei Stunden stolz die Tüten wieder in Richtung Abtei, als ihm eine Gruppe Kinder entgegen kam. Sie blieben bei Spencers Anblick stocksteif auf der Straße stehen und starrten ihn nur groß an, während er sie keines Blickes würdigte, sondern nur das Lob von Boris im Kopf hatte und einfach an ihnen vorbei ging. Als er schon längst genug Abstand zwischen sich und die Kinder gebracht hatte tuschelten diese und einer bückte sich und hob einen Stein auf. „Du bist ein Monster!“, schrie eines der Kinder und warf mit Steinen auf den Riesen. „Ich...aua...ich bin doch kein Monster!“, wehrte Spencer ab und versuchte die fliegenden Wurfgeschosse so gut wie nur möglich abzufangen. Er stellte die Taschen zu Boden, um sich besser verteidigen zu können, machte aber keinerlei Anstalten auf die Jungs zu zu gehen. „Verschwinde du Monster!“ „Ja genau, verschwinde dahin, woher du gekommen bist!“ Spencer entschied, dass es fürs erste das Beste sei, wenn er sich doch zurückzog. Er wandte sich von den mit Steinen werfenden Kindern ab und ging ein paar Schritte, als plötzlich einer der Jungen von hinten heran rannte und nach ihm trat. „Ah!“, rief Spencer schmerzerfüllt aus und knickte ein. Er rieb sich das schmerzende Bein, während besagter Junge erneut zutrat, diesmal noch kräftiger. „Was soll das?!“, fragte der Riese ihn fassungslos, in der Zwischenzeit waren noch mehr Kinder auf ihn zugerannt. „Du bist NICHTS ohne deinen Meister! GAR NICHTS!“ „Du wehrst dich ja nicht mal!“ „Ohne einen Befehl von dem alten Mann tut der gar nichts! Los auf ihn!“ Die Jungs stürzten sich auf Spencer, welcher mittlerweile auf seinen Knien war und besprangen ihn, traten und schlugen nach ihm. Das ist also Schmerz…, dachte sich Spencer, während er alle Hände damit zu tun hatte, die kleinen Plagen von sich zu werfen. Er drückte seine Beine durch und stand auf, worauf ein paar Jungs von ihm fielen, dennoch hatten sich zwei halten können. „Dir geb ich!“, rief einer hasserfüllt aus und legte einen Arm um Spencers Hals, „sowas wie du hat kein Recht mit uns zu trainieren!“ „Ich habe dir doch nie etwas getan!“, erwiderte der Riese gefrustet, packte ihm am Arm und zog den Jungen von sich, „lasst mich in Ruhe!“ „Sowas wie der hat überhaupt kein Recht zu leben!“, fauchte das Kind voller Hass, welches mittlerweile auf Spencers Schultern geklettert war und einen großen Stein in die Luft hob. Der Riese blickte nach oben und beobachtete, wie der Stein beinahe schon in Zeitlupe auf seinen Kopf niederging, als plötzlich aus heiterem Himmel jemand oder etwas Spencer von den Füßen riss und dieser auf seinem Rücken und somit auf dem Jungen landete. Wie ein Seestern lag der Riese auf dem Boden und starrte in den grauen Himmel. Was zur Hölle war eben passiert? In diesem Moment bemerkte er, wie jemand auf ihn kletterte und sich breitbeinig auf seinen Bauch hockte. „Hey“, grüßte Bryan ihn breit grinsend, „sorry das ich so lange gebraucht habe.“ „Hast du mich…?“ „Ähm...ja. Das tut mir ebenfalls leid...aber ich hatte auf die Schnelle keine andere Idee.“ „Schon gut“, murmelte Spencer und guckte erneut in den Himmel. „Bist du...okay?“ „Ich denke schon.“ „Verletzt?“ „Übermorgen werde ich ein paar blaue Flecken haben...“ „Hm.“ Der Junge, welchen Spencer unter sich begraben hatte drückte sich mit einem ächzenden Geräusch unter dem Riesen hervor und starrte diesen hasserfüllt an, bevor er Bryan entdeckte. „Du hast ihn!“, rief der Junge triumphierend, „jetzt gibt ihm den Rest!“ Bryan, welcher immer noch auf seinem Kumpel hockte machte eine verwirrte Mine und guckte zwischen den beiden hin und her. „Dein neuer Freund?“, grinste er schließlich zu Spencer unter sich, welcher die Augen zu kleinen Schlitzen werden ließ. „Kleine Plage!“, brummte der große Junge und setzte sich auf, „mit dir habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen!“ Behutsam schob er Bryan von seinem Schoß und richtete sich in seiner vollen Größe auf, sein Gegenüber finster anfunkelnd. „He...hey...das war doch gar nicht so gemeint!“, wehrte der Junge plötzlich ängstlich ab. „Ach ja? Dann sieh das jetzt auch als Missverständnis an!“, grollte Spencer und hob seine Faust. „NEIN! MAMA!“, schrie der Junge und rannte hastig davon, während Spencer lediglich in seiner Position stehen blieb und ihm nachsah. Als der Übeltäter außer Sichtweite war pfiff Bryan anerkennend und tätschelte die Schulter des Riesen. „Ich hätte nie gedacht, dass du dich mal schlägern würdest!“, meine er stolz und stemmte die Hände in die Hüfte. „Ich hatte nicht vor ihn zu schlagen“, erwiderte Spencer und wandte sich zum Gehen ab, „komm. Es ist schon viel zu spät!“ „Wie jetzt?! Hast du eben nicht noch…?“ „...Eindruck geschunden?“ „Du hast geblufft?!“ „Ja.“ „Krass man!“, jauchzte Bryan aufgeregt, „das hat voll echt ausgesehen!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Hast du einen neuen Kerl?!“ Ulrike blickte Bryan fassungslos an, während sie gerade einem Kunden sein Getränk überreichte und mit ihrem Tablett wieder in Richtung Bar unterwegs war. „Bitte?“ „Ob du einen neuen Stecher hast habe ich dich gefragt!“ „Das habe ich schon verstanden, nur nicht den Grund warum du plötzlich mit sowas kommst.“ „Weil ich es zu dir gesagt habe.“ „Ach echt?“ „Naja, vielleicht habe ich es so gesagt, aber ich habe es definitiv nicht so gemeint!“ Ulrike zwängte sich an dem Russen vorbei und ging wieder an die Bar, wo sie die neuen Getränke entgegen nahm. „Also?“ „Bryan ich habe gerade wirklich nicht die Zeit, um mit dir darüber zu diskutieren!“ „Ja oder nein?“ „Ulrike gibt es ein Problem?“, erkundigte sich plötzlich ein Mann hinter der Theke und warf ihr und Bryan einen prüfenden Blick zu. „Nein, nein! Nur ein...Kumpel von mir.“ „Lass deine Gäste nicht zu lange warten…!“ „Sicher nicht. Er geht ja gleich wieder“, lächelte die Frau und funkelte Bryan düster an, „darf ich?“ „Wer ist diese Vogelscheuche?“ „Mein Chef.“ „Oh...für so eine Witzfigur arbeitest du?“ „Sag es vielleicht noch lauter, die in der Bar ganz hinten haben es nicht mitbekommen. Und Bryan, wenn du es jetzt wirklich laut sagst, erschlage ich dich!“ Der Junge blies die Luft, welche er gerade noch zum laut ausrufen geholt hatte mit einem zischenden Geräusch wieder aus und folgte Ulrike. „Hier bitte!“, lächelte sie ihre Gäste an und verteilte die Drinks. Als sie sich wieder zum Gehen abwandte stieß sie mit dem Jungen hinter sich zusammen und ballte wütend eine Faust. „Was willst du denn noch?“ „Ich warte auf meine Antwort.“ „Was hattest du mich noch mal gefragt?“ „Ob du einen neuen Stecher hast.“ „Ach so. Und nein habe ich nicht. Ich habe aktuell...“ „...keine Zeit ich weiß. Für andere. Für mich hast du immer Zeit, stimmt‘s?“, grinste der Russe. Sie seufzte genervt und verdrehte ihre Augen, während sie ihr Tablett auf der Theke ablegte und sich wieder ihm zuwandte. „War es das jetzt?“, erkundigte sie sich und band ihre braunen Haare zu einem Zopf, „denn wie du siehst habe ich alle Hände voll zu tun.“ „Lass sie offen“, bemerkte Bryan plötzlich. „Äh...was?“ „Du sollst deine Haare offen lassen.“ „Seit wann hast du...ach vergiss es...“ Während der Barkeeper ihr die neuen Getränke aufs Tablett platzierte zog Ulrike den Haargummi wieder raus und rollte ihn sich übers Handgelenk, machte eine fast schon präsentierende Geste zu Bryan, welcher nur nickte und wieder ging. Die Frau blickte ihm einen Moment lang ungläubig nach, betrachtete sich dann kurz im Spiegel hinter der Bar und fuhr sich durch die langen Haare. „Oh! Du trägst sie in letzter Zeit ziemlich häufig offen“, bemerkte eine andere Kellnerin, welche gerade an ihr vorbei ging, „steht dir viel besser, als dieser strenge Zopf nach hinten!“ Mit einem breiten Grinsen warf das Mädchen ihren Kopf in den Nacken und stieß einen leisen Seufzer aus, bevor sie sich wieder an die Arbeit machte. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Komm schon mit!“ „Schnell! Schnell! Gleich starten sie ihn!“ „Ich will am Fenster stehen!“ Die Kinder der Abtei rannten aufgebracht durch die langen Flure, um das Ereignis des Tages auf keinen Fall zu verpassen. Monatelang hatten Forscher an dem ultimativem BeyBlade gearbeitet und nun hatten sie ihn endlich fertig gestellt: Black Dranzer! Ein reines Meisterstück in Bauweise und Design, seine bisher gemessenen Werte waren vielversprechend. Die Jungen pressten sich im Labor gegen die Galeriescheibe, um auch ja alles sehen zu können. Anstatt jedoch einen Aufstand zu machen, er nach vorne dürfte und wer nicht hatten sich die Kinder der Größe nach aufgestellt und warteten nun gespannt auf den Start. „Kaum zu glauben“, grinste einer der Forscher, „ich hatte eigentlich mit Geschreie und Gezanke gerechnet. Boris muss sie doch besser erzogen haben, als es den Anschein macht?“ „Keineswegs“, bemerkte sein Kollege und blickte über die Köpfe der Jungen hinweg in Richtung BeyArena, „sie wissen alle, wenn sie sich nicht benehmen, dass wir sie rausschmeißen und dann verpassen sie alles.“ „Sicher?“ „Kinder sind Kinder. Keiner will sich die Blöße geben, den heutigen Test zu verpassen und dann später nicht mitreden zu können.“ In diesem Moment trat Boris auch schon in das Labor ein, gefolgt von Tala, Spencer und Bryan. Erst als er den dreien ein Zeichen gab durften auch sie sich mit an die Scheibe stellen und gespannt warten. „Können wir?“, erkundigte sich Boris bei den Wissenschaftlern, welche eilig etwas auf ihrer Tastatur tippten und anschließend nickten. Kurz nachdem drei schrille Warntöne aufgeheult hatten ging es auch schon los und die Testblades wurden gestartet. Die Jungen jauchzten laut auf und drückten sich nur noch mehr gegen die Scheibe, um ja nichts zu verpassen. „Verdammt...aus meiner Position kann ich nicht alles erkennen!“, brummte Bryan und wandte sich an Spencer, „nimmst du mich auf die Schultern?“ „Lass die Albereien, Bryan und guck lieber auf den Monitor an der Wand...“, mahnte Boris und warf den beiden einen strengen Blick zu. „Sir, wir wären jetzt soweit“, bemerkte einer der Forscher. „Jahrelanges Warten hat nun endlich ein Ende gefunden“, stöhnte Boris erwartungsvoll und biss sich auf die Unterlippe, „lasst ihn frei!“ Mit einem Mal war das Raunen der Jungen völlig verstummt und nur die surrenden Geräusche von sich kreiselnden Blades war zu hören. Eine Weile lang passierte nichts, sodass sich die Kinder gegenseitig anstarrten, in der Hoffnung, gleich würde doch noch die Post abgehen, wofür sie alles haben stehen und liegen lassen. „Ähm...sicher, dass das so sein soll?“ „Da passiert ja gar nichts...“ „Das ist halt doch nur ein ganz gewöhnlicher Blade...“ „Schade...“ Auch Spencer, Tala und Bryan ließen enttäuscht die Schultern hängen und wollte sich bereits zum Gehen abwenden, als sich plötzlich Black Dranzer doch dazu entschied zu zeigen was er konnte. Binnen eines Bruchteils weniger Sekunden hatte der schwarze Blade sämtliche anderen aus der Arena gekickt oder vollkommen zerstört, bevor er sich wieder in die Mitte seines Schlachtfeldes begab und geduldig auf Nachschub wartete. Aufgeregtes Tuscheln und Jauchzen ging sofort durch die Kinder und Boris nickte den Forschern aufmerksam zu. Später beim gemeinsamen Abendessen war dieses Ereignis Gesprächsthema Nummer eins. Niemand sprach darüber, wen er heute besiegt hatte, oder welche neuen Techniken er etwa gelernt hatte, nein. Jeder Junge sprach heute nur noch über Black Dranzer und seine unbeschreiblich große Macht. „Das war voll krass man!“ „Ich habe immer noch eine Gänsehaut!“ „Er wird mir gehören!“ „Mach dich nicht lächerlich! Black Dranzer kann nur vom stärksten Blader der Welt gespielt werden...du bist noch viel zu klein!“ „Ihr werdet schon sehen!“, funkelten seine Augen und der Junge ballte triumphierend die Faust, „eines Tages wird Black Dranzer mein BeyBlade sein!“ Von alle dem bekamen Bryan, Tala und Spencer nichts mehr mit, sie hatten einen Tag zuvor gesagt bekommen, dass sie die auserwählten Blader der Abtei wären und zusammen ein Team bilden würden. Nach all dem Ärger, den sie nach ihrem Ungehorsam mit Boris hatten war es nun endlich an der Zeit, dass sich ihre Mühen und Anstrengungen auszahlten. Während die drei Jungs in einem Raum geführt und zum warten angewiesen wurden grübelten sie, was jetzt genau auf sie zukommen würde. „Meint ihr, dass wir Geld bekommen?“ Spencer und Tala guckten Bryan fragend an, welcher entschuldigend mit den Schultern zuckte. Er kickte einen imaginären Stein weg und seufzte gelangweilt. „Was würdet ihr euch mit Geld spontan als erstes kaufen?“ „Bryan, ich bezweifle, dass wir Geld bekommen. Und selbst wenn...“ „Kannst du es dir nicht mal vorstellen?“ Spencer sog angestrengt die Luft ein und hielt sie einen Moment inne, bevor er sein Kinn kratzte und doch zu überlegen begann. Ehe er antworten konnte kamen Boris und zwei weitere Aufseher zurück in den Raum gefolgt von einem Mann in einem weißen Kittel. Die Jungs beobachteten wie letzterer ein paar Sachen auf einen Metalltisch ausbreitete und sich Handschuhe überzog, während Boris ihnen die Anweisung gab ihre Oberkörper frei zu machen. „...nachdem ihr die Ehre erhalten habt, uns als Team zu repräsentieren werden wir jetzt die letzten Vorbereitungen treffen, bevor ihr eure neuen Blades erhaltet.“ Der Mann schloss einen Schrank auf und holte eine Schatulle heraus, indem sich drei neue BeyBlades befanden. Er zeigte sie den Jungs, welche nicht schlecht staunten. „Jeder von euch wird seinen ganz individuellen Blade erhalten, worin sich ein BitBeast befindet.“ „Erhalten wir Black Dranzer?“, wollte Bryan aufgeregt wissen. „Nein. Black Dranzer wird erst mal niemanden gehören, bevor wir nicht alle Tests abgeschlossen haben.“ Dezent enttäuscht ließen Tala, Spencer und Bryan die Schultern hängen und warfen dem Mann im Kittel einen erneuten Blick zu, welcher mittlerweile bereit für seine Arbeit war. „Und...wofür ist er hier?“ „Er wird jetzt dafür sorgen, dass eure Leidenschaft und Loyalität für dieses Team euch in Haut und Blut übergeht.“ „Okay…?“ „Wer von euch wird anfangen?“, fragte der Mann mit Kittel in die Runde und kam auf die drei in langsamen Schritten zu. Kapitel 4: kapitel 4 -------------------- „...was wollen wir heute Abend machen, Spencer?“, erkundigte sich Bryan und trat aufgeregt von einem Fuß auf den anderen, „ich würde wieder gerne eine Discothek unsicher machen!“ „Dann geh doch.“ „Ich will aber nicht alleine...nicht schon wieder!“ „Ach so…? Naja...“, stutzte der Riese und warf Amanda einen prüfenden Blick zu, welche an ihrem Tee nippte. „Von mir aus könnt ihr Jungs gerne stiften gehen“, zuckte sie mit ihren Schultern, „dann mach ich mir zu Hause einen gemütlichen.“ „Du kannst auch mitgehen! Ein paar Titten lassen uns wenigstens nicht so aussehen, als wären wir verzweifelt auf Frauensuche.“ „Mit uns meinst du dich“, berichtigte Spencer seinen Kollegen, „wärst du nicht so dickköpfig und uneinsichtig, dann könntest du doch...“ „Nein kann ich nicht“, wehrte Bryan hastig ab. „Aber sie würde sicherlich...“ „Nein, will ich aber nicht!“ „Du engstirniger Esel! Frag Ulrike doch einfach!“ „Habe ich was verpasst?“, erkundigte sich Amanda dezent überrascht und blickte zwischen den Russen hin und her, „habt ihr euch jetzt getrennt?“ „Wir waren nicht zusammen!“ „Je öfter du es sagst, umso unwirklicher klingt es“, grinste die Frau, „also? Was ist jetzt zwischen euch?“ Bryan machte ein paar verärgerte Bemerkungen auf russisch, lief kurz in der Wohnküche auf und ab, bevor er entnervt seufzte und sein Handy zückte. Amanda blickte unterdessen prüfend zu ihrem Freund. „Er hat nichts gegen dich gesagt“, winkte Spencer grinsend ab, „er ringt gerade mit sich selber, ob er Ulrike anrufen soll oder nicht.“ „Ich dachte außer Geilheit und Hunger verspürt er keine Emotionen mehr?“ „Oh doch er kann viele Emotionen haben...“, entgegnete der Riese, „es...es fällt ihm nach der Zeit in der Abtei nur schwerer, diese dem richtigen Begriffen zuzuordnen. Deswegen regt er sich auch so häufig auf.“ „Ah...ja.“ „Zu kompliziert für dich?“ „Nein. Er ist lediglich ein kleiner Junge, welcher gerade die Pubertät für sich entdeckt hat im Körper eines...wie alt ist er eigentlich?“ „Der Vergleich passt“, kicherte Spencer und guckte kurz auf, um zu prüfen, dass Bryan sie nicht gehört hatte, „er ist 22.“ „Pubertät. Sag ich doch!“ „Ich ruf die nicht an!“, entschloss Bryan kurzfristig und legte sein Handy weg, „ich such mir was neues!“ „Schisser“, raunte Spencer und tat so, als würde er husten. „Bitte?“ „Du hast doch nur Schiss davor, dass du schon wieder von einer Frau unter den Tisch gesoffen wirst...“ „Schon wieder?“, erkundigte sich Amanda aufgeregt. „Halt‘s Maul!“, giftete der Junge den Riesen sofort an und seine Augen funkelten, „das bleibt unter uns!“ „Naja unter uns ist es ja nie geblieben, nachdem wir in einer Gruppe unterwegs waren...“ „Hallo? Ich will wissen, von welcher Frau Bryan unter den Tisch gesoffen wurde!“ „Von niemanden!“ „Letztes Silvester, als du mit einer Grippe im Bett gelegen hattest“, begann Spencer und blickte kurz zwischen Bryan und Amanda hin und her, „dachte sich unser kleiner pubertierender Ziehsohn, dass er sich mit einem Mädchen ein Wettsaufen leisten müsste.“ „Haben wir dir das überhaupt erlaubt?“, fragte Amanda gespielt gekränkt. „Wie hast du mich eben genannt?!“, wollte Bryan stattdessen gekränkt wissen. „...auf jeden Fall nahm dieses Mädchen die Wette an...und gewann“, erzählte Spencer und ignorierte Bryans gereizte Frage gekonnt. „Die hat sicher gecheatet!“, beschwerte sich der andere Junge lauthals. „Hat sie nicht...“ „Hat sie doch!“ Der Riese seufzte tief und machte eine vielsagende Geste, während sich Amanda ein Kichern verkneifen musste. „...und warum fragen wir nicht einfach sie, ob sie uns heute Abend Gesellschaft leistet?“, erkundigte sich die Frau und zuckte mit den Schultern, „anscheinend hat man mit ihr sehr viel Spaß?“ „Sie und ihr Mann sind aktuell nicht im Lande.“ „Du hast mit einer verheirateten Frau gesoffen? Schäm dich! So haben wir dich aber nicht erzogen!“ Bryan glotzte Amanda fassungslos an, Spencer brach in schallendes Gelächter aus und ging auf die Knie. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* In dieser Nacht war es zu leise in der Abtei. Während die Wachen ihre Routinerunde abgingen und die anderen Jungs in ihren Zimmern schliefen lagen Tala, Spencer und Bryan wach in ihren Betten und starrten allesamt an die Decke. Es waren erst wenige Stunden seit dem letzten Aufnahmeritual vergangen, was lediglich beinhaltet hatte, dass alle drei, welche nun das offizielle BeyBlade Team für sämtliche Turniere und Meisterschaften vertreten würden mit dem dazugehörigen Symbol der Abtei tätowiert worden waren. Bei jedem der Jungen hatte man eine andere Stelle dafür gefunden, so war es bei Spencer die linke Brust, bei Bryan der rechte Oberarm und bei Tala der untere Rücken gewesen. Ihre Schmerzensschreie waren noch bis vor kurzem durch die sämtlichen Gänge der Abtei gehallt, jetzt gaben sie keinen Laut mehr von sich und beteten nur noch, dass dieser brennende Schmerz endlich aufhören sollte. „Ich verstehe das einfach nicht“, raunte Bryan irgendwann monoton in die Dunkelheit, „wir waren die ganze Zeit gehorsam gewesen...wir sind zu den besten Bladern der Abtei geworden...und trotzdem...haben die DAS mit uns gemacht?!?“ Spencer schwieg unter ihm in seinem Bett, während Tala versuchte sich so wenig wie möglich zu bewegen. „Wären wir doch nie hierher...“, brummte Bryan erneut, wurde jedoch von Tala unterbrochen. „Wir können es jetzt auch nicht mehr ändern! Und jetzt versuche zu schlafen...morgen beginnt unser neues Training mit den BitBeast...“ Sein Teamkollege grummelte noch ein paar Flüche vor sich her und schwieg dann wieder, bis sie alle drei irgendwann letztendlich einschliefen. Ein ohrenbetäubender Knall riss alle wieder aus dem Tiefschlaf, der Boden zitterte unter ihnen und Bryan wäre beinahe sogar von seinem Bett aus auf den harten Steinboden gefallen, hätte Spencer ihn nicht aufgefangen und zu sich auf die Matratze gelegt. „WAS ZUM…?“ Augenblicklich ertönte die schrille Sirene der Abtei, welche allen Schülern verkündete, dass sie sich draußen auf dem Platz zu versammeln hatten. Der Riese warf seinem Kollegen einen prüfenden Blick zu: „Kannst du laufen?“ „J...ja...alles in Ordnung!“, versicherte ihm Bryan und stand auf. Spencer folgte dem Jungen, bis er bemerkte, dass der Rotschopf immer noch zusammen gekauert auf seinem Bett lag und sich nicht rührte. „Tala!“, rief der Riese erschrocken aus und kniete sich neben ihm nieder, „komm schon, steh auf! Wir müssen dringend hier raus!“ In diesem Moment riss Bryan die Türe zu ihrem Zimmer auf und eine gewaltige Rauchschwade drang in den Raum ein. Schwer hustend ging der Junge ebenfalls in die Hocke und zog sich sein Oberteil über den Mund. „VERDAMMT NOCH MAL! WAS IST HIER PASSIERT?!“ „BRYAN! TALA WACHT NICHT AUF!“ Die beiden Jungen starrten auf den Rotschopf, welcher schweißgebadet und blasser als sonst zusammen gerollt in seinem Bett lag und zitterte. Spencer und Bryan warfen sich einen ahnungslosen Blick zu, hörten dann jedoch die Aufseher, welche jedes Zimmer überprüften, dass auch niemand zurückblieb. „Geh du voraus! Ich werde Tala tragen“, raunte Spencer und schob seine Arme unter Nacken und Kniekehle des Jungen durch, bevor er ihn aufhob. „Alles klar!“ Die beiden eilten die Gänge entlang, so schnell sie konnten, wobei der Riese natürlich darauf achtete, dass er den Rotschopf auf seinen Armen nicht zu sehr durchschüttelte. Auf dem Hof angekommen konnten sie erstmals das gesamte Ausmaß dessen sehen, was den lauten Knall verursacht hatte. Der komplette Forschungstrakt stand in lodernden Flammen, dicke Rauchschwaden stiegen den Himmel empor, während die Aufseher alle Hände voll damit zu tun hatten die ängstlichen Kinder im Zaun zu halten. „Was ist passiert?“ „Ich habe keine Ahnung!“ „Also ich habe gehört...“ In diesem Moment trat Boris ebenfalls auf den Hof, einen kleinen Jungen auf seinen Armen tragend und beide sahen ziemlich mitgenommen aus. „Meister!“, riefen die Aufseher und eilten zu ihm, „geht es Ihnen gut?“ „Dieser Schwachkopf!“, fluchte Boris und blickte auf den Jungen nieder, welchen er immer noch trug, „dachte tatsächlich, dass er Black Dranzer kontrollieren könnte!“ „Wie ist er überhaupt in den Forschungstrakt gekommen, ohne gesehen zu werden?“ „Er hat die Scheibe eingebrochen...los! Holt eine Trage und bringt diesen Größenwahnsinnigen in den Krankenflügel!“ „Meister wir brauchen hier noch eine Trage!“, rief Spencer plötzlich laut aus und ging zu den Männern, „Tala antwortet nicht mehr!“ Boris seufzte tief und guckte sich den Rotschopf genauer an. Danach rief er einen Befehl aus und übergab die beiden Jungen dem ärztlichen Personal der Abtei. „Was ist mit Tala? Wird er wieder?“ „Er fiebert nur. Möglicherweise liegt das an den Antibiotika, welche man euch nach dem tätowieren gab.“ „A...aber...sind die nicht dazu da, um gerade sowas zu verhindern?“ „RUHE JETZT ENDLICH ICH HABE GERADE WICHTIGERES ZU TUN!!“ Bryan und Spencer zuckten heftig zusammen, während einer der Aufseher zu Boris trat und ihm etwas ins Ohr flüsterte. „WAS SAGST DU DA?! VOLTAIRE HIWATARIS ENKEL WAR DAS?!“ „Meister, wir sind die Akten noch mal durchgegangen und alles deutet darauf hin, dass es sich bei diesem Jungen definitiv um Voltaires Enkel Kai handelt.“ „Verflucht sei diese Familie mit ihren unstillbaren Hunger nach Macht!“, fluchte Boris sauer, „ich will sofort informiert werden, wenn diese Kleine Ratte wieder zu sich gekommen ist!“ „Ja Meister!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Du bräuchtest wieder mal einen Haarschnitt“, bemerkte Amanda und zupfte Bryan an ein paar Haarsträhnen, „dann brauchst du auch nicht mehr so viel Gel...“ „Ich habe ihm das schon vorletzte Woche gesagt, Schatz. Der Junge hört im Moment anscheinend nicht so gut“, rief Spencer kichernd aus seinem Zimmer. Bryan ließ fassungslos die Schultern hängen und blickte die Frau vor sich an: „Ihr zieht das jetzt ernsthaft durch, oder?“ „Warum denn nicht“, grinste sie breit, „ich finde es recht lustig.“ „Noch...“, raunte der Russe und richtete sich seine Haare erneut. „Spencer! Du musst mit ihm mal ein Wort unter Männern sprechen, ich glaube er wird wieder frech!“ „Ich geb dir gleich!“ In diesem Moment erschien der Riese hinter seiner Freundin, guckte düster drein und verschränkte seine Arme vor der Brust. Bryan hielt in seiner Bewegung inne und versuchte die Situation abzuschätzen. „Willst du zu Hause bleiben?“, raunte Spencer im ruhigen Tonfall. „Nein…?“ „Dann würde ich an deiner Stelle auf die Wortwahl achten, junger Mann“, grinste der Riese und gab seiner Freundin ein high five. Bryan stöhnte genervt und schüttelte lediglich den Kopf, bevor er sich seine Schuhe anzog und ungeduldig an der Wohnungstür auf die anderen beiden wartete. Die Tanzfläche war noch ziemlich leer, als die drei in die Discothek eintraten und sich umsahen. Für Anfang April war es schon ziemlich warm und die Leute trafen sich wieder im Freien. „Passt doch! Muss ich nicht so lange für meine Getränke anstehen!“, strahlte Bryan, doch seine Mine wurde gleich wieder dunkler und er warf Spencer hinter sich einen zwielichtigen Blick zu, „...oder wollt ihr beide mir das jetzt auch noch verbieten?!“ Amanda und der Riese wechselten einen kurzen Blick, versuchten sich das Kichern so gut es nur möglich war zu verkneifen. „Übertreib es nicht wieder so...okay?“ „Echt jetzt?!“ „Lass ihn doch“, lächelte Amanda fürsorglich und winkte Bryan zu, dass er sich von ihnen entfernen durfte, was der Junge augenblicklich tat. „Macht es dir jetzt schon keinen Spaß mehr?“, wollte Spencer von ihr wissen, während er seinem Kollegen noch kurz nachblickte. „Es macht mir sogar sehr großen Spaß“, gestand Amanda, „ich muss dir gestehen, dass es mir ZU großen Spaß macht!“ „Du brauchst dir um ihn keine Sorgen zu machen, dass du es übertreibst.“ „Wirklich…?“ „Spätestens wenn du Bryan und Kai mal zusammen erlebt hast wirst du verstehen, was ich meine“, versicherte ihr Spencer. Die beiden gingen an die Bar und nahmen auf den Barhockern Platz, während sie auf ihre Getränke warteten. Die Musik war noch leiser, der DJ spielte zwar schon gute Musik, aber jeder wusste, dass das noch steigerungsfähig war! Dennoch hatten sich bereits ein paar Einzelne Seelen auf der Tanzfläche verirrt und versuchten hier und dort Eindruck zu schinden, beziehungsweise andere zum Tanzen zu animieren. „Schwingst du eigentlich das Tanzbein?“, erkundigte sich Amanda und nippte an ihrem Glas. „Nicht wirklich. Ich war schon immer derjenige, der auf Taschen und Jacken aufgepasst und die anderen beobachtet hat.“ „Würdest du mit mir tanzen?“ „Wenn du das möchtest?“ Die Frau grinste, sagte jedoch nicht weiter darauf. Stattdessen blickte sie sich in der Discothek um. „Er kommt schon alleine zurecht“, lachte Spencer, als er ihren schweifenden Blick bemerkte, „Bryan ist sozusagen unkaputtbar.“ „Der Gedanke, für jemanden oder etwas die Aufsicht zu haben hat mir gefallen“, gestand sie. „Willst du mir damit durch die Blume sagen, dass du mit mir über Kinder reden willst?“ „N...nein! Naja...eigentlich...“, druckste Amanda und nahm einen größeren Schluck, „irgendwann…mal...vielleicht?“ Spencer grinste verlegen, lief sogar dezent rot an. „Im Grunde...habe ich schon immer auf Tala und Bryan aufgepasst. Oder Acht gegeben. Sieh es wie du willst. Ich habe es aber immer aus der Sicht des ‚großen Bruders‘ gesehen, anstatt als Erziehungsberechtigter.“ „Waren die beiden denn wirklich so anstrengend?“ „Naja. Tala hatte seine Phase, als er damals mit seiner ersten Freundin zusammen war...nur Flausen im Kopf“, meinte Spencer und schüttelte den Kopf, „Bryan dagegen...der war schon immer so. Seit ich ihn kenne.“ „Er war schon immer so...ähm...“ „Sag ruhig anstrengend.“ „Okay. Anstrengend.“ „Ja war er schon immer.“ „Das du da nie die Geduld verloren hast...Respekt!“ „Sagen wir es so...er weiß wo meine Grenze ist. Bis jetzt hat er sie noch nie überschritten.“ „Du würdest sicher die Oberhand behalten, falls es zu einer Rangelei kommen würde“, gab Amanda entschlossen von sich. „Bryan und ich haben schon oft genug ‚gerangelt‘, dass ich weiß, wie er hinlangen kann, wenn er will. Allerdings nicht wenn er muss.“ „Willst du mir jetzt ernsthaft weiß machen, dass er dir überlegen ist?“ Spencer seufzte überlegend, währenddessen war besagter Junge neben ihn getreten und prostete dem Riesen freudig zu. Dieser erwiderte es, indem er sein Glas gegen Bryans klimpern ließ und einen großzügigen Schluck davon nahm. So schnell wie der erschienen war verschwand Bryan auch wieder in der Masse, welche mittlerweile zugenommen hatte. Spencer und Amanda blickten dem Jungen eine gewisse Zeit lang hinterher, bis er endgültig zwischen den Leuten nicht mehr zu sehen war. „...ich mag ihn wirklich sehr“, raunte Spencer schließlich, „dieser Trottel ist wie ein Bruder für mich. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er genauso für mich empfindet. Deswegen ist es bis jetzt auch nie zwischen uns eskaliert.“ „Das hast du echt süß gesagt“, lächelte Amanda. „Warte, bis du Bryan und Kai erlebt hast“, wiederholte sich der Riese und nickte grinsend, „dann weißt du, wie weit du bei ihm gehen kannst.“ Später am Abend hatte sich Bryan endlich auf die Tanzfläche gewagt und bewegte sich gekonnt zur Musik, welche mittlerweile laute geworden war. Hier und dort checkte er ein Mädchen ab, doch jedes Mal, wenn er sie antanzte winkte sie dankend ab und ging ein Stückchen fort. Irgendwann entschied der Russe sich dafür, seine Taktik zu ändern und seinen Trumpf auszuspielen. Lässig grinsend ging er von der Tanzfläche hoch zu Spencer und Amanda, stellte seine Flasche auf den Tresen ab und lockerte seine Schultern. „Beißen die Fische heute etwa nicht?“, lächelte Spencer verschmitzt und legte den Kopf schief. „Die wollen es mir nur lediglich nicht zu einfach machen. Darauf steh ich!“, lachte Bryan und knöpfte sich sein Hemd auf. „Bindest du dir jetzt daraus ein Lasso und fängst die Mädels so ein?“, erkundigte sich Amanda und beobachtete, wie er sich den Stoff über die Arme zog. „Ladie! Bitte! Sowas habe ich nicht nötig“, lächelte der Junge vielversprechend und zeigte ihr seine definierten Armmuskeln, welche sich unter dem T- Shirt abzeichneten. „Ah...ich verstehe...“, nickte sie ihm zu und drückte die Daumen, „viel Erfolg!“ Bevor Bryan sich wieder auf den Weg zur Tanzfläche machte kippte er noch schnell zwei Shots rein und überreichte Spencer sein Hemd. Siegessicher grinsend zwang er sich beinahe bis in die Mitte der tanzenden Meute und hielt erneut Ausschau. Schneller als gedacht wurde der Russe von hinten angetanzt und begrapscht, an den manikürten Fingernägeln und dem Schmuck ums Handgelenk konnte er erkennen, dass es sich zum Glück um eine Frau handelte. Geschmeidig ließ er seine Hüften kreisen und wackelte mit dem Hintern, was die junge Dame hinter ihm verzückend aufjubeln ließ, bevor sie ihn fester an sich drückte und noch enger mit ihm tanzte. Das ging für 3, 4 Lieder gut, sie heizte ihm von seiner Rückseite aus ordentlich ein, während Bryan schon daran dachte, wie er sie am besten herum kriegen und flachlegen könnte. „Hey Süßer! Willst du was trinken?“, fragte sie schließlich, als der DJ einen neuen Song anspielte und der Junge sich zum ersten Mal zu ihr umdrehte. Bryan guckte die junge Frau an und als sich ihre Augen durch das gedämmte Licht trafen erstatten beide zu einer Salzsäule, während die restlichen Menschen auf der Tanzfläche sich zur Musik bewegten. „DU?!“, riefen sich die beiden schließlich nach der Schreckenssekunde gegenseitig zu und zeigten mit dem Finger jeweils auf den anderen. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Amanda staunte nicht schlecht, als Bryan wütend an die Bar gestampft kam, sich einen Drink bestellte und sich diesen in nur einem Zug genehmigte. „Doch so viele Abweisungen bekommen?“, scherzte Spencer, während sich sein Kollege kurz schüttelte, „oder bist du wieder mal von einem Kerl angetanzt worden?“ „Wenn es doch nur so wäre“, brummte Bryan und raufte sich die Haare. In diesem Moment trat eine junge Frau neben ihn, welche ziemlich denselben Gesichtsausdruck wie er hatte und tippte dem Russen gehässig auf die Brust. „Du stalkst mich also doch!“, schimpfte sie, als Bryan die Angriffe ihres Zeigefingers gekonnt abwehrte. „Einen Scheiß tu ich!“ „Ulrike?“, fragten Spencer und Amanda überrascht im Chor. Die junge Frau blickte die beiden abwechselnd an, bis sie sich an sie erinnerte und grinste schließlich fröhlich. „Hi! Lange nicht mehr gesehen!“ „...aber gleich wieder erkannt! Wie geht es dir?“ „Die Prüfungen sind endlich rum“, seufzte die Kellnerin erleichtert, „jetzt habe ich eine Woche ‚frei‘ und dann habe ich Praktikum.“ „Freut mich!“, meinte Spencer und erkundigte sich bei ihr, was sie trinken wollte, „eigentlich ist das ja sein Job, aber er sieht gerade nicht in der Stimmung dafür aus. Ärger im Paradies?“ Bryan warf dem Riesen einen giftigen Blick zu, während Ulrike dankend das Getränk annahm und nebensächlich abwinkte. „Er ist eingeschnappt“, bemerkte die Frau gleichgültig. „Bin ich nicht!“ „...er versteht es nicht, dass ich im Moment nicht mehr so viel Zeit für ihn habe...“ „Oh...“, schmollte Spencer gespielt in Bryans Richtung, welcher nur noch grantiger guckte. „Wir beide wurden uns glaube ich noch nicht offiziell vorgestellt…?“, bemerkte Ulrike und reichte Amanda die Hand, „hallo!“ „Hi!“ Als sich die beiden Frauen zusammen stellten, um über belangloses Zeug zu reden warf Bryan seinen Teamkollegen einen genervten Blick zu. „Ich habe sie nicht angerufen!“, beschwerte er sich. „Meinst du ich?!“, fragte der Riese und guckte den Jungen überrascht an, „ich habe nicht mal ihre Nummer!“ „Verdammt…! Ich habe eine Stalkerin...“ „Entschuldige mal“, ab Ulrike gekränkt von sich und gab Bryan einen Schupser, „ich war zuerst hier! Also stalkst du mich!“ „Einen Scheiß tu ich!“ „Es gibt massig viele Discotheken in dieser Stadt und du suchst dir ausgerechnet diese aus?“ „Karma“, hustete Spencer sich in die Faust, während Amanda „Schicksal…!“ murmelte und lässig an ihrem Drink nippte. Bryan und Ulrike hingegen funkelten sich vielsagende Blicke zu, als in diesem Moment der DJ wieder bessere Lieder spielte. „Ich will tanzen!“, meinte Amanda aufgeregt und nahm die Brünette am Handgelenk, „kommst du mit mir?“ „Klar! Den da brauche ich eh nicht mehr fragen...“ „WA…?!“, gab der Russe entsetzt von sich, doch da waren die Frauen schon in Richtung Tanzfläche unterwegs. Spencer biss sich auf den Finger, damit er nicht laut loslachte. Er tätschelte aufmunternd Bryans Schulter und nickte ihm zu, dass er dem Riesen folgen sollte. Die beiden Russen nahmen ihre Position direkt vor der Tanzfläche ein, während Amanda und Ulrike heiter miteinander tanzten. „Darf ich dich was fragen? So von Mädchen zu Mädchen?“ „Ähm...klar?“ „Du und Bryan...was läuft da genau?“ Ulrike hielt einen Moment lang inne, sie schien zu überlegen, wie viel Ironie oder Sarkasmus sie verwenden sollte, dann grinste sie. „Es ist eine Art Hassliebe. Anscheinend können wir nicht mit- aber auch nicht ohneeinander. Siehe heute Abend als Beweisstück A an.“ Amanda kicherte und nickte ihr zustimmend zu. Die Tanzfläche flippte jetzt total aus, als der DJ den Remix noch lauter drehte, es wurde noch enger getanzt, Körper aneinander gerieben und Getränke hier und dort verschüttet. „Zum Glück habe ich eine gute Waschmaschine“, grinste Ulrike Amanda an, nachdem sie einen Schwall Cocktail auf ihr Oberteil abbekommen hatte. Die beiden Frauen blickten sich kurz um, konnten jedoch durch die wild tanzende Menschenmasse weder Spencer noch Bryan sehen. „Die sind schon irgendwo...“, winkte Amanda lässig ab. Ulrike nickte ihrer Aussage zu. „...und ich bin der festen Überzeugung, dass unsere Russen auf ihre Frauen aufpassen!“ Bei dieser Aussage hielt Ulrike erneut inne. Bryan und sie hatten Sex, ja. Würde er deshalb auf sie aufpassen? Das eine Mal, bei dem Bryan Ulrike nachts nach der Arbeit „gerettet“ hatte war auch nur gewesen, dass die beiden wieder quitt waren… Bei Spencer und Amanda war es schon zu liebevoll, wie der Riese auf die Frau Acht gab, wie eine schützende Mauer um sie herumstand. Aber dafür waren die beiden auch in einer richtigen Beziehung. Zumindest laut ihrer eigenen Aussage. „Stimmt was nicht?“, erkundigte sich Amanda bei ihrer Tanzpartnerin. „Alles gut!“ „Du grübelst doch, oder?“, grinste die Kosmetikerin, „Bryan hat seine eigene Art jemanden zu zeigen, dass er einen mag.“ „Das habe ich schon zu spüren bekommen.“ „Ja. Er ist etwas...ich will jetzt nicht ruppig sagen...“ „Gefühlskalt?“, schlug Ulrike vor und nippte an ihrem Drink. „Grobmotorisch.“ Ulrike legte zweifelnd den Kopf schief und grinste, woraufhin Amanda kurz auflachte. „Immerhin macht ihr beiden schon mal dieselben Grimassen!“ Jetzt ließ Amandas Gegenüber fassungslos die Schultern sinken und blickte sie mit diesem „echt jetzt?“ Blick an. Erneut lachte Amanda auf und nahm Ulrike in den Arm, tätschelte ihren Rücken und rief durch die laute Musik: „Du bist eine starke Frau! Mit jemanden wie Bryan wirst du doch spielend fertig!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Seit ihr jetzt eigentlich zusammen oder nicht?“, lehnte sich Spencer zu seinem Teamkollegen vor, welcher gelangweilt auf die Tanzfläche stierte. „Wer?“ „Na, Ulrike und du?!“ „WAS? NEIN! ZUM LETZTEN MAL JETZT!!“, wehrte Bryan sofort mit einer Handbewegung ab und trank hastig von seinem Bier. „Du...bist nervös...“, grinste der Riese und wippte vielsagend mit seinen Augenbrauen. „Bin ich gar nicht!“ „Warum erhoffst du dir dann Ablenkung, wenn du jedes Mal von deinem Bier trinkst, welches seit über einer halben Stunde leer ist?“ Bryan warf ihm einen gereizten Blick zu, worauf Spencer nur noch breiter grinste. Er stieß seinen Kollegen in die Seite und kicherte aufmunternd. „Na komm schon! Die beiden sind tanzen und hören uns nicht! Jetzt erzähl schon, Bryan!“ „Ich fick sie. Und das war‘s auch schon.“ „Gib‘s zu, eigentlich fickt sie dich. Ulrike ist viel zu taff, als dass sie sich von einem Kerl wie dir um den Finger wickeln lässt!“ „Okay, okay! Wir ficken uns gegenseitig!“, wehrte Bryan ab und verdrehte dabei theatralisch die Augen. „...und sie ist hübsch. Wenn ich mich recht erinnere ist sie sogar genau dein Geschmack?“ „Kann sein.“ „Ach komm schon Bryan!“, schmollte der Riese, „du hockst jedes Mal in der Bar, wenn sie Schicht hat und kommst erst Stunden später wieder nach Hause, wenn überhaupt! Und da willst du mir ernsthaft sagen, dass da nicht mehr wie Sex ist?“ „Da ist nicht mehr wie Sex.“ „Ach wirklich?“ „Wirklich...“, murmelte der Russe und blickte von den Frauen rüber zu seinem Kollegen, „sie wollte zwar auch mal was anderes mit mir machen, aber das ist nicht wirklich mein Stil.“ „Dann macht es dir auch nichts aus, wenn der Kerl da die ganze Zeit mit ihr tanzt?“, fragte Spencer und nickte in besagte Richtung. Sofort schnellte Bryans Kopf herum und er sprang schon auf die Tanzfläche, als er hinter sich das laute Kichern hören konnte. Wie in Zeitlupe wandte er sein Gesicht erneut seinem Teamkollegen zu, welcher mit vorgehaltener Hand kicherte. „Du...Arschloch!“, fauchte Bryan gehässig. „Du siehst sie ja noch nicht einmal richtig, bist aber sofort losgegangen. Da konnte ich nicht widerstehen!“ Bryan sog die Luft scharf durch seine Nase ein und funkelte Spencer böse an, welcher triumphierend von seinem Glas trank. „Na komm! Geh zu ihr!“ „Spinnst du?“ „Tanz endlich wieder mit ihr! Sie würde sich bestimmt freuen.“ „Nein!“ „Mit Luna hast du früher auch immer getanzt!“, rief Spencer Bryan ins Gedächtnis, „oder turnt es dich nur an, mit vergebenen Frauen zu tanzen?“ „Tala war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht mit ihr zusammen!“ „Er nicht, aber Louis. Und rate mal, wer nach Luna sein Lückenbüßer war?“ „Das weiß ich!“, stöhnte Bryan und grinste schief, „eigentlich wollte ich die ganze Zeit mit Amanda tanzen, sie hat einfach den besseren Arsch!“ Sofort legte Spencer seine große Pranke auf Bryans Schulter, welche schwer wie Blei wurde. Und dabei hatte der Riese noch nicht mal zugedrückt. „Au!Au!Au!Au!“ „Was war das gerade?“, raunte der Riese gefährlich leise, während sein Kollege versuchte Spencers Hand von seiner Schulter zu entfernen, „was kam da eben aus deinem Mund?“ „Gar nichts! Gar...nichts...au!“ „Du bewegst jetzt deinen Arsch auf schnellstem Weg zur Bar, holst der Dame, welche dich schon seit Monaten aushält einen Drink und dann tanzt du mit ihr!“, befahl Spencer und nahm seine Hand von Bryans Schulter. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „...ich hol mir was zu trinken“, rief Amanda durch die laute Musik zu Ulrike, „willst du auch noch was?“ „Ich nuckle einfach an meinem Oberteil, das dürfte für die nächste Zeit reichen“, scherzte die junge Frau. Genau in diesem Moment tauchte Bryan mit zwei Getränken neben den beiden Frauen auf, sein Blick sah dezent gequält aus. Er reichte Ulrike ein Glas und hob ihr seines prostend zu. „Danke…?“, lächelte die Frau leicht unsicher, „womit habe ich das denn verdient?“ „Kein Ding“, entgegnete Bryan knapp und kippte sich seinen Drink auf einmal in den Mund. Ulrike beobachtete dies mit weit ausgerissenen Augen, zuckte dann mit den Schultern und tat es ihm gleich. Als sie alles geschluckt hatte bemerkte sie sofort, wie der starke Alkohol in ihrer Kehle brannte und sich ihr Magen dagegen wehrte. Die Frau wandte ihr Gesicht von dem Russen ab und presste die Hand vor ihren Mund. „Alles gut?“, erkundigte sich Amanda und kicherte mitleidig. Ulrike nickte ganz langsam, versuchte mehrmals angesammelte Spucke hinterher zu schlucken, was nur wenig half. „Was war das?“, keuchte sie und hielt Bryan das Glas entgegen. „Eine Spezialmischung.“ „Von dir erfunden?“ „Nein. Der Barkeeper hat sie mir einfach gemacht, als ich ihn nach seinem stärksten Stoff gefragt habe.“ „Stärksten Stoff? Willst du mich abfüllen?!“ „Mädchen, wenn ich dich abfüllen wollen würde, dann würde ich es mit Wodkashots machen.“ „Was?“ „Viele Wodkashots“, berichtigte Bryan seine Aussage, „in kürzester Zeit.“ „Okay...danke für die Warnung...“ Ulrike hustete ein paar Mal, bevor sie bemerkte, wie ihr plötzlich heiß von innen wurde. Schnell fächerte sie sich Luft zu, während die Hitze immer mehr in ihr Gesicht schoss. „Musst du mal an die frische Luft?“, rief Amanda ihr zu, woraufhin Ulrike nur mit dem Kopf schüttelte. „Geht schon...“ „Du musst niemanden was beweisen!“ „Tu ich auch nicht. Das...das kam nur...unerwartet.“ „Willst du noch was?“ Ulrike blickte Bryan zögernd an, nachdem er ihr auf sein leeres Glas gezeigt hatte. Hatte ihn diese Mixtur wirklich so kalt gelassen?! „Ein Bier.“ „Bier?“ „Ja, bitte.“ „Okay.“ Kurz darauf reichte der junge Russe der Kellnerin die Glasflasche, wovon sie gleich zwei großzügige Schlucke nahm. Erleichtert, dass das brennen endlich nachließ atmete Ulrike tief durch und nahm gleich noch einen dritten Schluck hinterher. „Besser?“, kicherte Amanda. Ulrike machte eine zufriedene Geste und wippte wieder mit der Musik mit. Der DJ spielte gerade etwas langsameres, die Tanzfläche leerte sich bis auf ein paar Personen, welche sich einen Tanzpartner gesucht hatten und nun eng miteinander im Takt wippten. „Ich guck mal kurz nach dem Großen“, grinste Amanda vielsagenden, nachdem sie die Szene beobachtet hatte. „Du tanzt jetzt mit mir!“, rief Ulrike Bryan überaus angeheitert zu, griff nach seinem Handgelenk und zog den Jungen an sich. „Keine gute Idee...“, wehrte dieser ab, doch da hatte sich die Frau schon an ihn geschmiegt und versuchte beide Körper synchron im Takt zu bewegen. „Sei nicht so stur“, kicherte Ulrike beschwipst, „nur für diesen Song!“ „Hör auf damit...die Leute gucken schon!“ „Seit wann stört dich so was?“ Bryan blickte mit einem äußerst gequälten Gesichtsausdruck zu seinem Teamkollegen, welcher bei diesem Anblick ein dezentes Grinsen aufsetzte und Bryan mit seinem Getränk zuprostete. Ich hasse dich…, dachte sich der junge Russe und zog ein paar Grimassen, während Ulrike eine ungeschickte Pirouette drehte und seine Arme vor sich zusammenhielt, so dass sie eng mit dem Rücken an Bryan tanzte. Bei diesem Anblick legten Amanda und Spencer die Köpfe schief und machten einen verzückten Schmollmund, Bryan konnte schon das langgezogene „ahw...“ in seinem Kopf hören. Ein Schauer rann über seinen Körper, sämtliche Härchen stellten sich in diesem Moment auf und Ulrike kicherte. „Ist dir kalt?“ „Nein“, antwortete er knapp und schluckte schwer, „mir ist nur kotzübel!“ „Ah...verträgst du die Spezialmischung also auch nicht?“, grinste sie und drehte sich wieder zu ihm um, „oh Gott, Bryan du siehst ja schrecklich aus!“ „Danke, genauso fühle ich mich auch...“ Der Junge hielt sich mit einer Hand den Magen, mit der anderen verschloss er seinen Mund. Ulrike machte eine traurige Miene und schickte ihn auf die Toilette, wohin er sogleich entschwand. „Er hat es mit dem Alkohol übertrieben...“, bemerkte Amanda und seufzte, „er hätte nicht so schnell trinken sollen!“ „Das war nicht der Alkohol.“ Die Frau blickte zu Spencer hoch, welcher seinem Teamkollegen nachsah und eine vielsagende Mine aufsetzte. „Meinst du nicht? Das Zeug hat nach allem Möglichen gerochen!“ „Bryan kippt sich jedes Jahr nach Silvester sämtliche Reste von allem in ein Glas und trinkt das. Glaub mir, Amanda...daran lag es definitiv nicht!“ „Du meinst also…?“ Spencer nickte und trank von seinem Glas ab: „Das waren zu viele ungewohnte Emotionen auf einmal für ihn. Er kennt das nicht, neben seiner Geilheit und Hunger noch etwas zu fühlen, und das verwirrt den Jungen jetzt so sehr, dass er...naja...du hast ja gesehen wohin er gerannt ist.“ In diesem Moment kam auch Ulrike wieder zu den beiden und sah mitgenommen aus. „Willst du nicht mal nach ihm sehen?“, fragte sie den Riesen, welcher lediglich abwinkte, „er sah ziemlich übel aus...“ „Der wird wieder“, versprach Spencer dem Mädchen. „Sicher?“ „Ganz sicher! Ich war schon oft mit dem Kerl saufen und glaub mir eins: der wird wieder!“ „Ich hol Bryan lieber mal eine Cola...“, entschied Ulrike und schlenderte an die Bar. „Tu das. Nur bemutter ihn nicht zu sehr, sonst wird er weich!“, rief Spencer ihr lachend hinterher. „Würdest du trotzdem nach ihm sehen?“, bat Amanda, „sie macht sich nur noch mehr Sorgen...“ Spencer nickte und machte sich sofort auf den Weg zur Herrentoilette, wo man Bryan bereits an der Eingangstür hören konnte. „Boah, Junge! Du hörst dich an, wie ein liebestoller Elch, welcher nicht zum Schuss kommt“, lachte der Riese und schickte die beiden Männer nach draußen, welche mit entsetzten Blicken zur Toilettenkabine starrten. Anstatt seinem Kumpel zu antworten würgte Bryan ein weiteres Mal und übergab sich mit einem unappetitlichen Geräusch. Spencer ging vor seiner Kabinentür in die Hocke und klopfte zaghaft an das Stück Holz. „Hey...alles gut, Kleiner? Ist schon Ewigkeiten her, dass du mal so...naja was du eben machst.“ Bryan fluchte zwischen zwei tiefen Rülpsern auf russisch, was Spencer zum Schmunzeln brachte, bevor er die Kabinentür öffnete und heraus wankte. Er blickte auf den Riesen herab, welcher immer noch in der Hocke war und stütze sich auf seine Knie. „Ich habe immer gedacht, dass Frauen auf die inneren Werte schauen“, murmelte er und warf einen zweifelnden Blick zur Kloschüssel. „Nicht diese“, kicherte Spencer. „Wie hältst du das aus?!“ „Eigentlich finde ich es sogar ganz schön.“ „Bitte?!“ „Zu Wissen, dass dich jemand mag um deinetwillen, und nicht weil du berühmt bist oder so...“ Bryan stützte sich auf das Waschbecken und blickte mit einer schiefen Grimasse in sein Spiegelbild, während Spencer sich hinter ihn stellte und ihm aufmunternd auf die Schulter klopfte. Kapitel 5: kapitel 5 -------------------- Ulrike blinzelte knörend, da das Sonnenlicht, welches durch die Vorhänge fiel sie in den Augen blendete. Langsam richtete sich die junge Studentin in ihrem Bett auf und rieb sich die Lider, während sie ungehemmt gähnte und sich streckte. Noch wie in Trance schaltete sie den Radio ein und schlenderte in Richtung Badezimmer, wo sich das Mädchen unter die lauwarme Dusche stellte und das Wasser auf sich prasseln ließ. Fast schon hingebungsvoll schäumte Ulrike Haare und Körper ein, bevor sie mit einem erfrischenden „Ah...“ wieder unter die Brause ging und das Wasser den Rest machen ließ. In einem Handtuch eingewickelt wie eine Roulade marschierte sie in die Küche um sich einen Tee und einen Tost zu machen. Auf dem kleinen Küchentisch betrachtete das Mädchen eine Zeitschrift, wo sie einige Anzeigen für Urlaubsziele eingekreist hatte und überflog diese noch einmal. Während die Sonnenstrahlen immer intensiver in ihre Wohnung drangen zog sich Ulrike ihre Klamotten an, welche sie schon am Abend zuvor bereit gelegt hatte, holte ihr vorbereitetes Mittagessen aus dem Kühlschrank und ging aus der Wohnung. Natürlich schaffte sie es überpünktlich zur Bushaltestelle, wo sie sich anlehnte und eine lange braune Haarsträhne hinters Ohr klemmte, wobei ihre Handtasche in ihre Armbeuge rutschte. Ein schneller Blick in ihren Planer verriet Ulrike, in welche Vorlesungen sie heute zu gehen hatte, und dass sie heute Abend auch wieder in der Bar arbeiten würde. Mit einem zufriedenen Seufzer verstaute sie das Büchlein wieder in der Tasche und stieg in den Bus ein. „Guten morgen Leute“, grüßte der Professor, woraufhin auch die letzten seiner Studenten ihren Platz fanden, „in der heutigen Vorlesung werden wir folgendes durchnehmen...“ „Heute Abend schon was vor?“ „Ja man...ich muss mich endlich mal hinsetzen und lernen!“ „Ach komm schon, echt jetzt? Das nimmt der alte doch eh nicht in den Prüfungen dran.“ „Aber er hat doch gesagt ‚Prüfungsrelevant‘!“ Ulrike konnte ein Schmunzeln nicht verbergen, während ihre Sitznachbarn immer noch diskutierten, ob sie lieber einen heben gehen oder lernen sollten. Aufmerksam machte sie sich Notizen über alles, was der Professor von sich gab und versuchte so viel wie möglich davon gleich schon im Kopf zu behalten. „Ulli willst du nicht mit mir einen trinken gehen?“ „Ich arbeite heute Abend selber schon, aber danke für die Einladung.“ „Echt? Als was denn?“ Das Mädchen schlug ihren Schreibblock für eine neue Seite um und warf ihrem Tischnachbarn einen kurzen Blick zu. „Ich bin in der Tequila Bar.“ „Ach echt? Und was machst du da? Toiletten putzen?“ „Cocktails mixen.“ „Wow cool! Dann gibst du mir sicher mal einen aus oder?“ „Sicher“, grinste Ulrike den jungen Mann an und überlegte wie hoch die Strafe für sie ausfallen würde, wenn sie eine gehörige Portion Edelweißzucker in seinen Drink kippte. „Dann sehen wir uns heute Abend!“, versicherte der Student und packte seine Tasche zusammen. Das Mädchen seufzte tief und tat es ihm gleich und packte zusammen. Für heute waren alle Vorlesungen, welche sie für wichtig empfand besucht worden und Ulrike machte sich auf dem direkten Weg nach Hause. Als die junge Frau erneut aus dem Bus ausstieg und in Richtung ihrer Wohnung abbog lief sie Bryan direkt in die Arme. „Guten Morgen Schlafmütze“, grüßte sie ihn. „Wir haben schon 2 Uhr Mittag.“ „Und trotzdem siehst du aus, als wärst du eben erst aufgestanden.“ „Bin ich auch.“ „Na also. Guten Morgen, Schlafmütze!“ Bryan blieb kurz stutzig stehen und schien zu grübeln, dann machte es „klick“ bei ihm und er verstand. „Oh...“, gab er von sich und folgte Ulrike dann wieder. „Was machst du eigentlich hier in der Gegend?“, erkundigte sich die Studentin und wandte sich zu dem Russen um. „Ich folge dir.“ „Das habe ich schon bemerkt. Deswegen frage ich dich ja. Wir waren nicht verabredet.“ „Brauche ich einen Termin, um mit dir ficken zu können?“ Ulrike lachte herzhaft auf und schüttelte ihren Kopf. „Ich habe heute aber keine Zeit zum... ‚ficken‘.“ „Warum?!“, wollte Bryan empört wissen. „Ich habe noch einiges zu erledigen.“ „Du hast einen anderen!“ „Was? Nein...nur diverse Sachen zu erledigen.“ „Du wiederholst dich.“ „Ja. Weil du es anscheinend mehrmals hören musst, damit du es kapierst.“ Vor ihrer Haustüre suchte sie kurz ihren Schlüssel, schloss die Türe auf und winkte dem Russen. „Schönen Tag noch.“ „Wir müssen reden.“ „Ach! Jetzt wo du weißt, dass ich heute nicht mehr die Beine für dich breit machen werde müssen wir plötzlich reden?“, lachte das Mädchen. „Wieso bist du so zickig?“ „Ich bin nicht zickig...noch nicht zumindest.“ „Und wie du es bist!“ „Bryan, ich kann auch ohne absterbende Gebärmutterschleimhaut pissig sein! Also entweder sagst du mir jetzt, was du noch willst oder du gehst.“ Der Junge machte einen angewiderten Gesichtsausdruck und schüttelte sich kurz. „Du bist ekelhaft“, knurrte er anschließend. „Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit...“, bemerkte Ulrike und guckte kurz auf ihre Uhr. „...wir müssen Schluss machen.“ „Mit was? Mit dem Stalken, dem Hinterherlaufen oder dem Angeekelt sein?“ „Ich mit dir.“ „Was ist denn zwischen uns?“, erkundigte sich Ulrike verwundert, „du willst doch gar keine Beziehung. Und um mit mir Schluss machen zu können müssten wir erst einmal zusammen gewesen sein.“ Bryan blickte sie sichtlich genervt an und stemmte seine Hände in die Hüften. „Egal was wir da auch immer hatten, jetzt ist auf jeden Fall Schluss damit!“, entschied er bestimmt. „Du willst also keinen Sex mehr mit mir haben?“ „Wie kommst du jetzt da drauf?“ „Naja. Das ist das Einzige, was wir haben. Bis vor 10 Minuten wolltest du noch mit mir schlafen, oh nein entschuldige mich! Du wolltest ficken.“ „Ich will damit doch nicht aufhören!“, erwiderte er empört. „Weil du es bist wiederhole ich es noch mal gerne“, grinste Ulrike, „wir haben nichts außer Sex. Und damit willst du jetzt schluss machen. Also auch das nicht mehr für dich.“ „Oh...“, stutzte der Russe. „Ja ‚oh‘. Willst du es dir doch noch mal überlegen oder hören wir mit unserem Freundschaft + auf?“ „Wir sind gar nicht befreundet, ich ficke dich nur.“ Ulrike starrte Bryan für einen Bruchteil einer Sekunde ausdruckslos in die Augen, ging dann wortlos in das Gebäude und knallte direkt vor seinem Gesicht die Haustüre zu. Mit Schwung versteht sich. Während sie die Treppen zu ihrer Wohnung hoch stampfte fauchte Ulrike: „Männer!“ Bryan stand immer noch vor verschlossener Haustüre, auch mehrmaliges Klingeln machte diese nicht auf. Genervt wandte er sich zum Gehen ab und brummte: „Weiber!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Langsam beugte sich Kai Hiwatari über das blasse und eingefallene Gesicht seines Großvaters und schluckte schwer. Wann war er Voltaire das letzte Mal so nahe gewesen? „Es kam ziemlich plötzlich“, raunte Daniellé hinter seinem Sohn und rieb sich die Schläfe, „er hatte sich einen Abend zuvor noch über einen stechenden Schmerz in der Brust beschwert.“ Der Doktor saß in einem Sessel und hatte ein Bein über das andere geschlagen, während sein Kind immer noch wortlos in das Gesicht seines Großvaters blickte. Seine Augen waren geschlossen, der Mund stand nur minimal offen. Voltaires Hände lagen ruhig auf dessen Brustkorb ineinander gefaltet. Kai gingen so viele Szenen von Früher durch den Kopf, so viele Emotionen brodelten in ihm hoch, so dass er sogar Tränen in den Augen hatte. Vor Wut oder Erleichterung wusste er in diesem Moment nicht. „Du hättest es nicht verhindern können“, seufzte Daniellé. „Wie geht es meiner Großmutter?“, erkundigte sich der Junge und setzte sich ganz langsam auf die Bettkante. „Es war ein großer Schreck für sie...aber sie ist soweit wohlauf. Schau später ruhig mal nach ihr, sie hat dich schon lange nicht mehr gesehen.“ „Ich war beruflich beschäftigt...“ „Das wissen wir alle, Kai.“ „Hat sich der hohe Rat schon getroffen…?“ „Sie haben eine Sitzung für morgen Mittag geplant. Da wird anscheinend auch gleich ein Nachfolger für deinen Großvater gewählt werden...“ Während Danny noch ein paar Randinformationen von sich gab legte Kai ganz vorsichtig eine Hand auf die von Voltaire und hielt inne. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er ihn das letzte Mal angefasst hatte… Daniellé erhob sich und trat hinter seinen Sohn, legte eine Hand auf dessen Schulter und beobachtete, wie Kais Daumen zärtlich Voltaires Handrücken streichelte. „Er sieht so friedlich aus...“, flüsterte Kai. „Muss ungewohnt ruhig für dich sein.“ „Das ist es...seine Hände sind so kalt...“ Sie verharrten noch eine Weile so, bis Danny schließlich vorschlug in den Garten zu gehen. Kai nickte wortlos und ließ gerade seine Hand von der seines Großvaters gleiten, als dieser ruckartig die Augen aufriss und Kai an dessen Handgelenk packte. „HEILIGE SCHEIßE!!!“, rief der Junge erschrocken auf und sprang von der Bettkante auf, wobei ihm Voltaire immer noch festhielt. „Ich...bin noch...nicht...tot...“, raunte der alte Mann und seine kalten Finger klammerten sich um Kais Handgelenk, „mach...dir ja...keine...Hoffnungen…!“ Mit einem Ruck konnte sich Daniellés Sohn aus dem Griff befreien und presste seine Hand gegen sein wie wild pochendes Herz, wobei er hastig atmete. Auch Daniellé war erschrocken, jedoch nicht so heftig wie sein Sohn. Er legte sich zwei Finger auf die Lippen und versuchte sich ein breites Schmunzeln zu verkneifen, während Kai immer noch damit kämpfte sich zu beruhigen. „Ich hatte...lediglich...einen...Schwächeanfall…!“, brummte Voltaire mit röchelnder Stimme und sah zwischen Sohn und Enkel hin und her. „Ich weiß“, erwiderte Danny und zeigte auf Kai, „hast ihn ganz schön erwischt.“ „Raus mit euch...ich will mich…ausruhen...und zieh die...Vorhänge zu…!“, befahl der alte Mann und zeigte mit zittrigen Fingern auf die schweren Gardinen. Während Daniellé seinem Vater den Gefallen tat verließ Kai schon mal das Zimmer und sank vor der Tür in die Hocke. Seine Beine waren butterweich und sein Atem ging ungleichmäßig. „Weiteratmen“, raunte Daniellé, als er ebenfalls aus dem Zimmer ging und seinen neben der Tür kauern sah. „Er bringt mich noch ins Grab“, fauchte der Junge und blickte zu seinem Vater empor. „Nein. Denke ich nicht“, schmunzelte der Arzt und verhalf ihm wieder auf die Beine, „aber für einen guten jumpscare ist der Mann noch zu gebrauchen.“ „Machst du dich jetzt ernsthaft über mich lustig?!“ „Kai ich bin ebenfalls erschrocken. Zwar nicht so wie du aber dafür hatte ich ja genügend Abstand.“ „Ich hasse dich...“ „Nein du liebst mich! Komm schon...gehen wir an die frische Luft, die wird dir gut tun!“ Als die beiden Männer auf der großzügigen Terrasse angekommen waren stützte sich Kai schwerfällig auf das steinerne Geländer und atmete tief ein und aus, bevor er seinen Blick über den mittlerweile wieder aufblühenden Garten schweifen ließ. Daniellé klappte sein Zippo schwungvoll zu, nachdem er sich eine Zigarette angezündet hatte und den blauen Rauch ausblies. „Wann wird deine bessere Hälfte nachkommen?“, erkundigte sich der Arzt und ging bereits die ersten Stufen in den Garten runter. „Ich habe ihr noch gar nicht Bescheid gesagt...“ „Noch nicht? Du vernachlässigst sie doch nicht etwa jetzt schon?“ „Nein!“ „Sogar ich habe deine Mutter bereits angerufen. Und wir sind geschieden.“ „Mirka war nicht bei mir, als du angerufen hattest.“ „Ich dachte ihr wäret zusammen unterwegs gewesen…?“, bemerkte Daniellé verwundert. „Nein. Sie ist in St. Petersburg bei ihren Eltern. Wir...“, meinte Kai und hielt kurz inne, „wir...“ „Och nö...ihr hattet Zoff?“ „Nicht so wirklich…?“ „Noch nicht mal ein Jahr verheiratet und schon Ärger im Paradies...“, schüttelte Danny den Kopf. „Ich sagte doch schon, dass wir keinen Zoff haben!“, erwiderte Kai dezent verärgert. „Und dennoch hast du sie noch nicht angerufen. Warum suchst du gerade jetzt Abstand zu ihr?“ Kai seufzte schwerfällig und blickte gen Himmel. „Also...es...ist da was vorgefallen...“, murmelte der Junge verlegen, „etwas, das mir unangenehm war...“ „Dir ist was unangenehm?“ „Ja.“ „Muss ja ein ganz schöner Brocken sein, wenn es einem Kai Hiwatari unangenehm ist…?“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Die Sekretärin nickte Kai noch einmal zu und verließ dann wortlos das Büro, in welchem sich gerade der Junge befand. Sobald sie die Tür geschlossen hatte lockerte er den Knoten seiner Krawatte und legte seinen Sakko ab, sodass er nur noch in Hemd und Anzugsweste dastand. Er schob beide Hände in die Hosentaschen und ging zu den hohen Fenstern rüber, um auf die Straßen unter sich zu blicken. Die Tür zum Büro ging auf und ein Mann mittleren Alters trat ein. „Sie sind Mr. Hiwatari…?“, erkundigte er sich und blickte fragwürdig über den Rand seiner Brille hinweg. „Ja.“ Der Mann schlenderte hinter seinen Schreibtisch und ordnete sich schnell die Papiere, welche er mitgebracht hatte und bot Kai an, sich zu setzen. „Verzeihen Sie bitte meine Bemerkung, Mr. Hiwatari, aber ich hatte ich hatte erwartet den Deal mit einem Erwachsenen ihrer Familie abschließen zu können.“ „Lassen Sie sich nicht von meinem Alter täuschen. Ich bin bestens über die Fakten informiert und habe eine ausgezeichnete Ausbildung genossen.“ „Das glaube ich gerne“, erwiderte der Mann und blickte Kai erneut über seine Brille hinweg an, „ich habe den Lebenslauf gelesen, welchen Sie geschickt haben. Sehr beeindruckend, nur Bestnoten, nicht die kleinste negative Bemerkung...“ „Aber dennoch kann ich Sie nicht überzeugen?“ „Verstehen Sie mich nicht falsch, Mr. Hiwatari. Wir haben in unserem Unternehmen Angestellte, die nicht im Entferntesten mit diesen Leistungen mithalten können. Hätten Sie sich um eine Stelle beworben, dann hätte ich Sie sofort eingestellt. Aber einen so wertvollen Deal mit einem neunzehnjährigen abzuschließen...“ „Was definieren Sie als ‚wertvoll‘? Bei diesem Abkommen geht es lediglich um 10% ihrer Aktienanteile, mit denen Sie an der Börse nicht mal ein Jahreseinkommen einer viertel Millionen eintreiben können...nur zur Info am Rande: das ist was die Hiwatari Enterprises in recht kurzer Zeit macht.“ „Sie übertreiben.“ „Bitte...Sie kennen die Fakten. Und wenn Sie heute Morgen die Aktien gecheckt hätten, dann wüssten Sie auch, dass ich Recht habe.“ Der Mann stierte Kai herausfordernd an, schwieg jedoch. Für Kai war es ein Kinderspiel diesem Blick stand zu halten, er langweilte ihn sogar. „Sie sind sehr von sich überzeugt“, stellte der Mann fest und ordnete seine Papiere. „Ich habe mich vorbereitet.“ „Das hör ich. Trotzdem. Ich werde den Deal mit Ihnen nicht eingehen.“ Für den Bruchteil einer Sekunde verlor Kai sein Pokerface, hatte sich jedoch wieder schnell genug gefangen, damit es sein Gegenüber nicht mitbekam. „Sie wissen wo die Tür ist, Mr. Hiwatari.“ „Darf ich ehrlich zu Ihnen sein?“ „Bitte.