Balance Defenders von Regina_Regenbogen ================================================================================ Kapitel 91: Die Nacht der Allpträume ------------------------------------ Die Nacht der Allpträume   „Vom Schlaf zum Tode ist ein kleiner Weg.“ (Ludovico Ariosto)   „Unite…? Unite! Unite!!!“ Trust erhielt keine Antwort mehr von ihr. Er musste sich beruhigen. Während dem Kampf konnte sie schließlich schlecht mit ihm kommunizieren. Und er durfte Destiny nicht in ihrer Konzentration stören, um zu erfahren, was vor sich ging, sonst verlängerte er den Aufenthalt in der Schlafzauberebene nur unnötig. Er musste warten. Plötzlich hörte er in seinem Kopf etwas gehässig lachen. Automatisch wandte er sich nach links zu der Wand neben sich. Das Hauptquartier hatte keine Fenster, wodurch er nicht wusste, was draußen vor sich ging, zumal es sich bei ihrem Hauptquartier eher um eine Vorstellung als um ein echtes Gebäude handelte. Er drehte sich wieder den beiden Mädchen zu, die in einem Knäuel aufeinanderlagen, da Ewigkeits Aktion sie jählings in Trance versetzt hatte. Dann geschah alles Schlag auf Schlag. Wie Kanonenkugeln drang etwas durch die Wand zu Trusts Linken, als wäre sie nur eine Flüssigkeit und kein festes Material. Die Dimensionen schienen sich zu krümmen und kurz aufzulösen, sodass Trust schwindlig wurde. Sein Gleichgewichtssinn wurde völlig ausgeschaltet. Ihm wurde schlecht, vor seinen Augen drehte sich alles. Er war kurz wie taub. Verzerrtes Gekichere um ihn herum. Er versuchte sich zusammenzureißen. Aber sein Sichtfeld drehte sich. Nur halb erkannte er grüne geflügelte Kreaturen, wusste aber nicht, ob es sich nur um Halluzinationen handelte. Dann sah er, wie sich seine grünen Wahnvorstellungen auf Destinys und Unites Körper setzten – ein grässliches Grinsen im Gesicht. Er schwankte, fiel von seinem Stuhl und löste im Fall noch seine Attacke aus. Die Allpträume wurden davon aufgeschreckt und ließen von ihren Opfern ab. Trust lag am Boden und war zunächst unfähig wieder auf die Beine zu kommen. Das einzige, was er tun konnte, war eine Welle an Energie auszusenden, von der er hoffte, dass sie den Bereich um Destiny und Unite schützen würde. Wieder erklangen die schrillen Stimmen. Trust kämpfte gegen den Schwindel an. Dann fiel ihm im letzten Moment sein Wappen ein. Er formte in Gedanken das Wort Vertrauenswappen und stellte sich vor, wie es über Destiny und Unite Wache halten sollte. Ob es gelang oder nicht, nahm er nicht wahr. Kurz war alles schwarz vor seinen Augen.   Wie ein Schutzgeist umrundete Ewigkeit Destiny, um sie rechtzeitig vor Gefahren zu warnen. Mit geschlossenen Augen versuchte Destiny, sich auf die Ebene einzustimmen. Zunächst fiel ihr das schwer, weil sie sich Sorgen um Unite machte, dann wurde ihr Gedankengang durch Trusts Worte immer wieder unterbrochen. Schließlich herrschte Stille, als Ewigkeits Stimme ihre Konzentration ein weiteres Mal zerriss. „Schicksal! Vereinen!“ Destiny riss die Augen auf. Unite lag in einigen Metern Entfernung am Boden, ein ganzer Schwarm Allpträume umschwirrte sie und hatte sich wie ein Rudel hungriger Aasgeier um sie versammelt, als würden sie sich an einem Kadaver laben wollen. Ewigkeit hatte sich bereits zum Ort des Geschehens teleportiert, ehe Destiny den Schock verarbeitet hatte. Sie stieß ein grelles Licht aus, das zumindest die Aufmerksamkeit von ein paar der Allpträume auf sich zog. Schnurstracks flog sie in eine andere Richtung, um die Kreaturen hinter sich her zu locken. Doch nur vier davon folgten ihr. Auch Destiny verlor keine Zeit. Sie rannte los. Als sie nahe genug heran war, machte eine entschiedene Geste mit ihren Armen und Händen, mit der sie die Allpträume paralysierte. Kurz spürte sie den drängenden Impuls, diese Biester für das büßen zu lassen, was sie Unite angetan hatten. Wut pulsierte in ihren Adern und ließ eine dunkle Macht wieder in ihr wach werden. Ihr Blick fiel auf Unite und sie besann sich eines Besseren. Mit ausgestreckten Armen befehligte sie ihren Schicksalsschlag und ließ die Allpträume jeweils in einen pinkroten Feuerball aufgehen. Sie rannte an den sich auflösenden Allpträumen vorbei, ohne ihnen Beachtung zu schenken und ging neben Unite in die Knie. Eilig hievte sie ihre Freundin auf ihren Schoß. „Unite, Unite!“ Sie versuchte, sie wachzurütteln. Hilfesuchend rief sie nach Trust, aber er meldete sich nicht und Ewigkeit war ebenfalls verschwunden. Destiny konnte einen Moment lang keinen klaren Gedanken fassen. Die Situation war zu viel für sie. Dann biss sie die Zähne zusammen. Unite hatte ihr Leben riskiert, damit sie diese dämliche Ebene unter Kontrolle brachte und das würde sie verdammt noch mal auch tun!   