Balance Defenders von Regina_Regenbogen ================================================================================ Kapitel 4: [Im Schatthenreich] Gefangen --------------------------------------- [[USERFILE=875728]]     Gefangen   „Verbunden werden auch die Schwachen mächtig.“   (Friedrich Schiller: „Wilhelm Tell“)     In der Kugel waren sie aufs Engste zusammengepfercht. Serena war bäuchlings gegen Vitali gedrückt, der mit dem Rücken gegen die Kugelwand stieß. Es war ihr nicht möglich, sich von ihm wegzustemmen, denn Vivien lag auf ihren Beinen und machte ein Zurückweichen unmöglich. Vitali konnte an dem Umstand genauso wenig ändern. Seine angezogenen langen Beine waren bewegungsunfähig, denn auf seinem linken Fuß lag Vivien, und hätte er versucht, sein rechtes Bein in eine andere Position zu bringen, hätte er einen der anderen getreten. Wen konnte er nicht genau sagen: Vivien oder Justin. Justin war auf der Vitali gegenüberliegenden Kugelseite rücklings gegen Ariane gedrückt. Sein Gewicht lastete bestimmt schwer auf ihr, doch er konnte nicht weiter nach vorne. Ariane ertrug dies in halb kniender Haltung, aus der sie sich ebenso wenig befreien konnte wie die anderen. Ein unheimlicher Dunst verlieh dem Innenraum einen leichenblassen Schein, doch die pechschwarzen Kugelwände verwehrten jegliche Sicht nach draußen. Arianes Stimme durchbrach die Stille. „Was machen die mit uns?“ Keiner der anderen antwortete. Schließlich rang Vitali sich zu Worten durch: „Die haben gesagt, dass sie mich nicht töten dürfen.“ „Schön.“, zischte Serena sarkastisch. „Für dich!“ „Er hat Recht.“, sagte Justin, „Wenn sie das gewollt hätten, hätten sie es eben schon tun können.“ „Aber was haben sie dann mit uns vor?“, wollte Ariane wissen. „Als wüssten wir das!“, schimpfte Serena. Vivien äußerte ihre Vermutung. „Sie bringen uns irgendwo hin.“ „Woher –“, setzte Serena an. Vivien unterbrach sie. „Die Kugel bewegt sich.“ Die anderen hielten inne und spürten nun auch die leichte vibrationsähnliche Regung des Innenraumes. Das Material der Kugelinnenfläche fühlte sich unter Arianes Händen fremd an, geradezu wie etwas Lebendiges. „Was ist das für ein Ding?“ „Ein extravagantes Fortbewegungsmittel.“, scherzte Vivien. „Findest du das etwa witzig!“, schrie Serena, wobei sie von ihrer Position aus, eher die Kugelwand als Vivien anschrie. Justin sprach in ruhigem Ton. „Das bringt uns nicht weiter.“ „Wir müssen hier raus!“, rief Vitali entschieden. „Wie denn?“, fuhr Serena ihn an. „Irgendwie halt!“, brüllte Vitali zurück Justin sah sich im Rauminneren um. Die Oberfläche war völlig gleichmäßig und glatt, kein Hinweis auf irgendeine Schwachstelle. „Wir könnten versuchen, gemeinsam gegen die Wände zu schlagen.“, sagte Ariane. Serena blieb pessimistisch. „Was soll das bringen?“ „Vielleicht kommen wir so hier raus.“, antwortete Ariane. „Wenn es so einfach wäre, dann –“ Vitali unterbrach Serena: „Halt einfach mal die Luft an und mach es einfach!“ Serena funkelte ihn wütend an. Justin stimmte zu. „Jeder schlägt dorthin, wo er hinkommt.“ Ariane zog ihre Arme, die ihr Gesicht bisher davor schützten, gegen die Kugelwand zu stoßen, zurück. Dadurch dass ihr Oberkörper gegen die Kugelwand gedrückt war, konnte sie allerdings nicht sehr weit ausholen. Vivien kam mit ihren Armen an die Kugelwand über ihrem Kopf, Justin an die links neben ihm. Vitali erreichte mit seinen Armen die seitlichen Kugelwände und mit seinen Ellenbogen die Wand hinter ihm. Serena stand es frei, den Bereich um Vitalis Kopf mit ihren Fäusten zu bearbeiten. „Auf drei.