“ „Wäre ich nur 5 Jahre älter, dann wären sämtliche Formulare bereits unterschrieben und Sie würden mich zu einem Drink in der Lobby einladen und nicht einen auf Trotzig machen, nur weil ich für mein Alter besser vorbereitet bin als Sie.“ „Da haben Sie vollkommen Recht“, nickte der Mann, „dann bis in 5 Jahren. Guten Tag, Mr. Hiwatari.“ Im Aufzug wartete Kai geduldig darauf, dass sich die Türen vollständig geschlossen hatten, bis er mit geballter Faust gegen diese schlug. In seinem Kopf fluchte er in sämtlichen Sprachen, deren er mächtig war, behielt nach Außen hin jedoch die Fassung und wirkte völlig cool und gelassen. „Einen schönen Tag noch“, nickte die Sekretärin ihm freundlich zu. „Danke. Ihnen auch.“ Kai stieg auf die Rücksitzbank des Autos mit den getönten Scheiben, wo sein Chauffeur geduldig auf ihn gewartet hatte und seufzte schwerfällig. „Möchten Sie gleich ins Hotel Master Kai?“, erkundigte sich der Fahrer. „Auf dem schnellsten Weg...“ „Ihre Frau hat angerufen“, meinte der Mann am Lenkrad und fuhr los. „Natürlich hat sie das...“, murmelte Kai und rieb sich die Schläfen. „Sie wollte mitteilen, dass sie gut in St. Petersburg angekommen sei und wünscht Ihnen einen schönen Tag.“ „Einen schönen Tag?“, stutzte Kai und runzelte die Stirn. „Eigentlich einen erfolgreichen. Aber nachdem ich sah, mit was für einer Mimik Sie eingestiegen sind, dachte ich das wäre unangebracht.“ „Danke...“ „Nicht dafür.“ Auf seinem Hotelzimmer angekommen schälte sich Kai soweit aus den förmlichen Klamotten und holte sich ein Wasser aus dem Kühlschrank. Der Gedanke, dass er seinem Großvater beichten müsste, dass er den Deal vermasselte hatte ließ den Jungen sauer aufstoßen. Der Grund wäre Voltaire sowieso egal, den könnte Kai auch gleich weglassen. Schwer seufzend hockte er sich auf sein Bett und legte sein Handy ans Ohr. „Hiwatari.“ „Das kannst du schon verdammt gut. Klingt beinahe so, als hättest du es geübt.“ „Hallo, Liebster. Wie war dein Tag?“ „Es tut gut deine Stimme zu hören...“ „Ohje...doch so schlimm?“ Mirkas Stimme zu hören ließ Kai wenigstens für eine Weile erleichtert aufatmen. Entspannt lehnte er sich zurück und starrte auf den schwarzen Bildschirm seines Fernseher, während seine Frau von ihrem Tag erzählte. „...du fehlst mir so...“, knörte sie schließlich. „Ich weiß“, schmunzelte Kai, „die Meetings sind langweilig...mal abgesehen von den inkompetenten Personen, welche sie abhalten.“ „Ich hoffe, dass du ihnen das nicht jedes Mal an den Kopf wirfst…?“ „Ich weiß mich zu beherrschen.“ „Natürlich tust du das.“ „Sag deinen Eltern einen schönen Gruß von mir.“ „Willst du schon auflegen?“, erkundigte sich Mirka erschrocken. „Sei mir nicht böse...aber ich hatte heute einen sehr...sehr anstrengenden Tag...“, „stöhnte Kai, „außerdem sehen wir uns ja bald wieder...es sind ja nur noch acht Tage.“ „Fehl ich dir denn gar nicht?“ „Natürlich vermisse ich dich! Ich denke ständig an dich, auch wenn ich auf Meetings bin, weshalb ich nicht jedes Mal auf deine zehntausend Herzchen Nachrichten antworten kann.“ „Zum Glück hast du eine Ehefrau, die sich Gedanken darüber macht, wie du es wieder gutmachen kannst!“, kicherte Mirka in den Hörer. „Wenn wir wieder zusammen in unserem Apartment sind...“, begann Kai, doch er wurde von Mirka unterbrochen. „Ich habe eine Idee, wie du es jetzt wieder gutmachen kannst!“ „Ach ja?“ „Ja. Das wird dir gefallen!“ „Na dann lass hören...“ „Was hast du an?“ Kai hielt für einige Sekunden den Atem an und stutzte. „Ähm...was?“ „Ich habe dich gefragt, was du anhast.“ „Das habe ich schon verstanden, nur ich verstehe den Sinn dahinter gerade nicht.“ „Sag es mir einfach...“ Kai blickte an sich herunter: „Ein Hemd und eine Hose...“ „...auch eine Krawatte?“ „Nein.“ „Okay. Knöpf dein Hemd auf und zieh es aus.“ „Hab ich.“ „Öffne den Gürtel deiner Hose und...“ „Momomomoment mal!“, erwiderte Kai hastig und warf einen herausfordernden Blick auf das Handydisplay, „was genau hast du vor?“ „Das wirst du schon noch herausfinden“, kicherte Mirka erneut, „hast du den Gürtel schon offen?“ „Du willst doch nicht etwa ‚DAS‘ machen, oder?“ „Ich weiß nicht, was du mit ‚das‘ meinst. Du musst schon genauer werden.“ „Oh man, Mirka!“, stöhnte Kai auf und rieb sich seine Schläfen, „ernsthaft?“ Die junge Frau gab ein Geräusch von sich, als würde sie sich ertappt fühlen. „Du...das war dein Ernst oder? Du hättest mich das jetzt machen lassen?!“ „Kai ich streichel mir die ganze Zeit schon über den nackten Oberschenkel“, bemerkte Mirka gelassen, „außerdem kannst du mir gerne sagen, was ich machen soll.“ „Oh mein Gott...“, raunte der Junge und lief in seinem Zimmer auf und ab. „Jetzt tu nicht so, als ob das was verbotenes gewesen wäre.“ „Nein. Das ist es nicht.“ „Sondern?“ „Mirka...bitte...“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Kai beobachtete, wie sich sein Vater anstrengend musste, um nicht laut zu lachen und warf ihm deshalb einen giftigen Blick zu. „Deshalb redet ihr nicht mehr miteinander?“ „Wir haben seit dem nur noch geschrieben.“ „Lass mich raten...nur das nötigste?“ „Schon...etwa mehr als nur das...“ „Kai ihr seit frisch verheiratet und lernt euch immer noch kennen. Natürlich gibt es am Gegenüber Sachen, die man nicht mag oder nicht immer versteht. Geb dem ganzen noch ein wenig Zeit.“ „Ich weiß, dass ich deine Antwort eigentlich nicht hören möchte...“, murmelte Kai und streckte seine Beine, „aber...hast du...also habt ihr…?“ „Telefonsex?“, grinste Danny, „natürlich.“ „Sei vielleicht noch lauter!“, fauchte Kai und sprang von der Bank auf, „der Gärtner da hinten hat es noch nicht gehört!“ Daniellé wandte sich in die Richtung, in welche sein Sohn genickt hatte und rief laut „TELEFONSEX!!“, bevor er sein Gegenüber erneut breit angrinste. „Du bist so kindisch.“ „Natürlich. Darum hab ich auch mehr Spaß am Leben als du!“ Kai rollte genervt mit den Augen, während sein Vater gehässig kicherte und an seiner Kippe zog. Für eine Weile schwiegen die beiden Männer und genossen den milden Wind, welcher durch die Bäume wehte und den süßen Duft des Spätfrühlings mit sich trug. „Und was mach ich jetzt?“, erkundigte sich Kai und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Wegen dem inkompetenten Kerl oder Mirka?“ „Der Typ interessiert mich schon lange nicht mehr. Der ist es gar nicht wert, dass ich einen weiteren Gedanken an ihn verschwende!“ „Ruf sie an und sag ihr das mit deinem Großvater. Sie wird es verstehen, dass du dafür nicht in Stimmung warst.“ „Du willst also, dass ich meine Frau anlüge?“ „Nicht anlügen...mach einen auf mitleidig.“ „Und das hilft?“, runzelte Kai ungläubig die Stirn, holte jedoch sein Handy raus und wählte Mirkas Nummer. „Natürlich. Unter diesen Umständen wurdest du gezeugt, wenn ich mich recht erinnere“, grinste Danny breit. Kai blickte seinen Vater mit weit aufgerissenen Augen und Mund an, woraufhin der Arzt noch mehr lachen musste. Noch bevor der Junge irgendwas erwidern konnte nahm Mirka das Gespräch an. „Hallo Kai.“ „Hallo Schatz. Hör mal, weswegen ich anrufe...sitzt du gerade…?“, raunte er ins Telefon ohne seinen Vater dabei aus den Augen zu lassen. „Ich sitze.“ „Ich bin im Moment wieder zu Hause. Es ist...was passiert...“ Kai wandte sich von seinem Vater ab und ging ein paar Schritte, während Trudie zu ihrem Exmann trat und ihrem Sohn nachblickte. „Er sieht immer noch erschrocken aus...“, meinte sie betrübt, „es hat ihn anscheinend doch mehr mitgenommen, als wir dachten.“ „Och, er ist nicht wegen Vater so blass um die Nase“, schmunzelte Daniellé und guckte zu ihr auf, „ich habe Kai gerade lediglich einen Bären aufgebunden.“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Ulrike parkte ihr Auto und ging in das kleine Bistro, wo der Verkäufer bereits mit einem verlegenen Lächeln auf sie wartete. „Guten Morgen“, grüßte sie und unterdrückte einen Gähner, „ich habe angerufen und vorbestellt.“ „Ah. Einmal großen Früchtetee ohne Zucker und ein Joghurtmüsli, stimmt‘s?“ „Genau.“ „Nachtschicht gehabt?“ „Genau.“ „Nachts sind einfach die besseren Menschen unterwegs“, grinste er und reichte die Bestellung über die Theke, „darf ich dir sonst noch was gutes tun?“ Ulrike blickte den jungen Mann mit großen Augen an und stutzte. Rechtzeitig deutete er ihren Blick richtig ein und wurde leicht rot. „Sorry. Das klang perverser, als ich es geplant hatte.“ „Schon gut. In der Bar darf ich mir so was ständig anhören...ich bin mittlerweile immun dagegen.“ „Darf ich fragen, in welcher Bar du arbeitest?“ „In der Tequila Bar.“ „Ah...nein das Lokal kenn ich noch nicht.“ „Komm mal vorbei, wenn ich Schicht habe, dann geht der erste Drink auf mich“, lächelte das Mädchen müde. „Trotzdem sorry. Du hast jetzt Feierabend, da solltest du dir so was nicht mehr anhören müssen.“ „Danke. Wie lange hast du noch?“ „Ich habe auch gleich Feierabend. Wenn der Kollege pünktlich zur Schicht kommt zumindest.“ „Dann wünsch ich dir viel Glück“, erwiderte Ulrike mit einem müden Lächeln und bezahlte ihr Frühstück, „tschau.“ „Bis morgen?“, erkundigte er sich. „Bis morgen!“, bestätigte Ulrike „Einen angenehmen Schlaf noch“, rief der junge Mann ihr hinterher, woraufhin das Mädchen kurz winkte und ihr Auto aufschloss. „Ulrike?“ Sie zuckte kurz zusammen, als die Männerstimme hinter ihr so plötzlich ertönte und drehte sich nur ganz langsam nach ihr um. „Oh. Hi, Louis.“ „Wie geht es dir?“, erkundigte sich der junge Mann bei ihr und trat etwas näher an sie heran, als es ihr lieb war, „du hast nicht mehr angerufen...ist alles okay zwischen uns?“ „Natürlich. Ich bin nur gerade sehr beschäftigt.“ „Du warst vorher auch schon sehr beschäftigt und bist es immer, wenn ich dich anrufe.“ „Ich bin kurz vor meiner Semesterprüfung, was erwartest du?“ „Warst du das vor einem halben Jahr auch schon?“, erkundigte er sich zweifelnd. Ulrike seufzte genervt: „Pass auf, ich komme gerade aus einer langen Schicht. Ich möchte mich duschen, frühstücken und dann schlafen. “ „Wäre schön, wenn du wieder mal Zeit auf einen Kaffee haben würdest. Oder für...du weißt schon.“ „Louis, ich war damals dein Lückenbüßer, warum sollte ich also noch Interesse haben?!“ „Weil ich schon lange über sie hinweg bin! Ich habe mich geändert! Versprochen! Wirklich!“ Die junge Frau wandte sich von diesem flehenden Häufchen Elend ab und öffnete ihre Autotüre. „Ich ruf dich an.“ „Echt jetzt?“ „Wenn die Prüfungen vorbei sind“, fügte sie schnell ihrem letzten Satz hinzu und stieg in ihr Auto ein. Zu Hause angekommen warf das Mädchen ihre Tasche in die nächste Ecke, schaltete den Fernseher ein und schaufelte genüsslich ihr Müsli in sich. Unter der Dusche ließ das Mädchen das warme Wasser auf sich nieder prasseln und stellte stutzig fest, dass anscheinend im Moment irgendwas in der Luft lag. Zuerst Bryan, dann Louis… „Bin ich denn mittlerweile die Dorfmatratze geworden oder was?!“, murmelte sie und wickelte sich in ihr Handtuch ein. Als Ulrike ihr Spiegelbild betrachtete hielt sie inne und dachte über ihren letzten Satz nach. Seit wann war sie so streng zu sich selber geworden? Sie war Mitte 20, Studentin und Single. Sie achtete auf Verhütung und ihr Notendurchschnitt war immer noch zu ihrer Zufriedenheit. Warum also sollte sie sich nicht etwas Spaß gönnen? „Was hast du für ein Problem?“, fragte Ulrike ihr Spiegelbild im ruhigen Ton, „du bist im Moment so extrem angespannt, so kenne ich dich ja gar nicht...und schieb es jetzt ja nicht auf den Prüfungsstress! Die Ausrede zieht bei mir nicht mehr!“ Klar, als Louis ihr damals gebeichtet hatte, dass sie definitiv „nur“ ein Lückenbüßer gewesen sei hatte Ulrike mindestens genauso verletzt wie Bryans Aussage, dass sie keine Freunde gewesen wären. „Im Moment stehst du alleine da. Schon wieder. Hast du wieder toll gemacht.“ Ulrike blickte die Frau im Spiegel niedergeschlagen an und ließ den Kopf für eine Weile sinken. „Mama hat immer gesagt, dass jeder eine zweite Chance verdient hat“, raunte sie und blickte die junge Frau im Spiegel selbstsicher an, „jeder! Also auch ich!“ Sie ging siegessicher in ihr Schlafzimmer wo ihr ein schneller Blick auf die Uhr verriet, dass Bryan definitiv noch schlafen und Louis immer noch arbeiten würde. „So viel dazu“, grinste sie und ließ sich auf ihre Matratze nieder. Die zweite Chance müsste anscheinend eine Weile warten... Kapitel 6: kapitel 6 -------------------- Kai Hiwatari stand geduldig wartend am Check in des Flughafens, überprüfte die Ankunftszeiten an der digitalen Tafel und blickte dann wieder auf den langen Flur. 20 Minuten nachdem der Flieger bereits gelandet und einige Passagiere an ihm vorbei gelaufen waren seufzte der Junge schwerfällig. Für einen kurzen Augenblick stellte er sich auf die Zehenspitzen, um so besser sehen zu können, musste jedoch feststellen, dass es ihm nicht viel brachte und diese Tatsache frustrierte ihn. „Kai!“ Beim Klang dieser Stimme schlug sein Herz für einen kurze Zeit außerhalb des Taktes, seine Mine erhellte sich und er schlang seine Arme und die junge Frau, welche übers ganze Gesicht strahlend auf ihn zugerannt war. „Moy lyubimyy“, seufzte er erleichtert und sog den Duft ihrer Haare tief ein, „Schatz du hast deinen Koffer einfach stehen lassen...“ „Ist mir egal“, murmelte Mirka und drückte Kai einen Kuss auf den Mund, „du hast mir gefehlt.“ „Du mir auch.“ „Wie geht es dir und deiner Familie.“ „Wir leben noch alle.“ „Wieso betonst du ‚noch‘ mit diesem gewissen Unterton, Kai?“ „Nur so...“ Er ließ von ihr ab und sammelte ihren Kofferwagen ein, welchen Mirka tatsächlich einfach hatte stehen lassen, als sie ihn in der Menschenmasse erkannt hatte. Wieder auf ihrer Höhe angekommen warf er ihr einen schmunzelnden Blick zu und nahm sie bei der Hand, während sich Mirka an seine Seite schmiegte und ihm einen leichten Kuss aufs Ohr drückte. „Oh...“, seufzte sie, „du hast immer so schön warme Hände...“ Die beiden schlenderten durch den Flughafen, unterdessen erzählte Mirka, was sie alles in St. Petersburg erlebt hatte und wie der Flug für sie gewesen war. „Bist du auch so müde wie ich?“, erkundigte sich Mirka bei ihrem Mann, „du musst völlig fertig sein!“ „Ich bin okay.“ „So eine harte Woche, wie du sie hattest geht auch an einem Kai Hiwatari nicht unbemerkt vorbei.“ „Ich habe Hunger“, gestand er stutzig. „Nur Hunger…?“ „Im Moment ja.“ „Dann lass uns etwas Essen gehen.“ Sie warfen sich einen vielsagenden Blick zu und gingen weiter, bis zu einem kleinen Imbiss, wo sie sich Essen bestellten. „Möchtest du dann noch was Süßes? Komm schon, ich lade dich ein!“ Kai schielte Mirka grinsend von der Seite an: „Willst du mich mästen?“ „Nicht im Geringsten. Nur ich weiß doch, was für eine Naschkatze du bist!“, kicherte das Mädchen und bestellte zusätzlich noch zwei Gebäckstücke. Kai grinste noch breiter und nahm die Tüte mit dem Süßkram dankend an, während er den Wagen weiterschob. An einer Stelle, welche etwas ruhiger war parkte er den Gepäckwagen und die beiden aßen gemeinsam im Stehen. „Das ist köstlich!“, gab Mirka verzückt von sich und schob sich eine weitere vollgeladene Gabel in den Mund, „das muss ich zu Hause unbedingt mal nach kochen!“ Kai nickte zustimmend, sein Essen fleißig kauend, während er einige der Passanten beim Vorbeigehen beobachtete. „Wie war eigentlich London?“, warf seine Frau plötzlich in die Runde und stach ihre Gabel ins Essen. „Nass. Das Wetter dort ist wirklich sehr launisch...“ „Lass mich raten: du hattest für besseres Wetter gepackt?“, schmunzelte sie. „Ich war vorbereitet.“ „Du bist immer vorbereitet“, seufzte Mirka schwerfällig, „außer auf die Tatsache, dass ich dich mal anrufen könnte, um...“ „Es war ein Versuch und der ist nun mal nicht so ausgegangen, wie du dir das vorgestellt hattest“, fiel er ihr ausnahmsweise ins Wort und schielte aus dem Augenwinkel zu ihr, „versprich mir bitte, dass du es bei diesem einen Mal lässt...“ Mirka seufzte erneut und ließ ihre schmalen Schultern hängen, während Kai die beiden leeren Verpackungen entsorgte. Für einen kurzen Moment blickte er seine Frau mitfühlend an, doch dann erinnerte er sich an diesen einen Abend, als Kai auf seinem Hotelzimmer gelegen und Mirkas Stimme durchs Telefon gelauscht hatte. „...werden wir denn noch Zeit haben, vor der Besprechung in unsere Wohnung zu gehen?“ „Ich befürchte nicht...“ Mirka stieß ein genervtes Stöhnen aus, während Kai die Gepäckstücke an den Fahrer weiter gab, welcher sie gerade noch begrüßt hatte. Während der Autofahrt herrschte Stille, Mirka prüfte noch einige Einträge in ihrem Terminkalender, während Kai angespannt aus dem getönten Fenster guckte. Auch wenn die heutige Sitzung reine Formalität war forderte es immer wieder viele Nerven von ihm ab, wenn sich Kai in der Nähe seines Großvaters befand. Auch nach seiner Hochzeit mit Mirka hatte sich daran nicht viel geändert… „Kai…?“, rief ihn Mirkas Stimme aus seinen Grübeleien, „hast du gehört? Ich habe die Karten für das Konzert nächsten Monat.“ „Ah ja? Welches Konzert?“ „Yuki Sawa. Du hattest dich doch dafür interessiert.“ „Du hast Karten für DIE Yuki Sawa besorgt?“, wiederholte Kai ungläubig, während der Wagen vor dem Anwesen stoppte. „Ja. Hätte ich nicht?“ „Doch schon! Aber nächsten Monat ist...ist...“ „Sommernacht ich weiß. Und eine Woche später ist das Konzert in München.“ „München?“ „München. Hotel ist ebenfalls schon gebucht und den Tag danach werden wir in der Therme verbringen. Irgendwelche Einwände?“ „So wie du mich gerade anguckst wäre es sicher ungesund für mich, wenn ich dir widerspreche.“ „Du tust schon fast so, als wäre ich voll die herrschsüchtige Ehefrau“, grinste Mirka und packte ihren Planer beiseite. Genau in diesem Moment räusperte sich der Fahrer und öffnete beiden die Tür. Kai und Mirka stiegen gemeinsam die Treppe empor, und warteten vor der Saaltür geduldig auf die anderen. „Du hast mir noch nicht geantwortet.“ „Auf was?“ „Ob ich eine herrschsüchtige Ehefrau bin.“ „Nein bist du nicht.“ „Aber…?“ „Sehr...gut...organisiert?“ „Besser als du?“, erkundigte sich das Mädchen mit einem leichten Grinsen. Kai hob wortlos die Schultern. „Warum habe ich das Gefühl, dass das eben kein Kompliment sein sollte?“, seufzte sie und rollte gespielt mit ihren Augen. Als Kai schon die Luft eingesogen hatte, um seiner Frau zu antworten kamen weitere Angehörige des Clans die Treppe hoch und begrüßten die beiden, bevor die schweren Türen zum Saal sich öffneten. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „...und wir haben keinen Spinat mehr! Hast du gehört, Bryan? Denk an den Spinat!“, rief Spencer seinem Teamkollegen noch hinterher, als dieser schon die Wohnungstür hinter sich zugeschmissen hatte. „Er...kommt es nur mir so vor, oder sieht Bryan seit ein paar Tagen unglücklich aus?“, erkundigte sich Amanda, als sie Spencer dabei beobachtete, wie er die Spülmaschine ausräumte. Der Riese warf ihr einen unbekümmerten Blick zu und teilte ihr mit, dass sich Bryan wieder einfangen würde. „Machst du dir überhaupt keine Sorgen? Ich dachte ihr seid beste Freunde?“ „Amanda wir SIND beste Freunde“, seufzte Spencer und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, „ich bin derjenige der Bryan am längsten kennt und ich fühle mich zutiefst schuldig, weil ich für diesen sturen Trottel wie für einen Bruder empfinde und er sich nicht helfen lassen will. Natürlich sehe ich, dass es ihm nicht gut geht aber so ist Bryan nun mal. Er will alleine klarkommen, obwohl er weiß, dass er mich und Tala um Rat bitten könnte.“ Spencer fuhr sich angestrengt durch die Haare und stellte die letzten Teller weg, bevor er um die Kücheninsel zu Amanda ging und ihr über die Schulter streichelte. „Er geht nicht daran kaputt. Verdammt noch mal dieser Junge ist unzerstörbar! Er isst Milchprodukte, obwohl er seit Jahren weiß, dass er Laktose intolerant ist!“ Amanda prustete los vor lauter lachen und musste sich an der Theke festhalten, da sie sonst vom Hocker gefallen wäre. „Er LIEBT Käse! Bryan futtert jedes Mal meine Mozzarella Sticks und wenn ich Käsesandwich mache verlangt er eine extra Portion Gouda!“ „Das meine Liebe ist die Ironie an der ganzen Sache“, schmunzelte Spencer und ließ den Kopf hängen. „Naja...vielleicht steht er ja auf das...“ „Sag es bitte nicht...“, flehte der Riese, welcher immer noch mit gesenktem Kopf neben ihr stand, „wir haben lange genug darüber Witze gemacht. Wirklich ekelhafte Witze...“ „Ihr seid Jungs! Natürlich macht ihr extreme Witze über so was.“ „Nein. Nein. NEIN! Selbst für Männer waren diese Anspielungen oder was das auch immer war einfach nur EKELERREGEND!“ „Okay ich hab‘s verstanden!“, hob Amanda abwehrend die Hände, „aber warum isst er dann nicht die Produkte, welche extra dafür gemacht wurden?“ „Du wirst mir ja eh nicht glauben wenn ich es dir sage...frag ihn.“ „Wirklich?“ „Tu das.“ Genau in diesem Moment ging die Wohnungstüre wieder auf und Bryan trat in die Küche, blickte abwechselnd Amanda und Spencer an, dann runzelte er die Stirn und stellte die Einkaufstüte auf die Kücheninsel. „Ihr...warum grinst ihr mich so an?“ „Nur so“, kicherte Spencer und nahm die Einkäufe an sich. „Was hältst du davon wenn ich dir mal ein Gericht mit laktosefreien Käse koche?“, schlug Amanda vor und versuchte ihre Aufregung zu verbergen. „Klar“, erwiderte Bryan gelassen. Amanda warf Spencer einen vorwurfsvollen Blick zu, doch dieser grinste noch breiter. „Du...hättest wirklich nichts dagegen?“ „Solange du nichts dagegen hast, dass dich Spencer zukünftig mit einem Plastikschwanz befriedigt, anstatt mit seinem eigenen?“ „Wieso wusste ich, dass so was nur von dir kommen kann?“, seufzte Amanda und rieb sich die Schläfen. „Du hast gewusst, dass er das sagen würde!“, lachte Spencer und und klopfte Bryan aufmunternd auf die Schulter, „braver Junge! Hier ist ein Keks für dich!“ Erneut warf Amanda Spencer einen herausfordernden Blick zu, welcher mit einem breiten Schmunzeln abgewunken wurde. „Bryan wenn du morgen Frühstück mitbringst, dann könntest du mir einen großen Gefallen tun und Spencers Bestellung einfach weglassen?“ „Das ist unfair! Was hat mein Frühstück damit zu tun?“, beschwerte sich der Riese. „Wer hat angefangen?“ „Ich werde heute zu Hause bleiben“, erwiderte Bryan gelangweilt, während die beiden sich immer noch an funkelten, doch augenblicklich den jungen Russen mit weit offenen Augen anstarrten. „Wie? Zu Hause bleiben?“ „Du gehst doch ein vor lauter Langeweile.“ „Warum flippt ihr beiden aus, wenn ich mich dazu entscheide mal daheim zu bleiben?“, fragte Bryan argwöhnisch. „Weil du NIE zu Hause bleibst! Du fliegst immer draußen herum und kommst irgendwann in den späten Morgenstunden wieder!“ „Habt ihr beiden Schiss, dass ihr leise sein müsst, wenn ich da bin? Oh ich bitte euch!“ Amanda lief eine gewisse Röte ins Gesicht, während der Riese neben ihr völlig unbeeindruckt blieb von der Aussage seines Kollegen. „Keine Sorgen, ihr werdet gar nicht bemerken, dass ich da bin. Ich genehmige mir ein paar Bier und surf durchs Internet.“ „Also gibst du dir die Kante und guckst dir einen Porno an?“, erkundigte sich der Riese. „Du hattest mich doch darum gebeten, dass ich in Nähe deiner Freundin nicht mehr so vulgär sein soll.“ „Oh wow. Ich hätte nie gedacht, dass du das mal machen würdest!“ „Wir haben kein Bier hier, Bryan“, erwiderte Amanda. „Dann trink ich eben was anderes. Was ist denn noch Vorrätig da?“ „Wein.“ „Was?“ „Nicht was sondern Wein. Einen halbtrockenen Weißen um genau zu sein.“ „Wie kann eine Flüssigkeit halbtrocken sein?!“ „Das ist bei Weinen die Geschmacksrichtung...oder so was in der Art“, winkte Amanda ab und holte den Boxbeutel aus dem Schrank, „möchtest du einen probieren?“ „Ballert der?“ „Ähm...“, grübelte die Frau und überflog das Etikett des Weins, „in gewissen Mengen ballert doch alles oder?“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Ah...Kai könnten wir uns mal unterhalten?“ Viktor, einer der Ratältesten war an den Jungen herangetreten, nachdem die Versammlung beendet wurde. „Natürlich. Um was geht es denn?“ Der alte Mann, welcher nur noch eine Hand voll weißer Haare hatte blickte kurz zu Mirka, welche gleich neben ihrem Mann stand und schenkte ihr ein kurzes aber ehrliches Lächeln. „Unter 4 Augen...wenn es keine Umstände macht.“ „Tut es nicht“, nickte das Mädchen ihm zu und wandte sich an Kai, „ich warte draußen auf dich.“ Die beiden Männer warteten noch kurz, bis sie alleine und die Türen verschlossen waren, dann holte Viktor langsam tief Luft und fuhr fort. „Aufgrund der Tatsache, dass dein Großvater nun Gesundheitlich sehr angeschlagen ist wird er wohl nicht mehr im hohen Rat beisitzen können. Es ist also ein Platz frei.“ „Das verstehe ich. Hoffentlich geht es ihm bald wieder besser. Seine bissigen Bemerkungen haben mir heute schon fast gefehlt.“ „Du hattest schon immer ein freches Mundwerk“, belächelte Viktor Kais Aussage, „deswegen hast du dich auch immer so gut mit Adrian Dejeaun verstanden. Hattest du in letzter Zeit Kontakt zu ihm?“ „Die Regeln unseres Clans verbieten den Kontakt mit Ausgestoßenen...das gilt für sie und für uns.“ „Ich weiß...mein Großvater machte seinerzeit die Regeln mit dessen hohen Rat.“ „Wollten Sie mich testen, Ältester? Ob ich Regeln einhalten und gehörig sein kann?“ „Verzeih mir, falls du es in den falschen Hals bekommen haben solltest. Diese stickige Luft hier drinnen mag mir die Sinne zu vernebeln. Lass uns kurz rausgehen.“ Kai öffnete die großen Balkontüren und ließ Viktor den Vortritt. „Man kann den Sommer schon riechen...“, seufzte dieser und sog die warme Nachmittagsluft erneut tief ein, „freut ihr euch schon auf die Sommernacht?“ „Wollt Ihr vom Thema ablenken?“, erkundigte sich Kai mit gezügelter Stimme und schob beide Hände in die Taschen seiner Anzugshosen. „Ähm...wo war ich stehen geblieben…? Ach ja! Es ist vorläufig ein freier Platz im hohen Rat frei.“ „Und Ihr möchtet meine Meinung aufgrund des Ranges meiner Familie im Clan wissen? Oder weil Ihr mein freches Mundwerk so mögt?“ Viktor kicherte erheitert auf. Er wandte sich dem Jungen wieder zu, welcher ihn immer zweifelnder anblickte. „Mit dem ersten teil liegst du nicht mal so falsch. Jedoch auch nicht ganz richtig.“ „Ihr sprecht in Rätseln.“ „Wie ist dein Auftrag in London gelaufen? Der Deal.“ „Er ist ihn nicht eingegangen.“ „Du hast ihm die Meinung gesagt. Wahrscheinlich hast du dich auch dezent im Ton vergriffen aber so weit ins Detail ist er nicht gegangen.“ „Ihr habt mit ihm telefoniert?“, erkundigte sich Kai verwundert. „In der Tat. Das habe ich.“ „Und jetzt sagt Ihr mir, dass ich übermütig gehandelt habe?“ „Etwas voreilig. Dennoch stehst du jetzt vor mir und stehst zu deiner Entscheidung. Das bewundere ich.“ „Danke.“ „...und dennoch bist du froh darüber, dass der Deal geplatzt ist.“ „Ältester Viktor...ich...“ „Ich weiß von Mr. Dickensons Angebot.“ Augenblicklich hielt Kai den Atem an und erwiderte den Blick des alten Mannes mit großen Augen. Dieser grinste vielversprechend und nickte. „Wie viel wisst Ihr wirklich…?“ „Kai dafür bin ich Ältester im hohen Rat. Wissen ist Macht. Und genau diese Macht würde dir sicherlich gut gefallen.“ „Ich glaube, dass ich Ihnen nicht ganz folgen kann…?“ „Du bist ein Hiwatari. Das sagt eigentlich schon alles. Ihr seid nicht ohne Grund die drittmächtigste Familie im Chevalier Clan. Und genau aus diesem Grund muss auch immer ein Hiwatari im hohen Rat vertreten sein.“ „Ich bin mir sicher, dass mein Vater eine Menge Schwung in den Laden bringen wird“, lächelte Kai wenn auch recht unsicher. „Eigentlich dachte ich bereits eine Generation weiter.“ „Das ist nicht Euer Ernst!“ „Das ist sogar mein voller Ernst, Kai.“ „Bei allem Respekt ältester Viktor, aber Ihr solltet Eure Entscheidung noch mal gründlich überdenken.“ „Das haben wir bereits.“ „Mein Großvater wird nicht begeistert sein...“ „Johann und ich haben uns entschieden. Somit sind es zwei gegen einen.“ „Nein...ich kann nicht“, wehrte Kai ab und ging zwei Schritte weg von Viktor, „ich bin zu jung und unerfahren!“ „Jetzt plötzlich?“, lachte Viktor, „vor einer Woche hat dich das noch aufgeregt. Jetzt gebe ich dir die Gelegenheit uns alle vom Gegenteil zu überzeugen.“ „Viktor...ihr heißt nicht ohne Grund Ältestenrat. Ihr seid alt, Johann und Großvater ebenfalls, sowie die bescheuerten Regeln, unter denen wir leben.“ „Da hast du Recht, Kai. Es ist alles etwas veraltet und eingerostet. Genau deshalb haben wir uns für Euch entschieden, Master Kai. Im hohen Rat könnt Ihr die Regeln aktualisieren und wahrscheinlich sogar verbessern.“ „Voltaire wird ausrasten“, raunte Kai und fuhr sich ungläubig durch die Haare. „Er wird es überleben. Seine Genesung steht im Moment an erster Stelle.“ „Ihr wollt ihn mit Eurer Entscheidung hintergehen?“ „Er weiß es bereits.“ Viktor warf Kai ein vielversprechendes Grinsen zu und klopfte ihm aufmunternd auf eine Schulter. „Ich kann nicht...“, murmelte Kai und schüttelte den Kopf. „Lass dir alle Zeit der Welt. Schlaf von mir aus noch ein paar Tage drüber und überlege alles in Ruhe“, entschied Viktor gelassen, „wie schon gesagt, ein Hiwatari muss in den hohen Rat.“ Kais zweifelnder Blick amüsierte den alten Mann innerlich nur noch mehr. Als der Junge jedoch ein weiteres Mal das Angebot ablehnte und sich schon zum Gehen abwandte war Viktor bereit seinen letzten Trumpf auszuspielen. „Als Mitglied des hohen Rates könntest du neben deiner Anstellung in der Hiwatari Enterprises parallel für die BBA arbeiten und deiner großen Leidenschaft fürs BeyBladen nachgehen, ohne das jemand etwas dagegen sagen könnte.“ Kai blieb abrupt stehen. „...du hättest also zusätzlich zu deiner Machtstellung innerhalb der Familie und des gesamten Clans einige Freiheiten. Reizt es dich immer noch nicht?“ Kais Augen weiteten sich und sein Mund stand sperrangelweit offen, woraufhin der Älteste Viktor lachen musste. Er klopfte Kai erneut aufmunternd auf die Schulter und versprach ihm, dass er einige Tage Zeit haben würde um es sich durch den Kopf gehen zu lassen. Vor der massiven Doppeltüre wartete Mirka immer noch geduldig, und als sie das blasse, erschrockene Gesicht ihres Mannes erblickte hielt sie den Atem an. „Kai...ist alles...“ Noch bevor sie ausreden konnte packte er sie am Handgelenk und zerrte Mirka schon fast hinter sich her. „Kai! Rede doch mit mir! Was ist passiert!“ Er bog hastig um die Ecke, drückte seine Frau mit seinem Gewicht gegen die Wand, hielt ihre Hände über ihrem Kopf fest und küsste sie verlangend auf den Mund. Seine freie Hand fuhr Mirka durch die offenen Haare bis zu ihrem Hinterkopf, so dass er sie noch stärker an sich pressen konnte. Für einen kurzen Moment löste Kai den intensiven Kuss und die beiden sahen sich tief in die Augen, ohne auch nur ein Wort zu verlieren. Mirka befreite sich aus seinem Griff, packte Kais Gesicht und zog seine Lippen gierig an ihre, während die Hände ihres Mannes ihren Rücken und ihre Taille streichelten. Mit einer fließenden Bewegung griff Kai an Mirkas Hintern und hob sie auf seine Hüften, ohne den Kuss auch nur eine Sekunde zu unterbrechen. Ein Hauch von Kichern drang aus ihrer Kehle, ihre Beine schlangen sich um Kai, unterdessen knoteten ihre schlanken Finger seine Krawatte auf. „Sollten…ah...uh...wir nicht...in ein...ah...ah...Zimmer gehen?“, keuchte Mirka, als Kai damit begann an ihrem Hals zu saugen und seine Hände ihren Hintern zu kneten. „Ich nehm dich gleich hier und jetzt!“, erwiderte ihr Mann, „scheiß aufs Zimmer!“ „A...aber Kai! Was ist, wenn und jemand...ah…! Uh...ja genau...ja...da...wenn uns jemand sieht?“ „Ist mir egal. Vielleicht lernt derjenige noch was“, raunte Mirkas Ehemann und trug sie zwei Schritte den Flur runter, wo eine massive Kommode stand. Dort räumte er die Oberfläche mit einer schnellen Handbewegung ab und setzte Mirkas Arsch darauf, nur um gleich mit beiden Händen unter ihr Kleid zu gleiten und ihre Strumpfhose zu zerreißen. Als das Mädchen unter dem Geräusch kurz zusammen zuckte und die kaputte Strumpfhose an ihrem Beinen herunter hängen sah warf sie Kai einen herausfordernden Blick zu. „Ich kauf dir gleich morgen eine neue“, versprach er ihr und fuhr mit seinem Werk fort. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Hey Jungs! Was heißt ‚Fernsehverbot‘ auf russisch?“ Spencer und Bryan, welche beide auf der Couch saßen blickten verwirrt zu Amanda, welche an der Kücheninsel stand und auf ihrem Handy lustige Sprüche las. „Njetflix!“, löste sie die Frage auf und verfiel in lautes Kichern. „Findest du das lustig?“ „Ich schon.“ „Klar findest du es lustig, Mann! Du bist mit ihr zusammen, also hast du auf ihrer Seite zu sein.“ „Gewonnen!“, freute sich Amanda, „zwei gegen einen!“ Bryan gab ein genervtes Geräusch von sich, erwiderte jedoch nichts mehr, sondern guckte die Sendung weiter. „Wärst du mittlerweile mit Ulrike zusammen, dann könntest du den Spieß auch mal umdrehen“, schlug die Frau vor. „Wir sind aber nicht zusammen!“ „Ja das seh ich. So mies gelaunt wie du seit einer Woche bist ist ja nicht auszuhalten! Ruf sie endlich an und entschuldige dich.“ „Spinnst du?“, fuhr Bryan auf der Couch hoch, „und ihr auch noch Recht geben?!“ „Wieso Recht geben?“, mischte sich jetzt auch noch Spencer ein, „was hast du schon wieder angestellt?“ „Gar nichts!“ „BRYAN!“ „Ich habe ihr gesagt, dass ich keine Beziehung möchte...“ „Ihr wart zusammen? Echt jetzt?“ „Nein.“ „Warum wolltest du dann Schluss machen, wenn ihr noch nicht mal zusammen wart?“ „Dasselbe hat sie auch gefragt“, bemerkte Bryan stutzig, „sie meinte, wenn wir nicht mal eine Beziehung hatten, dann kann ich auch nicht Schluss machen…?“ „Sorry, dass ich dir in den Rücken falle“, grinste Amanda, „aber mit dieser Aussage hat sie tatsächlich Recht.“ Der Russe starrte ungläubig zu der Frau rüber, welche entschuldigend die Hände hob. Er blickte zu dem Riesen, welcher die ganze Zeit schon versuchte sich ein Grinsen zu verkneifen und sofort die Hand vor den Mund legte, als er Bryans Blicke spürte. „Ich hätte sie also die ganze Zeit weiter ficken können?“, rief Bryan völlig außer sich. „Du hättest die ganze Zeit mit ihr sexuell aktiv sein können ja“, bestätigte Amanda, „aber nachdem du bereits seit einer Woche auf Abstinenz bist scheint dieser Zug abgefahren zu sein, hm?“ „Welcher Zug?!“ „Oh bitte! Ruf sie an, bring ihr Blumen mit und sei nett zu ihr, dann wird wieder alles gut!“ „Ich geb doch kein Geld für Unkraut aus“, beschwerte sich der Junge. „Du sollst ihr auch keine Kräuter kaufen sondern Blumen!“ „Bei meinem Karma mag sie noch nicht mal Blumen...“ „Jede Frau mag Blumen!“, warf Spencer lachend in die Runde, „JEDE FRAU!“ „Schrei mich nicht so an...“, knörte der Russe und rutschte ein Stück weg vom Riesen. „Du kapierst es anders anscheinend nicht!“, lachte Spencer gehässig, „hier sind 20 Euro. Geh duschen, zieh dir was normales an und besorg auf dem Weg zu ihr einen Blumenstrauß. Los!“ „Ja doch, ja doch ich geh ja schon!“, rief Bryan im selben Tonfall und sprang von der Couch auf. Amanda blickte ihm noch eine Weile nach, bis man deutlich das Geräusch von der Dusche hören konnte, dann sah sie zu Spencer. „Von wegen kleiner Bruder“, grinste sie, „du benimmst dich schon ehr wie sein Vater!“ „Manchmal“, kicherte der Riese und klopfte auf den mittlerweile freien Platz neben sich auf der Couch, „was willst du gucken?“ Amanda setzte sich auf den angebotenen Platz und lehnte sich an den Riesen, während er durch das Programm schaltete. „Was meintest du eigentlich, als du zu Bryan meintest, dass er etwas normales anziehen soll?“ „Der Kerl läuft nur noch in Jogginghose und Tank Top herum. So durchtrainiert er auch sein mag, ich denke, dass Ulrike keine Frau ist, die sich von Muskeln beeindrucken lässt.“ Amanda kicherte und erzählte Spencer, dass sie sich gerade Bryan im Anzug mit gemachten Haaren vorgestellt hatte. „Er hat sogar einen Anzug.“ „NEIN! Schmarr nicht!“ „Doch. Er hatte ihn an, als die BBA ihren Galaabend gab.“ Die Tür zum Badezimmer sprang auf und das Geräusch von nackten nassen Füßen drang zu dem Paar auf der Couch. Spencer schnupperte kurz und hob überrascht beide Augenbrauen. „Das Duschgel riecht verdammt gut“, bemerkte Amanda. „Verdammt, der Junge meint es ernst“, murmelte der Riese. „...und das riechst du an seinem Duschgel?“ „Weil das Talas Sexduft ist.“ „Talas...was?!“, lachte Amanda laut schallend aus und klatschte in die Hände, „aber er ist doch gar nicht hier!“ „Ich weiß. Er hat es für Bryan extra da gelassen, falls er es mal nötig haben sollte. Im wahrsten Sinne des Wortes.“ „Naw...das ist aber lieb von ihm!“ „Es war mehr oder weniger im Scherz gemeint. Du hast doch letztens in der Disco gesehen, wie leicht es Bryan fällt was fürs Bett zu finden!“ „Ja, nur die wo er will ziert sich gerade anscheinend.“ Spencer nickte zustimmend, als der andere Russe mit freiem Oberkörper ins Wohnzimmer trat und gerade noch rechtzeitig seinen Gürtel schloss. „Also falls eure Waschmaschine mal wieder kaputt gehen sollte, dann sehe ich gerade die perfekte Alternative“, schmunzelte Amanda, nachdem sie seine Bauchmuskeln eingehend gemustert hatte. „Ja und wer war daran Schuld, dass sie das letzte Mal kaputt ging?“, fragte Bryan, zog sich das Shirt an und warf ihr einen vielsagenden Blick zu. „Tut mir leid, aber der Punkt geht an ihn“, murmelte Spencer kleinlaut und nickte anerkennend, „bist du mir jetzt böse?“ „Nein. Den Punkt hat er sich definitiv verdient“, gestand Amanda und hielt dem Jungen die flache Hand zum high five hin. Bryan schlug ein und stemmte danach die Hände in die Hüfte. „Passt“, erwiderte Spencer und zeigte mit dem Daumen nach oben, „denk an die Blumen!“ Sein Teamkollege rollte mit den Augen und stöhnte genervt, holte jedoch aus der Hosentasche den Geldschein herauf und zeigte ihn. „Was heißt ‚Viel Glück‘ auf russisch?“, erkundigte sich Amanda und Spencer übersetzte es augenblicklich für sie. „Ich bin definitiv nicht in der Lage das zu wiederholen, also wünsche ich es dir so: viel Glück, Bryan!“ „Danke“, murmelte der Junge und schlenderte aus der Wohnung. „Denk an die BLUMEN!“, rief Spencer noch hinterher, doch da hatte sich die Wohnungstür bereits geschlossen. Kapitel 7: kapitel 7 -------------------- Das Mädchen schreckte aus dem Schlaf auf und horchte angespannt, während es an die Zimmerdecke blickte. War da eben wirklich etwas gewesen? Oder hatte sie es sich nur eingebildet? Nein! Da war es schon wieder gewesen! „Kai…?“, flüsterte sie und rüttelte an ihrem Mann, doch dieser schlief seelenruhig weiter. Mirka schlug hastig die Decke zurück und schlich auf nackten Füßen durch das Schlafzimmer und auf den Flur. Irgendetwas klapperte und raschelte, auch nachdem das Mädchen das Licht eingeschaltet hatte. Vorsichtig bog sie ins Esszimmer, wo Kais Violinenbogen auf dem Tisch lag. Hastig griff Mirka danach und hielt ihn wie eine Waffe, während sie aus dem Esszimmer in die Küche abbog und die dunkel gekleidete Gestalt erblickte. „Wer sind Sie?“, fragte Mirka mit zitternder Stimme und umklammerte den Violinenbogen noch fester. Anstatt eine Antwort zu bekommen suchte die Person einfach weiter und ignorierte die junge Frau. „Wie kommen Sie hier überhaupt rein?!“ Wieder keine Antwort. „Ich rufe jetzt die Polizei! Und meinen Mann!“ Auch danach ließ die Gestalt nicht von ihrer Suche ab, zeigte Mirka immer noch die kalte Schulter. „KAI!“, rief sie mit zittriger Stimme, „KAI! HILFE! WIR HABEN EINEN EINBRECHER!“ „Ich bin kein Einbrecher...“, murmelte die Gestalt monoton und richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Mirka hielt den Atem an und riss die Augen weit auf, als sie den Mann erkannte. Augenblicklich ließ sie den Violinenbogen fallen und spürte, wie ihre Beine weich wurden. Der Mann kam in langsamen aber sicheren Schritten auf sie zu, bis er direkt vor Mirka stand. Er blickte ihr tief in die Augen, sein Atem ging gleichmäßig, während seine Mimik sich kein bisschen verzog. „Hallo Mirka.“ „Adrian...“, hauchte sie. „Schön, dass du meinen Namen noch kennst, nachdem ich wegen dir alles verloren habe.“ „Du hast dich selber ins Exil geschickt“, murmelte Mirka und wich zurück, „nachdem du dich bei mir für dein Verhalten entschuldigt hattest!“ „Das war nur reine Förmlichkeit vor dem Rat. Ich hatte gehofft, etwas Mitleid zu ergattern. Tja...“, erklärte er und zuckte gleichgültig mit den Schultern, „da ist meine Rechnung wohl nicht aufgegangen.“ „Was willst du hier?“ Adrians Mund formte zuerst ein kleines Schmollen, dann ein Lächeln, welches Mirka nicht einordnen konnte. „Du weißt ganz genau was ich will...“, raunte Adrian, machte plötzlich einen Satz nach vorne und packte das Mädchen an beiden Schultern. Sofort stieß Mirka einen grellen Schrei aus und versuchte sich aus Adrians Griff zu befreien. „LASS MICH LOS!“, rief sie völlig aufgelöst und trat nach ihm. „Ich will mein Leben zurück!“, sagte der Mann entschlossen und seine Augen brannten sich in ihre, „gib mir mein Leben wieder!“ „Adrian! Du tust mir weh!“ „Du allein bist schuld an ALLEM!“ „Bitte...“, wimmerte Mirka wehleidig, „Adrian...bitte...“ Dicke Tränen flossen aus Mirkas Augen, welche sie feste schloss, damit sie seinen Blicken nicht mehr Stand halten musste. „Kai...“; weinte sie flehend, „warum hilfst du mir nicht…?“ „Dein Mann wird dir dieses Mal nicht zur Hilfe kommen“, meinte Adrian entschlossen, „dafür habe ich gesorgt...“ Vor Schreck riss das Mädchen wieder ihre Augen auf, doch das Gesicht, in welches sie jetzt blickte ließ sie verwirrt den Atem anhalten. „Was...zum…?“, hauchte sie und blickte schnell um sich. „Warum weinst du? Hast du so schlecht geträumt?“, fragte Kai besorgt und wischte ihre Tränen vorsichtig weg, „ich bin ja da...alles ist gut...“ „A...aber...“, wimmerte das Mädchen immer noch verwirrt, bis sie plötzlich zu einer Salzsäule erstarrte. „Mirka? Hast du Schmerzen? Was ist los?“ „ADRIAN!“, rief sie laut aus, sprang aus dem Bett und rannte gefolgt von ihrem Mann hastig in die Küche, „ADRIAN! WO BIST DU?! ZEIG DICH!“ „Adrian…?“, wiederholte Kai, diesmal war er verwirrt. „Er ist hier! Eben war er noch hier! Genau hier in unserer Küche!“ „Mirka. Adrian ist nicht hier.“ „DOCH! Er stand eben hier mit mir und er hat mich gepackt und er hat mir tief in die Augen gesehen und mir die Schuld gegeben!“ Kais Blicke folgten seiner Frau, wie sie völlig außer sich durch die Küche wuselte und ihm alles erzählte, bis ins kleinste Detail. Er stand ratlos da und horchte dem, was Mirka ihm sagte. „...und dann sagte er noch, er hätte dafür gesorgt, dass du mir nicht helfen kannst! Und jetzt stehst du aber hier und Adrian nicht!“ „Mirka, du hast schlecht geträumt. Ziemlich schlecht sogar“, meinte Kai schließlich und legte den Kopf schief und schmunzelte leicht, „der Wein ist dir anscheinend nicht gut bekommen...“ „ER WAR HIER!“, rief Mirka verzweifelt und erneut traten ihr Tränen in die Augen. Kai schloss seine Arme feste um sie und drückte seine Frau an sich. So blieben sie eine Weile stehen, bis sich Mirka wieder einigermaßen beruhigt hatte. „Niemand...hörst du? Niemand könnte mich daran hindern an deiner Seite zu stehen...egal wegen was...“, raunte er ihr fürsorglich ins Ohr und küsste behutsam ihre Stirn. „Ich hatte solche Angst...“, flüsterte Mirka mit zittriger Stimme und ihre Finger krallten sich in Kais Oberteil. „Das glaube ich dir...aber jetzt ist wieder alles gut...okay?“ „Okay...“ Die beiden schenkten sich ein Lächeln, woraufhin Kai ihre Wange streichelte. „Lass uns wieder ins Bett gehen, okay?“ „Ja...“ „Kuscheln?“ „Bitte!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Daniellé Hiwatari überflog noch ein letztes Mal die Bewerbung, bevor er die Mappe schloss und sein Gegenüber fragte, ob noch Fragen offen wären. „Nein. Sie haben alles zu meiner vollsten Zufriedenheit erklärt Dr. Hiwatari.“ „Nun denn. Sie werden zwischen 8 und 16.30 Uhr arbeiten, Ihren genauen Schichtplan maile ich mitte nächster Woche. Arbeitskleidung bekommen Sie natürlich von der Klinik gestellt, das einzige was Sie beachten müssen ist bequeme Schuhe, keinen hängenden Schmuck und bitte zusammen gebundene Haare.“ „Die Patienten könnten daran ziehen?“ „Unter anderem.“ „Okay. Dann freue ich mich jetzt schon auf unsere Zusammenarbeit, Dr. Hiwatari. Sie werden mir ein ausgezeichneter Lehrer sein.“ „Das wird sich am Ende Ihres Praktikums zeigen, Frau Schmitt. Genießen Sie bis dahin ihre freien Tage.“ „Danke. Einen schönen Tag noch.“ „Gleichfalls.“ Die beiden schüttelten zum Abschied die Hände und die junge Frau verließ Dannys Büro. Auf dem Flur der Klinik musste sich Ulrike anstrengen vor lauter Vorfreude nicht wie ein kleines Kind herumzuhüpfen. Sie ging auf direktem Wege nach draußen, wo die Sonne in ihrer vollen Pracht auf sie herab strahlte und der süße Duft verschiedenster Blumen sie empfing. „Ich hab den Job, ich hab den Job!“, murmelte sie überglücklich vor sich her und grinste breit. An ihrem Auto angekommen ließ sie zuallererst die Scheiben bis ganz unten und prüfte ihr Handy. Zwei Anrufe in Abwesenheit und vier Nachrichten. „Ich hab den Job, ich hab den Job“, sang die Studentin fröhlich vor sich her und startete den Motor. Sobald sie auf der Hauptstraße fuhr machte Ulrike das Radio lauter und trällerte schief zum aktuellen Song mit. „Du hast definitiv kein Talent zum Singen...“, raunte plötzlich jemand hinter ihr, woraufhin Ulrike vor Schreck aufschrie und beinahe in den Gegenverkehr fuhr. „ALTER?! Willst du uns umbringen?!“ Das Mädchen trat mit Schmackes auf die Bremse und sprang aus ihrem Auto, sobald dieses still stand. Sie starrte die Person auf ihrem Rücksitz fassungslos an und fasste sich nach einigen Sekunden ans Herz, welches wild pochte. „Willst du mich VERARSCHEN?!“, rief sie dann wütend aus und riss die hintere Autotüre auf, „wir hätten drauf gehen können!“ „Was kann ich dafür, wenn du nicht schrecksicher bist?“ „BRYAN! TU DAS NIE WIEDER!“ „Bestimmt nicht! Denn dafür häng ich zu sehr am Leben!“, beschwerte sich der Russe und stieg aus. „Wie kommst du überhaupt in mein Auto?“ „Du hattest es nicht abgesperrt.“ „Und dann hockst du dich einfach rein?!“ „Naja“, murmelte er und kratzte sich verlegen den Hinterkopf, „ich wollte dich überraschen...“ „Oh glaub mir! Das ist dir gelungen! Ich habe einen scheiß Herzinfarkt wegen dir!“ „Soll ich dich zum Krankenhaus bringen?“ „BRYAN! Das war metaphorisch gemeint!“ „Meta...was?“ „Nicht so ernst gemeint, wie gesagt“, seufzte Ulrike und blickte auf die Rücksitzbank, „warum ist da Erde in meinem Auto?“ „Oh! Ich habe dir Blumen gekauft!“, hellte sich Bryans Mine augenblicklich auf und er holte stolz sein Geschenk hervor, „siehst du?“ Ulrike staunte nicht schlecht, als der Russe ihr drei frisch aus der Erde gerissene Sonnenblumen hin hielt. Die Köpfe waren dermaßen monströs, dass das Mädchen Bryans Gesicht nicht mehr sehen konnte. „Gefallen sie dir?“ „Da hängen sogar noch die Wurzeln samt Erdbrocken dran“, kicherte Ulrike verunsichert, „welcher Florist hat die dir denn so verkauft?“ „Ähm...also das war so...eigentlich sollte ich dir Blumen kaufen...“ „Du...‘solltest‘?“ Der Junge winkte schnell ab: „Ich wusste aber nicht, worauf du so stehst und dann habe ich diese Sonnenblumen gesehen und musste an dich denken.“ „Du hast Sonnenblumen von einem Feld geklaut, um sie mir zu schenken?“ „Sozusagen…?“ „Mit den Wurzeln unten dran hat es sogar noch einen rustikalen Flair.“ „Also...gefallen sie dir…?“ Ulrike legte ihren Kopf schief und betrachtete das Bild, welches sich ihr gerade darbot. Bryan, zirka zwei Köpfe größer als sie selber, bepackt mit Muskeln und einem lockeren Mundwerk stand gerade vor ihr und reichte dem Mädchen drei ausgerupfte Sonnenblumen. Je länger Ulrike über diese Szene nachdachte, umso mehr musste sie grinsen, bis sie schließlich die Blumen entgegen nahm und Bryan sagte, dass er sich auf den Beifahrersitz setzen sollte. Die Mine des Jungen hellte noch mehr auf und er sprang wie ein kleines Kind um das Auto herum, bevor er Platz nahm. „Das nächste Mal brichst du aber nicht in mein Auto ein, sondern wartest daneben.“ „Es war offen!“, wehrte Bryan ab und hob entschuldigend die Hände, „wo fahren wir eigentlich hin?“ „Es ist Mittag und ich habe aufgrund meines Termins noch nichts gegessen.“ „Welcher Termin denn?“ „Du stalkst mich doch andauernd und weißt alles besser“, lachte Ulrike schadenfroh auf. „Ja tu ich auch. Aber dann schreist du mich wieder an und das will ich vermeiden.“ „Ach...echt?“ „Ja.“ „Woher dieser plötzliche Sinneswandel?“ In diesem Moment holte der Russe Luft, um einen wie es für ihn gewöhnlich war zweideutigen Scherz zu bringen, doch er hielt den Atem an und sagte lieber nichts. Da zu diesem Zeitpunkt die Ampel auf Rot stand konnte das Mädchen diese Szene bestens beobachten und musste erneut schmunzeln. „Ist...alles...in Ordnung?“ „Japp.“ „Dir liegt doch was auf der Zunge?“ „Nein“, antwortete Bryan knapp und blickte aus dem Fenster. „Ach komm schon! Wen von uns beiden versuchst du hier was vorzuspielen?“ „Ich spiele nichts.“ „Du bist doch sonst so schlagfertig. Oder kannst du das im nüchternen Zustand nicht?“ Ulrike und Bryans Blicke trafen sich. Für einen Augenblick meinte sie in seinem Gesicht etwas vollkommen neues entdeckt zu haben, doch da schaltete die Ampel schon wieder auf grün. Nach ein paar weiteren Minuten Autofahrt erreichten die beiden den Parkplatz, wo Bryan sofort Louis erblickte, wie er gerade die Mülleimer leerte. „NEIN!“, lachte der Russe laut auf, „du lebst auch noch?!“ Der andere Junge schreckte von seiner Arbeit auf und blickte verwirrt um sich. „Woher...kennst du ihn?“, erkundigte sich Ulrike, während die beiden aus dem Auto ausstiegen und das Mädchen sicher ging, dass sie diesmal richtig abgeschlossen hatte. „Der Typ war mal mit Luna zusammen. Du kennst sie sogar!“ „Tu ich?“ „Sie hat mit dir rumgeknutscht, nachdem sie dir und Louis einen Eimer Eiswürfel über den Kopf gekippt hatte. Schon vergessen?“ Ulrike blieb überrascht stehen und blickte zu Bryan hoch. Für die ersten zehn Sekunden ratterten ihre imaginären Zahnräder, dann wurde dem Mädchen das Ausmaß sämtlicher Handlungen und Geschehnisse erstmals bewusst. „Du...wolltest also nur mit mir schlafen, weil ich mit einer Frau geknutscht habe?“ „Nein. Das ist Talas Fantasie.“ „Und was ist deine schmutzige Fantasie?“, erkundigte sich Ulrike und grinste breit. Noch bevor der Russe darauf antworten konnte hatte Louis die beiden entdeckt und ging winkend auf die beiden zu. „Hallöchen!“, jauchzte er fröhlich und blieb direkt vor Bryan und Ulrike stehen, „was verschafft mir die Ehre?“ „Sie hat Hunger“, entgegnete Bryan trocken, „und ich habe ihr Blumen geschenkt, weshalb ich ebenfalls hier bin. Übrigens...das Reden über Essen macht mich ebenfalls hungrig...“ „Stell dir vor, die haben hier so viel zu Essen, dass sie es sogar verkaufen.“ „Warte, warte, warte!“, ging Louis zwischen die beiden, „er hat dir Blumen gekauft?“ „Geschenkt“, berichtigte der Russe, „gekauft...wäre...übertrieben...“ „Das richtige Wort nach dem du suchst wäre dann wohl ehr ‚geklaut‘?“ „Er hat dir geklaute Blumen geschenkt?“ „Ja“, antworteten Ulrike und Bryan im Chor. Nachdem Louis zu sehr damit beschäftigt war zwischen den beiden verwirrt hin und her zu blicken, entschieden sich die anderen schon mal ins Geschäft zu gehen. Einige Sekunden später lief Louis wie von der Tarantel gestochen hinter Ulrike her und warf Bryan düstere Blicke zu. „Das ist...strafbar!“ „Mach dich nicht lächerlich, Louis“, winkte Ulrike ungläubig ab, „es waren drei Sonnenblumen, welche er von einem Feld geholt hatte. Gepflückt...okay gerupft!“ „Du solltest ihn wegen Diebstahl anzeigen!“, raunte der Junge verschwörerisch. „Oh bitte! Es sind drei Sonnenblumen von einem Feld, wo noch hunderte andere wachsen. Die wird keiner vermissen.“ „Die haben Sprühsahne und Schokosauce hier“, trat Bryan breit grinsend an Ulrike heran, „willst du dich entscheiden oder nehmen wir beides?“ „Beides? Für was?“, fragte Louis argwöhnisch. „Vorspiel. Zum ablecken von nackten Körperstellen. Ich persönlich stehe ja ehr auf Sprühsahne.“ „Ihr habt Sex?“ „Den hatte sie auch mit dir“, zuckte Bryan mit seinen Schultern, „und wenn ich mich richtig erinnere wolltest du sogar Kai in den...“ „Schon gut, schon gut!“ „Moment mal...wenn du selbst mit Kai bumsen würdest...“, grübelte Bryan. „Du wolltest Sex mit Kai Hiwatari?“, fragte Ulrike überrascht, „ich wusste gar nicht, dass du bi bist!“ „Bin ich auch nicht!“, wehrte Louis sofort ab. „Warum wirst du dann rot?“ „Werde ich nicht!“ „OH MEIN GOTT! WENN DU SELBST MIT KAI BUMSEN WÜRDEST, DANN MACHST DU AUCH VON MIR KEINEN HALT!!“, entfuhr es Bryan und er stellte sich augenblicklich hinter Ulrike, „ich bin nicht SO auf Notstand, dass ich dich an mich ranlassen würde!“ „Du gibst also zu, dass du an Männern interessiert bist?“, grinste Ulrike und warf einen vielsagenden Blick über ihre Schulter. „Was? NEIN!“ Dem Mädchen entwich ein neckisches Kichern: „Schade, denn das wäre meine geheime Fantasie.“ „WAS?!“, entfuhr es Bryan und Louis gleichzeitig, doch die junge Frau ließ die beiden laut lachend einfach stehen. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Kai nahm einen großzügigen Schluck seines Getränks und widmete sich wieder seinen Unterlagen, während Mirka ihm gegenüber saß und die vorbeigehenden Menschen beobachtete. „Ich habe dir gesagt, dass es für dich langweilig werden würde.“ „Ich weiß.“ Kai blätterte um und seufzte tief. Dann stützte er seinen Kopf auf die flache Hand und seufzte noch tiefer. „Du hattest doch nicht wirklich angenommen, dass ein Sitz im hohen Rat nur aus herrschen und bestimmen besteht…?“, schmunzelte Mirka. „Ich habe lediglich den Papierkram unterschätzt...“, gestand der Junge, „dafür bräuchte ich einen Abschluss in Jura, um durch sämtliche Paragraphen durchzusteigen.“ „Deine Mama hat Jura studiert.“ „Ich weiß.“ „Frag sie doch, ob sie dir hilft?“ „Sie ist geschäftlich nicht im Lande...und selbst wenn sie es wäre, ich bezweifle, dass selbst sie da durchsteigen würde.“ Neben den beiden begrüßten sich eine Gruppe Jungen etwas lauter, worauf Mirka zusammen zuckte und hastig durch die Menge blickte. Kai beobachtete diese Szene und klappte seine Unterlagen mit Schwung zu. „Wir gehen wieder.“ „Nein! Nein...ich bin nur...erschrocken...“ „Mirka, du bist mir fast vom Stuhl gefallen!“ „Es ist alles gut, Kai.“ „Hat dein Verhalten immer noch mit deinem Traum von Adrian zu tun?“ Das Mädchen hielt die Luft inne, welche sie gerade noch für einen bissigen Gegenkommentar geholt hatte und blickte ihren Mann für einen kurzen Moment ausdruckslos an. Dann ließ sie sich in ihrem Stuhl zurück sinken und seufzte traurig. „Mirka...nach seiner Anhörung ist Adrian einfach abgetaucht. Und ich bezweifle, dass er in der Stadt geblieben ist, wo er uns jederzeit über den Weg laufen könnte.“ „Aber gerade das ist es ja“, bemerkte das Mädchen und klemmte sich eine Haarsträhne hinters Ohr, „nicht zu wissen wo er ist macht mich so verrückt!“ „Du steigerst dich in was rein. Auch wenn er dich im Traum angegriffen hat und sein Leben von dir zurück wollte, damals bei seinem Austritt hatte er sich doch bei dir entschuldigt.“ Mirka seufzte erneut und schwieg, woraufhin Kai stutzig die Augenbrauen hob, jedoch ebenfalls stumm blieb. Für einige Minuten blickten sich die beiden wortlos in die Augen. Die warme Sommerluft umhüllte das junge Ehepaar mit einem schweren lieblichen Duft, welcher beider Aufmerksamkeit forderte. „Riechst du das?“ „Hm.“ „Das riecht wirklich lecker.“ „Darf ich dich dann auf das heutige Mittagessen einladen?“ „Sehr gerne.“ Schnell winkte Kai der Bedienung, diese kam mit der Rechnung und das Paar stand von seinem Platz auf, um den herrlichen Duft von frisch zubereitetem Essen zu folgen. „Ach hier kommt der verführerische Essensgeruch her...“ „Kennst du den Laden?“ „Natürlich! Das Sunday‘s hat die besten Smoothies und Milkshakes der Stadt! Mir war vollkommen entgangen, dass sie her auch Speisen anbieten“, gestand Kai und stellte sich an. „Dass du mich jetzt erst hier her bringst, wo du doch so ein Zuckermaul bist...“, überlegte Mirka und stieß ihrem Mann in die Seite. „Wir hatten in den letzten Monaten recht wenig Zeit, um in ein Lokal wie dieses zu gehen.“ „Auch wieder wahr...“ Kai und Mirka waren nun mit bestellen dran, doch als der junge Halbrusse den Verkäufer erkannte und dieser ihn hielten beide Männer den Atem an. Mirka blickte zwischen ihnen verwirrt hin und her. „Kai? Ist alles in Ordnung?“, erkundigte sich die junge Frau, bekam jedoch keine Antwort, „also wenn du dir nichts bestellst, dann ist das dein Ding, aber ich habe Hunger!“ „Kai Hiwatari“, raunte der andere Junge, welcher hinter der Theke stand, immer noch mit weit aufgerissenen Augen, „du bist es wirklich.“ „Muss ein Missverständnis sein“, winkte Kai schnell ab und wollte mit seiner Bestellung anfangen, doch der Junge fiel ihm sofort ins Wort. „Kennst du mich nicht mehr? Ich bin‘s! Louis! Der Ex von Luna! Wir waren mal zusammen in der Discothek!“ „Warte, warte! Luna?“, erkundigte sich Mirka. „Ja, Luna! Sie ist die Mitbewohnerin der Blitzkrieg Boys.“ „Ich würde gerne bestellen...“, raunte Kai. „Ich kenne Luna! Hast du noch Kontakt zu ihr?“, freute sich Mirka und klatschte aufgeregt in die Hände. „Nein nicht mehr. Wir haben keinen Kontakt mehr.“ „Und ihr beiden seid auch befreundet?“ „Bestellung? Wir haben Hunger?“, warf Kai erneut in die Runde. „Naja...ich habe deinem Freund mal gesteckt, dass wenn ich auf Männer stehen würde, er meine erste Wahl wäre“, gestand Louis und machte eine verlegene Geste. „Oh...wie süß! Du hast einen Verehrer!“, neckte Mirka ihren Mann, welcher ihr einen bösartigen Blick zuwarf, woraufhin sie noch mehr kicherte. „Was darf ich euch gutes tun?“, fragte Louis und versuchte somit vom Thema abzulenken. „Na endlich“, murmelte Kai verärgert und gab die Bestellung auf. „Getränke gehen natürlich aufs Haus“, grinste der Junge, „wenn ich schon mal Kai Hiwatari und seine Freundin zum Essen hier habe.“ „Frau.“ „Bitte?“ „Ich bin seine Frau.“ „Ihr seid verheiratet?!“ „Seit letztem Herbst“, nickte Mirka stolz und drückte Kai einen dicken Kuss auf die Wange. „Und dann sag ich auch noch, dass ich auf ihn stehe! Ähm...auf ihn stehen würde! Das ist mir dezent peinlich!“ „Dezent?“ fragte Kai ungläubig, „frag mich mal!“ Louis stellte das Essen und Trinken auf zwei Tablettes und winkte den beiden noch mal zum Abschied zu, woraufhin Mirka eine Andeutung auf russisch machte. „Halt die Klappe“, fauchte Kai schon fast genervt, „der Typ ist mir damals nicht von der Seite gewichen!“ „Ach das ist der Typ, von welchem du den Spitznamen ‚Sexy Arsch‘ bekommen hast?“ Kai blieb abrupt stehen, so dass sein Essen beinahe vom Tablett fiel und er starrte Mirka herausfordernd an. „Woher weißt du das?!“ „Ich verrate doch meine Quellen nicht“, kicherte sie gehässig, „du sexy Arsch du!“ „Ich hoffe für Tala und Luna, dass sie nie wieder aus Russland hier her kommen werden!“ „Jetzt reg dich doch nicht auf, Kai. Lass halt auch mal einen Witz auf deine Kosten machen!“ Der Junge fluchte etwas unverständliches vor sich her. „Ich freue mich schon, wenn ich Tala und Luna wieder mal sehen kann...ich vermisse beide. Guck mal, ich halluziniere schon, dass da hinten Bryan mit einem Mädchen sitzt...mit einem sehr hübschen Mädchen!“ „Du halluzinierst nicht, dass IST Bryan!“ Die beiden blieben kurz stehen und guckten ungläubig in die Richtung, woraufhin Ulrike ihr Gegenüber fragte, ob er die beiden kannte. Der Russe wandte sich im Stuhl um und weitete seine Augen. „Tatsächlich! Das IST Bryan!“, jauchzte Mirka und eilte zu den beiden rüber. Sie stellte ihr Tablett ab und begrüßte ihn auf russisch, während Ulrike überfordert hin und her blickte. „Was macht ihr denn hier? Haben eure schicki micki Lokale noch nicht geöffnet?“ „Seit wann darf man dich denn in weiblicher Begleitung sehen? Normalerweise kickst du sie doch nach einer Nacht wieder aus deinem Leben?“, erwiderte Kai. Ulrike musste auf diese Bemerkung hin hell auflachen: „Ich mag ihn jetzt schon!“ Bryan warf ihr einen funkelnden Blick zu, welcher vieles sagte. „NEIN! DU HAST ENDLICH MAL NE FREUNDIN?!“, jauchzte Mirka erneut. „Wir sind nicht zusammen“, wehrte der Russe schnell ab. „Naja. Immerhin hast du mir heute schon mal Blumen geschenkt“, überlegte Ulrike und spielte mit einer Haarsträhne. „NEIN!“, gab Kais Frau begeistert und überrascht zugleich von sich, „DU?“ In Bryan stieg eine gewisse Röte hoch, woraufhin die beiden Frauen nur noch mehr kicherten. „Und woher kennt ihr euch?“, erkundigte sich Ulrike, während Kai und Mirka aßen. „Er und ich haben mal im selben Team gebladet.“ „Ah.“ „Das sagt dir wahrscheinlich gar nichts“, grinste Mirka. „Nicht im Geringsten.“ „Und der kleine Kampfzwerg ist seine Frau.“ „Ich habe einen Namen du Idiot!“ „Sagte ich doch. Kampfzwerg!“ „Ich heiße Mirka!“ „Ach dann bist du diejenige, welche Bryan mal unter den Tisch…?“, begann Ulrike, wurde jedoch hastig vom Russen abgewunken. „Genau die bin ich“, lächelte die junge Frau. „Nett dich mal kennenzulernen.“ „Die Freude ist ganz auf meiner Seite.“ „Es gefällt mir ganz und gar nicht, dass ihr euch so gut versteht“, murmelte Bryan, während Kai die beiden Mädchen wortlos beobachtete. „Es sind eh viel zu wenige Frauen in eurem Freundeskreis! Wurde langsam mal Zeit, dass Luna und ich Verstärkung bekommen!“, bemerkte Mirka. „Hallo? Spencer hat eine Freundin?“, erinnerte Bryan sein Gegenüber. „Spencer hat eine Freundin?“, wiederholte Kais Frau überrascht, „wieso wusste ich das noch nicht? Wusstest du das?“ Kai zuckte lediglich mit seinen Schultern. „Klar. Das interessiert dich wieder nicht. Und bei so einem Verhalten wunderst du dich, dass du keine Freunde hast!“ „Ich habe mich nie beschwert, dass es so wenige sind.“ „Das sagst du jetzt! Heute Nacht weinst du dich wieder in den Schlaf!“ „Mirka, bitte...“ „Was?“ „Ich mag sie“, kicherte Ulrike. „Hör ich“, meinten Kai und Bryan im Chor. „Wir sind ab jetzt wieder eine Weile in der Stadt, vielleicht lässt sich da mal ein gemeinsamer Abend arrangieren?“, schlug Mirka voller Vorfreude vor. „NEIN!“, antworteten Kai und Bryan erneut im Chor. „Wieso denn nicht? Das wird sicher lustig!“ „Nein wird es nicht!“ „Ulrike und ich sind nicht mal zusammen!“ „Na, dann halte dich mal ran, Junge!“ Erneut schoss in Bryan eine gewisse Rötung ins Gesicht, welche Ulrike breit schmunzeln ließ, unterdessen blickte Mirka verwirrt zwischen den beiden hin und her. „Er hat dir Blumen geschenkt?“, erkundigte sich die Russin. „Drei Sonnenblumen.“ „In einem Strauß?“ „Naja...ehr mit der heraus gerupften Erde unten dran.“ „Aber er hat dir Blumen geschenkt?!“ „Ja.“ „Bryan! Welcher Mann schenkt einer Frau Blumen und behauptet dann noch, dass sie nicht zusammen sind?“, beschwerte sich Mirka. „Er?“ „Wir schlafen miteinander. Das war es auch schon!“ „Nanananananananana! Sobald Schokolade und Blumen im Spiel sind ist da immer mehr!