Es war, als würde man direkt in den Schlund der Hölle schauen. Wo zuvor die Allpträume gewesen waren, tobte nun eine Brut von Ungeheuern. Change wandte sich automatisch ab. Zu scheußlich war der Anblick. Er fürchtete vor Panik den Verstand zu verlieren, wenn er die Ungetüme noch länger in Augenschein nahm. Jede Angst seiner Kindheit schien in diesen Bestien seine Personifikation gefunden zu haben. Sein Atem wurde hektisch. Desire konnte den Schutzschild auf keinen Fall länger aufrechterhalten und dann würden die Höllenkreaturen auf sie losgehen. Er warf sich zu Desire auf den Boden und packte sie an den Schultern. Vom Schmerz war sie kaum noch ansprechbar. „Wir müssen hier weg!“ In diesem Moment barst der Schutzschild.   Ewigkeit war nicht schnell genug und sie konnte sich nicht teleportieren, weil sie dadurch die Allpträume vielleicht von ihrem Verfolgungskurs abgebracht hätte. Sie musste schneller sein! Doch schon stürzte sich eine der Kreaturen von oben auf sie und zerfetzte mit seinen Krallen ihren rechten Flügel. Ewigkeit schrie und wurde von dem Allptraum zu Boden gerissen. Die Schwere der Kreatur lastete auf ihrem schmächtigen Körper und Todesangst jagte durch jede ihrer Zellen. Das Flattern der anderen Allpträume dröhnte in ihren Ohren und sie war unfähig, sich zu teleportieren, ihr ganzer Körper war wie gelähmt. Feucht-kalter Atem wurde ihr in den Nacken geschnaubt, als der Allptraum an ihr schnüffelte. Auch ihr Schluchzen half nichts. Ihr Kopf wurde von dem schrillen Schrei des Allptraums nahezu gespalten. Im gleichen Moment stieß sich der Allptraum von ihr ab. Ewigkeit rollte sich auf ihren schmerzenden Rücken und sah, wie die Bestie sich nach oben schwang, wo die anderen drei Allpträume einen unheilvollen Reigen zu tanzen begonnen hatten. „Dämon!“, krächzte der Allptraum, der sie eben noch zu Boden gedrückt hatte. Seine Artgenossen stimmten ein. „Dämon!“ Sie kreisten in hypnotisierender Weise über ihr und Ewigkeit konnte trotz der Gefahr nicht anders als ihrem Treiben gebannt zuzuschauen, wie sie immer wieder ihr ‚Dämon!‘ auf sie herab schrien. Anstatt sich auf sie zu stürzen, stoben die Kreaturen augenblicklich auseinander, als hätten sie sich einer Wesenheit gegenüber gesehen, deren Nähe sie fliehen mussten. Ewigkeit blieb für Sekunden geschockt liegen. Dann ertönten in ihrem Kopf gequälte Schmerzenslaute.   Trust wusste nicht, wie lange er weggetreten war. Sicher nicht mehr als ein, zwei Sekunden, denn er hatte noch das beruhigende Licht seines Wappens empfunden, ehe sein Kopf und sein Magen endlich aufhörten sich zu drehen. Er nahm sich nicht die Zeit, über seine Benommenheit zu sinnieren. Übereilt hievte er sich auf. Die Allpträume waren vielleicht immer noch da. Er sah fünf geflügelte Kreaturen, die wild um die Barriere des Wappens umherschwirrten, um endlich an ihre Beute zu kommen. Trust konnte nicht ahnen, dass es sich um die gleichen Allpträume handelte, die in der Schlafzauber-Ebene von Unite behelligt worden waren. Die Kreaturen hatten die Witterung des Störenfrieds aufgenommen, um sich entsprechend zu revanchieren. Doch das runde Objekt über den beiden bewusstlosen Mädchen machte einen Zugriff unmöglich. Einer der Allpträume hatte dies am eigenen Leib erfahren und hatte sich aufgelöst. Trust war wieder auf den Beinen und rief sein Vertrauensband. Die Allpträume gaben ein ohrenbetäubendes Gekreische von sich – eine Mischung aus Katzen- und Babyschrei und etwas Drittem, Koboldhaftem – und stoben auseinander. Sie waren blitzschnell, sodass Trust ihren Bewegungen kaum folgen konnte. Schlagartig fuhr ihm etwas mit brutaler Heftigkeit ins Genick. Der Schmerz fuhr durch seinen Kopf und den Schulterbereich. Er schrie und fand sich erneut auf dem Boden wieder. Der körperliche Schock verhinderte, dass er sofort seine Kräfte rief und als er endlich dazu in der Lage war, ließ das Ungetüm prompt von ihm ab. Dennoch schoss Trust um sich. Als er wieder aufsah, sah er neben sich Unite stehen. „Vorsicht!“, schrie er. Schnellstens packte er sie am Arm und zog sie zu sich auf den Boden, um sie vor den Allpträumen zu schützen. Mit seiner anderen Hand feuerte er nochmals seine Attacke ab. „Alles okay?“, rief er dann, ohne die Allpträume aus den Augen zu lassen. „Was ist mit Destiny?