Balance Defenders von Regina_Regenbogen ================================================================================ Kapitel 119: Ein tolles Team ---------------------------- Ein tolles Team   “Es ist wichtig für ein Team, sich nicht nur auf einen Spieler zu verlassen.” (Luis Suarez)   Vitali hatte sich auf seine Schulbank gesetzt, während Ariane sich seitlich auf ihrem Stuhl niedergelassen hatte. „Sorry.“, sagte er in die Stille, die aufgetreten war, nachdem auch Justin den Raum verlassen hatte. Davon aus ihren gedrückten Gedanken gerissen, blickte Ariane auf. Vitali gab seiner Stimme einen genervten Klang. „Ich weiß, ich hab Mist gebaut.“ Ariane schüttelte den Kopf. „Mach dir darüber keine Gedanken.“ Ihr Blick glitt wieder zu Boden. „Hm.“ Auch Vitali schaute in eine andere Richtung. Nach einem weiteren stillen Moment, setzte er fort, weiter ohne Ariane anzusehen. „Du magst das auch nicht.“ Ariane ging davon aus, dass er damit meinte, dass sie sich bisher immer darüber beschwert hatte, wenn er Erik Secrets Verhalten anlastete. Sie schwieg, weil sie nicht wusste, was sie darauf entgegnen sollte. Sie fand nicht einmal, dass Vitali etwas falsch gemacht hatte. Er war nun einmal sehr ehrlich, auch im Ausdruck seiner Gefühle. Bei Vitali hatte sie nie das Gefühl, sich auf einem Minenfeld zu bewegen. Ganz anders als bei Erik. „Ich weiß, ich muss mich besser zusammenreißen.“, sprach Vitali weiter. „Nein.“, sagte Ariane schließlich. Nun lugte Vitali zu ihr, vielleicht, um sie dazu zu bewegen, mehr zu sagen? „Du …“, sie stockte. „Ich mag es, dass du ehrlich bist.“ Vitali brummte unzufrieden. Die Sache ging ihm wohl doch näher als sie gedacht hatte. Ariane erkannte, dass sie aufhören musste, sich in ihrer kleinen Welt zu verstecken. Sie stand von ihrem Sitzplatz auf und trat vor Vitali. Er sah sie an wie ein geschlagener Hund. „Machst du dir Sorgen wegen Justin?“, fragte sie. Vitali zuckte mit den Schultern. „Er ist dir bestimmt nicht böse.“ Vitali hob vorsichtig den Blick und sie verstand, dass er sich auch wegen ihr Gedanken machte. Ariane seufzte. Sie setzte sich neben ihn auf den Tisch. „Weißt du, ich dachte immer, wir müssen Erik beschützen. Aber heute verstehe ich dich.“ Sie machte eine kurze Pause. „Es ist anstrengend, nie die Wahrheit sagen zu können und alles runterzuschlucken.“ „Hm…“, machte Vitali. „Wenn man die Wahrheit nicht kennt, ist auch Mist.“ Sie war überrascht, dass er Eriks Perspektive bedachte. Dann wurde sie wieder nachdenklich. „Würdest du es ihm sagen wollen?“ Vitalis lautstarke Antwort kam ohne Verzögerung. „Da dreht er ja durch!“ Ariane war etwas überrascht über die Heftigkeit, mit der er diese Aussage gemacht hatte. „Und was dann?“ „Hm.“ Wieder ließ sich Vitali Zeit mit seiner Antwort. „Keine Ahnung. Warten bis er wieder angreift?“ Ariane Seufzen wuchs zu einem ausgewachsenen Stöhnen heran. . Vitali wandte sich an sie. „Meinst du, Vivien hat ‘ne Idee?“ Sie schüttelte den Kopf. „Momentan nicht.“ „Aber sie hat doch immer ‘ne Idee.“ Ariane versuchte, sich zu überlegen, was Vivien planen könnte. „Sie hat beim letzten Mal gesagt, ich soll ihm die Wahrheit sagen.