“ „Kai, deine Frau fängt an, es zu übertreiben“, raunte Bryan und warf seinem ehemaligen Teamkollegen einen vielsagenden Blick zu, „bringst du sie nicht gleich zum Schweigen, dann mach ich das!“ „Tu dir keinen Zwang an“, grinste Kai, „ich wollte schon immer mal sehen, wie du von einem Mädchen verprügelt wirst.“ „HEY! Auf wessen Seite stehst du eigentlich?“ „Auf meiner.“ Bryan sprach einige Schimpfwörter auf russisch, welche Kai nur noch mehr zum Schmunzeln brachten, während Mirka ihm im selben Tonfall und der selben Sprache antwortete. Ulrike blickte überfragt zwischen den beiden hin und her, woraufhin Kai lediglich abwinkte. „Solange sie sich nicht an die Kehle gehen, ist alles gut.“ „Wenn du das sagst...“ Kai nickte vielversprechend, während Mirka und Bryan sich immer noch wild angeregt Sachen an den Kopf warfen. Kapitel 8: kapitel 8 -------------------- Johannes Bachmeister schlug vorsichtig seine Autotüre zu und schnallte sich an, bevor er wie jedes Mal ein Stoßgebet gen Himmel schickte. „Bitte...ich weiß, dass ich es schon seit einer Ewigkeit versprochen habe, mit dir in die Werkstatt zu fahren...nur noch diese Woche! Bitte spring an!“ Er drehte den Schlüssel um und horchte angespannt, wie sein Motor auforgelte, ein paar Mal kurz aussetzte und schließlich doch ansprang. Erleichtert stöhnte Johannes laut auf und legte voller Vorfreude den ersten Gang ein. „DANKE!“, jubelte er, „es muss doch irgendwo dort oben einen Autogott geben!“ Am Zielort angekommen stieg der junge Mann schwungvoll aus und schlug die Autotüre etwas zu kräftig zu, woraufhin er kurz zusammen zuckte und überprüfte, ob sein Auto noch in einem Teil war. „Sorry...“, raunte er kleinlaut und ging in das Geschäft, wo er gleich freundlich begrüßt wurde. „Hallöchen! Wie geht‘s denn so? Heute wie immer? Färben, schneiden und Augenbrauen?“ „Genau. Wie immer“, grinste er und folgte der jungen Frau auf den Stuhl, wo sie ihm gleich einen Frisierumhang anlegte. „Darf ich dir einen Kaffee bringen, oder was zum lesen?“ „Nein, danke.“ „Pflegeleicht wie immer!“, scherzte die junge Frau und legte mit ihrer Arbeit los. Knapp 90 Minuten später war er fertig und stand erneut vor seinem klapprigen Auto. Er stieg ein, schnallte sich an und steckte den Schlüssel ein, bevor er seine Zeremonie von vorhin wiederholte. „Bitte...ich weiß, dass du es dringend nötig hast in die Werkstatt zu kommen...nur noch diese Woche! Dann krieg ich Lohn und kann mich endlich um dich kümmern!“ Um 20 Uhr betrat Johannes das Sunday‘s und schlenderte mit weichen Knien hinter die Theke. Das Auto hatte eben noch komischere Geräusche gemacht als sonst und war an der vorletzten Ampel kurz mal aus und nicht gleich wieder angegangen. „Hey Alter, alles fit?“, grüßte Louis ihn und gab ihn ein high five, „heute ist wieder die Hölle los, mach dich auf eine anstrengende Schicht gefasst.“ Mit einem leichten Seufzer schlich er in die Umkleide und zog sich sein Arbeitshemd an. Dann warf er noch mal einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel und machte sich sein Namensschild dran. „Du warst schon wieder beim Friseur?“, kicherte Louis, nachdem er Johannes einen vielsagenden Blick zugeworfen hatte, „ist sie wenigstens hübsch?“ „Ähm...“, stockte Johannes kurz und wurde rot im Gesicht, „sie macht ihre Arbeit gut.“ „Ach komm schon! Erzähl mir was von ihr! Wie heißt sie? Wie sieht sie aus? Hast du sie schon vernascht? Josi ich habe gerade eine Durststrecke, hab Mitleid mit mir!“ Bei diesem Gestank, der aus deinem Mund kommt wundert es mich, dass du überhaupt schon mal eine hattest!, raunte eine Stimme im gehässigen Tonfall in seinem Kopf, während er nur kurz mit den Schultern zuckte. „Ach ja! Der Pizzaroller ist schon wieder verschwunden...und bei den Getränken spinnt der Saft ebenfalls. Im Lager sind noch ein paar Sachen, welche du aufräumen musst. Und ich soll dir vom Chef ausrichten, dass der Typ von der Buchhaltung krank ist, der Lohn verschiebt sich also knapp um eine Woche.“ „Nein oder? Ich habe es meinem Auto aber versprochen!“, jammerte Johannes und blies Trübsal, „das wird sie mir aber übel nehmen...“ „Dein Auto ist eine ‚sie‘?“ „Ja. Warum glaubst du, nenn ich es liebevoll ‚Miststück‘?“ „Sehr freundlich. Also ich mach noch schnell draußen den Müll und dann hab ich Schichtende.“ „Alles klar. Kommst du noch mal rein oder haust du gleich ab?“ „Ich will heim. Heute ist Fußball!“ „Dann einen schönen Feierabend.“ „Danke, Josi. Viel Spaß in deiner Schicht.“ Johannes wartete noch solange, bis er Louis mit seinem Auto davon düsen sah, dann warf er einen prüfenden Blick ins Lager und stöhnte erneut laut auf. „Alter...das ist nicht sein Ernst! Von wegen nur ein paar Sachen...wie soll ich das neben der Kundschaft noch alles schaffen?“ Während der junge Mann sich durch sämtliche Kartons grub und innerlich fluchte bediente er seine Kunden trotzdem freundlich und blieb geduldig, wenn sie ihm auf die Nerven gingen. „Was…? Wieso haben Sie das nicht mehr...gestern Abend war es noch da...“ „Ach hier haben Sie ja schon gewischt? Das tut mir jetzt aber leid, dass ich da durchgelaufen bin...“ „Könnten Sie bitte endlich mal die Tische abräumen? Es steht immer noch alles voll...“ „Ich glaube Ihre Toilette ist schon wieder verstopft?“ Nachts um halb 4, gerade als Johannes Aussichten auf eine kurze Verschnaufspause verspürte ging die Tür des Sunday‘s erneut auf. Innerlich laut stöhnend raffte sich der junge Mann auf und blickte über die Theke. „Oh...hey! Endlich Feierabend?“, hellte sich seine Mine urplötzlich auf. „Hi.“ „So wie immer?“ „So wie immer“, grinste das Mädchen und warf sich die langen glatten Haare über die Schulter, „du bist anscheinend auch so eine Nachteule, hm? Oder ziehst du immer den Kürzeren?“ „Wir haben in den Tagschichten zur Zeit genug Leute“, zuckte er mit den Schultern. „Das ist doof. Vor allem, da wir uns heute anscheinend das letzte Mal sehen werden.“ „Och nö“, schmollte Johannes, „das tust du mir nicht ernsthaft an?!“ „Doch leider. Mein Praktikum beginnt übernächste Woche und die Woche davor nehm ich mir mal frei.“ „Ach. Dann studierst du?“ „Jap. Freiwillig würde ich nachts nicht immer arbeiten wollen.“ „Naja...es ist eine Notlösung. Meine Rechnungen zahlen sich ja schließlich nicht von Luft und Liebe. Sag mir nur, dass du kein BWL studierst!“ Das Mädchen lachte schadenfroh auf, schüttelte jedoch den Kopf. „Nein. Ich studiere klinische Psychologie.“ „Okay! Jetzt machst du mir Angst!“, gestand Johannes, während ihm ein kleiner Schauer über den Rücken lief. Nun lachte sie hell auf und winkte ab. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Mit einem leisen Ächzen stemmte Amanda die überdimensionale Wassermelone auf die Kücheninsel und warf dieser einen düsteren Blick zu. „Dir geht es gleich an den Kragen“, murmelte sie verschwörerisch und suchte im Besteckkasten nach einem passenden Messer, „nein...nein...nein...oh bitte! Haben die Jungs keine gescheiten Messer?!“ „Kommt darauf an, was du als ‚gescheites‘ Messer definierst“, entgegnete Bryan und streckte sich auf der Couch. Wie immer zuckte die Frau zusammen. Der Kerl war wirklich wie ein Schatten. Überall und nirgendwo! Sie wandte sich in die Richtung, wo eben noch Bryans Stimme hergekommen war und hielt kurz den Atmen an. „Sag mal...bist du nackt?“ Der Russe überstreckte den Kopf so weit nach hinten, dass er Spencers Freundin sehen konnte und grinste schief. „Seh ich denn nackt aus?“ „Du siehst verdammt heiß...ähm nackt aus.“ „Danke. Und danke! Aber nein ich habe nur keine Boxer mehr und muss daher mit diesem knappen Ding da klarkommen. Das Kissen liegt da nur drauf, weil es so schön kalt ist.“ „Wir haben gerade mal Ende Mai. Was machst du, wenn es August und richtig schön heiß ist?“ „Dahinschmelzen? Davon fließen? Auf meinen Tod wartend schwitzen? Sterben?“ „War das jetzt die Reihenfolge, oder soll ich mir davon eines aussuchen?“ „Nein das waren die diversen Stadien meines Dahinscheidens.“ „Außer ich lass dir die Wanne voller Wasser und packe Eiswürfel mit rein, hm?“ „Das würdest du für mich machen?“ „Natürlich.“ „Das wäre toll“, seufzte der Russe und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Sag mal...wie lief es eigentlich mit Ulrike?“ „Das war vor einer Woche.“ „Ich habe dich seit knapp einer Woche nicht mehr gesehen. Schon vergessen, dass ich arbeite?“ Bryan hielt kurz inne, guckte dann wieder zu Amanda rüber und schmollte fast nicht sichtbar. „Ich habe ihr Blumen geschenkt, dann waren wir essen und danach hat sie mich wieder heim gefahren.“ „Und? Das war‘s schon?!“ „Ähm...ja? Wieso?“ „Du hast dich mit Talas ‚heute komm ich zum Schuss‘ Duschgel gewaschen und dann sagst du mir, dass außer Blumen schenken und Essen gehen nichts mehr war?“ Der Junge setzte sich mühevoll auf dem Sofa auf und guckte Amanda mit einer Mischung aus Ärgernis, Schmollmund und Selbstzweifel an. Als die Frau mit diesen leuchtend grünen Augen konfrontiert wurde bekam sie auf der Stelle Mitleid und bot ihm ein Stück Wassermelone an, nachdem sie sich neben ihn gesetzt hatte. „Kann es sein...“, begann Amanda und beobachtete, wie der Russe ein großes Stück Melone abbiss, „hast du Liebeskummer?“ „Mach dich nicht lächerlich“, kaute Bryan und unterdrückte ein Lachen, „solche Emotionen habe ich dank Boris und der Abtei in Russland nicht.“ „Stimmt ja...das hattest du mal erwähnt.“ „Eben. Und daher kann es so was wie...wie nanntest du es?“ „Liebeskummer?“ „So was kann es niemals sein. Meiner Meinung nach eine völlig unnütze Emotion.“ „Wenn es nur so einfach wäre“, kicherte Amanda traurig, „da hätte ich mir einigen Ärger und Kummer sparen können.“ Bryan biss erneut ein großes Stück Melone ab und beobachtete ihre Mimik, während die junge Frau in Erinnerungen schwelgte. „Dieses Liebeszeugs scheint ja ziemlich anstrengend zu sein, hm?“ „Von Zeit zu Zeit ist es das auch. Allerdings...kann es auch sehr schön sein.“ „Ach ja?“ „Ja“, grinste Amanda, erhob sich von der Couch und ging wieder zur Kücheninsel rüber, „es ist ein Fluch und Segen zugleich. Vor allem wenn man gerade frisch verliebt ist, so wie du es eigentlich im Moment sein solltest!“ „Bin ich aber...“ „Jaja, Ich habe es verstanden, du verspürst solche unnützen Emotionen nicht. Dir entgeht ganz schön was!“ Gerade als Bryan Luft holte um Amanda etwas zu entgegnen trat Spencer in die Küche und stützte sich erschöpft auf die Arbeitsplatte. „Du siehst so fertig aus, Schatz...schafft dich die ansteigende Wärme auch so wie...“ „Wir haben ein Problem!“, keuchte Spencer und blickte Bryan ernst an, „ein echtes Problem!“ „Was ist los?“ „Was ist passiert?“ „Wo hast du deinen BeyBlade?“ Bryan sprang augenblicklich vom Sofa auf und eilte in sein Zimmer, während sich Spencer einen großen Schluck Wasser genehmigte. „Du siehst völlig fertig aus“, bemerkte Amanda besorgt, „ist alles in Ordnung?“ „Ich bin vorhin auf einen neuen Blader getroffen.“ „Ah...du hast also gespielt, äh ich meine natürlich gebladet?“ „Ich habe verloren.“ „Verloren?!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Kai nahm angespannt auf dem Stuhl Platz, welcher ihm gerade angeboten wurde und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Der Ratsältester Viktor und Johann saßen ihm gegenüber und ordneten gerade noch ein paar Unterlagen. „Keine Angst“, kicherte Viktor, „es wird schnell und schmerzlos gehen.“ „Du wirst kaum eine Veränderung wahrnehmen“, fügte Johann hinzu, „zumindest körperlich...“ „Nananana wir wollen dem jungen Master Kai doch nicht zu viel verraten!“ „Angst, dass er es sich anders überlegt?“ „Ich kann immer noch ablehnen?“, warf Kai wie in Trance in die Runde, so dass die beiden anderen Männer kurz ungläubig aufsahen. Peinliche Stille beherrschte den Raum, bis der Junge sich ein schadenfrohes Grinsen nicht mehr verkneifen konnte. „Für einen kurzen Augenblick hattest du mich“, erwiderte Johann, während Viktor ebenfalls grinste, „mach das nie wieder!“ „Sei nicht so eingefahren, Johann! Der Junge bringt wenigstens wieder Schwung in die Sache!“ „Bitte nehm das Alles etwas ernster, Viktor...“ Die beiden Männer legten Kai die Papiere vor und reichte ihm einen eleganten Stift, mit welchem er gleich unterzeichnen würde. Der Junge beugte sich über die Dokumente und überflog einige Zeilen. „Wie lange dauert es eigentlich, bis das Alles hier dann in Kraft tritt?“, erkundigte er sich. „Sobald du unterschrieben hast.“ „Sind noch irgendwelche Fragen offen?“ „Ich kann also sofort neue Richtlinien und Regeln aufstellen, sobald meine Unterschrift steht?“ „Nachdem sie mit uns besprochen wurden und mindestens zwei mit ihren Einverständnis gestimmt haben.“ Kai tippte ein paar Mal mit dem Stift auf das Papier, las sich noch ein paar Passagen durch und unterschrieb letztendlich. Viktor und Johann nickten ihm zu und legten die unterschriebenen Schriftstücke in eine schwere mit Leder gebundene Mappe. „Das war‘s?“ „Erwartest du noch eine Art Zeremonie? Oder einen Ritterschlag?“ „Wenn ich daran denke, was für ein Aufwand sonst betrieben wird...dann ja“, entgegnete Kai nüchtern. „Typisch Hiwatari“, murmelte Johann, woraufhin Viktor kichern musste. „Willkommen im hohen Rat des Chevalier Clans, Master Kai“, verkündeten die beiden Männer schließlich und erhoben sich. „Danke.“ „Aufgrund deiner Nachfrage bezüglich der Richtlinien können wir wohl mit einer baldigen Änderungsanfrage rechnen?“ „Ihr werdet von mir hören“, grinste Kai, schüttelte den beiden die Hände und verließ den Raum. Auf der großen Terrasse erblickte er seinen Vater, wie er lässig gegen die Brüstung lehnte und eine Zigarette rauchte. „Als Arzt gibst du aber bei diesen Anblick ein schlechtes Vorbild“, scherzte sein Sohn und trat neben ihn. „Bitte verzeiht mein Laster, Master Kai“, entgegnete Daniellé und aschte ab, „aber ich hab doch sonst nichts mehr im Leben.“ „Du hast mich“, meinte Kai gekränkt, „ich bin dein Sohn!“ „Ja...du bist mein Sohn. Mittlerweile verheiratet und seit 20 Minuten Mitglied des hohen Rates.“ „Höre ich da einen Hauch von Neid?“ „Nicht im Geringsten.“ „Aber?“ Daniellé zog an seiner Zigarette und blies den blauen Rauch langsam aus, bevor er Kai einen Blick zuwarf. „Papa?“ „Ja?“ „Ist alles in Ordnung?“ Daniellé seufzte tief und drückte seine Kippe aus. „Haben dir Viktor und Johann erzählt, dass sie mich kurz nach deiner Hochzeit gefragt haben, ob du für diese Position geeignet bist?“ „Nein.“ „Sie wollten von mir als dein Vater wissen, ob ich dich für reif genug halte.“ „Und du hast zugestimmt? Also habe ich dir alles zu verdanken“, schmunzelte Kai. „Ich war dagegen.“ „Äh...was?!“ „Ich meinte, dass man mit knapp 20 zu jung für einem ‚Ältestenrat‘ sei, und du und Mirka als gerade erst frisch verheiratet andere Pläne hättet.“ „Viktor meinte, dass ich gerade durch mein Alter die alten Regeln etwas auflockern könnte.“ „Du weißt, dass du dafür mindestens 2 Stimmen brauchst?“ „Ja.“ „Und du weißt auch, dass die beiden ziemlich starrköpfig sein können?“ „Du meinst, ich werde keinen Erfolg damit haben?“ Daniellé seufzte erneut und rieb sich die Schläfen, bevor er Kai einen müden Blick würdigte. „Ich kenne dich. Zumindest so gut, dass ich mir sicher bin, dass du mindestens genauso starrköpfig sein kannst wie diese beiden. Auf der anderen Seite...“ „Du glaubst doch nicht, dass sie mich hintergehen werden?“, fragte Kai ungläubig. „Ich möchte nur, dass du weißt, das es diverse Grauzonen gibt. Auch bei den veralteten Richtlinien.“ „Was genau willst du mir damit sagen?“ „Mirka hat mir von ihren Träumen erzählt.“ „Du meinst die mit Adrian?“ „Man hätte ihn nicht ins vollendete Exil schicken müssen.“ „Ja, aber er wollte das doch so?“ „Adrian war zu diesem Zeitpunkt sehr aufgewühlt. Und wenn man euch Kids nicht ständig daran erinnert, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt, dann trefft ihr manchmal Entscheidungen, die zu so was führen.“ „A...aber was hätte er denn sonst machen können?“ „Sag du es mir. Du müsstest es seit mindestens einer halben Stunde wissen“, grinste sein Vater vielsagend. Über Kais Kopf sammelten sich dunkle Wolken der Verzweiflung, während der Junge sämtliche ihm bekannten Regeln und Vorschriften durchging. Er lockerte seine Krawatte und ging in Gedanken alle Szenarien durch, die möglich gewesen wären. Je länger er seinen Sohn so sah, umso mehr musste Daniellé grinsen. „Lass dir alle Zeit der Welt“, murmelte der Arzt und steckte sich eine neue Zigarette an, „sag Bescheid, wenn du meine Hilfe brauchst.“ Es dauerte ungefähr 15 Minuten, bis Kai einen genervten Laut ausstieß und dich wütend die Haare raufte. Daniellé blickte auf seine Uhr und nickte anerkennend. „Respekt. Ich hab dir nur ein drittel der Zeit gegeben, bis du aufgibst.“ „Was habe ich übersehen?!“, fauchte Kai und entfernte seine Krawatte nun komplett, damit er seine ersten Knöpfe vom Hemd öffnen konnte. „Soll ich dir helfen?“ „Gönn dir! Suhle dich in meiner Schmach!“, entgegnete Kai mehr als gereizt, während er die Krawatte unter Spannung um seine Hände wickelte. „Ach komm schon, Kai“, lächelte Daniellé, „ich mach es dir auch nicht zu einfach. Sieh es nur...als kleinen Denkanstoß.“ „Ich höre?“ „Was ist der Unterschied zwischen dir und Adrian.“ Der Anblick, welcher sich dem Doktor gerade bot, als Kai immer intensiver nach einer Antwort grübelte musste göttlich gewesen sein, denn er konnte sich ein helles Auflachen nicht mehr verkneifen. „Okay, okay. Ich mach es dir noch einfacher. Was hat Adrian, was du aber nicht hast.“ „Oh man! Was für einen Scheiß erzählst du mir da?!“ „Wie viele Kinder habe ich…?“ Daniellé warf Kai einen vielsagenden Blick zu, woraufhin es dem Jungen wie Schuppen von den Augen fiel. „Adrian hat eine Schwester...“ „...und nachdem Lucielle älter ist als er...“ „Oh mein...Gott!“ „Papa reicht mir vollkommen aus, aber danke für das Kompliment.“ „Er hätte gar nichts ins Exil gehen müssen! Es hätte vollkommen gereicht, wenn er seinen Erbentitel auf sie überschrieben hätte!“ „Bei seiner Anhörung hat ihn niemand darauf hingewiesen...weil niemand davon wusste.“ „Und woher weißt du es dann?“ „Ich habe es nachgelesen. Leider erst vor kurzem.“ „Oh man...“, stöhnte Kai angestrengt, „ich kann Adrian wieder zurück in den Clan holen!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „...ich schwöre dir Bryan! Ich bin noch nie so schnell und vernichtend geschlagen worden!“, schimpfte der Riese, während er und sein Teamkollege zum Ort des Geschehens gingen. „Ich kann mir generell nicht vorstellen, dass du verloren hast...aber sieh es mal so: jeder hat mal einen schlechten Tag!“, versuchte Bryan ihn aufzumuntern, „dennoch bin ich gespannt, was für ein Kerl das gewesen sein muss, damit du gegen ihn verlierst!“ „Genau da liegt wahrscheinlich der Harken...“ „Was meinst du damit?“ Noch bevor Spencer auf seine Frage antworten konnte wurden sie von jemand anderes unterbrochen. „Hey da bist du ja wieder! Oh, und du hast Verstärkung mitgebracht!“ Die beiden Russen blickten auf und erblickten denjenigen, welcher anscheinend für Spencers Niederlage verantwortlich war. „Bereit für eine Revanche?“ Während der Riese wütend mit den Zähnen knirschend sämtliche Flüche ausstieß blickte Bryan zwischen den beiden ungläubig hin und her, bevor er in schallendes Gelächter ausbrach. „Das ist NICHT dein Ernst?!“, lachte der Russe und klopfte sich auf die Oberschenkel. „Bryan...es reicht...“, knurrte der Riese. „DU?! DU HAST DICH VON EINEM MÄDCHEN BESIEGEN LASSEN?!“ „Bryan!“ „Hey! Unterschätze mich nur nicht, weil ich ein Mädchen bin!“, rief die andere Person herausfordernd. Bryan wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel und versuchte sein Kichern so gut wie möglich zu zügeln. Spencer fluchte weiterhin zwischen zusammen gebissenen Zähnen, während das Mädchen kampflustig auf eine Antwort wartete. „Ich werd nicht mehr...“, grinste Bryan schlussendlich und wandte sich zu ihr um, „holla! Ist es dir ein Trost, wenn ich dir sage, dass du wenigstens gegen ein hübsches Mädchen verloren hast?“ „Das macht es nicht wirklich besser...nicht wenn ich daran denke, wie schnell sie mich besiegt hat!“ „Ihr seid aber schlecht erzogen! Wisst ihr denn gar nicht, dass man Damen nicht warten lässt?!“ „Halt du doch jetzt mal endlich die Luft an!“, rief Bryan zu ihr rüber und musterte sie jetzt genauer. Top Figur, welche man trotz der recht sportlichen Bladerkleidung erkennen konnte. Ihr schmales Gesicht wurde von ihrer braunrötlichen gelockten Mähne umrahmt. „Du bist viel zu hübsch für eine Bladerin“, kommentierte Bryan seinen Anblick. „Danke. Aber man sollte sich nie vom Äußeren trüben lassen“, erwiderte das Mädchen. „Wie heißt du denn eigentlich?“ „Sag ich dir nicht!“ Bryan warf Spencer einen fragenden Blick zu, dieser zuckte mit den Schultern. „Warum?“ „Du musst mich schon besiegen, wenn du meinen Namen wissen willst, Bryan Kuznetsov!“ „Ah...immerhin muss ich mich nicht vorstellen.“ „Also was ist? Kämpfen wir?“ „Klaro. Allein schon um meinen Kumpel zu rächen!“ Die beiden gingen in Position und machten ihre Blades bereit für den Kampf. „Bryan...unterschätze sie nicht!“, raunte Spencer. „Wie schwer kann es schon sein, ein Mädchen zu besiegen? Ich räche dich!“ „Du bist leichtsinnig! Du glaubst, du hast leichtes Spiel mit mir, nur weil ich gut aussehe und ein paar Möpse habe? Schwerer Fehler!“ Die beiden starteten ihre Blades und sofort befahl Bryan Falborg, dass er es mit schnellen Angriffen beenden sollte. „Wow! Dein BeyBlade ist ja ganz schön flink unterwegs“, kicherte das Mädchen. „Das ist noch gar nichts! Warte bis du meinen Spezialangriff siehst!“ Falborg verfolgte den gegnerischen Blade wie ein Wahnsinniger mit einem Affentempo, brachte es jedoch nur sehr knapp und selten zu einem tatsächlichen Angriff. „Wieso krieg ich keinen richtigen Tackle zustande?!“, ärgerte sich der Russe und blickte zum Riesen. „Genauso ist es bei mir auch gewesen! Du musst aufpassen, dass du deinen Schwung nicht verlierst!“, warnte Spencer. „FALBORG! Angriff!!“ Wieder schien es so, als würde Bryans Blade den des Mädchens lediglich streifen. „AAAAAAAARGH! Was soll der Scheiß?? Bleib doch endlich mal stehen!!!“, rief Bryan wütend aus und seigerte sich immer mehr ins Geschehen. „Bleib ruhig! Du verlierst die Kontrolle!“, bemerkte Spencer und trat neben seinen Kollegen, „du musst einen kühlen Kopf bewahren!“ „Das sagst du so einfach...“, knurrte der Russe, „als ob es nicht schon schlimm genug für mich wäre, dass diese Tussi mich so vorführt...“ „Was meinst du?“ „Riechst du das nicht?“ „Riechen? Was soll ich riechen?“ „Ich weiß nicht, was es ist, aber ich bekomme höllische Kopfschmerzen davon, so dass ich mich kaum auf den Kampf konzentrieren kann...“ „Das wird das Wetter allgemein sein...“, winkte Spencer ab, „pass auf! Sie greift an!“ Der Blade des Mädchens traf Falborg frontal mit voller Wucht, so dass der BeyBlade des Russen gegen einen Baum geschleudert wurde und am Boden zum Stillstand kam. „Yay! Ich habe wieder gewonnen!“, jauchzte das Mädchen und vollführte einen Freudentanz. Bryan und Spencer blickten fassungslos zu dem BeyBlade, welcher regungslos am Boden verweilte und rissen die Münder weit auf. „Ist...ist das eben wirklich passiert?“ „Ich kann es nicht glauben...“ Die beiden Russen starrten das Mädchen ungläubig an, welche immer noch jubelnd herum hüpfte. „Wie konnte sie nur gewinnen?!“ „Weil ich‘s eben drauf habe!“, rief sie den Jungs aus sicherer Distanz zu, „wahnsinn! Ich habe Spencer und Bryan von den Blitzkrieg Boys besiegt! Ich bin die beste Bladerin der Welt!“ „Jetzt dreht sie völlig ab“, wunderte Spencer sich, „werd nicht übermütig! Das war alles nur Glück!“ „Wirklich? War es Glück? Sag du es mir Spencer, denn ich glaube nicht, dass reines Glück dazu reicht, euch beide zu besiegen!“ Die beiden Jungs stutzten und hielten inne. Tatsächlich. Sie hatte beide von ihnen besiegt. Innerhalb weniger Minuten. Spencer blickte zu Bryan hinab, welcher auf dem Boden kniete, um seinen BeyBlade aufzuheben. „Wir wollen Revanche!“ „Könnt ihr haben“, zuckte das Mädchen mit den Schultern, „allerdings heute nicht mehr. Ich muss langsam wieder los. Kommt die Tage doch mal wieder vorbei!“ Mit einem beschwingten Winken verabschiedete sie sich und verschwand aus dem Park. Spencer und Bryan sahen ihr noch lange nach, zweiterer hatte mittlerweile fassungslos im Schneidersitz auf dem Boden Platz genommen und suchte nach den richtigen Worten. „...was machen wir jetzt?“, murmelte er niedergeschlagen, „so schnell bin ich noch nie besiegt worden...noch nicht mal von Kai!“ „Wir werden sie besiegen“, bemerkte Spencer entschlossen und half seinem Freund wieder auf die Beine, „da bin ich mir vollkommen sicher!“ „Aber wie sollen wir sie besiegen? Sie wird uns genauso schnell schlagen wie heute!“ „Das stimmt“, nickte Spencer zustimmend, „wir werden sie nicht besiegen können...selbst wenn wir sofort mit dem Training beginnen würden...“ „Spencer…? Du widersprichst dir gerade gewaltig.“ „Nicht im Geringsten.“ „Aber du sagtest doch eben...“ „Ich sagte, dass wir beide sie nicht schlagen können. Aber vorher meinte ich, dass WIR als Team sie schlagen können!“ Bryans Augen weiteten sich bis aufs Maximum und begannen wie wild zu funkeln. Er ballte vielversprechend die Fäuste und blickte in die Richtung, in welcher eben noch das Mädchen gegangen war. „Du hast Recht, Großer! Als Team werden wir sie besiegen...hätte nie gedacht, dass ich mich über Kais Hilfe mal so freuen würde...“ „Es ist an der Zeit, Bryan...“, verkündete Spencer und zückte sein Handy, „die Zeit ist gekommen, um Tala zurück zu holen!“ Kapitel 9: kapitel 9 -------------------- „Woah! War das eben ein Erdbeben oder hast du durch deinen bloßen Auftritt meine Welt erschüttert?!“ Für einen kurzen Augenblick überlegte das Mädchen, ob sie wirklich bleiben und ihr übliches Essen kaufen sollte, oder einfach wieder umdrehen und so tun, als hätte sie sich verlaufen und nichts gehört. „Scheiß drauf!“, entschied sich Ulrike schulterzuckend und trat näher an die Theke heran. Louis beugte sich breit grinsend zu ihr rüber und zwinkerte ihr neckisch zu. „Ich würde gerne bestellen“, bemerkte Ulrike, nachdem sie sich eine Weile so angesehen hatten. „Ich würde gerne ganz unanständige Dinge mit dir machen.“ „Louis ich habe einen echt anstrengenden Tag hinter mir und bin viel zu faul mein Abendessen zu kochen.“ „Wenn du eine halbe Stunde wartest, dann hat der Kollege Feierabend und ich kann für dich ein paar Sachen belegen und mit dir essen.“ „Ein anderes Mal gerne.“ „Das sagst du jedes Mal.“ „Ich weiß.“ „Warum tust du mir das an?“, grinste der Junge mit gespielter trauriger Mine. „Louis ich habe HUNGER!“, bemerkte Ulrike etwas lauter als geplant. Der junge Mann, welcher direkt hinter Louis stand wandte sich erschrocken nach dem lauten Geschehen um und erblickte das Mädchen mit den blutunterlaufenen Augen natürlich sofort, woraufhin er ein breites Lächeln aufsetzte und sich versuchte cool und lässig hinzustellen. „Hallöchen, schöne Frau!“, grüßte er sie und winkte ihr zu. Ulrike winkte anstandshalber zurück. „Was darf ich dir gutes tun?“ „Hunger. Müde. Essen.“ Johannes blickte in die Glastheke und stutzte. „Sorry. Aber ich habe dein Sandwich nicht mehr da...“ Ulrike setzte einen Blick auf, welcher deuten könnte, dass sie gleich in Tränen voller Frustration ausbrechen oder einen der beiden Männer über die Theke ziehen und sich ein Stück rohes Fleisch aus deren Hals raus beißen würde. Louis und Johannes warfen sich einen vielsagenden Augenwechsel zu. „Und was mach ich jetzt?“, erkundigte sich die junge Frau in einem Ton der viel zu ruhig für die momentane Situation war. „Wenn du nur einen kurzen Moment warten könntest, dann mach ich dir dein Sandwich sofort frisch“, schlug Johannes vor. „Definiere mir einen kurzen Moment.“ „Du gehst hinter an die Getränkekühlung und holst dir was zur Erfrischung und sobald du wieder hier bist hab ich es fertig belegt und sogar schon eingepackt!“ Das Mädchen hob kurz zweifelnd eine Augenbraue, grinste dann jedoch neckisch und begab sich auf direktem Wege zur Getränkekühlung, wo sie sich zwei Dosen ihres Lieblingssaftes nahm. Augenblicklich wirbelte Johannes herum und machte sich an seine Arbeit, während Louis abwertig nur ein „Schleimer“ hervor brachte. Noch bevor die Studentin wieder an der Snack Theke angekommen war lag bereits etwas abgepackt dahinter. Louis stand an der Kasse und tippte nervös mit dem Finger auf die Oberfläche. Ulrike staunte nicht schlecht, dass Johannes sein Versprechen tatsächlich halten konnte. „Wow! Bin beeindruckt!“, gestand sie. „Danke. Ich hoffe, dass es dir wie immer schmecken wird!“ Louis räusperte sich anstandslos und erkundigte sich, ob Ulrike noch etwas dazu haben wollte. Das Mädchen blickte kurz zwischen den beiden hin und her, dann grinste sie und nickte Johannes zu. „Du hast gleich Feierabend, richtig?“ „Ja.“ „Louis, machst du mir bitte einen Matcha Latte. Zum Mitnehmen.“ „Natürlich.“ „Und für deinen Kollegen einen...einen...ach, was immer er haben will. Geht auf mich.“ Johannes‘ Mund öffnete sich ein Stück weit, so dass man für einige Sekunden seine Erstaunte Mine bemerken konnte, dann fing er sich wieder und blickte langsam zu Louis. Dessen Augen waren zu kleinen Schlitzen geschrumpft und die Aura, welche von ihm ausging war schaurig. „Was willst du haben…?“, raunte der Junge. „Ähm...passt schon...“ „Nein. Ich bestehe darauf! Du bist immer so nett und zuvorkommend zu mir und eben hast du in Rekordzeit mein Lieblingsessen gemacht“, bemerkte Ulrike. „Also...ich...ähm...“, stotterte der junge Mann und versuchte beiden Blicken auszuweichen. „Ich werde dich so lange belästigen, bis du es annimmst“, versprach das Mädchen. „Es ist mir mittlerweile viel zu warm, als dass ich jetzt noch Kaffee trinken könnte.“ „Dann nimmst du halt einen Eiskaffee, du Trottel...“, murmelte Louis. „Das hab ich gehört“, erwiderte Ulrike genervt. „Hast du Fledermausohren, oder was?!“ „Du warst laut genug, dass es der Typ beim angestrengten pressen auf der Kloschüssel noch gehört hat.“ „Alter wie widerlich bist du eigentlich?! Ich dachte immer Mädchen sind nett und so?“, fragte Louis angewidert, während Johannes sich ein helles Auflachen verkneifen musste. „Einen Eiskaffee für den jungen Herren noch. Das wäre es dann auch schon“, grinste die Studentin zuckersüß und legte das Geld hin. „D...danke...“ „Ich habe zu danken. Für die leckeren Sandwiche“, erwiderte sie und hob das eingepackte Essen hoch, „schönen Abend euch noch Jungs!“ Die beiden winkten ihr synchron zum Abschied, dann blickte Louis seinen Kollegen düster an. Obwohl Johannes beinahe einen ganzen Kopf größer war zog er den Kopf zwischen die Schultern und machte eine entschuldigende Geste. „Das muss mein Charme sein“, grinste er unschuldig, während Louis Blick immer finsterer wurde, „aber du warst wirklich so laut, dass es der Typ beim pressen gehört haben muss...“ „Wenn du dir nicht gleich deinen Eiskaffee selber machst und in den Feierabend verschwindest, dann schieb ich dir den Becher so tief in den Hintern, dass du der nächste bist, welcher laut und angestrengt beim pressen sein wirst!“ Keine zehn Minuten später stellte Johannes den Becher mit der kalten Flüssigkeit auf sein Autodach ab und suchte nach seinem Schlüssel. „Schmeckt‘s?“ Augenblicklich zuckte er so heftig zusammen, dass ihm der Schüssel runter fiel und direkt in den Gulli. Sprachlos blickten er und Ulrike auf den Punkt, wo der kleine Schlüsselbund eben noch aufgekommen war, dann sahen sie in das Gesicht des anderen. „Ups...“, hauchte das Mädchen und lief rot an, „das wollte ich wirklich nicht!“ Johannes blickte erneut auf die Stelle auf den Boden und seufzte tief, ging in die Hocke und versuchte das Gitter anzuheben. Natürlich bewegte es sich kein Stück. Er blickte wieder zu Ulrike auf, welche immer noch knallrot im Gesicht war. „Könntest du mir einen Gefallen tun?“, murmelte er. „Natürlich! Was brauchst du?!“ „Dein Handy.“ Das Mädchen stutzte kurz. „Du...du willst es doch nicht da hinein schmeißen oder?“ „Doch“, erwiderte der Junge monoton, „mein Schlüssel fühlt sich so einsam da unten.“ „Echt jetzt?!“ „Nein“, lachte Johannes müde auf, „mein Handy liegt nur leider im Auto. Und wo da komme ich gerade nicht wirklich ran.“ Augenblicklich holte das Mädchen ihr Handy hervor und wählte die Nummer irgendeines Notdienstes. „Ja? Hallo? Aha. Ja. Mir ist da was extrem peinliches passiert. Ja. Ja...bitte das wäre echt supi! Ähm ich stehe hier auf dem Parkplatz vom Sunday‘s. Eine Stunde? Okay danke!“ Sie legte auf und setzte sich neben Johannes auf den Boden und lehnte sich gegen sein Auto. „Was machst du da?“, wollte er überrascht wissen. „Ich warte mit dir. Das bin ich dir schuldig!“ „Aber du hattest doch Hunger!“ „Ich weiß“, grinste sie und holte die Tüte aus ihrer Handtasche, „sogar frisch belegt!“ Johannes erwiderte das Grinsen und ließ seinen Rücken ebenfalls gegen sein Auto fallen, bevor er in den vorsommerlichen Abendhimmel blickte. „Du...du bist mir doch hoffentlich nicht böse, oder?“, erkundigte sich das Mädchen. „Mein Gott...ist halt passiert.“ „Du nimmst das echt gelassen...“ „Es bringt mir recht wenig, wenn ich jetzt ausraste...das Gitter geht deswegen auch nicht leichter auf.“ „Ich würde schreien und toben vor Wut.“ „Wenn du unbedingt eine Reaktion von mir haben willst, dann werde ich ab sofort einfach die Mayonnaise auf deinem Sandwich weglassen. Für einen Monat oder so.“ „Was?“ „Natürlich werde ich dir nicht sagen, wann ich sie wieder drauf mache. Ein bisschen Psychofolter muss für dich ja auch dabei sein.“ Ulrike musste herzhaft auflachen, woraufhin sie sich an ihrem Sandwich verschluckte und hastig einen großzügigen Schluck ihres Getränks nahm. „Mach langsam“, bat Johannes sie und klopfte ihr vorsichtig auf den Rücken. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Kai Hiwatari ließ sich erschöpft auf das Sofa gleiten und strampelte sich aus seinen Socken, bevor er die Krawatte lockerte und einen tiefen Seufzer von sich gab. Er starrte an die Decke und horchte den Geräuschen, welche die Wohnung von sich gab. Mirka schien gerade unter der Dusche zu sein, das würde zumindest das Plätschern von Wasser erklären. Kai seufzte erneut. Was für ein Tag… Während der Junge immer noch gedankenverloren auf dem Sofa lag und in die Leere starrte trat Mirka in ein Handtuch gewickelt in den Raum und grüßte ihn. Als ihr Ehemann darauf nicht reagierte legte die junge Frau ein neckisches Grinsen auf, ließ das Handtuch in einer fließenden Bewegung zu Boden fallen und setzte sich rittlings auf Kais Schoß. „Was zum…?“, schreckte er aus seinen Gedanken hoch und guckte seine Frau mit großen Augen an, „Mirka…? Warum bist du...“ „Nackt?“, kicherte sie und küsste Kai zärtlich auf den Mundwinkel, „gehst du denn mit Klamotten duschen?“ „Nein.“ „Na also“, grinste das Mädchen noch breiter und beugte sich erneut zu ihm runter. „Mirka...sei mir bitte nicht böse, aber es war ein harter Tag für mich und ich bin gerade nicht wirklich in Stimmung.“ „Gerade deswegen will ich ja, dass du dich entspannst. Lass mich nur machen“, flüsterte sie Kai ins Ohr, „außerdem spüre ich, dass du hart unter mir wirst...und das unterstützt deine Aussage nicht wirklich.“ Kai stieß ein Stöhnen aus, welches aber in keinerlei Hinsicht genervt klang, so wie man es von ihm gewohnt war. „Entspann dich einfach...und lass mich machen...“, raunte Mirka, bevor sie ihm einen Hauch von Kuss auf das Ohrläppchen drückte. Der Junge schloss die Augen und ließ sie machen. Ihre Hände streichelten seinen Körper, nachdem sie geschickt die obersten Knöpfe seines Hemdes geöffnet hatten, ihre Küsse waren weich, aber dennoch verlangend. Kai konnte sich ein gedämpftes Kichern nicht verkneifen, als Mirka ihre Oberschenkel gegen seine Hüfte presste, es brachte ihn sogar dazu, seine Hände flach auf ihren unteren Rücken zu legen. „Ach...so viel zu ‚ich bin nicht in Stimmung‘…?“ „Du lässt mir ja keine Wahl. Zudem möchte ich mich nur ungern mit dir anlegen...“ „Klingt fast schon so, als wäre ich voll die Furie“, lachte Mirka kurz auf. „Kann Bryan sicher bestätigen“, erwiderte Kai ihr Lachen, „außerdem bist du meine Furie, und damit kann ich sehr gut leben.“ „Wie du schon gesagt hast, Kai...ich lass dir ja keine Wahl!“ Nachdem sich die beiden intensiv in die Augen geblickt und sich gegenseitig ein vertrautes und liebevolles Lächeln geschenkt hatten schlang Kai seine Arme um Mirkas Taille, um sie so zu sich herunter zu ziehen. „Hey! Das ist nicht fair! Du bist so viel stärker als ich!“, beschwerte sich das Mädchen gespielt, und stemmte seine Hände gegen den Brustkorb des Jungen. „Jetzt tu nicht so, als würde dir das nicht gefallen“, murmelte Kai, während er mit einer Hand an seinem Gürtel fummelte. Mirkas Mimik zeigte, dass er sie auf frischer Tat ertappt hatte, wobei sie sich im nächsten Moment gleich darüber zu freuen schien. In einer fließenden Bewegung ließ sich das Mädchen auf den harten und pulsierenden Penis ihres Mannes sinken, warf ihre mittlerweile wieder trockenen Haare über die Schulter und begann damit, ihr Becken geschmeidig vor und zurück zu schieben. Kai sog scharf die Luft ein und hielt sie für einen Moment inne, bis er sich an den Rhythmus angepasst hatte. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich es dir diesmal so einfach mache, oder?“, grinste Mirka fies und änderte sofort den Takt. „Oh du…!“ „Ja was denn?“, lachte das Mädchen und ging mit seinem Gesicht so weit herunter, dass sich ihre Nasenspitzen berührten, „habe ich Euch eben aus dem Konzept gebracht, Master Kai?“ Ihr Mann zog herausfordernd beide Augenbrauen hoch, schmunzelte und begann damit, an ihrer Unterlippe zu knabbern. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Sag mal...warten wir jetzt nicht schon über eine Stunde auf den Notdienst?“, erkundigte sich Johannes und leerte seinen Eiskaffee. „Beinahe 2 Stunden.“ „Echt jetzt?“ „Jupp.“ „Natürlich passiert mir so was, wenn ich am nächsten Tag Frühschicht habe“, grummelte der Junge. „Tut mir leid...“ „Alles gut. Du hast es ja nicht mit Absicht gemacht...“ Er warf Ulrike einen herausfordernden Blick zu, welchen sie nur zögerlich erwiderte. „Hast du doch, oder?“ „Nein...eigentlich schleiche ich mich nicht so gehässig von hinten an.“ „Du stellst dir lieber Kerle auf der Toilette vor, die beim Pressen angestrengt stöhnen.“ „Vergiss die Schweißperlen auf der Stirn nicht...“ „Alter! Was ist los mit dir, Mädchen“, lachte Johannes laut auf und rieb sich die Schläfen. „Ich studiere Psychologie. Irgendeinen Schaden muss ich doch haben!“, erwiderte sie und grinste breit. Sie blickten eine Weile schweigend in den mittlerweile schwarzen Nachthimmel und genossen die kühle Brise, welche endlich wehte. „Sich gegenseitig Anschweigen ist ganz schön unheimlich“, bemerkte Ulrike plötzlich im Flüsterton. „Es ist unheimlich genug, dass du jetzt auf einmal Flüsterst!“, kicherte Johannes, „worüber willst du reden?“ „Egal. Hauptsache reden.“ Der Junge schien kurz zu überlegen, während Ulrike erwartungsvoll mit den Füßen wackelte. „Wieso studierst du Psychologie?“ „Alles normale ist zu langweilig für mich. Ich brauche ungewöhnliches um mich herum. Keine Ahnung was genau da bei mir kaputt ist aber gerade Menschen, die irgendein Trauma oder ähnliches hinter sich haben interessieren mich besonders.“ Sie warf Johannes einen prüfenden Blick zu. „Zu...abgedreht?“ „Nö. Ich bin auch immer aus der Reihe getanzt. Ich kenne das.“ „Kommst du von hier?“ „Nein.“ „Wo kommst du denn her?“ „Ich bin vom Land.“ „Ein Landei“, grinste das Mädchen, „dann hast du doch sicherlich viele Geschwister, oder?“ „Nein.“ „Wie? Echt jetzt?!“ „Ich bin bei meiner Oma aufgewachsen, nachdem meine Familie bei einem Autounfall ums Leben kam.“ „Oh...das tut mir echt leid...“ „Muss es nicht. Ich war vielleicht gerade mal ein Jahr alt. Daher weiß ich auch fast nichts über sie.“ „Dann wohnst du also bei deiner Oma?“ „Nein. Sie starb letztes Jahr und da sie kaum Rente hatte schlage ich mich alleine durch.“ „Wie alt bist du?“ „Ich bin vor kurzem 20 geworden.“ „Du bist sehr erwachsen für einen 20jährigen. Du kannst stolz auf dich sein!“ „Danke.“ „Ich habe mich vor einigen Jahren mit meinen Eltern fürchterlich zerstritten. Bin praktisch über Nacht ausgezogen. Seit dem schlage ich mich neben meinem Studium mit Gelegenheitsjobs durchs Leben.“ „Dann kannst du aber auch stolz auf dich sein. Ich studiere nicht und ich frage mich immer wieder, wie ich das alles schaffen soll...“ „Du brauchst definitiv ein paar neue Freunde. Alleine schon, damit du dich mal ordentlich besaufen und ablenken kannst!“ „Klingt nach einem Plan.“ „Ich frag bei meinen Kumpels mal nach, dann sag ich dir Bescheid.“ Johannes nickte anerkennend, genau in diesem Moment fuhr der Notdienst an die beiden heran und gab Lichthupe. „Hey! Du kannst gleich nach Hause!“, freute sich Ulrike und tätschelte ihm aufmunternd auf die Schultern, „dann kannst du endlich schlafen!“ „Super. Jetzt wo ich hellwach bin!“, lachte Johannes niedergeschlagen auf. „Würde ich morgen früh nicht selber raus, dann würde ich dich noch auf einen Kaffee einladen.“ „Schon gut. Du hast mir Gesellschaft geleistet, dass ist Gegenleistung genug.“ „Ja. Ich bin ja Schuld daran, dass dein Schlüssel da unten liegt!“ „Auch wieder wahr.“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Mirka Hiwatari setzte sich im Bett auf und gähnte genüsslich, bevor sie sich herzhaft streckte und mit den nackten Füßen auf den Boden in Richtung Küche tapste. „Herrje hab ich einen Durst...“, murmelte sie und öffnete den Kühlschrank, um sich daraus etwas zu holen. Sie nahm einen kräftigen Schluck, wobei sie die Augen schloss. „Ah...tat das gut...“ Zufrieden stellte das Mädchen ihr Getränk wieder in den Kühlschrank und legte sich wieder ins Bett, wo sie einen Arm mit einem herzhaften Seufzer um Kai legte. „Nächtliches Wandern, hm?“ „Auch ich habe Bedürfnisse“, murmelte Mirka und kuschelte sich noch näher an ihn heran, „tut mir leid, wenn ich dich geweckt haben sollte.“ „Du weißt ja, wie du es wieder gut machen kannst“, kicherte der Mann, streckte seinen Arm aus und schaltete das Tischlämpchen ein. Als er sich umgedreht und ein herausforderndes Grinsen aufgesetzt hatte blickte Mirka in seine Augen und erstarrte. Ihre Hände wurden eisig kalt, Gänsehaut machte sich auf ihrem ganzen Körper breit und ihr blieb die Luft weg. „Was hast du denn?“, erkundigte er sich und streichelte ihren Arm, „geht es dir nicht gut?“ „WAS VERDAMMT NOCH MAL MACHST DU IN MEINEM BETT?!“, rief sie und zog ihren Arm schnell zurück. „Aber...“ „NICHTS DA ABER!! VERSCHWINDE!!“ „Mirka ich bin‘s!“ „HALT DEINE KLAPPE UND VERSCHWINDE, ADRIAN!“ Der junge Mann, welcher eben noch entspannt gelegen hatte setzte sich nun vorsichtig im Bett auf, hob beide Hände hoch und redete leise auf sie ein, dass sie Träumte und sich beruhigen sollte. „SAG MIR NICHT, WAS ICH ZU TUN HABE, ADRIAN!!! WENN DU NICHT GLEICH ABHAUST, DANN...“ „Mirka, bitte...“ „NICHTS DA!“, schrie sie aufgebracht, „ICH HABE KEIN PROBLEM DAMIT, DIR EINE REINZUHAUEN!“ Adrian stieg langsam aus dem Bett, redete weiterhin auf sie ein, dass alles ein Missverständnis sei. „Ich habe die Schnauze so gestrichen voll von dir“, fauchte das Mädchen, holte mit Schwung aus und traf ihn mit ihrer geballten Faust voll auf die Nase. Mit einem schmerzerfüllten Ausruf ging Adrian zu Boden und hielt sich die Stelle, während Mirka schnell ins Badezimmer rannte, abschloss und eine Nummer wählte. „Hiwatari...“, gähnte ihr Schwiegervater ins Telefon. „DANNY! Bitte, bitte komm schnell her!“ „Mirka? Was ist passiert?!“, fragte der Arzt und war augenblicklich hellwach. „Komm einfach nur schnell her! Adrian ist hier und bedroht mich! Ich habe mich ins Bad eingeschlossen!“ „Was? Adrian? Bist du sicher?“ „NATÜRLICH!“ „Ich bin gleich da!“, versicherte Daniellé, „bleib wo du bist, ich habe ja einen Schlüssel...“ „Danke, danke!“ „Bis gleich!“ Sogleich Mirka aufgelegt hatte klopfte es an der Tür. Sie zuckte fürchterlich zusammen, ließ sogar ihr Handy fallen. „VERSCHWINDE ENDLICH!“ „Lass mich doch erklären...“ „ICH HASSE DICH!“ „Mirka...“, raunte Adrian wie ein getretener Hund und rüttelte an der Klinke, „bitte...“ „Ich habe die Polizei gerufen! Und wenn du bis dahin nicht verschwunden bist, Freundchen dann gnade dir Gott!“ „Die Polizei? Spinnst du?!“ Nachdem sie sich dazu entschieden hatte, nichts mehr zu sagen kam auch irgendwann kein Geräusch mehr von der anderen Seite der Tür zu ihr, höchstens, wie Adrian angespannt hin und herwanderte. Nach knapp einer halben Stunde ging die Wohnungstür auf und es klopfte erneut an der Badezimmertüre. „Danny?“ „Ja ich bin es...mach auf.“ Mirka erkannte die ruhige Stimme von Kais Vater und eilte auf den Flur. Daniellé hatte große Mühe, sich ein niedergeschlagenes Grinsen zu verkneifen, seine Hände ruhten auf seinen Hüften. „Oh Danny!“, rief das Mädchen erleichtert aus und fiel ihm um den Hals, „Gott sei Dank bist du endlich hier! Ich hatte solche Angst!“ „Darf ich dich mal was fragen?“ „Ist er immer noch hier? Hast du Adrian gesehen? Und wo ist eigentlich Kai?“ „Hast du was getrunken?“ Mirka starrte ihren Schwiegervater mit großen Augen an. „N...nein...nur einen Schluck Eistee vorhin...“ „Sicher nichts alkoholisches?“ „Nein! Danny, wo ist Kai? Wo ist mein Mann?!“ „Ich bin hier...“, raunte es aus dem Wohnzimmer. „KAI!“ Völlig aufgebracht sprang Mirka in die Richtung, wo sie eben noch ihren Mann hatte hören können, doch was sie da sah ließ inne halten. Kai saß auf der Kante der Couch, einen Arm auf seinen Oberschenkel gestützt, mit der anderen hielt er sich ein durchblutetes Taschentuch vor die Nase. „Was ist denn mit dir passiert?“ „Sag du es mir...“, murmelte der Junge und prüfte die Blutung. „Wieso ich? Ich habe Adrian eine verpasst!“ Kai gab einen Laut von sich, was man mit schmerzerfüllten Kichern identifizieren konnte und schüttelte den Kopf. Mirka blickte über ihre Schulter zu Daniellé, welcher immer breiter grinste. „Was ist hier eigentlich los…?“ „Ganz ehrlich?“, kicherte Danny und ging vor seinem Sohn in die Hocke, um sich den Schaden anzusehen, „du hast geschlafwandelt. Und anscheinend so real, dass du dachtest, dass Kai Adrian wäre. Muss wohl ein ordentlich Punsch gewesen sein...saubere Arbeit, Kleine!“ „Ist sie gebrochen?“, raunte Kai. „Nö. Aber du wirst sie einige Tage merken!“ „Aber...aber...wie...“, murmelte das Mädchen völlig verwirrt und aufgelöst, so dass sie augenblicklich auf ihre Knie sank, „ich war das?“ „Wenigstens ein Gutes hat es“, bemerkte Kai und half ihr wieder auf die Beine, „ich muss mir keine Sorgen mehr machen, dass du dich nicht wehren könntest!“ „Es tut mir so leid!“ „Natürlich...ist ja gut...“ „Es war so real...du warst wirklich er!“ „Das nächste Mal sagst du mir bitte einfach, wenn ich eine Nacht auf der Couch schlafen soll...“, versuchte Kai die Situation aufzulockern und drückte seine Frau an sich. „Sieht so aus, als würde ich hier mehr gebraucht werden“, grinste Daniellé. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „...sieben Sie das Mehl in die vorbereitete Teigmasse, bevor Sie sie vorsichtig unterheben...“ Die junge Frau las noch einmal leise für sich die Zeile des Rezeptes durch und tat dann wie vorgeschrieben den nächsten Arbeitsschritt. „Was definieren die jetzt als vorsichtig unterheben?“ „Soll ich dir helfen, Schatz?“, fragte ihr Freund, welcher am Küchentisch saß und amüsiert einen Kaffee trank, während er ihr zusah. „Nein! Du hast mir die letzten drei Male schon geholfen! Irgendwann muss ich auch mal selber einen Kuchen gebacken bekommen.“ Die beiden warfen sich einen vielsagenden Blick zu und grinsten. „...im wahrsten Sinne des Wortes“, fügte sie ihrem letzten Satz noch hinzu. „Du schaffst das schon. Und selbst wenn nicht, dann backst du morgen halt einen neuen.“ Der Freund stand von seinem Platz auf, stellte seine mittlerweile leere Tasse in die Spüle ab und drückte ihr einen Küss in den Nacken. „...wir drücken dir beide die Daumen...“, flüsterte er zusätzlich und streichelte liebevoll ihren Bauch. „Mit wem gehen die Hormone durch?“, lachte sie hellauf und küsste ihn auf die Nase, „mit dir oder mir?“ „Ehr mit mir...du steckst das alles viel zu cool weg.“ „Stimmt. Du bist ja auch anstatt meiner dem Nestbaumodus verfallen.“ Die Freundin füllte die rohe Kuchenmasse in die dafür gedachte Form und schob ihn in den Ofen. Mit einem zufriedenen Ächzen streichelte sie ihren mittlerweile deutlich sichtbaren Bauch und sah in Richtung Türe. „Ich glaube ich mach jetzt ein Nickerchen...“ „Tu das.“ „Stellst du den Wecker auf 40 Minuten?“ „Natürlich. Soll ich dich dann wecken?“ „Ich trau dir zu, dass du den Kuchen auch alleine aus dem Ofen holen kannst“, grinste sie ihm zu. „Das ist zu großzügig von dir!“, scherzte er und fasste sich an die linke Brust, „womit habe ich das nur verdient?“ „Du hast es geschafft mich zu schwängern. Spätestens bei der Geburt wirst du mit mir Qualen leiden, also genieße die schöne Zeit, die du noch mit mir hast!“ „Auch wieder wahr...“ „Was soll das jetzt heißen?!“ „Gute Nacht Schatz. Hab ein erfrischendes Nickerchen!“ „Du mich auch“, grinste sie noch breiter. „Ich dich noch viel mehr“, rief der Junge seiner Freundin hinterher und stellte auf seinem Handy einen Timer. Entspannt setzte er sich auf das Sofa und schlug sein Buch auf der Seite auf, die er zuletzt gelesen hatte. Nebenbei lief Musik aus dem Radio, durch die gekippten Fenster drangen gedämpfte Laute von Passanten, welche an der Wohnung vorbei gingen. Als er schwerfällige Schritte auf dem Flur hören konnte blickte er von seinem Buch auf. „Kannst du nicht schlafen?“, erkundigte er sich, während seine Freundin ins Wohnzimmer watschelte. „Ich würde ja gerne...aber deine Kumpels rufen auf meinem Handy an, da du deines anscheinend lautlos hast.“ „Oh...ja hab ich. Tut mir leid, Schatz.“ „Alles gut. Ich hab sogar noch einen von ihnen dran.“ Sie übergab ihr Handy und ließ sich neben ihren Freund auf die Couch sinken, unter dessen legte er das Telefon ans Ohr. „Bekommt ihr in letzter Zeit so wenig Aufmerksamkeit von mir, dass ihr gleich zwei mal pro Woche anruft?“ „Ich wünschte, dass es daran läge“, kicherte der Kumpel am anderen Ende. „Was habt ihr denn dann angestellt? Oh! Sag bloß, du hast deine Freundin geschwängert?“ „Nein.“ „Der andere hat endlich mal eine feste Freundin?“ „Nein.“ „Okay...jetzt bin ich überfragt.“ „Es gibt Ärger.“ „Oh man...“, seufzte er und streichelte über die Beine seiner Freundin, welche sie kurz vorher auf seine gelegt hatte, „was hat der Kleine schon wieder angestellt?“ „Naja...so kann man das nun auch wieder nicht sehen...“ „Soll ich irgendeinen Anwalt verständigen? Oder die Krippo?“ „Tala...Bryan und ich sind besiegt worden.“ Der Junge hielt mit seinen Streicheleinheiten inne und starrte ungläubig in das Zimmer. „...es gibt da einen neuen Blader in der Stadt...“ „Ihr wurdet beide besiegt?“ „Ja.“ „Wie konnte denn das passieren?“ „Ähm...das ist recht schwierig am Telefon zu erklären...“ Tala blickte Luna ernst an, welche seinen Blick erwiderte und sich aufsetzte. „Wir müssen die Ehre unseres Teams wieder herstellen...nur ohne dich und Kai...“ „Ich schau, dass ich gleich morgen den nächsten Flieger erwische...“, unterbrach Tala Spencer, legte auf und stöhnte laut. „Ist den Jungs etwas passiert?“, erkundigte sich Luna. „Anscheinend haben sie ihr Training so weit vernachlässigt, dass sie beide von ein und denselben Blader besiegt wurden.“ „Oh.“ „Ja...oh...“ Genau in diesem Moment klingelte der Timer, welchen Tala für den Kuchen gestellt hatte. Der Junge stand auf und holte das Gebäck aus dem Ofen, während Luna wie in Trance ihren Bauch streichelte. Tala seufzte ein paar Mal tief und blickte sie schließlich ernst an. „Hör zu...ich weiß, dass es uns hier im Moment sehr gut geht. Aber es geht um mein Team. Ich muss nach dem Rechten sehen...“ „Wieso klingst du so, als würdest du dich für einen längeren Zeitraum von mir verabschieden?“, grinste Luna, „wir hatten doch sowieso vor, die Jungs mal wieder zu besuchen. Es ist jetzt halt unter anderen Umständen, da auch ich in anderen Umständen bin.“ „Du kommst mit?“ „Natürlich.“ Tala atmete erleichtert auf. „Somit habe ich den Kuchen auch nicht umsonst gebacken“, kicherte Luna und stemmte sich von der Couch auf, „dann ist es beschlossen?“ Tala nickte ihr entschlossen zu. Kapitel 10: kapitel 10 ---------------------- „Bist du dir sicher, dass wir hier richtig sind?“, erkundigte sich Spencer bei dem Anblick des Gebäudes, „es sieht so...so nobel aus.“ Bryan warf Ulrike einen zweifelnden Blick zu, welchen sie gekonnt erwiderte. Sie hob herausfordernd beide Augenbrauen und stemmte eine Hand in die Hüfte. Der Russe lehnte sich zu dem Riesen, ohne das Mädchen aus den Augen zu lassen. „Ich würde ja gerne was sagen...aber ich habe Angst vor ihr, dass sie mich schlagen könnte...“ „Das hab ich gehört, Bryan“, raunte Ulrike und ging schon mal die ersten Stufen hoch. „Siehst du? Fledermausohren!“ „Immerhin hat sie uns gefahren. Sei also nett zu ihr“, versuchte der Riese seinen Kumpel zu erklären. „Wir hätten auch laufen können...“, murmelte der andere eingeschnappt, während die beiden Männer der Studentin folgten. „GENAU!“, rief Spencer so laut aus, dass sich sogar Ulrike erschrocken zu ihnen umdrehte, „ich laufe mit DIR, den mir bekanntesten Nörgler von allen in dieser BULLENHITZE einmal QUER durch die GANZE Stadt! NATÜRLICH!“ Bryan guckte Spencer mit großen Augen an, dieser lief schnurstracks an ihm vorbei und schüttelte ungläubig den Kopf. Ulrike wechselte kurz den Blick zwischen den beiden Russen, während Bryan eine Unschuldsmine aufsetzte und mit den Schultern zuckte. „Ihr beiden seid wie ein altes Ehepaar, wisst ihr das?“ „Wir sind doch nicht schwul!“, beschwerte sich Bryan. „Ich habe nicht gesagt, dass ihr es seid, sondern dass ihr so rüber kommt. Lern endlich mal deutsch!“ „Ich kann deutsch!“ „Oh ja das merk ich!“, lachte die junge Frau gehässig, „soll ich dir wirklich hier und jetzt aufzählen, wie oft du dich allein während der Autofahrt versprochen hast?“ Der Junge setzte einen eingeschnappten Schmollmund auf, sein Kollege ignorierte diese Konversation gekonnt und suchte an der Klingel den richtigen Knopf und drückte diesen. Ein leises Summen verriet, dass er die Haustüre nun öffnen konnte, woraufhin er sich mit seinem ganzen Körpergewicht gegen die Türe lehnte. Ulrike und Bryan folgten den Riesen, immer noch streitend, auch während sie in den Aufzug stiegen. „...das habe ich doch gar nicht so gemeint…!“ „Oh doch, das hast du. Ich habe dich sogar darauf hingewiesen, dass es ganz anders heißt!“ „Hast du nicht.“ „Hab ich doch.“ „Oh man du gehst mir auf die Nerven!!“ „Du kannst ja auch gerne nach Hause laufen!“ „Mach ich auch.“ „Fein.“ „Fein.“ Bryan und Ulrike verschränkten synchron die Arme vor der Brust, während Spencer die Szene mit einem Schmunzeln beobachtete und wortlos den Kopf schüttelte. „Wer ist jetzt hier das alte Ehepaar?“ Die beiden warfen dem Riesen einen empörten Blick zu, doch bevor sie irgendetwas sagen konnten öffnete sich die Aufzugtüre erneut und sie standen alle drei vor Mirka, welche sie herzlich auf russisch begrüßte. „Schön, dass ich euch auch mal endlich in unserer Wohnung habe!“, freute sie sich, während Spencer, Bryan und Ulrike sich mit großen Augen und offenstehenden Mündern umsahen, „ihr wart ja noch nie hier.“ „Wahnsinn...die Einrichtung ist der HAMMER!“ „Danke.“ „Sind diese Kerzenleuchter von Depot?“, staunte die Studentin und tippte besagten Gegenstand mit dem Zeigefinger an. „Ja sind sie. Aus der Winterkollektion.“ „Die kosten ein Vermögen!“ Mirka machte eine verlegene Geste, während die Jungs immer noch staunten. Genau in diesem Moment kam Kai mit in die Runde. „Alter, hast du aufs Maul bekommen?“ „Bryan, solltest du jemals die deutschen Sprache zu 100 Prozent meistern, dann beginn danach gleich mit einem Kurs in gute Manieren...“, seufzte Ulrike. „Wieso?!“ „Bevor du dich über jemanden lustig machst, solltest du erst mal ‚Hallo‘ sagen.“ Bryan guckte zu Kai, dieser erwiderte seinen Blick. „Hi.“ „Tag auch.“ Bryan guckte wieder zu Ulrike: „Darf ich ihn jetzt weiter beleidigen?“ Das Mädchen schüttelte ungläubig den Kopf und winkte ab. Hoffnungsloser Fall. „Wollt ihr was trinken?“, warf Mirka in die Runde. „Danke, aber so viel harten Alkohol, wie ich bräuchte um den da zu ertragen kann ich mir gerade nicht geben...ich muss noch fahren...“, murmelte die Studentin, „hättest du eine Cola oder irgendeinen Saft?“ „Natürlich.“ Die beiden Frauen gingen in Richtung Küche, während die Jungs ihnen nachsahen. „Deine Freundin gefällt mir“, kommentierte Kai, „sie hat den Richtigen Humor!“ „Wir sind nicht zusammen“, entgegneten Bryan und Ulrike etwas lauter aus der Küche. „Fledermausohren!!“, fauchte der Russe genervt, woraufhin Spencer gehässig kicherte, „die hört wirklich ALLES!“ „Ich kann sogar all deine schmutzigen Gedanken bis hier hin hören!“ Bryan blickte mit großen Augen zu dem Mädchen, welche gerade wieder mit Mirka aus der Küche kam. „Alle?“ „Alle...“, nickte sie und nippte an ihrem Getränk. Für einige Augenblicke herrschte Stille, bis sich Spencer als Erster wieder rührte. „...darf man fragen, was mit dir passiert ist?“ Kai blickte den Riesen für einen kurzen Moment ausdruckslos an, während Mirkas Gesicht schamrot anlief. Das Ehepaar wechselte einen kurzen Blick, bis es sich dazu entschied „es war ein Unfall“ zu antworten. „Unfall?“ „Ja.“ „Sieht mir ehr nach häuslicher Gewalt aus“, bemerkte Bryan, „hat deine Frau endlich die Hosen an, hä?“ „Damit musst du dich ja auskennen“, erwiderte Ulrike, noch bevor Kai richtig Luft zum Gegenkommentar holen konnte. „Was willst du denn jetzt von mir?“ „Das du einmal nicht mit deiner verbalen Inkontinenz prahlst!“ „Mit meiner...WAS?!“ Spencer hatte große Mühe ein Lachen zu unterdrücken, während Kai und Mirka den beiden gespannt mit großen Augen zuguckten. „Werden...die beiden...sich...an die Kehle gehen?“, erkundigte sich Mirka, als die anderen beiden sich immer mehr in ihren Zoff vertieften. „Nein. Aber das wäre mal was neues.“ „Scheint öfters vorzukommen, wenn du so entspannt bleibst.“ „Beinahe täglich“, stimmte der Riese Kai zu und nickte eifrig. „...und dann kommst du mir auch noch so! Ich benehme mich nicht daneben, ich verteidige mich lediglich nur gegen dich!“ „Wenn du dich endlich mal benehmen würdest, dann müsstest du dich auch nicht gegen mich verteidigen!“ „Warum bist du immer so gehässig zu mir?!“ „Bin ich das?“ „Ja man!“ „Oh endlich mal wahre Worte! Wenigstens hast du es mittlerweile eingesehen, dass ich den größeren Schwanz habe!“ „Wa...WAS?“ „Meiner ist größer als deiner.“ „Ich habe dich nackt gesehen, Mädchen. Du hast keinen Schwanz!“ „Oh...wenn du wüsstest! Der ist riesig!“ „Ihr habt euch nackt gesehen?“, gab Mirka überrascht von sich. „Das ist so üblich, wenn man miteinander schläft.“ „Ihr schlaft miteinander?“ „Ich krieg sie halt alle!“, prahle Bryan und plusterte seinen Brustkorb auf, „meinem Charme erliegen sie irgendwann alle!“ „Von wegen Charme“, grunzte Ulrike. „Ach ja? Weshalb haben wir dann Sex?“ „Erstens hatten wir Sex...und zweitens hatte ich so extremes Mitleid mit dir, dass ich halt mal ein Auge zugedrückt habe.“ „Doch. Ich mag sie“, grinste Kai, „auch wenn sie mir die meiste Arbeit abnimmt Bryan zu nerven, aber jetzt kann ich wenigstens in Ruhe zusehen.“ Der Blick, welchen Kai in diesem Moment von Bryan erhielt hätte ganze Armeen ausradieren können, dennoch musste der Junge dadurch nur noch mehr grinsen. „Weshalb haben wir eigentlich die Ehre eures Besuches?“, erkundigte sich Mirka, um gekonnt das Thema zu wechseln. „Die Jungs wurden in diesem Kreiselspiel von einem Mädchen besiegt.“ „Du meinst BeyBlades?“ „Keine Ahnung wie die Dinger richtig heißen...“, zuckte Ulrike mit den Schultern. „Du hast dich von einem Mädchen schlagen lassen?“, lachte Kai und klatschte dabei in die Hände. „Du doch auch“, erwiderte Bryan gehässig. „Ja aber vielleicht steht er drauf?“ „Tut er das?“ „Tu ich das?“ Mirka blickte Kai herausfordernd an, konnte sich jedoch ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Willst du ernsthaft, dass ich vor Bryan aus dem Nähkästchen plaudere?“ „NEIN!“ Jetzt kicherte Kais Frau schelmisch. „Wir werden Tala später ebenfalls anrufen“, begann Spencer, „es war einfach unheimlich, wie schnell sie uns besiegt hatte!“ „Voll unheimlich!“, bestätigte Bryan und nickte eifrig, „du bist doch dabei, oder?“ „Wir reden hier von einem Mädchen?“ „Ja.“ „Spätestens Bryan hätte ich eigentlich zugetraut, dass er sie fertig macht. Er kennt da ja überhaupt keine Gnade.“ „Hast du mir gerade ein Kompliment gemacht?“ „Möglich.“ „Bist du krank? Ich glaube die Ehe macht dich weich...“ „Kann aber auch sein, dass ich einfach nur Mitleid mit dir habe, jetzt wo ich gesehen habe, wie du mittlerweile unter ihrer Fuchtel stehst“, grinste Kai und warf Ulrike einen vielsagenden Blick zu. „Boah du...“, fing der Russe an, blickte dann aber ebenfalls zu dem Mädchen recht von ihm und hielt die Luft an. „Was hast du mit ihm gemacht…?“, erkundigte sich Mirka bei Ulrike, welche immer fieser Grinste. „Er weiß, dass er meinen harten Schwanz zu spüren bekommen, wenn er nicht spurt“, kicherte diese. „Du hast keinen…!“ „Hast du in letzter Zeit mal nachgesehen?“ „Ist das ein Angebot?“ „Nein. So einfach mache ich es dir nun auch wieder nicht.“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Johannes betrachtete sich im Spiegel und seufzte. Heute Abend war es an der Zeit, dass er das erste Mal seit langem wieder mal ausging. Mit Ulrike und ihren „Kumpels“. „Wir gehen wohin, wo man trinken und tanzen kann“, war ihre Aussage am Telefon gewesen, „hast du einen bestimmte Musikgeschmack?“ „Eigentlich im Moment nicht.“ „Cool. Dann sehen wir uns Samstag Abend um 20 Uhr?“ „Okay. Freu mich!“ „Bis dann.“ „Freu mich...“, wiederholte er seine Worte in einem tadelnden Tonfall, „Junge...du bist so was von aus der Übung.“ Er überprüfte noch ein letztes Mal sein Outfit und seine Frisur, bevor er seinen Wohnungsschlüssel einsteckte und losging. Es war immer noch sehr warm draußen, so dass er es nicht bereute, ein kurzärmeliges Shirt angezogen zu haben. Nach zirka 20 Minuten gemütlichen Fußmarsch konnte er Ulrike schon erblicken, welche ihm zuwinkte. „Hi!“, grüßte sie ihn, „hast du es gleich gefunden?“ „Jupp. Hatte keine Schwierigkeiten.“ „Supi! Die Jungs warten schon...glaube ich zumindest.“ „Von wie vielen Männern reden wir eigentlich?“, fragte Johannes vorsichtig nach. „Zwei.“ „Zwei?“ „Ja. Eigentlich hätten wir noch einen Fragen können, aber der hat gerade ein Veilchen von seiner Frau kassiert, deshalb wollte er nicht mit.“ „Okay…?“ „Ach ja und die Freundin ist dabei.“ „Also sind wir heute zu fünft.“ „Hey! Du kannst ja rechnen!“ „Gerade so.