“ Ein Schluchzen kam von Unite. Trust war hin und her gerissen zwischen dem Impuls, sie in seine Arme zu nehmen, und der Notwendigkeit, seine Aufmerksamkeit bei den Allpträumen zu belassen. Er versuchte sich von allen Vieren in eine hockende Position zu begeben und dabei weiterhin seine Attacke auszuführen. Blindlings schloss er seinen linken Arm um Unite und zog sie an seine Brust, während er weiterhin damit beschäftigt war, die Allpträume in Schach zu halten. Er hörte sie seinen Namen schluchzen und drückte sie fester an sich. Er hatte keine Ahnung, was vorgefallen war und wieso Destiny nicht erwachte. Solche Gedanken durfte er auch nicht zulassen, nicht jetzt. Nicht in diesem Moment. Aber sobald er dem Gedanken auch nur den geringsten Platz eingeräumt hatte, breitete er sich in seinem Hirn aus. Er musste Desire und Change verständigen. Aber Ewigkeit, deren Aufgabe das gewesen wäre, war nicht hier. Vielleicht war sie bei Destiny geblieben. Dann würde er eben seine Telepathie einsetzen müssen. Trust versuchte sich zu konzentrieren, aber er konnte nicht gleichzeitig auf die Allpträume schießen und sich auf die Gedanken der anderen einstellen. Plötzlich empfing er etwas und wusste, dass es von Unite kam. Das kreischende Lachen eines Allptraums tönte in ihren Gedanken. Entsetzt wollte er sie von sich stoßen, aber es war zu spät. Sie schlug ihm mit der Faust in die Magengruppe, sodass er sich fast übergeben hätte. Im gleichen Moment war sie von ihm gewichen, packte sein Haar und drückte seinen Schädel zu Boden. Dann hielt sie mit ihrem Fuß seinen Kopf am Boden fixiert. Unites Stimme triefte vor Abscheu. „Du bist so erbärmlich.“ Sie trat ihm gegen den Schädel. Der Schmerz jagte ihm Tränen in die Augen. Er konnte das qualvolle Winseln, das sein Körper produzierte, nicht zurückhalten. Mit einem kräftigen Kick beförderte sie ihn auf den Rücken. Ein weiterer Tritt traf ihn an der Seite. Er versuchte ihrem Zugriff zu entkommen und rollte sich mit letzter Kraft weiter weg, lag nun auf den Bauch. Ihre Finger hakten sich im gleichen Moment in seine Haare und rissen seinen Kopf brutal nach oben. Sie kniete neben ihn. Ihre Stimme klang freundlich und liebenswert, wie er es von Unite gewöhnt war. „Oh Trust.“ Sie kicherte. „Kein Mädchen der Welt könnte dich jemals mögen.“ Die Worte kamen gedämpft bei Trust an. Die Wahrnehmung seiner Augen und Ohren litt noch unter den Nachwirkungen des Tritts und er drohte in eine Ohnmacht abzudriften. Seine Logik kam ihm langsam aber sicher abhanden, während die falsche Unite weiter auf ihn einredete. Sie flüsterte ihm subtile Beleidigungen ins Ohr, die an ihm hätten vorbeiziehen müssen, doch stattdessen brachten sie etwas in seinem Inneren zum Beben, das er gerne abgeschaltet hätte. Etwas, das er sonst unter Kontrolle hatte. Die kleine, ängstliche Stimme in ihm. Tränen lösten sich aus seinen Augen, ohne dass er es noch bemerkt hätte. Sie ließ seine Haare wieder los, woraufhin sein Kopf wieder auf dem Boden aufschlug, und rollte ihn dann grob auf den Rücken. Trust war halb ohnmächtig. Er nahm noch wahr, wie sich mehrere Gewichte auf seinen Körper niederließen. Unites Gesicht trat in sein Blickfeld und beugte sich über ihn. Dann spürte er, wie ihre weichen Lippen auf die seinen gepresst wurden. – Unites Lippen. In der gleichen Sekunde wollte er sterben, um dieser Grausamkeit zu entgehen. Je zärtlicher ihr Mund wurde, desto mehr schrie Trust innerlich auf. Sein Körper zuckte vor innerem Schluchzen. Schlagartig explodierte ein grelles Licht vor seinen Augen.   Die falsche Beschützerin ließ von Vertrauen ab und funkelte sie bösartig an. Ewigkeit, die von Vertrauens inneren Verzweiflungsschreien alarmiert worden war, hatte sich bereits an eine andere Stelle teleportiert, um auf einen Angriff der Feindin vorbereitet zu sein und die Lage besser zu überblicken. Auf Vertrauens Brust und seinen Beinen hockten vier Allpträume mit gespreizten Flügeln und sahen aus, als würden sie Fetzen aus einem Kadaver reißen. Doch es war nicht Fleisch, sondern das Leid ihres Opfers, an dem sie sich weideten. Vertrauens Widerstand war gebrochen. Nur ein leidvolles Zittern ging durch seine Glieder. Pfeilgeschwind flog Ewigkeit an der falschen Beschützerin vorbei, durch die Reihen der Allpträume und strahlte dabei blendendes Licht aus, um die Kreaturen aufzuschrecken. Die Ungeheuer schnellten auseinander wie aufgescheuchte Krähen. Wieder schoss Ewigkeit an ihnen vorbei und trieb sie auseinander. Zum Glück änderte ihr zerfetzter Flügel nichts an ihrer Flugfähigkeit. Doch die falsche Beschützerin scherte sich einen Dreck um ihr Ablenkungsmanöver. Sie beugte sich erneut zu Vertrauen. Sofort teleportierte sich Ewigkeit und tauchte erneut direkt über dem Gesicht von Vertrauen auf, um die Angreiferin von Übergriffen