Balance Defenders von Regina_Regenbogen ================================================================================ Kapitel 130: Kein Ausgang ------------------------- Kein Ausgang   „Mancher Ausgang führt nur zu neuen Ausgangspunkten.“ (Erhard Blanck)   „Desire, könntest du …“ Destiny rang nach Atem. Ihr Kräfteeinsatz war noch anstrengender gewesen, als sie im ersten Moment geglaubt hatte. Ihr war jäh schwindlig. Das war ihr wohl anzusehen, denn Change neben ihr legte hastig den Arm um ihre Schultern, wie um sie vor dem Zusammenbrechen zu bewahren. Sie war sogar zu erschöpft, um der Nähe zu ihm große Beachtung zu schenken. Als Desire ihr die Hände auflegte und der Schwindel und der Kopfschmerz langsam schwanden, wanderte ihr Blick zu Secret. Während des Kräfteeinsatzes hatte die Verbindung zu Unites und Trusts Fähigkeiten ihre Gedanken auf seine Wunde gelenkt. Eine Mischung aus Gefühl und Eingebung hatte darauf hingedeutet, dass etwas an der Wunde war – nicht an Secret selbst – das einen Impuls setzen konnte, um ihren Zugriff zu autorisieren. Wie ein Schlüssel, der nicht genau passte, eher halb kaputt war, den sie aber mit Trusts und Unites Hilfe hatte soweit umformen können, dass sie durch die kleine Lücke in das Herz der Nebendimension vorgedrungen war. Desire ließ von ihr ab. „Geht’s wieder?“ Destiny nickte. Im gleichen Moment entfernte sich Change wieder von ihr. „Wir befinden uns an einer Schnittstelle in der Nebendimension.“, informierte sie. „Von hier aus konnte ich die Raumaufteilung beeinflussen.“ „Was heißt das?“, wollte Secret wissen. „Der Raum mit der Büchse der Pandora ist jetzt hinter dem Nebel. Alle Sicherheitsvorkehrungen, die ich erkennen konnte, habe ich so gut es geht deaktiviert.“ Das war einiges an Arbeit gewesen. „Gut gemacht.“, sagte Secret. Destiny sah ihn mürrisch an. „Selber.“ „Du lässt die Finger von der Büchse.“, gemahnte Trust Secret. Secret schenkte ihm ein gönnerhaftes Lächeln. Es war ihm anzusehen, dass Trusts Befehle ihn eher dazu animierten, das Gegenteil zu tun. Desire wandte sich an Destiny: „Und der Ausgang ist sicher in diesem Raum?“ Destiny zögerte. „Darin ist das, was einem Ausgang am nächsten gekommen ist.“ „Hä? Was soll’n das heißen?“, rief Change. „Es gibt keinen richtigen Ausgang.“, antwortete sie gedämpft. Entsetzt starrte er sie an. „Diese Welt ist nur dazu da, diese Büchse zu beschützen.“ „Aber du kannst diese Welt doch verändern!“, plädierte er. „Wenn es eh keinen Ausgang gibt, kannst du nicht direkt hier einen bauen?“ Destiny schüttelte betrübt den Kopf. „Ich kann keine Portale erschaffen.“ „Aber Secret kann das!“, rief Change und drehte sich zu dem Bedroher. „Mach!“ „Ich kann sie aktivieren und den Zielort ändern.“, korrigierte Secret. „Keine neuen erschaffen.“ Change brauste auf: „Hättest du das nicht besser planen können!“ „Wo wäre da der Spaß?“, entgegnete Secret süffisant. Unite lächelte ihn an. „Du hast schon einen Plan, richtig?“ „Du versaust die Pointe.“, sagte Secret pikiert. Unite kicherte. Trusts Stimme erhob sich: „Ich gehe keinen Schritt weiter, bevor du uns nicht aufgeklärt hast.“ Secret verdrehte die Augen und stöhnte lang. Ewigkeit flog an seine Seite. „Ich gehe davon aus, dass die Büchse nur von dem Erschaffer selbst bewegt werden darf. Wenn jemand anderes sie von ihrem Platz entfernt, wird diese ganze Dimension sich selbst zerstören und damit jeden Eindringling.“ Die Beschützer starrten ihn an. „Und weiter?“, drängte Change. „Wenn die Dimension zusammenbricht, wird ihre Barriere instabil und somit die Beschränkung des Portals.“ „Hä?“, machte Change. „Das ist am anderen Ende.“ „Du kannst doch teleportieren.“, meinte Secret leichthin. Trusts Miene wurde finster. „Du spielst mit unseren Leben.“ „Ich habe bloß vollstes Vertrauen in eure Fähigkeiten.“, erwiderte Secret überheblich. Desire sah die anderen an. „Das heißt, wenn wir nicht schnell genug sind, wird diese ganze Welt uns mit sich begraben.“ „Es ist ganz einfach.“, behauptete Secret. „Wir gehen da rein und machen uns für das Teleportieren bereit. Ich benutze meine Telekinese, um die Büchse an mich zu bringen. Wir teleportieren zum Eingang zurück. Du rufst deinen Schutzschild. Und während Unite, Trust und Destiny zusammen die Dimension einigermaßen aufrechterhalten, sodass wir nicht begraben werden, aktiviere ich das Portal.