“ „Aber keine Angst...die sind alle sehr angenehme Zeitgenossen. Okay Bryan ist etwas anstrengend und wenn er getrunken hat sogar sehr...aber ich denke, dass sogar du heute mal Spaß haben wirst!“ Johannes grinste breit und folgte Ulrike brav, bis sie an einer kleinen Bar ankamen, wo auch drei Personen auf sie warteten. „Hey Leute!“, grüßte Ulrike in die Runde und zeigte auf den Jungen hinter sich, „dass ist Johannes. Er arbeitet im Sunday‘s.“ Bryan, Spencer und Amanda winkten der männlichen Begleitung kurz zu, bevor ersterer sich erkundigte, woher er ihm so bekannt vorkam. „Naja“, schmunzelte Johannes und zuckte mit den Schultern, „wenn du Kunde im Sunday‘s bist, dann haben wir uns sicherlich schon mal gesehen.“ „Nein...ich habe dich schon mal woanders gesehen...“, grübelte Bryan und legte den Kopf schief. „Kann ich mir nicht vorstellen.“ „Ach ja? Und warum nicht?“ „Ich bin ein absoluter Stubenhocker“, gestand Johannes und machte eine peinlich berührte Geste, „außer der Arbeit und dem Fitnessstudio komme ich kaum raus.“ „Fitnessstudio? Bist doch nicht etwa einer von den Typen, welche immer nur am Spiegel stehen und Selfies machen oder?“ Johannes lachte kurz auf: „Nein ich trainiere tatsächlich.“ „Was drückst du so auf der Bank?“, wollte Bryan wissen und trat einen Schritt näher an den Jungen heran, „zeig mal deinen Arm!“ „Lass gut sein. Wir wollen heute Abend Spaß haben und keinen Schwanzvergleich“, lächelte Ulrike und ging zwischen die beiden, „bitte...nicht heute...okay?“ Ohne seinen Blick von Johannes zu nehmen blieb Bryan stehen und stemmte die Hände in die Hüften. Sein Gegenüber machte für einen kurzen Moment eine zweifelnde Mimik und versuchte so unschuldig wie nur möglich zu gucken. „Sicher, dass wir uns nicht woanders her kennen?“ „Ganz sicher“, versicherte Johannes, „hör mal, ich will wirklich keinen Stress haben...“ „Nö den kenn ich nicht“, beschloss Bryan plötzlich, drehte sich um und ging wieder zu Spencer, „an so einen Schlappschwanz würde ich mich jederzeit erinnern!“ „Bist du jetzt zufrieden? Hast du jetzt dein Revier markiert ja?“, spottete Ulrike und stieß dem Russen in die Seite, „du hattest mir versprochen, dass du dich benimmst!“ „Tu ich doch!“ „Ach? Das ist deine Definition von benehmen?“ „Ulrike, dass macht er bei jedem“, versuchte Spencer zu schlichten und sah zu Johannes, „nimm‘s bitte nicht persönlich. Das ist seine Art um ‚Hallo‘ zu sagen...“ Der Junge hinter Ulrike nickte dem Riesen kurz zu, erwiderte jedoch nichts. Während Spencer und Amanda gefolgt von Bryan voraus gingen kamen Ulrike und Johannes ein paar Schritte später nach. „Es tut mir so leid!“, entschuldigte sich das Mädchen, während sie Bryan immer wieder böse Blicke in den Rücken warf. „Alles gut. Ich lebe ja noch“, grinste Johannes und winkte ab. „Er ist so unmöglich!“ „Alles gut“, wiederholte der Junge und winkte lässig ab. „Wenn er dich heute Abend nicht in Ruhe lässt, dann rufst du mich, okay?“ „Na klar!“, lachte der Junge jetzt hell auf, „damit er allen Grund hat, mich ‚Schlappschwanz‘ zu nennen, oder wie?“ „Nein! Nein, so habe ich es nicht gemeint!“ „Ich werde schon mit ihm zurecht kommen“, grinste Johannes und folgte den anderen in die Discothek. Während sich Amanda und Ulrike einen Weg zur Bar kämpften suchten die Jungs derweil einen Sitzplatz. „Also, wo kommst du her?“, erkundigte sich Bryan, sogleich sie einen Platz gefunden hatten. „Oh, ich bin nicht von hier“, winkte Johannes ab, „ich stamme aus einem kleinen Provinznest.“ „Und warum lebst du dann plötzlich doch hier in der Großstadt?“ „Ich brauchte mal einen Tapetenwechsel.“ „Aha.“ „Ich bin total langweilig“, entschuldigte sich Johannes und zuckte erneut mit seinen Schultern, „wie schon gesagt, außer arbeiten und ab und zu mal Fitnessstudio mach ich nicht viel...“ „Zockst du?“ „Gelegentlich. Aber im Moment ganz selten.“ „Und was zockst du?“, erkundigte sich Bryan und lehnte sich weit über den Tisch, doch da kamen die Mädels schon mit den Getränken. „Hast du ihn schon wieder in der Mangel?“, fragte Ulrike mit einem gefährlichen Unterton und blickte Bryan funkelnd an. „Wir haben uns nur unterhalten“, grinste Johannes und nahm sein Bier entgegen, mit welchem er Bryan zuprostete. „Echt jetzt?“, wollten beide Frauen ungläubig wissen. „Echt jetzt“, nickte Spencer zustimmend, „beide waren bis jetzt ganz brav.“ Beide Mädchen blickten sichtlich überrascht. Der Abend verlief soweit ruhig. Die Runde unterhielt sich überwiegend über beiläufige Themen, nichts besonderes. „Kannst du eigentlich tanzen?“, erkundigte sich Amanda und blickte zu Johannes. „Ja.“ „Von einem Fuß auf den anderen wippen tanzen oder richtig tanzen?“ „Ich kann richtig tanzen“, grinste Johannes und leerte sein Bier. „Ui! Das hört man immer seltener!“, schwärmte Spencers Freundin. Der Junge machte eine anerkennende Geste. „Wollen wir tanzen?“ Skeptisch blickte der Junge zu Spencer, dann wieder zu Amanda. „Ich glaube, dass das ehr sein Part ist...“ „Ich tanze nicht“, erwiderte der Riese, „ich bin lieber dafür zuständig auf Taschen und Jacken aufzupassen und überlasse es euch.“ „Gehen wir mal den Laden hier aufmischen“, freute sich Ulrike und sprang schon fast von ihrem Stuhl auf, „wer geht alles mit?“ Perfekt synchron erhoben sich Bryan und Johannes ebenfalls, woraufhin sie sich einen vielsagenden Blick zuwarfen. „Cool! Zwei auf einen Schlag!“, grinste Ulrike, beobachtete die beiden jedoch aufmerksam. Johannes ließ Bryan den Vortritt, der Russe folgte Ulrike in Richtung Tanzfläche. Dort angekommen wandte sich das Mädchen um und begann sich zur Musik zu bewegen. „Nach dir“, grinste Johannes erneut und deutete auf die Fläche. „Stehst du auf Männerärsche?“ „Nicht im Geringsten.“ „Dann lass das Vornehme Gesülze. Es reicht mir völlig, wenn Kai das immer macht!“ „Ja...er hat auch den Drang zum Perfektionismus...“ „Was?“ „Was?“ „Woher kennst du Kai?“ „Ich habe nie gesagt, dass ich ihn kenne. Es klang nur so, als wärst du ziemlich genervt von dem Typen. Kommt der heute etwa auch noch?“ „Mirka, also seine Frau hat ihm eine geknallt!“, lachte Bryan auf, „und jetzt läuft er mit einem ordentlichen Veilchen rum und die beiden behaupten, dass es ein ‚Unfall‘ war!“ Johannes hielt schlagartig in seiner Bewegung inne und blickte Bryan groß an. „Was los? Hast du einen Geist gesehen? Oder eine Ex?“, erkundigte sich der Russe und sah sich um. „N...nein...“ „Du bist plötzlich so blass um die Nase?“ „Alles gut! Ich brauchte nur dringend ein neues Bier. Soll ich dir auch gleich eines…?“ „Du musst dich nicht bei mir einschleimen, nur weil du was mit Ulrike hast. Oder haben wirst. Mir auch ziemlich egal. Weißt du auch warum?“ „Klär mich auf.“ „Spätestens wenn ich es wieder mit ihr treibe hat sie dich wieder vergessen“, grinste Bryan vielversprechend. „Du musst ja voll der Hengst sein.“ „Oh glaub mir! Das bin ich!“ Johannes schlenderte kurz an die Bar, wo er erst mal sein schadenfrohes Kichern rauslassen konnte und kam mit zwei Bierflaschen zu Bryan zurück. „Ich sagte dir doch, dass ich kein Bier von dir will.“ „Wer sagte denn, dass das eine für dich ist?“ „Gleich zwei auf einmal?“, staunte der Russe. „Du hast es erkannt“, grinste Johannes breit und leerte seine erste Bierflasche mit nur einem Zug. „Musst du dir Mut antrinken, oder wie?“, stichelte Bryan. „Ähm...ich bin ein bisschen aus der Übung...vielleicht. Allerdings haben mir die Frauen zukommen lassen, dass wenn ich was getrunken habe, mehr aus der Hüfte komme.“ „Bitte...was?“ „Du sagtest, dass egal wie gut ich bin sich Ulrike immer an dich erinnern wird?“ „Tatsache. Ja.“ „Schauen wir doch mal, an wen von uns beiden sie sich nach dem heutigen Abend lieber erinnert“, meinte Johannes entschlossen und grinste über sein ganzes Gesicht. „Du...forderst mich...also heraus…?“ „Ja…? Gut möglich.“ „Alles klar. Die Wette gilt!“ Mit diesen Worten ging der Russe ebenfalls an die Bar und Johannes fasste sich kurz ans Herz, welches immer noch vor Aufregung wild pochte. Er blickte auf die Tanzfläche, wo Amanda und Ulrike bereits voll am abtanzen waren und immer wieder diverse Anspielungen machten. Johannes fuhr sich verlegen durch die Haare, während die kleine Stimme in seinem Kopf ihm immer wieder Mut zusprach: Du schaffst das! Ich glaub an dich! Sei ein Mann! Genau in diesem Moment blickte er an die Bar, wo Bryan stand, seinen Blick erwiderte und ihm schelmisch grinsend zuprostete. Johannes machte eine vielsagende Geste zu ihm rüber, woraufhin der Russe mit einem noch deutlicheren Fingerzeichen antwortete. Johannes musste laut auflachen, was man Dank der lauten Musik nicht wirklich hören konnte. Warte nicht darauf, dass er seinen ersten Zug macht! Schwing endlich das Tanzbein!, rief ihm die Stimme gedanklich zu. Schließlich hast du es genau für so was gelernt! „Sollte die jahrelange Tortur doch für etwas gut gewesen sein?“, kicherte Johannes schadenfroh und leerte sein zweites Bier. Fest von sich selber und der kleinen Stimme überzeugt begab sich der junge Mann mitten auf die Tanzfläche, genau dorthin, wo die beiden Frauen tanzten. „Ach? Dich gibt‘s auch noch?“, wurde er von den beiden begrüßt. „Sorry. Ich habe nur auf das richtige Lied gewartet.“ „Hätte ich das gewusst, dann hätte ich dir Eye of the Tiger spielen lassen“, scherzte Amanda. „Wo ist Bryan?“ „Der trinkt sich noch Mut an“, erwiderte Johannes schnell und nickte in Richtung Bar. „Seit wann braucht er denn Alkohol zum Spaß haben?“ „Wir reden hier von Bryan.“ „Eben...eigentlich gerade jetzt, wo er doch männliche Unterstützung hat...“ Die beiden Frauen warfen sich einen vielsagenden Blick zu, bevor sie zuerst zu Johannes und anschließend zu Bryan an die Bar schielten. „Die haben doch was ausgefressen…?“ „Sicher haben sie das. Guck mal, wie selbstsicher er an der Theke lehnt und grinst.“ „Und...was machst du jetzt?“, erkundigte sich Amanda bei ihrer Tanzgefährtin, während sie unbekümmert weiter tanzte. „Abwarten“, grinste Ulrike, „könnte noch recht lustig werden!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Hallo, alter Freund...lange nicht mehr gesehen“, raunte Kai, als er die Vitrine in seinem Arbeitszimmer öffnete und Dranzer heraus holte, „ich hätte nicht gedacht, dass wir uns so schnell wieder sehen würden!“ Er setzte sich an seinen Schreibtisch und hielt Dranzer schweigsam für einige Zeit, betrachtete ihn einfach nur und erinnerte sich an die vielen Matches, welche sie schon zusammen gekämpft hatten. „Ich habe dich vermisst...“ Der Junge spürte, der BeyBlade in seiner Hand dezent wärmer wurde und kicherte. „Schön, dass du mich auch vermisst hast, Dranzer!“ Behutsam legte Kai seinen Blade auf den Tisch und stellte einen kleinen Werkzeugkasten daneben, woraus er einige Dinge holte. „Wir haben einen neuen Gegner in der Stadt. Stell dir vor: Bryan und Spencer haben beide gegen sie verloren und das auch noch in Rekordzeit! Ich muss zugeben, dass ich mich sogar gefreut habe, als sie mich um Hilfe gebeten haben...“ Kai löste ein paar Schrauben und drehte Dranzers Powerring ab, bevor er den Turbozuschalter und Gewichtsring sorgfältig überprüfte. Es war alles im einwandfreien Zustand, so wie Kai es auch erwartet hatte. Nur um auf Nummer sicher zu gehen verteilte er ein paar Tropfen Öl und Pflegepaste , bevor er seinen Dranzer wieder zusammen setzte. „Ich frage mich, ob Tala in der Zwischenzeit trainiert hat...und wenn ja, wie viel stärker er geworden ist.“ Kapitel 11: Kapitel 11 ---------------------- „Guck mal! Sie haben hier wirklich nichts verändert...“ „Muss daran liegen, dass wir nicht mal acht Monate lang weg waren.“ Luna ließ ihre Handfläche über die Kücheninsel streifen und warf Tala einen vielsagenden Blick zu. Der Junge lachte hell auf und schüttelte den Kopf. „Wir hätten sogar noch Olivenöl hier“, kicherte Luna und hielt besagte Flasche hoch, „nur das Beste für die Rosette!“ „Das ist dein Ernst, oder?“, murmelte der Rotschopf und blickte seine Freundin mit großen Augen an. „Nein“, grinste sie breit, „aber der Joke war es mir wert, allein nur, um dein Gesicht zu sehen!“ Erleichtert atmete er auf und stellte den Koffer in seinem Zimmer ab, während Luna auf den Balkon ging und die kühle Abendluft genoss. Es war so ungewohnt ruhig in der Wohnung, dass es ihr schon fast einen Schauer über den Rücken jagte. „Scheint wirklich niemand hier zu sein“, rief Tala ihr vom Flur aus zu, „anscheinend sind sie feiern gegangen.“ „Du hast ihnen ja nicht genau gesagt, wann wir wieder hier sind.“ „Eigentlich schon...was soll‘s. Spätestens wenn Bryan Hunger hat tauchen sie wieder auf.“ „Oder keine Kondome mehr“, scherzte Luna. Tala nickte zustimmend und öffnete den Kühlschrank. „Oh...“, schwärmte er, „sie haben Weißwein da!“ „Seit wann trinkst du Wein?“ „Immer wieder mal“, grinste er und las das Etikett. „Gönn dir.“ „Ist nicht meiner.“ „Dann kaufst du eben einen neuen nach.“ „Morgen ist Sonntag, Schatz.“ „Der eine Tag hin oder her...“, winkte seine Freundin ab, „komm hier raus, es ist herrlich!“ Tala stellte den Wein wieder zurück und holte sich stattdessen ein Bier, dann leistete er Luna auf dem Balkon Gesellschaft. „Sag mal...“, begann Luna nach einer Weile und blickte zu ihm rüber, „ihr Jungs habt doch regelmäßig miteinander telefoniert, richtig?“ „Richtig.“ „Hast du ihnen überhaupt gesagt, dass...du weißt schon...“, druckste sie herum und streichelte wie in Gedanken verloren ihren Bauch. „Nein. Nein das habe ich tatsächlich noch nicht gemacht.“ „Vergessen? Oder hattest du Angst vor ihren Reaktionen?“ „Ich denke...“, überlegte Tala und nippte an seinem kalten Bier, „ein bisschen was von Beidem.“ „Na, dass wird aber eine tolle Überraschung!“ „Wohl wahr.“ Für einen kurzen Moment herrschte erneut Stille zwischen den beiden, dann vernahmen sie vom Treppenhaus her ein sehr lauten und angeregtes Gespräch. Sie wechselten kurz einen vielsagenden Blick, dann wurde die Wohnungstür auch schon aufgeschlossen. „...aber dass du so dumm bist, hätte noch nicht einmal ich gedacht!“ „Hör auf, mich dumm zu nennen!“ „Jungs...bitte...“, ging eine Frauenstimme dazwischen, „die Nachbarn werden sich beschweren!“ „Sag das ihm und nicht mir!“ „Du bist genauso laut...“ „ER hat aber angefangen!“ „Oh, glaub mir, Bryan…! Wenn ich du nicht gleich ins Bett und mir somit aus den Augen gehst, dann werde ich anfangen zu schreien!“ „Behandle mich nicht wie ein kleines Kind!“ „Du BIST ein kleines Kind! Zumindest führst du dich immer so auf!“ „Ähm Leute...“ „Da hast du endlich einmal ein Mädchen gefunden, welches dich einigermaßen erträgt, wie du bist und du bist so dumm und trittst sie mit Füßen!“ „Ich habe sie doch gar nicht getreten!“ „Äh, Jungs…?“ „BUCHSTÄBLICH! DU HAST SIE BUCHSTÄBLICH GETRETEN!“ „HEY!“ Spencer und Bryan blickten erschrocken zu Amanda, welche gerade das erste Mal lauter geworden war. Die Frau schüttelte fassungslos den Kopf, dann zeigte sie in Richtung Balkon, wo Tala und Luna besorgt nach drinnen guckten. „Hi Leute“, grüßte der Rotschopf, „lasst euch von uns nicht stören...klärt ihr erst mal ab, was es da auch immer zu klären gibt und dann können wir uns begrüßen.“ Zu zwei Salzsäulen erstarrt standen die beiden Russen vor ihm, die Augen und Münder weit aufgerissen. Sie bewegten sich keinen Millimeter, auch dann nicht, als Amanda sie aufforderte wenigstens „Hallo“ zurück zu sagen. „Ich glaube, du hast sie kaputt gemacht...“, bemerkte Luna mit einem gedämpften Kichern. „Befürchte ich langsam auch.“ „Tala…? Bist du es wirklich…?“, hauchte Spencer kaum hörbar. „Ah! Sie leben doch noch“, grinste der Rotschopf erleichtert und trat in die Wohnung, „ziehen wir also doch die Begrüßung vor?“ „TALAAAAAAAAA!“, riefen der Riese und Bryan freudig aus, rissen die Arme in die Höhe und eilten zu ihm, „DU BIST ENDLICH WIEDER DA!!!!!“ „Ich habe euch auch vermisst“, krächzte der Rotschopf, nachdem Spencer seine Arme um ihn geschlungen und ihn so hochgehoben hatte. „Russland hat dir gut getan! Du hast ja sogar etwas zugenommen!“ „Das nehm ich als Kompliment auf, da du dich ja andauernd beschwert hattest, ich würde zu wenig essen.“ „Wo ist Luna? Hast du sie auch immer gut behandelt?“ „Natürlich! Was denkst du eigentlich von mir?“ „Anscheinend hast du sie sogar sehr gut behandelt“, bemerkte Amanda, nachdem Luna ebenfalls in die Wohnung gekommen war und sofort ihren Bauch erblickt hatte, „herzlichen Glückwunsch ihr beiden!“ „DU BIST SCHWANGER?!“, riefen Spencer und Bryan überrascht, aber dennoch erfreut aus und umarmten das Mädchen vorsichtig. „Oh Jungs...ich habe euch so vermisst ihr beiden!“, schmollte Luna und hatte dank der Hormone mit den Tränen zu kämpfen. „Du verschwindest aber nicht, wenn das Baby da ist, oder?“, fragte Bryan besorgt und warf den werdenden Eltern abwechselnde Blicke zu. „Äh...nein? Wieso sollte ich?“ „Er fragt wegen deiner ‚Vorgängerin‘...“, erklärte Tala mit einem gewissen Unterton. „Ach so...“ Luna nahm Bryan fürsorglich in den Arm und knuddelte ihn herzlich. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Die haben doch was ausgefressen…?“ „Sicher haben sie das. Guck mal, wie selbstsicher er an der Theke lehnt und grinst.“ „Und...was machst du jetzt?“, erkundigte sich Amanda bei ihrer Tanzgefährtin, während sie unbekümmert weiter tanzte. „Abwarten“, grinste Ulrike, „könnte noch recht lustig werden!“ „Willst du jetzt schon auf einen von ihnen wetten?“, kicherte Amanda. Ulrike blickte sie vielversprechend an, sagte jedoch nichts weiter. „Möchtest du was trinken?“, erkundigte sich Johannes und lehnte sich zu ihr rüber, während er mit der Musik mitwippte. „Einen Eistee bitte.“ „Eistee?“, wiederholte Johannes ungläubig. „Gar keinen Alkohol?!“, fragte Amanda überrascht. „Ähm...“, grübelte die Studentin unsicher, „ja? Keinen Alkohol?“ „Okay...einmal Eistee!“, grinste Johannes und begab sich an die Bar. „Wieso nicht?“, wollte Spencers Freundin neugierig wissen, „stehst du nicht auf betrunkenen Sex?!“ „Ich muss später noch fahren!“ „Aber wir sind doch zu Fuß hergekommen.“ „Ich muss noch was bei einem Kommilitonen abholen.“ „Kann das denn nicht bis morgen warten?“ „Nein.“ Amanda blickte sie skeptisch an, erwiderte jedoch nichts weiter. Johannes erschien wieder vor den beiden Frauen und überreichte Ulrike ihren Eistee, und als sie ihn dankend entgegen nahm strahlte er wie ein Honigkuchenpferd. „Junge, das ist nur ein Eistee...“, murmelte Amanda in ihre Faust und tat so, als würde sie sich räuspern. Genau in diesen Moment kam Bryan ebenfalls auf die Tanzfläche, packte Ulrike von hinten an den Hüften und zog sie an sich heran. „Hey!“, beschwerte sich die Studentin und wischte sich den Eistee aus dem Mundwinkel, „ich war gerade am schlucken!“ „Du kannst das hier schlucken“, raunte Bryan, packte sie am Hinterkopf und drückte ihr Gesicht so feste gegen seines, dass Ulrike perplex zu einer Salzsäule erstarrte und ihn machen ließ. Ohne Skrupel schob der Russe sofort seine Zunge zwischen ihren Lippen hindurch und küsste sein Gegenüber so schamlos, dass es sogar der DJ am anderen Ende des Raumes sehen konnte. „Hey! Dreh deinen Porno gefälligst woanders!“, rief Amanda den beiden durch die hämmernde Musik zu. Doch davon ließ sich Bryan keineswegs ablenken, nahm eine von Ulrikes Brüsten in die Hand und knetete sie, während die andere Hand zu ihrem Po wanderte und dort das Gleiche machte. Die junge Frau drückte nach einigen Sekunden mit ihrer Handfläche gegen Bryans Oberkörper, damit sie kurz nach Luft schnappen konnte, doch kaum hatte sie inhaliert klebten seine Lippen erneut an ihren. Amanda ging kopfschüttelnd an den beiden vorbei zu Johannes. „Mir ist das zuviel! Ich geh zu Spencer und setz mich hin.“ „Alles klar“, war alles, was der Junge erwiderte, bevor er sich zur Bar durch schlängelte und einen tiefen Seufzer ausstieß. „So schlimm?“, erkundigte sich der Mann hinter der Bar, „du siehst so aus, als hätte jemand dein Mädchen abgeschleppt.“ „Seh ich wirklich so verzweifelt aus?“, scherzte Johannes müde und rieb sich die Schläfen. „Verzweifelt?“, grinste der Barkeeper und beäugte ihn mit einem vielsagenden Blick, „alter! Wenn ich so einen Gesichtsausdruck bei jemanden sehe, habe ich Angst er tut sich gleich was an!“ „Was rätst du mir dagegen zu tun?“ Der Mann stellte Johannes einen Kurzen hin und nickte bejahend. „Der geht aufs Haus!“ Augenblicklich wurde der Shot gekippt und Johannes verzog die Miene zu einer keuchenden Grimasse. „Was...was ist das?!“ „Tequila!“, jubelte der Mann hinter der Theke triumphierend und stellte sofort noch einen hin, „gönn dir!“ „Du bist der Beste!“ „Also...ist sie noch hier? Deine Lady für heute Abend?“ Johannes nickte, während er den zweiten und dritten Shot kippte und wandte sich anschließend in die Richtung um, wo Bryan und Ulrike immer noch miteinander züngelten. „Die im indigoblauen Top und den zerissenen Jeans.“ Der Barkeeper pfiff anerkennend. „Süße Maus.“ „Allerdings.“ „Und...wieso wischt da gerade nicht deine Zunge ihre Mundhöhle aus?“ „Das...da...“, raunte Johannes und führte den nächsten Tequila zu seinen Lippen, „ist Bryan!“ „Sollte dich das interessieren? Sag bloß nicht, dass ihr Kumpels seit?!“ „Um Himmels Willen! Gott sei Dank nicht! Alter...so gläubig bin ich doch eigentlich gar nicht!!“ „Das mein Freund ist der Tequila! Er ist ein Allheilmittel! Also...was hast du jetzt vor wegen...Bryan?“ „Ganz ehrlich? Am liebsten würde ich ihn so was von in die Fresse hauen...sie über meine Schulter werfen und mit ihr verschwinden!“ „Guter Plan. Da gibt es nur zwei Haken.“ „Ach ja?“ „Zum einen: noch bevor dieser Typ von deinem Kinnhaken zu Boden geht wirft dich der Türsteher raus. Der wirft dich dann über seine Schulter. Zum zweiten: wieso das Schlachtfeld verlassen, wenn der Krieg noch nicht mal richtig angefangen hat?“ Johannes schielte stutzig zum Barkeeper, welcher schelmisch grinste und ihm einen letzten Kurzen auf den Tresen zuschob. „Schon mal was von der Eiswürfelmethode gehört…?“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Mirka blickte durch das Panoramafenster in die tiefe Dunkelheit der Nacht, die Arme vor ihrer Brust verschränkt. Sie hielt ihren Blick starr gerichtet, auch als Kai von hinten an sie herantrat und nur einige Zentimeter vor ihr stehen blieb. „...du wirst also wieder kämpfen...“, murmelte seine Frau. „Das ist nicht das Einzige, was dich beschäftigt, oder?“ „Nein...“ „Willst du darüber reden?“ „Es...es geht um Adrian.“ „Was soll mit ihm sein?“ „Seit seiner Verbannung hat ihn niemand mehr gesehen...“ „Das ist auch so gewollt. So ist das Gesetz des Chevalier Clans. Ausnahmsloses Kontaktverbot.“ „Woher willst du also wissen wo er ist, um ihn zurück zu holen?“, erkundigte sich Mirka und drehte sich zu ihren Ehemann um, blickte tief in seine Augen und ließ die Arme sinken. „Mirka...was ist los?“ „Ich...“, begann die junge Frau und hielt augenblicklich inne. „Du weißt doch, dass du mit mir über alles reden kannst.“ „Ja ich weiß.“ „Also...wovor hast du Angst?“ „Ich habe doch keine Angst!“ „Aber?“ „Ich habe nicht vergessen was Adrian getan hat! Wie eklig er immer war!“ „Er hat dich angefasst. Ja. Aber auch nicht mehr. Ich hätte ihn am liebsten die Hand abgeschlagen aber er hat sich selber dafür bestraft. Und ja er war schon immer ein Großmaul gewesen, aber da gibt es doch schlimmere.“ „Nenn mir ein Beispiel!“ „Bryan.“ „Der ist doch kein...okay...doch ja...“ „Mein Großvater.“ „JA du hast Recht, Kai!“ Der Junge schmunzelte triumphierend, streichelte seiner Frau jedoch liebevoll über die Schultern. „Du musst mit mir an deiner Seite vor gar nichts mehr Angst oder Bedenken haben. Das habe ich dir versprochen.“ Mirka wandte ihren Blick erneut aus dem Panoramafenster. „Trotzdem...wie willst du Adrian finden, wo doch niemand Ahnung davon hat, wo er gerade sein könnte?“ „Es ist für den Clan nicht unmöglich, jemanden ausfindig zu machen. Ich muss es nur veranlassen.“ „Meinst du, dass es ihm gut geht? Er ist ganz alleine da draußen.“ „Gerade eben noch hattest du Angst vor ihm und jetzt machst du dir Sorgen?“ „Irgendwo will ich ihn dafür hassen, was er alles getan hat. Aber überwiegend tut er mir einfach nur leid.“ „Es wird alles gut werden, vertrau mir.“ Kai drückte seiner Frau einen sanften Kuss auf die Stirn, bevor er sich von ihr entfernte. Mirka stieß einen tiefen Seufzer aus, bevor sie sich wieder der Dunkelheit der Nacht widmete. „Adrian...“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „...puh! Kannst du mich mal durchatmen lassen?“, beschwerte sich Ulrike und schob Bryan von sich, „hier drinnen ist es mittlerweile so stickig, mir läuft schon der Schweiß am Rücken runter!“ „Das ist, weil du so ein heißes Stück bist...“, raunte Bryan in ihr Ohr und knabberte verlangend daran. Ulrike verdrehte leicht genervt die Augen, doch ließ ihn gewähren. Während der Russe vom Ohr zum Hals weiter wanderte schweifte sie mit ihren Augen durch den Raum. Waren Amanda, Spencer und Johannes etwa schon gegangen? Ein kurzer Moment der Einsamkeit durchzog ihren Körper, alleingelassen mit diesem schwanzgesteuerten Typen und das ohne jeden Tropfen von Alkohol… „Ich glaube ich gehe lieber...“, meinte Ulrike zu Bryan und drückte ihn erneut von sich, „die anderen sind nach deiner Aktion sicher schon gegangen...“ „Welche Aktion?“ „Deiner Revier-markier Aktion! War es denn wirklich nötig, mir gleich deine ganze Zunge in den Rachen zu schieben?!“ „Darauf stehst du doch!“ „Ja! Ich meine NEIN! Nicht wenn ich nüchtern bin!“ „Dann sag mir, was du trinken willst...“, grinste Bryan und rieb seinen Unterleib geschmeidig an ihren, „dein Wunsch ist mir Befehl!“ „Ich will noch ein Wasser.“ „Das...ist jetzt nicht das, woran ich gedacht habe dir zu bringen...“ „Dank dir ist mein ganzer Eistee jetzt in meinem Oberteil. Alles an mir klebt!“ „Zieh dich doch aus“, zuckte der Russe mit den Schultern. „NEIN!“ „Wieso? Du musst dich nun wirklich nicht für deinen Körper schämen.“ „Das macht man einfach nicht!“ „Ich mach das andauernd...“ „Ja ganz toll!“, lachte Ulrike schadenfroh auf, „und dann wunderst du dich auch noch, warum du ständig aus den Diskotheken geschmissen wirst?“ „Jetzt wo du es sagst...scheiß drauf!“ Mit diesen Worten zog sich Bryan sein T-Shirt über den Kopf und erntete kreischende Schreie von den Ladies um sich herum. Er ließ sich davon nicht ablenken und zeigte auf sein Gegenüber. „Spinnst du?“, rief Ulrike außer sich und zog ihr Oberteil straff nach unten, „ganz sicher zieh ich mich JETZT NICHT aus!“ „MÄDELS!“, grölte der Russe daraufhin in den Club, „zeigt diesem Angsthäschen hier mal, wie wir das so machen!“ Aufs Wort begannen sich die ersten beiden Frauen neben Bryan geschmeidig zu bewegen und sich gegenseitig ihre Oberteile auszuziehen, während eine andere sich an den Russen schmiegte und genüsslich über seine Bauchmuskeln streichelte. Ulrike trat eingeschüchtert einen Schritt zurück und beobachtete, wie es zwei weitere Mädchen es den ersten nachmachten und sich Bryan regelrecht an den Hals warfen. Eine andere kam mit einer handvoll Kurzer und verteilte sie in der Runde. „So will ich das haben!“, grölte der Junge triumphierend und klatschte einer Frau mit der flachen Hand auf den Arsch, dann blickte er zu der jungen Studentin, „was ist los? Sonst bist du doch auch nicht so schüchtern?“ Ulrike winkte der Dame mit den Shotgläsern dankend ab, als diese an sie herantrat. „Du verpasst eine Menge Spaß!“, rief diese, als sie noch ein weiteres Mal abgewiesen wurde und kippte den Kurzen selber, bevor sie sich Bryan ebenfalls zuwandte. Ulrike seufzte genervt, doch da zuckte sie augenblicklich zusammen, als etwas kaltes ihren Rücken hinunterlief. „WAS ZUM!“ Als sie sich umdrehte erblickte sie Johannes, welcher seine Hand immer noch auf ihren Rücken hielt und mit glasigen Augen grinste. „Hallöchen!“ „Ach! Sieh einer an! Ich dachte schon, dass du das Weite gesucht hast!“, kommentierte Ulrike leicht gereizt, „was zum Teufel hast du da?“ „Eiswürfel.“ Johannes nahm seine Hand von ihrem Rücken und ließ das Stück gefrorene Wasser mit einem spitzbübischen „Ups“ in Ulrikes Ausschnitt gleiten. Das Mädchen zuckte zusammen, ließ es jedoch über sich ergehen, genoss sogar das kühlende Nass. „Ganz schön heiß hier drin, oder?“, rief Johannes ihr durch die laute Musik zu. „Vergiss es! Ich werde mich nicht ausziehen!“, knurrte Ulrike und zeigte mit dem Daumen nach hinten. Johannes folgte ihrem Finger und erblickte staunend Bryan, welcher mittlerweile mit fünf Frauen eng umschlungen tanzte. In der Zwischenzeit hatte eine der Frauen es geschafft seine Hose zu öffnen und nun waren zwei Hände darin verschwunden. „Oh...okay…?“ „Das ist einfach nur widerlich“, beschwerte sich Ulrike. „Ist doch geil!“, kicherte Johannes, doch als er ihren Blick bemerkte riss er sich zusammen und nickte, „stimmt, du hast völlig Recht! Echt widerlich!“ In diesem Moment spielte der DJ passend zu dem Specktakel, welches sich gerade auf der Tanzfläche bot „I‘m sexy and I know it!“. „Echt jetzt?!“, rief Ulrike durch den hämmernden Bass und blickte zu Johannes, welcher sich geschickt zum Beat bewegte. Als er merkte, dass er von ihr beobachtet wurde grinste er breit und spielte sich an den ersten drei Knöpfen seines Hemdes herum. „Oh nein! Nicht du auch noch!“ Noch bevor Ulrike sich mehr beschweren konnte hatte er sich sein Hemd völlig aufgeknöpft und bewegte sich nun noch mehr zur Musik, für einen Mann sogar sehr geschmeidig. Unten drunter schmiegte sich sein Tanktop eng an seinen Körper, so dass man gewisse Muskeln erahnen konnte. „Du trainierst also doch!“, grölte Bryan durch die Menge und wandte sich geschickt wie ein Aal aus den Fängen der Frauen und stolperte zu Johannes und Ulrike rüber, „aber kannst du damit mithalten?“ Der Russe streichelte sich selbstsicher über seinen eightpack, während seine Augen in Johannes‘ brannten. Dieser nickte anerkennend und klatschte sogar in die Hände. „Nicht schlecht, nicht schlecht! Damit kommst du morgen bei mir vorbei und wäscht meine Klamotten!“ „Hahahaha! Das hättest du wohl zu gerne!“ „Klar! Dann kannst du noch ein letztes Mal Ulrikes Duft inhalieren, welcher dann an meinen Sachen klebt!“ „HEY!“, mischte sich jetzt das Mädchen ein, „was für einen Scheiß erzählt ihr da?“ „Oh man...jetzt hast du uns verraten...“ Ulrike blickte verärgert zwischen den beiden Männern hin und her, stemmte dann ihre Hände in die Hüften und wartete mit gefährlich funkelnden Augen. „Es war allein seine Idee“, meinte Bryan und zeigte auf Johannes, welcher erschrocken die Augen aufriss. „Und du bist dir sicher, dass ich dir das abkaufe?“ „Wenn ich es dir doch sage!“ „Ich hätte es wissen müssen!“, rief Ulrike verärgert und stieß Bryan von sich, welcher sie gerade in eine Umarmung schließen wollte, „zuerst das rumgeknutsche mit mir und dann auch noch das ausziehen und jetzt das? Wie tief willst du eigentlich noch sinken?!“ „Ulrike warte...“ „Und DU!“, zeigte sie auf Johannes, welcher immer noch erschrocken wie ein Reh im Scheinwerferlicht dastand, „schämst du dich nicht, dass du dich auf einen Kerl wie ihn da eingelassen hast?“ „Ähm...“ „Ich warte!“ „Äh…“, gab Johannes von sich und blickte hilfesuchend zu Bryan rüber, welcher sich aber sofort abwandte und wieder mit den Mädels von vorhin tanzte, so als ob nie was passiert wäre, „ich...“ „Hoffentlich war es den Preis wert, um den ihr gewettet habt!“ „Es ging um dich“, presste er junge Mann dann doch hervor. „WIE BITTE?!“ „Wir haben darum gewettet, wer mit dir im Bett landen wird...“ Ulrike riss entsetzt den Mund auf, zeigte dann jeweils Bryan und Johannes den ausgestreckten Mittelfinger und setzte zum gehen an. „Ulrike warte!“, rannte ihr Johannes hinterher, wurde allerdings von Spencer abgefangen, welcher wie aus dem Nichts aufgetaucht war. „ULRIKE!“ „Vergiss sie! Da hast du dir ja was geleistet, Johannes. Das hätte ich wirklich nicht von dir gedacht…!“, tadelte Amanda ihn und schüttelte den Kopf. Der junge Mann ließ seine Schultern sinken und erwiderte für einige Sekunden ihren Blick. Als er schließlich akzeptiert hatte, dass er so oder so der Verlierer gewesen war wandte er sich zum gehen ab und verschwand aus Spencer und Amandas Blickfeld. Kapitel 12: Kapitel 12 ---------------------- Luna blinzelte genüsslich den ersten Sonnenstrahlen des neuen Morgens entgegen und streckte sich genüsslich, bevor sie sich im Bett aufsetzte und sich kurz umsah. „Guten Morgen...“, murmelte Tala, welcher sich gerade zu ihr umdrehte. „Morgen.“ Sie beugte sich zu ihm runter und küsste seine Schläfe. „Wie hast du geschlafen?“ „Es war unheimlich gemütlich.“ „Wieso unheimlich?“ „Es riecht sogar noch alles so wie früher!“ „Natürlich“, grunzte Tala und schmiss die Decke zurück, „wieso sollte es das nicht?“ Luna zuckte nur mit den Schultern, als sie ein lautes Rumpeln aus dem Flur vernahmen. Die beiden warfen sich einen Prüfenden Blick zu, dann raffte Tala sich auf und lungerte aus seinem Zimmer raus auf den Flur. „Ist...alles in Ordnung bei dir?“ Bryan, welcher auf dem Boden kniete guckte kurz auf, nickte und zog sich dann mithilfe seines Teamchefs wieder auf die Füße. „So spät war es doch gestern gar nicht für dich?“, erkundigte sich Tala weiter und musterte den anderen Russen. Seine Augen waren rot unterlaufen, seine Haut noch blasser als sonst und seine Haare waren auf einer Seite platt gedrückt. „Ist kompliziert“, knörte dieser lediglich und schwankte in Richtung seines Zimmers, wo augenblicklich die Tür geöffnet wurde und eine junge Frau oben ohne ihn sehnsüchtig erwartete. Tala grinste und ging wieder in sein Zimmer, wo Luna sich bereits auf den Bettrand gesetzt hatte und ungeduldig auf seinen Report wartete. „Er ist leer.“ „Leer?“ „‘Leer‘ leer. Muss an der netten Brünetten liegen, welche in seinem Bett auf ihn wartet.“ „Ah...“, gab Luna erleichtert von sich und schüttelte sich kurz darauf. „Möchtest du Frühstück?“ „Ja bitte!“ „Pfannkuchen?“ „Pfannkuchen!“ Tala schlenderte schmunzelnd in Richtung Küche, wo Amanda bereits daran war Kaffee zu kochen. Als sie den Rotschopf erblickte erschrak sie noch einmal kurz, doch dann erinnerte sie sich an letzte Nacht. „Stimmt ja...ihr seid wieder im Hause.“ „Und du auch, wie ich sehe.“ „Ja. Ich übernachte regelmäßig hier.“ „Okay. Mehr Details brauche ich auch nicht auf nüchternen Magen.“ „Mit Milch und Zucker?“ „Schwarz. Wie meine Seele.“ Amanda warf Tala einen prüfenden Blick über die Schulter zu. „Was?“ „Du bist so weiß, dass ich versucht bin, dir Sahne in deinen Kaffee zu tun!“ Der Junge lachte kurz auf, nahm dankend die Tasse entgegen und lehnte sich an die Kochinsel, wo er erst mal einen kräftigen Schluck nahm. Nach einer kurzen Stille wandte er sich erneut an Spencers Freundin. „Und...was für ein Drama hat der Junge nun schon wieder angestellt, dass sogar unser Großer in Aufruhr geraten ist?“ „Bryan? Ach...der hat es sich anscheinend jetzt komplett mit seiner Perle versaut. Muss irgendeine Wette mit einem anderen Typen eingegangen sein...“ „Okay…? Seit wann hat Bryan eine Perle?“ „Ich meine eine Freundin.“ „Ich weiß was Perle bedeutet“, grinste Tala abwehrend, „seit wann geht das denn?“ „Das er eine Freundin hat oder das er in Schwierigkeiten steckt?“ „...beides…?“ „Das mit Ulrike geht glaube ich schon länger...scheint aber ehr so eine on off Sache zu sein, als etwas Festes...und die Schwierigkeiten...wann steckte er mal nicht in welchen?“ „Bryan und Ulrike?!“, wiederholte Luna aufgeregt, welche eben in den Raum getreten war. „Ulrike...warte! DIE Ulrike? DIE Ulrike, mit der DU mal rumgemacht hattest?“ „Wie jetzt?“, wandte sich Amanda überrascht an Luna, „hat hier jeder mal mit jedem oder wie läuft das hier?“ „Nein, nein. Das war eigentlich mehr ein Racheakt an meinen Ex, der wiederum wollte mir mit IHR eins reindrücken. Also bevor ich mit ihr rumgemacht habe.“ Amandas Augen wurden immer größer, während Luna fast schon in Erinnerungen schwelgte. Erst als Tala ihr einen leichten Stoß in die Seite verpasste hielt sie inne und guckte Amanda entschuldigend an. „Sagen wir es mal so...es wird in dieser Bude nie langweilig“, grinste diese schließlich. „Nein. Definitiv alles nur nicht langweilig“, erwiderten Tala und Luna im Chor. Als nächstes trat Spencer in den Raum, begrüßte das Pärchen und seine Freundin mit einem ernsten Lächeln und nahm sich schließlich auch einen Kaffee. „Was geht ab?“, erkundigte sich der Rotschopf. „Hör mir auf.“ „Wieso sagst du mir nicht, dass unser ewiger Junggeselle endlich mal eine Schnecke hat?“, beschwerte sich Tala und nahm einen Schluck. „HÖR MIR BLOß DAMIT AUF!“, rief der Riese plötzlich laut aus, so dass alle zusammen zuckten, „ICH HAB VON DEM SO DIE SCHNAUZE VOLL!“ „Ist ja gut!“, versuchte Amanda ihn zu beruhigen und drückte sich an ihn. „Er hat sich ja wirklich schon viel geleistet, aber das spreng alle Rahmen!“ „Was hat er denn angestellt?“, wollte Luna interessiert wissen, doch sie wurde schnell von Spencer abgewinkt. „Das soll er dir selber beichten!“ „Er hat es sich mit Ulrike verscherzt“, meinte Tala und leerte seinen Kaffee. „Aha.“ Amanda stellte in diesem Moment den Teller mit fertigen Pfannkuchen auf die Kochinsel, wovon sich Luna sofort gierig einen nahm, zusammenrollte und genüsslich reinbiss. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Ulrike saß gerade auf ihrer Couch, als es klingelte. Für einen kurzen Moment überlegte sie, ob es sich lohnte jetzt aufzumachen, oder es einfach zu ignorieren. Es klingelte erneut. Und noch einmal. Die junge Frau erhob sich von der Couch und drückte auf dem Summer, welcher ihre Haustüre öffnete und wartete geduldig vor verschlossener Tür, bis sie die Schritte ihm Flur hören konnte. Vorsichtig öffnete sie und schlug die Tür sogleich wieder schwungvoll zu. Kurz blieb sie noch so stehen, als es plötzlich klopfte. „Geh weg! Verschwinde!“, rief sie wütend aus. „Bitte...“, ertönte es aus dem Hausflur, „ich möchte mich entschuldigen. „Ich ruf die Polizei!“, drohte sie. „Ich würde morgen wieder kommen, wenn es dir heute noch zu früh wäre...“ „Das nennt man Belästigung!“ „Ich nenne das Beharrlichkeit.“ „Seit wann kennst du solche Ausdrücke?“ „Ich habe eben von dir gelernt.“ Für einen kurzen Moment hielt Ulrike inne und blickte auf das Handy, welches auf dem Sideboard, welches gleich neben ihr stand. Dann hörte sie ein tiefes Seufzen von der anderen Seite. „Ich muss völlig verrückt sein...“, murmelte sie und öffnete erneut die Tür, „du hast fünf Minuten!“ „Danke!“, erwiderte Bryan erleichtert und machte einen Schritt nach vorne. Als er jedoch bemerkte, dass sie keinen Schritt zur Seite wich stutzte er. „Ähm...willst du mich nicht reinlassen?“ „Nein.“ „Wieso nicht?“ „Lass mich kurz überlegen...“, raunte die Frau und setzte eine dementsprechende Miene auf, „mal abgesehen davon, dass du eines der größten Arschlöcher bist, die mir je unter die Augen getreten sind war das, was du in der Disco gemacht hast wirklich unterste Schublade.“ „Ich weiß. Deswegen will ich mich ja bei dir entschuldigen.“ „Willst du dich bei mir entschuldigen weil es dir wirklich leid tut, oder weil du dir den Pfad in deine Gelegentliche Lustgrotte sichern willst?“ „Ähm...beides?“, überlegte Bryan und machte eine unsichere Geste. „Falsche Antwort.“ Wieder warf Ulrike die Wohnungstür vor seiner Nase zu. „Soll ich wieder klopfen oder morgen kommen?“, erkundigte sich der Russe. „Geh einfach“, befahl sie mit zittriger Stimme und kämpfte gegen die Tränen. „Weinst du jetzt, Ulrike?“ „GEH EINFACH!“ Eine Weile blieb sie noch an der Türe stehen, dann horchte sie noch ein letztes Mal und vergewisserte sich, dass es vollkommen ruhig war. Ulrike wischte sich die Tränen aus dem Augenwinkel und ging ins Badezimmer, um sich im Spiegel zu betrachten. Sie holte tief Luft, hielt diese für eine Weile inne, bis es schmerzte und stieß sie schließlich wieder aus. „Was hast du gedacht, was passieren würde…?“, fragte das Mädchen ihr Spiegelbild, „hattest du ernsthaft daran gezweifelt, dass es geschehen würde? Du wolltest es! Du wolltest, dass sich beide um dich buhlen! Aber...das es so eskalieren würde...damit hattest du wohl nicht gerechnet...dummes Ding!“ Ulrike schluckte schwer. „Du wolltest Bryan nur eifersüchtig machen, dass er sich endlich endgültig für dich entscheidet...tja meine Liebe, das ist wohl ordentlich nach hinten losgegangen.“ Das Mädchen schreckte auf, als es plötzlich erneut an ihrer Tür klingelte. Kann es sein…? War er tatsächlich noch einmal umgekehrt? Eilig hastete sie zur Tür, drückte den Summer und öffnete die Tür. „Na sieh mal einer an! Mit dir hätte ich gar nicht gerechnet, mal abgesehen davon, dass du nicht von mir wusstest, wo ich wohne!“ Johannes blieb auf der letzten Stufe stehen, zögerte einen Moment lang und streckte schließlich den Arm in ihre Richtung, in welcher er einen großer Blumenstrauß mit weißen, roten und gelben Gerbera hielt. Ulrike nahm das Bündel entgegen und blickte den jungen Mann groß an. „Es...tut mir leid. Sehr sogar. Ich hätte mich nicht auf Bryans Niveau runter lassen sollen. Ich habe dir weh getan und fühle mich seit dem Scheiße.“ „Du fühlst dich scheiße? Frag mich mal!“ „Es tut mir sehr leid, Ulrike. Du hattest mich eingeladen mit euch mitzugehen und ich habe mich wie ein Arsch benommen.“ Allerdings. Ihr beide.“ „Entschuldigung.“ „Danke. Und danke für die Blumen.“ „Nun dann. Ich lass dich mal lieber wieder in Ruhe, bevor ich es nur noch schlimmer mache, als es eh schon ist.“ Johannes wandte sich zum gehen ab, während Ulrike intensiv an den Blumen roch. „Warte!“, rief sie ihm hinterher. Augenblicklich blieb Johannes stehen und hielt sich am Geländer fest. „Ich hocke seit zwei Tagen in meiner Bude fest...ich könnte echt mal wieder einen Tapetenwechsel gebrauchen.“ „Okay?“ „Du kriegst doch sicher Angestelltenrabatt im Sundays oder?“ „Äh...ich denke schon.“ „Okay“, grinste Ulrike siegessicher und zog die Tür hinter sich zu, nachdem sie die Blumen in die Badewanne gelegt hatte, „du bist mir mehr als nur einen Kaffee schuldig. Gehen wir!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Luna horchte aufmerksam auf, als sie einen Schlüssel an der Wohnungstür stochern hörte und eilte so schnell es ihr Bauch zuließ zur Tür. Sie öffnete schwungvoll und blickte ihren Mitbewohner bemitleidend an. „Hey...wie geht es dir? Alles wieder gut zwischen euch? Willst du frühstücken? Ich habe dir Pfannkuchen übrig gelassen!“ Bryan blinzelte verwirrt, er war mehr als überrumpelt. Doch anstatt zu antworten duckte er sich an Luna vorbei und schlich sich wie ein getretener Hund in sein Zimmer. Das Mädchen blickte ihm noch kurz hinterher, fühlte dann eine Hand auf ihrer Schulter. „Geb ihm einfach ein bisschen Zeit...“, raunte Tala, „er wird schon bald wieder der alte sein...“ „Hoffentlich hast du Recht...ihn so zu sehen bricht mir das Herz.“ Tala schenkte ihr ein fürsorgliches Lächeln, streichelte ihren Kopf und zog sie mit sich mit zurück ins Wohnzimmer. „Ist er wieder da?“, wollte Spencer wissen und setzte sich von der Couch auf. „Fragst du das, damit du ihn gleich zur Schnecke machen kannst?“, erwiderte der Rotschopf. „Nein. Er scheint genug zu leiden. Ich wollte nur wissen ob er wieder gut zu Hause angekommen ist.“ „Fürsorglich wie immer“, lächelte Luna und setzte sich neben ihn. „Er ist mein bester Freund. Auch wenn ich im Moment sehr enttäuscht von Bryan bin, ich mache mir trotzdem auch Sorgen.“ „Das ist lieb von dir!“ „Danke.“ „Wie lange willst du ihn schmollen lassen?“ „Hm...“, überlegte der Riese und rieb sich sein Kinn, „der Kampf gegen diese Bladerin ist schon übermorgen...bis dahin wäre es nicht schlecht, wenn wieder alles beim Alten wäre.“ „Uiuiui! Dann sehe ich euch endlich mal in voller Live Aktion bladen!“, klatschte Luna erfreut in die Hände. „Tatsächlich?“ „Ja!“ „Nun ja. Dann wird es aber allerhöchste Zeit! Du wirst allerdings nur Kai und Tala kämpfen sehen. Bryan und ich haben ja bereits gegen sie verloren.“ „Sie?“ „Haben wir vergessen zu erwähnen, dass es sich bei dem extrem starken Blader um eine junge Frau handelt?“ „Dezent...“ Spencer zuckte entschuldigend mit seinen breiten Schultern, als Tala zurück ins Wohnzimmer kam und seinen Werkzeugkoffer für seinen BeyBlade auf dem Esstisch abstellte. Er warf seinem Teamkollegen einen vielversprechenden Blick zu, das Leuchten in seinen Augen ließ diese hell aufblitzen. Die Kampfeslust hatte Tala völlig in seinen Bann gezogen, und er fragte sich, ob es Kai in diesem Moment genau so erging. „Das letzte Mal, als du so entschlossen warst zu kämpfen, war gegen die BEGA“, bemerkte Spencer, während er seinen Teamchef dabei beobachtete, wie er seinen Wolborg in seine Einzelteile zerlegte, „nicht, dass du nie entschlossen gewesen wärst zu kämpfen!“ „Es ist bereits eine Weile her...“, raunte der Rotschopf und begutachtete seinen Blade, „wie sehr habe ich diesen Tag herbeigesehnt...“ „Ich dachte immer, dass du den Tag herbeisehnst, an dem unser Kind geboren wird“, scherze Luna gekränkt und hielt sich den Bauch. „Natürlich! Was ist denn das für eine Frage?!“ „Reg dich nicht immer gleich so auf, Schatz. Denk an deinen Blutdruck“, grinste die junge Frau und setzte sich auf die Kante der Couch, wo sie in ruhigen Bewegungen über ihre Kugel streichelte. „Ich dachte immer, dass du Feuer und Flamme bist auf einen Kampf gegen Kai...“, überlegte Spencer, um die Situation wieder aufzulockern, „hahaha! Feuer und Flamme gegen Kai! Verstehst du? Wegen Dranzer!“ „Sehr witzig“, winkte Tala ab, konnte sich ein Schmunzeln jedoch nicht verkneifen. In diesem Moment stieß Luna einen tiefen Seufzer aus, welcher die beiden Männer aufschrecken ließ. Sie hatte die Augen geschlossen und eine recht angestrengte Miene aufgesetzt, während sie immer noch ihren Bauch rieb. „Alles in Ordnung bei dir?“, erkundigte sich der Rotschopf und ging vor ihr auf die Knie. „Ist sicher nur eine Übungswehe...alles...gut...“, stöhnte Luna, „puh! Endlich vorbei! Man die war vielleicht heftig!“ „Du hast in letzter Zeit öfters solche Schmerzen...“ „Alles gut, Schatz. Ich habe Ende der Woche einen Termin beim Arzt bekommen, der wird dann nachsehen. Aber ich denke es ist alles gut!“ „Bei solchen Schmerzen?“ „Eine Schwangerschaft ist kein Spaziergang.“ „Bist du dir sicher?“, erkundigte sich der Rotschopf ein letztes Mal bei seiner Freundin, welche ihn nur abwinkte. „Habt Spaß zusammen. Ich werde später Amanda von der Arbeit abfangen und mit ihr ein Eis essen gehen. Aber vorher mach ich ein gutes Nickerchen!“ „Ist gut...“ „Wir können auch mit unseren Vorbereitungen warten, wenn du nicht alleine sein willst“, schlug der Riese vor. Luna lachte hell auf und warf den Kopf gen Nacken, so dass sie große Mühe hatte, sich wieder normal hinzusetzen. Sie hob ihre Beine in die Luft um somit Schwung zu holen und stemmte sich auf ihre Füße. „Tadaaa!“, jauchzte sie und hob beide Arme in die Luft, „seht ihr? Mir geht es gut! Solange ich noch alleine aufstehen kann...AH!“ Augenblicklich krampfte Luna heftig zusammen und ließ sich auf ihre Knie fallen. Sie schlang beide Arme um ihren Bauch und versuchte zwischen den schmerzenden Schreien genug Luft zu bekommen. „VON WEGEN DIR GEHT ES GUT!“, rief Tala außer sich, während Spencer wie aus Reflex sofort den Notarzt rief. „AAAH!“ Von dem ganzen Lärm verunsichert rannte Bryan ins Wohnzimmer und riss bei der Szene, welche sich ihm da bot die Augen erschrocken auf. Er ließ sich neben Tala auf die Knie fallen und legte beide Hände auf Lunas Rücken, wo er versuchte sie sanft zu massieren. „SCHEIßE! WAS ZUM...“, stöhnte Luna vor Schmerzen, doch dann blieb ihr schon der Atem weg, so dass sie mit hochroten Kopf hastig nach Luft schnappte. „Ich hab dir schon so oft gesagt, dass du deine Frau nicht zur Weißglut bringen sollst“, versuchte Bryan die Situation etwas aufzulockern. „Das sagst gerade DU zu MIR?!“, erwiderte der Rotschopf angriffslustig und funkelte seinen Mitbewohner gefährlich an. „SIE WOLLTE MEINE ENTSCHULDIGUNG NICHT, OKAY?!“, fauchte Bryan genervt und half Tala dabei Luna auf die Beine zu stemmen. „Jungs...“, raunte Spencer und verlor jede restliche Farbe im Gesicht. „SEIT JAHREN PREDIGE ICH DIR, DASS DU ENDLICH MEHR FEINGEFÜHL ENTWICKELN SOLLST! HAB ICH DIE GANZE ZEIT ETWA GEGEN EINE WAND GESPROCHEN??“ „DAS GEHT NUN MAL NICHT VON HEUTE AUF MORGEN!“, verteidigte sich Bryan. „JUNGS!“ Die beiden Streithähne hielten beide die Luft an, als der Riese einen schrilleren Schrei als Luna ausstieß und auf den Boden deutete. An der Stelle, wo Luna gerade noch gekauert war hatte sich eine mittelgroße Blutlache gebildet. Tala riss erschrocken die Augen auf und hatte Mühe, selber auf den Beinen zu bleiben. „Luna!! LUNA!!“ Vergebens. Die junge Frau hatte bereits das Bewusstsein verloren. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Louis verzog verärgert seine Miene, als er Ulrike und Johannes gemeinsam ins Sundays kommen sah. Während sein Arbeitskollege eine verunsicherte Haltung angenommen hatte strahlte Ulrike pure Selbstsicherheit aus, dass es schon fast provozierend war. „Willkommen im Sundays“, ratterte Louis seinen Text ab, „wir haben zur Zeit besonders besonders leckere Früchte im Angebot, die wir auch gerne zu einem Smoothie weiterverarbeiten...“ „Du strotzt ja vor Motivation“, bemerkte Ulrike schelmisch und ließ ihre Augen über die Bedientheke wandern, „habt ihr keine Avocado Frischkäse Sandwiches mehr?“ „Für heute nicht mehr.“ „Nun ja...ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass ihr auf Anfrage auch frisch belegt“, schmunzelte die junge Frau und warf Johannes einen vielsagenden Blick über die Schulter zu, woraufhin der Junge am liebsten im Erdboden versunken wäre. „Muss aber ein Vögelchen mit Sprachfehler gewesen sein“, grummelte Louis und blickte ebenfalls zu Johannes, „vielleicht hat es ja gelispelt oder gar gestottert?“ „Machst du mir nun ein Sandwich? Avocado und Frischkäse. Oh und einen Mango Joghurt Smoothie bitte auch noch. Seine Bestellung kommt auch noch dazu. Er bezahlt.“ Mit diesen Worten entfernte sich Ulrike von den beiden Männern und ließ sich auf einem Platz auf der Terrasse nieder, wo sie sich von der Sonne brutzeln ließ. „Alter...“, raunte Louis, während er und sein Kollege der Frau nachsahen, „so wie sie gelaunt ist musst du ja tierisch in der Scheiße sitzen. Was hast du denn angestellt?“ „Das Vögelchen hat keinen Hunger mehr...“, erwiderte Johannes und holte sich ein kühles Getränk aus dem Schrank hinter sich, „das Vögelchen bräuchte normalerweise einen ordentlichen Kräuterschnapps.“ „Vertragen Vögel überhaupt Alkohol?“, überlegte Louis und tippte alles in die Kasse ein. „Lass es einfach...denken tut dir nicht gut...“ „Ich habe in der letzten Nachtschicht vergessen die Kühlzelle zu schließen...der Chef ist verdammt sauer, weiß aber noch nicht, wer Schuld hat. Ich glaube, dass ich ihm sagen werde, dass du es warst.“ „Mach ruhig“, kommentierte Johannes schulterzuckend, „für den Lohn und mit den Kollegen fällt es mir echt nicht schwer, mit etwas anderes zu suchen. Außerdem...denke ich nicht, dass ich noch wirklich lange in dieser Stadt bleiben werde.“ Louis‘ Augen wurden vor lauter Überraschung immer größer, während Johannes gleichgültig auf sein Wechselgeld wartete. Als er endlich gegenüber von Ulrike Platz genommen hatte und diese wegen seiner mauen Bestellung ein leicht ironisches Kommentar von sich ließ seufzte der junge Mann schwer. „Hast du ein letztes Geld etwa für die Blumen für mich ausgegeben, dass du dir für die nächsten zwei Wochen nichts mehr zu essen leisten kannst, hm?“ Als wäre das noch nicht kränkend genug gewesen setzte sie zusätzlich dazu ein schelmisches Grinsen auf, was bei Johannes den Geduldsfaden auf übelste Weise strapazierte. „Jetzt wo du es erwähnst...ja. Ich habe für den Strauß definitiv zu viel ausgegeben, wenn ich bedenke, dass ich eigentlich nichts angestellt habe. Oder schenkst du etwa Bryans Worten Glauben?“ Ulrike hielt kurz inne, nachdem Johannes sich so ruhig und gewählt ausgedrückt hatte. Irgendwo imponierte es ihr sogar. „Nein“, kicherte sie schließlich, „ich kenne Bryan schon zu lange, als ob ich dem was er sagt noch Glauben schenken könnte. Er malt sehr gerne über den Rand.“ „Jetzt frage ich mich erst recht, warum ich mit einem schlechten Gewissen dir den Strauß gekauft habe.“ „Du hast dich immerhin auf die Wette eingelassen!“ „Oh stimmt ja! Ich bin ein schwanzgesteuertes Wesen, das beim Anblick von weiblichen Geschlechtsmerkmalen keine funktionstüchtige Gehirnzelle mehr aufzuweisen vermag“, scherzte Johannes und verschränkte die Arme vor der Brust, „wenn du ernsthaft kein Interesse an mir gehabt hättest, dann hättest du mich auch nie zu dem Abend von vor zwei Tagen eingeladen. Du wolltest sehen, wie sehr meine Anwesenheit Bryans Interesse für dich anstachelt. Konkurrenz belebt ja für bekanntlich das Geschäft.“ „Du...“, Ulrike starrte Johannes jetzt fassungslos an. War ihr wirklich noch nie vorher aufgefallen, wie gewählt er sich ausdrücken konnte? Oder war sie mittlerweile so von Bryans Gelaber beeinträchtigt, dass ihr das schon gar nicht mehr auffiel. Während sie panisch in ihrem Kopf versuchte auch nur ansatzweise an die Ausdrucksweise heranzukommen, welche ihr Johannes gerade darbot studierte sie seine Körperhaltung. Er saß ganz anders da, als an jenem Abend, als sein Autoschlüssel in den Gulli gefallen war. Er wirkte auch bei weitem nicht mehr so niedergeschlagen und devot. Hatte der besagte Abend von vor zwei Tagen das bei ihm bewirkt? Oder hatte er sich die ganze Zeit über verstellt?! „Du hast gewusst, dass ich Bryan eifersüchtig machen wollte?“, erkundigte sich Ulrike und ließ mehr Schuldbewusstsein durchdringen, als ihr lieb war. „Natürlich.“ „Woher? Hat er es dir etwa gesagt?“ „Dein Blick“, kommentierte Johannes und nahm einen Schluck, „gleich nachdem du mich begrüßt hattest. Den Blick, welchen du ihm zugeworfen hast.“ Fassungslos starrte Ulrike nun auf ihre Hände. Er hatte sie eiskalt erwischt. War sie tatsächlich so sehr damit beschäftigt gewesen, Bryan eifersüchtig zu machen, dass sie alles um sich herum ausgeblendet hatte? „Eigentlich bist du jetzt an der Reihe.“ Das Mädchen schreckte aus ihrem tiefen Gedankengang hoch. „Mit was?“ „Dich bei mir zu entschuldigen“, befahl Johannes schon fast. „Bitte was?!“ „Du hast mich schon verstanden. Ich bin ein netter Kerl. Ich bin auch sehr blauäugig, das weiß ich. Aber ich lasse mich nicht ausnutzen und schon gar nicht, wenn man jemand anderes damit auch noch beeinflussen will.“ „Warst du in den letzten zwei Tagen in einem Fortgeschrittenen Kurs in gehobener Wortwahl und Aussprache oder welche Sicherung ist bei dir durchgebrannt, dass du dich jetzt so vornehm ausdrücken kannst?“ „Ich bin nicht der, für den ich mich ausgegeben habe, das ist richtig“, bejahte Johannes und legte den Kopf ein wenig schief, „eigentlich schon, allerdings habe ich einiges weggelassen.“ „Und das wäre?“, erkundigte sich Ulrike und verschränkte nun ihre Arme vor der Brust. „Dafür müsste ich lange ausholen“, schüttelte der junge Mann seinen den Kopf, „es ist alles etwas komplizierter, als ich es anfangs gesagt habe.“ „Oh, glaub mir! Ich habe Zeit!“, entgegnete das Mädchen mit einem Raunen, „und ich denke, dass du mir das schuldig bist!“ „Keineswegs. Ich bin dir rein gar nichts schuldig.“ Ulrike öffnete entsetzt ihren Mund um ihrem Gegenüber irgendetwas an den Kopf zu werfen, sofort zu kontern war normalerweise ihre Stärke. Aber wenn sie Johannes jetzt so vor sich sitzen sah und hörte, wie gewählt er sich ausdrückte fehlten ihr glatt die Worte. Hatte er sie etwa eingeschüchtert? Johannes verdrehte kurz die Augen und seufzte tief, bevor er sich angestrengt sie Schläfen rieb. „Bist du ein Verbrecher oder so was?“, flüsterte Ulrike schließlich und lehnte sich weit über den Tisch vor. „Was? Nein! Um Himmels Willen so schlimm ist es gar nicht.“ „Warum zögerst du dann immer noch?“, das Mädchen klopfte mit der flachen Hand ungeduldig auf die Tischplatte, „ich warte immer noch auf eine Erklärung, Johannes. Und ich werde nicht ehr gehen, bevor ich nicht Klarheit habe!“, versprach Ulrike mit einem verschwörerischen Unterton. Der Junge ließ sich mit einem tiefen Seufzer in den Stuhl sinken und legte seine Hände auf seine Oberschenkel, während er seinem Gegenüber tief in die Augen blickte. Nach einigen Minuten des Schweigens setzte er sich wieder gerade auf und zupfte sein Hemd zurecht, bevor er einen kräftigen Schluck seines Getränks nahm. „Ich...“, hauchte er schon fast und guckte kurz auf die Tischplatte. „Meine Augen sind hier oben, Johannes“, erinnerte ihn Ulrike und deutete auf ihr Gesicht. „Ich heiße nicht Johannes Bachmeister“, schoss es plötzlich aus dem Jungen heraus und er sah dem Mädchen tief und entschlossen in die Augen, „mein richtiger Name lautet Adrian Dejeaun.“ Für einen kurzen Moment stockte Ulrike der Atem und sie hielt in ihrer Bewegung inne, dann schien sie zu überlegen. „Verarsch mich nicht“, grinste sie schließlich und schüttelte den Kopf, „das ist der Name von dem leckeren Wein, welchen ein normal Sterblicher kaum bezahlen kann. Da musst du leider etwas früher aufstehen.“ „Das stimmt, dass das der selbe Name wie der Wein ist. Ich bin der Sohn von Pierre und Genevieve Dejeaun und somit der Erbe des Weingutes. Meine Familie ist die drittmächtigste in dem Chevalier Clan, welchem ich jedoch schon vor einigen Monaten aus freien Stücken verlassen habe.“ „Selbst wenn das wahr sein sollte...warum auch immer lässt man all dies hinter sich und jobbt in einem Laden wie dem Sunday‘s?“ „Das würden sie alle fragen“, lachte der Junge traurig auf, „alle, die keine Ahnung davon haben, wie es in so einem Clan zugeht. Warum? Wieso? Weshalb?“ „Und was ist deine Ausrede?“ „Wieso Ausrede? Das ist die Wahrheit!“ „Aha. Kannst du das auch beweisen?“ „Nein.“ „Aha. Und wieso nicht?“ „Weil jedem ehemaligen Mitglied der Chevalier es strengstens untersagt ist, mit den anderen Clan Angehörigen Kontakt aufzunehmen.“ „Würde zumindest dein Verhalten erklären. Wieso du dich plötzlich so hochnäsig ausdrücken kannst und so formell dasitzt.“ „Du glaubst mir also?“, erhellte sich Adrians Mine. „Nö.“ „Wie nö? Warum nicht?“ „Sorry aber so eine Story ist mir auch noch nicht untergekommen. Und ich habe schon viel Gehört!“ „Story? Du bist immer noch der Meinung, dass ich lüge?!“ „Ja. Schade. Ich fande dich Anfangs echt nett.“ „Wieso glaubst du mir jetzt nicht?“, klang Adrian schon fast verzweifelt. „Oh...vielleicht weil mein Vater der Osterhase ist? Ach, und meine Mutter ist übrigens die Zahnfee!“ „Mach dich nicht über mich lustig! Du wolltest die Wahrheit und ich habe sie dir gesagt.“ „Ja nur leider ist es für mich völlig unverständlich, wie man sein angebliches Erbe, wo es sich lediglich um eines der größten Weingüter weltweit handelt einfach so hinter sich lässt?“ Adrian ließ wortlos die Schultern hängen und blickte starr an Ulrike vorbei. Mittlerweile hatte sich der Himmel zugezogen und drohte sich in nur wenigen Minuten über die Welt zu ergießen. War das jetzt also alles umsonst gewesen? Hatte Adrian seine wahre Identität völlig gratis preisgegeben? Er hatte sich die Enthüllung seiner Person eigentlich viel dramatischer vorgestellt, so wie dass sich alle Anwesenden hektisch zu ihm umdrehten mit ihren Händen auf den Mund gepresst, oder gar schnappartig Luft holten. „Denkst du dir jetzt eine bessere Ausrede aus? Oder überlegst du dir, mir endlich die Wahrheit zu sagen?“ „Es ist doch vollkommen egal, für was ich mich entscheiden würde, du glaubst mir ja eh nicht“, raunte Adrian und stand auf, „leb wohl, Ulrike. Ich hoffe, dass du und Bryan doch noch zueinander findet und glücklich werdet...“ Mit dieser Verabschiedung wandte sich der Junge ab und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Dicke Regentropfen stürzten sich wie ein Himmelfahrtskommando auf die Erde nieder und überrumpelten jeden Bewohner der Stadt, der in den letzten zehn Minuten nicht gen Firmament geblickt hatte. Auf Grund dessen, das es mittlerweile Mitte Juli und für heute auch gar kein Regen gemeldet war trug natürlich auch niemand einen Regenschirm bei sich. „Oh verflucht!“, meckerte Mirka und stellte sich bei einer großen Trauerweide im Park unter. Ihre weiße Bluse erhielt durch die dicken Regentropfen ein neues Muster und dadurch, dass sie lediglich Riemchensandalen trug waren ihre Füße bereits nach nur wenigen Metern nass gewesen. Die junge Russin warf sich mit einer gekonnten und dennoch eleganten Handbewegung die nassen Haare über die ebenso nasse Schulter und versuchte einzelnen Tropfen auszuweichen, welche durch den starken Wind zu ihr getragen wurden. „Verdammt!“, fluchte sie und trat näher an den Stamm heran in der Hoffnung, dort weniger feucht verharren zu können. Inzwischen rannten nur noch vereinzelt Menschen durch den Park, viele hatten bereits Schutz vor dem Regen gefunden, ein paar wenige fanden sich sogar damit ab nass zu werden und liefen völlig normal weiter. Mirka seufzte genervt und legte den in Papier gepackten Blumenstrauß kurz zu Boden, damit sie in ihrer Handtasche nach dem Handy suchen konnte. „Kai soll sich keine Sorgen machen, wenn ich mal nicht pünktlich nach Hause komme...“, murmelte sie und tippte eine schnelle Nachricht an ihren Gatten, dass sie sich wegen des Wetters um ein paar Minuten verspäten würde. Kurz darauf kam auch schon eine Antwort, in der Kai fragte, ob er sie irgendwo mit dem Auto abholen könnte. Klar!, lachte die junge Frau innerlich. Das möchte ich sehen, wie du mit dem schwarzen Mercedes mitten in einen Park gefahren kommst! Mirka konnte bei dem Gedanken ein Kichern nicht mehr unterdrücken und erhob sich wieder zu ihrer vollen Größe, woraufhin ein Passant mit ihr zusammen stieß, der sie vorher nicht gesehen hatte. „Aua!“, gab das Mädchen von sich, nachdem sie sich wieder seitlich aufgesetzt hatte. „Das tut mir so leid! Sind Sie verletzt?!“, fragte die männliche Stimme und reichte Mirka eine Hand. „Nein...schon gut...aber ich dachte immer, dass 1,53 Meter nicht so leicht zu übersehen wären...“ Sie nahm dankend die Hand entgegen und sah nun zum ersten Mal in das Gesicht des Passanten. Augenblicklich wurden ihre grauen Augen immer größer, ihren Körper durchfuhr es wie ein kribbelnder Stromschlag und die Hände begannen zu zittern. „Du…!“, raunte sie so leise, dass es sich wie Unterwasser anhörte. „Oh shit!“ Es können nur wenige Sekunden gewesen sein, in denen sich Mirka und Adrian tief in die Augen blickten, dennoch fühlte es sich wie eine Ewigkeit an. Für beide. „D...das war keine Absicht!“, wehrte er schnell ab, nachdem der junge Mann sich als erstes wieder gefangen hatte, „wirklich nicht!“ Schnell zog er Mirka nach oben, jedoch zu schnell, so dass sie sofort wieder das Gleichgewicht verlor und gegen Adrian fiel. „Vorsicht!“ Gerade noch so fing er sie in einer halben Umarmung auf, in welcher Haltung sie erneut für einige Sekunden verharrten. „Oh man...noch beschissener kann mein Tag doch gar nicht werden...