“, erinnerte sie sich. „Aber Justin war dagegen.“, fügte Vitali an. Ariane ließ den Kopf hängen. „Er ist überhaupt dagegen, wenn es um Secret geht.“ „Jo.“ Wieder seufzte Ariane. „Meinst du, wir schaffen das?“ „Keine Ahnung. Weiß ja nicht, worauf das rausläuft.“ Ariane dachte darüber nach. „Das ist eine gute Frage.“ „Wir müssen irgendwie an Secret rankommen.“, meinte Vitali. „Und dann?“ Vitalis Gesicht verzog sich. „Grmpf. Ich bin zwar nicht scharf drauf, aber… wenn er unser Feind bleibt, haben wir ein echtes Problem.“ Ariane konnte ihm nicht folgen. „Wovon sprichst du?“ „Was Vivien vorhatte, als sie ihn ins Hauptquartier gebracht hat.“, erklärte Vitali. Ariane drehte sich zu ihm. Vitali erklärte. „Secret Feind gleich Gefahr – und keine Wahrheit für Erik. Secret Nicht-Feind gleich keine Gefahr – und Wahrheit für Erik.“ Ariane musterte ihn von der Seite. „Wieso denkst du, dass wir ihm dann die Wahrheit sagen dürften?“ „Naja, ist doch weniger angsteinflößend.“ Ariane schaute fragend. Vitali setzte zu einer Erklärung an. „Also, wenn er einfach zu uns kommt, sobald er sich verwandelt, ist das doch weniger schlimm als wenn er irgendwas anstellt oder uns angreift und Erik nichts davon weiß. Oder?“ Ariane war über diesen Gedankengang ziemlich überrascht. „Ja, schon...“ Plötzlich begriff sie worauf Vitali hinauswollte. Ihre Stimme wurde jäh ungläubig. „Du meinst… Wir sollen uns mit Secret anfreunden?!“   Der American Diner war nicht weit entfernt von der Schule und durch die hohe Fensterfront konnte man gut nach draußen sehen. Serena und Erik saßen sich gegenüber. Erik hatte nicht viel gesagt und Serena hatte ihm seine Ruhe gelassen. Als er von seinem Getränk aufsah, erkannte er, dass ihr Blick hinaus auf die Straße gerichtet war. „Woran denkst du?“ Serena wandte sich ihm zu und lächelte sacht. Erik wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. „Worüber hast du dich mit Ariane gestritten?“, fragte sie. Davon noch mehr überrumpelt, war Erik dankbar, dass in diesem Moment ihre Bestellung gebracht wurde. Sie bedankten sich bei der Bedienung und begannen damit, ihre Burger zu verspeisen. Serena schien ihn nicht zu einer Antwort drängen zu wollen. Stattdessen widmete sie sich ihrem Veggie-Burger. Weitere Minuten vergingen, ohne dass einer von ihnen etwas sagte. „Es war etwas Dummes.“, gab Erik schließlich von sich. Serena sah auf. Als er nichts weiter sagte, nickte sie bloß. Dass sie offenbar nicht vorhatte, ihn zu einer Erklärung zu bewegen, ließ seine Anspannung nachlassen. Schließlich rang er sich zu weiteren Worten durch: „Ich habe gesagt, dass ihr mich nur bei euch duldet, weil ich Secret bin.“ Auf Serenas Gesicht deutete sich ein belustigtes Grinsen an. Erik kam sich etwas blöd vor. „Vielleicht wird Secret nur geduldet, weil er Erik ist.“, entgegnete sie. Er konnte dem Gedanken nicht folgen und Serena aß weiter. Nach einigen Bissen wandte sie wieder das Wort an ihn. „Heißt das, du willst nicht mehr Secret sein?“ Seine Stimme wurde rauh und abweisend. „Vielleicht will ich nicht euer Spiel spielen.“ „Also spielst du dein eigenes?