abzuhalten. Gelangweilt packte die Betrügerin sie mit der Hand und drückte fest zu. Ewigkeit kreischte auf, war aber im nächsten Moment schon dem Griff entwichen und blendete ihre Gegnerin. Hektisch schlug diese um sich, als wäre Ewigkeit ein Fliegenschwarm. Ewigkeit teleportierte sich und wartete bis das Armgewedel aufgehört hatte, um die Blendattacke zu wiederholen. Daraufhin war die Fälschung endgültig entnervt. Sie schrie mit Vereinens Stimme und stand auf. Wie eine Irre versuchte sie Ewigkeit zu erhaschen, aber es gelang ihr nicht. Etwas fuhr durch den Körper der falschen Beschützerin und ihr Körper löste sich in schwarzes Licht auf, um sogleich den Allptraum in seiner normalen Gestalt zu enthüllen. Dieser stürzte sich auf Ewigkeit. Seine Krallen stießen in ihren Leib, ehe sie sich teleportieren konnte. Dann erst entschwand sie seinem Griff. Der wildgewordene Allptraum riss seinen Kopf herum, sah sie hinter sich über den bewusstlosen Mädchen schweben und jagte auf sie zu. – Direkt in das Schutzfeld von Vertrauens Wappen. Von der reinigenden Kraft des Wappens erfasst, blieb von dem Allptraum nicht als ein funkelnder Schmetterling, der glitzernde Flügelschläge vollführend in einem goldenen Funkenregen verschwand. Die anderen Allpträume hatten sich derweil wieder auf Vertrauen niedergelassen. Ewigkeit wollte zu ihm. Aber ihre Kräfte verließen sie. Sie stürzte auf die weiche Oberfläche der Liege, auf der Vereinen und Schicksal lagen. Ihr Bauch tat weh. Als sie ihre Hand betrachtete, die sie instinktiv auf die schmerzende Stelle gelegt hatte, erkannte sie Blut und spürte ihr Bewusstsein schwinden. Sie riss sich zusammen. Flach und hektisch atmend starrte sie zu Vertrauen. Sie musste ihm helfen! Plötzlich wurde sie einer Energie gewahr, die von seinem Körper ausging. Die auf ihm ruhenden Allpträume schienen von ihrem halbohnmächtigen Opfer keine Gegenwehr mehr zu erwarten und bemerkten die Veränderung zu spät. Im nächsten Augenblick wurden sie von den Kräften des Beschützers erfasst und lösten sich auf. Vertrauen versuchte sich aufzubäumen, aber jede Regung schien ihm Schmerzen zu bereiten. Er drehte sich auf den Bauch, um sich auf alle Viere zu stemmen, und brach in sich zusammen.   Destiny spürte die Ebene wie etwas Fassbares. Endlich hatte sie es gefunden! Sie streckte ihre Gedanken danach aus und ließ dann mit ihrem ganzen Körper ihre Paralyse-Kräfte wirken. Vor ihrem geistigen Auge erstarrte die Ebene zu einem undurchlässigen, verhärteten Gebilde. Sie wollte Unite die freudige Botschaft mitteilen, aber diese regte sich immer noch nicht. Destiny schlang ihre Arme noch fester um sie und zog sie zurück in die Wirklichkeit. Destiny fand zurück in ihren Körper. Unite war zuvor bei der plötzlichen Trance auf sie gestürzt, wodurch sie sich erst von ihrem Oberkörper befreien musste. Sofort ging Destiny dazu über, Unites Namen zu rufen und sie wachzurütteln. Sie reagierte nicht. „Schicksal.“ Destiny schreckte auf und sah Ewigkeit neben Unite kauern. Ihr Leuchten war halb erloschen und etwas Rotes schimmerte an ihrer Seite. Im gleichen Atemzug entdeckte Destiny auch den leblosen Körper am Boden neben ihnen. „Trust!“, kreischte sie. Sie musste sich beruhigen. Doch sobald sie das dachte, wurde sie panisch. Dann hörte sie etwas von der Raummitte. Sie streckte ihren Arm aus, um auf den drohenden Angriff vorbereitet zu sein. Etwas tauchte auf.   Grauen-Eminenz hatte alles vorbereitet, um das Treiben der Allpträume persönlich in Augenschein zu nehmen. Seine Tasche mit dem Allptraum-Einfang-Dingens stand bereit. Er ließ seinen Blick noch einmal über die Bildschirme schweifen, als plötzlich einer davon rot zu blinken begann. Jählings verspürte Grauen-Eminenz einen dolchartigen Stich, als hätte er plötzliche Magenkrämpfe. Er versuchte sich einzureden, dass es sich dabei um einen seltsamen Zufall und nicht um ein schlechtes Omen handelte. Doch als er den blinkenden Bildschirm näher betrachtete, fiel ihm das immer schwerer. Das Programm, das den Zustand des Schlafzaubers überwachen sollte, meldete eine unvorhergesehene Veränderung. Das Zahlenchaos der Anzeige deutete auf einen Fehler des Systems hin. Die Laufzeit des Schlafzaubers, die er auf anderthalb Stunden angesetzt hatte – die Mindestdauer, die eine solche Untersuchung laut Pandämoniums Vorschriften umfassen musste – zeigte auf einmal statt den zuvor eingegebenen Minutenanzahl 999999 an. Grauen-Eminenz biss die Zähne zusammen. Etwas musste geschehen sein, etwas, das mit den Allpträumen zusammenhing. Der Schlafzauber war außer Kontrolle geraten! Seine Magenbeschwerden wurden von dieser Erkenntnis nicht gerade besser. Verdammt, er hatte jetzt beim besten Willen keine Zeit für seltsamen Stresssymptome! Er konzentrierte sich auf seine Atmung und sendete beruhigende Strömungen durch seine Fingerspitzen an die entsprechende Stelle. Das war einer der Vorteile, wenn man Selbstheilungskräfte beherrschte. Nie mehr Schmerzmittel! Innerhalb von Sekunden fühlte sich sein Körper wieder normal an, auch wenn sein Geist weiterhin am Rotieren war. Jetzt galt es, sich um die richtigen Probleme zu kümmern. Er griff nach seiner Tasche und machte sich auf den Weg.   „Nicht!“, schrie Change gerade noch rechtzeitig, als er Destiny auf dem Bett vor sich sitzen sah, den Arm zu einer Paralyse-Attacke erhoben Desire, die er stützen musste, gab einen Schreckenslaut von sich. Dann erkannte auch er das Schlachtfeld vor sich. „Desire!“, schrie Destiny und deutete auf Unite. Desire humpelte zu ihr. „Die Allpträume haben sie attackiert.“, klagte Destiny mit verzerrter Miene. Desire wusste auch so, was von ihr erwartet wurde. Sie setzte ihre Läuterungskräfte ein. Derweil war Change an die Seite seines am Boden liegenden Freundes. gestürzt Er versuchte Trust aufzurichten. Aber das war gar keine gute Idee. Vor Trust drehte sich alles. Er wusste nicht, wie er es überhaupt auf alle Viere schaffte, aber als es soweit war, übergab er sich, und sobald der erste Brechreiz abgeklungen war und er sich auf das Gefühl auf seinen Lippen besann, übergab er sich ein zweites Mal. Der Würgreflex war direkt an seine Emotionen gekoppelt, denn sobald er an das dachte, was geschehen war, wollte er sich nur noch seines Mageninhalts entledigen. Nach dem ersten Würgen wurde ihm die Unterstützung durch Change kurzzeitig entzogen, wodurch er fast umgefallen wäre. Der Halt von Change kam jedoch rechtzeitig zurück. Change verzog das Gesicht. Der Gestank des Erbrochenen gemischt mit den Würggeräuschen ließ ihm schlecht werden, dennoch riss er sich zusammen, um Trust nicht in sein verdautes Abendessen stürzen zu lassen. Endlich fand der Anfall sein Ende. Trust setzte sich zurück auf seine Unterschenkel. Das Bett war jedoch nicht nahe genug als dass er seinen Kopf hätte dagegen lehnen können. Und aufrecht halten konnte er sich genauso wenig. Daher musste sich Change schließlich als Stütze anbieten. Er ging neben Trust auf die Knie, schwer darauf bedacht, nicht in das Erbrochene zu sitzen, und ließ Trust seinen Kopf auf seine Schulter legen, die Stirn gegen seinen Hals gelehnt. Er drehte seinen Kopf etwas zur Seite und versuchte seinen Atem so flach wie möglich zu halten, um den Gallegeruch aus Trusts Mund ertragen zu können. Mit der Linken strich er über Trusts Kopf, wie er es früher bei Vicki gemacht hatte, um seinen kleinen Bruder zu beruhigen. Zum Glück konnte Erik das nicht – Change riss seinen Kopf zu den Mädchen herum. „Hey!“ Destiny sah zu ihm herüber. Sie hielt Ewigkeit in Händen. Desire war mit der Ausübung ihrer Kräfte beschäftigt. Doch Unite zeigte keine Reaktion. „Was ist mit Unite?“, fragte er. Bei dem Klang des Namens regte sich Trust und wollte sich offenbar aufrichten. Change hielt ihn davon ab. „Du kannst eh nichts machen!“, schimpfte er ihn. Desire ergriff das Wort. „Sie atmet regelmäßig. Sie müsste gleich aufwachen.“, Sie klang nicht überzeugt. Change hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. „Kümmert euch um Trust. Ich muss Erik holen.“ Destiny nahm das als Aufruf. Sie bettete Ewigkeit an eine sichere Stelle und trat an die andere Seite von Trust. Dort ging sie in die Knie und schlang ihre Arme um seinen Oberkörper, um ihn halten zu können. Im gleichen Moment war Change auch schon verschwunden. „Es geht schon.“, versicherte Trust und klang dabei, als wäre er kurz vorm Sterben. „Lass mich zu Unite.“ Destiny drehte sich zu Desire und wollte sie fragen, ob sie ihr helfen könnte, Trust aufs Bett zu hieven. Aber Desire war noch damit beschäftigt, Unite aus ihrer Trance zu befreien. Schließlich versuchte Destiny Trusts Körper wie einen Sack Mehl näher zu dem Bett hin zu schleppen. Nur mit größter Mühe gelang es ihr. Jedoch nicht, ohne dass seine Beine über das eigene Erbrochene schleiften. Trust selbst schien das nicht zu interessieren. Heftig atmend griff er nach dem Bett, um sich dagegen zu lehnen. Destiny hielt seinen Rücken. „Geht’s?“ Trust nickte schwach. „Kümmert euch um Unite.“ Destiny stand wieder auf und drehte sich zurück zu der Ohnmächtigen.   Change tauchte in Eriks Zimmer auf und sah sich hastig um. Er fand Erik auf seinem Bett liegend, als sei er im Sitzen zur Seite gekippt. Sein Smartphone lag unter seiner Hand. Sofort ging Change zu ihm und versuchte ihn wachzurütteln. „Hey!