“, fluchte der Franzose, „Kai wird mich umbringen!“ „KAI!“, rief Mirka erschrocken aus, stieß sich von Adrian weg und blickte auf ihr Handy. Natürlich hatte er geschrieben, dass er sie holen würde. Dank der Tracker App wusste er ja schließlich auch, wo sie sich gerade befand… „Zuverlässig wie kein Anderer“, grinste die Russin und wandte sich zu Adrian um, welcher plötzlich gut 30 Meter weiter gegangen war, „hey! Warte!“ „Worauf denn?“, rief er ihr durch das Rauschen des Regens laut entgegen, „etwa auf die Garde du chevalier, damit sie mich festnehmen können? Oder auf deinen Ehemann? Klar sicher!“ „Adrian, so warte doch!“ Mirka hob die Blumen vom Boden, zog ihre Sandalen aus und rannte ihm ein Stück entgegen, zumindest so schnell wie es ihr der Regen zuließ. Als Adrian die platschenden Geräusche hinter sich bemerkte und über die Schulter schielte konnte er ein wütendes Schnauben nicht unterdrücken. „Spinnst du?! Hau ab, Mirka!“ „Ich muss dir was sagen!“ „Schon vergessen, dass ich allein schon für das Zusammenstoßen mit dir bestraft werden kann, obwohl es nicht mal MEINE Absicht war?“ „Du wirst nicht bestraft werden!“ „Klar doch! Es ist noch nicht mal ein ganzes Jahr her und du willst mir weiß machen, dass ihr innerhalb kürzester Zeit den hohen Rat gestürzt und neue Regeln aufgestellt habt?“ Mirka blieb drei Meter hinter ihm stehen, stampfte wütend mit einem Bein auf den Boden und holte tief Luft. „ADRIAN! BLEIB STEHEN!“ Erschrocken wandte sich der junge Franzose um und weitete seine Augen. Auch Mirka drehte sich in der Hüfte nach hinten, denn es war nicht sie gewesen, die so laut gerufen hatte. Es war für eine Weile nur das Rauschen des Regens zu hören, während sich alle drei von dem oben kommenden Nass berieseln ließen. „Kai Hiwatari...“, raunte Adrian eingeschüchtert und seine Miene verdunkelte sich. „Du bist es wirklich...und ich musste dich nicht mal suchen.“ „Ich wusste gar nicht, dass du mich so sehr vermisst hast“, belächelte Adrian die Situation traurig, „ich werde jetzt gehen. Geb mir wenigstens noch ein paar Minuten Vorsprung, bevor du die Garde du chevalier rufst.“ Mit diesen Worten wandte sich Adrian zum Gehen ab, nachdem er Mirka und Kai Hiwatari ein letztes Mal ein schelmisches Grinsen geschenkt hatte. Kapitel 13: Kapitel 13 ---------------------- „ICH WILL SOFORT MIT DR. HIWATARI SPRECHEN!“, rief Tala wütend die Krankenschwester an, welche ihr Klemmbrett schützend vor ihr Gesicht hielt. „Ich habe Ihnen doch schon drei Mal gesagt, dass der Doktor nicht für die Gynäkologie zuständig ist!“ „Haben Sie ihm schon gesagt, dass Tala Iwanov nach ihm verlangt?“ „Tala“, murmelte Spencer und legte eine Hand auf dessen Schulter, „ich kann mir nicht ansatzweise vorstellen, wie du dich gerade fühlst, doch wir sind hier nicht ganz alleine...“ Andere Patienten schielten ängstlich aus ihren Zimmern, während andere Ärzte und Schwestern fassungslos und kopfschüttelnd auf den Rotschopf starrten. „Komm schon...lass uns wieder zurück ins Zimmer gehen...“, schlug Spencer vor und zog Tala vorsichtig mit sich. „Für Ihre Frau wird bereits gesorgt, Herr Iwanov. Wir können im Moment auch nicht mehr für sie tun, als abwarten...“, entschuldigte sich die Krankenschwester kleinlaut und senkte das Klemmbrett ein bisschen. „Ich will, dass Dr. Daniellé Hiwatari zu mir kommt“, fauchte Tala sie ein letztes Mal an, bevor er sich vom Riesen endgültig ins Krankenzimmer ziehen ließ. „Es bringt dir doch nichts, wenn du die Leute immer gleich anschreist, während sie versuchen ihren Job zu machen“, tadelte Spencer und führte den Teamchef zum Krankenbett, in welchem Luna krampfend lag. Sie war am diverse Geräte angeschlossen worden, sowie einen Tropf für gegen die immer noch anhaltenden Wehen und einen für die Schmerzen. Tala beugte sich zu ihr runter und streichelte ihr eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Du wirst hier bei ihr bleiben“, entschied Spencer und blickte entschlossen zu Bryan, welcher gleich neben Lunas Bett saß und ihre Hand hielt, „wir beide mit Kai sind praktisch auch unbesiegbar und werden es noch einmal mit dieser Bladerin aufnehmen!“ Bryan nickte nur zustimmend. Tala hingegen reagierte erst gar nicht darauf, er hatte seinen Blick auf Luna geheftet und war wie in einer anderen Welt. „Tala…?“ „Hm?“ „Bist du damit einverstanden?“ „Mit was?“ „Das Bryan und ich mit Kai antreten.“ „Ich weiß es nicht. Auf der einen Seite will ich auch kämpfen! Ich bin der Teamchef! Was würde das über mich aussagen, wenn ich nicht antreten würde?“ „Du hast im Moment ganz andere Sorgen“, bemerkte Bryan nun endlich, „selbst Kai würde dir da keinen Vorwurf machen.“ „Meinst du?“ „Würdest du es tun, wenn er an deiner Stelle wäre?“ „Nein. Nein das würde ich nicht. Warten wir ab, was heute noch rauskommt. Ich möchte das mit Luna absprechen.“ „Du hast ja noch zwei Tage...“ Tala nickte und ließ sich auf den Stuhl neben dem Bett nieder. Genau in diesem Moment klopfte es an der Tür und ein großgewachsener Mann mit Arztkittel trat ein. „Sieh mal einer an“, grinste er und trat an die Russen heran, „wieso rennen die Krankenschwestern eigentlich jedes mal wie aufgescheute Hühner durch das komplette Krankenhaus, wenn ihr da seid?“ „DANNY!“, riefen die drei Jungs im Chor. „Hallöchen.“ „Warum hat das denn so lange gedauert?“, beschwerte sich Tala und zeigte auf die junge Frau, welche kreidebleich im Bett lag, „die hat immer noch große Schmerzen! Und unser Kind…!“ „Im Moment können wir leider nur abwarten...“ „Wiederholst du jetzt nur, was die anderen uns schon alles gesagt haben?“ „Nein. Ich sage das, weil ich mir gerade eben die Akte von Luna durchgelesen habe.“ Der Rotschopf seufzte niedergeschlagen und ließ die Schultern hängen, während Daniellé eine bestimmte Seite ihrer Krankenakte aufschlug. „Dieser Wert hier beunruhigt mich etwas, also habe ich einige Untersuchungen angeordnet.“ „Wirst du dies durchführen?“ „Da du mit jeden anderen Arzt, der übrigens ebenfalls dafür qualifiziert ist kurzen Prozess. Und da sich das Krankenhaus in so kurzer Zeit so viele neue Ärzte und Spezialisten nicht leisten kann bleibt mir ja keine andere Wahl.“ „Danke, Danny.“ „Keine Ursache“, nickte der Arzt anerkennend und klappte die Akte wieder zu, „wie mir zu Ohren gekommen ist, habt ihr in weniger als 48 Stunden einen wichtigen Kampf?“ „Woher…?“ „Zufällig ist mein Sohn ebenfalls ein sehr begeisterter Anhänger dieses Sports. Daher weiß ich das.“ „Ich möchte das trotzdem noch mit Luna besprechen...“, murmelte Tala. „Leider kann ich dir zu diesem Zeitpunkt nicht versprechen, dass sie bis dahin anzusprechen ist...ich gebe dir mein Wort, dass ich regelmäßig nach ihr sehen werde.“ „Das würdest du tun?“, rief Bryan begeistert aus und auch Spencers Miene hellte sich sichtlich auf. „Da ihr gute Freunde von Kai seit ist das selbstverständlich. Ich kann nichts versprechen, aber ich kann mein Bestes geben!“ „Wir sind gute Freunde von Kai?“, wiederholte Bryan skeptisch, „echt jetzt?“ „War zumindest seine Aussage.“ „ECHT JETZT?!“ Daniellé nickte bestätigend und bat Spencer und Bryan kurz den Raum zu verlassen, damit er sich kurz mit Tala alleine unterhalten konnte. „Mir dreht sich der Magen um, wenn du alleine mit mir reden willst...“, raunte der Rotschopf und hob seinen Kopf dem Arzt entgegen, „ist es wirklich so schlimm?“ „Wir haben auf dem letzten Ultraschallbild einen auffälligen Fleck entdeckt, den wir leider nicht zuordnen können...“, begann Daniellé und setzte sich neben Tala um ihn besagtes Bild zu zeigen, „unter normalen Umständen würden wir sagen, dass es sich hierbei um einen zweiten Embryo handelt. Doch Aufgrund des bereits so weit fortgeschrittenen Schwangerschaftsverlauf kann dies unmöglich sein.“ „Es...es ist noch...noch ein Baby? Also zwei??“ „Eben nicht. Sämtliche Untersuchungen ergeben dasselbe Ergebnis: es ist knochenloses Gewebe.“ „Was...und was heißt das...für Luna?“ „Wir werden eine Gewebeprobe nehmen. Das mach ich natürlich selber. Dann können wir mehr sagen.“ „Okay.“ „Hat der Arzt euch in Russland nichts darüber gesagt?“ „Da war nie etwas auf den Bildern zu sehen...“, überlegte Tala und blickte noch einmal auf das aktuelle Bild, „nein...so was war da vorher nie zu sehen...“ Daniellé setzte eine besorgte Miene auf. „Dann werde ich die Biopsie vorziehen. Je ehr wir wissen was das ist umso besser können wir reagieren.“ „Das hört sich nicht gut an.“ „Deinem Baby geht es im Moment sehr gut. Es hat einen stabilen Herzschlag und scheint schön kräftig zu sein“, munterte der Arzt den Teamchef der Blitzkrieg Boys auf und klopfte auf seine Schulter, „geh nach Hause und bereite dich auf deinen Kampf vor. Und wehe du gewinnst nicht!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Kai Hiwatari...“, raunte Adrian eingeschüchtert und seine Miene verdunkelte sich. „Du bist es wirklich...und ich musste dich nicht mal suchen.“ „Ich wusste gar nicht, dass du mich so sehr vermisst hast“, belächelte Adrian die Situation traurig, „ich werde jetzt gehen. Geb mir wenigstens noch ein paar Minuten Vorsprung, bevor du die Garde du chevalier rufst.“ Mit diesen Worten wandte sich Adrian zum Gehen ab, nachdem er Mirka und Kai Hiwatari ein letztes Mal ein schelmisches Grinsen geschenkt hatte. „Ich habe dir befohlen, stehen zu bleiben!“, rief Kai erneut, woraufhin Adrian schallend auflachte. „Natürlich! Wer bist du? Meine Mutter?!“, erwiderte er sarkastisch und lief einfach weiter durch den strömenden Regen. Mirka trat neben ihren Mann und blickte dem jungen Franzosen traurig hinterher. „Ist alles in Ordnung bei dir?“, erkundigte sich Kai nach ihrem Wohlbefinden. „Ja“, nickte sie, „er ist lediglich mit mir zusammengestoßen, als er selber Schutz vor dem Regen gesucht hatte. Das wäre jedem passiert...“ „Nun...das nenn ich Schicksal“, schmunzelte Kai und holte noch einmal tief Luft, „hey Adrian! Ich würde dir gerne ein Angebot machen, welches dich sehr interessieren könnte!“ „Boah nö...ich habe für heute genug von allen. Lass mich in Ruhe!“ „Er klingt wie du vor ein paar Jahren“, schmunzelte Mirka und warf Kai einen belustigten Blick zu, „was wirst du jetzt machen? Lässt du ihn ziehen?“ „Ich tackle ihn einfach“, entschied ihr Mann und zog sein Jackett aus, welches er ihr überreichte, damit er die Ärmel seines Hemdes hochkrempeln konnte, „wenn er unter mir auf dem Boden liegt muss er mich anhören.“ „Schatz du vergisst, dass Adrian gut drei Köpfe größer ist als du...und wahrscheinlich 15 Kilo schwerer.“ „Ich schätze 20. Aber hey! Wo bleibt denn da die Herausforderung für mich?“, grinste Kai und sprintete los. In wenigen Sekunden hatte er Dejaun eingeholt und warf sich mit seinem vollen Gewicht gegen ihn, woraufhin beide Männer zu Boden fielen. Wie eine Katze wandte sich Adrian geschickt unter Kai, so dass er gleich auf dem Rücken lag und nahm eine verteidigende Haltung ein. Mirkas Mann packte jedoch seine Handgelenke und zog sie ächzend auseinander, legte Adrians Gesicht frei und starrte in die hellgrünen Augen unter sich. Mit knurrenden Geräuschen versuchte sich der unten liegende noch ein paar Mal zu befreien, was ihm einmal beinahe gelang, doch Kai lehnte sich mit seinem vollen Gewicht dagegen. „Fuck!“, fluchte Adrian, „du bist ganz schön fett geworden, seit du verheiratet bist!“ „Was soll ich sagen“, grinste Kai ächzenden, „meine Gattin ist eine ausgezeichnete Köchin!“ „Willst du jetzt, dass ich dich ficke, oder warum sitzt du wie eine Frau auf mir?“ „Ich will den Garde du chevalier einen unvergesslichen Anblick liefern“, meinte Kai ziemlich tonlos, doch als er bemerkte wie Adrians Augen sich vor Furcht weiteten lenkte er sofort ein, „ich sagte doch schon, dass ich ein Angebot für dich habe. Nur du wolltest einfach nicht stehen bleiben und somit musste ich Gewalt anwenden...“ „Ihr Hiwataris seit dafür bekannt, dass ihr zur Not Gewalt anwendet um zu bekommen was ihr wollt“, ächzte Adrian unter einem letzten Versuch Kai von sich runter zu rollen, „siehe Beispiel A!“ „Hörst du mir nun zu oder nicht?“ „Gehst du vorher endlich von mir runter?“ „Läufst du wieder weg?“ Adrian und Kai blickten sich noch einmal tief in die Augen, während Mirka inzwischen zu ihnen gelaufen war, das Jackett ihres Mannes über ihren Kopf gespannt. „Nein...nein ich laufe nicht mehr weg...und selbst wen! Du schmeißt dich ja eh wieder an mich...“ „Ich wusste schon immer, dass ich eine umwerfende Wirkung auf dich habe“, lachte Kai, stand auf und half seinem Gegenüber wieder auf die Beine, „lass uns nur wohin gehen, wo es etwas trockener ist als hier...okay?“ Eine halbe Stunde später öffnete sich für Adrian zum ersten Mal die Tür zu Kai und Mirkas Wohnung, was den jungen Franzosen zu einer Salzsäule erstarren ließ. Er starrte die überwiegend weiße Einrichtung an, die hochwertigen Möbel, welche durch indirekte Beleuchtung noch mehr zur Geltung kamen. „Heilige...Scheiße...“, flüsterte er anerkennend, „was für ein Palast...“ „Gefällt es dir?“, erkundigte sich Mirka und stellte ihre Blumen in die Kristallvase. „Für meinen Geschmack etwas zu weiß...oh shit! Ist das Marmorboden?!“ „Ja.“ „Ihr Hiwataris wisst echt mit euren Geld anzugeben!“ „Ich nehme das jetzt als Kompliment“, kicherte Kai und wies Adrian auf eine Tür hin, „da ist das Badezimmer. Ich bezweifle zwar, dass dir Klamotten von mir passen werden...aber ich kann jemanden schnell was für dich besorgen lassen.“ Adrian warf Kai einen kleinen Schlüsselbund zu und nannte ihn seine Adresse. „Wie jetzt? Du hast all die Zeit hier in der Gegend gewohnt?!“ „Ja.“ Das Pärchen warf sich einen vielsagenden Blick zu, bevor Kai auf seinem Handy eine Nummer wählte und den Auftrag aufgab. „Jetzt verstehe ich auch, warum ich die ganze Zeit von dir geträumt habe, wenn du immer in meiner Nähe warst“, gestand Mirka. „Du hast von mir geträumt?“, schielte Adrian zu der Frau, „also das nehm ich jetzt als Kompliment!“ „Bilde dir nichts darauf ein“, kommentierte Kai und zeigte auf seine Nase, „sie ist einmal im Schlaf gewandert und dachte ich sei du. Das ist das Ende der Geschichte.“ Adrian pfiff anerkennend und nickte Mirka bejahend zu. Kai deutete erneut auf die Türe zum Badezimmer, woraufhin Dejeaun breit grinsend seine Schuhe auszog und in das großzügige Bad ging. „HEILIGER BIMBAM! Wie könnt ihr nur hier wohnen?! Ich trau mich ja kaum mir hier die Hände zu waschen!“ Mirka warf ihren Gatten einen zweifelnden Blick zu, welchen dieser sofort abwinkte. „Keine Sorge. Ich denke nicht, dass er irgendeine Dummheit anstellen wird.“ „OH MEIN GOTT!! DIE DUSCHE HAT JA MEGA VIEL WASSERDRUCK! UND SOFORT HEIßES WASSER!!“, jauchzte der junge Mann aus dem Badezimmer. „Nope. Er ist erst mal beschäftigt“, grinste Kai und küsste Mirka beruhigend auf die Schläfe. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Luna blinzelte ein paar Mal, bevor sie ihre Augen richtig öffnete und sah sich verwirrt in ihrem Zimmer um. „Na Prinzessin?“, lächelte Daniellé fürsorglich und legte das Buch beiseite, „gut geschlafen?“ „Bin ich im Krankenhaus?“ „Jupp. An was kannst du dich erinnern?“, erkundigte sich der Doktor und machte einen kurzen Gesundheitscheck mit ihr. „Wir saßen im Wohnzimmer...wir...wir haben uns über das Match unterhalten...“ „...hast du noch Schmerzen?“ In diesem Moment schreckte Luna leichenblass hoch und fasste sich hektisch an den Bauch. „Keine Angst...deinem Baby geht es gut.“ Erleichtert ließ sich das Mädchen wieder ins Kissen sinken und atmete ein paar Mal tief durch. Daniellé überprüfte den Tropf sowie den Wehenschreiber und nickte zustimmend. „Ja. Alles in Ordnung.“ „Was ist passiert?“ „Das kann ich dir im Moment leider nicht sagen. Wir werden in der nächsten Stunde einige Untersuchungen machen um Klarheit zu bekommen.“ „Bist du neuerdings in der Gynäkologie?“, fragte sie und lächelte müde, „ich dachte immer, du wärst Unfallchirurg.“ „Bin ich auch. Bedanke dich bei deinem Mann...der hat genug Unruhe verursacht, bis er mich als deinen Arzt bekommen hat.“ „Tala ist sehr ängstlich, seit wir wissen, dass ich schwanger bin...“, seufzte Luna, „in den ersten Monaten ist er mir nie von der Seite gewichen, weil er Angst hatte, dass ich das Weite suche.“ „Kannst du es ihm verübeln, bei der Vorgeschichte?“ „Nein...nicht wirklich...“ Daniellé klappte den Rahmen des Bettes hoch und rief sich einen Krankenpfleger zur Hilfe, bevor sie gemeinsam Richtung Untersuchungsräume aufbrachen. In der Zwischenzeit unterhielt sich Kais Vater im verwirrenden Fachchargon mit dem Pfleger, welcher immer nur aufmerksam nickte. Als sich die Aufzugtüre wieder öffnete lächelte Daniellé Luna beruhigend an und tätschelte ihre Schulter. „Keine Sorge...wir haben alles im Griff.“ „Welche Chancen hat das Baby, falls es jetzt kommen sollte?“, fragte das Mädchen vorsichtig und krallte sich mit beiden Händen in die Decke. Augenblick stutzte der Arzt und blickte verwundert drein: „Ich sage dir gerade das wir alles im Griff haben und du wirst zum Schwarzmaler?“ „Welche Chancen Danny?“ „Derzeit liegt die Überlebenschance ab der 24. Woche bei 50:50...“ „Das klingt nicht gut...“ „Luna! Was ist los?“, wollte Danny energisch wissen und schickte den Pfleger schon mal vor, „es wird alles gut! Wir sind mit einer der besten Frühchenstation ausgerüstet und haben zwei der top Spezialisten des Landes im Haus. Was genau veranlasst, dass du jetzt plötzlich Zweifel bekommst?“ „Da ist etwas...“, murmelte die Frau und zog die Decke bis an ihr Kinn. Daniellé hielt inne und blickte ihr ins Gesicht, während Luna starr an die Decke sah. „Hab ich nicht Recht? Da ist noch etwas...“ „Seit wann spürt du es?“ „Noch nicht lange. Vielleicht seit 10 Tagen? Jedes Mal wenn sich das Baby bewegt fühlt es sich so an, als würde es von irgendwas gestoppt werden...oder gegen irgendwas treten...das ist doch nicht normal, oder?“ Daniellé atmete tief durch und lehnte sich gegen den Rahmen des Bettes. „Pass auf...wir haben einen Fleck gesehen, wahrscheinlich ist es gutartig. Solange das Baby bis zur 34. Woche ungehindert wachsen und sich entwickeln kann hast du nichts zu befürchten.“ „Noch so lange?“ „Ich biopsiere das Gewebe in deiner Fruchtblase. Dann können wir nach einem Medikament suchen, mit welchem das Wachstum des Fremdkörpers im Zaum gehalten wird, vielleicht sogar wieder zum schrumpfen veranlasst.“ Luna stieß die Luft zittrig aus und zog de Decke noch ein Stückchen höher. Danny biss sich auf die Unterlippe, fuhr das Krankenbett weiter in den Untersuchungsraum und blieb neben Luna stehen. „Weißt du was ich immer mache, wenn ich fürchterliche Angst überwunden habe?“ „Was denn?“ „Ich esse einen riesigen Eisbecher.“ Luna lachte herzhaft auf und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Wenn wir die heutigen Untersuchungen hinter uns haben, dann ruf ich meine Frau an und die soll und zwei Riesenportionen Eis mitbringen! Was hältst du davon?“ „Klingt echt gut. So machen wir es!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Adrian schlüpfte in seine Trainingshose und zog sich sein Shirt über, bevor er aus dem dampfenden Badezimmer schlenderte und sich neben Kai an den langen Esstisch niederließ. „Das war geil!“, stöhnte er zufrieden und nahm dankend das kalte Getränk entgegen, welches der andere Junge ihm entgegen schob, „also...was ist so wichtig, dass du mich zu Boden gerungen hast?“ „Soll ich es dir frei raus sagen oder ehr durch die Blume?“, wollte Kai schmunzelnd wissen, während Adrian einen kräftigen Schluck nahm. Sein gegenüber zuckte während des Trinkens gleichgültig mit den Schultern, somit lehnte sich Kai weit über den Tisch und faltete seine Hände, um dort sein Kinn drauf zu betten. „Ich bin seit neustem ein Mitglied des hohen Rates und habe als erste Amtshandlung veranlasst, dass du unter einer kleinen gewissen Bedingung wieder vollständig und ohne Einschränkungen in den Clan eintreten kannst.“ Augenblicklich verschluckte sich Adrian und hustete etwa die Hälfte des Getränkes wieder aus. Kai konnte gerade noch so in Deckung gehen. „WIE BITTE??“, rief der Rotschopf aufgebracht aus. „Auf was genau bezieht sich das jetzt?“ „AUF ALLES! WIESO BIST DU PLÖTZLICH IM HOHEN RAT?? DU BIST VIEL ZU JUNG DAFÜR!“ „Das ist auf den Mist dieser alten Säcke gewachsen...“, kommentierte Kai und winkte ab, „die haben mir da nicht wirklich eine Wahl gelassen.“ „Ist Voltaire tot?“ „Nein.“ „A...aber ich dachte…!“ „Normalerweise wird erst ein Platz im hohen Rat frei, wenn ein Ältestenmitglied verstorben ist, ja. Mein Großvater ist zwar noch am Leben, scheint aber in letzter Zeit immer kränklicher zu werden. Der Zahn der Zeit, wenn man es so nennen will.“ Adrian saß mit weit offenem Mund vor ihm und starrte Kai fassungslos an, woraufhin sich dieser ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte. „Ihr Hiwataris...“, schüttelte Dejeaun schließlich den Kopf. „Ja...wir sind wie eine Plage“, kicherte Kai, „willst du nun den anderen Teil hören?“ „Nein.“ Jetzt war Kai an der Reihe fassungslos zu gucken. Er suchte kurz Mirkas Blick, welche ebenso überrascht aus der offenen Küche blickte wie er. Für einen kurzen Moment ließ ihr Mann die Worte Adrians sacken, bis er sich wieder einigermaßen gefangen hatte. „Wie? Nein??“ „Ich will nicht wieder zurück.“ „WAS?!“ Mirka trat völlig außer sich an den Tisch heran und hielt sich an Kais Stuhllehne fest. Sie blickte Adrian tief in die hellgrünen Augen, welche ihren fast schon irren Blick tadellos erwiderten. Ihr Gast verschränkte seine Finger locker ineinander und schnaufte einmal tief durch, bevor er seine nächsten Worte gut überlegte. „Im Clan...bei Euresgleichen werde ich niemals mehr glücklich werden. Ich habe in diesem beinahe einem Jahr meiner Auszeit so viel Freiheiten gehabt. Ja mir ging es am Anfang echt dreckig, aber das war hauptsächlich wegen meiner Gefühle. Alles war weg, ich musste mir alleine alles neu aufbauen, worauf ich mehr als nur stolz bin. Natürlich vermisse ich meine Familie...meine große Schwester...ist sie mittlerweile verheiratet?“ „Noch nicht. Die Verlobung zwischen Lucielle und Giuseppe wird aber in den nächsten Tagen bekannt gegeben“, erklärte Kai mit ruhiger Stimme. „Ach so...“ „Adrian. Ich kann sehr gut verstehen, was du uns sagen willst. Ja die Freiheit schmeckt wunderbar süß und man möchte sie nie wieder hergeben! Gerade wenn sie zum greifen nah ist. Ich weiß wovon du sprichst“, fuhr Kai fort und machte einige Gesten, um seine Aussage zu unterstreichen, „dennoch bist du noch mehr an Familie gebunden und orientiert, als ich es wahrscheinlich sein werde! Du hast eine Schwester und zwei liebevolle Eltern, die dir mehr als nur einen Fehltritt verziehen haben.“ „Ich weiß.“ „Diese Freiheit, von der du da sprichst...die hattest du doch schon längst! Während ich ins Internat geschickt und gleich anschließend ein Fachgebiet studieren musste, welches mich niemals interessieren würde konntest du mit deinem Vater zusammen quer durch ganz Frankreich reisen! Du durftest feiern, eskalieren und völlig aus der Reihe tanzen und niemand hat hinter vorgehaltener Hand über dich getuschelt. Niemand!“ „Das ist dann wohl die Bürde, welche man als Hiwatari tragen muss.“ „Allerdings. Das ist es.“ Adrian blickte aus dem Panoramafenster und verschränkte die Arme vor der Brust. Er verzog keine Miene, sein Atem ging flach und er schien wie in Trance zu sein. Kai legte die Hände flach auf den Tisch und seufzte. „Ich kann es dir nur anbieten...es ist auf jeden Fall bereits veranlasst, dass du wieder zurück kommen darfst.“ „Du sagtest unter einer kleinen Bedingung.“ „Ja.“ „Wie klein?“ „Du müsstest deinen Erbentitel als männlicher Nachfahre an deine Schwester abtreten.“ „Das ist alles?!“ „Ja. Reine Formalitäten. Es genügt eine Unterschrift deinerseits.“ „Und wenn ich den Titel behalten möchte?“ „Nein Adrian. Die Bedingung war klar und deutlich, dass du deinen Titel abgeben musst.“ „Könnte ich auch wieder zurück, wenn ich den Titel auf mein eigenes Kind übertrage?“ Kai hielt in seiner Bewegung inne und stoppte seinen Atem. Für einen Augenblick dachte er, dass Adrian gleich laut auflachen und verkünden würde, dass alles nur ein schlechter Scherz war. Doch als dieser immer noch keine Andeutungen dazu machte stutzte Kai und blickte zu seiner Frau. „Du...bist...Vater?“ „Es geht euch doch nur darum, dass ICH kein Erbe mehr weiterführen darf. Also ist es aus meiner Sicht doch völlig egal, ob es meine Schwester oder mein Kind ist!“ „Ähm...“, seit langer Zeit war Kai wieder einmal sprachlos. „Wenn ich auch mal was sagen dürfte“, bat Mirka und nahm neben ihrem Mann Platz, „ich denke ich weiß was Adrian sagen will. Lucielle erhält nach ihrer Hochzeit mit Giuseppe bereits die Ländereien in Italien. Die Zitronenplantagen nehmen eine Menge Zeit und Arbeit in Kauf. Genauso wie die Weinberge in Frankreich, welche sie mit Adrians Zustimmung ebenfalls erben würde. Das wäre einfach zu viel. Viel zu viel.“ „Ist es das, was du sagen wolltest?“, fragte ihr Mann an seinen Gast gerichtet, woraufhin Adrian seinen Blick wieder an Kai wandte, jedoch nichts sagte. „Ich müsste die Unterlagen neu aufsetzen. Und ich denke, dass sie die Bedingungen dann ändern würden. Sie würden verlangen, dass es nur auf einen männlichen Erben übertragbar ist. Und du müsstest die Mutter heiraten, sodass das Kind deinen Namen trägt. Meinst du, dass sie damit einverstanden wäre?“ „Klär du deine Angelegenheit ab, ich mach das mit meinen“, meinte Adrian und klatschte sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel, „ich weiß eure Gastfreundschaft wirklich sehr zu schätzen. Aber ich würde jetzt gerne wieder gehen.“ Kai machte eine Handbewegung, dass er von dieser Konversation befreit wäre, woraufhin Adrian mit einem letzten Nicken aufstand und sofort aus der Wohnung verschwand. Mirka wartete einige Sekunden, bis sie sich sicher war, dass Adrian auch wirklich weg war, dann blickte sie fassungslos zu ihrem Mann. „Kannst du dir vorstellen, dass er ein Kind hat?“ „Warum sollte er jetzt noch lügen?“, erkundigte sich Kai und rieb sich mit beiden Handflächen das Gesicht, „das...das kam unerwartet.“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Daniellé kaute energisch auf dem einen Ende seines Kugelschreibers herum, während sein Kollege im Nebenraum Untersuchungen an Luna und ihrem Baby vornahm, welche er durch eine getönte Glasscheibe hindurch beobachten konnte. „Ich dachte immer, dass deine Schwiegertochter hellblond wäre?“, erkundigte sich der Pfleger, welcher mit ihm zusammen sämtliche Monitore beobachtete. „Sie ist die Freundin des besten Freundes von meinem Sohn. Sie gehört praktisch zur Familie.“ „Ist...ist das hier ein Tumor?“, fragte der Pfleger und tippte mit seinem eigenen Stift auf einen der Bildschirme, „wenn ja, dann müssten wir das Baby sofort holen.“ „Nein...für einen Tumor hat es viel zu wenig Dichte...die Biopsieprobe ist bereits im Labor mit höchster Priorität.“ „Aber wenn die Patientin sagt, dass es erst seit nicht mal zwei Wochen da ist...“ „Warte mal!“, unterbrach ihn Daniellé und drückte das Mikrofon an, „noch einmal zwei Zentimeter zurück!“ Der durchführende Arzt hielt erschrocken inne und auch Luna krampfte zusammen. Vorsichtig fuhr der Doktor mit seinem Gerät an die Stelle zurück, wie es ihm sein Kollege gesagt hatte und verweilte auf dem Punkt. „Sehen Sie etwas ungewöhnliches, Dr. Hiwatari?“, wollte der Pfleger wissen und rollte mit seinem Stuhl zu diesem rüber. „Nö. Wollte mich nur vergewissern, dass ich das Geschlecht richtig gesehen habe“, grinste Kais Vater spitzbübisch. „Hören Sie gefälligst auf, mir ständig solche Schrecken einzujagen!“, beschwerte sich der Pfleger und rollte wieder zurück, währenddessen drückte Daniellé erneut den Knopf des Mikrofons und gab den Befehl zum weitermachen. „Ist alles in Ordnung?“, erkundigte sich Luna mit zittriger Stimme. „Alles gut, Prinzessin. Wollte nur auf Nummer sicher gehen.“ „Okay...“ Daniellé lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzer zurück in seinen Stuhl und nahm den Kugelschreiber wieder in die Mangel. „Werden Sie es ihr sagen?“, fragte der Pfleger vorsichtig nach, „das Geschlecht des Babys?“ „Nö“, grinste Danny noch breiter, „ich lass es den beiden als Geschenk zukommen, wenn es da ist.“ In diesem Moment ging die Tür zum Raum langsam auf und Trudie, Daniellé Exfrau trat in den Raum. Die beiden Männer begrüßten sie herzlich, bevor sie Kais Vater zwei große weiße Becher in die Hand drückte. „Cool! Du hast es wirklich gemacht! Danke dir!“ „Wenn ich Zeit habe, dann tu ich dir ab und zu auch mal einen Gefallen. Vor allem wenn es eigentlich mehr um eine befreundete Patientin geht.“ „Da wird sie sich freuen.“ „Ist alles gut bei ihr?“ „Überwiegend ja. Wir warten aber noch die Probe aus dem Labor ab, um ganz sicher zu gehen.“ „Das hört man doch gerne...ist sonst noch etwas, was ich für sie tun kann?“ „Jetzt wo du es sagst...“, grinste Daniellé und reichte Trudie eine Liste mit Dingen, „wenn du das in den nächsten sieben Wochen besorgen könntest wäre traumhaft.“ „Du spendierst den beiden eine komplette Erstausstattung?“, bemerkte Kais Mutter gerührt und fasste sich ans Herz, „sie werden außer sich sein!“ „Bitte hauptsächlich in den Farben titanweiß und eisblau.“ Trudie nickte ein letztes Mal und verabschiedete sich von den beiden Männern, in der Zwischenzeit hatte der andere Arzt die Untersuchung abgeschlossen. „Und? Wie fühlst du dich?“, fragte Danny und reichte dem Mädchen den Eisbecher. „Erschöpft. Wie geht es dem Baby?“ „Alles bestens. Sobald die Laborergebnisse vorliegen sage ich dir Bescheid.“ Die junge Frau lächelte anerkennend und ließ sich wieder auf ihr Zimmer fahren. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Tala hatte in der letzten Nacht ziemlich schlecht geschlafen. Wie in Trance ging er in die Küche, wo er erst einmal Kaffee aufsetzte und sich anschließend mit einer dampfenden Tasse auf den Balkon niederließ. Er blickte der aufgehenden Sonne entgegen und nippte zwei Mal kurz an seinem Gebräu. „Guten Morgen“, grüßte Spencer ihn, als er wenige Minuten später ebenfalls mit Kaffee auf den Balkon stieg, „du rauchst ja gar nicht mehr?“ „Luna und dem Kind zuliebe...habe ich aufgehört.“ „Das freut mich.“ Der Riese ließ sich sich neben dem Rotschopf nieder und blickte ebenfalls in den goldenen Sonnenaufgang. „Meinst du, dass das ein Zeichen ist?“ „Was denn?“ „Dieser Sonnenaufgang...er ist wunderschön. Wird er uns zum Sieg verhelfen?“ „Dessen bin ich mir sicher. Und falls nicht: wir haben Kai noch als Trumpf.“ „Er wird auftauchen. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer!“ „Wieso so dramatisch? Kai würde sich ein Match wie dieses niemals entgehen lassen“, kicherte Tala und nippte erneut am Kaffee. „Bist du aufgeregt?“ „Ich bin heiß auf den Kampf!“ „Wenn du immer noch lieber bei Luna bleiben möchtest...“, begann Spencer, wurde jedoch von seinem Teamchef abgewunken. „Daniellé hat mir sein Wort gegeben bei ihr zu bleiben.“ „Aber auch der muss irgendwann mal schlafen.“ „Ich habe mich eben beruhigt! Musst du mir jetzt diesen Wurm ins Ohr setzen?“ „Das war nicht meine Absicht...entschuldige.“ „Treibst du unseren Chef schon wieder in den Wahnsinn?“, kicherte Bryan aus Richtung Küche und streckte kurz darauf seinen Kopf ins Freie, „was geht aaaaab?!“ „Sag du es mir, Brecher aller Frauenherzen“, lachte Tala. „Ich dachte, wir sind endlich durch mit diesem Thema?!“, stöhnte Bryan genervt und lehnte sich gegen die Brüstung. „Mit DIESEM Thema werden wir erst dann durch sein, wenn du mit zwei Kindern und einer Ehefrau in einem Häuschen in der Taiga lebst!“, lachte Spencer noch lauter und klatschte anschließend in seine riesigen Hände. „SPINNST DU?? Willst du mich umbringen?“, rief der Russe erschrocken aus. „Ach...Bryan als liebevoller Vater und Ehemann hört sich doch nicht schlecht an“, unterstützte Tala Spencers Vorschlag. „NIEMALS!“ „Was spricht denn dagegen?“, fragte der Riese. „Er hat Angst, dass seine Kinder mal aussehen werden wie einer von uns beiden“, kicherte Tala schadenfroh. „Jemand wie ich sollte keine Kinder haben“, murmelte Bryan niedergeschlagen, „ich selbst hatte keine erfüllte Kindheit. Woher sollte ich also wissen, wie man Kinder richtig erzieht?“ „Woher soll ich das denn wissen?“, fragte Tala und leerte seine Tasse, „oder Spencer? Wir hatten alle keine schöne Kindheit. Aber wie du siehst haben zwei von uns eine intakte und erfüllte Beziehung. Ich werde bald Vater. Geb die Hoffnung nicht auf!“ „Hast du keine Angst?“ „Natürlich habe ich Angst! Aber ich habe Luna an meiner Seite. Zusammen schaffen wir das schon irgendwie.“ „Das nenn ich mal Mutivation!“, rief Spencer plötzlich dem Sonnenaufgang entgegen, „hast du gehört? ZUSAMMEN SCHAFFEN WIR DAS!!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Eine schwere Eiserne Tür wurde unter ächzenden Lauten und schweren Quietschenden Geräuschen aufgeschoben, von innen drang nur spärlich Licht entgegen. Ihre leichten Schritte hallten durch den Raum, als wären sie von einer viel stämmigeren Person. „Bist du das...Anastasia?“, raunte eine kränkliche Männerstimme durch den gesamten Raum. „Ja Meister.“ „Heute ist der große Tag...bist du bereit?“ „Bin ich Meister.“ „Du kennst deinen Auftrag. Erfülle ihn mit Stolz!“ „Das werde ich Meister...“, versprach sie mit fester Stimme, „braucht ihr noch etwas, bevor ich gehe?“ „Mach das Licht an...werfe ein letztes Mal einen Blick auf mein zerfallendes Ich bevor ich wieder zu neuer Kraft gelange...“, ächzte die Männerstimme. Anastasia nickte gehorsam und betätigte einen kleinen Lichtschalter, der mit einem kaum hörbaren „Klick“ den kompletten Raum mit grellem Licht durchflutete. Ihre Augen wanderten zu dem Mann, welcher flach auf einem OP Tisch lag, dutzende Schläuche gingen von seinem Körper aus in diverse Maschinen, die das Mädchen noch nie gesehen hatte. Hinter diesem OP Tisch stand ein riesiger Glascontainer, welcher mit einer klaren aber dennoch dickflüssigen Masse gefüllt worden war. Anastasia trat näher als je zuvor an den Mann heran und blickte auf die Schläuche, welche tief in den Körper gesteckt wurden, ihr Anblick erinnerte sie schwer an einen düsteren Sience ficiton Film. „Wie fühlt ihr euch Meister?“, erkundigte sie sich. „Meine Kraft...sie schwindet langsam...jede Stunde die wir jetzt noch trödeln könnte mein Ende bedeuten!“ „Ich werde euch nicht enttäuschen!“, gab sie siegessicher von sich und ballte eine Hand zur Faust. „Geh mein Kind! Erledige, wofür ich dich all die Jahre ausgebildet habe. Erfülle deinen Zweck.“ „Ich werde siegreich sein Meister“, bestätigte Anastasia ein letztes Mal und verließ wieder den Raum und schloss hinter sich die schwere Türe. Mit verbissener Miene zog sie ihre Kapuze tiefer ins Gesicht, bevor sie sich wieder auf die Straße begab. Ich werde euch bringen, wonach ihr verlangt mein Meister… Nach einem kurzen Fußweg kam sie am vereinbarten Treffpunkt an und blickte ihrem Gegenüber entschlossen in die Augen. „Du bist spät dran“, bemerkte dieser kampflustig und begab sich in Position, während sie völlig wie in Trance an ihrem Punkt stehen blieb und ihn einfach nur mit ihren Augen fixierte. Ich werde euch bringen, wonach ihr verlangt mein Meister… „Können wir anfangen?“, rief ihr Kontrahent ungeduldig, während sich ihre Pupillen gefährlich eng zusammenzogen. ...ich bringe euch Tala Iwanov! Kapitel 14: Kapitel 14 ---------------------- Luna ließ geistesabwesend die Hand über ihren Bauch streicheln und starrte ausdruckslos an die Wand gegenüber ihres Bettes. Bis vor einigen Augenblicken waren die Blitzkrieg Boys noch bei ihr gewesen, so kurz vor ihrem wichtigen Kampf mit dieser mysteriösen jungen Frau. Luna hatte ihnen allen Mut zugesprochen und versprochen sie vom Krankenhaus aus anzufeuern. Nun lag sie da, starrte gegen eine weiße Wand und wartete auf Kais Vater, welcher jeden Moment kommen sollte, um ihr das Ergebnis der Biopsie mitzuteilen. „Ob sie schon angefangen haben?“, murmelte die junge Frau vor sich hin, als ihre Zimmertür aufgeschoben wurde. „Hallöchen“, grüßte Mirka und hielt ihren silberblonden Kopf in den Raum. „Mirka? Was machst du denn hier?“ „Freust du dich denn nicht, mich zu sehen?“, wollte sie gespielt empört wissen. „Doch, doch!“, Luna strahlte soweit es ihr die Schmerzen erlaubten, „ich hatte nur gedacht, dass du deinen Mann anfeuern würdest.“ „Ich gehe gleich dort hin. Kai endlich einmal in Aktion zu sehen lass ich mir doch nicht entgehen. Ich wollte nur noch einmal nach dir sehen.“ „Das ist lieb von dir.“ Mirka machte eine Art Knicks und setzte sich danach auf Lunas Bettkante. Die beiden Frauen lächelten sich eine Weile schweigend an. „Wird...wird euer Baby schon bald kommen?“, wollte Kais Frau dann vorsichtig in Erfahrung bringen. „Hoffentlich...nicht...“, seufzte Luna und streichelte gedankenverloren ihren Bauch, „es hätte im Moment eine 50:50 Chance...und das ist mir definitiv zu wenig. Tala sieht es genauso.“ „Es wäre hier in der Klinik dennoch in guten Händen“, begann Mirka ihren Satz, verstummte jedoch sofort. Sie wedelte hastig mit ihren schmalen Händchen und starrte Luna erschrocken an. „N...nein! So habe ich das nicht gemeint!!“, wehrte die junge Russin stockend ab, „natürlich hoffe ich, dass dein Baby so lange wie nur möglich...“ Luna winkte sie müde lächelnd ab: „Sind wir mal realistisch...wenn die Biopsie nicht zu Daniellés Zufriedenheit ausfällt, oder gar dem Baby schaden könnte, dann werden wir keine andere Wahl haben...“ Mirka seufzte niedergeschlagen und legte ihre Hand auf Lunas. „Du schaffst das! Du bist die willensstärkste Frau, die mir je unter die Augen gekommen ist!“ „Ich bin mit Tala Iwanov zusammen“, lachte die werdende Mutter belustigt auf, „da muss ich ja wohl willensstark sein!“ Jetzt lachten die beiden Frauen herzhaft auf, während Daniellé und eine junge Krankenschwester in den Raum traten. Dannys Begleitung war noch sehr jung, fast kindlich sah sie aus mit ihren langen rotbraunen Haaren, welche sie zu einem strengen Zopf gebunden hatte und der blassen Haut, welche Porzellan glich. „Na, wenn das nicht zwei meiner Lieblingsfrauen sind“, grinste der Arzt breit und klemmte seine Akten unter den Arm, „dir scheint es gut zu gehen?“ „Die Schmerzen halten sich in Grenzen...scheint so, als hätte ich mich an sie gewöhnt...“ Daniellé schürzte seine schmalen Lippen und legte kurzerhand seinen Kopf schief. „Was ist…?“, erkundigte sich seine Schwiegertochter und stieß ihn sachte in die Seite. „Ich habe gute Neuigkeiten“, verkündete der Arzt und seine Miene erhellte sich augenblicklich. „Wirklich?“, strahlten Luna und Mirka synchron. „Die Biopsie hat ergeben, das es völlig normales Gewebe ist. Nichts bösartiges.“ Mirka atmete erleichtert auf und fasste Luna kräftig an der Hand. „Und das Baby?“, wollte die werdende Mutter wissen. „Kann ganz normal wachsen und gedeihen.“ Talas Freundin ließ sich erschöpft in die Kissen zurückfallen und wischte sich rasch die Tränen weg, welche sich in ihren Augen angesammelt hatten. „...und nach dem das vorerst geklärt ist“, fuhr Daniellé fort und wandte sich an seine junge Begleiterin, „wird sich Svetlana vorerst um dich kümmern. Sie ist Hebamme und war die Beste ihres Jahrgangs. Bei ihr bist du bestens aufgehoben.“ Die junge Frau hinter Daniellé nickte Luna kurz und knapp zu, diese erwiderte die Geste. „Nun denn...Ladies.“ Mit diesen Worten des Abschieds wandte sich Kais Vater ab und verließ den Raum, Svetlana blieb noch kurz und erkundigte sich mit russischen Akzent bei Luna, ob sie was brauchte. „Nein danke...“, antwortete Luna auf russisch. „Sie sprechen sehr gut. Aber Sie sind nicht russisch?“, fragte Svetlana. „Mein...Lebensgefährte ist Russe“, lächelte ihr Gegenüber und streichelte gedankenverloren ihre Kugel, „er bringt es mir bei.“ „Guter Mann.“ „Der Beste!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Dieser Hiwatari lässt sich ordentlich Zeit“, brummte Bryan, welcher gelangweilt gegen einer Kastanie lehnte und in den wolkenlosen Himmel stierte. „Ruhig Blut“, grinste der Riese, „unsere Kontrahentin ist schließlich auch noch nicht angekommen...“ „Woran könnte das nur liegen?“ „Schlechte Manieren“, murrte der Rotschopf und erhob sich wieder aus der Hocke, in jener Stellung er die letzten zehn Minuten verharrt hatte. Nun kribbelten seine Beine, er schüttelte sie locker aus und trat mehrmals feste auf, damit sie nicht noch einschliefen. Dann hatte er nämlich den Salat und er hasste dieses Gefühl! „Du hast wirklich zugenommen“, kicherte Spencer, als er Tala so von der Seite begutachten konnte. Dessen Kampfanzug spannte nicht wirklich er wurde nur lediglich mehr von ihm ausgefüllt. Der Teamchef sah immer noch schlank aus, mittlerweile sportlich schlank als abgemagert schlank. „Die Schwangerschaft...“, hob er also entschuldigend seine Arme, „Luna hat überall in der Wohnung Naschereien liegen, da kann man irgendwann nicht mehr widerstehen.“ „Was meinst du, wird es? Junge oder Mädchen?“ Tala hob den Kopf gen Nacken und schmunzelte. Er schien für einen kurzen Augenblick inneren Frieden gefunden zu haben, doch da hörten die drei Männer Schritte, welche auf sie zukamen. Die Russen blickten synchron in die Richtung, wo sie eine schlanke junge Frau bemerkten, welche im Abstand von gut zehn Metern stehen blieb. „Ist sie das?“, erkundigte sich der Rotschopf, ohne den Blick von ihr zu nehmen. „Möglich.“ „Sie sieht gar nicht so böse aus...“ „Echt?“, wunderte sich Bryan und stieß sich von seinem Baum ab, „so wie die ihre Kapuze ins Gesicht gezogen hat, sieht die ganz schön böse aus!“ „Du liest zu viele Comics...“, seufzte der Riese und schüttelte ungläubig den Kopf. Für eine Weile blieben sie alle so stehen, die junge Frau schien gelangweilt auf den Boden zu starren und Tala keinerlei Aufmerksam zu schenken. Na die konnte ja nichts drauf haben…, dachte sich der Russe und legte den Kopf leicht schief. Er schien zu überlegen, was er als nächstes tun konnte. Und die soll zwei von den Blitzkrieg Boys einfach weggefegt haben? Echt jetzt? „Seid ihr...wirklich sicher, dass sie mein Gegner ist?“, erkundigte er sich bei Bryan und Spencer, welche sich abwechselnd anguckten und dann unwissend die Schultern hoben. „Vielleicht hat sie den Mut verloren?“, schlug Spencer vor, „jetzt da du ein paar Kilos mehr auf den Rippen hast siehst du viel gefährlicher aus!“ Tala grunzte über die Bemerkung und nahm sich in Gedanken schon mal vor, gleich nächste Woche wieder mit Workouts zu beginnen. „Oder sie ist ein Fangirl, welche uns erkannt hat und sich jetzt vor lauter Aufregung nicht mehr bewegen kann?“ Tala zog die Augenbrauen zweifelnd zusammen und schüttelte zweifelnd den Kopf. „Vielleicht will sie ja ein Autogramm von uns?“, lachte Bryan lauthals. In diesem Moment warf sich die junge Frau die Kapuze ihres Pullovers schwungvoll zurück und funkelte die Russen mit ihren türkisfarbenen Augen an. „TALA IWANOV!“, rief sie mit selbstsicherer Stimme und zeigte auf den Rotschopf, „HEUTE IST DER TAG AN DEM DU DEINE SCHLIMMSTE NIEDERLAGE ERFAHREN WIRST!!“ „Doch ja, ich glaube sie meint dich“, scherzte der Riese, welcher neben seinen Teamchef getreten war. „Du bist spät dran“, bemerkte dieser kampflustig und begab sich in Position, während sie völlig wie in Trance an ihrem Punkt stehen blieb und Tala einfach nur mit ihren Augen fixierte. „Können wir anfangen?“, rief ihr Kontrahent ungeduldig, während sich ihre Pupillen gefährlich eng zusammenzogen. Wie aufeinander abgestimmt nahmen die beiden Blader ihre Startposition ein, Bryan hingegen ließ es sich nicht nehmen zwischen sie zu gehen um den Startschuss zu verkünden. „Seid ihr so weit?“, rief er euphorisch und warf Tala und dem Mädchen jeweils einen Blick zu, „keine unfairen Tricks und kein Körperkontakt! Gewonnen hat der, dessen BeyBlade am Ende als Letztes kreiselt!“ „Ich brauche keine unfairen Tricks um ein Mädchen zu schlagen“, schmunzelte der Rotschopf, sein Finger hatte seine Reißleine fest umschlossen. Seine Gegnerin sagte nichts, ihre türkisfarbenen Augen starrten Tala siegessicher an, ihre Lippen umspielte ein dezentes Lächeln. „3!“ „Bin schon sehr gespannt, was du so drauf hast! Wenn es dir wirklich gelang, ohne Tricks meine Teamkollegen zu besiegen...“ „2!“ „Unterschätze mich nicht, nur weil ich eine Frau bin. Dann wäre das Match schon zu Ende, noch bevor du Wodka Gorbatschow sagen kannst!“ „1!“ „Wodka...“ „LET IT RIIIIP!“ „GORBATSCHOW!!“, rief Tala aus, als er und seine Gegnerin kräftig an ihren Reißleinen zogen. Beide Blades flogen kampflustig aufeinander zu, prallten mit einen kräftigen Knall gegeneinander und ließen nur so die Funken sprühen. Tala warf seinen rechten Arm tonlos zur Seite, woraufhin Wolborg surrend einen großen Bogen um seinen Gegner machte und dann frontal angriff. Der Blade des Mädchens überschlug sich ein paar Mal, knallte schließlich an einen Baum und hatte kurz Schwierigkeiten sein Gleichgewicht zu halten. „Wahnsinn!“, rief Spencer entzückt aus, „er wird leichtes Spiel mit ihr haben! Weiter so!“ Erneut gab der Teamchef der Blitzkrieg Boys nur ein Handzeichen und sein Blade attackierte erneut nach einen kleinen Täuschungsmanöver. „Was ist denn los mit ihr? Ich dachte sie ist so unglaublich stark?“, warf Tala den beiden Jungen hinter sich vor, als auch diesmal ihr BeyBlade benommen schlingerte. Spencer und Bryan hoben entschuldigend die Hände in die Luft. „Da ist man einmal nicht bei euch und ihr vernachlässigt euer Training so massiv, dass ein Mädchen leichtes Spiel mit euch hat?“ „Sie hat einen ganz anderen Kampfstil als damals!“, rief Bryan empört, „sie will dich anscheinend aus der Reserve locken!“ „Dazu wird es erst gar nicht kommen! Dieser Kampf ist gleich zu Ende!“ Zum dritten Mal gab Tala einen stummen Befehl, diesmal grinste er selbstsicher und wartete darauf, dass sein Wolborg sein Ziel vernichtete. „Ha!“, lachte das Mädchen höhnisch auf und ihr BeyBlade wich Talas elegant aus. „Hey!“ Der gegnerische Blade entging nun jeden weiteren von Wolborgs Attacken, er ließ ihn keine Chance auf einen neuen Treffer. „Bist du endlich aufgewacht, ja?“ „Du hast mich unterschätzt“, murmelte die junge Frau und warf Tala einen vorwurfsvollen Blick zu. Ihre türkisfarben Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen und ihr ganzer Körper spannte sich an. „Ich gebe zu, dass ich anfangs dachte dich ohne mein BitBeast besiegen zu können. Der Meinung bin ich immer noch, es wird nur etwas länger dauern...“ „Ich habe dir doch gesagt, dass du mich nicht unterschätzen sollst!“ Auf der Stelle griff ihr BeyBlade Talas an und versetzte diesem dermaßen einen Hieb, sodass Wolborg hoch in die Luft geschleudert wurde, wo er gleich noch zwei Treffer kassierte, nur um dann mit einem harten Aufprall wieder zu landen. Tala wich erschrocken einen Schritt zurück, er konnte kaum fassen, was eben passiert war. Doch zum aufatmen ließ seine Kontrahentin ihm keine Sekunde Zeit, sofort attackierte sie ihn weiter und weiter. „Tala!“, rief Bryan panisch aus und startete augenblicklich seinen BeyBlade, „halte noch ein bisschen durch, ich helfe dir!“ Kaum war Falborg wenige Sekunden im Spiel, erhielt er von seinem Gegner dermaßen einen Punch, so dass der Blade gegen einen Baumstamm geschleudert wurde, wo er regungslos in der Rinde stecken blieb. Fassungslos und mit weit aufgerissenen Augen starrten die drei Jungs in die Richtung, wo noch eine Rauchschwade ihre Sicht beeinträchtigte. Als diese verflogen war sahen sie Falborg, welcher gut zehn Zentimeter tief im Baum steckte. „Scheiße! Mein Blade!!“, rief sein Besitzer außer sich und eilte zu dem Stamm, während Tala immer noch mit offenem Mund starrte. „Ich dachte, dass wir ohne unfairen Tricks spielen wollten?“, erkundigte sich die Frau und zeigte herausfordernd auf den Riesen, „wage es nicht, dich ebenfalls einzumischen, oder ich zermahle deinen Blade in kleinste Staubpartikel!“ Spencer, welcher eben noch seinen BeyBlade starten wollte hielt zögerlich inne, ließ dann seinen Starter wieder sinken und blickte Tala niedergeschlagen an. „Alles gut“, erwiderte dieser, „jetzt hat sie ja ihre wahre Kraft gezeigt! Damit werde ich schon fertig...“ „Wie war das mit Wodka Gorbatschow? Wie oft hättest du es mittlerweile sagen können?“, kicherte das Mädchen listig. „Reiz mich nicht...es würde nicht gut für dich ausgehen.“ „Ach ja? Das werden wir ja noch sehen!“ Mit diesen Worten gab sie ihrem BeyBlade erneut den Befehl anzugreifen. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Vor wenigen Minuten hatte sich Mirka verabschiedetet, womit Luna wieder alleine in ihrem Krankenzimmer lag und gegen die Wand stierte. Verdammt, dachte sie und krallte ihre Finger in die weiße Decke. Ich hätte Tala um ein Buch bitten sollen! Ich habe nicht mal mein Handy da! Die junge Frau seufzte tief, ließ sich ins Kissen sinken. Ihr war furchtbar langweilig, der schmerzende Bauch war mittlerweile knochenhart und gab unter ihren Berührungen keinen Millimeter nach. Um sich selber zu beruhigen drückte Luna den Knopf, welcher eine Krankenschwester rufen sollte, doch anstatt derer öffnete Svetlana nach wenigen Minuten die Zimmertür. „Oh, hallo“, Luna war sichtlich überrascht sie zu sehen, „ich dachte...“ „Doktor Hiwatari sagte doch, dass ich für Sie zuständig bin.“ „Schon...aber...“ „Geht es Ihnen nicht gut?“ Ihre Stimme war etwas schroffer als vorhin, oder kam das Luna nur so rüber, weil ihr Akzent stärker war als bei Bryan? Sie schürzte ihre Lippen und zögerte kurz, doch dann fuhr sie fort. „Mein Bauch...er ist steinhart. Kannst du Danny, ich meine natürlich Dr. Hiwatari! Kannst du ihn fragen ob er etwas dagegen hat?“ „War Bauch schon immer hart?“, erkundigte sich Svetlana jetzt deutlich besorgter und tastete ein paar Stellen ab. Richtig...sie war ja Hebamme. Die Beste ihres Jahrgangs. „Nein...nicht so hart.“ „Haben Sie Schmerzen?“ „Ja.“ „Schlimm?“ „Nein...ehr wie Bauchweh, wenn man mal dringend auf die Toilette muss.“ Svetlanas blickte ein wenig besorgt drein, dann horchte sie Lunas Bauch zur Sicherheit noch einmal mit ihrem Stethoskop ab und nickte. „Ich gehe zu Dr. Hiwatari. Er wird mir geben Mittel gegen harten Bauch.“ „Danke dir.“ „Das ist meine Arbeit“, erwiderte Svetlana in diesem trockenen kühlen russischen Tonfall und wandte sich zum gehen ab. Sie war schon an der Tür angelangt, legte gerade ihre Hand auf die Klinke, als Luna sich aufsetzte. „Du hast übrigens eine sehr schöne Augenfarbe“, bemerkte sie, während Svetlana in ihrer Bewegung inne hielt, „ist das irgendeine Nuance von hellblau?“ „Türkis“, murmelte die junge Frau ohne aufzusehen, „meine Augen sind türkisfarben.“ Keine fünf Minuten später war die junge Russin zurück bei Luna, sie hielt auf ihrer flachen Hand ein silbernes Tablett, worauf eine bereits aufgezogene Spritze ruhte. Sie ging zielstrebig zum Bett, legte das Tablett kurz weg und fummelte an Lunas Zugang. „Und…? Was hat der Arzt gesagt?“, erkundigte sich Talas Freundin, eine Hand auf dem Bauch kreiste in kleinen Bewegungen, mehr um sich selber zu beruhigen, als um das Baby zu liebkosen. „Er hat gegeben mir diese Mittel“, bemerkte Svetlana und deutete mit ihrem schmalen Kinn auf die Spritze, „gleich wird gehen besser...“ „Das ist schön.“ Die Hebamme nahm mit einer eleganten Bewegung die aufgezogene Spritze in ihre schmalen Hände und führte sie zum Zugang, legte den Daumen auf den Kolben. Die Tür zu Lunas Zimmer ging auf und Danny schlenderte seelenruhig herein, als er die Szene bemerkte, welche sich ihm gerade darbot blieb er ruckartig stehen. „Was machen Sie da, Svetlana?“ „Geben Mittel“, raunte die junge Russin in Gedanken und drückte den Kolben bis zum Anschlag durch. „NEIN!“ Daniellé sprang zum Bett und stieß sie zur Seite, zog blitzschnell die Spritze aus dem Zugang, doch es war bereits zu spät. Seine Augen ließen ihren Fokus von dem kleinen Gegenstand in seinen Händen vorbei zu Lunas aschfahlem Gesicht wechseln. Ihre Mine war wie versteinert, ihre weit aufgerissenen Augen starrten den Arzt fassungslos an. „Was war da drin…?“, fragte Daniellé gefährlich ruhig und wandte sein Gesicht zu Svetlana, welche gerade vom Boden aufstand. Sie funkelte ihn böse aus ihren türkisfarben Augen an, ihr Gesichtsausdruck war plötzlich düster und angriffslustig zugleich. Wie ein Raubtier, welches Danny soeben in die Ecke gedrängt hatte. Als sie ihm immer noch nicht antworten wollte ging der Arzt einen großen Schritt auf sie zu. „WAS war DAS?!“ Augenblicklich spuckte Svetlana ihm ins Gesicht, woraufhin Danny angewidert mit dem Handgelenk über seine Lider fuhr. Die junge Frau nutzte diese Gelegenheit, schnappte sich das Tablett und rammte es Kais Vater gegen die Schläfe. Wie ein nasser Sack ging dieser mit einem ächzenden Laut zu Boden und Luna schrie ängstlich auf. Svetlana schmiss das Tablett auf den Boden und lief zu dem Krankenbett, wo die werdende Mutter mit tränenden Augen ihre Hände ausgestreckt hatte um sie abzuwehren. „Bitte!“, wimmerte diese aufgelöst, „bitte tu meinem Kind nichts!“ Ihre Hände wurden regelrecht von Svetlana weggestoßen, sie legte ihr Stethoskop an und horchte erneut Lunas Bauch ab, welche wie gelähmt da lag und diese Prozedur über sich ergehen ließ. „Bitte...“, klagte die Schwangere kleinlaut. „Sei still! Oder muss handgreiflich werden?“, fauchte Svetlana und funkelte genervt mit ihren türkisfarben Augen. Luna versuchte so still wie nur möglich zu halten, während dicke Tränen über ihre Wangen kullerten. Seelenruhig horchte die Russin ihren Bauch ab, dann richtete sie sich auf und schüttelte den Kopf. „Baby noch nicht bereit. Wird noch dauern...“ „Bereit für was?“, hauchte Luna und versuchte nicht vollkommen die Fassung zu verlieren. Doch Svetlana machte keinerlei Anstalten auf ihre Frage einzugehen. Im Gegenteil. Sie drehte sich um und verließ das Zimmer. Für einige Sekunden war es totenstill um Luna. Alles verdunkelte sich, sie hätte sogar ihren eigenen Herzschlag hören können, wäre da nicht dieses schrille Rauschen in ihren Ohren gewesen. „Danny…?“, flüsterte die junge Frau, ohne ihren Blick von der Zimmertür zu nehmen. Nichts. Keine Antwort. „Danny…!“, flüsterte sie diesmal ein wenig lauter und versuchte sich ein wenig auf dem Bett zu lehnen. Da lag Kais Vater, einen Arm von sich gestreckt auf dem Boden, neben seinen Kopf hatte sich eine Blutlache gebildet. „DANNY!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Dicke Schweißperlen rannten über Tala Iwanovs Stirn, er atmete unregelmäßig wie bei einem Dauerlauf ohne jegliche Kondition, während seine Gegnerin unbeeindruckt ein paar Meter von ihm entfernt stand und amüsiert grinste. „Was ist denn los, Tala? Ich dachte du bist so überaus mächtig?“ „Halt doch den Rand...“, fluchte der Rotschopf und biss die Zähne zusammen, „WOLBORG!“ „Du wirst keine Chance haben, solange du ohne dein BitBeast kämpfst. Ohne deinen weißen Wolf wirst du gegen meinen Rasputin Blade jämmerlich verlieren!“ „Rasputin...Blade…?“, wiederholte der Russe ungläubig. „Du bist Russin?“, wunderten sich Bryan und Spencer im Chor. „Naja. Nachdem ihr jetzt ja schon wisst, mit welchem Blade ich euch die Hölle heiß mache...“, grinste das Mädchen und legte ihre flache Hand auf ihr Brustbein, „sollt ihr nun auch endlich meinen eigenen Namen erfahren! Er lautet Anastasia!“ „Ich verstehe das nicht! Wie kannst du als unsere Landesfrau nur so erbarmungslos gegen Tala kämpfen?“, entfuhr es Bryan, welcher aufmüpfig mit dem Fuß stampfte, „SCHANDE!! SCHANDE ÜBER DICH!!“ „Anastasia mit ihrem Rasputin Blade...heißt du zufällig Romanov mit Nachnamen? Das wäre ein perfekter roter Faden!“, bemerkte Tala. Er hatte diese kurze Kommunikation genutzt um kurz durchzuschnaufen. „Nein. An meinen Familiennamen erinnern wir uns nicht.“ „WIR?“, lachte Bryan, „Mädel, du bist völlig alleine hier! Das heißt wenn dann ‚ich‘!“ „Damit meinte ich meine Zwillingsschwester und mich.“ „Ach? Und wo ist deine Zwillingsschwester denn jetzt? Sollte sie nicht hinter dir stehen und dich anfeuern?“, erkundigte sich der Riese und grinste höhnisch. „Sie hat eine andere Aufgabe, als ich bekommen...“, grinste Anastasia zurück. „Und welche Aufgabe ist das?“ Anastasias türkisfarbene Augen funkelten gefährlich auf und sie ließ ihr Gesicht zu Tala wandern. Als sie ihn nach einigen Minuten immer noch so selbstsicher grinsend anstarrte räusperte sich der Rotschopf. „Erwartest du ernsthaft von mir, dass ich raten soll, was die Aufgabe deiner Schwester ist? Oder sagst du es uns von ganz alleine, sobald du wieder aus deiner Starre erwacht bist?“ „Ich habe da eine Frage an dich, Iwanov“, schmunzelte Anastasia noch hinterhältiger und legte die Handfläche seitlich an ihren Mund, so als ob sie Tala etwas zuflüstern wollte, „wann hast du das letzte Mal nach deiner Luna gesehen…?“ „Was hat denn meine Freundin damit zu tun, was für eine Aufgabe deine Schwester...“, wollte Tala zögerlich wissen, doch bei ihrem vielsagenden Grinsen hielt der Russe inne. Seine helle Haut war nun gänzlich leichenblass, sein Mund stand ein paar Zentimeter weit offen, während Talas Augen bis aufs Maximum geweitet waren. Für einen Moment dachte er schon, alles um ihn herum hüllte sich in einen schwarzen Vorhang und wurde langsam immer dunkler und dunkler, bis er kurzerhand wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. „Fast...“, grinste Tala erleichtert und blinzelte Anastasia zu, „beinahe hättest du mich gehabt! Ich war kurz davor dir zu glauben.“ „Was hindert dich jetzt daran?“ „Ich habe vorgesorgt und unseren persönlichen Leibarzt bei meiner Freundin gelassen. Sorry! Aber um mich zu verarschen musst du schon etwas früher aufstehen, oder dir eine bessere Lüge einfallen lassen...“ Das Mädchen schaute ihm ausdruckslos entgegen, dann legte sie kurz einen Finger ans linke Ohr und da war es wieder. Ihr hinterhältiges und selbstsicheres Grinsen. „Was grinst die jetzt schon wieder so?!“, regte sich Bryan erneut auf und ließ die Knöchel seiner Finger knacken, „wenn ich diese blöde Kuh nur endlich in die Hände bekommen könnte…!“ „Lass dich nicht von ihr provozieren! Genau das will sie doch...“ „Wollen wir unseren Kampf nun endlich fortfahren, oder will einer deiner Anhänger schnell Kaffee to go holen, und wir plaudern fröhlich weiter?“, erkundigte sich Anastasia und legte eine Hand auf die Hüfte, „ich hab da noch ein paar Termine, einen straffen Zeitplan, wenn du also so nett wärst....“ „Weitere mysteriöse Aufgaben, welche du mit großer Sorgfalt erledigen musst, wie?“, fragte Tala ironisch nach. „Genau so ist es. Dich zu besiegen ist nur ein kleiner Teil des großen Ganzen.“ „Ah ja. Du und deine Schwester wollt die Weltherrschaft an euch reißen, stimmt‘s?“ „Nicht ganz. Wir verhelfen unserem Meister zu neuer Kraft und der erlangt dann die vollkommene Weltherrschaft.“ „Okay ist gut. Tun wir mal so, als würden wir dir glauben...“, grinste Tala bemitleidend. „An deiner Stelle würde ich nicht nur so tun als ob...“, warnte Anastasia. „Ja, ja. Schon gut. Lass uns den Kampf endlich fortfahren, ich kriege langsam Hunger und du hast anscheinend noch einen sehr engen Tagesablauf vor dir.“ „Dann greifst du mich also wieder an?“ „Ladies first“, schmunzelte der Rotschopf und vollführte eine ausgiebige Verbeugung. „RASPUTIIIIN! ATTACKE!!“ Blitzschnell preschte Anastasias BeyBlade nach vorne, somit konnte Wolborg zwar gerade noch so ausweichen, schätzte jedoch seinen eigenen Wendekreis falsch ein und begann zu schlingern. „So ein Mist! Durch das ganze Gelaber hab ich jetzt auch noch mein Feingefühl verloren!“, fluchte Tala und knirschte mit den Zähnen. Anastasia nahm dies als ihre große Chance wahr und griff den Rotschopf erneut an, womit er nicht gerechnet hatte und dementsprechend seine Deckung komplett offen lag. Wolborg wurde mit einem kräftigen „Wumms“ hoch bis in die Baumkronen befördert, Rasputin folge ihn sogleich und hämmerte im freien Fall weiterhin auf ihn ein. „NEIN!“, rief Tala entsetzt auf und raufte sich seine roten Haare, „wenn du so weiter machst, dann zerstörst du ihn noch!“ „Was glaubst du was mein Plan die ganze Zeit über gewesen war?“, kicherte Anastasia hinterhältig und gab ihrem Rasputin den Befehl zum Finalen Schlag. Wie ein abstürzender Komet begab sich der schwarze BeyBlade in den Sturzflug, um seinen Gegner mit dem vernichtenden Hieb zu segnen, als plötzlich ein dunkelblauer Schatten zwischen den Bäumen hervorbrach und Talas Wolborg gerade noch aus der Schussbahn schleudern konnte. Die Blitzkrieg Boys und Anastasia blickten erschrocken auf, Tala fing sich als Erstes wieder und seufzte erleichter auf, dass sein Blade noch nicht in sämtlichen Einzelstücken vor ihm lag. „Wer wagt es?“, brummte die Russin verärgert und stierte in die Richtung, woher der ungebetene Retter eben noch geschossen kam. „Das war ich!“ Praktisch wie aus dem Nichts trat eine Silhouette ins Tageslicht und gab die Person Preis, welche sogar Bryan in diesem Moment erleichtert aufatmen ließ. Es war Kai. Ein paar Meter hinter ihm erschien seine Frau, welche sein Jackett über einen Arm trug und stolz die Brust aufplusterte wie ein Pfau. „Ihr seid ganz schön spät dran!“, pöbelte Bryan und funkelte sie düster an. „Ich glaube, wir sind zum richtigen Zeitpunkt aufgetaucht“, grüßte Mirka die beiden Russen im eleganten Tonfall, welche am Rand des Geschehens standen. „Und ich glaube, dass ihr zwei ruhig ein bisschen früher hättet auftauchen können!“ „Und ICH glaube, dass es endlich mal an der Zeit ist, dass ihr Danke für unser Kommen entgegen bringt!“ Bryan knirschte mit seinen Zähnen und grummelte etwas Unverständliches vor sich her. „Danke...auch wenn es knapp war“, schnaufte der Rotschopf erschöpft und blickte zu seinem ehemaligen Teamkollegen, als dieser auf seine Höhe aufgeschlossen hatte. „Deine bessere Hälfte weiß es meine bessere Hälfte wirklich effektiv aufzuhalten“, erwiderte Kai und winkte ab, „und dann standen wir auch noch im Feierabendverkehr. Normalerweise wäre ich pünktlich gewesen.“ Talas Mine zuckte kurz, dann wandte er sich zu Hiwatari rüber und flüsterte schon fast. „Wie geht es Luna? Wie war ihr Zustand, als ihr gegangen seid?“ „Gut denke ich.“ „Denken heißt nicht wissen.“ „Wenn du Details wissen willst, dann frag Mirka, die war bei ihr. Und...das da...“ „...ist Anastasia. Einen Nachnamen hat sie entweder nicht oder will ihn nicht sagen. Ihr BeyBlade heißt Rasputin.“ „Wie passend.“ „Das sie stark ist brauche ich nicht zu erwähnen?“ Kais Schmunzeln wurde breiter und er blickte vielversprechend zu dem Rotschopf. „Oh bitte...das ist ja schon fast peinlich wie du dich um mich sorgst.“ „Ich meine es ernst Kai!“ „Kai Hiwatari“, rief Anastasia in diesem Moment ehrfürchtig aus und vollführte eine ungeübt elegante Verbeugung, „oh großer Master Kai! Erbe des mächtigen Hiwatari Clans und Enkelkind von Voltaire!