“ Erik antwortete nicht darauf, sondern verspeiste den Rest seines Burgers. Er wischte sich die Hände an der Serviette ab. „Ich gehöre nicht zu euch.“, verkündete er entschieden. „Du oder Secret?“, fragte Serena. Erik sah sie streng an und verweigerte eine Antwort. Serena sah auf ihren Teller. „Für uns gehörst du dazu.“ „Der Secret, den ihr erschaffen habt.“, entgegnete Erik wütend. „Oder der, den du geschaffen hast.“, erwiderte sie ruhig. Sein Blick wurde hart und unerbittlich. „Ich habe nicht das Bedürfnis, Secret zu erschaffen.“ „Darum erschafft er sich selbst.“, schlussfolgerte sie unbeeindruckt. Erik schwieg. Plötzlich schien Serena der Mut zu verlassen. Mit einem Mal bedrückt, starrte sie auf die Tischplatte. „Was ist?“, fragte er in wenig mitfühlendem Tonfall. Serena antwortete erst nach einer Pause. „Vielleicht ist es doch eine dumme Idee.“ „Wovon redest du?“ Sie blickte zu ihm auf. „Dir die Wahrheit zu sagen.“ Erik stockte. „Nach dem Sportunterricht.“, sagte sie. „Welche Wahrheit?“ „Das weißt du.“ Ihm wurde flau im Magen. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“ „Umso besser.“, sagte Serena und winkte die Bedienung zu sich. „Serena, ich bin nicht du.“ „Nein.“, stimmte sie zu und sah ihm fest in die Augen. „Aber Vivien und die anderen sind dieselben.“   Erik stand im Eingangsbereich der Schule. Serena hatte ihn gebeten, hier zu warten, weil sie mit den anderen zunächst alleine sprechen wollte. Die Wahrheit. Er versuchte sich keine allzu großen Hoffnungen zu machen. Bestimmt hatte sie damit nichts Besonderes gemeint, eine belanglose Kleinigkeit, die sie ihm mitteilen wollte. Aber Serena hatte aufrichtig gewirkt, nicht als würde sie sich mit den anderen eine plausible Geschichte überlegen wollen. Wieso konnte er nicht davon ablassen, eine Wahrheit hinter all den offenen Fragen wittern zu wollen? Zumindest begann der Sportunterricht bald. Das würde ihn hoffentlich auf andere Gedanken bringen.   „Du willst was?“, fragte Justin ungläubig. Ohne Umschweife hatte Serena ihnen ihren Plan eröffnet, Erik nach dem Sportunterricht in ihr Geheimversteck zu bringen. Justin setzte zu einer Antwort an. „Das –“ Serena ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Das würde bedeuten, dass Secret unser Versteck kennt und uns jederzeit dort auflauern kann. Aber im Hauptquartier zieht er keine anderen Personen mit hinein und wir wären darauf vorbereitet.“ „Das kommt etwas plötzlich.“, beendete Justin seinen Satz in strengem Ton. Ariane klinkte sich ein. „Vitali hat vorhin etwas Ähnliches vorgeschlagen.“ „Hab ich gar nicht.“, widersprach Vitali. „Du hast gemeint, dass wir uns mit Secret anfreunden müssen.“, entgegnete Ariane. „Ey, wir können ihm nicht sagen, dass er zu Secret wird!“, meinte Vitali. „Das tun wir auch nicht!“, rief Serena. „Es geht darum, ihm zu sagen, dass das Rollenspiel echt ist.“ „Er wird Fragen stellen.“, hielt Justin entgegen. „Wir können ihm nicht einfach das eine erzählen und hoffen, dass das andere nicht zur Sprache kommt.“ Ariane war auf Serenas Seite. „Es wäre ein Anfang.“ Justin stieß die Luft geräuschvoll aus und brauchte einen Moment Bedenkzeit. Er sah Serena ernst an. „Bist du wirklich überzeugt davon?