Verborgene Liebe von MariLuna ================================================================================ Kapitel 16: ------------ 16. Kapitel   Das Quartier der beiden Mutanten befindet sich schräg gegenüber von Shredders. Entschlossen klopft April an die große, sechseckige Metalltür und lässt ihren Blick dabei irritiert über den Rahmen wandern. Wer baut denn bitteschön solche Türen? Die anderen sind ganz normal, aber diese sechseckige Form ist wohl eine Besonderheit der Wohnquartiere. Sie muß nicht lange warten, bis die Tür zischend beiseite gleitet. „Oh. Hi, April", begrüßt Rocksteady sie verdutzt. Doch schnell wird daraus Besorgnis. „Ist etwas passiert? Wo ist Chefchen?" „Dem geht's gut", versichert sie ihm hastig. „Er schläft süß und selig." Auch wenn es sehr überraschend kam. In Gedanken daran muß sie verträumt lächeln, doch dann hat sie sich wieder unter Kontrolle. „Wir waren kaum durch die Tür, da ist er quasi schon ins Bett gefallen." Um Rocksteadys Mundwinkel zuckt ein kleines Grinsen. „Da hat Krang wohl sein Medikament mit einem Schlafmittel gestreckt. Krang ist der Überzeugung, dass ein gesunder Schlaf das Wichtigste ist." Da muß sie dem Alien Recht geben. Auch wenn eine Vorwarnung nett gewesen wäre. Was wäre geschehen, wenn Shredder es nicht mehr bis in sein Quartier geschafft hätte? Sie hätte ihn wohl kaum tragen können. Aber andererseits - der Mann ist zäh und stur. Es war bestimmt nicht nur Glück, dass er es bis in sein sicheres Quartier geschafft hat. „Kann ich ein paar Stunden bei euch unterkommen?" fragt sie Rocksteady. „Es ist gerade mal achtzehn Uhr und ich fühl mich nicht gut dabei, in seinem Quartier herumzulungern, während er schläft. Das ist unhöflich." Das ist nur ein Teil der Wahrheit. Aber sie müssen ja nicht erfahren, dass der Drang, diesen süßen Kerl im Schlaf überall zu betatschen der eigentliche Grund ist, wieso sie jetzt hier steht. „Tja... öh", nachdenklich kratzt sich Rocksteady am Horn und wirft dann einen Blick über seine Schulter zurück. April kann sehen, wie sich Bebop im Hintergrund von einer alten Couch erhoben hat und nun langsam zu ihnen heran schlendert. „Wir wollten uns gerade ein paar Snacks aus der Küche holen und dann etwas surfen." „Kannst ruhig bleiben", grinst da Bebop. „Ich hol das Futter und ihr macht es euch schon mal bequem, okay?" Er tätschelt Rocksteady im Vorbeigehen die Schulter und trabt dann den Gang hinunter. „Gut. Also, April, wenn's dir nicht ausmacht... Darfst gerne bleiben, aber 's is' etwas unordentlich." Mit deutlich dunkleren Wangen als üblich bedeutet Rocksteady ihr, einzutreten. Und während sie vorsichtig zur Couch hinübergeht - dabei stets den Blick zu Boden gerichtet, um nicht auf irgend etwas Wichtiges zu treten - versucht er hastig, die herumliegenden Kleidungsstücke aufzusammeln. Dann wirft er sie achtlos in einen der Wandschränke, wobei er fast vom Rest des Schrankinhalts begraben wird. April verbeißt sich ein kleines Grinsen. „Hey, nur keinen Stress. Eure Unordnung stört mich nicht." Immerhin ist es sauber hier. Sauberer als bei den Turtles, wenn Sensei Splinter mal für ein paar Tage auf Meditations-Kur ist. Er grinst nur verlegen und räumt die Couch leer, um ihr dann mit einer linkischen Verbeugung einen Sitzplatz anzubieten. „Wie geht's ihm denn?" will er plötzlich wissen, bückt sich und hält ihr dann eine noch nicht geöffnete Bierflasche entgegen. Sie nimmt sie ohne zu zögern an. „Bis er zusammenklappte, ganz gut", erwidert sie. „Er