“, rief Vivien. „Eins… zwei… Drei!“ Aufgrund ihrer Körperlage trat Vivien mit ihren Füßen gegen die Wand statt mit den Armen zu schlagen. „Au!“, rief Serena, die das zu spüren bekam. „Tschuldigung.“, sagte Vivien, ohne mit dem Treten aufzuhören. „Schlagen!“, schrie Vitali Serena an. Sie blitzte ihn zornig an und ließ ihre Laune anschließend an der Kugelwand aus, wohlwissend, dass Vitali das zwangsläufig auch zu spüren bekam, da sie direkt neben seinem Kopf auf die Wand einprügelte. Auch die anderen bemühten sich nach Kräften. Sie schlugen und traten gegen die Kugel. Doch das Material schien viel zu hart zu sein, als dass sie irgendetwas hätten ausrichten können. Immer weiter hämmerten sie auf die Wände ein, bis sie kaum noch Kraft hatten. Plötzlich erklang ein fremdartiges Geräusch. Die fünf stoppten in der Bewegung. Ihr Atem war das einzige, das zu hören war. Dann geschah es. Mit einem Mal wurde die gesamte Wandoberfläche von Wellen überzogen, als habe die oberste Schicht sich verflüssigt. Die fünf wollten von der Wand zurückweichen, um nicht darin zu versinken, aber dazu fehlte ihnen die Bewegungsfreiheit. Schreckenslaute erfüllten den Raum. Hierauf ging die Oberfläche wieder in ihren ursprünglichen Zustand über. Sekunden verstrichen. Nichts geschah. „Was war das?“, fragte schließlich Ariane. Als Antwort diente ihr Justins erstickter Schrei. Ein Teil der schwarzen Masse war aus der Kugelwand auf ihn zugeschossen und hatte sich um seine Kehle gelegt. Panisch versuchte er, sie zu entfernen, doch sie dehnte sich bloß noch weiter aus und ging auf seine Hände über. Er bekam keine Luft mehr. „Justin!“, schrie Vivien. Ariane wollte ihm helfen, doch aufgrund ihrer Position konnte sie nichts ausrichten. „Was ist los?“, kreischte Serena, die nicht sehen konnte, was hinter ihr geschah, aber Vitali fluchte bloß. Er war zu weit von Justin entfernt. Serena schrie kurz auf. Mit einem entschiedenen Ruck hatte Vivien sich nach vorne gehievt und dabei ihr gesamtes Gewicht auf Serenas Beine verlagert. Sie hatte keine Zeit sich zu entschuldigen. Sie verrenkte sich, um Justin helfen zu können. Ariane löste sich aus ihrer bisherigen Position, jetzt da Vivien nicht mehr den Platz neben ihr einnahm. Sie drehte sich so, dass sie Justin in Augenschein nehmen konnte und erschrak. Die schwarze Substanz hatte sich von Justins Kehle über sein Kinn bis zu seinem Mund und seine Nase vorgearbeitet. Seine Hände waren ebenfalls davon bedeckt und bewegten sich nicht mehr. Schiere Angst sprach aus seinen braunen Augen. Unermüdlich versuchte Vivien das Zeug abzubekommen, aber es ging nicht! Die Panik in Justins Gesicht wuchs. Serena drehte sich umständlich zur Seite, um Vitali Platz zu machen. Die beiden sahen gerade noch, wie Justins Augen sich verdrehten. Ariane, Serena und Vitali stürzten vor. Ihre Arme ausgestreckt, um Justin zu befreien. Ihre und Viviens Hände fanden zusammen, ihre Herzen schlugen im Gleichtakt, waren eins. Daraufhin ging alles Schlag auf Schlag. Unter ihren Händen begann die todbringende Substanz zu strahlen. Ein grausig kreischendes Geräusch von sich gebend, verdampfte sie zu grauem Dunst, der umgehend verschwand. Noch ehe sie begriffen hatten, was geschehen war, ertönte ein Knacken um sie herum. Die gesamte Oberfläche der Kugel wurde in Sekundenbruchteilen von Rissen überzogen. Dann zerbarst die Kugel auch schon in tausend Einzelteile.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)