“ Der Junge hielt für einen Moment inne, dann zog er die Augenbraue hoch und wandte sich erneut an Tala. „Sie hat einen Drang zur Dramatik“, rollte dieser mit den Augen und winkte ab. „Verstehe. Wird das ihren Kampfstil in irgendeiner Art beeinträchtigten?“ „Sie treibt dich damit zur Weißglut.“ „Aha. Na dann wollen wir mal!“, verkündete Kai und rieb sich aufgeregt die Hände, „ich fühle mich zwar noch etwas eingerostet nach der langen Pause, aber ich verspreche dir, dass du dich nicht langweilen wirst!“ Anastasia lächelte schief und schnippte wortlos mit dem Finger, woraufhin ihr Blade Kais Dranzer attackierte. Die beiden Kreisel jagten sich für eine Weile durch den gesamten Park, flitzten über Bäume und Sitzbänke, scheuchten hier und da ein paar Eichhörnchen auf. Wenn sie gerade mal nicht in Sichtweite waren, dann verriet ein metallisches Gehämmer und kleine Funkenflüge ihre aktuelle Position. „Die sind ja wahnsinnig schnell...“, wunderte sich Spencer und versuchte den Blades mit seinen Augen zu folgen, „woher nimmt Anastasia immer noch diese Ausdauer?“ „Sie wird sich zurückgehalten haben...“, zuckte Mirka mit ihren schmalen Schultern. Dafür erntete sie fragende Blicke von Bryan und Spencer, worauf das Mädchen zuckersüß grinste. „Neuerdings BeyBlade Expertin oder was?“ „Hast du vergessen, wer mein Mann ist?“ Bryan seufzte genervt auf und murmelte so was wie „wie könnte ich nur dieses Detail vergessen…?“ Anastasias BeyBlade wurde in diesem Moment von Dranzer zurückgeschleudert und grub sich beinahe in die ohnehin schon aufgewühlte Erde ein. Das Mädchen schnaufte sichtlich erschöpft, versuchte sich den Schweiß von der Stirn zu wischen, ohne dass es jemand mitbekam. Doch einem Hiwatari entging nie ein Detail. „Wirst du jetzt schon müde?“, grinste Kai gespielt empört, „ich bin gerade noch beim Aufwärmen!“ „Normalerweise wäre der Kampf schon längst entschieden“, schnaufte sie angestrengt, „wenn du nicht gewesen wärst!“ „Oh...das tut mir jetzt aber leid! Dann werde ich es eben schnell beenden!“ Kais Arm schoss gen Himmel empor den Zeigefinger ausgestreckt, doch noch bevor er einen Befehl rufen konnte hielt in seine Gegnerin auf. „Warte!! Wenn du mich besiegst, dann...“, sie hielt abrupt inne und schien ihre nächsten Worte zu überlegen. „Dann was?“ „Tala schenkte mir vorhin keinen Glauben, vielleicht bist du ja schlauer?“ „Ach die Leier schon wieder“, stöhnte der Rotschopf genervt auf, „hör nicht auf die Kai. Sie versucht dich nur zu verwirren, damit sie dich leichter besiegen kann.“ „Du solltest dich nicht über meine Worte lächerlich machen, Iwanov...“ „Klärt mich mal einer auf?“, bat Kai und rief seinen Dranzer für einen kurzen Moment zu sich zurück. „Ach Anastasia meinte vorhin, dass sie und ihre Zwillingsschwester eine Aufgabe hätten, die für ihren Meister und die Weltherrschaft wichtig sind und angeblich wäre Luna darin verwickelt.“ Kai nickte anerkennend und verschränkte die Arme vor seiner Brust, dann blickte er zwischen Tala und Anastasia hin und her. „Wie? Das wars schon?“ „Reicht dir das noch nicht?“ „Und wo ist diese Schwester?“ „Zwillingsschwester. Angeblich bei Luna. Aber ich habe deinen Vater gebeten, auf sie Acht zu geben. Nur für den Fall der Fälle das es ihr und dem Baby nicht gut gehen sollte.“ „Alter! Mein Vater ist nicht dein persönlicher Leibarzt! Der hat noch andere Patienten!“ Tala hob entschuldigend die Schultern hoch und grinste unsicher. „Ich will euer Geturtel eigentlich nicht unterbrechen, ist wirklich allerliebst. Doch meine Zeit drängt langsam!“, bemerkte Anastasia und tippte sich mit dem Zeigefinger auf ihre imaginäre Uhr. „Ach ja! Und sie hat heute einen vollen Terminkalender“, erinnerte sich der Rotschopf und schnippte mit dem Finger. „Weltherrschaft will gut geplant sein“, grinste Kai und widmete sich wieder dem Mädchen, „dann bringen wir das Ganze hier mal zu Ende!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Argh...“, stöhnte Daniellé Hiwatari angestrengt und hielt sich die große Beule, welche inzwischen auf seiner Schlafe gewachsen war. Nur sehr mühselig konnte er sich auf die Knie erheben und stöhnte, als er eine schmierige Substanz an seiner Hand bemerkte. War das...Blut?? Tatsache. Sogar ganz schön viel Blut. Erneut griff sich Daniellé an seine Beule, um zu ertasten, wie breit die Platzwunde seine würde, als er plötzlich von einem schrillen Aufschrei aufgeschreckt wurde. Augenblicklich stand Danny wieder auf den Beinen, sein Schädel brummte jedoch so stark, dass ihm schwarz vor Augen wurde und er sich am Bettgestell festhalten musste um nicht wieder umzukippen. Er starrte in Lunas leichenblasses Gesicht, ihre Augen waren gerötet und einzelne Strähnen klebten auf ihrer schweißgebadeten Stirn. Danny ließ wie in Trance seinen Kopf wieder zu Boden sinken, wo er feststellen musste, dass er mitten in einer riesigen Blutlache stand, welche vom Bett aus nach unten tropfte. „DANNY!“, rief Luna heißer panisch, als sie den Arzt endlich erblickte, „HILF MIR!“ Der Arzt zog in mehreren Zügen die Zudecke nach hinten, legte Lunas untere Körperhälfte frei und hielt inne. Es war überall...überall war Blut... „Verdammt, verdammt, verdammt!“, fluchte dieser und humpelte um das Bett herum, „kannst du dich hinlegen?“ „NEIN!“, weinte Luna jämmerlich mit krächzender Stimme, „ALLES NUR NICHT HINLEGEN!“ Daniellé stieß sich vom Bett ab um ja bei der Tür anzukommen, riss diese panisch auf und rief laut durch den Flur, dass er Hilfe benötigte. Sofort stand der Pfleger in der Tür, seine Augen weiteten sich besorgt, als er Luna so leiden sah und eilte zu ihr, nachdem Kais Vater ihm versichert hatte, dass er keine Hilfe benötigte. Nachdem er mehr oder weniger ratlos dastand rief der Pfleger wiederum im OP an. „WAS?!“, entfuhr es Luna und sie schüttelte den Kopf, so dass die Schweißtropfen nur so flogen. „Wir haben keine Wahl, Frau Sternlieb! Ihr Baby hat nur noch sehr schwache Herztöne und Ihr Leben ist ebenfalls gefährdet!“ „ES IST NOCH VIEL ZU FRÜH!“, schrie sie unter einer weiteren schmerzvollen Wehe. „Geh schon mal vor! Wir kommen gleich nach“, bat Daniellé den Pfleger und stütze sich erneut am Bettrahmen ab. Luna hatte bereits so große Schmerzen, dass sie nur noch unverständliches Gestöhne von sich geben konnte, doch ihre Blicke, welche sie Kais Vater zuwarf sprach Bände. Dieser ließ es bleiben, große Reden zu schwingen und nickte nur stumm. Luna presste sie Augen zusammen und die Lippen aufeinander, während der Arzt die Bremse des Bettes löste und es aus dem Zimmer rollte. Als sich die Türen vom Fahrstuhl endlich geschlossen hatten ging Daniellé einen Schritt zurück und ließ sich an der Wand zu Boden gleiten. Es war doch eine Gehirnerschütterung…, dachte er und versuchte die Übelkeit runter zu schlucken, welche gerade in seiner Speiseröhre nach oben kroch. Er hatte große Mühe Lunas Geschreie für einige Sekunden auszublenden und schnaufte zwei Mal tief durch. Dann ging die Fahrstuhltür wieder auf und der Arzt schon das Bett weiter in Richtung OP Saal. Das grelle Licht blendete die beiden für eine kurze Zeit und verschlimmerten Dannys Kopfschmerzen um ein Vielfaches. Noch während er Luna blind weiterschob fütterte er das bereits fertige OP Team mit den Fakten. „Patientin Luna Sternlieb, 24 Jahre, ist in der 26. Schwangerschaftswoche. Blutgruppe AB, habe Aufgrund des hohen Blutverlustes bereits drei Konserven geordert. Ihr wurde ein selber gepantschter Wehencocktail verabreicht und sie hat eine fünfzehn Zentimeter große gutartige Abkapselung in der Gebärmutter, Notkaiserschnitt wird vorbereitet!“ „Danny!“, rief Luna völlig hilflos, während die OP Schwestern sie bereits an dem Tisch mit ausgebreiteten Armen festschnallten. Dicke Tränen der Angst kullerten ihr die Schläfen runter, das grelle Licht im Saal blendete schrecklich und die Stimmen fachsimpelten um sie herum wirres Zeug. Plötzlich streichelte ihr jemand übers Haar. „Ich bin hier Luna“, verkündete Daniellé, „alles wird gut! Hörst du Süße?“ „Ich hab Angst! Mein Baby! Wir werden es beide nicht schaffen!“ „Ich bin ja hier!“ „Ist Tala schon hier?“ „Wir versuchen gerade ihn zu erreichen...“ „Beginne mit Notkaiserschnitt“, murmelte der durchführende Chirurg monoton und setzte das Messer an. „Danny...“, wimmerte Luna jämmerlich und schluchzte laut. „Ist gut...“, versuchte der Arzt sie zu beruhigen und streichelte ihr weiter den Kopf. „Dr. Hiwatari benötigt Ihre Patientin weitere Beruhigungsmittel?“, erkundigte sich der Pfleger, welcher Danny vorhin geholfen hatte. „Habe ihr bereits das Maximum gegeben...“ „Öffne nun die Fruchtblase“, verkündete der Chirurg. „Gleich ist es vorbei Luna...du bist sehr tapfer…!“ „Dr. Hiwatari! Sehen Sie sich das mal an!“, forderte der andere Arzt, die Unsicherheit in seiner Stimme war kaum zu überhören. „Die Patientin braucht mich.“ „Ich denke, dass Sie sich das ansehen MÜSSEN!“ Daniellé blickte ein letztes Mal fürsorglich zu Luna herab, nickte ihr zuversichtlich zu und begab sich anschließend zu seinem Kollegen. Was er dann sah ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Kapitel 15: Kapitel 15 ---------------------- Ein lautes Poltern ließ Ulrike aus ihren Gedanken aufschrecken. Gerade noch hatte sie für nächste Woche ihre Sachen gerichtet, um für ihr bevorstehendes Praktikum bestens gerüstet zu sein. Sie horchte. Da! Noch einmal dieses laute Poltern! Es kam von ihrer Wohnungstüre. „Das ist doch sicherlich wieder Bryan...“, raunte sie und ordnete ihre letzten Unterlagen, „mal schauen, welche Entschuldigung er heute für mich hat.“ Seit seines letzten Besuches waren zwei Tage vergangen gewesen, Ulrike hatte sich schon fast Sorgen gemacht, dass sie zu grob zu ihm gewesen war. Erneut polterte es an ihrer Türe, diesmal noch lauter als die Male zuvor. „Ja doch!“, rief die Studentin und schlenderte den Flur entlang, zog die Türe schwungvoll auf und sah überrascht in zwei graugrüne Augen. „Hallo. Lässt du deine Besucher immer so lange warten oder machst du das nur bei mir?“ „Johannes! Dich habe ich nicht erwartet.“ „Adrian“, berichtigte der junge Mann sie und legte die Hand in den Nacken, „hast du Zeit?“ „Kommt ganz darauf an für was.“ „Reden.“ „Ach so! Ähm...klar. Komm rein.“ Sie trat einen Schritt zur Seite und ließ ihn in ihre Wohnung, kurz darauf saßen beide im Wohnzimmer auf der Couch und Adrian knetete nervös seine Hände. „Eigentlich habe ich nach unserem letzten Treffen gedacht, dass ich dich nie wieder sehe“, gestand Ulrike und setzte sich im Schneidersitz hin. „Ja. So war das eigentlich auch geplant.“ „Was hat sich seit dem geändert?“ Adrian sah auf seine Hände und schwieg. Er spürte, wie ihre Blicke ihn fixierten, was es für ihn nicht unbedingt leichter machte jetzt die richtigen Worte zu finden. „Nun?“, hakte die junge Frau nach. „Ich habe die Möglichkeit wieder in meinen Clan aufgenommen zu werden“, presste er hervor, den Blick immer noch nach unten gerichtet. „Das ist doch schön, oder nicht?“ „Nun...da gibt es nur einen Haken.“ Erneut schwieg Adrian und Ulrike ließ es sich diesmal nicht nehmen ihn schmoren zu lassen. Sie wartete, begutachtete zwischendurch ihre Fingernägel, prüfte den Inhalt ihrer Tasse. Als der Junge nach drei Minuten Schweigen immer noch keine Anstalten machte ihr etwas zu sagen stand sie mit einem schweren Seufzer auf und griff nach ihrer Tasse. „Ich brauche deine Hilfe!“, verkündete Adrian entschieden und blickte sie das erste Mal wieder direkt an, „und ich weiß, dass du...nein...ganz bestimmt andere Pläne für deine Zukunft hast! Und dennoch bist du die Einzige, wo ich mir zu hundert Prozent sicher bin, dass ich dich mit so einer Bürde belasten kann!“ Ulrike stand da wie angewurzelt, mit einem Mal war Adrians Stimme voller Überzeugung und so selbstsicher, dass er sie damit tatsächlich überrascht hatte. Sie umfasste nun gespannt ihre Tasse mit beiden Händen und wartete schon fast ungeduldig war er ihr nun sagen könnte. Der junge Mann guckte ihr bestimmend in die Augen, fasste dann unerwartet nach einer ihrer Hände und ging auf ein Knie. „OH!“, stieß Ulrike erschrocken aus und versuchte einen Schritt zurück zu weichen, doch er hielt ihre Hand einfach zu fest, „momomoment mal! Du hast vielleicht Nerven!“ „Lass mich doch erst mal zu Ende reden, bevor du etwas erwiderst“, bat er fast schon unterwürfig und legte die noch freie Hand ebenfalls auf Ulrikes. Er sah ihr tief in die Augen und ihr wurde mit einem mal mehr wie unwohl. „Wirst du mich anhören?! Die junge Frau sah sich hilfesuchend in dem Raum um, dann wieder zu Adrian und machte eine unbeholfene Geste mit der freien Hand. „Hab ich eine Wahl…?“ Adrian senkte kurz niedergeschlagen den Blick und holte tief Luft bevor er fortfuhr. „Ich habe in meiner Jugend viele Dummheiten begangen und ich war der festen Überzeugung, dass ich immer alles besser wusste als jeder den ich kannte. Mir wurden beinahe nie Grenzen gezeigt geschweige denn Strafen ausgesprochen für mein Benehmen, praktisch gesehen hatte ich uneingeschränkte Narrenfreiheit. Und trotzdem musste ich dennoch die schmerzliche Erfahrung machen, dass jeder irgendwann mal an seine Grenzen stoßen würde...“ Er machte eine theatralische Pause, welche er nutzte um Ulrikes Handrücken mit seinem Daumen zu streicheln, was der Frau mehr wie peinlich war. „Ich habe der Frau meines früheren besten Freundes weh getan, weil ich ihn eins auswischen wollte. Doch anstatt mich einfach bei ihr zu entschuldigen, so wie es von mir verlangt wurde habe ich den Schwanz eingezogen und bin abgehauen. Ich hätte einmal in meinem Leben für etwas gerade stehen sollen und bin wie ein Versager geflohen. Doch jetzt habe ich die Möglichkeit alles wieder gut zu machen! Meine Weste wieder rein zu waschen...meinen Eltern endlich wieder mit erhobenem Haupt entgegentreten zu können.“ „...und wie bitte in aller Welt soll ich dir da behilflich sein? Ich studiere Psychologie und nicht Jura!“ Adrian holte ein weiteres Mal tief Luft und presste für einen kurzen Moment die Lippen aufeinander. Er richtete sich zu seinen vollen 1,85 auf und spannte seine Schultern etwas an. „Ulrike...“, begann er schließlich und hielt sogleich kurz inne. Das Mädchen grunzte belustigt auf und hatte große Mühe, ein lautes Lachen zu unterdrücken. „Schmitt“, hauchte die Studentin, nachdem sie Adrian erneut für einige Augenblicke hatte schmoren lassen. „Danke...“, nickte er verbunden und fuhr fort, „Ulrike Schmitt. Ich weiß, wir kennen uns noch nicht sehr lange und ja...unser Start war mehr wie holprig...und dennoch!“ „Oh mein Gott“, raunte Ulrike und versuchte die Übelkeit runter zu schlucken, welche soeben ihre Kehle hoch kroch, „das hier passiert gerade wirklich...“ „Ich, Adrian Daniellé Dejeaun möchte dich hiermit offiziell um Vergebung für mein Benehmen dir gegenüber bitten!“ Nachdem der junge Mann für einige Momente nichts mehr weiter zu äußern hatte starrte Ulrike Adrian fassungslos in die Augen, ihre Haut fühlte sich schweißgebadet und eisig kalt zugleich an. Dann begriff sie, dass wirklich nichts weiter mehr kommen würde und sie stieß erleichtert die angehaltene Luft auf einmal aus. „ACH SO!“, prustete sie hemmungslos und verfiel in ein verlegenes Kichern, „das war‘s schon?“ „Vorerst...ja.“ „Und ich dachte schon…!“, lachte Ulrike jetzt heiter auf und nickte, „ja. Ich vergebe dir.“ „Danke...“, nickte Adrian ebenfalls und wurde sofort wieder ernst, „kommen wir gleich zum Nächsten.“ „Bitte was?!“ „Bevor ich dich das Eigentliche fragen kann wollte ich erst, dass zwischen uns beiden wieder alles gut ist.“ Erneut verfiel die Studentin in eine Art Leichenstarre, als sie begriffen hatte, dass ihre Befürchtung sich nur um lediglich einen Satz verschoben hatte. Ihre Beine fühlten sich erneut wie weicher Wackelpudding an, ihr wurde abwechselnd heiß und kalt, ihre Hände zitterten in Adrians. Sie konnte ihr wie wild pochendes Herz in ihren Ohren hören, und so wie es momentan klang würde es zeitnah drohen zu explodieren. „Ulrike Schmitt...“, begann Adrian erneut, doch wurde augenblicklich von ihr unterbrochen. „ICH HALTE DAS NICHT AUS!“, rief sie völlig entnervt und entriss ihm ihre Hände, „SPANN MICH NICHT WEITER AUF DIE FOLTER! ICH WILL EIGENTLICH NOCH GAR NICHT HEIRATEN!! UND VOR ALLEM, ICH KENNE DICH NOCH NICHT MAL RICHTIG!! WAS WILLST DU MIR DA ANTUN?!“ Als Ulrike nach ihrem Anfall wieder ihre Augen öffnete blickte Adrian sie zwar etwas missverstanden, dennoch völlig entspannt an. Vorsichtig ging die Studentin einen Schritt auf ihn zu und guckte prüfend in sein Gesicht, ob er gleich ein Lachen oder wenigstens ein Schmunzeln zeigen würde. Am einfachsten wäre es für sie sogar gewesen, wenn er plötzlich „Hallo und willkommen bei versteckte Kamera! Sie haben den Hauptpreis gewonnen!!“ jubeln würde. Aber nichts dergleichen geschah. „Du...du dachtest, ich bin hergekommen um dir einen Antrag zu machen?“, fragte der junge Mann in einem sehr ruhigen und behutsamen Ton. „Es hatte sich zweimal tatsächlich so angehört...“, entschuldigte sie sich und zuckte mit den Schultern, „aber wenn das nicht der Fall sein sollte, dann ist ja alles gut, oder?“ „Eigentlich wollte ich dich fragen, ob wir ein Kind zusammen machen wollen.“ Stille. Weder Ulrike noch Adrian rührten sich. Jeder der Beiden hielt für einen Bruchteil einer Sekunde den Atem an und wartete gespannt darauf, wie der andere gleich reagieren würde. Als immer noch nichts passierte warf Ulrike den Kopf gen Nacken und lachte lautstark los. Sie kam kaum dazu, Luft zu holen, ihre Augen füllten sich mit Tränen und ihr Gesicht lief vor Anstrengung rot an. Während Adrian unbeholfen dastand und sich nicht zu helfen wusste klatschte sie sich mit der flachen Hand auf den Oberschenkel und beugte den Oberkörper nach vorne. „Du hättest Stand up Comedy machen sollen, anstatt im Sundays zu arbeiten!“, kicherte sie immer noch, „wäre für alle wesentlich produktiver gewesen!“ „Das war aber kein Witz.“ „Ach du hast das ernst gemeint?“ „Tatsache ja. Um in meinen Clan wieder aufgenommen zu werden habe ich die Bedingung, dass ich entweder mein ganzes Erbe meiner Schwester oder meinem männlichen Nachkommen überschreibe.“ „Ach! Sieh mal einer an...was es nicht alles für Bedingungen gibt. Und wieso gerade ich?“ „Weil ich glaube, dass ich mich in dich verliebt habe...“ „Schön, dass du das glaubst“, grinste sie gespielt überrascht. „War...war das jetzt ein ja oder ein nein?“, erkundigte sich Adrian zögerlich. „Das war ein definitives nein“, gestand Ulrike und verschränkte die Arme vor ihrer Brust, „ich kann nicht die Mutter deiner Kinder werden.“ „Und sagst du mir auch, warum nicht?“ „Weil ich bereits schwanger bin.“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Oh man!“, fluchte Kai genervt und krempelte sich die Hemdärmel hoch, „es bringt dir nichts, wenn du nur ständig am weglaufen bist, Anastasia! Dranzer kriegt dich früher oder später!“ „Ich muss nur warten, bis sich dein Blade nicht mehr dreht und schon habe ich gewonnen!“, kicherte die junge Russin siegessicher. In diesem Augenblick erhielt ihr Rasputin BeyBlade einen Überraschungsangriff von der Seite. Wolborg war den beiden mit sicheren Abstand gefolgt und hatte nun seine Chance genutzt. „Na endlich! Ich dachte schon, du mischt dich gar nicht mehr ein!“ „Und laufe damit Gefahr von dem großen Kai Hiwatari angemault zu werden? Bist du irre?“, hinterfragte Tala sarkastisch. „Bringen wir den Kampf endlich zu Ende! Ich habe keinen Bock darauf, ihr ständig nur hinterher zu rennen!“ „Umso besser...“, nickte Tala zustimmend, „je schneller wir hier fertig sind, desto schneller kann ich wieder bei Luna sein!“ „An eurer Stelle würde ich mich mal wieder nach ihrem Gemütszustand erkundigen“, rief Anastasia den beiden Jungen zu, „wir kämpfen hier schon eine Weile!“ Kai wandte sich an seine Frau, welche im gebührenden Abstand von ca. 10 Metern stand und schmiss ihr sein Handy zu. „Ruf mal in der Klinik an und erkundige dich nach Luna. Das ständige Gefasel von der da geht mir allmählich auf die Nerven!“ Mirka nickte und wählte auswendig die Telefonnummer. „Danke...“, raunte Tala und nickte Kai zu, „Anastasia hat in der Zwischenzeit sooft davon gesprochen, dass ich jetzt doch nervös geworden bin. Was, wenn da doch etwas wahres dran ist?“ „Ist dir denn noch gar nicht aufgefallen, wie sie sich ständig ans Ohr gelangt hat?“ „Du meinst...sie war die ganze Zeit über mit jemanden in Kontakt?“ „Vermutlich ist dieser Kampf gar nicht dazu da, uns zu besiegen...sondern um uns abzulenken!“ „Kai! Hör auf mir Angst zu machen!“, fluchte Tala. Plötzlich stand Mirka zwischen den beiden Jungen und reichte Kai zögernd sein Handy. „Irgendetwas ist passiert“, raunte sie besorgt, „sie haben Luna anscheinend wegen eines Zwischenfalls in den OP gebracht.“ „Oh nein!!“, stöhnte Tala wissend auf, „was ist mit dem Baby? Geht es Luna und dem Baby gut?“ „Kann ich dir leider nicht sagen. Daniellé ist mit ihm Saal, aber anscheinend ist er am Kopf verletzt worden. Er wurde sogar genäht!“ „Ansonsten geht es ihm gut?“ Mirka nickte stumm. „Der alte Mann kann auf sich aufpassen“, seufzte Kai erleichtert und zeigte mit dem ausgestreckten Mittelfinger zu Anastasia, „da musst du schon früher aufstehen, um einen Hiwatari zu überwältigen!“ „Wer sagt denn, dass es mir hier um dich geht?“, raunte Anastasia, grinste gehässig und gab ihrem BeyBlade den Befehl zum Angriff. „Ich hatte euch doch gesagt, dass wir eine Mission haben! Ihr hättet mir ruhig Glauben schenken können!“, rief Anastasia jetzt sehr siegessicher. „VERDAMMT!“, brüllte Tala wütend und sein BeyBlade griff blind an. Er verfehlte jedes Mal sein Ziel, stieß hier gegen eine große Baumwurzel, dort flog er regelrecht gegen mehrere Steine. „Tala fokussiere dich wieder!!“, brummte Kai angestrengt, „wenn du weiterhin so viel blinde Wut in deinen Blade steckst, kippst du noch an Ort und Stelle um!“ „ICH MACH DICH FERTIG!!“ „TALA!“ Kai griff an den Jackenkragen seines Teamchefs und schüttelte ihn einmal ordentlich durch, so dass der Rotschopf tatsächlich kurz mit einem Schwindelanfall zu kämpfen hatte. „Konzentriere dich! Gemeinsam werden wir diese blöde Kuh besiegen und danach darf Bryan zur Not aus ihr heraus prügeln was Sache ist!“ „Ich schlage doch keine Mädchen!“, rief dieser empört aus und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Seit wann hast du denn einen Ehrenkodex…?“, erkundigte sich Mirka und hob unsicher eine Augenbraue. „Nun ja...“, kratzte sich der Russe jetzt am Hinterkopf und tat verlegen, „ich kann hier in einem öffentlichen Park wo überall Familien und lauter Kinder sind doch nicht posaunen, das ich vor nichts Hemmungen habe…!“ „Und seit wann bitte hast du ein GEWISSEN?!“ „Beenden wir die Sache endlich ein für alle Mal und dann gehen wir sofort zu deiner Frau!“, verkündete Kai und blickte zu Anastasia, „sorry! Aber auch ich habe einen straffen Terminkalender! Du hast uns beide jetzt lange genug gelangweilt!“ Anastasias türkise Augen verengten sich zu dünnen Schlitzen, doch ihre schmalen Lippen formten ein hinterlistiges Grinsen. Langsam, fast schon wie in Zeitlupe streckte sie ihren Arm nach vorne, woraufhin ihr Rasputin Blade nach vorne sauste und Kai nur knapp verfehlte. „Deine Zielsicherheit lässt ebenfalls zu wünschen übrig“, grinste der Junge, „du hättest mich in einer Millionen Jahre nicht getroffen!“ „Wer hat denn behauptet, dass ich DICH treffen wollte?“, fragte Anastasia und legte den Kopf leicht schief. Hektisch drehten sich Tala und Kai um und beobachteten, wie Rasputin blitzschnell um einen Baum kreiste. So schnell, dass sich Rauch bildete und nach wenigen Sekunden der Stamm unter krächzenden Geräuschen zu Fallen begann. „Ha! Der ist bei Weitem nicht groß genug um uns zu erschlagen“, lachte Kai höhnisch auf. „Ich wiederhole mich ja nur ungern...aber wer hat von DIR gesprochen, Hiwatari?“ Jetzt wanderten Kais Augen von der Baumkrone abwärts, dann stieß er einen lauten Ruf aus und sprintete los. Ja. Anastasia wollte definitiv weder ihn noch Tala treffen… Auch Bryan und Spencer waren außerhalb der Gefahrenzone gewesen… Der Baum fiel direkt auf Mirka... *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Adrian und Ulrike saßen wortlos auf der Couch nebeneinander. Keiner der Beiden hatte in der letzten halben Stunde etwas gesagt, geschweige denn mit dem anderen gesprochen. Ulrike klickte auf ihrem Fernseher gelangweilt durch die Programme, während Adrian in der Couchecke lümmelte und vor sich hinstarrte. Die junge Frau blieb auf einem Doku Sender hängen und zog die Beine näher an sich heran, so dass sie sie mit ihren Armen umschlingen konnte. „Ich hätte dir den Antrag machen sollen...“, murmelte Adrian irgendwann und setzte sich auf. „Du bist dir aber schon im Klaren, dass ich das ebenfalls verneint hätte…?“, erwiderte die Frau ohne ihn eines Blickes zu würdigen. „Einen Versuch wäre es trotzdem wert gewesen.“ Mit einem leisen Ächzen erhob sich der junge Mann endgültig von der Couch, zupfte sein Hemd zurecht und machte Anstalten die Wohnung zu verlassen. „Das war es also jetzt?“, rief Ulrike ihm hinterher, „du gibst einfach auf?“ Augenblicklich drehte er sich wieder ihr zu, sein Gesichtsausdruck sah gekränkt, verletzt und ungläubig zugleich aus. „Dein Ernst?“, fragte er und machte eine Geste mit der Hand, „ich soll es weiter versuchen, jetzt da ich weiß, dass du bereits schwanger von einem anderen bist? Hast du eigentlich verstanden, was du mir da eben gesagt hast? Was ist nur los mit dir?“ Ulrike blickte Adrian lange ins Gesicht, zuckte dann jedoch gleichgültig mit ihren schmalen Schultern. Nach einer erneuten kurzen Schweigeminute stemmte Adrian die Hände in seine Hüfte und fixierte Ulrike mit seinen Augen. „Ich lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte zu wissen wer der Vater ist.“ „Das ist schön für dich“, bemerkte sie und tat gleichgültig, „wird jedoch nichts an der Tatsache ändern, dass ich nein zu dir sagen werde.“ „Du weißt, dass er keine Kinder haben will? Zumindest schätze ich ihn so ein. Weiß er eigentlich schon von seinem Glück??“ „Er will mich!“, sagte Ulrike mit nun fester Stimme und sprang regelrecht von der Couch auf, „und wenn er MICH will, dann WILL er auch UNSER Kind!“ „Oh...wenn du dich mal nicht verrechnet hast...“, hob Adrian zweifelnd die Augenbrauen und schüttelte den Kopf, „lass dir von jemanden helfen, Ulrike...du wirst jede Hilfe brauchen, wenn es soweit ist und er dich fallen lässt!“ „RAUS HIER!“, rief die Studentin außer sich und warf mit Kissen nach dem Besucher. Dieser verkniff sich jeglichen weiteren Kommentar und verließ die Wohnung, woraufhin die junge Frau auf der Kante der Couch zusammen sackte und mit den dicken Frusttränen zu kämpfen hatte, welche in ihr hoch krochen. Geistesabwesend streichelte sie unter ihrem Oberteil die Stelle, wo sich die Gebärmutter befand und holte tief Luft um sich zu beruhigen. „Keine Angst mein Kleines...“, murmelte das Mädchen mit sich selber, „dein Papa weiß zwar noch nicht, dass es dich schon gibt, aber er wird dich genauso lieben, wie er mich liebt...das weiß ich ganz genau…!“ Wie in Trance summte Ulrike eine Schlafmelodie vor sich her und streichelte behutsam mit ihren Fingerspitzen über die kleine Region ihres Unterleibs. Langsam wiegte sie ihren Körper auf der Couch hin und her, so als wolle sie sich selber in den Schlaf schaukeln. „Er wird dich genauso lieb haben...wie...wie...mich...“, raunte Ulrike und schluchzte leise auf, „es wird vielleicht nur etwas dauern, bis auch er das weiß...“ Sie holte zittrig Luft und stieß ein erbärmliches Wimmern aus. Dann ließ sie ihren Oberkörper nach vorne kippen und stützte ihr Gesicht auf die Handflächen. „Auch wenn er dich niemals lieben wird...“, weinte sie leise vor sich her, „dafür werde ich dich immer von ganzem Herzen lieben...das verspreche ich dir…!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Rasputin sauste blitzschnell um einen Baum herum, so schnell, dass sich Rauch bildete und nach wenigen Sekunden der Stamm unter krächzenden Geräuschen zu Fallen begann. Mit unterdrückter Begeisterung beobachteten die Blitzkrieg Boys, wie der mächtige Ahorn langsam zu Boden fiel, wäre da nicht die Tatsache gewesen, dass Mirka als sein Ziel direkt unter ihm stand. „MIRKA! LAUF!“, rief Kai ihr noch zu, während er auf sie zurannte, doch die junge Frau war vor lauter Angst wie gelähmt und konnte sich nicht bewegen. „NEIN!!“, stieß Tala aus und raufte sich die Haare, „er wird sie voll erwischen!“ Kai sprang vom Boden ab und schwang seine Arme nach vorne, in der Hoffnung er würde somit genügend Schwung haben, aber da fiel der Baum auch schon samt Krone mit einem lauten Krachen zu Boden. Eine dicke Staubwolke wirbelte auf und versperrte jedem die Sicht. „Mirka...“, raunte Spencer traurig, „nein...nein...nein...“ „Glaubst du, er hat es nicht mehr geschafft?“, flüsterte Bryan, welcher mit weit aufgerissenen Augen auf besagte Stelle blickte. „Allein schon der Gedanke...oh mein Gott...sieh doch!!“ Dranzer sauste zwischen Bryan und Spencers Beinen herum, als Bryan sich bückte, um ihn aufzuheben flitzte der BeyBlade augenblicklich davon. „Selbst sein Blade kann mich nicht leiden...“, knurrte der Russe und blickte dem blauen Kreisen noch eine Weile hinterher. „Du kannst ihn nicht aufheben, da der Kampf noch nicht vorbei ist!“, rief Tala und blickte Anastasia mit seinen eisigen Augen an, „auch wenn Kai selber nicht mehr kampffähig sein sollte bin ich durchaus in der Lage auch seinen Blade zu befehligen!“ „Du willst mich alleine mit zwei Blades angreifen?“, kicherte Anastasia höhnisch und stemmte die Hände in die Hüfte, „na da bin ich mal gespannt, wie du dieses Multitasking bewerkstelligen wirst!“ „Das muss er gar nicht!“, rief plötzlich Kai aus der Staubwolke heraus, „ich bin noch längst nicht aus dem Spiel!“ Zuerst erkannte man gar nichts, dann eine schemenhafte Silhouette und schließlich war es tatsächlich Kai, welcher Mirka auf seinen Armen von der Unfallstelle davon trug. Die restlichen drei Russen atmeten sichtlich erleichtert auf, Bryan stieß noch ein schnelles Dankgebet gen Himmel, bevor er Kai half seine Frau vorsichtig auf dem Boden abzulegen. Mirka hatte anscheinend vor Angst und der ganzen Aufregung das Bewusstsein verloren. Ihr Atem ging zwar regelmäßig dennoch sehr flach. Kai war auf die Knie gegangen und hatte ihren Oberkörper darauf gelegt, seinen Arm hatte er um ihre Schultern gelegt. „Ich hole schnell Wasser!“, versprach Spencer und eilte zum nächsten Getränkewagen, welche im ganzen Park verteilt standen. Der Rotschopf, welcher nur wenige Meter davon entfernt stand atmete ebenfalls erleichtert auf und verkniff sich die Freudentränen, welche sich rasch angesammelt hatten. Er warf Anastasia einen vielsagenden Blick zu, entschied sich jedoch dagegen ihr etwas entgegen zu rufen. Für alles was jetzt noch kommen würde bräuchte Tala seine ganzen Kraftreserven. Spencer war mittlerweile mit einer Flasche Wasser zurück und reichte sie Kai, welcher seine Augen keine Sekunde von Mirka genommen hatte. Vorsichtig setzte er die aufgeschraubte Flasche an und flößte seiner Frau das kalte Nass in den Mund. „Oh...wo…?“, stöhnte die junge Russin und blinzelte mit ihren Augen. „Wie geht es dir…? Bist du okay?“, erkundigte sich ihr Mann nach ihrem Wohlbefinden. „Der...Baum...“ „Er hat dich nicht erwischt. Ich konnte dich im allerletzten Augenblick noch zur Seite stoßen.“ Vorsichtig ließ Kai sie erneut ein paar kleinere Schlucke nehmen, bevor er sie behutsam auf der Erde absetzte. Spencer und Bryan nahmen sich ihrer an und versprachen Kai diesmal sie nicht mehr aus den Augen zu lassen. „Maaaan Jungs!“, rief Anastasia gelangweilt und kickte einen kleinen Kieselstein vor sich her, „wenn ich gewusst hätte, dass das sich so ewiiiiig hinzieht, dann hätte ich bereits mit Tala kurzen Prozess gemacht, noch bevor Hiwatari aufgetaucht wäre!“ „...du wagst es...“, fauchte Kai plötzlich gefährlich ruhig und wandte sein Gesicht langsam in ihre Richtung. Wie aus dem Nichts wehte plötzlich ein unangenehmer Wind durch den Park, welcher einzelne Blätter mit sich herumwirbelte und Mirka zum frösteln brachte. Spencer legte fürsorglich Kais Jackett über ihre Schultern bevor er ihr langsam wieder auf die Beine half. Ihr Mann war inzwischen wieder auf Talas Höhe angekommen und hatte sich in eine angriffsbereite Position begeben. Als der Rotschopf den Himmel bemerkte, wurde ihm für einen Moment lang unheimlich. Finster aussehende Wolken schoben sich mit dem immer stärker wehenden Wind dicht an dicht zusammen und der Russe erinnerte sich an heute Morgen, wie der Wetterreporter für heute strahlenden Sonnenschein mit über 35 Grad zugesichert hatte. Für einen kurzen Augenblick war sogar ein dumpfes Grollen über den Köpfen zu hören gewesen. „Sag mal Kai...“, begann der Rotschopf zögernd, „das machst nicht du oder…?“ Als er jedoch jenen Ausdruck erblickte, welcher sich gerade im Gesicht seines Teamkollegen abzeichnete gefror selbst Tala das Blut in den Adern. Auch Anastasia blickte beeindruckt gen Himmel und pfiff anerkennend. „Wow!“, rief sie sogar auf, als der erste Blitz auf zuckte und klatschte in die Hände, „mir wurde ja schon prophezeit, dass du mächtig bist...aber das hier...hätte ich nun wirklich nicht erwartet!“ „...DU wagst es...“, wiederholte Kai, streckte seine Beine durch, sodass er nun in seiner vollen Größe da stand und winkelte die Arme an seinen Körper an, so dass er sie jeden Moment in Richtung Himmel strecken könnte. „Du machst mir keine Angst, Hiwatari wenn du dich ständig nur wiederholst!“, rief Anastasia ihm durch den mittlerweile heftigen Wind entgegen. Augenblicklich verdunkelte sich der Himmel bis zu einem sehr dunklen Grau, immer mehr Blitze zuckten auf und das Grollen kam immer näher und näher. Dranzer und Wolborg kreiselten jeweils zu den Füßen ihrer Besitzer, warteten auf neue Befehle. „Wenn Kai so weiter macht, dann geht die Welt noch unter!“, rief Bryan empört durch den Wind und hielt seine Hände schützend vors Gesicht. „Die Frage ist ehr, wie weit er noch gehen kann!“, entgegnete Spencer in der selben Lautstärke, woraufhin beide Russen synchron zu Mirka blickten. Diese hielt Kais Jackettkragen mit nur einer Hand fest, womit sie beinahe wie mit einem wehenden Superheldencape aussah. Wortlos erwiderte sie Bryan und Spencers Blicke. „Wie weit würdet ihr beide denn gehen...wenn jemand eure Frau angegriffen hätte?“, fragte sie dann in einem dermaßen ruhigen Ton, dass die beiden Russen Gänsehaut sofort bekamen. Immer mehr Blitz zuckten durch die schwarzen Wolken hindurch, einige waren bereits so nah, dass Tala glaubte, er könnte sie jederzeit mit bloßen Händen berühren. War das Kais wahre Power...? „Meinst du ernsthaft ein paar Blitze würden mich einschüchtern?“, rief Anastasia den beiden Jungen durch das Unwetter entgegen, „ihr habt keine Ahnung welche rohe Urkraft in mir und meinem Blade schlummert!“ Mit ihren Worten wurde ihr Rasputin BeyBlade von einer schwarz lila leuchtenden Nebelwolke umhüllt, welche Stück für Stück heranwuchs, bis sie die einen Durchmesser von etwa drei Metern hatte. Doch bevor Anastasia ihrem Blade den Finalen Schlag befehligen konnte schlugen nacheinander mehrere Blitze zwischen ihr und den beiden Kontrahenten ein. „Du hast es gewagt...MEINE FRAU ANZUGREIFEN! DAFÜR WERDE ICH DICH JETZT BESTRAFEN!!“, rief Kai wütend aus und riss seine Arme gen Himmel. Aus vielen kleinen Blitzen gebündelt konzentrierten sie sich zu einem einzigen riesigen Blitz, welche sich seinen Weg zur Erde bahnte und mit voller Wucht gegen Rasputins dunkle Nebelwolke prallte. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Lunas Atem ging ruckartig und sehr unregelmäßig, während immer noch dicke Tränen über ihre Wangen flossen. Seit nun mehr als 10 Minuten standen mehrere Ärzte um ihren Unterleib versammelt herum und versuchten damit klarzukommen, was sich da vor ihren Augen aufgetan hatte. Luna wagte es nicht auch nur einen Piepser von sich zu geben, ihre Angst war viel zu groß. „Wir könnten...“, schlug einer der Ärzte vor und nannte einige sehr spezielle Fachausdrücke. „Nein, nein...dafür ist das Gewebe zu weit fortgeschrittenen...“, murmelte der nächste. „Aber vielleicht würde ja folgendes helfen!“, funkte der dritte dazwischen, wurde jedoch gleich abgewunken. Der Pfleger, welcher Daniellé und Luna vorhin geholfen hatte trat hinter dem OP Tuch hervor und blickte die junge Frau besorgt an. Er ließ sich vorsichtig neben sie nieder und erkundigte sich nach ihrem Befinden. „Ich fühle mich wie ein ausgenommener Fisch...“, raunte sie monoton und wandte ihren Kopf in seine Richtung, „wie...hat es mein...Baby?“ „Es lebt“, nickte der Pfleger, woraufhin Lunas Tränen wieder dicker wurden, „allerdings...hat ein kleiner Teil des Fremdkörpergewebes es umschlungen...“ „Oh mein...Gott...“, flüsterte die junge Frau und versuchte die Fassung zu behalten. „Die Herren Doktoren sind gerade am überlegen, ob und vor allem wie sie dieses Gewebe entfernen können. Natürlich so, dass das Baby Schaden davon nimmt!“ „Es ist viel zu klein...“, murmelte Luna, „wie viel von meinem Baby ist von diesem Gewebe eingenommen?“ „Das linke Beinchen.“ In diesem Moment trat Daniellé ebenfalls hinter dem Vorhang hervor und beugte sich zu Luna runter. Seine Augen waren immer noch geweitet, jedoch schien er bei weitem wieder an Fassung gewonnen zu haben. Die Beule an seiner Schläfe war inzwischen genäht worden und leuchtete nun in sämtlichen blau und lila Tönen. „Wir haben einen Plan, Prinzessin“, lächelte er unter seiner OP Maske und streichelte Luna über den Kopf, „ich bin sehr stolz auf dich! Du warst all die Zeit über sehr tapfer!“ „Eigentlich habe ich die ganze Zeit nur geheult“, gestand Luna und lächelte erschöpft. „Jede andere wäre ausgeflippt! Oder in Ohnmacht gefallen.“ „Wie lange dauert das hier jetzt noch? Wann kann ich mein Baby endlich sehen?“ „Wir müssen zuerst sichergehen, dass seine Werte stabil sind. Dann werden wir versuchen, dieses Gewebe von seinem Bein zu entfernen.“ „Von seinem?“, lächelte Luna, „es ist ein Junge?“ „Ja.“ „Das ist schön...Tala hat sich einen Jungen...gewünscht...“, murmelte das Mädchen und schloss erschöpft die Augen. Daniellé blickte sie für einen Moment lang an, dann wanderten seine Augen zu dem Pfleger, welcher den Blick standhaft erwiderte. Die restlichen Ärzte legten das Baby in einen speziellen Brutkasten und eilten für die neuen Untersuchungen in den nächsten OP Saal. Die Tür schloss sich automatisch und die beiden Männer starrten sich immer noch in die Augen. Langsam, so als wollte er Daniellé nicht aufschrecken hob der Pfleger seine Hand hoch und legte eine leere Spritze auf Lunas Brustkorb. „Es ist nur ein Schlafmittel...“, erklärte der junge Mann in einem ruhigen Tonfall, „Frau Sternlieb wird später viel Kraft brauchen, da ist es besser, wenn sie jetzt schläft.“ „Wer zum Teufel bist du?“, fauchte Danny wütend und legte sich schützend über Lunas Körper, „gehört Svetlana auch zu dir?!“ „Wir sind nicht an Ihnen interessiert, Dr. Hiwatari. Bitte machen Sie es uns nicht anstrengender, als es ohnehin schon ist...“ „Sonst was?“ „Sonst müssen wir Ihnen leider wieder wehtun. Svetlana wollte das vorhin nicht absichtlich tun, nur Sie sind viel zu früh wieder zurück gekommen.“ „Für wen arbeitet ihr?“ „Das kann ich nicht sagen. Und jetzt erheben Sie sich bitte...wir müssen los.“ „Nein!“ „Bitte, Dr. Hiwatari.“ „NEIN! Allein schon aus ethnischen Gründen! Sie ist meine Patientin!“ „Sie würden also Ihr Leben für sie geben?“, erkundigte sich der Pfleger und grinste sein Gegenüber belustigt an und erhob sich. Kais Vater tat es ihm gleich und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, wobei er den Pfleger für keine Sekunde aus den Augen ließ. „Wie habt ihr es nur geschafft so lange Zeit ungesehen zu bleiben?“ „Wir haben unseren Job gemacht, bis die Zeit gekommen war. All die Jahre waren wir praktisch unsichtbar für jeden von euch gewesen...niemand hätte weder mich noch Svetlana verdächtigt.“ „Damit werdet ihr nicht durch kommen! Dafür werde ich sorgen!“, knurrte Daniellé bedrohlich. „Es tut mir sehr leid, Dr. Hiwatari. Sie waren immer nett zu mir gewesen und ich habe sehr viel von Ihnen gelernt über die Jahre hinweg. Leider muss ich jetzt gehen und ich werde Frau Sternlieb mit mir nehmen.“ „Das wirst du NICHT!“, rief Danny wütend. Ein dumpfer Schlag auf seinen Hinterkopf ließ ihn jedoch zu Boden fallen. Der Pfleger blickte Svetlana prüfend an und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du hast dir Zeit gelassen“, meinte er dann und löste Lunas Fixierungen. „Es war ziemlich viel los auf der Station...ich konnte eben nicht früher!“ „Komm her und hilf mir Luna auf das andere Bett zu heben. Wie läuft es bei deiner Schwester?“ „Die Verbindung ist abgebrochen. Sie wird schon wieder im Quartier sein.“ „Dann beeilen wir uns besser. Je schneller wir auch dort sind umso schneller wird unser Meister wieder ganz der alte sein!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Nur langsam lösten sich die dunklen Wolken auf, so dass nur vereinzelte Sonnenstrahlen sich durchkämpfen konnten, um die Erde wieder ein bisschen zu erhellen. Es ging absolut kein Wind, nicht mal ein Lüftchen, als sich Tala besorgt in alle Richtungen nach Kai und den anderen umsah. „Scheiße Man!“, hustete Bryan wie aufs Wort lautstark und klopfte sich den Staub von seinem T-Shirt, „leben wir noch?“ „Ich glaube schon...“, raunte Spencer und sah sich ebenfalls sorgenvoll nach allen um, „geht es euch gut?“ „Ich kann Kai nicht entdecken!“, rief Tala ihm zu und kniff die Augen zusammen, „kann ihn jemand von euch sehen?“ „Da!“, rief Bryan aus und zeigte auf eine Stelle mitten in der Staubwolke. Alle Blicke richteten sich auf den Punkt, wohin der junge Russe mit weit aufgerissenen Augen zeigte und tatsächlich! Da standen sie, Kai und Anastasia. Ihre Gesichter konnte man nicht so richtig erkennen, die dicke Staubwolke löste sich, genauso wie der Himmel nur schwerfällig auf, und doch konnte Tala das starke Zittern in ihren beider Beinen sehen. Anastasias Kopf bewege sich plötzlich als erste, sie blickte zu Boden und schien nach etwas zu suchen. Nach nur wenigen Sekunden tat es ihr Kai gleich, er wankte sogar einen halben Schritt nach vorne. „DA!“, rief Spencer erschrocken aus, „ihre BeyBlades!! Sie kreiseln BEIDE noch!“ Tala konnte seinen Augen nicht trauen, als er sah, was er sah. Jeweils Kai und Anastasias Blade schlingerten beide noch auf einer Stelle kaum dreißig Zentimeter voneinander entfernt. Wer würde schnell genug sein, um den nächsten Befehl zu geben? Wer könnte den Kampf nun endlich für sich entscheiden? Anastasias Augen funkelten Kai düster an, ihre linke Schulter hing schlaff nach unten. War sie verletzt? „Du...“, schnaufte sie schwerfällig, hatte jedoch noch genug Kraft ein höhnisches Kichern auszustoßen, „fast hättest du mich besiegt!“ „Es hat nicht gereicht??“, rief Bryan hysterisch aus und raufte sich die Haare. „Wer oder WAS bist du, dass du so einer Attacke standhalten konntest“, wollte Tala rufen, doch seine Stimme reichte lediglich nur noch für ein Raunen aus. Er war einfach zu erschöpft gewesen… „Ich habe...dich unterschätzt...“, hechelte Kai und ließ seinen geschwächten Körper auf ein Knie fallen, auf das andere stützte er seinen Oberkörper. „Das hättest du nun mal nicht tun dürfen...“ „Touché!“, grinste Kai und schloss müde seine Augen, sein Kopf sackte in einer ruckartigen Bewegung nach unten, so als wäre er in einen Sekundenschlaf gefallen. „KAI! NEIN!“, rief Tala jetzt mit allerletzter Kraft, so dass seine Kehle fürchterlich schmerzte. Er griff sich an den Kehlkopf und stieß einen schmerzerfüllten Seufzer aus, doch seine Tat hatte gereicht, um seinen Teamkollegen aus seinem Schlaf zu reißen. Kais Kopf ging ruckartig wieder nach oben und er sah sich erschrocken um. „KAI!! Greif die blöde Kuh doch endlich an!“, riefen Spencer und Bryan ihm aufgeregt im Chor zu, worauf der Junge all seine letzten Reserven bündelte und sein gebeugtes Knie wieder durchstreckte. Er streckte seinen linken Arm zittrig nach vorne und öffnete seinen Mund für seinen nun letzten Befehl an Dranzer. „JA! Mach sie fertig!!“ „KAI!!!“ Schlagartig wurde Kai schwarz vor Augen und sein ausgestreckter Arm schwang zurück an seinen Körper, wo er dumpf aufprallte. In seinen Ohren erklang ein schriller Laut, welchen er nicht wirklich zuordnen konnte und sein Körper sackte erneut unter kläglichen Schmerzen in sich zusammen. Tala riss seine Augen erschrocken auf, als er wie in Zeitlupe beobachtete, wie der Körper seines Teamkollegen nach vorne umkippte. Seine Lippen formten einen lautlosen Schrei, während seine Gliedmaßen immer noch wie gelähmt waren. Als Anastasia einen abartig schrillen Siegesschrei ausstieß und gerade ihren BeyBlade den letzten Befehl zurufen wollte schwang eines von Kais Beinen nach vorne, stampfte kräftig auf die Erde und der Junge füllte seine Lungen mit Sauerstoff. „AARGH!! ICH WERDE DICH AUSLÖSCHEEEEEN!!“, rief er wutentbrannt und streckte beide Arme nach vorne von sich, die Handflächen zeigten auf Anastasia. Dranzer hüllte sich sofort in hell lodernde Flammen und schoss auf seinen Gegner. Unzählige kurze Schläge rieselten auf diesen nieder, dann ein letzter Hieb und Anastasias BeyBlade zersprang in tausend kleine Splitter. „NEIIIN! MEIN RASPUTIN!!“, schrie das Mädchen und griff sich in die Haare, zog sich welche gewaltsam aus, so als könne sie sich aus dem bösen Traum selber aufwecken, der sich gerade vor ihren Augen abspielte. „AH!“, stieß Bryan aus tiefster Lunge aus und hob beide Arme in die Luft, „die Blitzkrieg Boys sind die stärksten!!!“ Augenblicklich ging Tala schwer schnaufend auf die Knie und stützte sich mit seinen Händen darauf ab. Sein Atem ging eine Weile zittrig und unregelmäßig, nur mühevoll bekam er sich wieder in den Griff. „DIE BESTEN!!!“, jubelte Bryan immer noch außer sich und vollführte einen Freudentanz. Der Rotschopf bemerkte einen dunklen Schatten über sich und blickte auf. Kai war schwer keuchend zu ihm gekommen und reichte ihm die Hand zum aufhelfen. „Das war...“, raunte Tala flach atmend, aber dennoch mit einem leichten Grinsen, „...einer meiner schwersten und besten Kämpfe, die ich...jemals hatte...“ Er griff nach Kais Hand und ließ sich wieder auf die Beine ziehen. „Geht mir genauso.“ „Bist du okay? Ich meine...nach so einer Aktion…?“ Kai schnaubte anerkennend und stemmte die Hände in die Hüfte, bevor er den Kopf gen Nacken warf und tief einatmete. „Das...das war...“, stammelte Tala vor sich her und suchte nach den richtigen Worten, musste dann jedoch feststellen, dass er diese auf die Schnelle nicht finden würde. „Wie wäre es denn mit FURCHTEINFLÖßEND?!“, schlug Spencer wild mit seinen Armen fuchtelnd vor, „oder GRAUENVOLL?? BEÄNGSTIGEND?“ „Scheiß drauf was es war! Wir haben GEWONNEN!“, strahlte Bryan und klopfte Kai stolz auf die Schulter, wobei dieser beinahe erneut das Gleichgewicht verlor. „Ich muss gestehen“, begann Tala und blickte zu Anastasia, welche mittlerweile auf dem Boden kniete und gen Himmel starrte und irgendwelche Flüche rief, „es gab die eine oder andere Situation, in der ich wirklich dachte...“ „Sag es nicht, Rotkäppchen! Sag es nicht!“, mahnte Bryan und zeigte streng mit ausgestreckten Zeigefinger auf seinen Teamchef. Tala holte entsetzt Luft, um zu protestieren, doch dann senkte er seine Schultern und ließ es gut sein. Er hatte ja Recht...sie hatten gewonnen. Sehr knapp. Und zu zweit. Aber sie hatten gewonnen! „Wir sind die BESTEN!“, riss Bryan wieder die Hände in die Luft und fuhr mit seinem Tanz fort. „Warte...“, unterbracht Spencer die Jubelrufe seines Kollegen und wandte sich suchend um, „wo ist Mirka?“ Kapitel 16: Kapitel 16 ---------------------- Luna ächzte und fühlte sich wie nach einem langen Saufabend mit den Jungs, als sie langsam ihre schweren Augen wieder öffnete und sich den schmerzenden Kopf rieb. Augenblicklich schoss ihr ein stechender Schmerz durch den Unterleib, gemischt mit diesem modrigen Geruch wurde ihr übel und sie erbrach sich. „Du musst dich schonen“, ertönte eine männliche Stimme, „du hast in den letzten 12 Stunden viel durchgemacht.“ Luna schreckte auf und wollte sich umsehen, doch irgendwas hielt ihre rechte Hand fest. Vor ihr wurde ein kleines Nachtlicht angemacht und sie erkannte den Pfleger des Krankenhauses. „Du…?“, fragte sie erschrocken und blickte sich um, „wo bin ich? Wo verdammt ist mein Baby?!“ „Ruhig...hier trink das...“ Luna wehrte das Glas sofort ab und funkelte ihn mit ihren Augen böse an. Der Pfleger grinste und nickte. „Klar. Wieso solltest du mir nach all dem noch trauen.“ Er wies auf ein kleines Tablett mit Essen und Trinken, welches gleich neben dem Nachttisch stand. „Es ist vielleicht kein Gourmet Menü, aber du wirst wieder zu Kräften kommen“, versprach er ihr. „Sag mir erst, wie du heißt!“, forderte Luna herrisch, „und wo bin ich hier?!“ „Ich heiße Dimitri. Iss und trink und dann reden wir weiter.“ Mit diesen Worten verließ der junge Mann den Raum, in welchem Luna sich befand und schloss die Tür hinter sich ab. Frustration machte sich sofort in ihr breit und das Mädchen stieß einen lauten Schrei aus. „WENN ICH DICH IN DIE FINGER KRIEGE!!! HÖRST DU MICH?? ICH HAU DIR AUF DIE FRESSE!!“ Nichts. Absolute Stille. Der Geruch in dem Raum ließ Luna erschaudern, doch das Essen, welches gleich neben ihr stand ließ ihren Magen wie verrückt knurren. Also aß und trank sie wenn auch sehr widerwillig. Dimitri hatte Recht behalten, gleich nachdem Luna den letzten Bissen geschluckt hatte ging es ihr schon um einiges besser. Luna stellte das ebenfalls leere Glas wieder auf das Tablett und ließ den Kopf durch den Raum schweifen. Es waren nackte feuchte Mauerwände, eine einzelne Glühbirne hing lieblos von der Decke. Das Mädchen selbst lag auf einem alten Bett auf einer unbezogenen Matratze, eine etwas dickere Wolldecke lag zusammen gefaltet am Fußende. Nun konnte Luna auch endlich sehen, warum ihre rechte Hand sich kaum bewegen ließ: sie war mit mehreren Kabelbindern am Bettrahmen festgemacht worden. Wer das auch immer getan hatte, er wollte auf keinen Fall, dass sie aufstand. „Arschlöcher“, knurrte Luna garstig und setzte sich so gut sie konnte auf der Matratze auf. Ihr Unterleib schmerzte fürchterlich, jedoch kein Vergleich zu dem Schmerz, welchen sie vorher gehabt hatte. Die Türe zu ihrem Zimmer wurde aufgeschlossen und eine junge Frau trat ein. „OH DU!“, schrie Luna wütend aus und ballte beide Fäuste, „KOMM HER! MIT DIR FANG ICH AN!!“ Svetlana lächelte müde und legte eine weitere Wolldecke aufs Bett. Sie ignorierte Lunas wildes Handgefuchtel und setzte sich neben sie auf den Boden. „Du hättest gemacht selbe wie ich, wenn du ich gewesen wärst. Wenn du hast niemanden mehr in Leben und dann kommt eine Mann wie Meister und hilft dir.“ „Meister?“, wiederholte Luna ungläubig, „wer ist dein Meister?“ Svetlana ignorierte sie erneut und fuhr dort fort, wo Luna sie eben unterbrochen hatte: „Er hat geholfen mir und Anastasia. Auch Dimitri und Valentina. Wir hatten nichts. Waren alleine. Nichts Essen und Trinken. Er hat uns aufgenommen wie eigene Kinder. Er hat Leben wieder Sinn gegeben.“ „Und das ist Grund genug für dich, eine werdende Mutter und ihr Kind in Gefahr zu bringen?“, knurrte Luna gefährlich. „Kind nicht interessieren“, gestand Svetlana und zuckte gleichgültig die Schultern, „für uns nur wichtig Gewebe mit DNA von Iwanov.“ „Was bitte?!“ „Tala Iwanov ist Vater von Baby. Er hat gegeben DNA von sich in Baby, also auch in Plasmagewebe. Meister ist alt und schwach und braucht diese Plasmagewebe.“ „Also hat das alles hier gar nichts mit meinem Baby zu tun?“ „Hast du nicht gehört? Baby ist nicht wichtig für Meister!“ Luna atmete erleichtert auf und fasste sich ans Herz. Sie hätte augenblicklich weinen können vor Glück. „Wichtig ist nur Plasmagewebe mit DNA von Iwanov. Du nur hattest Pech das du Schwangere warst.“ „Es hätte also jede Frau treffen können, die mit Talas Baby…?“ „Genau.“ Svetlana stand vom Bett auf und nahm das Tablett in ihre blassen Hände. Als sie sich zum Gehen abwandte hielt Luna sie auf. „Wann lasst ihr mich gehen? Ich will zu meinem Baby! Es braucht mich!“ „Du kommen raus wenn Tala hier. Du bist Ass im Ärmel wenn meine Schwester nicht schafft ihn her bringen.“ „Tala wird euch vernichten...ihr habt seine Frau und sein Kind in Gefahr gebracht!“ Svetlana lächelte vielsagend und schüttelte den Kopf. Dann verließ sie Lunas Zimmer und schloss wieder hinter sich ab. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „MIRKA!“, rief Kai zum fünften Mal so laut er konnte und ließ seinen Blick verzweifelt durch den Park wandern, „HÖRST DU MICH?! MIRKAAA!!“ „Das ist schrecklich! Kaum auszumalen, wie der Ärmste sich gerade fühlen muss...“, raunte Spencer zu Tala, während sie ihren Kollegen nur dabei beobachten konnten, wie er, selber weit über den Rande seiner Kräfte hinaus durch den Park humpelte, seine Stimme mit jedem Ruf gebrechlicher wurde. „Wie konnte das nur passiert sein?“ „Sie müssen Mirka entführt haben, als Kai seine Super Nova Attacke eingesetzt hat. Wir waren alle so sehr auf ihn konzentriert, dass die ohne jede Spur mit ihr verschwinden konnten.“ „MIRKA!!!“ „Kai...“, raunte Tala und ging ihm ein Stück entgegen, während Spencer sich Bryan zuwandte, welcher Anastasia in Schacht hielt. Das Mädchen wälzte sich irre lachend auf dem Boden hin und her, schlug ab und zu mit ihren geballten Fäusten neben sich ins Leere, dicke Tränen der Verzweiflung rannten über ihre staubigen Wangen. Bryan stand regungslos neben ihr und guckte nur, als Spencer neben ihn trat nahm er immer noch nicht den Blick von ihr. „Status unverändert?“, erkundigte sich der Riese, wobei Bryan nur nickte. Anastasia weinte jämmerlich und faselte etwas von „unwürdig“ und „versagen“, zwischen ihren wirren Worten rief, schrie und gilfte sie hysterisch auf. „Hör endlich auf damit...“, befahl ihr Spencer, ging neben ihr in die Hocke, hielt jedoch genügend Abstand, „das ist echt peinlich...“ „Sie war am Anfang so stark, selbstsicher und ließ sich absolut nicht anmerken, wie zerbrechlich sie eigentlich ist...“ „Hast du jetzt Mitleid mit ihr?“ „Nein“, schüttelte Bryan den Kopf, „sie...sie ist nur wie ausgewechselt.“ „Natürlich ist sie das! Sie hat verloren!“ „Anscheinend mehr wie nur diesen Kampf...“ Tala war inzwischen mutig genug, um sich Kai in den Weg zu stellen, als dieser mit aufgequollenen Augen ihm entgegen schritt, feste entschlossen, seine Frau weiter zu suchen. Er ignorierte den Rotschopf gänzlich, überhörte gekonnt, was er ihm sagte. Erst als Tala ihm am Arm packte und zu sich zog musste er reagieren, oder zumindest versuchte er das, in dem er mit seiner noch freien Faust gegen die Schulter seines Teamchefs schlug. Stieß. Okay, okay er tippte ihn lediglich an… „Muss ich dich erst zu Boden ringen, bis du mir Aufmerksamkeit schenkst?!“, schimpfte Tala den Jungen, „du schaffst es ja noch nicht mal mir eine zu verpassen!“ „Lass mich los!“, fauchte Kai wie ein in die Ecke getriebenes Tier, seine Augen funkelten genauso. „Kai...“, bemängelte Tala, „das hat nicht mal gekitzelt...“ „Argh!“ Mit Leichtigkeit schaffte der Rotschopf es, seinen Teamkollegen zu Boden zu drücken, so dass Kai nun auf seinen Knien rutschte, immer noch getrieben von dem Gedanken Mirka zu finden. „Mirka!“ „Du kannst ja schon nicht mal mehr rufen! Sieh dich doch an! Du kriechst im Dreck, weil du nicht mehr anders kannst! Ich dachte du bist ein Hiwatari?“ Augenblicklich warf Kai ihm einen giftigen Blick zu, während seine Augen sich mit frustrierten Tränen füllten. „Ich will Mirka genauso dringend finden wie du, aber wir wissen weder wer sie entführt hat, noch wohin sie gebracht wurde! Lass uns Anastasia ausquetschen und deine Frau unversehrt finden!“ „Sie hat Angst...“, raunte Kai plötzlich so kleinlaut, ließ Tala kurz innehalten und seinen Griff lockern, „sie hat große Angst, Tala…! Wir müssen sie so schnell wie nur möglich finden!“ Der Teamchef der Blitzkrieg Boys ging neben Kai in die Hocke und legte seine Hände aufmunternd auf seine Schultern. „Ich verspreche dir, wir werden Mirka finden! Ich, nein WIR werden dir auf jeden Fall helfen Kai!“ „Wirklich?“ „Na...immerhin sind wir doch Freunde...zumindest hat mir das ein Vögelchen gezwitschert.“ „Beste Freunde...“, nickte der Junge zustimmend und wischte sich die Tränen weg. „Ich werde aus dieser Frau nicht schlauer“, raunte der Riese, welcher mittlerweile zu dein Beiden herangekommen war und zwei kalte Getränkedosen verteilte, „mal lacht sie wie eine Irre, dann weint sie wieder...gerade eben hat sie sogar nach Bryan und mir geschlagen!“ „Sie wird einen Nervenzusammenbruch haben“, vermutete Tala und öffnete mühsam die Dose, bevor er sie vorsichtig an seine Lippen hielt. „Sobald ihr beiden wieder ein wenig zu Kräften gekommen seid beginnen wir damit sie zu befragen.“ Tala setzte die Dose wieder ab und nickte stumm, während Kai einen schmerzlichen Seufzer ausstieß und seinen Oberkörper auf seine Knie abstützte. „Könnte länger dauern wie geplant, hm?“, erkundigte sich Spencer, nachdem er diese Szene beobachtet hatte. „Gebt uns noch zehn Minuten. Meine Beine zittern immer noch!“ „Natürlich.“ „Es muss in fünf wieder voran gehen!“, keuchte Kai und richtete sich wieder auf. Jetzt wear Tala an der Reihe mit schmerzhaft aufstöhnen. „Ich möchte meine Freundin genauso schnell wieder in meinen Armen halten, wie du deine Frau! Jedoch sind wir beide völlig nutzlos, wenn wir uns nach so einem Kampf nicht ein wenig ausgeruht haben! Gerade du!“ Kai knurrte irgendwas vor sich her und Spencer grinste breit. „Wenn er wieder furchteinflösende Geräusche von sich geben kann, dann muss es ihm ja gut gehen.“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Luna rüttelte an ihrer durch Kabelbinder gefangenen Hand, fügte sich jedoch mehr Schmerzen dadurch zu, so dass sie es lieber endgültig ließ. Sie seufzte niedergeschlagen und dachte an Tala und ihren Sohn, welcher hoffentlich in diesem Moment im Krankenhaus behandelt wurde. Wie es ihm wohl gehen würde… „Es freut mich, dass du mittlerweile wieder wohl auf bist“, ertönte eine Männerstimme. Luna blickte auf und betrachtete den Mann, welcher in einem Rollstuhl saß und in ihr Zimmer gefahren wurde. Als sie sein Gesicht erkannte fuhr ein eiskalter Schauer über den Rücken und ließ ihre Nackenhaare aufstehen. „Sie...“, raunte das Mädchen ehrfürchtig und zog die Beine an. Svetlana schob den Rollstuhl näher an das Bett heran und richtete ihn so aus, dass sie sich von Angesicht zu Angesicht betrachten konnten. „Ja ich“, grinste der alte Mann, „du weißt also wer ich bin.“ „Das tue ich.“ „Dann...sollte ich mich wohl geehrte fühlen, dass man mich hier kennt, wo es doch das erste Mal ist. Du bist also Talas Freundin.“ „Ja. Die bin ich.“ Der Mann stutzte kurz: „Ich dachte immer, dass er mehr auf Blondinen stehen würde...selbst Rachel, deine Vorgängerin war zuletzt auch blond.“ „Sie sind ja sehr gut informiert...“ „Natürlich“, schmunzelte er, „immerhin musste ich doch immer ein wachsames Auge auf Tala und seine Freunde haben.“ „Ich muss nicht erwähnen, dass sie Sie hassen, oder? Egal, was Sie von Tala wollen...er wird es Ihnen niemals geben.“ „Dafür habe ich ja dich als meinen letzten Trumpf hier.“ Luna schluckte schwer. Sie konnte dem Mann nicht weiter ansehen, seine kränkliche Erscheinung in dem Rollstuhl machte das Mädchen benommen und in ihr breitete sich ein unwohliges Gefühl aus. „Schäm dich nicht. Schon bald werde ich wieder zu neuer Kraft und alter Jugend gelangen.“ „Bitte tun Sie meinem Baby nicht weh...“, raunte Luna, welche immer noch zur Seite blickte. „Ich glaube gehört zu haben, dass Svetlana es dir schon erklärt hat. Aber ich kann es natürlich gerne auch noch mal. Wir brauchen dein Kind NICHT. Mich interessiert lediglich das Plasmagewebe, welches vor zirka zwei Stunden von deinem Sprössling entfernt wurde und mittlerweile mit Dimitri auf den Weg hierher ist.“ „Es geht meinem Baby also gut?“, fuhr das Mädchen hoch, doch die Kabelbinder hielten sie zurück. „Ja. Es wird ein völlig normales Leben haben.“ „Aber wenn Sie das Gewebe haben, wofür benötigen Sie dann noch Tala?“ „Ich brauche Tala zusätzlich. Das Plasmagewebe hat nur die Hälfte der DNA die ich benötige.“ „Werden...Sie...ihn...umbringen…?“, flüsterte Luna so kleinlaut, dass sie kaum hörbar war. Der Mann im Rollstuhl lachte kränklich auf und hielt sich die linke Brust. Dann schüttelte er kichernd den Kopf. „Ich benötige von Tala nur etwas Blut.“ „Insgesamt sind es 900 ml...das ist etwas mehr wie bei einer geläufigen Blutspende“, fügte Svetlana hinzu. „Etwas?! Das ist fast das Doppelte!“ „Er wird es überleben“, winkte die junge Russin ab und hob von ihrem Tablett ein Glas Wasser, „hier. Du musst wieder was trinken...“ Der Mann hielt sich in diesem Moment einen Finger ans Ohr, nickte ein paar Mal und zog sich nach einem abschließenden „okay“ den Sendeknopf aus dem Gehörgang. „Deine Schwester hat versagt, Svetlana...“ „NEIN! DAS KANN NICHT SEIN!“, rief das Mädchen entsetzt aus und ließ das Glas mit Wasser fallen, welches eigentlich für Luna bestimmt war. Der Mann, welcher dem Rollstuhl saß blickte die beiden Mädchen düster an. Luna fuhr ein erneuter Schauer über den Rücken, als seine Augen auf die ihren trafen und sie guckte schnell weg. Svetlana hingegen sank schluchzend zu Boden und schlug mit der geballten Faust auf den kalten Steinboden. Talas Freundin presste ihre Lippen feste aufeinander, als sie die jämmerlichen Geräusche der Anderen vernahm. Es klang, als wäre jeder Grund noch am Leben zu bleiben verschwunden, als wäre das Lebenswerk misslungen. Auch wenn sie hier gegen ihren Willen festgehalten wurde, Svetlana hatte sich die ganze Zeit gut um sie gekümmert. Wie gerne hätte Luna sie jetzt in den Arm genommen und getröstet… So schnell ihre Gefühle mit ihr durchgegangen waren, so schnell hatte sich Svetlana wieder unter Kontrolle, stand auf und ballte ihre Fäuste. „Und jetzt, Meister? Wie gehen wir sicher, dass Tala Iwanov doch zu uns kommen wird?“ „Oh...der wir schon kommen“, grinste der Mann im Rollstuhl und blickte zu Luna, „er hat allen Grund dazu!“ „Du MONSTER!“, spuckte Talas Freundin aus und warf ihm den giftigsten Blick zu, den sie in ihrem Zustand aufbringen konnte. „Ja. Ich mag ein Monster sein. Das ändert jedoch nichts daran, dass am Ende ich derjenige sein werde, der triumphieren wird!“ „Tala und die Blitzkrieg Boys werden mich retten und...“, begann Luna, wurde jedoch von dem Mann abgewunken. „Sie werden kommen. Ja. Aber nach getaner Arbeit werde ich mit meiner wiederhergestellten Kraft sie einer Gehirnwäsche unterziehen und sie werden wieder für mich arbeiten, so wie vor vielen, vielen Jahren!!