hat gar nicht mehr gehustet. Und er ist nicht mehr so warm." Er fragt nicht, woher sie das weiß und das findet sie sehr taktvoll. Stattdessen nickt er nachdenklich und lässt sich neben sie auf die Couch plumpsen. „Das Problem mit ihm ist: selbst wenn er eindeutig krank oder verletzt ist, gönnt er sich keine Ruhe. Deshalb hat ihn Krang diesmal wohl so brutal ausgeknockt. Chefchen braucht jemanden, der auf ihn aufpasst. Er selbst macht das nicht." Er seufzt einmal tief auf und dreht seine eigene Bierflasche nachdenklich in seinen Händen hin und her. „Wenn's uns mies geht, ist er so streng mit uns, dass wir auch ja das Bett hüten und so, aber selbst hält er sich nicht an seine eigenen Ratschläge." Da sie genauso ist, nickt sie nur zustimmend. „Is' echt gut, dass du jetzt da bist." Rocksteady grinst und zwinkert ihr verschmitzt zu. „Auf dich hört er bestimmt." Erstaunt sieht sie ihn an. „Wie kommst du darauf?" „Och", sein Grinsen wächst in die Breite, „nur so 'ne Idee." Noch immer mit diesem merkwürdigen Grinsen holt er eine Fernbedienung hervor und schaltet den Bildschirm drei Meter vor ihnen ein. „Ich zeig dir mal was."     „Igitt! Ich fasse es nicht!" April ist entsetzt. „Casey? Sie ist mit Casey zusammen? Was hat die denn geraucht?" Fassungslos schüttelt sie den Kopf und kippt den letzten Schluck aus ihrer Bierflasche hinunter. Das hat sie jetzt wirklich nötig! Es ist schon ihre zweite und von daher ist sie etwas angeschickert, aber was soll's? Zehn. Zehn Paralleluniversen. Das heißt, es gibt auch zehn Versionen von April O'Neill und dank dieses X-Zone kann sie an deren Leben teil haben. Natürlich je nachdem, wieviele persönliche Details diese Aprils in diesem sozialen Medium öffentlich teilen. Es genügt jedenfalls, um sie, das Original, verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen zu lassen. Na gut, es mögen nur zwei offensichtlich an Geschmacksverirrung leiden - Himmelherrgott nochmal! Ausgerechnet Casey Jones? Wahrscheinlich sind ihre Doppelgänger einmal zu oft mit dem Kopf aufgeschlagen, anders kann sie sich das wirklich nicht erklären. Sechs andere haben als Status noch „Single" angegeben und eine lebt gleich mit zwei Männern zusammen - wobei es sich bei einem davon um Shredder handelt (und das kann sie wirklich gut verstehen!), während der andere wohl ein FBI-Agent ist. Sie hat sich die Fotos genau angesehen und Name und Gesicht kommen ihr tatsächlich vage vertraut vor, aber richtig einordnen kann sie ihn nicht. Süß ist er immerhin. Diese April beweist eindeutig Geschmack! Aber eine Dreierbeziehung? Das übersteigt Aprils Vorstellungskraft. Nein, dafür ist sie zu egoistisch. Sie will ihren Shredder - Saki - ganz für sich! Dann ist da noch diese April, die mit Shredders jüngerem Bruder eine Fernbeziehung führt. Das kann sie noch tolerieren, auch wenn sie an derer Stelle ohne zu zögern zu ihm nach Tokio gezogen wäre. Irgendwann muss man auch bereit sein, etwas für die Liebe zu opfern, findet sie. Außerdem ist Japan verdammt faszinierend, also, sie würde da sofort hinziehen. Aber ... Casey Jones? Casey Jones? Darüber kommt sie einfach nicht hinweg. „Hat Sa ... Shredder das gesehen?" Der Gedanke allein ist furchtbar. Sie schämt sich wirklich fremd. „Hoffentlich nicht. Ich meine, er glaubt doch nicht wirklich, dass ich mit Casey...?" Sie schüttelt sich unwillkürlich. „So verzweifelt bin ich in hundert Jahren nicht!" „Nee", beruhigt Bebop sie grinsend und reicht ihr dann, quasi als Trostsnack, eines seiner