“ „Ja.“, sagte sie mit fester Stimme. Dann warf sie einen unsicheren Blick hinüber zu Vitali, als warte sie auf seine Reaktion.  Dieser verschränkte die Arme vor der Brust und wandte kurz den Blick ab. „Wenn Tiny sich das in den Kopf gesetzt hat.“ Lässig zuckte er mit den Schultern. „Schicksal lässt sich nicht aufhalten.“ Er grinste sie vielsagend an. Anstatt sich wie sonst über seine Wortspiele aufzuregen, lächelte Serena dankbar, Justin senkte das Haupt. „Ich weiß nicht, ob das das Richtige ist.“, gestand er. Vivien, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, sprang von ihrer Schulbank. „Dann werden wir es herausfinden!“ Sie streckte ihre Hand zu den anderen. „Zeit, einen neuen Weg einzuschlagen!“ Ohne Zögern legten sie alle ihre Hände aufeinander. „Wenn‘s schief geht, war‘s Schicksal.“, meinte Vitali schelmisch. Serena warf ihm einen schmaläugigen Blick zu, doch ihr Mund verriet ihre wahren Emotionen. Vitali grinste und kassierte dafür einen spielerischen Klaps gegen seinen Oberarm. Er lachte.   Das Lachen verging Vitali jedoch, als Serena entschied, im Bus zur Sporthalle neben Erik zu sitzen. Grummelnd nahm er daraufhin bei Ariane Platz, die in dem Zweier vor Justin und Vivien saß, und schmollte vor sich hin. Ohne Vorwarnung erklang Viviens flötende Stimme, jedoch nicht von dem Sitz hinter ihm, sondern direkt in seinem Kopf. ♪ Du bist trotzdem ihr Liebling. Vitali war kurz irritiert. Normalerweise bediente sie sich nicht Justins Telepathie, dennoch ließ er sich darauf ein. ! Red keinen Müll., grollte er telepathisch. ♪ Aber sie hat dir doch selbst gesagt, dass du ihr wichtiger bist als Erik. Bei den Worten erinnerte er sich an das besagte Gespräch, nachdem Destiny seine Seelenwelt auf den Kopf gestellt hatte. Aber zu dem Zeitpunkt war er mit ihr alleine gewesen! ! Woher -! ♪ Sie hat das so laut geschrien, das war nicht zu überhören., meinte Viviens Stimme vergnügt. Vitali schickte ihr ein unzufriedenes Geräusch. Justins Gedankenstimme erklang. ○ Vivien. Wenn ich gewusst hätte, dass es um so etwas geht, hätte ich dir nicht erlaubt, meine Kräfte zu benutzen. Arianes Gedanken wurden zugeschaltet. *Unterhaltet ihr euch? ♪ Es geht gerade darum, dass Serena - ! Klappe!, schrie Vitali. * Ich verstehe nicht., sagte Arianes Stimme. ! Gut so!, meinte Vitali. * Wie soll ich das jetzt verstehen?, wollte Ariane pikiert wissen. Nüchtern erklärte Justin: ○ Vivien hat Vitali geärgert. *Gibt es gerade nicht Wichtigeres?, fragte Ariane hörbar empört.  Plötzlich ergoss sich eine Welle der Verlegenheit über Vitali und Ariane. ! Was war das?, schimpfte Vitali verstört. ♪ Was? ! Na dieses Gefühl! Was hast du gemacht? Wieder rollte eine Woge Scham über sie hinweg. ! Mann! Das ist voll unangenehm., kam es von Vitali, wobei seine eigene Gedankenstimme durch das Gefühl in Mitleidenschaft gezogen worden war. Nun tadelte auch Ariane: *Vivien, hör auf mit dem Unsinn. ♪ Darf ich trotzdem deine Hand halten? ! Halt die Klappe, Vivien!, schrie Vitali, begreifend, was das Gefühl ausgelöst hatte.     „Tut mir leid.