“ Er lachte düster, Svetlana trat selbstsicher neben ihn, wechselte den Infusionsbeutel und stimmte dann in sein Lachen mit ein. Die schwere Eisentür wurde aufgeschoben und ließ alle aufhorchen. Dimitri, welcher in der einen Hand eine Transplantatbox hielt trat ein und schmiss ein Bündel vor sich auf den Boden. Lunas Augen weiteten sich angsterfüllt, als sie erkannte, was oder besser gesagt wer dieses Bündel war. „MIRKA!!“, rief sie erschrocken aus. „Lu...Luna?“ Kais Frau war wie benommen, sie konnte sich noch nicht einmal richtig aufsetzen, ihre Augen wanderten verloren durch das gedämmte Licht. „Mirka ich bin hier!“ Das Mädchen versuchte ihrer Stimme zu folgen und als sie ihre Freundin auf dem Bett erblickte stockte ihr Atem. „Oh mein Gott Luna! Geht es dir gut?“ „Sie haben meine Wunden versorgt und sich...um mich gekümmert...“ „Aber...welche Wunden? Bist du schwer verletzt?!“ „Sie haben mir was gegen sie Schmerzen gegeben...mein Bauch ist mittlerweile komplett taub.“ „Dein...“, Mirkas Worte verebbten und sie krabbelte wie mit Gummigliedern zu dem Bett rüber, wo sie Lunas Körper betrachtete. „Oh Luna...“ „Nicht weinen...“, bat Talas Freundin und schüttelte den Kopf. „Luna...“, wimmerte die junge Russin und eine Hand legte sich auf ihren Mund, „dein Baby...Talas Baby...“ „Es ist im Krankenhaus und wurde da von dem Plasmagewebe befreit...ich hoffe nur für die anderen Beteiligten, dass es ihm auch weiterhin gut geht...“, raunte die angekettete Frau und warf dem Mann im Rollstuhl und Dimitri erneut einen giftigen Blick zu, „dafür werden DIE schon sorgen...“ „Genug der emotionalen Worte“, befahl der Mann und ließ seinen Rollstuhl wieder zurückfahren, „wir haben noch einiges vorzubereiten...jetzt, da wir die junge Frau Hiwatari haben, wird es nicht mehr lange dauern...“ „Mein Mann wird uns schon bald gefunden haben und dann...“ Mirka wurde ebenfalls abgewunken. „Keine Sorge, meine Hübsche...“, lächelte der Mann und faltete seine alten gebrechlichen Hände in seinem Schoß, „natürlich werden sie bald hier sein. Davon gehe ich stark aus.“ „Soll ich zu Anastasia…?“, erkundigte sich Svetlana. „Nein. Du bleibst bei mir. Deine Schwester wird sie schon herbringen...“ „Anastasia ist DEINE SCHWESTER?“, rief Mirka außer sich und hob sich auf das Bett, „du steckst mit ihr unter einer Decke?“ „Natürlich“, nickte die junge Frau neben dem Rollstuhl, „denn das tun Geschwister so. Du bist Einzelkind, Hiwatari. Du würdest es nicht verstehen!“ Mirka blickte sie wütend an und krallte ihre Fingernägel in die dünne Decke auf der Matratze, sage jedoch nicht weiter. Luna stupste sie mit ihrem Fuß an und lächelte schwach mit Tränen in den Augen. „Was haben sie dir nur angetan...“, murmelte Kais Frau kleinlaut und legte ihre Hand auf Lunas Oberschenkel. „Wir müssen nur noch ein bisschen durchhalten...unsere Männer werden schon bald hier sein und dann werden wir gut reagieren müssen. Ruh dich ein bisschen aus...“ „Hoffentlich sind sie bald hier!“ „Oh keine Sorge meine Kleine“, grinste der Mann finster und streckte die Hand in Richtung der Metalltür aus, „sage Dimitri, er soll mir sein Handy bringen. Ich muss einen alten Freund anrufen und ihn zu unserem kleinen Treffen einladen...“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Bryan stellte sich breitbeinig über Anastasia, ging in die Hocke und packte die junge Frau am Kragen ihres Kapuzenpullovers, woran er sie ein gutes Stück hochhob. „Und jetzt noch einmal ganz langsam für dich zum mitschreiben: du wirst uns auf der Stelle sagen, wo ihr Mirka hingebracht habt!“ Anastasia lachte großkotzig auf und spuckte dem Jungen ins Gesicht, woraufhin der sie wieder auf den Boden fallen ließ. „So kommen wir nicht weiter...“, raunte der Riese und schüttelte niedergeschlagen den Kopf. Tala und Kai, welche beide erschöpft auf einer Bank gleich daneben saßen schienen ebenfalls zu überlegen, wie sie die junge Frau zum reden animieren könnten. Bryan hatte die Spucke angewidert weggewischt und blickte herausfordernd zu seinem Teamchef. „Kriege ich freie Hand? Dann habe ich in wenigen Sekunden herausgefunden, wo wir hinmüssen!“ Tala blickte überlegend von Bryan zu Anastasia runter, welche ihn mit weit aufgerissenen Augen ansah. Für eine kurze Weile schien er ernsthaft zu überlegen. „Tala?“, rief ihn Bryan ungeduldig aus seinen Gedanken. Der Rotschopf nickte schließlich und sein Kollege ließ freudig die Knöchel seiner Finger knacken, bevor er sich erneut zu seinem Opfer beugte. „NEIIIIIIN!!“, schrie Anastasia nach nur wenigen Sekunden auf und strampelte wild mit ihren Beinen, „HÖR AUF!! BITTE!! BITTE HÖR AUF!!“ Kai stand von der Parkbank auf und wollte zu den beiden rüber humpeln, jedoch stellte sich Spencer in seinen Weg. Er schüttelte ausdruckslos den Kopf und bat Kai sich wieder zu setzten. „Lass mich vorbei“, forderte Junge trotzdem, „oder ich bahne mir einen Weg.“ „Das willst du nicht sehen Kai“, erwiderte Tala und klopfte auf die freie Stelle neben sich, „erhol dich noch ein bisschen...wer weiß was noch auf uns zukommt...“ „Du lässt ihn das wirklich machen?!“ „Lieber lass ich es Bryan machen als dich, Kai. Ich will mir gar nicht erst ausmalen, zu was du alles fähig bist, wenn es um Mirka geht...“ Kai hielt verärgert inne und versuchte so gut wie nur möglich die Schreie Anastasias auszublenden. Dann zuckte sein Kopf hoch und er sah sich um. „Was ist los?“, fragte Spencer, welcher immer noch vor Kai stand. „Hörst du das?“ „Wer hört das NICHT?!“ „Nein, nein...da klingelt etwas!“ Augenblicklich presste Bryan beide Hände auf den Mund seines Opfers und horchte ebenfalls. Tatsache! Da klingelte irgendwo an Anastasias Körper ein Handy. Ohne Hemmungen tastete Bryan ihren schlaffen Körper ab, fummelte das Telefon aus ihrer Hosentasche und warf es Tala zu. Noch bevor dieser irgendetwas sagen konnte nachdem er auf den grünen Knopf gedrückt hatte ertönte auch schon eine Stimme am anderen Ende. „Hallo Tala.“ „Ja?“ „Glückwunsch zu eurem Sieg über Anastasia. Sie ist eine wirklich gute Bladerin, welche ich selber ausgebildet habe. Sicherlich hat sie es euch nicht leicht gemacht, dennoch habt ihr sie besiegen können...“ Talas Augen wurden immer größer, je länger er der Stimme am anderen Ende zuhörte. Er blickte Bryan und Spencer erschrocken in die Gesichter, sagte jedoch keinen Ton. „Sei doch so zuvorkommend und bring Anastasia zurück zu mir. Ich weiß, dass es schon fast zu viel verlangt ist, aber es ist sowieso ein Aufwand, da ihr ja sowieso zu mir wollt. Ach und Tala?“ „Ja…?“ „Eine ganz reizende junge Dame befindet sich neben Kais Ehefrau ebenfalls in meiner Obhut. Keine Sorge es geht ihr gut. Solange du keine hinterhältigen Tricks versuchst wird das auch so bleiben. Trefft meinen Assistenten in einer Stunde im alten Gewerbegebiet. Er wird euch direkt zu mir bringen.“ Mit diesen Worten wurde das Telefonat abgebrochen, Tala hielt sich das Gerät noch eine Weile schweigend ans Ohr, bis er es endlich herunter nahm und den Kopf sinken ließ. „Was ist los? Wer war das?“, erkundigte sich Spencer, „du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen!“ „Ich weiß jetzt, mit wem wir es zu tun haben...“, raunte der Rotschopf und blickte angewidert in die Runde, „sie haben Mirka und Luna...“ „WAS? WER?“, wollte Kai aufgebracht wissen und sprang Tala regelrecht vor die Füße. „Boris...“, raunte der Teamchef der Blitzkrieg Boys, „Boris hat sie...alle beide...“ Noch bevor Spencer und Bryan die Worte richtig auf sich wirken lassen konnten war Kai von der Bank aufgesprungen, hatte seinen Teamkollegen, welcher immer noch über Anastasia gebeugt stand schwungvoll zur Seite gestoßen und packte nun die junge Frau am Kragen. „WILLST DU MICH VERARSCHEN!?!“, rief er wutentbrannt, „DU ARBEITEST FÜR BORIS??!“ Völlig hemmungslos schüttelte Kai sie am Kragen, so dass sich ihre Augen bereits nach hinten verdrehten und Bryan anerkennend pfiff. „Scheiße noch mal der Junge könnte mein Nachfolger werden!“, nickte er und tätschelte Kai zwei Mal auf die Schulter, „wenn du so weiter machst, dann verliert sie das Bewusstsein und dann kriegen wir gar keine Informationen mehr aus ihr heraus...“ „Wofür brauchen wir sie eigentlich noch?“, fauchte Kai, ließ von Anastasia ab und ging außer Puste in die Knie, wo er kurz verschnaufte, „wir haben doch die Informationen bekommen, wo wir ihn treffen sollen, oder?“ „Wir haben eine Anweisung bekommen“, murmelte Tala und starrte immer noch auf das Display, „er hat uns gesagt was wir machen sollen und das bereitet mir Sorgen.“ „Und was genau war diese Anweisung?“ „Wir sollen jemanden in einer Stunde im alten Gewerbegebiet treffen.“ „Und die da?“, erkundigte sich Bryan und zeigte mit dem Daumen über seine Schulter hinter sich. „Sie kommt mit uns“, sagte Tala entschlossen und erhob sich von seiner Bank, „zum Gewerbegebiet bräuchten wir zu Fuß normal 25 Minuten. Allerdings bezweifle ich, dass Kai und ich dieses Tempo in unserem Zustand halten können, außerdem ist Anastasia ebenfalls angeschlagen.“ „Wir rufen uns also ein Taxi? Ich setz mich sicherlich nicht neben sie!“, fauchte Kai und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe vorhin mit meinem Auto hier in der Nähe geparkt. Spencer! Du fährst!“ „Trotzdem setze ich mich nicht neben sie!“ „Musst du auch nicht“, lächelte Tala müde und warf dem Riesen seine Autoschlüssel zu, „wir haben extra für sie einen VIP Platz im Auto reserviert.“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Dimitri hatte sich zur Sicherheit hinter einen Glascontainer positioniert und wartete nun darauf, dass seine Gäste eintrafen. Da er sowieso viel zu früh dran gewesen war zündete er sich eine Kippe an und zog gierig. Den blauen Rauch stieß er in einer einzigen großen Wolke aus und beobachtete, wie er vom Wind als besagte Wolke weggetragen wurde. Gerade, als er einen erneuten Zug nehmen wollte bemerkte Dimitri, wie sein Handy in seiner Hosentasche vibrierte. „Valentina? Ich habe jetzt wirklich keine Zeit...“, begann er, wurde jedoch von lautem Schluchzen unterbrochen. „Ich kann nicht mehr!“, weinte sie jämmerlich, „Dimitri! Ich schaff das nicht!“ Der junge Krankenpfleger seufzte tief und rieb sich mit einer Hand die Schläfen. „Valentina...wir haben das doch schon so oft besprochen...was ist es denn diesmal?“ „Mein Kopf!“, jammerte sie, „er fühlt sich an, als würde er gleich platzen!“ „Auch das noch...“, murmelte Dimitri mehr zu sich als zu ihr, „hör zu, wir sind hier fast fertig. Es kann sich nur noch um ein paar Stunden handeln, je nachdem wie die Blitzkrieg Boys mitmachen...spätestens morgen sind wir wieder auf dem Weg nach Hause und dann wird alles wieder gut!“ „Dimitri...ich schaff das nicht!“ „Doch du musst! Bitte Valentina! Reiß dich zusammen!“ „ER war schon wieder da!“ „Wer er?“ „Na er!“ „Der mit dem falschen Namen?“ „JA! Erneut seufzte Dimitri und schmiss seine Kippe gefrustet auf den Boden. Er hatte ja geahnt, dass dieser Kerl noch lästig werden würde, aber dass er Valentina dermaßen aus der Bahn werfen würde... „Hör zu“, begann der junge Mann und zündete sich sogleich noch eine Zigarette an, „ich komme zu dir sobald ich kann! Falls dieser Kerl noch mal bei dir auftauchen sollte...“ Er beendete seinen Satz, als Dimitri einen Automotor näher kommen hörte. Er trat einen Schritt von dem Container weg und blickte Tala und Spencer direkt an, welche immer noch in dem Auto saßen. „Valentina sie sind hier ich muss Schluss machen. Falls dieser Typ dich weiter belästigt, dann weißt du, was du tun musst, okay?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten legte Dimitri auf und rauchte seine Kippe in wenigen Zügen auf, trat sie erneut aus und ging einige Schritte auf das Auto zu. Die Russen waren schwungvoll ausgestiegen und hatten dementsprechend die Autotüren zugeschlagen, während Dimitri seine Hände in seine Jackentaschen steckte und abwartete. „Bist du unsere Kontaktperson?“, fragte Tala angriffslustig, blieb jedoch in sicherer Entfernung stehen. Anscheinend waren er und Hiwatari von dem Kampf mit Anastasia immer noch erschöpft, das musste Dimitri zu seinem Vorteil nutzen, falls nötig. „Der bin ich. Ich heiße Dimitri. Habt ihr meine Schwester dabei?“ „Scheiße nochmal! Anastasia ist deine Schwester?!“, rief Bryan mehr empört als überrascht aus, „wie viele gibt es eigentlich von euch?“ „Spielt das denn eine Rolle?“ „Um weitere Überraschungen zu vermeiden“, grinste Tala schief, „wäre es vom Vorteil zu wissen, mit wie vielen Gegnern wir es tatsächlich zu tun haben!“ „Wir sind zu viert. Aber seit versichert, die vierte Person wird euch nicht in die Quere kommen.“ „Hat Boris etwa entschieden, dass sie nicht mehr bei eurem kleinen Verein mitspielen darf?“ „Sagen wir es mal so...“, begann Dimitri und kratze sich die Bartstoppel, „sie ist etwas angeschlagen...“ „Sie? Du hast also drei Schwestern?“ „Sieht so aus.“ „Armer Kerl!“ In diesem Moment stieg Kai aus dem Auto aus und blickte Dimitri erschocken an. „DU?!“ „Hallo Master Kai“, grinste der Krankenpfleger und winkte dem Jungen zu, als wären sie sich zufällig über den Weg gelaufen und würden gleich ein Pläuschchen über alte Zeiten halten. „Du kennst ihn?“, fragten Bryan und Spencer verwundert. „Er arbeitet im Krankenhaus mit meinem Vater zusammen.“ „Dann bist du also der Kerl, welcher meine Freundin hierher entführt hat?!“, fuhr Tala ihn an und bäumte sich auf. „Nein das war meine Schwester. Du müsstest sie ebenfalls kennen, Kai. Zumindest hast du sie immer gegrüßt.“ „Svetlana?“ „Richtig.“ „Ich habe doch gleich gewusst, dass Anastasia mir bekannt vorkommt.“ „Da wir gerade von ihr sprechen“, Dimitri machte eine winkende Handbewegung, „wärt ihr so nett...?“ Spencer ging um das Auto herum und öffnete den Kofferraum, woraufhin Dimitri eine Fratze zog und ein Kichern unterdrückte. Der Riese hob die junge Frau, welche immer noch mitgenommen aussah heraus und führte sie am Arm zurück zu den anderen. Als Anastasia ihren Bruder erkannte zog sie scharf die Luft ein und presste ihre Lippen aufeinander. Der Krankenpfleger verschränkte vielsagend die Arme vor der Brust und sie senkte gedemütigt den Kopf. „Sehr herzliches Widersehen“, bemerkte Bryan, „da wird mir gleich ganz warm ums Herz.“ „Machen wir es kurz und schmerzlos. Du gibst uns Luna und Mirka, dafür kriegst du deine Schwester wieder. Wie du siehst ist sie unversehrt!“, sagte Tala fest entschlossen. „Die Rechnung geht nicht auf“, grinste Dimitri und hob entschuldigend seine Schultern, „zwei Personen für eine? Oder kommt nur mir das unfair vor?“ Tala blickte zu Kai und dann zu den anderen beiden. Er schien mit sich selber zu ringen bevor er wieder zu Dimitri sah. „Wir verschonen ebenfalls dich und Boris. Wir verschwinden wieder nachdem wir die beiden Frauen haben und tun so, als wäre das hier nie passiert. Geht diese Rechnung auf?“ „Tala!“, rief Spencer empört aus, während die anderen beiden ihn nur überrascht anstarrten. „Ich möchte mit dieser Sache endlich abschließen! Es sind sowieso schon genug Personen verletzt worden! Also? Haben wir einen Deal?“ Dimitri zog eine Schnute: „Das habe ich leider nicht zu entscheiden.“ „Er sagt leider, als würde es ihn tastsächlich kümmern“, brummte Bryan, „was machen wir jetzt? So wie es aussieht kommen wir nicht drum herum, den alten Mann zu sprechen.“ „Eigentlich“, begann Dimitri und zündete sich erneut eine Kippe an, „brauche ich nur dich, Tala. Die anderen interessieren den Meister nicht.“ „Du wirst ihn nicht alleine bekommen!“, fuhr Spencer auf, „entweder alle oder gar keiner!“ „Wie ihr wollt.“ Mit diesen Worten wandte sich Dimitri ab und enfernte sich von den anderen. Auch als seine Schwester ihm verzweifelt hinterher rief blieb er nicht stehen. Die junge Frau riss sich aus Spencers Pranken und ließ sich weinend auf ihre Knie fallen. Dimitri war verschwunden, Bryan warf Tala einen fragenden Blick zu, während Anastasia sich auf dem Boden wie eine Katze zusammen rollte und hemmungslos weinte. „Was machen wir jetzt?“, erkundigte sich Spencer und trat neben seinen Teamchef. „Du weißt aber schon, dass Boris immer noch Luna und Mirka hat?!“, fauchte Kai aufgebracht, „wenn du nicht gehen willst, dann fein! Aber ich lasse meine Frau nicht in den ekelhaften Händen dieses Psychopathen!“ Tala biss sich auf die Lippen und knurrte irgendwas vor sich her, Kai blickte ihn immer noch wütend an, bevor er sich ebenfalls abwandte und Dimitri hinterher ging. „Kai warte!“, rief Spencer, „du bist immer noch völlig erschöpft! Was ist, wenn dort mehr Gegner sind?!“ „Ist mir egal! Ich rette meine Frau!“ In diesem Moment setzte sich Anastasia wieder aufrecht hin, wischte sich die Nase mit ihrem Ärmel ab und holte tief Luft. „Du wirst sie alleine nicht finden!“, rief sie Kai hinterher, welcher sofort stehen blieb, „du kommst nicht mal alleine hinein! Der Eingang ist versteckt.“ Alle Russen blickten zu ihr hinab und warteten ab, was noch überraschendes passieren könnte. Anastasia schien sich wieder einigermaßen beruhigt zu haben, jedoch kniete sie immer noch im Dreck, dort wo ihr Bruder sie zurück gelassen hatte. Kai ging in schnellen Schritte auf sie zu, packte sie an den Schultern und hob sie ächzend auf seine Augenhöhe. „Was ist dein Preis dafür, dass du mir hilfst?“, brummte Hiwatari und starrte ihr direkt in die türkiesen Augen, „willst du Geld? Kein Problem! Willst du ins Zeugenschutzprogramm? Lässt sich ebenfalls regeln...“ „Ich will Rache!“, fauchte die junge Frau in einem ebenso gefährlichen Tonfall, „ich will Boris!“ „Wenn das so ist“, grinsten Spencer und Bryan, „damit können wir dir mehr als aushelfen!“ Ihre Augen funkelten angriffslustig und sie entfernte Kais Hände von ihren Schultern. „Ich schmuggle euch rein, bringe dich und Iwanov zu euren Frauen. Wie ihr dann wieder raus kommt ist eure Angelegenheit! Und nur für den Fall, dass ihr ebenfalls auf Boris trefft: er gehört mir! Niemand manipuliert meine Familie so, dass sie sich gegen mich wendet!“ „Abgemacht“, sagte Tala entschieden, „dann lasst uns gehen, Freunde!“ Kapitel 17: Kapitel 17 ---------------------- Adrian war auf der Parkbank zusammengezuckt, als er das dermaßen laute Donnergrollen vernommen hatte, dass ihm sein Getränk regelrecht im Halse stecken blieb. Er blickte gen Himmel und beobachtete, wie schwarze Wolken binnen Sekunden alles verdunkelten, so als wäre es plötzlich tiefste Nacht geworden. Nch nur wenigen Minuten war allerdings schon wieder alles vorbei gewesen und der junge Franzose fasste sich an seinen Hemdkragen. „Was zur Hölle?“ Andere Passanten waren genauso geschockt gewesen wie er, also konnte er sich dieses Phänomen nicht eingebildet haben. Verwirrt ging er durch einen Teil des Parks, wo er nach kurzer Zeit ein Rufen vernahm. „MIRKA!!“ Das war doch... „MIRKA!! WO BIST DU?!“ Adrian versteckte sich hinter ein paar dicht aneinander stehenden Bäumen und beobachtete, wie Kai Hiwatari wie von der Tarantel gestochen hin und herlief. Er sah nicht nur verzweifelt aus sondern auch noch komplett ausgepowert! Er müsste jeden Moment bewusstlos umkippen. „Hier ist sie auch nicht“, sagte eine andere Stimme. Adrian ging leicht in die Hocke und beobachtete, wie dieser riesige Kerl an Kai herantrat und behutsam eine Hand auf seine Schulter legte. Sie gingen zusammen in die entgegen gesetzte Richtung, wo sich ein regelrechtes Schlachtfeld auftat. Was zur Hölle war hier passiert? Der Franzose riss seine Augen auf, als er die aufgerissene Erde sah, einen umgestürzten Baum und einige zerfetzte Sträucher. Er beobachtete, wie Kai sich neben Tala auf eine Bank niederließ, während die anderen beiden Russen neben einer Frau standen, welche weinend am Boden lag. „Heilige Scheiße! Was ist hier nur passiert?!“, raunte Adrian mehr zu sich selber. Er war immer noch zwischen ein paar Sträuchern in Deckung gegangen, um alles in Ruhe beobachten zu können. „Sie müssen Mirka entführt haben, als Kai seine Super Nova Attacke eingesetzt hat. Wir waren alle so sehr auf ihn konzentriert, dass die ohne jede Spur mit ihr verschwinden konnten.“ KAI soll das hier gewesen sein? Adrian begutachtete das Schlachtfeld erneut. So einen Schaden konnte niemand mit bloßen Händen anrichten und Maschinen, welche soetwas schafften konnte er nirgenwo sehen. Wie also... In diesem Moment fing die junge Frau am Boden hysterisch zu schreien an und ließ Adrian wieder aus seinen Gedanken aufschrecken. „HÖR AUF!! BITTE!! BITTE HÖR AUF!!“ Kai stand von der Parkbank auf und wollte zu den beiden rüber humpeln, jedoch stellte sich Spencer in seinen Weg. Er schüttelte ausdruckslos den Kopf und bat Kai sich wieder zu setzten. „Lass mich vorbei“, forderte Junge trotzdem, „oder ich bahne mir einen Weg.“ „Das willst du nicht sehen Kai“, erwiderte Tala und klopfte auf die freie Stelle neben sich, „erhol dich noch ein bisschen...wer weiß was noch auf uns zukommt...“ Was für eine Horrorshow zogen diese Freaks denn bitte ab? Adrian öffnete die ersten Knöpfe seines Hemdes und hoffte dadurch wieder besser atmen zu können. Seine Hände fühlten sich steif und eiskalt an, seine Haut war blass geworden. Wieso hatte er plötzlich solche Panik? Was genau machte Adrian in diesem Moment so viel Angst?! „WILLST DU MICH VERARSCHEN!?!“, rief Kai plötzlich wutentbrannt, „DU ARBEITEST FÜR BORIS??!“ Adrian beobachtete mit weit aufgerissenen Augen wie Kai völlig hemmungslos die eben noch am Boden liegende Frau am Kragen gepackt hatte und schüttelte sie dermaßen, so dass sich ihre Augen bereits nach hinten verdrehten. Alter!! Jemand muss da doch eingreifen! Wieso hilft ihr denn niemand und seit wann ist Hiwatari Frauen gegenüber so aggressiv? Adrian erkannte seinen früheren Freund nicht mehr. Der junge Mann bemerkte, wie seine Beine zitterten und immer mehr an Gefühl verloren. Er musste sich auf den blanken Boden setzen um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Hoffentlich hatten ihn die Russen nicht bemerkt, als er sich unter einem Ächzenden Geräuch niederließ... „Wir sollen jemanden in einer Stunde im alten Gewerbegebiet treffen.“ „Und die da?“, erkundigte sich Bryan und zeigte mit dem Daumen über seine Schulter hinter sich. „Sie kommt mit uns“, sagte Tala entschlossen und erhob sich von seiner Bank, „zum Gewerbegebiet bräuchten wir zu Fuß normal 25 Minuten. Allerdings bezweifle ich, dass Kai und ich dieses Tempo in unserem Zustand halten können, außerdem ist Anastasia ebenfalls angeschlagen.“ „Wir rufen uns also ein Taxi? Ich setz mich sicherlich nicht neben sie!“, fauchte Kai und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe vorhin mit meinem Auto hier in der Nähe geparkt. Spencer! Du fährst!“ Adrian beobachtete, wie diesere riesige Kerl die junge Frau vom Boden aufhoben und sich mit Leichtigkeit über die Schulter warf, wo sie wie ein nasser Sack Kartoffeln bewegungslos liegen blieb. Kai und Tala hatten sich beide schwerfällig von der Bank erhoben und folgten dem Riesen, während Bryan sich noch einmal den aufgerissenen Boden ansah und anerkennend nickte. Dann verschwand auch er. Diese Typen waren Adrian schon immer unheimlich gewesen aber nach so einer Aktion. Selbst Kai, welchen er seit seiner frühsten Kindheit kannte. Der junge Mann hörte, wie in der Nähe mehrere Autotüren zugeschlagen wurden und kurz darauf ertönte ein Motor, welcher sich nach und nach entfernte. Kurz darauf erhob er sich und klopfte den lockeren Dreck von seiner Hose. Er verließ den Park mit immer noch zittrigen Beinen und warf seine leere Dose in einen Mülleimer, als er eine völlig aufgelöste Ulrike aus dem Haus gegenüber von sich laufen sah. Adrians Magen verkrampfte sich erneut, als er an das Gespräch mit ihr von vor gut einer Stunde zurück dachte. Das sie schwanger von diesem gruseligen Typen sei, diesem Bryan. Adrian hätte in diesem Moment kotzen können, so übel war ihm bei dem Gedanken. Ulrike lief hastig zu ihrem Auto und suchte etwas in ihrer Handtasche, während er am überlegen war, ob er nicht doch noch mal zu ihr rüber gehen und mit ihr reden sollte. Dass er im Streit mit ihr auseinander gegangen war schmerzte irgendwo in seiner Brust und er war zu gut erzogen worden, als dass Adrian sich so von ihr trennen wollte. Er wechselte die Straßenseite und ging in langsamen Schritten auf sie zu, als Ulrike schluchzend ihr Handy ans Ohr hielt und ungeduldig wartete. Kurz bevor der Franzose hinter ihr angekommen war schien ihre Kontaktperson am anderen Ende der Leitung das Gespräch angenommen zu haben. „Dimitri...ich schaff das nicht!“, rief Ulrike völlig aufgelöst ins Telefon hinein. Adrian blieb ruckartig stehen und riss seine Augen auf, bevor er sich erneut hinter dem Auto gleich nach Ulrikes versteckte. Was die Leute nur dachten, welche diese Szene im Vorbeigehen beobachteten? Wer zum Teufel war jetzt dieser Dimitri? Adrian ging sämtliche Personen in seinem Kopf durch, die Ulrike je erwähnt hatte, doch dieser Name war ihm völlig neu. Nüchtern musste er feststellen, dass er diese Frau anscheinend gar nicht zu kennen schien und diese Erkenntnis schmerzte dem jungen Mann sehr. Wie dumm und naiv musste er tatsächlich gewesen sein, sie zu fragen ob sie ihn heiraten wollte? Geschweige denn Kinder mit ihm zu bekommen... „Mein Kopf!“, jammerte sie, „er fühlt sich an, als würde er gleich platzen!“ Klar hast du Kopfschmerzen, dachte sich Adrian und lachte sich in die Faust. Wenn mein Leben so dermaßen auf dem Kopf stehen würde wie deines hätte ich wahrscheinlich eine dauerhafte Migräne. Moment...mein Leben steht ja ebenfalls auf dem Kopf... Adrian stutzte kurz und ließ die letzten wichtigen Ereignisse noch einmal durch den Kopf gehen. Scheiße! Verdammt noch mal! Wieso lache ich über sie wenn es mir keinen Deut besser geht?! „ER war schon wieder da!“, fauchte Ulrike jetzt ins Telefon und ließ Adrian wieder neugierig aufhören. Meinte sie mit 'er' etwa ihn? „Na er!“ Sie konnte nur ihn meinen. Shit! Wie tief saß Adrian nach diesem Gespräch mit Ulrike eigentlich in der Scheiße? Sollte dieser Dimitri ihr großer Bruder sein? Falls das so sein sollte...Adrian schluckte schwer. Er überlegte und kam zu der Erkenntnis, dass sich Dimitri verdammt russisch anhörte und Adrian wusste seit kurzem, zu was diese Russen fähig waren! Shit! Demnächst liege ich 3 Meter tiefer! Ulrike tippte gefrustet auf ihrem Display herum, warf das Handy unachtsam auf ihren Beifahrersitz und fuhr mit quietschenden Reifen los. Sie schien ihn tatsächlich nicht bemerkt zu haben. „Auch ich darf mal Glück haben...“, murmelte Adrian und stellte fest, dass sein eigenes Auto nur knapp 10 Meter weiter geparkt stand. Er seufzte tief, straffte wieder seine Schultern und öffnete die Autotüre. Nach kurzem Zögern steckte er den Schlüssel ins Zündschloss und startete seinen Motor ebenfalls. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Anastasia führte die Blitzkrieg Boys in eine verlassene Lagerhalle und ging zielstrebig in Richtung Damentoilette. „Echt jetzt? Kannst du es dir nicht mehr verkneiffen?“, lachte Bryan höhnisch auf. Ohne zu antworten ging die junge Frau in den Raum hinein und winkte die Jungs zu sich. Nach kurzem Zögern folgten sie ihr alle in die Damentoilette. „Geht es nur mir so, oder fühlt ihr euch auch...fehl am Platz?“, erkundigte sich Spencer und schauderte. Anastasia machte sich an dem Wandspiegel zu schaffen, indem sie diesen nach ein paar Mal rütteln von der Wand abhängte und ein kleines Display zum Vorschein kam. Sie drückte darauf herum und kurz darauf ertönte ein leises Klicken. „Echt jetzt?!“, rief Bryan erneut aus, „der Eingang ist in der Damentoilette versteckt gewesen? Darauf wäre niemand von uns gekommen!“ „Darum habe ich ja gesagt, dass ihr ohne mich nicht weiterkommen würdet.“ Die junge Russin öffnete die Kabine hinter sich und drückte mit einem ächzenden Geräuch die Toilette nach hinten. Unter einem Knarzendem Geräusch schob sich das kleine Podest nach hinten in die Wand und eine schmale Treppe erschien. Spencer pfiff anerkennend. „Ich hoffe keiner von euch leidet unter Klaustrophobie?“, erkundigte sich Anastasia und blickte in die Runde, „da unten wird es gleich sehr eng.“ Alle vier Jungen schüttelten die Köpfe und sie schaltete die Taschenlampe ihres Handys an, bevor sie voran ging. „Leute? Wieso habe ich plötzlich das Gefühl wieder in der Abtei zu sein?“, fröstelte es Spencer und er rieb sich die Arme. „Diese Gänge sehen denen in Russland tatsächlich zum verwechseln ähnlich! Wie lange gibt es das hier schon?“, erkundigte sich Tala, welcher gleich hinter Anastasia ging. „Boris hat das hier errichtet noch bevor er die BEGA gegründet hatte“, murmelte sie wie in Trance, „Hätte er damit jemals Erfolgt gehabt, dann wäre das hier seine neue Basis für seine Experimente geworden.“ „Welche Experimente wären das denn diesmal gewesen?“, fragte Kai. „Unsterblichkeit.“ „NATÜRLICH!“, rief Bryan verärgert aus, „als wären die Sachen, welche er damals an uns ausprobiert hatte nicht schon schlimm genug gewesen.“ „Nachdem die BEGA zerstört wurde baute Boris' Immunsystem praktisch täglich immer weiter ab. Er alterte erschreckend schnell und wir dachten schon, dass das sein Ende sei. Dann erfuhren wir, dass er ein Ass im Ärmel hätte.“ „Boris hatte schon immer einen Plan B“, meinte Tala und rümpfte die Nase, „was ist das für ein Geruch?!“ „Willst du nicht wissen.“ Nach kurzem Schweigen traute sich der Rotschopf erneut zu fragen. „Wie...wieso wollte Dimitri vorhin eigentlich nur das ich mit ihm gehe?“ „Weil Boris nur deine DNA braucht.“ „Meine WAS??“ „DNA. Er braucht eine Blutspende von dir.“ Tala blickte Anastasia angewidert an. „Dieser kranke Bastard!“ „Was hätte er gemacht, wenn Tala ihm dies verwehrt hätte? Was wäre dann sein Plan B gewesen?“ „Zum einen hatte er dafür Luna Sternlieb entführen lassen. Als Druckmittel.“ „Und wofür braucht ihr dann zusätzlich noch meine Frau?“ „Das ist der Plan B wenn der ursprüngliche Plan B nicht aufgegangen wäre.“ „Versteh gerade nur ich nicht, was Kai und Mirka mit dieser ganzen Geschichte zu tun haben?“ „Boris weiß anscheinend, dass ich im hohen Rat der Chevallier Familie aufgenommen wurde. Daher weiß er auch, dass ich dementsprechend über Macht und Mittel verfüge, Tala gefügig zu machen, damit er an diese Blutspende kommt. Liege ich da richtig?“ „Völlig richtig.“ „Woher weiß er das alles?!“ „Voltaire“, bemerkte Kai tonlos, „schon vergessen dass Boris und er damals Geschäftspartner waren? Wer meinst du hat die Abtei und das Untergrundlabor finanziert?“ „Du sagtest vorhin, dass Boris euch manipuliert hat. Meintest du damit eine Art von Gehirnwäsche?“, erkundigte sich Bryan und schloss näher zu Anastasia auf. „Das ist tatsächlich genaus das was ich gemeint habe“, raunte die junge Frau ohne ihn anzusehen, „unsere Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen und Valentina und Dimitri haben versucht uns durch zu füttern. Irgendwann kam mein Bruder von einem Beutezug nach Hause und meinte er hätte eine Lösung für unser aller Probleme. So sind wir zu Boris gekommen.“ „Lass mich raten! Er hat euch liebevoll aufgenommen, euch sämtliche Wünsche von den Lippen abgelesen, neue Kleider besorgt...“, zählte Bryan an seinen Fingern ab, „und ihr habt ihn jede Lüge geglaubt, die er euch erzählt hat!“ „Genauso war es.“ „Hat er euch dann auch tätowieren lassen?“ Anastasia blieb augenblicklich stehen und starrte Spencer mit leuchtenden Augen an. Ihr Blick wanderte durch die Runde und blieb schlussendlich an Kai haften. „Mich nicht. Und Svetlana auch nicht. Wir...wir hatten uns noch zu sehr gegen die Gehirnwäsche gewehrt...Wir gehorchten nicht so bedinungslos wie Dimitri oder Valentina.“ „Sei froh darüber“, murmelte Tala abwesend, „diese Tätowierung zeichnet uns fürs Leben.“ „Aber du hast auch keine, Hiwatari. Wie kam es dazu?“ „Nachdem ich mit Black Dranzer die halbe Abtei in die Luft gesprengt hatte war ich anscheinend in Ungnade gefallen“, scherzte Kai, „ich war nach diesem Vorfall für viele Jahre nicht mehr dort, hatte sogar einen Teil meiner Erinnerungen verloren.“ „Davon hat Boris uns viel erzählt. Du bist der Auserwählte, der Black Dranzer als Einziger Blader kontrollieren kann.“ „So wie du das sagst müsste ich mich geehrt fühlen.“ „Wie lange hat es gedauert, bis du deinem Großvater nach all dem verziehen hast?“ „Hab ich nicht.“ „NICHT?“ „Nein. Aber nach all den Jahren habe ich für mich entschieden es ruhen zu lassen. Selbst ich kann nicht für den Rest meines Lebens auf ein und derselben Sache herumhacken.“ Anastasia setzte ein leichtes Lächeln auf und ging weiter. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Was machen deine Schmerzen?“, erkundigte sich Mirka und schielte auf Lunas Bauch, „sind sie arg schlimm?“ „Ich denke, dass Svetlana mir vorhin ein Betäubungsmittel gegeben hat“, murmelte diese, „ich kann meinen Bauch und meine Beine nicht mehr spüren.“ „Trotz allem hat sie sich also gut um dich gekümmert?“ „So ironisch wie das auch klingen mag“, schmunzelte Luna müde. „Sie hätte uns wenigstens eine Uhr hier lassen können!“ „Für was?“ „Ich hasse es, nicht zu wissen wie spät es ist...“ „In einer solchen Situation ist es ziemlich nebensächlich wissen zu wollen, wie spät es ist.“ „Ich weiß...“, schmollte die Russin und lief kurz nervös in dem kleinen Raum hin und her. Luna beobachtete die Szene, welche sich ihr bot und klopfte neben sich auf die Matratze. Mirka seufzte schwerfällig und setzte sich schließlich. Sie ließ ihren Blick durch die dunkle Zelle schweifen. „Meinst du, dass sie auf dem Weg hierher sind?“ „Ganz bestimmt.“ Mirka seufzte erneut schwefällig. „Du wirst sehen, spätestens heute Abend liegst du mit einem Glas Champanger in der heißen Badewanne und genießt dein Schaumbad. Danach wirst du mit deinem Ehemann ein nettes Dinner essen...“ „Wann ist heute Abend?“, schmollte Mirka. „Das weiß ich leider nicht...“ Die beiden Frauen belächelten ihre Situation niedergeschlagen und horchten auf, ob sie irgendeine Bewegung auf dem Flur vernommen hatten. Nachdem weitere fünf Minuten nichts zu hören war wandte sich Mirka an ihre Freundin. „Weißt du...denn schon...“, begann sie zögernd und versuchte es so alltäglich wie nur möglich klingen zu lassen, „das Baby?“ „Du meinst das Geschlecht? Es ist ein Junge.“ „Ah...“, lächelte Mirka, „ein neues Team Mitglied! Da wird sich Tala aber freuen!“ „Das wird aber noch einige Jahre dauern, bis er zu einem vollständigen Mitglied der Blitzkrieg Boys wird“, lachte Luna auf und versuchte ihre angekettete Hand zu entspannen. „Habt ihr schon einen Namen ausgesucht? Oder welche in der engeren Auswahl?“ „Tala gefällt Ilja oder Piotr. Fedja wäre auch einer seiner Favoriten.“ „Natürlich russische Namen“, kicherte Mirka. „Natürlich! Da gäbe es auch nie eine Diskussion für ihn.“ „Was hätte denn dir gefallen? Oder bist du Mit seinen Vorschlägen zufrieden?“ „Mir würde Yuriy sehr gut gefallen“, schwärmte Luna und setzte ein erwärmtes Lächeln auf, „der klingt so schön. Und du kannst ihn gut rufen wenn er mal was angestellt hat.“ „Kai möchte noch mit Kindern warten...“, seufzte die Russin und blickte in die imaginäre Ferne, „vorallem jetzt, da er ein Mitglied im hohen Rat der Chevallier geworden ist wird es noch länger dauern...“ „Und du willst jetzt schon welche?“ „Irgendwie schon...“ „Du bist kaum 20! Genieß doch eure Zeit zu zweit, solange es noch geht!“ „Ich wollte immer viele Kinder. Einen ganzen Haufen! Aber Regeln der Chevallier besagen, dass sobald ein Erbe geboren wurde die Kinderplanung automatisch abgeschlossen ist. Deswegen ist Kais Familie auch so klein.“ „Mit Erben meinst du einen Sohn, richtig?“ „Richtig.“ „Aber wenn Kai doch jetzt selber die Regeln neu schreiben kann...“, überlegte Luna, „dann kann er diese Regel doch sicher lockern, oder?“ „Selbst wenn es so einfach wäre die Regeln neu zu schreiben ist Kai zu sehr mit den noch vorhandenen aufgewachsen, als das er daran etwas ändern würde...“ „Meinst du?“ Mirka zuckte abwesend mit den Schultern. „Rede mit ihm...sag ihm, dass du eine ganze Rasselbande haben möchtest! Er wird es verstehen...“ „Du meinst heute Abend? Nach einer enspannten Badewanne und einem schönen Dinner?“ „Ja“, lächelte ihr Gegenüber, „heute Abend!“ Luna und Mirka sahen beide erschrocken auf, als die große Metaltür quietschend aufgeschoben wurde. Dimitri trat ein und packte die Russin ohne Vorwarnung oder jeglichen Kommentar am Arm. „HEY! LASS MICH LOS!“, fauchte diese und wehrte sich mit aller Kraft. „LASS SIE IN RUHE!“, rief Luna panisch und fuchtelte mit ihrem Arm, da sie kein Gefühl in ihren Beinen hatte und immer noch am Bett gefesselt war. „Die Pläne haben sich geändert“, bemerkte Dimitri und verdrehte Mirka den Arm so, dass sie unter Schmerzen noch mehr aufschrie, „kommst du jetzt mit?“ „Du Arschloch!!“ „Beschimpf mich ruhig, wie du willst, Hiwatari.“ Mit Leichtigkeit zog er die junge Russin mit sich und ließ Luna völlig alleine zurück. Dimitri ging diesen düsteren Gang entlang und zerrte Mirka neben sich her. „Was hast du vor?“ „Vorkehrungen treffen.“ „Was für...?“ „Du würdest es sowieso nicht verstehen, also halt den Mund und versuche ja keinen Fluchtversuch.“ Mirka knurrte etwas böses auf russisch, worauf Dimitri breit grinsen musste. Sie erreichten eine weitere große Metaltür und betraten einen Raum mit mehreren medizinischen Geräten, sowie eine Liege, einen Tisch mit hoffentlich sterilen OP Besteck und einen riesigen Wassertank mit einer hellgrünen blubbernden Flüssigkeit darin. „Scheiße! Dreht ihr hier drin einen Snuff Film?“, fragte Mirka erschrocken und riss die Augen weit auf. „Nein. Pornos.“ „Dein Ernst?!“ „Du hast gefragt.“ Er wies Mirka an, sich auf den Stuhl zu setzen, welcher an einen Behandlungsstuhl vom Zahnarzt erinnerte. Außer das er lederne Schnallen an den Armlehnen hatte. Jeder Gruselfilmressigeur wäre neidisch gewesen! „Willst du mich jetzt fesseln und quälen?“ „Wenn ich es dir verraten würde, wo würde dann der Reiz bleiben“, grinste Dimitri erneut und schaltete den großen Monitor an. „Bitte verzeih meinen Assistenten“, ertönte plötzlich Boris' Stimme, welcher in seinem Rollstuhl hinter dem Glascontainer erschien, „er hat manchmal den Drang zur Dramatik...“ „Dramatik?“, wiederholte Mirka angewidert, „das hier ist einfach nur krank!“ „Ich bin krank meine Liebe...“, lächelte Boris geschwächt. „Allerdings!“ „Sie sind hier“, unterbrach Dimitri die beiden und zeigte auf den Monitor, „sie sind alle hier.“ „Sehr schön...ah...Master Kai...wie es aussieht wirst du deinen Ehemann schon bald wieder in die Arme schließen können!“ „Kai...“, murmelte Mirka, als sie ihren Mann auf dem Monitor entdeckte, „bitte pass auf dich auf!“ „Ihm wird nichts passieren. Vorausgesetzt Tala kooperiert.“ „Ihr werdet Kai nichts antun, habt ihr mich verstanden?!“, fauchte Mirka und fuchtelte wild mit ihren Armen. Dimitri verdrehte genervt die Augen und packte sie blitzschnell an ihrem schmalen Hals, an welchem er die junge Frau in die Stuhllehne presste. Mirka erstarrte augenblicklich und blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Du wirst hier jetzt genauso sitzen bleiben! Ich möchte dich eigentlich nicht fesseln, aber wenn du weiter so herum zickst, dann sehe ich mich dazu gezwungen!“ „Dimitri! Lass sie los!“, befahl Boris und der junge Mann gehorchte sofort. Wie in Zeitlupe setzte sich die junge Frau wieder auf und fasste sich an den Hals. Er schien es verdammt ernst zu meinen, sie würde besser aufpassen müssen! „Wir haben vielleicht nur noch wenige Minuten, bis unser Besuch Luna oder uns hier entdeckt. Schau du, dass bis dahin alles vorbereitet ist!“, befahl der alte Mann und Dimitri machte sich sofort an die Arbeit. Es klapperte und klimperte, während Mirka nur auf Dimitris Rücken schaute. Ihr Blick wanderte zu Boris, welcher wie in Trance vor sich herglotzte und ihr keinerlei Beachtung schenkte. Mirka blickte zu der Tür und überlegte, wie viele Schritte es wohl waren. Sie griff völlig geräuschlos neben sich auf den Tisch und umfasste das Skalpell, bevor sie sich wie in Zeitlupe von dem Stuhl gleiten ließ. „Niemals zögern, wenn du deinen Gegner angreifst“, hatte ihr Kai damals während eines Übungsmatch gegen Spencer erklärt, „je länger du zögerst, umso länger hat dein Gegner Zeit sich für seinen Gegenangriff vorzubereiten!“ Mirka holte tief Luft und umklammerte das Skalpell noch fester. In dem Moment wo sich Dimitri wieder zu ihr umdrehte sprang sie nach vorne, das Skalpell fest umklammert und rammte es in seine Schulter, stieß ihn von sich und rannte zu der Tür. Ich muss nur aus diesem Raum fliehen! Nur raus hier!, war der einzige Gedanke, welchen Mirka in dem Moment noch klar denken konnte. Gerade als sie den Türgriff zu fassen bekam wurde das schwere Metal von der anderen Seite aufgeschoben und Kai sah sie mehr überrascht als erleichtert an. Eine Welle des Triumphes durchströmte Mirka augenblicklich und sie jubelte innerlich auf. „Ah!“, gab sie erleichtert von sich, als sie realisierte, wer da vor ihr stand. Die beiden streckten ihre Hände nach dem anderen aus, als Mirka plötzlich einen fürchterlich stechenden Schmerz im Rücken wahrnahm. Der laute Knall, welcher zeitgleich zu dem Schmerz ertönte klingelte heftig in ihren Ohren und Mirka ließ sich mit weit aufgerissenen Augen nach vorne fallen, bekam jedoch noch Kais Hemd zu fassen und krallte ihre Finger hinein. Während ihre Beine immer mehr an Gefühl verloren und ihr Körper langsam zu Boden sank blickten sich die Beiden tief in die Augen. „Es tut mir leid“, lächelte die junge Russin, ihre Augen mit Tränen gefüllt, „aber ich habe gezögert...er hatte Zeit für einen...Gegen...“ „MIRKA!! NEIN!!“, hörte sie Kai noch schreien, doch da wurde schon alles schwarz um sie herum. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Luna zuckte bei dem lauten Knall fürchterlich zusammen und horchte. Nein. Es war wieder völlig still um sie herum. Zu still. Unruhig rutschte sie auf dem Bett herum, und zerrte an ihrer Fessel, als ihre Zimmertür aufgeschoben wurde und Svetlana eintrat. Sie hatte sich anscheinend umgezogen, denn anstatt ihrer Klinik Kleidung trug sie jetzt einen schwarzen Kapuzenpullover und zerrissene Jeans, ihre lockigen Haare hingen in leicht zerzausten Strähnen vom Kopf. Außerdem war sie völlig außer Atem und Dreck. „Was ist passiert? Hat da jemand geschossen?“, wollte Luna wissen und rüttelte an ihrer Fessel. „Keine Zeit für Erklärungen!“, hustete sie junge Russin, hechtete zum Bett und schnitt die Kabelbinder los, „kannst du laufen?“ „Laufen? Mir wurde vor wenigen Stunden der Bauch aufgeschnitten und eine Betäubung verabreicht und du fragst mich ernsthaft, ob ich laufen kann?“ „Ich trage sie!“, ertönte plötzlich eine Männerstimme und Spencer erschien hinter Svetlana. „SPENCER!!“ „Hallo, Prinzessin“, grinste der Riese und schob seine muskulösen Arme unter ihren Beinen durch, „du musst jetzt tapfer sein!“ „Was ist passiert? Ist jemand verletzt?“ „Wir haben keine Zeit!“, fauchte Svetlana und zerrte an Spencers Shirt, „wir müssen meine Schwester finden und dann raus hier!“ „Dann finde du Svetlana und ich bringe Luna hier raus!“, entschied der Riese. „Hä? Ist das da nicht Svetlana?“, wollte Luna überrascht wissen. „Das ist Anastasia. Ihre Zwillingsschwester.“ „Scheiße noch mal! Wie viele gibt es eigentlich von euch?!“ „Später!“, murmelte Spencer und hob sie mit Leichtigkeit hoch, „bringen wir dich erst mal in Sicherheit!“ „Wo ist Tala?“ „Jetzt!“, fauchte Anastasia und winkte den Riesen zu sich, „schnell!“ In dem Gang roch es fürchterlich und Luna hatte große Mühe ihren Mageninhalt in sich zu halten, das Geschaukle von Spencer machte es auch nicht leichter. Er eilte der jungen Russin hinterher, welche sich hier unten anscheinend blenden auskannte. „Schnell! Hier entlang!“ Ein weiterer lauter Knall ertönte und Spencer und Anastasia blieben wie angewurzelt stehen. Stille. „Verdammt!“, fluchte Spencer und setzte Luna auf dem Boden ab, „ich bin gleich wieder da! Du bewachst sie mit deinem Leben, verstanden?!“ „Du kannst doch jetzt nicht einfach abhauen!“, rief Luna aufgebracht, doch da war der Russe schon in die andere Richtung verschwunden. Talas Freundin blickte zu der jungen Russin auf. Diese schien genauso ratlos zu sein wie sie. „Kannst du sicher nicht laufen?“, raunte diese dann nochmal und beugte sich zu Luna herunter. „Du meinst das jetzt nicht wirklich ernst oder?“, fragte Luna und hob beide Augenbrauen. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Adrian stoppte sein Auto hinter dem Zaun, welcher das Betriebsgelände umschloss und beobachtete, wie Ulrike hastig in das Gebäude rannte. Sie hatte alles andere im Auto liegen gelassen, was also wollte sie hier? Der junge Franzose überlegte eine Weile, dann stieg er aus dem Gefährt aus und blieb an dessen Motorhaube stehen. Irgendwie hatte er ein sehr unwohles Gefühl bei der Sache, sein Magen verkrampfte regelrecht, je länger er auf das Fabrikgebäude guckte. Er schluckte schwerfällig, sah sich noch ein letztes Mal um, bevor er mit wackligen Beinen das Gelände betrat. „Zutritt verboten!!“, las er auf dem Schild. Wieso war Ulrike in dieses Gebäude gestürmt? Was gab es dort für eine junge Studentin, die vielleicht vor ein paar Tagen erst erfahren hatte, dass sie schwanger von einem Typen war, der ihr keinerlei Beachtung mehr schenkte. Sie würde doch nicht etwa...? „Oh Gott!“, stieß es aus Adrians Mund hervor und der Junge rannte dem Mädchen hinterher. In der Halle angekommen, welche von innen noch gruseliger aussah als von außen rief er ein paar mal ihren Namen laut, bekam jedoch keine Antwort. Adrian begab sich quer durch die Halle, zuckte bei jedem noch so kleinen Geräusch zusammen. Er legte seine Hände seitlich an sein Gesicht, während er versuchte durch die Glasscheibe in dem alten Büro jemanden oder etwas zu erkennen. Nichts. Verunsichert öffnete er die Tür zur Damentoilette, da er stark davon ausging die junge Frau dort weinend vorzufinden. Doch außer einer nackten Glühbirne und heruntergekommenen Kabinen fand er nichts vor. Vielleicht war sie ja um das Gebäude herumgegangen? Aber wieso sollte sie sowas tun? Warum zur Hölle sollte Ulrike generell in einem heruntergekommenen Betonbunker Zuflucht suchen und vorallem warum? Adrian kickte niedergeschlagen einen kleinen Stein vor sich her. Was hatte er sich nur hierbei gedacht? Hatte er ernsthaft geglaubt, dass Ulrike ihm weinend um den Hals fallen und sich bei ihm für ihr Verhalten entschuldigen würde? War er tatsächlich so dumm und naiv gewesen? „Oh Mann...“, seufzte er und ging aus der Damentoilette heraus, „es wird Zeit mich mal in Therapie zu begeben...“ In dem Moment, als die Tür hinter ihm ins Schloss klickte hörte Adrian einen lauten Knall und zuckte heftig zusammen. „Heilige Scheiße! Ich habe die Tür doch gar nicht zugeworfen!!“, rief er außer sich und raufte sich seine kurzen Haare. Seine Beine waren jetzt noch zittriger und sein Atem ging unregelmäßig, von seinem Puls ganz zu schweigen. Vorsichtig drückte er die Tür zur Damentoilette einen Spalt weit auf. Vielleicht war ja auch nur etwas heruntergefallen? Hier drin gab es sicherlich Mäuse und Ratten, welche beim herumlaufen irgendwelche Trümmerteile bewegten und diese dann zu Boden fielen. Ja! Das muss es gewesen sein, was er eben noch gehört hatte! „Therapie! Ich höre jetzt schon Sachen, die können gar nicht passiert sein! Hier ist ja niemand...“ Erneut wandte sich der Franzose zum Gehen ab, als dieser laute Knall sich wiederholte. „Nur eine Ratte...oder gar ein Waschbär!“, murmelte er und versuchte sich selber zu beruhigen, während er immer schneller in Richtung Ausgang hechtete. Und dann hörte er etwas, was Adrian augenblicklich das Blut in den Adern gefrieren ließ. „MIRKA!! NEIIIN!!!“ Ruckartig blieb er stehen, seine Augen weit aufgerissen, seine Hände zitterten heftig. Verdammt noch mal! Das da konnte er sich nicht eingebildet haben! *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Kai presste den Körper seiner Frau an sich und schluchzte, seine Hand streichelte Mirka behutsam über den Kopf, während er seinen Tränen freien Lauf ließ. Tala und Bryan starrten geschockt auf die beiden vor sich, sie waren völlig bewegungslos und wagten es nicht auch nur zu atmen. In dem Raum herrschte eisige Stille. Während Dimitri die immer noch rauchende Waffe wieder senkte blickte Boris nüchtern auf die Szene, welche sich ihm gerade darbot. Bryan war der erste, welcher die Fassung wieder zurück erlangte. Seine Zähne knirschten gefährlich feste aufeinander, seine Hände waren zu Fäusten geballt. „DU!!“, rief er und zeigte Dimitri seine Faust, welche vor Wut zu zittern begann, „ICH WERDE DICH VERNICHTEN!!“ „Dann komm her“, sagte der andere Russe gleichgültig und richtete seine Waffe auf Bryan, „sie war selber Schuld. Wäre sie sitzen geblieben wäre das niemals passiert.“ Ohne jede weitere Warung sprang Bryan nach vorne, Tala streckte zwar noch die Hand nach ihm aus um ihn zurück zu halten, doch es war schon zu spät. Der Rotschopf rief seinem Freund noch etwas hinterher, doch da lud Dimitri bereits durch und drückte erneut ab. Bryan machte einen Satz zur Seite, so dass die Kugel lediglich seinen rechten Arm striff und hinter ihm in die Wand einschlug. Dann warf er sich mit seinem ganzen Gewicht gegen Dimitri und riss diesen zu Boden. Während sich die beiden auf dem blanken Beton wälzten gelang es Bryan nicht die Waffe aus Dimitris Händen zu entfernen, welcher hingegen immer wieder versuchte seinen Angreifer mit eben dieser zu treffen. Ein weiterer Schuss löste sich, schlug in der Decke ein, so dass der Putz herabblöckelte. „BRYAN!“, rief Tala und wollte seinem Freund zur Hilfe eilen, doch da traf kurz vor seinen Füßen eine Kugel ein. „Ich an deiner Stelle würde mich da raushalten“, sagte eine weibliche Stimme, welche plötzlich hinter Boris erschien. Sie sah Anastasia zum verwechseln ähnlich, außer das sie einen Klinik Kittel trug und ihre Haare zu großen Locken gestylt hatte. Die junge Frau hielt mit einer Hand Boris' Rollstuhl fest, mit der anderen zielte sie auf den Rotschopf. „Du musst Svetlana sein“, stellte Tala fest und wich einen Schritt zurück. „Die bin ich.“ „Wieso tust du das?! Wieso lässt du dich mit einem Typen wie Boris ein?“ „Ihr habt das doch auch“, zuckte sie mit ihren schmalen Schultern. „Damals wussten wir es nicht besser! Wir hatten keine andere Möglichkeit!“ Svetlana schmunzelte und spannte erneut den Hahn ihrer Waffe. Tala blickte zu Bryan, welcher immer noch mit Dimitri beschäftigt war und dann zu Kai, welcher Mirka fest umklammerte. Er stand jetzt alleine da. Würde er genauso viel Glück haben wie Bryan und einem Schuss ausweichen können? „Denk erst gar nicht dran“, murmelte die junge Frau, „ich ziele viel genauer wie mein Bruder.“ „Willst du ihm lieber nicht zur Hilfe eilen, anstatt mich in Schacht zu halten?“ „Der kommt schon klar.“ In dem Moment richtete Bryan sich auf und verpasste seinem Gegner ein paar Hiebe mit seiner Faust, bevor sich Dimitri irgendwie befreien konnte und den Russen von sich warf. Er spuckte Blut aus und wischte sich den Mundwinkel ab, dann zielte auch er auf Tala und winkte mit der Waffe auf den Zahnarztstuhl. „Befolge unsere Anweisungen und deinem Kumpel wird nichts passieren!“ „Du meinst so wie Mirka?“, wollte Bryan fauchend wissen und hob beide Hände. „SIE WÜRDE NOCH LEBEN, WENN SIE AUF MICH GEHÖRT HÄTTE!!“, schrie der Russe. „Kai...?“, hauchte Tala und drehte sich nach hinten um. „Sie...atmet...nicht...mehr...“, stammelte dieser. „VERDAMMT BORIS! GEHST DU JETZT AUCH NOCH ÜBER LEICHEN??“ Der alte Mann kicherte in seinem Rollstuhl und wies Tala mit einer zittrigen Handbewegung an, auf dem Behandlungsstuhl Platz zu nehmen. „Ehr sterbe ich, als dass ich diesem Scheusal helfe!“ „Das kann ich arrangieren“, meinte Dimitri und zog seinen Hahn ebenfalls zurück, „liegt an dir. An dein Blut komme ich so oder so!“ „Aber...aber“, erwiderte Boris und klatschte leise in die Hände, wollten wir das hier nicht friedlich über die Bühne bringen?“ „FRIEDLICH?!“, rief Kai jetzt wütend aus, „IST DAS HIER DEINE DEFINITION VON FRIEDLICH?!“ „Sie hätte nur sitzen...“ „VON WEGEN!“ „Spätestens wenn ich nicht kooperativ gewesen wäre hättet ihr Mirka bedroht!“, schimpfte Tala. „Eigentlich war dafür Luna Sternlieb gedacht“, kommentierte Svetlana, „Kais Frau war als allerletzter Trumph gedacht.“ Spencer trat völlig außer Atem in den Raum und betrachtete die Szene, welche sich gerade darbot. Kai saß immer noch mit Mirka in seinen Armen am Boden, Bryan wurde auf Knien von Dimitri mit einer Waffe bedroht und Anastasias Schwester, welche neben Boris stand hielt Tala eine Pistole entgegen. Spencer riss erschrocken die Augen auf, während sich sein Teamchef langsam zu ihm umdrehte und ihm befahl keine hektischen Bewegungen zu machen. „Was ist denn hier los?!“, wollte der Riese wissen. „Wir haben verloren...“, murmelte Tala und hob ebenfalls seine Hände als Geste der Aufgabe, „Boris hat es geschafft. Er wird von mir bekommen, was er verlangt...“ Kapitel 18: Kapitel 18 ---------------------- Adrian tastete sich vorsichtig in der Dunkelheit voran, hoffend, dass er nicht auf irgendeinen tollwütigen Waschbären traf, welcher ihm die Kehle aufbiss und er schlussendlich hier verbluten würde. Seine kleinen Schritte hallten durch den langen Flur mit leise anschleichen war es also nichts mehr... „Verdammt!“, fluchte er, „auf welche kranke Scheiße habe ich mich da nur eingelassen?“ Er stolperte und kippte nach vorne um, sein Körper traf mit einem stumpfen Geräusch auf dem feuchten Boden auf. „Ah...merde...!“ Noch bevor er sich aufrichten konnte fasste etwas seinen Fuß und zog ihn ruckartig nach hinten weg. Adrian schrie erschrocken auf und versuchte sich durch Treten zu befreien, doch sein Angreifer steckte die Tritte locker weg, bis er den Franzosen durch eine offene Tür in einen spärlich beleuchteten Raum gezerrt hatte. Er hatte keinerlei Chancen sich aufzurichten, denn sobald er losgelassen wurde hörte er ein klackendes Geräusch und spürte etwas festes an seinem Hinterkopf. „Bewege dich und ich bring dich um!“, fauchte eine Frauenstimme. „Okay...okay...“, hauchte er und hob wie in Zeitlupe seine Hände an seinen Hinterkopf, „siehst du? Ich ergebe mich!“ „Adrian?“ „Ja...?“ Eine weitere Frauenstimme seufzte erleichtert auf und sagte etwas in einer anderen Sprache, welche sich für Adrian allerdings sehr vertraut anhörte. Augenblicklich wurde die Waffe von seinem Hinterkopf entfernt und die erste Stimme befahl ihm sich langsam aufzurichten. „Bitte...“, wimmerte er und erhob sich langsam auf seine Knie. „Keine Angst, Ari“, meinte die andere Stimme, „Anna ist nur...sehr vorsichtig...“ Jetzt als er seinen Spitznamen gehört hatte schnellte sein Kopf herum und er musste seine Augen anstrengen um in dem Dämmerlicht etwas zu erkennen. „Lu...LUNA?!“ „Hi!“, grüßte die junge Frau ihn und hob eine Hand. Sie sah fürchterlich mitgenommen aus, blasser als sonst und rote Augen, so als hätte sie lange geweint. Sie hatte ein Krankenhaushemd an, an welchem ein dunkler Fleck auf Höhe ihres Bauches sich breit machte. Was das Blut?! „Was machst du denn hier?!“, wollte Adrian aufgebracht wissen, wurde jedoch gleich angewiesen ruhgier zu sprechen. „Das ist eine lange Geschichte...“, winkte Luna ab, „hast du einen der Jungs getroffen?“ „Nein. Ich suche Ulrike.“ „Ulrike?“, schreckte die andere Frau jetzt hoch, „sie ist hier?“ „Ich bin ihr hierher gefolgt.“ Anastasia sprang auf und blickte vorsichtig auf den Flur. Während sie sich umsah kroch Adrian zu Luna. „Verdammt, wo bin ich hier reingeraten?!“ „Ich sagte doch schon...das ist eine lange Geschichte...“ „Bekomme ich wenigstens irgendwelche Eckdaten? Zum Beispiel was DU in diesem OUTFIT hier machst?!“ Luna seufzte tief und ließ ihren Kopf gegen die Wand hinter sich fallen. Anastasia kam wieder zu ihr zurück. „Sie ist erschöpft und braucht einen Arzt!“, fauchte sie Adrian an. „Ich bin kein Arzt!“, gab er im selben Tonfall zurück. „Aber du siehst kräftig genug aus sie tragen zu können!“ „Ähm...ich glaube schon...“ „Dann hör mir jetzt genau zu! Du wirst sie hier rausbringen und in ein Krankenhaus fahren! Sie muss unbedingt verarztet werden!“ „Alter wie redest du eigentlich mit mir?“ Anstatt eine Antwort zu bekommen richtete Anna ihre Waffe erneut auf ihn und zog den Hahn nach hinten durch. Ihre türkiesen Augen funkelten gefährlich und sie schien es sehr sehr ernst zu meinen. „KRANKENHAUS!“, fauchte sie. „Ja verdammt! Nimm nur das Ding da aus meinem Gesicht!“ Erst als Luna ihr wieder was auf russisch gesagt hatte ließ Anastasia ihre Waffe sinken und antwortete ihr aufgebracht. Die beiden Frauen unterhielten sich kurz, dann blickten sie Adrian forschend an und überlegten. „Mädels...ich mach alles was ihr von mir verlangt...nur richtet bitte keine Schusswaffen mehr auf mich!“ „Er ist ja eine richtige Pussy...“, bemerkte Anna und steckte die Waffe weg. „Ey! Ich kann dich verstehen!“ „DAS solltest du auch verstehen!“ „Keine Zeit zum Streiten“, versuchte Luna die beiden zu beruhigen, „wir müssen hier so schnell wie möglich raus und Hilfe rufen!“ „Ihr werdet nirgendwohin gehen...“, raunte eine neue Stimme. Adrian vernahm erneut ein klickendes Geräusch hinter sich und hob erneut seine Hände in die Luft, nachdem er Luna und Anastasias erschockenen Gesichtsausdruck gesehen hatte. „Das ist jetzt ein schlechter Scherz oder?“, murmelte der Franzose und verschränkte seine Finger hinter seinen Kopf ineinander. „Nein Adrian. Das ist kein schlechter Scherz.“ „ULRIKE?!“, fragte er erschrocken und fuhr herum. Ihre Mimik hatte sich komplett verändert, sie war kalt und furchtlos geworden, während sie fast schon angewidert auf ihn hinabsah. „DU hast alles kaputt gemacht!“, fauchte sie. „Ich?“ „Wegen dir habe ich fürchterliche Kopfschmerzen!!“ „Sie kann nicht mehr unterscheiden, was Gehirnwäsche ist und was Realität...“, bemerkte Anna, „bitte! Schwester! Hör mich an! Sie sind unsere Freunde, nicht Feinde!“ „Schwester?!“ „HALT DEINE FRESSE!“, rief Ulrike wütend und schlug Adrian den Griff ihrer Handwaffe gegen die Schläfe. Der Junge ging mit einem schmerzvollen Stöhner zu Boden, wo er reglos liegen blieb. „ADRIAN!“, rief Luna erschrocken auf, wurde jedoch gleich wieder von Ulrike in Schach gehalten. „Du bleibst genau da, wo ich dich sehen kann...“, murmelte die Frau. „Was ist mit dir passiert?“ „Ihre Gedanken können sich nicht mehr...“, begann Anastasia, wurde jedoch von einer Geste ihrer Schwester unterbrochen. „Mit mir ist ALLES in Ordnung! Ihr seid diejenigen, die nicht mehr zwischen Richtig und Falsch unterscheiden können! Und jetzt auf!“ „Sie kann nicht aufstehen“, nahm Anastasia Luna in Schutz und stellte sich vor sie. „Das ist mir EGAL!“ „Valentina! Bitte...hör mir zu, Schwesterherz!“ „DU SOLLST DIE FRESSE HALTEN! ODER WILLST DU GLEICH NEBEN IHM HIER LIEGEN?!“ Anastasia hielt inne, blieb jedoch vor Luna stehen. Tränen füllten ihre Augen, ihre Lippen bebten. „Sestra...Pozhaluysta!“ „Wieso verrätst du uns jetzt? JETZT?! Wo wir so nah am Ziel sind?!“ „Weil Boris mich verraten hat“, meinte die Jüngere und ließ jetzt ihre Tränen laufen, „ich habe gegen Tala verloren und er hat mich verstoßen!“ „Tut mir leid“, meinte Ulrike und legte ihren Kopf schief, „aber für Versager haben wir keinen Platz!“ „Aber ich bin deine Schwester!!“ „Jetzt nicht mehr“, gab Ulrike kühl von sich und winkte mit ihrer Pistole, „und jetzt bewegt euch!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Die Fesseln aus Leder lagen fest um Talas Handgelenken, während Dimitri sich dazu bereit machte die Blutspende zu starten. Er sprühte Desinfektionsmittel auf Talas Armbeuge und tupfte die Stelle behutsam ab. „Ich bin sehr glücklich darüber, dass du doch zugestimmt hast, bevor noch jemand zu Schaden kommt“, erzählte Dimitri gelassen. „Du hast Mirka erschossen“, fauchte Tala wütend und funkelte ihn bösartig mit seinen Augen an, „wenn du Glück hast kriege ich dich vor Kai in die Finger und dann mach ich dich fertig!“ Der andere Russe kicherte. Er setzte den Gurt zum Abbinden an und zog ihn feste zusammen. „Das wird jetzt etwas unangenehm...“ „Spar dir deine gespielte Fürsorge!“ „Die ist nicht gespielt. Ich habe fast vier Jahre unter Dr. Hiwatari gearbeitet und dabei sehr viel gelernt.“ „So lange habt ihr auf diesen Augenblick gewartet?“ „Nein. Wir wären so oder so eingeschleust worden.“ Tala seufzte angestrengt, als Dimitri die Nadel in dessen Arm einführte und mit einem Pflaster fixierte. Es schüttelte ihn kurz. „Ist dir kalt? Soll ich dir eine Decke holen?“ „Es widert mich an, wie freundlich du plötzlich tust!“ „Ich tu nicht nur so.“ Tala blickte an seinen nackten Oberkörper hinab und dann an die Wand gegenüber von sich, wo Spencer, Bryan und Kai an ihren Händen angekettet worden waren. Tala fühlte sich wie der größte Versager und schloss seine Augen. Ab und zu hörte er das rasseln der Ketten, wenn sich Bryan versuchte sich zu befreien, ansonsten war alles ruhig. „Bald ist es soweit...“, verkündete Boris siegessicher und ließ sich von Svetlana zu Tala heranschieben, „dann werde ich wieder zu meiner vollen Stärke gelangen und endlich die Weltherrschaft an mich reißen können!“ „Du Bastard wirst damit nicht durchkommen!“, fauchte Tala wütend. „Wer soll mich denn dann noch aufhalten? Du?“ Boris lachte höhnisch auf und sah an Tala herab. „So ein gesunder Körper...und so jung...“ „Fass mich ja nicht an!“ „In ein paar Jahren...vielleicht ist es mir dann möglich...“, überlegte der alte Mann. „NIEMALS!! FASS MICH JA NICHT AN!!“ Boris zittrigen Hände fuhren über Talas nackte Haut über seine Brust bis zu seinem Hals, wo er seine Hand ruhen ließ. „Und was willst du dagegen machen?“ „Du abscheuliches MONSTER!“ „Nenn mich ruhig ein Monster. Du wirst später Zeuge sein, wie ich zu meiner alten Kraft gelange und das alles nur dank dir!“ Tala spuckte Boris ins Gesicht und fing sich dafür eine Ohrfeige von Dimitri ein. „ICH BRING DICH UM!!“, rief Bryan von der anderen Wand wütend aus, „HÖRST DU?!“ „Du bist ja auch schwer zu überhören...“, murmelte Dimitri ehr zu sich und blickte auf die Metaltür, welche in diesem Moment aufgeschoben wurde. Svetlanas Zwillingsschwester trat ein gefolt von Ulrike, welche eine Waffe an ihren Kopf hielt, in der anderen Hand hatte sie jemanden im Nacken gepackt und zerrte diesen jetzt in den Raum, wo er auf den Boden fiel. „Wo kommst du denn plötzlich her?“, erkundigte sich Dimitri und stemmte die Hände in die Hüften, „hatte ich dir nicht befohlen zu Hause zu bleiben?“ „Du hast mir rein gar nichts zu befehlen“, knurrte Ulrike und deutete auf ihre Schwester, „ich habe diese Versagerin dabei erwischt, wie sie mit Dejaun und Sternlieb abhauen wollte!“ „Dejaun? Wie kommt der denn hierher?!“ Ulrike kickte dem Mann, welcher immer noch am Boden kauerte gegen den Oberschenkel und zeigte mit ihrer Waffe auf ihn. Langsam richtete er sich auf und saß nun auf dem kalten Grund, sein Blick wanderte vorsichtig durch den Raum. „KAI?!