“, schrie er ihn an. Ein zweites Mal. Lauter. Wie fest konnte der denn schlafen?! „Hallo!!!“, brüllte Change und schüttelte Erik wild. Das war nicht normal. Nochmals sah Change sich um. Er hatte vergessen zu fragen, ob es Tiny gelungen war, die Ebene undurchlässig zu machen. Vielleicht war ja ein Allptraum in Erik gefahren. Aber das hätte nicht erklärt, warum er nicht aufwachte! Oder das war gar nicht Erik, sondern nur eine Wahnvorstellung der Allpträume. Andererseits fand er das nun wirklich nicht furchteinflößend. Ein schlafender Erik! Wow. Change stöhnte und schaute auf Erik herab. Sollte er ihn mitnehmen? Desire würde ihm sicher den Kopf abreißen, wenn er ihn hier ließ. Aber noch einen Besinnungslosen mehr in ihrer Runde zu haben, erschien Change wenig zielführend. Dann fiel ihm ein, dass die Allpträume seine Präsenz eventuell spüren konnten und er sie dadurch vielleicht erst hierher lockte. Das war nicht gut. Er ballte die Hände zu Fäusten.   Die Schwärze verschlang ihre letzten Hoffnungen. Ihre verzweifelten Rufe nach Trust und den anderen waren vergeblich gewesen. Die Verbindung zu ihrem Körper – zum Leben – war abgerissen und ihre Seele war für immer hier gefangen. Allein. Noch immer schluchzte sie, obwohl es nichts brachte. Plötzlich änderte sich etwas. Aber was brachte das? Die anderen hielten sie für tot. Wahrscheinlich war sie das auch. Ihr eigenes gequältes Jaulen umhüllte sie. Plötzlich spürte sie, wie sie erstickte. War das eine Wahnvostellung oder die Erinnerung an ihr Ableben? Sie wurde gerüttelt. Aber sie bekam keine Luft! Sie atmete nicht. Sie atmete nicht! Sie wurde auf die Unterlage gedrückt. „Sie hyperventiliert!“ Die Stimme ging an ihr vorbei. Sie bekam keine – Plötzlich legte sich etwas über ihre Mundöffnung und atmete heiße Luft in sie. Die Berührung war so fremdartig, so real, dass es sie aus der Hypnose riss. Unite spürte wie der Mund von ihr abließ. Sie riss die Augen auf und erkannte Destiny über ihr. Diese fing ihren Blick auf und fiel ihr schluchzend um den Hals. Was Unites Augen ihr übermittelten, war ihr völlig fremd. Als würde sie sich an einem Ort wiederfinden, an dem sie noch nie gewesen war. Destiny ließ wieder von ihr ab. „Alles okay?“ Unite antwortete nicht. Sie starrte an die Decke. Trust hatte indes versucht, sich aufzurichten und war kläglich gescheitert. „Es geht ihr gut.“, versicherte ihm Desire, um ihn von noch so einer Aktion abzuhalten. Wie falsch sie damit lag. Unite ging es nicht gut. Gar nicht gut. „Was ist passiert?“, fragte Destiny aufgelöst. Unite blinzelte entseelt. Mit dieser Reaktion offensichtlich unzufrieden, griff Destiny um ihren Oberkörper und hievte sie in eine Sitzposition. Sie lehnte sie gegen etwas hinter ihr, wohl die Wand. Nun konnte Unite erkennen, wer um sie herum saß. Desire hatte Ewigkeit in Händen. Neben dem Bett kauerte Trust in Erbrochenem. Der Gestank stieg Unite in die Nase. Ihre Augen wanderten ziellos hin und her, wollten nichts sehen. Doch sie fürchtete sich vor der Schwärzte hinter ihren Augenlidern. „Werd jetzt nicht wieder ohnmächtig!“, schrie Destiny. Derweil sagte Desire: „Ich glaube, Ewigkeit erholt sich.“ Gerade wollte Destiny sie anschreien, dass Ewigkeit verblutete, als sie erkannte, dass der Blutfleck an ihrer Seite verschwunden war. Auch ihr rechter Flügel war mit einem Mal wieder heil. Das war unmöglich. „Hast du sie geheilt?“, fragte Destiny Desire. „Ich habe nichts gemacht.“ „Sie hatte eine riesige Wunde! Jetzt ist sie unverletzt!“, widersprach Destiny. Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf Trust. „Mach das gleiche bei ihm!“ Desire war genervt von Destinys Befehlston. Als wäre Destiny die einzige, die mit den Nerven am Ende war! Mit bösem Gesichtsausdruck bettete sie Ewigkeit auf die Matratze und besah sich die Platzwunde an Trusts Stirn. Er musste eine Gehirnerschütterung davongetragen haben. Desires Mund wurde trocken, als sie über die Möglichkeit nachdachte, dass er eine Hirnblutung haben könnte. Trust gehörte in ärztliche Behandlung! Vielleicht konnte Change ihn in ein Krankenhaus außerhalb Entschaithals bringen, wo kein Schlafzauber wirkte. Vielleicht sollten sie sich alle in Sicherheit begeben! Was auch immer der Schatthenmeister vorhatte, bisher hatte es keine Anzeichen dafür gegeben, dass er wahllos Menschen abschlachtete. Eventuell hatte er ganz andere Pläne, während sie ihr Leben wegen all dem aufs Spiel setzten. Was dachte sie da eigentlich?! Sie hatte gesehen, in was sich die