Spezial-Hawaii-Sandwiches. April nimmt es nur zu gerne an. Sie hat selten ein besseres Sandwich gegessen. „Chefchen war viel zu beschäftigt damit, sich über seine eigenen Doppelgänger aufzuregen. Ich glaube, er hat sich das Profil dieser April ein wenig genauer angesehen, mit der sein Doppelgänger diese Dreierbeziehung hat, mehr aber nicht. Na, sagt jedenfalls seine X-Zone Chronik. Dass all seine anderen Ichs schwul geworden sind, hat ihn so geschockt, dass er schon seit drei Tagen gar nicht mehr in der X-Zone war." Das kann sie gut verstehen. Sie musste da auch ein paar Mal schlucken, als sie die Fotos auf diesen Shredder-Accounts sah. Und das waren nur die öffentlich einsehbaren. Sie weiß nicht, ob sie es so gut findet, Fotos von Liebsten und Verwandten öffentlich zu posten. Aber das muss jeder selber wissen. „Und du willst wirklich nicht mit deinen Doppelgängern in Kontakt treten?" fragt Rocksteady sie jetzt schon zum zweitenmal innerhalb der letzten zehn Minuten. Und wieder lehnt sie ab. „Später vielleicht. Jetzt noch nicht. Ihr habt mir ja gezeigt, wie man einen Account erstellt." Sie haben versprochen, ihr ein Tablet zu leihen und sie haben ihr sogar schon eines entsprechend eingerichtet. Sie kennt auch ihre Usernamen bei X-Zone und hat versprochen, ihnen als erstes eine Freundschaftsanfrage zu schicken. Die beiden sind wirklich niedlich - genau wie ihre Katzenprofilbilder. Dass sie sich beide als Globetrotter Mitte zwanzig ausgeben, findet sie irgendwie passend. Sie behält aber für sich, dass sie weiß, dass sie bei ihrem Alter nicht geschummelt haben. „Hat das etwas zwischen euch verändert?" will sie neugierig wissen. „Dass ihr wißt, dass es da Welten gibt, in denen ihr beide oder einer von euch mit Shredder zusammen seid?" Die beiden tauschen einen langen Blick. „Na ja", beginnt Bebop dann zögernd, und als sie sieht, wie er seinem neben ihm sitzenden Kumpel eine Hand aufs Knie legt, weiß sie schon, was er ihr sagen wird. Und tatsächlich: „Nicht wirklich. Das ist eigentlich nichts anderes, als wenn du einen Zwilling hättest. Du bist ja nicht dein Zwilling, sondern immer noch du selbst. Seine Träume sind nicht deine. Und trotzdem ... Vielleicht doch? Manchmal zumindest? Einige unserer Doubles sind ein Paar und das hat uns den Mut gegeben, zuzugeben, dass wir schon länger Sex-Buddies sind." „Gelegentlich", wirft Rocksteady ein. „Früher", berichtigt ihn Bebop vergnügt. „Jetzt häufiger. Aber nun können wir dazu stehen." Mit diesen Worten lehnt sich Bebop zu seinem Lover hinüber und streicht sanft mit seiner Schweinenase über dessen Wange. Rocksteady grinst etwas dümmlich, packt ihn an der Taille und zieht ihn eng zu sich heran in eine feste Umarmung. Als die beiden sich zu küssen beginnen, wendet April taktvoll den Blick ab und ihre Aufmerksamkeit wieder zurück auf den Bildschirm vor ihnen, um sich noch ein bisschen durch die Fotos einer dieser Single-Aprils zu scrollen. Die Frau hat nichts außer ihrem Job. Wie traurig. Aber in diesem Universum sind - laut Bebop und Rocksteady - Splinter und Shredder zusammen. Das erinnert sie unwillkürlich an ihr Gespräch mit Splinter vor einem Monat, an dieses Gerücht und an die Frage, die sie Shredder seitdem stellen will. Vielleicht muss sie das gar nicht. Vielleicht genügt es, wenn sie diese beiden Doppelgänger danach fragt. So, wie es aussieht, ist dies nämlich eine Welt, in der an den Gerüchten tatsächlich etwas dran war.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)