“ Der Halbrusse hob den Kopf an, seine Augen waren leer und aufgequollen. Sein Körper hockte regungslos da und bewegte lediglich nur den Brustkorb. „VERDAMMT KAI! WAS GEHT HIER VOR SICH?!“ „Wie bist du hierher gekommen?“, wollte Dimitri wissen, welcher zu Adrian gekommen war und neben ihm stehen blieb. „Dumme Frage! Ich bin der da gefolgt!“, meckerte Adrian und nickte in Ulrikes Richtung. „Du warst unvorsichtig!“, fauchte der Russe und nahm seiner Schwester die Pistole ab, „wegen dir haben wir jetzt auch noch ungebetenes Publikum!“ Ulrike fauchte ihn ebenfalls an, jedoch konnte niemand so richtig verstehen, was sie von sich gab. „Wo ist Luna?“, wollte Tala nervös wissen, „geht es ihr gut?“ „Sie ist mitgenommen, doch sie lebt“, zuckte Ulrike mit ihren Schultern, „sie konnte nicht laufen also habe ich sie dort zurückgelassen!“ „Hatte ich dir nicht gesagt, dass du auf sie aufpassen sollst?“, fragte Tala wütend in Spencers Richtung. „Wenn ich gewusst hätte, dass das hier so eskaliert, wäre ich niemals von ihrer Seite gewichen!“ „Beruhigt euch! Sie kann eh nicht fliehen, also kann sie auch da bleiben, wo sie jetzt ist.“ Ulrike stieß Anastasia nach vorne, wo diese direkt neben Adrian auf die Knie ging und ängstlich zu Dimitri und schließlich zu Boris aufsah. „Ich habe keine Verwendung mehr für sie“, gab dieser kalt von sich und winkte ab, „und bevor sie uns hier unten verrät beseitigt ihr sie lieber.“ Anastasias türkiese Augen wurden immer größer, vor allem als sie ihre Geschwister um sich stehen sah. „Bitte...!“, wimmerte sie, „wir sind doch...Familie!“ „Du hast versagt“, bemerkte Dimitri, „du bist ein Nichts. Schande über dich!“ „Ich schäme mich dafür, mit dir verwandt zu sein!“ „Valentina!! Wie kannst du nur so etwas sagen?!“ Anastasia blickte unter Tränen zu ihrer Zwillingsschwester auf und suchte irgendeine Art von Hilfe in deren Gesicht, doch Svetlana stand regungslos da und blickte auf sie nieder. „Sveeta...“, flehte die junge Russin, „bitte...“ „Nenn mich niewieder so! Du bist es nicht wert mich bei diesem Namen zu nennen!“, fauchte Svetlana gifitg und verpasste ihrer Schwester eine schallende Ohrfeige. Das Mädchen ließ sich weinend zu Boden fallen, während ihre Geschwister sich wieder ihren Aufgaben widmeten. Dimitri prüfte Talas Fortschritt bei der Blutspende, Svetlana und Valentina umsorgten Boris, welcher ungeduldig wartete. Adrian setzte sich langsam auf und kroch zu der jungen Frau rüber und legte seine Hand auf ihren Rücken. Er hatte Mitleid mit ihr, so sehr, dass es sogar ihm die Tränen in die Augen trieb. „Wir werden hier schon wieder raus kommen...“, flüsterte er. „Niemand wird hier je wieder rauskommen“, erwiderte Anna und ließ sich auf den Rücken rollen, „für uns kommt jede Rettung zu spät.“ Adrian hielt inne, dann seufzte er schwefällig und blickte wieder zu den drei Russen an der Wand. Wo verdammt noch mal war er hier nur reingeraten? *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Werden wir hier unten sterben?“, fragte Spencer vorsichtig an Bryan gewandt, welcher es anscheinend aufgegeben hatte sich gegen die Ketten zu wehren. „Was weiß ich...“, knurrte dieser, „wir müssen nur irgendeinen Weg finden diesen alten Sack dort drücken aufzuhalten!“ „Ja aber wie?!“ Bryan guckte sich in dem Raum um. Der große Glascontainer mit der blubbernden Flüssigkeit machte ihm Sorgen, jedoch konnte er nichts hilfreiches entdecken. Zumindest nichts, was er hätte erreichen und greifen können. Plötzlich klatschte es und Anastasia wälzte sich auf dem Boden, während ihre restlichen Geschwister von ihr weggingen und sie anscheinend völlig ignorierten. „Armes Ding...“, murmelte Spencer und blickte ebenfalls zu ihr rüber, „vorhin habe ich sie noch gehasst. Jetzt tut sie mir leid. Der Hass und die Verzweiflung werden sie innerlich auffressen...“ „Vielleicht könnte uns das noch nützlich sein“, murmelte Bryan und blickte zu Kai rüber, welcher links neben Spencer saß. Sein Kopf hing nach unten, seine Hände lagen regungslos in seinem Schoß und nur sein Atem ging flach. Mit seiner Hilfe könnten sie sicherlich nicht rechnen, dachte Bryan und überlegte weiter. „Nur noch eine Konserve, dann hast du es geschafft“, hörten die Blitzkrieg Boys plötzlich Dimitri sagen, während ihr Teamchef nichts erwiderte. Tala sah ziemlich mitgenommen aus, seine blasse Haut war jetzt beinah schneeweiß, seine Augen blickten wie in Trance gegen die Decke, sein Kopf schwankte in komischen Bewegungen und seine Brust hob sich kaum noch. „Egal was wir aushecken, wir müssen uns beeilen!“, murrte Bryan und blickte zu Adrian und Anastasia rüber. Als hätte der Franzose seine Worte gehört hob er das Gesicht an und bemerkte, wie Bryan ihn kaum sichtbar zu sich winkte. Adrian sah zögernd hin und her, krallte sich dann jedoch die Russin und schlich sich zu den anderen rüber. „Wie gut bist du im Ablenken?“, flüsterte Bryan und nickte in Richtung Dimitri. Adrians Augen wurden riesig und er schüttelte schnell den Kopf. Er setzte Anastasia neben Kai ab und versuchte diesen anzusprechen. „Vergiss es...“, bemerkte Spencer, „der rührt sich nicht mehr...“ „Haben die ihn betäubt?“ „Sie haben Mirka vor seinen Augen erschossen.“ Noch bevor Adrian ein geschocktes NEIN! Ausrufen konnte schnellte Bryans Hand vor und presste sich gegen seinen Mund. „Bist du wahnsinnig? Halt bloß dein Maul oder willst du, dass sie uns bemerken?“ „Wo...ist...sie...?“, fragte der Franzose vorsichtig. Spencer und Bryan zeigten wortlos neben die Metaltür, wo ein grauer Frauenkörper lag, das Gesicht zur Wand gedreht. Adrian stiegen erneut die Tränen hoch, doch er riss sich zusammen und ließ seinen Kopf herumschnellen. „Wie kann ich euch helfen?“ „Versuche den Typen abzulenken“, raunte Bryan, „die Frauen sind auch gefährlich, aber er ist der stärkste von denen. Wenn er aus dem Spiel ist haben wir wieder eine Chance!“ „Unterschätz meine Schwestern nicht“, hörten sie plötzlich Anna sagen, „sie sind bereit für Boris ihr Leben zu geben...“ „Sie haben beide eine Schusswaffe“, meinte Spencer. „Nein. Valentina hat keine mehr.“ „Wer ist denn bitte Valentina?“ „Ihr kanntet sie unter ihrem Decknamen Ulrike...“ Adrian blickte zu der versammelten Mannschaft rüber, welche alle um Tala herumstanden und ballte eine Hand zur Faust. „Wie viel Zeit brauchst du?“ „So viel du mir verschaffen kannst!“ „Was können wir drei ohne Schusswaffen schon ausrichten?“ „Mit Kai wären wir besser dran, ja...aber der wird niewieder“, raunte Bryan und warf ein letztes Mal einen Blick zu seinem alten Teamkollegen rüber, „wir hätten seine Kraft von vorhin jetzt noch mal gebrauchen können. In diesem Moment ging Adrian ein Licht auf und er starrte die anderen beiden Männer einfallsreich an. „Hat er seinen Kreisel noch bei sich?!“ „Du meinst Dranzer?“ „Wie auch immer dieses verfluchte Ding heißen mag! Ich weiß nur, dass es mir hilfreich sein könnte!“ „Was hast du vor?“ „Du willst Kai kampfbereit haben, oder? Ich habe eine ziemlich dumme und naive Idee, wie ich es schaffen könnte, aber dafür müsst ihr mir vertrauen!“ Bryan guckte Adrian vielversprechend grinsend an und nickte nur. Spencer verriet dem Franzosen, wo Kai seinen BeyBlade verstaut hatte und rutschte etwas weiter nach vorne, so dass Adrian und Kai für die anderen nicht mehr sichtbar waren. Behutsam holte Adrian Dranzer aus Kais Tasche hervor und hielt in fest in seiner Hand. Sofort begann der Blade zu glühen an und der Junge zischte verärgert auf, während er zu Mirkas leblosen Körper kroch. Ein letztes Mal drehte er sich zu den anderen um, doch diese waren so damit beschäftigt die Transfusion von Talas auf Boris vorzubereiten, dass niemand Adrian Aufmerksamkeit schenkte. „Ich weiß, dass das hier völlig unsinniger Quatsch ist“, flüsterte Dejaun und blickte zu Dranzer hinab, welcher immer mehr in seiner Hand glühte, „doch ich habe meine Erfahrung bereits mit dir gemacht und daher weiß ich auch, dass du mich irgendwie auf irgendeiner Ebene verstehen kannst! Ich brauche deine Hilfe!“ Er packte Mirka an der Schulter und erschrak, wie steif und kalt sie war. Ihr sonst so helles und wärmendes Lächeln war völlig verschwunden und Adrian nahm all seinen Mut zusammen und drehte ihren Körper auf den Rücken. „Es tut mir so leid. Alles was ich je zu dir gesagt habe! Bitte verzeih mir...“ Er legte den Blade auf ihre Brust und verschränkte Mirkas leblose Hände so über Dranzer, dass sie ihn festhielt. Der BeyBlade glühte immer noch und strahlte eine mittlerweile wohlige Wärme aus. „Ich muss völlig übergeschnappt sein, dass ich das hier versuche...“, murmelte Adrian mehr zu sich selber, „aber ich weiß auch, dass du ein Phönix bist! Ein Symbol der Widerauferstehung! Also mach deinen verdammten Job!!“ „VERDAMMT WAS MACHST DU DA?!“, rief Svetlana aufgebracht und riss Adrian von Mirka weg, stellte sich mit einen Fuß auf seine Brust und richtete ihre Waffe auf ihn. „Ich habe es sowas von satt, dass ständig jemand eine scheiß Knarre auf mich richtet!“, fluchte der Franzose und zeigte der Frau den ausgestreckten Mittelfinger, „kümmer dich um deinen eigenen Kram!“ „Das mach ich auch, sobald ich dich Störenfried aus dem Weg geräumt habe“, grinste Svetlana gehässig und spannte den Hahn, „do svidaniya!“ Adrian schloss seine Augen und dachte daran, wie gerne er seine Schwester an ihrer Hochzeit gesehen hätte, seine Eltern ein letztes Mal umarmt hätte. Dann schrie Svetlana auf und wurde von ihm weggerissen. Adrian setzte sich wieder auf und beobachtete, wie sich die beiden Zwillingsschwestern über den Boden wälzten, einmal war Anastasia oben, dann wieder Svetlana. Es wurde wild auf russisch geflucht und gekrischen. Plötzlich bemerkte Adrian ein helles warmes Leuchten hinter sich und drehte seinen Kopf in die besagte Richtung. „Verdammte Scheiße“, hauchte er und seine Augen weiteten sich, „in welche krasse Sache wurde ich hier nur reingezogen?!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Was geht da hinten nur vor sich?“, brummte Dimitri genervt. „Das interessiert mich nicht! Mach schon! Beeil dich!“, befahl Boris und zeigte auf seinen Arm. Der Junge gehorchte und startete die Bluttransfusion. „Was machen wir mit Iwanov?“ „Wir brauchen ihn nicht mehr“, stöhnte Boris zufrieden auf, „lass ihn von mir aus liegen! Der macht uns keinen Ärger mehr.“ Valentina blickte auf Talas erschöpften Körper hinab. Seine Augen hatten sich nach hinten verdreht, sein Mund stand offen. Das leichte Zucken seiner Brust verriet als einziges noch, dass er weiterhin am Leben war. Sie hatten es tatsächlich geschafft...Boris würde innerhalb der nächsten 30 Minuten wieder er selbst sein und dann würde sich alles zum Besten wandeln! So hatte er es ihnen vor vielen Jahren versprochen. Schade um Anastasia, Valentina hatte sie immer sehr lieb gehabt. Doch wer sich mit dem Feind verbündet und gegen die Familie stellt hatte seinen eigenen Weg gewählt. Boris stöhnte erneut auf und bewegte seine Finger plötzlich viel geschmeidiger, wie noch vor ein paar Tagen. „Es funktioniert?“, erkundigte sich Valentina überrascht. „Natürlich funktioniert es! Was hast du denn gedacht?“, lachte Dimitri und klatschte freudig wie ein kleines Kind in seine Hände. Im Hintergrund war immer noch Kampfgeräusche zu hören, anscheinend rangelten die Zwillinge bis es nur noch einen gab der aufstehen konnte. Dann war es plötzlich ruhig. Zu ruhig! Valentina drehte sich um und sah Anastasia auf Svetlana sitzen, ihre Hände drückten ihre Schwester an den Schultern nach unten auf den Boden und sie redete auf sie ein. Aber wohin war dieser Dejaun plötzlich verschwunden? „Dieser Typ macht mir nur Ärger!“, fluchte Valentina und bat Dimitri wieder um ihre Waffe. Dieser lachte erneut auf und fragte sie, ob sie die für so einen Schwächling wie Adrian tatsächlich brauchen würde. Valentina seufzte genervt auf und ging in Richtung Metaltür, wo der Franzose eben noch gekauert hatte. An der Stelle, wo er eigentlich sein sollte hielt Valentina inne und stutzte. Moment mal! Von rechts wurde es plötzlich sehr hell und heiß, die Russin hielt schützend ihre Hände vors Gesicht. „WAS ZUM...!“, rief sie laut aus und stolperte einen Schritt zurück und fiel hin. Hell lodernde Flammen zuckten über ihrem Kopf die Decke entlang und eine Hitze machte sich in dem Raum breit, sodass Valentina augenblicklich zu schwitzen begann. Ihre Blicke folgten den Flammen bis hin zu ihrem Ursprung, doch was sie dort erblickte ließ sie ihren Atem anhalten. Kai Hiwatari stand aufrecht da, das Häufchen Elend von eben war völlig restlos verschwunden und er umarmte jemanden. Nein! Das konnte nicht sein! „Du solltest tot am Boden liegen!“, rief Valentina laut aus und Kai offnete seine Augen und starrte sie wütend an. Dieser Blick! Valentina gefror das Blut in den Adern und sie rutschte immer noch auf dem Boden weg von der Flammensäule. Kai streckte eine Hand nach ihr aus, so als wolle er sie greifen, während seine andere immer noch auf Mirkas Hüfte lag. Er umarmte ihren Körper so feste, als wolle er sie niewieder in seinem Leben loslassen. „DAS KANN NICHT SEIN!“, rief Valentina empört aus, als sich Mirkas Kopf von alleine zu ihr umdrehte und zwei hellgraue Augen sie ebenfalls anblickten, „DU BIST TOT!!“ Kais Frau sah sie weiterhin ausdruckslos an, dann streckte sie ebenfalls einen Arm nach der am Boden liegenden Russin aus und ballte die Hand zur Faust. Kurz darauf riss sie diese gen Himmel empor und rief diesen einen Namen so laut aus, dass Valentina ebenfalls einen Schrillen Schrei von sich gab. „DRANZER!!“ Sofort veränderten sich die Flammen in ihrer Bewegung und bildeten eine gebündelte Feuersäule, welche auf Valentina zuschoss und diese am Bein verletzte. Erneut krisch die Russin auf, sprang irgendwie auf und humpelte aus dem Raum. „Sie flieht!“, rief Bryan und wollte ihr schon folgen, doch Adrian hielt ihn an seiner Schulter fest. „Mit der habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen!“, bemerkte dieser und blickte dem Russen ernst in die Augen. Bryan nickte ihm ernst zu und klopfte auf seine Schulter, bevor Adrian der Frau folgte. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Svetlana und Anastasia wurden von den Flammen, welche Dranzer mittlerweile produzierte regelrecht gegen den Boden gedrückt. Die heiße Luft verhinderte zudem auch noch, dass die beiden irgendeinen Laut von sich geben konnten und so hofften sie, dass das hier bald vorüber sein würde. Eine Gänsehaut machte sich auf Anastasias Körper breit, als sie sich an den Kampf gegen Kai vor noch wenigen Stunden erinnerte. Sie wusste, zu was dieser Kerl fähig war, der Sturm saß ihr immer noch tief in den Knochen. Nur jetzt hatte er seine Frau vor seinen Augen sterben sehen, eben diese Frau welche jetzt wieder neben ihm in seiner Umarmung stand. Wie war das nur möglich gewesen?! Plötzlich wurde Anastasia am Arm gepackt und von ihrer Schwester weg gezogen. Erschrocken blickte sie auf und bemerkte Bryan, welcher sie ächzend unter den heißen Flammen zu den anderen zerrte, bis sie sich beide wieder aufstellen konnten. „Bist du okay?“, rief er ihr durch die wütenden Feuersäulen zu und sie nickte nur benommen. Eine riesige Hand legte sich von hinten auf ihre Schulter und Anna fuhr hektisch herum. Spencer sah sie ernst an und fragte sie, ob sie ihn zu Luna bringen konnte. „Ich habe Tala versprochen sie in Sicherheit zu bringen! Ich könnte ihm nicht mehr ansehen, wenn ihr jetzt auch noch was passiert!“ „Wenn Kai so weiter wütet, dann wird das alles hier bald in sich zusammen brechen!“, rief Anastasia durch die Flammen. „Umso schneller müssen wir Luna hier jetzt raus bringen!“ Die Russin blickte sich noch einmal zu Bryan um, welcher gerade seine Pelzjacke auszog und sich den Schweiß von der Stirn wischte. Als er bemerkte, wie besorgt sie ihn ansah grinste er. „Geh nur!“, nickte er ihr zu. „Aber...!“ „Du wolltest doch deinen Fehler von vorhin wieder gut machen oder? Das ist jetzt deine Chance!“ „Werden wir uns je wieder sehen?“ „Oh bitte!“, lachte er höhnisch auf und winkte ab, „ich bin Bryan Kuznetsov! Um mich klein zu kriegen braucht es schon etwas mehr als einen wütenden Kai!“ Anastasia nickte zögernd und eilte schließlich mit Spencer im Schlepptau aus dem Raum. „Du wirst nirgendwohin gehen! VERRÄTERIN!“, rief ihr Dimitri wütend hinterher und setzte zum Sprint an, wurde jedoch von Bryans Faust direkt ins Gesicht gestoppt. Es zog ihm regelrecht die Füße weg und Dimitri landete hart auf dem Boden. Er schüttelte kurz seinen Kopf, dann setzte er sich wieder auf, erblickte Bryan, welcher gehässig grinste. „Ach Kai?“, ertönte Kuznetsovs Stimme durch die heißen Flammen als wäre er viel weiter weg, „ich glaube ich habe hier jemanden, mit dem du dich nur zu gerne mal unterhalten möchtest!“ Gleich neben ihm tauchte Hiwatari auf und starrte Dimitri so eisig kalt an, dass dessen Körper zu zittern begann. Mirka trat aus der Umarmung ihres Mannes und somit aus der Flammensäule, welche Kai immer noch umschlossen hatte. Sie stellte sich neben Bryan und ließ diesen einen Arm um ihre Schultern legen. „Keine Angst! Ich pass auf deine Prinzessin auf! Somit hast du alle Zeit der Welt. Mach mich stolz!“, grinste Bryan und schob Kais Frau sanft zur Seite, so dass sie die gleich kommende Szene nicht mit anzusehen brauchte. „ICH BRING DICH UM!“, rief Dimitri wütend und erhob seinen Körper wieder zu seiner vollen Größe. In dem Moment, als er Bryan und Mirka hinterher wollte stellte sich Kai ihm in den Weg, packte Dimitri am Arm und drückte fest zu. „ARGH!“, gab dieser von sich. „Du warst es, der meine Frau erschossen hat“, raunte Kai und blickte Dimitri tief in die Augen, „und du hast absolut keine ahnung wie wütend du mich damit gemacht hast...!“ „Und du willst mich jetzt dafür bestrafen?!“, fauchte der Russe wütend und versuchte sich aus Kais Griff zu befreien. „Nein. Das was ich mit dir jetzt anstellen werde ist weit aus schlimmer...“, entgegnete Kai und sein Gesicht verformte sich zu einer Frazte, welche Dimitri erschaudern ließ, bevor die Flammen sie beide umschlossen. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „Wo ist Tala?“, wollte Luna erneut wissen, nachdem Spencer und Anastasia sie wieder gefunden und endlich ins Freie gebracht hatten, „ohne ihn gehe ich hier nicht weg!“ „Bryan und Kai sind noch da unten“, versuchte der Riese sie zu beruhigen, „die werden ihren Teamchef schon nicht im Stich lassen.“ „ICH GEHE NICHT OHNE IHN!“ „Ich habe dich schon beim ersten Mal verstanden!“, bemerkte Spencer und rieb sich sein Ohr, in welches Luna eben geschrien hatte, „wieso müsst ihr Frauen immer so schreien?!“ „Wir müssen unbedingt vom Gelände herunter! Sobald der Untergrund einstürzt wird hier der komplette Boden nachgeben!“, warnte Anastasia die beiden und zerrte an Spencers Ärmel. „Vor allem müssen wir Hilfe rufen. Ein Krankenwagen wäre nicht schlecht!“ Anastasia holte ihr Handy hervor und tippte die Nummer vom Krankenhaus ein. „Du hattest die GANZE ZEIT DEIN HANDY DABEI?!“, rief Spencer außer sich. „Da unten hat man keinen Empfang!“, verteidigte sich die Russin. „Und du bist in keiner Minute auf den glorreichen Gedanken gekommen schnell raus zu laufen und Hilfe zu rufen?!“ „Wann denn? Als ich Luna beschützen sollte oder als ich gefangen neben euch saß?“ Spencer knurrte irgendwas und Anna nahm das Telefongespräch entgegen. Sie erklärte dem Sanitäter wo sie waren und das es mehrere Verletzte gab. Der Riese betrachtete während dessen Talas Freundin, welche völlig am Ende war, zitterte und einen großen Blutfleck auf ihren Kittel hatte. „Du blutest...“ „Hab ich auch schon festgestellt“, grinste Luna höhnisch, „das muss passiert sein, als ich mich vorhin so viel bewegt habe...“ „Hast du große Schmerzen?“ „Im Moment fühle ich rein gar nichts...“ In diesem Augenblick kamen Bryan und Mirka aus der Lagerhalle gerannt. Spencer winkte den Beiden und nahm Mirka feste in seine Arme, als sie bei ihm angekommen war. „Verdammt! Ich dachte schon du wärst für immer von uns gegangen!“, wimmerte der Riese und drückte Kais Frau mehrere Küsse auf den Kopf. „Wie 'für immer von uns gegangen'? Was ist denn passiert?“, wollte Luna schockiert wissen. „Das ist eine lange Geschichte...“, winkte Mirka müde ab, „die ich dir bei einer guten Tasse Tee irgendwann mal erzählen werde...“ „Ich gehe noch einmal rein“, verkündete Bryan, „Tala und Kai sind immer noch da unten!“ „Was ist mit Adrian?“ „Ach so...der ja auch noch!“ „Ich gehe mit dir!“, sagte Anastasia entschieden und trat neben den Russen, „ich kenne mich da unten viel besser aus!“ „Du bleibst hier!“, befahl Bryan und zeigte mit dem Zeigefinger auf den Punkt, wo sie gerade stand, „sei ein braves Mädchen und gehorche!“ „Ich habe die letzten acht Jahre meines Lebens gehorcht und schau nur wo es mich hingebracht hat!“, fauchte die Russin und stieß Bryan beiseite, „ich gehe mit dir!“ „Der Krankenwagen wird sicherlich gleich hier sein“, entgegnete Spencer, „Luna und Mirka sind also in Sicherheit.“ „Ich kann doch kein kleines Mädchen in ein Flammenmeer mitnehmen!“, protestierte Bryan. „Schon vergessen, dass dieses kleine Mädchen dich in einem Beykampf mit Leichtigkeit besiegt hat?“, grinste Anastasia und nahm ihn an der Hand, „davaj!“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „ULRIKE!! ICH WEIß, DASS DU HIER IRGENDWO BIST!!“ Adrian eilte durch die Gänge und spähte in jeden einzelnen Raum, den er finden konnte. Er würde Ulrike finden und sie zur Rede stellen! Das war sie ihm schuldig! „HAU ENDLICH AB!!“, schrie sie ihm irgendwann entgegen. Adrian versuchte zu lokalisieren, aus welcher Richtung genau ihre Stimme kam, doch durch die ständig bröckelnde Decke wurde ihm nicht nur die Sicht sondern auch das Gehör genommen. Kai schien gerade richtig aufzudrehen, was Adrian die Zeit nahm. Er würde sich beeilen müssen! „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dich nach allem einfach so gehen lasse? Du bist mir eine Erklärung schuldig!!“ „Einen SCHEIß muss ich!“ „Du könntest damit anfangen, warum du plötzlich von allen Valentina genannt wirst!“ „Weil das mein Name ist!“ „Ich dachte, du heißt Ulrike“, gestand Adrian und erblickte die junge Frau vor sich auf dem Boden kauernd. „HAU ENDLICH AB!“, fauchte sie ihn gefährlich an. „Dein Bein ist verletzt.“ „Ich komm schon klar!“ „Natürlich!“, lachte Adrian hysterisch auf und kam noch ein Stück näher, „lässt du dich von den Ratten hier raus tragen oder was?“ Ulrike schluchzte laut auf und hielt sich weiterhin ihren Knöchel: „Ich werde hier unten sterben du Idiot! Genau wie jeder andere, der jetzt noch hier unten ist!“ „Du stirbst nicht hier unten. Nicht wenn ich dich rechtzeitig raustragen kann!“ „Wieso willst du mir nach allem was passiert ist überhaupt noch helfen?“ Adrian blieb stehen und ging neben ihr in die Hocke. „Weil du schwanger bist?“ „DU IDIOT!!“, rief sie wütend aus, „das habe ich dir doch nur gesagt, damit du mich endlich in Ruhe lässt! Ich bin NICHT schwanger!!“ Seine grünen Augen weiteten sich, als er erkannte, dass sie ihn all die Zeit an der Nase herumgeführt hatte. „Warum hast du dich dann so viel Zeit mit mir verbracht? Die Nacht in der Disco, der Abend beim Sundays...verdammt noch mal, ich dachte da wäre etwas zwischen uns!“ „Oh bitte“, lachte sie auf, „das alles habe ich doch nur gemacht, damit Bryan eifersüchtig wird und dich aus dem Weg räumt!“ „WIE BITTE?“ „Mein Meister brauchte unbedingt die Transfusion von Iwanov. Da wir wussten, dass er sie ihm nicht ganz freiwillig geben würde haben wir mehrere Vorkehrungen getroffen. Bryan ist einer der engsten Freunde von Tala. Wenn wir ihn in unserer Gewalt gehabt hätten...“ „Du...du...“, keifte Adrian und stand wieder auf, „du...!“ „Beschimpfe mich ruhig, als was du willst, „meinte sie achselzuckend, „es macht eh keinen Unterschied mehr...“ „Ach und du meinst, dass du einfach so davon kommst? Du entgehst deiner gerechten Strafe, indem du hier unten dein Leben lässt?“ Ulrike wandte den Blick von ihm ab und blickte zu Boden. „Geh doch endlich...“, flehte sie. „Ich habe dir gesagt, dass ich dich hier rausbringe!!“ „WARUM?!“ „WEIL ICH DICH LIEBE!“ Sie starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Fassungslos. Dann schüttelte sie den Kopf. „Sei nicht dumm. Ich habe dir eben doch gesagt, dass ich dich schon immer aus dem Weg räumen lassen wollte...“ „Aber alles, was ich dir heute früh gesagt habe...all das habe ich ernst gemeint!“ Sie schluchzte erneut und rieb sich den Knöchel. Dann lachte sie hysterisch auf und warf den Kopf in den Nacken. „Sei nicht albern. Selbst wenn ich für das, was ich getan habe gimpflich davon komme...ich würde niemals mit dir zusammen sein wollen!“ Adrian ließ seine Schultern sinken und betrachtete die Frau vor ihm mitleidig. „Ich habe in meiner Aufgabe versagt. Ich habe meine Familie verloren...ich habe nichts mehr, wofür es sich zu Leben lohnt!“ „Du hättest mich.“ „Ein schwacher Trostpreis.“ „Das sagst du jetzt nur, um mich zu verletzen.“ „Nein...das sage ich, weil ich es so meine!“ Ein großer Brocken löste sich aus der Decke und fiel dicht neben Ulrike auf den Boden. Adrian wich erschrocken zurück. Sie blickte nach oben und schloss die Augen. „Es wird bald alles vorbei sein...wenn du nicht gehen willst, dann bleib. Es ist dein Leben.“ „Es wird gar nichts vorbei sein! Ich schaffe dich jetzt hier raus und ARHG!!“ Gerade in dem Moment als Adrian Ulrike hochhelfen wollte stieß sie mit voller Wucht das Skalpell in seinen Oberschenkel und der Junge wankte zurück und ging auf die Knie. „Spinnst du?“ „Verschwinde doch endlich...“, wimmerte sie und dicke Tränen rannten über ihr Gesicht. „ADRIAN!“, rief eine Frauenstimme. Er drehte sich nach ihr um, genau in diesem Augenblick löste sich erneut ein Brocken von der Decke. Mit letzter Willenskraft sprang Ulrike auf, hechtete nach vorne und stieß Adrian weg, bevor der große Brocken sie unter sich begrub. Noch bevor der Franzose realisieren konnte, was da eben genau passiert war zerrte Anastasia an seinem Hemd. „SCHNELL!!“, rief sie unter den bebenden Wänden, „WIR MÜSSEN HIER VERSCHWINDEN!!“ „Ulrike...“, stammelte er und deutete auf den Brocken. Anastasia schluckte mit aller Kraft ein jämmerliches Aufheulen runter und zog Adrian mit sich. Nur widerwillig ließ er sich von ihr mitzerren, sein Blick immer noch auf die Stelle geheftet, an der sich eben noch sie befand...die Frau die er geliebt hatte. Kapitel 19: Kapitel 19 ---------------------- Kapitel 19 Daniellé Hiwatari lief mit pochenden Kopfschmerzen in die Notaufnahme und machte sich für das Schlimmste bereit. Zwei Krankenwagen waren bereits eingetroffen gewesen, irgendwo außerhalb der Stadt war eine alte verlassene Fabrikhalle abgebrannt und es gab Verletzte. Patient Nummer 1 hatte einen massiven Blutverlust und Kreislaufversagen wurde jedoch schon von den Kollegen versorgt. Patient Nummer 2 und 3 hatten lediglich leichte Blessuren und waren schon versorgt worden. Patient 4 ebenfalls starker Blutverlust Aufgrund einer Blutspende. Danny schüttelte ungläubig den Kopf. Was zur Hölle war bloß dort passiert, dass man eine derartige Blutspende geben musste? Während Daniellé auf den heranfahrenden Krankenwagen wartete tippte ihm jemand auf die Schulter. Es war der Chefarzt des Krankenhauses. „Ja?“ „Ich hatte Sie nach Hause geschickt“, bemerkte dieser. „Und ich hatte Ihnen gesagt, dass ich weiter arbeiten kann.“ „Ich hatte gehofft, dass Sie sich erneut sträuben würden“, grinste der Mann, „denn ich habe hier einen Patienten nur für Sie, Dr. Hiwatari.“ „Was ist mit den Verletzten, die jetzt eingeliefert werden? Soll ich die einfach ignorieren?“ „Ich denke Sie sollten diesen Patienten hier übernehmen“, grinste der Chefarzt und hielt ihm die Akte weiterhin unter die Nase. „Anhand der Umschlagfarbe sehe ich, dass es sich hierbei nicht um einen Fall der Chirurgie handelt...“, erwiderte Dr. Hiwatari und stutzte, „warum sollte ich diesen Fall also übernehmen?“ „Eigeninteresse“, grinste der Mann erneut und hielt die Mappe noch näher hin. Daniellé nahm die Akte seufzend entgegen, warf einen flüchtigen Blick auf die Zimmernummer und begab sich auf den Weg. An der richtigen Tür angekommen klopfte er flüchtig und trat ein. „Wie geht es Ihnen denn so, Herr...ähm...äh...“ Die beiden Männer sahen sich mit großen Blicken an, woraufhin Daniellé stutzig auf den Namen sah und verstand, warum gerade er diesen Patienten untersuchen sollte. „Guten Tag, Mr. Hiwatari“, grinste Danny schließlich und nahm neben dem Bett Platz. „Guten Tag, Dr. Hiwatari“, erwiderte Kai mit einem erschöpften Lächeln und rieb sich die Stirn, „erstaunlich, wie schnell sich die Abteilungszugehörigkeit ändern kann, nicht?“ „Ich hielt es erst für einen weiteren schlechten Scherz meines Vorgesetzten. Ich dachte, dass ihr lediglich einen BeyBlade Kampf beschreiten wolltet?“ „Das haben wir auch“, erwiderte Kai erschöpft und rieb sich die Stirn. Sein Vater hörte, wie sehr er sich anstrengen musste zu reden. Welche Ironie... „Wir hatten schon lange nicht mehr das Vergnügen...wenn du Sehnsucht nach deinem Vater hast, hätte ein Anruf völlig gereicht!“ „Du solltest es besser wissen, dass ich nie den einfacheren Weg nehme“, belächelte Kai seinen eigenen Kommentar, „ach ja...wir haben übrigens gewonnen...“ „Meinen Glückwunsch! Warum siehst du denn so mitgenommen aus? Habt ihr danach noch einen Marathon absolviert?“ „Das ist eine sehr...sehr...lange Geschichte...für die...ich jetzt...keine Nerven...habe...“ „Verstehe“, grübelte der Arzt und warf einen erneuten Blick in die Akten seines Sohnes. „Und? Was fehlt mir?“ „Ich hatte ja keine Ahnung, dass du neuerdings auf Doktorspiele stehst!“, lachte Daniellé und studierte die Akte seines Sohnes nun gründlich, „du...du hattest einen...Schwächeanfall? Einen ziemlich starken sogar! Himmel Kind! Was habt ihr zur Hölle da draußen getrieben?“ „Habe ich schon erwähnt...dass das...eine...lange Geschichte...sei?“, seufzte Kai, „hast du Mirka schon gesehen? Ist sie auch schon hier?“ Daniellé musste sich anstrengen, damit er nicht hysterisch loslachte, was ihm sichtlich schwer fiel. Sein Sohn warf ihm einen herausfordernden Blick zu, woraufhin er dann doch kichern musste. „Deine Werte...hihihihi...deine Werte besagen, dass dein Körper vor Erschöpfung auf Notsystem geschaltet hat und du einfach umgekippt bist. Treiben du und Mirka es so wild, ja?“ „Oh bitte“, stöhnte Kai und verdrehte genervt die Augen, „mach dich nicht lächerlich.“ „Naja...von irgendwas muss das allerdings kommen. Also...willst du mir es einfach sagen, oder soll ich unser Doktorspielchen weiterführen?“ Kai hielt einen Moment lang inne und guckte seinen Vater vielsagend an, bevor er tief seufzte und sich wieder ins Kissen fallen ließ. „Ich habe es anscheinend übertrieben...“ „Mit was übertrieben?“ „Echt jetzt? Musst du das wissen?“ Daniellé hielt die Akte hoch und blickte Kai mit genau demselben Ausdruck an wie er ihn. „Befangenheit?“ „Schweigepflicht?“ Erneut warfen sich die beiden Männer einen ihrer gewissen Blicke zu, der mehr aussagte als Worte. „Ich habe es einfach übertrieben!“ „Kai...“ „Wo ist Mirka? Ich würde sie gerne sehen...“ „Sag mir jetzt bitte nicht, dass sie da mit reingezogen wurde!“ Kai hob tief seufzend die Hände vor sein Gesicht und murmelte etwas unverständliches vor sich her, während sein Vater die Brille von seiner Nase nahm und in die Brusttasche seines Kittels schob. „Nein...ich habe sie noch nicht gesehen. Muss ich mir Sorgen um sie machen?“ „Nicht mehr.“ „Nicht...mehr?“ Kai schloss seine Augen und lächelte zufrieden. Einen kurzen Moment später war er vor lauter Erschöpfung eingeschlafen. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Als Tala Iwanov langsam zu sich kam konnte er zuerst nur dieses ständige Piepsgeräusch neben sich vernehmen, dann die Schläuche, welche von seinem Körper aus weghingen und zu guter Letzt, dass er weitaus weicher lag als vorhin, als er das Bewusstsein verloren hatte. „Wo...“, hauchte er und stellte fest, dass er einen staubtrockenen Mund hatte. Er hustete, konnte sich jedoch nicht aufrichten. Sofort beugten sich zwei Gesichter über ihn und strahlten über beide Wangen. Es waren Bryan und Spencer. „Wo...“, wiederholte Tala angestrengt und blickte erschöpft zwischen den beiden hin und her. „Du bist im Krankenhaus. Der ganze Alptraum ist vorbei!“ „Das hättest du sehen müssen!“, jauchzte Bryan, „überall Flammen und so wusch! Und dann sind überall Felsbrocken von der Decke gefallen so bumm!“ „Krankenhaus?“, flüsterte Tala und blickte Spencer an, während Bryan immer noch völlig aufgedreht erzählte. „Ja, Tala. Wir sind alle im Krankenhaus...“ „Luna?“ „Sie wird operiert. Ihre Naht ist aufgegangen und hat sich anscheinend auch noch entzündet...“ „Sie lebt.“ „Natürlich lebt sie. Alter das ist deine Frau! Die kriegt man so schnell nicht klein!“, rief Bryan und fuchtelte wild mit seinen Händen. Die Zimmertüre sprang schwungvoll auf und Kais Vater blickte Bryan finster an. Der Russe setzte sich augenblicklich still auf seinen Stuhl und gab keinen Pieps mehr von sich. „Ich habe dich gewarnt“, brummte Danny. Bryan machte eine Bewegung, als würde er seine Lippen zuschließen und den Schlüssel wegwerfen. Der Arzt trat an das Bett heran und warf allen dreien einen dermaßen wütenden Blick zu, dass es ihnen eiskalt über den Rücken lief. „Ihr habt euch ALLEN ERNSTES auf einen Deal mit diesem BORIS TYPEN eingelassen?? Seit ihr von allen guten Geistern verlassen worden ODER WAS??“ Bryan und Spencer zuckten mehrfach zusammen, während Daniellé seine Schimpforgie über sie hereinbrechen ließ. Er redete sich buchstäblich richtig in Rage. Als er dann ziemlich am Ende angekommen war blickte er zu Tala, welcher ihn genauso fertig anblickte wie sein Sohn vorhin noch. „Ihr hättet sterben können!“, schimpfte Danny, „ist euch das eigentlich bewusst?!“ „Sie hatten Luna in ihrer Gewalt! Und dann haben sie das auch noch mit Mirka gemacht...“, murmelte Bryan, „was hätten wir denn tun sollen?“ „Ihr hättet wenigstens die Polizei rufen können, bevor ihr da runter gegangen seid...ist euch das in keiner Sekunde in den Sinn gekommen?“ Alle drei Russen schüttelten den Kopf, woraufhin Daniellé einen schrecklich tiefen Seufzer ausstieß. Anschließend rieb er sich den Nasenrücken mit Daumen und Zeigefinger und versuchte nicht erneut auszuflippen. „Nun denn. Hier bin ich ebenfalls erst mal fertig. Aber glaubt ja nicht, dass ihr mir so gimpflich davon kommt!“ „Wohin gehst du denn noch?“ „Ich muss noch nach dieser Anastasia sehen.“ „Wie geht es ihr?“, fragte Bryan plötzlich besorgt nach, „kann ich mit?“ „Ich werde gleich herausfinden wie es ihr geht...aber anscheinend hat sie außer ein paar leichter Verbrennungen und einer Prellung im rechten Handgelenk keinen großen Schaden erlitten...und nein. Du kannst nicht mit zu ihr! Du scheuchst mir ständig das ganze Krankenhaus auf wenn du hier bist!“ Bryan ließ sich wieder in seinen Stuhl sinken und schmollte. „Wann kann ich zu Luna? Was ist mit meinem Kind?“ „Luna ist vor knapp einer halben Stunde auf ihr Zimmer gebracht worden und braucht noch Ruhe“, meinte Danny und blickte bei dem Wort Ruhe Bryan sehr ernst an, „deinem Kind geht es dagegen schon sehr gut. Weißt du schon was es geworden ist?“ Tala schüttelte langsam den Kopf. „Herzlichen Glückwunsch. Es ist ein Junge.“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „...Sie können uns also nicht bestätigen, dass Kai Hiwatari am Einbruch der Untergrunddecke beteiligt gewesen war?“ Adrian blickte den Polizisten und seinen Kollegen, welcher die ganze Zeit eifrig mitgeschrieben hatte entnervt an und seufzte. Ein lauer Nachmittagswind ging herum und daher schwitzte der Junge nicht so sehr, wie er anfangs befürchtet hatte. „Das habe ich Ihnen doch bereits besagt: Kai hatte absolut nichts mit der Explosion zu tun.“ „Wo waren Sie zum Zeitpunkt der Explosion?“ „Ich habe nach Ulrike, nein nach Valentina...ach was weiß ich! Ich habe nach jemanden gesucht!“ „Sie meinen Ulrike Schmitt?“, schlug der andere Polizist Adrian als Antwort vor. „Ja...genau die meinte ich...“ „Und haben Sie Frau Schmitt gefunden...?“ Adrian fuhr erschrocken hoch und blickte Daniellé Hiwatari direkt in die Augen. Der Arzt blickte relativ gelassen auf den jungen Mann nieder, dann kam er ein Stück näher heran und wandte sich an die Polizisten. „Ich denke, dass mein Patient für heute genug Fragen beantwortet hat. Wären Sie also so nett...?“ Die beiden Männer in Uniform guckten Danny kurz an, nickten ihm dann jedoch zu und verabschiedeten sich von Adrian, welcher ihnen zum Abschied stumm winkte. Zwischen den beiden Franzosen herrschte ein langes und vor allem für Adrian sehr unangenehmes Schweigen. Adrian war nicht wieder im Clan aufgenommen worden, er dürfte Daniellé also nicht ansprechen oder sich gar bewusst in seiner Nähe aufhalten. Danny setzte sich neben ihn auf die Bank und zündete sich eine Zigarette an. Er bließ den blauen Rauch genüsslich aus und guckte gen Himmel. „Benötigen Sie noch ein Beruhigungsmittel Herr Bachmeister?“, erkundigte sich der Arzt schließlich und der junge Mann neben ihm blickte verwirrt drein. „Wie...bitte?“, fragte Adrian vorsichtig nach. „Laut Ihrer Akte ist ein weiterer Krankenhausaufenthalt nicht mehr von Nöten. Sie können also nach Hause gehen, Herr Bachmeister.“ Adrian hatte verstanden. Danny sprach ihn absichtlich mit seinem Pseudonym an, so dass er sich mit ihm unterhalten durfte. Dieser Fuchs! „Ich darf...nach Hause?“ Daniellé nickte und zog erneut an seiner Zigarette. „Die paar blauen Flecken, die Sie sich zugezogen haben inklusive der Stichwunde werden überall verheilen. Vermeiden Sie nur in den nächsten zehn Tagen intensiven Sport, dann wird alles wieder gut.“ „Vielen Dank, Herr Doktor...“ „Keine Ursache“, lächelte Danny, drückte seine Kippe aus und erhob sich, „Sie kennen den Weg nach draußen?“ „Darf...darf ich mich noch verabschieden? Es liegen noch Freunde von mir auf der Intensivstation.“ Kais Vater hielt inne und schien lange mit sich zu ringen. Er steckte seine Hände in die Kitteltaschen und ging ein paar Schritte. „Beeil dich aber...“, murmelte er schließlich, als er schon beinahe wieder im Gebäude drinnen war. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* „...naaaw! Guck nur seine kleinen Fingerchen! Und die kleinen Füßchen!“, jauchzte Mirka hormongesteuert, welche neben Luna auf dem Bett saß, „er ist soooo winzig!“ „Er hätte ja auch noch ein paar Wochen gebraucht.“ Das Baby in Lunas Armen gluckste und bewegte einen Arm, was die Frauen nur noch mehr schwärmen ließ. Die Tür ging langsam auf und Tala trat auf immer noch wackligen Beinen herein. Sie waren mittlerweile seit zwei Tagen im Krankenhaus, doch durch den intensiven BeyBlade Kampf mit Anastasia waren Kai und Tala erschöpfter denn je. Luna, welche am Einlieferungstag noch gleich eine Notoperation hinter sich hatte würde am längsten von allen bleiben müssen. „Guck mal“, ginste sie breit und wackelte mit einem kleinen Händchen ihres Babys, „dein Papa ist gekommen um hallo zu sagen.“ Mirka rutschte vom Bett runter und beobachtete gerührt, wie Tala zuerst seine Freundin einen langen Kuss auf die Stirn gab, dann einen kurzen auf den Mund und schließlich vorsichtig über den Kopf seines Sohnes streichelte. „Er ist perfekt“, lächelte der Rotschopf und drückte Luna erneut einen Kuss auf die Schläfe, „das hast du sehr gut gemacht! Und es tut mir so leid, dass ich nicht bei dir sein konnte...“ „Geht es dir wenigstens auch wieder besser?“ „Die Ärzte meinten, dass ich wahrscheinlich kurz nach dem Wochenende nach Hause darf. Spätestens nächsten Mittwoch früh. Aber ich lasse euch nicht alleine. Nie wieder!“ Luna kicherte und überreichte Tala das Baby. „Genieße die Zeit, welche du jetzt noch mit deinen Jungs haben wirst“, lächelte die junge Mutter und verlagerte ihre Position im Bett, „die nächsten 18 Jahre werden anstrengend werden. Für uns beide.“ „Ach was“, schmollte der Rotschopf, „der Kleine hat zwei Onkel, welche sich schon darauf freuen endlich mit ihm rangeln zu können.“ Mirka räusperte sich kaum hörbar und Tala grunzte. „Okay! Er hat zwei einhalb Onkel!“ „Hey!“, beschwerte sich die Russin gespielt empört, musste jedoch in Tala und Lunas Lachen mit einstimmen. „Wo wir es gerade von ihm haben: wo ist Kai eigentlich? Ich wollte vorhin in seinem Zimmer nach ihm sehen...“ „Er hat sich heute früh selber entlassen“, zuckte Mirka mit ihren Schultern, „ich dachte er hätte euch informiert?“ „Nein. Nein! Nein, hat er nicht!“, beschwerte sich Tala und senkte augenblicklich seinen Tonfall, als sein Sohn zu weinen begann. „Kennst du ihn denn anders?“ “Nachdem, was gerade DIR passiert ist habe ich gedacht, dass er ab jetzt nie wieder von deiner Seite weichen würde!” Mirka lachte für eine Sekunde gekränkt auf, dann zeigte sie mit dem Daumen in Richtung Krankenzimmer. “Habt ihr nicht die Typen in schwarzen Anzügen bemerkt?” Tala warf ihr einen ungläubigen Blick zu und schüttelte wie in Zeitlupe den Kopf. “Dann machen sie ihren Job wenigstens richtig und zu Kais Zufriedenheit. Das war nämlich seine Bedingung, damit ich mich uneingeschränkt draußen bewegen kann. Solange Boris’ Leiche nicht gefunden wurde wird er kein Auge zumachen...” Luna und Tala warfen sich einen kurzen vielsagenden Blick zu. „Wo ist er jetzt? Bestimmt zu Hause in seinem Whirlpool, trinkt ein Glas Champagner und genießt die Sommersonne auf eurer Dachterrasse.“ „Tatsächlich arbeitet er“, gestand Mirka, “es gibt sehr viel zu organisieren. Und wie gesagt, so lange Boris’ Leiche nicht gefunden wurde wird Kai nicht ruhen...” „Er tut was?!“ „Arbeiten. Jetzt als Mitglied des hohen Rates hat er viel mehr Möglichkeiten an Informationen zu kommen. Außerdem hatte er sich vor diesem Vorfall schon einiges an Dingen vorgenommen, die man nicht einfach so aufschieben oder abgeben kann.“ „Und sein Vater oder du habt nicht mal in Ansatz versucht ihn aufzuhalten?“ „Sagen wir es mal so“, grinste Mirka und verschränkte ihre Arme vor der Brust, „ich bin immerhin noch rechtzeitig gekommen um einen kurzen Abschiedskuss zu bekommen. Dann noch ein hab dich lieb und bis heute Abend.“ Tala warf Luna erneut einen vielsagenden Blick zu, welche nur mit den Achseln zuckte. „Das ist Kai. Wir kennen ihn nicht anders“, meinte sie abwehrend, „er wird sich bestimmt wieder bei euch melden, wenn er Sehnsucht hat. Oder einen freien Platz im Terminkalender.“ „Habt ihr euch mittlerweile für einen Namen entschieden?“, lenkte Mirka auf ein anderes Thema um, „ihr hattet ja einige zur Auswahl.“ Luna grinste breit und zupfte eine wenig an dem Deckchen rum, in welches ihr Sohn eingewickelt lag. „Yuriy. Wir haben uns für Yuriy entschieden...“ „Ein wunderschöner Name!“ In diesem Moment klopfte es an der Tür und ein junger Mann trat ein. Als er diese herzliche Szene bemerkte hielt er kurz inne und fühlte sich anscheinend wie das fünfte Rad am Wagen. „Ari!“, begrüßte Luna ihn herzlich und winkte ihn zu sich, „komm rein!“ „Ich...kann...nicht...“, sagte der Junge zögernd und blickte verlegen zu Mirka. Diese verstand sofort und ließ traurig die Schultern hängen. „Ihr habt schon komische Regeln“, bemerkte Tala und übergab seinen Sohn wieder an Luna und ging zu Adrian rüber, „ich möchte mich im Namen all meiner Teammitglieder bei dir für deine Unterstützung bedanken! Du hast außerdem nicht nur uns sondern auch Mirka das Leben gerettet!“ Der Rotschopf umarmte den Franzosen herzlich. „Wir werden uns bestimmt irgendwann wieder über den Weg laufen“, meinte Adrian und rieb sich unsicher die Hände. Er blickte Mirka an, nickte Luna zu und wünschte ihnen alles Gute bevor er das Zimmer wieder verließ. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Daniellé Hiwatari verschloss den Verband an ihrem Handgelenk und begutachtete noch einmal das Röntgenbild. Er nickte und blickte die junge Frau zuversichtlich an. “Es ist tatsächlich nur geprellt. Es muss unbedingt geschont werden, der Rest erledigt sich dann von alleine.” “Danke Dr. Hiwatari.” “Haben Sie jemanden, zu dem Sie gehen können?” Anastasia seufzte niedergeschlagen und blickte traurig auf ihre Hände in ihrem Schoß. Kaum sichtbar schüttelte sie schließlich den Kopf. “Es ist normalerweise nicht meine Aufgabe mich darum zu kümmern...”, meinte Danny und legte eine Hand auf seine Hüfte, “aber ich denke ich kann da jemanden fragen.” “Sie werden mich wohl kaum bei sich aufnehmen, nach allem was ihnen wegen mir und meinen Geschwistern passiert ist”, lächelte Anastasia traurig. “Fragen kostet nichts”, versuchte der Arzt sie ein wenig aufzumuntern. Die junge Frau erwiderte nichts. Genau in diesem Moment klopften die Polizisten von vorhin an die Tür und traten ein. Sie erkundigten sich bei Daniellé, ob sie die junge Frau kurz zu den Ereignissen befragen könnten. Der Arzt nickte ihnen zustimmend zu, bevor er sich ein letztes Mal an Anastasia wandte. “Ich werde sie einfach fragen. Auch wenn es nur vorüber gehend sein wird, Sie brauchen eine Unterkunft.” Ohne ihre Antwort abzuwarten verließ Danny das Zimmer und die beiden Männer traten an das Krankenbett heran. “Sie sehen Ihrer Schwester wirklich zum verwechseln ähnlich”, bemerkte der eine und betrachtete die Fotos in seiner Akte. “Natürlich. Wir waren Zwillinge.” “Waren? Zur Zeit gelten Ihre Geschwister bis auf Valentina als nicht auffindbar. Oder haben Sie gesehen, wie Anastasia ums Leben gekommen ist?” Die junge Russin blickte erschrocken auf. “Ich bin Anastasia...”, hauchte sie dann. “Tatsächlich?”, fragte der andere Polizist und blickte ebenfalls auf die Fotos, “tut uns sehr Leid, Sie verwechselt zu haben. Aber die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend! Ich könnte die beiden Frauen auf gar keinen Fall auseinander halten.” “ICH BIN ABER ANASTASIA!” “Das sollte Sie keinesfalls beleidigen!”, versuchte der andere Polizist sie wieder zu beruhigen, “wir wollten nur noch ein paar ungeklärte Fragen stellen. Sofern Sie jetzt noch dazu im Stande sind...” “Ich werde Ihnen alles sagen, was Sie wissen wollen. Meine Familie hat mich verstoßen, also was habe ich noch zu verlieren?” Die beiden Männer warfen sich einen unsicheren Blick zu, dann ordneten sie ihre Akten und begannen Anastasia zu verhören. Einige Stunden später, die Polizisten waren bereits seit einer Weile wieder gegangen schreckte Anastasia in ihrem Bett auf. Sie horchte angestrengt und krallte ihre langen Finger in die Bettdecke. Hatte es eben geklopft? Oder war sie mittlerweile dermaßen paranoid geworden, dass sie sich schon Sachen einbildete? Da! Schon wieder! Nein, sie hatte es sich wirklich nicht eingebildet! “H...Herein...!” “Deine Stimme zittert ja richtig”, kicherte die Person, welche eintrat und blickte Anastasia eiskalt an. “A...ABER!!” “Hallo Schwesterchen”, lächelte Svetlana, sprang in einem eleganten Satz zum Krankenbett und presste ihre Hand auf Annas Mund, mit der anderen hielt sie ihr ein Skalpell an den Hals, “ich habe dich auch vermisst!” Anastasia war starr vor Schreck, ihre Augen bis zum Anschlag aufgerissen und ihr Blaseninhalt entleerte sich sofort. Bei diesem Anblick musste Svetlana ein helles Auflachen unterdrücken und presste ihre Hand nur noch fester auf den Mund ihrer Schwester. “Immerhin hast du nicht vergessen, welchen Stellenwert du in unserer Familie durch dein Versagen erhalten hast. Sehr schön! Das ermöglicht mir gleich an der Stelle fortzufahren, an der wir letztens unterbrochen wurden.” Anastasia wagte es nicht zu blinzeln, wodurch ihre Augen bereits zu schmerzen begannen. Svetlana schwang sich in einer eleganten Bewegung ein Bein über ihre Zwillingsschwester, so dass sie jetzt in Reiterposition auf ihr saß. Ihr Gewicht fühlte sich für Anna wie mehrere Tonnen an, ihr blieb die Luft weg, doch sie traute sich nicht um mehr Sauerstoff zu flehen. Diesen Gefallen würde sie ihrer Schwester, welche sie verstoßen hatte nicht gönnen. Ehr würde sie lieber sterben!! “Ich habe natürlich alles mitbekommen, was Doktor Hiwatari vorhin zu dir gesagt hat. Das hat dem Meister sehr gut gefallen, so können wir nämlich weiterhin in der Nähe von Tala und seinen Freunden bleiben. Weißt du...durch Kais Flammenaktion konnte die Transfusion nicht beendet werden, doch wir sind sehr zuversichtlich, dass wir die Sache trotzdem beenden können! Ach? Das weißt du ja noch gar nicht...” Anastasia starrte Svetlana fest in die Augen. Kalte Schweißtropfen rannen ihr über die Stirn und ihr Körper begann unter dem Mangel an Sauerstoff zu zittern. Wie naiv muss sie gewesen sein, ernsthaft geglaubt zu haben, dass sie jetzt ein neues Leben hätte führen können? “Valentina hat es tatsächlich erwischt...das Bergungsteam der Polizei hat aber lediglich nur Teile ihres Körpers bergen können. Der Rest ist wohl vom Felsen zerkleinert worden.” Svetlana deutete ein leichtes Schulterzucken an, was Anastasia Tränen in die Augen trieb. “Selbst Dimitri hat überlebt. Kais direkter Flammenangriff hat ihn zwar ganz schön zugesetzt, allerdings konnte ich seine Wunden als ausgebildete Krankenschwester bestens versorgen. Dann bleibst nur noch du übrig...” Anastasia versuchte jetzt mit aller Kraft ihren Mund zu befreien. Sie musste die anderen unbedingt warnen! “Guck mal”, kicherte Svetlana leicht hysterisch und hob ihre rechte Hand vor das Gesicht ihrer Schwester, “ich habe mir sogar dieselbe Hand verbunden, damit der Schwindel nicht auffällt! Wenn selbst die geschulten Polizisten dich für mich halten dann wird es umgekehrt genauso sein!” Svetlana verlagerte augenblicklich ihr Gewicht, presste beide Hände auf Mund und Nase ihrer Zwillingsschwester und drückte zu. Es war ein kurzer Kampf gewesen. Selbst Svetlana blickte verwundert in die leeren Augen ihrer Schwester, als es vorbei gewesen war. Hatte Anastasia bereits schon aufgegeben, als sie ins Zimmer gekommen war? Gut möglich... “Irgendwie...schade...”, flüsterte Svetlana ihrer toten Schwester zärtlich zu, “ich hatte irgendwie mit mehr Widerstand gerechnet...du enttäuscht mich schon wieder.” Gleichgültig schwang sie sich von Anastasia runter, wickelte sie in das Laken ein, als es plötzlich wie aus dem Nichts an der Tür klopfte. Daniellé betrat das Zimmer und blickte auf die junge Frau, welche aufrecht im Bett saß und zu ihm Blickte. Ihre Augen, diese wunderschönen türkisfarbenen Augen funkelten in der Sommerlichen Abendsonne wie die Augen einer Katze, welche gerade ihrer Beute auflauerte. War das...dieselbe Frau wie von vor ein paar Stunden? “Anna?”, fragte er also vorsichtig und trat an das Krankenbett. “Ja?” Tatsächlich! Es war Anastasia! Svetlana könnte ihren russischen Akzent niemals so gut verbergen, wie ihre Schwester. Außerdem war diese ja spurlos verschwunden... “Ich habe mit den Jungs geredet. Sie haben nichts dagegen, dich für eine Weile bei sich aufzunehmen.” Die junge Frau setzte eine erleichterte Miene auf und seufzte tief. Sie nickte Danny aufrichtig zu und bedankte sich für seine fürsorgliche Hilfe. Dann bemerkte Daniellé plötzlich, dass sich unter dem Bett eine kleine Pfütze gebildet hatte. “Oh...es tut mir so leid!”, schämte sich die junge Frau und wurde augenblicklich rot im Gesicht, “ich hatte einen Alptraum...Sie wissen schon...die Ereignisse der Letzten Tage...” “Das macht doch nichts. Ich werde den Schwestern Bescheid geben, damit sie ein neues Bett bringen.” Erst als der Doktor wieder gegangen und seine Schritte auf dem Flur verhallt waren ließ Svetlana das Skalpell unter der Bettdecke wieder los. Schnell schwang sie sich aus dem Bett und ging zum Fenster, um dieses zu öffnen. Dimitris Gesicht erschien kurz darauf und die beiden schwangen Anastasias leblosen Körper, welchen sie in Bettlaken gewickelt hatten hinaus in die dunkle Sommernacht. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~*~*~*~*~*~*~*~* Bryan nahm den Strohhalm seines Getränks in den Mund und zog genüsslich daran, während er vor der Umkleidekabine darauf wartete, dass sie heraustrat. Hinter dem Vorhang konnte er sie leise fluchen hören und musste schmunzeln. „Stell dich nicht so an!“ „Ich kann einfach nicht glauben, dass du mir so einen Fummel ausgesucht hast!“ „Du bist ein Mädchen und es ist Sommer! Ich laufe doch auch mit kurzen Hosen herum.“ „Ja aber das hier...“ „Sag mir jetzt bloß nicht, dass dunkelblau dir zu bunt ist“, lachte Bryan und steckte sich erneut den Strohhalm in den Mund, „bist du endlich fertig? Wir sind spät dran...“ „Ich weiß nicht...“ Der Russe verdrehte genervt die Augen und zog den Vorhand ruckartig beiseite. Die junge Frau fuhr erschrocken herum und blickte ihn mit ihren großen türkisfarbenen Augen an. Als Bryan sie eine Weile wortlos betrachtete klemmte sie nervös eine breite Haarsträhne hinter jedes Ohr und sah verlegen zur Seite. „Sieht doch gut aus“, kommentierte der schließlich und zog Anastasia aus der Kabine, „hier sieh selbst!“ Er stellte die junge Russin vor einen großen Spiegel, wo sie sich unsicher drin beäugte und an dem Sommerkleid herumzupfte. Ihre rotbraunen Locken fielen locker über ihre Schultern und der Stoff des Kleides hing ab der Taille in weichen Falten und ging ihr bis zu den Knien. Ihre Füße steckten bereits in schmalen Riemchensandalen welche einen minimalen Absatz hatten. „Ich hätte mir so etwas niemals selber ausgesucht...“, murmelte sie und drehte sich vor dem Spiegel. „Ach was du nicht sagst“, grinste Bryan breit und beäugte die Kleidungsstücke, die sie sich ausgesucht hatte. Lange Hosen, langärmelige Oberteile, Stiefel und alles in schwarz. Spencer trat neben seinen Teamkollegen, erblickte Anastasia und pfiff anerkennend, woraufhin sie sofort rot anlief. „Nur nicht so schüchtern“, kicherte der Riese und klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter, „du bist jetzt eine von uns. Von den Guten! Da musst du nicht mehr wie auf einer Geheimmission herumlaufen.“ „Na komm schon! Lass uns die restlichen Sachen einpacken und bezahlen! Ich will zu Hause sein, wenn Tala und Luna eintreffen.“ „Seit ihr euch auch vollkommen sicher, dass ich mit darf?“, fragte Anastasia schon wieder nach. „Zum letzten Mal! Du hast uns geholfen von da unten zu fliehen und du bist eine talentierte Bladerin. Mehr brauchte Tala nicht zu wissen. Außerdem: wo willst du völlig alleine überhaupt hin? Komm erst mal wieder auf die Füße und wenn du dann immer noch ausziehen willst kannst du das machen.“ Bryan legte eine Hand auf ihren Rücken und schob sie so in Richtung Kasse und schließlich zum Ausgang. Jetzt, da die heiße Sommerluft sich nicht mehr wie eine Sauna für Anastasia anfühlte ging es ihr gleich viel besser. Ab und zu blieb sie achtsam stehen und blickte sich um, doch Spencer und Bryan ließen ihr irgendwann keine Möglichkeit mehr dazu und schoben sie als weiter. „Bevor wir nach Hause fahren: brauchst du noch irgendwelche Mädchensachen?“ „Was für Mädchensachen?“ „Na du weißt schon...Creme, Taschentücher...Haarbürste...diese kleinen Wattedinger, mit denen ihr euch ausstopft?“ Anastasia blickte Bryan ungläubig an, erwiderte jedoch nichts. „Kondome...?“, fügte Bryan mit einer unbeholfenen Handbewegung hinzu, woraufhin sie ihn nur noch ungläubiger anglotzte. Spencer lachte auf und schüttelte den Kopf, bevor er ihr die Autotüre aufmachte. „Ich glaube darum soll sich später Luna kümmern. Die kennt sich damit schließlich besser aus, als wir.“ Eine halbe Stunde später schloss der Riese die Wohnungstür auf und zeigte Anastasia Lunas altes Zimmer, worin sie ab jetzt schlafen würde. „Es ist wunderschön...“, schwärmte die junge Frau und blickte sich mit funkelnden Augen um, „ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal in einem sauberen Bett geschlafen habe...“ Spencer setzte ein trauriges Lächeln auf, sagte jedoch nichts. „Haben wir noch Essen im Kühlschrank?“, rief Bryan vom Flur aus und riss die beiden so aus ihren Gedanken, „ich bin am verhungern!“ „Hast du nicht vorhin erst zwei Burger gegessen? Und einen großen Slushie?“ „Ich bin ein großer Junge!“, lachte dieser, „außerdem muss ich wieder zu Kräften kommen!“ „Amanda war sicher einkaufen.“ Spencer folgte seinem Kumpel in die Küche und ließ Anastasia allein in ihrem neuen Zimmer. Sie striff mit der Hand über das Bett und wunderte sich wie weich die Bettdecke war. Vorsichtig setzte sie sich darauf und versank buchstäblich in der Matratze. “Wirklich sehr bequem”, lächelte die junge Frau zufrieden, legte einen Finger an ihr Ohr und sprach deutlich ruhiger, “ich bin im Nest.” “Sehr gut, das heißt, dass du definitiv für Anastasia gehalten wirst. Mach erst mal weiter so und warte auf mein Zeichen!” “Verstanden...” „YEAH! ESSEN!!“, hörte sie Bryan laut auflachen, „auf deine Frau ist eben Verlass!“ „Sie ist nicht meine FRAU!“, wehrte Spencer ab. Einige Stunden später wurde ein Schlüssel in der Wohnungstür gedreht und Tala und Luna traten mit ihrem Sohn herein. Sie wurden von Spencer und Bryan herzlich begrüßt und der Kleine gurrte vor sich her. Als die beiden an Lunas altem Zimmer vorbei gingen guckte diese hinein und bemerkte Anastasia auf dem Bett sitzen. „Hallo. Wie geht es dir?“ Die Russin blickte nervös auf nickte stumm und stand vom Bett auf. “Ich...würde dir ja gerne die Hand geben...”, murmelte Anna und hob ihre verbundene rechte Hand. “Ach”, winkte Luna gleichgültig ab, „schickes Kleid! So hätte ich dich nicht wieder erkannt.“ „D...danke.“ Luna zog einen Schmollmund, setzte Yuriy im Maxi Cosi ab und umarmte Anastasia fürsorglich, was dieser dicke Tränen in die Augen trieb. „Du hast uns allen geholfen...dafür möchte ich mich bei dir bedanken!“, flüsterte Luna auf russisch und drückte sie noch mal kurz fester, „wenn ich dir irgendwie helfen kann, dich hier wohler zu fühlen, dann frag mich einfach, okay?“ Anastasia nickte erneut stumm und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Luna streichelte ihr über die Schulter und ging dann in die Küche, wo die Blitzkrieg Boys auf die Geburt von Talas Sohn anstießen. „LUNA! Wodka?“ „Spinnst du? Abgesehen davon, dass ich immer noch Antibiotika nehmen muss stille ich zudem auch!“ „Aber wir müssen feiern!“ „Tala feiert für mich mit“, kicherte die Frau und gab ihrem Freund einen vielsagenden Kuss auf die Wange. Am nächsten Morgen schlich sich Svetlana beinahe völlig Geräuschlos in die Küche und öffnete wie selbstverständlich den Kühlschrank. Er war tatsächlich vollgestopft mit sämtlichen Leckereien, welche sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Sie langte in eine Schale, worin sich aufgeschnittenes Obst befand und schob sich ein Stück in den Mund. „Hm...“, schmollte sie und rieb sich die Wangen, „das ist so...gut...“ „Das ist eine Wassermelone“, ertönte plötzlich hinter ihr eine Stimme und ließ sie zusammen schrecken. Tala lehnte seinen nackten Oberkörper lässig über die Kücheninsel und blickte Svetlana mit seinen stechenden Augen intensiv an, was der jungen Frau beinahe einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Die beiden Russen starrten sich für einige Sekunden wortlos an, dann bewegte sich Talas Mundwinkel zu einem verlegenen Grinsen und er machte eine unbeholfene Geste in ihre Richtung. „Sorry. Ich wollte dich nicht erschrecken“, entschuldigte er sich. „Ich werde mich an meine neue Umgebung gewöhnen müssen. Und an die neuen Leute, welche dort leben...“, erwiderte Svetlana und ließ die Gabel, mit der sie eben noch das Obst aus der Schale gegessen hatte langsam hinter ihren Rücken verschwinden. „Nimm dir die Zeit, die du brauchst.“ „Habe ich dich geweckt?“, fragte sie und ging in die andere Richtung um die Kücheninsel herum. Der Griff um die Gabel verstärkte sich, je näher sie an Talas Seite kam. Dimitri und Boris hatten ihr zwar gesagt, dass sie auf deren Zeichen warten sollte... Er stand jetzt nur noch knapp einen Meter vor ihr, blickte auf die Schale mit frischen Obst auf der Theke vor sich. Wenn sie jetzt schnell zuschlug...und die Halsschlagader erwischte... Svetlanas Hand, welche die Gabel feste im Griff hatte begann zu zittern, sie machte noch einen kleinen Schritt auf Tala zu und atmete sie ruhig aus. Genau in diesem Moment wandte der Rotschopf wieder den Blick zu ihr. „Nein. Der Kleine wacht bald auf und ich möchte Luna noch ein bisschen schlafen lassen“, murmelte Tala und schaltete den Wasserkocher an, „also übernehme ich die erste Runde füttern.“ Svetlana blickte auf Talas nackten Rücken und bemerkte Boris' Tätowierung auf Höhe seines Steißbeins. Sie schluckte schwer bis sie bemerkte, dass sich der Rotschopf mittlerweile zu ihr umgedreht hatte und ihr direkt in die Augen sah. „Was ist?“, fragte er, “stimmt etwas nicht?” „Das...Tattoo.“ „Ja.“ „Hast du nie daran gedacht...es entfernen zu lassen?“ „Habe ich. Sehr oft sogar.“ „Aber du hast Angst vor den Schmerzen?“ „Glaub mir...“, lachte Tala müde auf und schüttelte den Kopf, „nichts war, ist oder wird jemals so schmerzhaft sein wie dieses Tattoo, als ich es bekommen habe. Es geht mir ehr darum, was ich damit verbinde. Wer ich mal gewesen war und wer ich jetzt bin.“ Svetlana ließ den Griff um die Gabel etwas lockerer werden und die Schultern hängen, woraufhin Tala den Kopf schief legte. Sie musste sich beherrschen. Nichts überstürzen und vor allem nicht aus ihrer Rolle fallen! Egal was es sie kosten würde... „Ich muss dir nicht leid tun. Wie gesagt: ich kann es mir jeder Zeit entfernen oder überstechen lassen“, riss der Rotschopf sie aus ihren Gedanken. „Bis vor zwei Wochen wäre ich noch stolz darauf gewesen...genau diese Tätowierung auf der Haut zu tragen...“ „Boris hatte schon immer einen Riecher für Kinder gehabt, welche er leicht manipulieren konnte, die ihm ohne zu zögern jeden Befehl ausgeführt haben. Auch wir waren solche Kinder. Und jedes Mal, wenn ich an diese Zeit zurückdenke frage ich mich, wieso ich so naiv und leichtgläubig gewesen war. Es wird lange dauern und einiges an Kraft kosten, bis du dich davon erholen wirst...sollte dir das jemals vollkommen gelingen.“ Svetlana presste ihre Lippen aufeinander, während ihre Hand sich dermaßen verkrampfte, dass sich die Gabel darin leicht verbog. Sie beobachtete, wie der Chef der Blitzkrieg Boys das Fläschchen für seinen Sohn zusammen mischte und überlegte tatsächlich für den Bruchteil einer Sekunde das erste Mal in ihrem Leben Boris gegenüber ungehorsam zu sein und Tala gleich hier und jetzt abzustechen... Sie entschied sich kurzerhand dagegen und legte völlig geräuschlos die Gabel auf die Theke, bevor sie ohne ein weiteres Wort zurück in ihr Zimmer ging. Tala drehte sich um und stutzte. Wann war Anastasia bitte wieder gegangen? Er hatte keine Schritte gehört, geschweige denn das Klicken der Tür, als diese ins Schloss gezogen wurde. “Ich muss mehr auf Autopilot laufen, als ich gedacht hatte”, murmelte Tala zu sich selber, dann fiel sein Blick auf die Gabel auf der Kücheninsel. War die schon die ganze Zeit dort gelegen...? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)