Allpträume verwandelt hatten, und Changes Kräfte hatten nicht den geringsten Effekt gehabt. Diese Scheusale besaßen einen Körper, mit dem sie Schaden anrichten konnten! Sie wünschte sich zwar, dass das alles so schnell wie möglich aufhörte, aber eine Flucht würde die Allpträume nicht aufhalten. Anstatt sich weiter darüber Gedanken zu machen, wandte sie sich Trust zu. Obwohl sie wenig zuversichtlich war, dass sie Heilungskräfte besaß, berührte sie ihn an der Stirn, um mit ihren Kräften vielleicht ein wenig seinen Schwindel lindern zu können. Sie ließ die kühle, besänftigende Energie auf ihn übergehen, schloss die Augen und stellte sich vor, wie die Schmerzen aus seinem Körper wichen. Während sie die Energie fließen ließ, hatte sie das Gefühl, selbst an der reinigenden Wirkung teilzuhaben. Sie genoss die Ruhe, die sich in ihrem Körper ausbreitete. Es tat gut. Schmerz und Verzweiflung wichen aus ihren Gedanken und machten Platz für eine tief empfundene Sicherheit. Sie holte tief Luft und atmete wieder aus. Zuversichtlich öffnete sie die Augen. Fassungslos blinzelte sie, um sicherzugehen, dass sie nicht fantasierte. Die Platzwunde war zwar noch da, aber das Blut war geronnen und als Trust die Augen aufschlug, sah er sie mit einem wachen Blick an. Zuvor war er kreidebleich gewesen und hatte den Eindruck gemacht, als würde er sich halb im Delirium befinden. Trust sagte nichts, aber aus seinem Gesicht sprach Überraschung. Er stand auf, blieb kurz stehen, wie um zu testen, ob die Schwäche nicht gleich wiederkam, und stürmte dann an Unites Seite. Dabei hätte er in seinem Übereifer fast Ewigkeit zerquetscht, hätte Desire sie nicht geistesgegenwärtig noch rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Destiny überließ Unite Trusts Obhut, blieb auf der anderen Seite von ihr sitzen und hielt ihre Hand. Ein angewiderter Aufschrei ertönte. „Wäääh!“. Change war zurückgekommen und im Erbrochenen gelandet. Er fluchte lauthals und versuchte in einer ziemlich lächerlich wirkenden Bewegung der Beine die stinkende Brühe, die an seinen Schuhen klebte, am Boden abzuputzen. „Wo ist Erik?“, stieß Desire aus. „Der schläft.“, antwortete Change kurz. Desires Augenbrauen zogen sich zusammen. „Wieso hast du ihn dann nicht aufgeweckt?“ „Weil er nicht aufgewacht ist.“ Noch immer starrte Desire ihn ungläubig an. „Soll ich dich mitnehmen, damit du es selbst siehst?!“ „Das versteh ich nicht.“, flüsterte Desire verwirrt. „Wir haben größere Probleme.“, schimpfte Destiny. Die Blicke der anderen richteten sich auf Unite. Diese war noch immer geistesabwesend und starrte vor sich hin. Nichts schien sie wirklich zu erreichen. Trust hatte sie mittlerweile gegen seine Brust gebettet und seine Arme um sie gelegt. Doch von Unite kam keine Reaktion. Trust legte ihr seine Rechte auf die Stirn und konzentrierte sich auf ihre Gedanken. Stille. „Was ist?“, erkundigte sich Desire, die die Besorgnis auf seiner Stirn nicht übersehen hatte. Trust gab ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie einen Moment ruhig sein sollte. „Was ist passiert?“, fragte er Unite sachte und legte ihr erneut die Hand auf die Stirn. Weiterhin empfing er nur Rauschen, doch das Rauschen kam in hektischen Wellen, als hätte er mit seiner Frage einen Sturm in Gang gesetzt. Gleichzeitig gingen Zuckungen durch ihren Körper. Davon aufgeschreckt, wollten die anderen ihr zu Hilfe eilen. „Lasst sie.“, rief Trust. „Wartet.“ Als hätte sie einen Anfall zitterte Unite. „Seid ihr sicher, dass sie nicht besessen ist?“, fragte Change. Trust ignorierte ihn. Er nahm die Hand von Unites Stirn und ergriff ihre Rechte. „Ich kann es löschen.“, sagte er beruhigend zu ihr. „Zeig mir nur, wo es ist.“ Unite gab winselnde Atemgeräusche von sich, die sich steigerten. Dann drehte sie ihren Kopf ihm zu und schien ihn erstmals wieder richtig zu sehen. Im gleichen Moment schluchzte sie auf, drehte ihren Oberkörper ihm zu und klammerte sich an ihn. Sie drückte ihr Gesicht gegen seine Schulter und weinte unkontrolliert. Ihr Schluchzen klang hysterisch. Es wuchs zu einem Schreien heran, das in den Ohren schmerzte. Aber Trust drückte sie nur fester an sich. Sogleich waren auch die anderen herangekommen und legten Unite ihre Hände auf. Als Unite sich aber nach einer Weile immer noch nicht beruhigt hatte, sahen sich Change und Desire genötigt, das Schweigen schließlich zu brechen. „Ist die Ebene –“, begann Desire. Destiny, die Unite liebevoll über den Rücken strich, nickte bloß und war weiterhin auf ihre aufgelöste Freundin fixiert. Unite so aufgelöst zu sehen, schmerzte sie offenkundig. „Die Allpträume haben sich verwandelt.