“, sagte Vivien hastig und ließ umgehend Justins Hand los. Mittlerweile war sie es gewöhnt, manchmal ungewollt seine Gefühle von Scham zu empfangen. Schon wenn die Berührung ihrer Hände intensiver wurde. Dass sie über die Verbindung mit seinen Kräften diese an andere weiterleiten konnte, war ihr dagegen neu. Und bisher war sie davon ausgegangen, selbst in einem Gruppengespräch Gedanken direkt an ihn richten zu können. Offenbar war das nicht möglich. Justin riss seine Hand fort, als wolle er verhindern, dass sie ihn nochmals berühren konnte. Vivien schämte sich. Zum wiederholten Male stellte sie sich die Frage, ob es gar keine aufgeregte Nervosität war, die sie bei Justin spüren konnte, sondern es ihm schlicht unangenehm war, wenn sie Körperkontakt herstellte, den er gar nicht wollte. Sie versuchte den Gedanken zu verdrängen. Manchmal drohte sie zu vergessen, welche Gefühle ihre eigenen waren, wenn sie die von anderen aufnahm. Besonders wenn es sich um Unsicherheiten handelte. Diese vermischten sich nur allzu gern mit ihren eigenen Gedanken und machten sich dann in ihr breit. Betrübt starrte sie vor sich. Normalerweise überkam sie solche Schübe, indem sie etwas umso Mutigeres tat, aber sie konnte Justin gerade nicht noch mehr zumuten. Früher hatte sie schiere Freude empfunden, wenn sie Justin in Verlegenheit gebracht hatte. Sie hatte keinen Gedanken daran verschwendet, wie er sich dabei fühlte. Irgendwie war sie einfach davon ausgegangen, dass er sich über ihre offenkundige Zuneigung freute. Doch jetzt… Jedes Mal, wenn sie seine Emotionen aufnahm – meist unabsichtlich – dann fühlte sie Verlegenheit, Unsicherheit, Scham. Gefühle, die Justin im Gegensatz zu ihr ständig zu begleiten schienen. Je mehr sie dieses einnehmende Gefühl mit Gedanken nährte, desto länger hielt es an. Und je öfter sie es empfand, desto mehr hatte es sich eingebürgert. „Alles okay?“, fragte Justin neben ihr. Vivien merkte, dass ihre Atmung schwer geworden war. Sie fragte sich, wie Justin das aushielt. Ohne ihn anzusehen, nickte sie, spürte noch immer diese entsetzlich schweren Gefühle. Sie zuckte zusammen, so unverhofft legte sich seine große Hand wieder auf die ihre. Mit Herzklopfen sah sie zu ihm auf. Seine Gedankenstimme ertönte in ihrem Kopf. ○ Wir kriegen das hin. Dankbar nickte sie, woraufhin er ihre Hand drückte. Sie war unendlich froh darüber.   Sie standen vor einer heruntergekommenen kleinen Gartenlaube, die den Eindruck machte, sie könne jederzeit zusammenbrechen. Das schwindende Tageslicht ließ sie nicht gerade vertrauenserweckender erscheinen. Erik warf den fünfen einen abschätzigen Blick zu. „Was genau wollt ihr mir hier zeigen?“ Es war ihm mit einem Mal schleierhaft, wieso Serena am Telefon einen Riesenstreit mit ihrer Mutter auf sich genommen hatte, um mit zu dieser Bruchbude kommen zu dürfen. Vivien verkündete: „Du musst die Augen zu machen.“ Er konnte seinen Widerwillen nicht verhehlen. „Komm schon.“, bettelte Vivien. „Ich nehm dich auch an die Hand.“ Sie lächelte breit. Er stöhnte. Justin trat dazwischen. „Ich nehme dich bei der Hand.