“, berichtete Change und musste dazu die Stimme erheben, damit man ihn über Unites Gekreische verstehen konnte. Zumindest nahm die Lautstärke ihres Jammerns langsam ab. Trust sah ihn ernst an, während er Unite weiterhin festhielt. Er senkte den Blick und antwortete nicht. Unterdessen kam Ewigkeit, die immer noch in Desires Hand ruhte, wieder zu sich. Sie setzte sich auf und schüttelte sich wie ein Hundewelpe. Benommen sah sie sich um. Kaum hatte sie Unite entdeckt, stand sie auf und schwebte zu ihr. „Was ist?“ Ihre unbedarfte Taktlosigkeit machte die anderen einmal mehr sprachlos. Unverhofft schien dies Unite jedoch abzulenken. Sie schniefte und sah in Ewigkeits Richtung. Galant wie er war, streckte Change ihr daraufhin den Bettbezug hin, der wie eine Art Decke am Fußende lag. Desire warf ihm nur einen verständnislosen Blick zu. „Zum Naseputzen.“, rechtfertigte sich Change, als wäre es völlig normal, in Bettbezüge zu schnäuzen. Desires Gesichtsausdruck wurde daraufhin noch fassungsloser. „Trust hat auf den Boden gekotzt, warum soll Unite nicht ins Betttuch rotzen?“, gab er auf ihren wortlosen Kommentar zurück. Unite stieß daraufhin einen erstickten Laut aus, der nur mit viel Fantasie nach einem Lachen klang. Es war schwer zu sagen, ob sie schluchzte oder lachte. Schließlich nahm sie Changes Angebot an und schnäuzte mehrfach in das Bettzeug. Daraufhin gab Change mit vor Stolz angeschwollener Brust ein siegreiches „Ha!“ von sich. Unite schniefte und sah in die Runde. „Wir müssen die Allpträume aufhalten.“, verkündete Ewigkeit. Mit diesem Satz machte sie die ganze Stimmung mit einem Schlag kaputt. Trust spürte, wie sich Unite bei den Worten automatisch verkrampfte. „Du musst nicht mitgehen.“, versuchte er sie zu beruhigen und erreichte damit das Gegenteil. Entsetzt starrte Unite ihn an, schüttelte mehrfach den Kopf und drückte sich in die Umarmung von ihm und Destiny. „Was hast du denn gesehen?“, fragte Change, als habe er sich an Ewigkeits unüberlegter Fragerei ein Beispiel genommen. „Lasst mich nicht alleine…“, wimmerte Unite. „Hey, wir lassen dich nie alleine.“, sagte Change überzeugt. „Außer wenn wir aufs Klo müssen oder so.“ Desire fasste sich an die Stirn und fragte sich, wo das Niveau von Changes Kommentaren abgeblieben war. Unites Stimme war nur noch ein unsicheres Flüstern. „Aber wenn ich tot bin...“ Die anderen schwiegen für einen Moment, während Ewigkeit auf Unites Kopf landete. „Ist Totsein schlimm?“ Unite hatte den Blick gesenkt. Es fiel ihr schwer, die Worte auszusprechen. „Alles –“ Sie stockte. „ist leer.“ Ihre Augen drifteten erneut in eine unbekannte Weite. Trust wollte ihr etwas Tröstendes sagen, doch ihre Worte klangen so trostlos, dass er fühlte wie sein eigenes Inneres in eine unbekannte Leere stürzte. Change erhob die Stimme. „Das wäre genau das Richtige für meine Mutter. Die beschwert sich immer, dass bei uns alles so voll ist!“ „Bist du so blöd oder tust du nur so?“, kreischte Destiny. „Sie hat doch gesagt, dass es da so leer ist!“, verteidigte sich Change verständnislos. „Aber das meinte sie doch nicht so, du Depp!“ „Wie denn dann?!“ „Dass alles sinnlos und leer ist und man ganz allein ist!“ „Als du verreckt bist, warst du auch nicht allein!“, widersprach Change. „Ich bin nicht verreckt!“, protestierte Destiny. „Klar bist du.“, entgegnete Change überzeugt. „Damals im Schatthenreich.“ „Bin ich nicht! Sonst wär ich jetzt tot!“, krakeelte Destiny. Change blödelte: „Und ich dachte die ganze Zeit, du bist’n Zombie.“ „Ich bring dich um!“, kreischte Destiny. „Sag ich doch – Zombie!“ Unite brach derweil erneut in Tränen aus und verdeckte mit ihren Händen ihre Augen. Dies zog Destinys Aufmerksamkeit wieder auf sich. Schließlich mischte sich ein seltsames Lachen in Unites Schluchzen. „Hey.“, sagte Change sachte an Unite gewandt. „Du weißt doch: Wir sind die allerbesten besten Freunde und das heißt, dass uns gar nichts mehr passieren kann.“, zitierte er was sie damals im Schatthenreich verkündet hatte. Unite schluchzte lautstark auf und nickte heftig. An ihren Seiten spürte sie die wärmende Körpernähe zu Trust und Destiny. Jeweils eine Hand streckte sie nach Change und Desire aus, die diese sofort ergriffen. Ja, die anderen würden sie nicht alleine lassen. Niemals. Sie tat ein paar langsame Atemzüge und besann sich auf das, was sie fast vergessen hatte: Die Allpträume waren nicht mächtiger als sie. Nicht mächtiger als ihr Vertrauen. Sie würde ihnen beweisen, dass man sie nicht so einfach brechen konnte! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)