“ Das wiederum kam unerwartet. Dass Justin einen Besitzanspruch auf Vivien geltend machte, war bisher noch nie vorgekommen. Justin hielt ihm die Hand hin. „Ihr besteht darauf?“, fragte Erik mit rauer Stimme. Als Antwort wiederholte Justin die fordernde Geste mit seiner Hand. Vivien hatte derweil Justins Linke ergriffen. Widerwillig gab Erik ihrem Wunsch nach und schloss die Augen. Er fand es nervtötend, dass die anderen offenbar ein einstudiertes Einweihungsritual mit ihm durchspielten. Seine Hoffnung, sie würden ihm etwas Bedeutendes offenbaren wollen, verabschiedete sich. Allem Anschein nach hatten sie sich bloß wieder irgendeine hirnrissige Idee für ihr Rollenspiel ausgedacht, die sie ihm nun mitteilen wollten. Er fragte sich wirklich, warum er bei diesem Unsinn mitmachte. Abrupt entzog er Justin die Hand. „Das ist doch bescheuert.“, spie er aus. „Wenn ihr mir etwas zu sagen habt, dann tut es. Ansonsten können wir jetzt einfach nach Hause gehen.“ Justin sah ihn mit einer Ernsthaftigkeit an, die er nicht von ihm gewohnt war. Er sagte kein Wort. Erik tat einen tiefen Atemzug, überwand sich und reichte ein zweites Mal Justin die Hand.  Mit geschlossenen Augen ließ er sich die letzten paar Schritte zu der Bruchbude führen. Er hörte, wie die Tür sich knarzend öffnete. Weitere Schritte und er spürte die Türschwelle unter den Füßen. Dann änderte sich plötzlich etwas. Die kalte Luft wich einer angenehmen Raumtemperatur. Erik war irritiert. Wie konnte die zugige Gartenlaube das hergeben? Justin führte ihn weiter. Viviens Stimme erklang: „Die Augen erst aufmachen, wenn ich es sage.“ Er spürte weiter Justins Hand, dann blieb dieser stehen. Vivien rief: „Ewigkeit.“ Erik stöhnte innerlich auf. Wieso hatte er sich hierzu überreden lassen? Er kam sich wie ein Idiot vor. Vivien sprach weiter: „Es kann sein, dass er dich nicht sofort sieht.“ Erik stand kurz davor, vor Frustration aufzuschreien! Dann spürte er eine Hand vorsichtig seinen linken Oberarm berühren. Arianes sanfte Stimme. „Es könnte im ersten Moment etwas viel sein.“ Erik holte tief Luft, die er geräuschvoll ausstieß. „Kann ich jetzt die Augen aufmachen?“ Seine Stimme klang in seinen eigenen Ohren restlos entnervt. Vivien ließ ihn einen weiteren Moment warten.   Justin drehte sich leicht in Eriks Richtung. Über seinen Handkontakt hielt er Erik mit Vivien verbunden. Auf diese Weise war sichergestellt, dass Vivien nicht wieder von seiner Wunde attackiert wurde, er aber dennoch in ihrem Hauptquartier landete. Jetzt war es wichtig, diese Verbindung aufrechtzuerhalten, damit Erik Ewigkeit auch wirklich wahrnahm. Justin sah, dass Ariane sich wie abgesprochen so platziert hatte, dass sie umgehend ihre Heilkräfte auf Eriks linken Arm anwenden konnte. Dies war nötig, falls seine Wunde angesichts der Wahrheit wieder zu schmerzen begann. Vitali hatte sich derweil hinter Erik aufgestellt und blockierte die Ausgangstür, um Erik daran zu hindern, Hals über Kopf aus dem Hauptquartier zu stürmen. Neben Vitali stand Serena, die – falls er sich in Secret verwandelte – ihre Paralyse einsetzen sollte. Dann gab Vivien schließlich das Zeichen. „Jetzt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)