“ Ewigkeit schwebte ihm vor die Nase. „Du kontrollierst, dass alles glatt läuft.“, sagte er zu ihr. Die Kleine nickte, als handle es sich um eine bedeutsame Aufgabe. „Was, wenn wir gar nicht die Zeit dafür haben?“, wandte Trust mit zusammengezogenen Augenbrauen ein. „Was, wenn diese Dimension viel zu schnell zusammenbricht oder du mit deiner Theorie, dass die Barriere instabil wird und wir durch das Portal rauskommen, falsch liegst?“ „Ich liege nie falsch.“, antwortete Secret überzeugt. Change ergriff das Wort. „Halt mal. Hat Tiny nicht eben noch gesagt, dass der Raum mit dieser Büchse der ist, der einem Ausgang am nächsten kommt? Wieso teleportieren wir uns dann zurück zum Eingang. Ich checke das nicht.“ Destiny dachte darüber nach. Sie schloss die Augen, um sich wieder ins Gedächtnis zu rufen, welche Information sie über den Raum bekommen hatte. Es war eine vage Idee gewesen, dass in diesem Raum der Schlüssel lag, um diese Dimension zu verlassen. Aber einen wirklichen Ausgang hatte sie nicht entdeckt. Es war eine Energie gewesen, die sie gerufen hatte. Vielleicht war in dem Moment durch Unites Kräfte Secrets sechster Sinn auf sie übergegangen gewesen. Sie seufzte und öffnete wieder die Augen. „Er könnte Recht haben.“ „Könnte?“, rief Change. Trust wandte sich an Destiny: „Und es gibt definitiv keinen anderen Weg?“ Destiny schüttelte den Kopf. „Ich habe keinen gefunden.“ Trust hatte offenbar gehofft, dass sie mehr wahrgenommen hatte als er, während ihre Kräfte verbunden gewesen waren. Change suchte weiter nach einer Lösung. „Aber du hast doch gesagt, du hast die Fallen darin ausgeschaltet! Kannst du nicht diesen Selbstzerstörungsdingens ausschalten?“ Destiny setzte zu einer Antwort an und unterbrach sich. Sie versuchte ihre Gedanken zu sammeln. Das Gefühl der Zerstörung, das sie gespürt hatte, ergab jetzt einen Sinn. „Diese ganze Welt ist darauf ausgelegt.“, erkannte sie. „Wenn ich das mache, muss ich diese ganze Dimension auseinandernehmen.“ Sie sah Change in die Augen. „Dadurch würde ich alles zerstören.“ Er schwieg verstört. Desire hatte einen Einfall und richtete das Wort an Change: „Während Secret versucht, das Portal zu öffnen, kannst du versuchen, uns in die normale Welt zu teleportieren. Dann haben wir doppelte Chancen.“ Secret hatte Einwände: „Während Destiny, Unite und Trust die Nebendimension davon abhalten, um uns herum zusammenzubrechen, können wir keinen Körperkontakt mit ihnen halten. Wir würden das gleiche sehen und fühlen, und ich kann mich dann nicht auf das Portal konzentrieren.“ Unite nickte. „Dann bleibt das Teleportieren unsere Notlösung.“ Trust zog ein unwilliges Gesicht.   Eine schmale Brücke führte sie durch den Nebel. Die Schwaden waren so dicht, dass sie erneut Hand in Hand gingen, um einander nicht zu verlieren. Hinter den anderen lief Unite neben Trust. Auch wenn sie sein Gesicht aufgrund des Nebels nicht erkennen konnte, spürte sie seine Anspannung. Sie hätte sich gewünscht, ihn irgendwie beruhigen zu können, aber ihm ungefragt Gefühle von sich zu übertragen, wäre übergriffig gewesen. ○Das ist Wahnsinn, hörte sie seine Stimme in ihrem Kopf. Sie antwortete telepathisch. ♪Destiny denkt auch, dass es die einzige Möglichkeit ist. Trust schwieg. Sie hatte den Eindruck, seine Sorgen am eigenen Leib zu spüren, obwohl sie ihre Kräfte nicht einsetzte. Dieser Druck auf ihrer Brust. Sie wusste, wie gefährlich dieser Plan war. Dass Destiny nicht lautstark protestiert und darauf bestanden hatte, eine Alternative zu suchen, bedeutete, dass es keine gab. Ansonsten hätte Destiny es nochmals versucht. Im Gegensatz zu damals im Schatthenreich war sie auch nicht zusammengebrochen, auch wenn es auffällig war, dass sie viel mehr Nähe zu Change zuließ als es für sie üblich war. Offenbar war Destinys Vertrauen zu ihr und den anderen so groß, dass sie bereit war, das Risiko einzugehen. Das rührte Unite und beschämte sie zugleich. Sie hätte gerade eine Versicherung von Trust gebraucht, dass sie das hier überleben würden, egal wie gering die Chancen waren. Doch Trust war in seiner eigenen Welt und wie sollte sie ihn da um moralische Unterstützung bitten? Die Befürchtung, von ihm abgewiesen zu werden und dann nicht mehr die Kraft zu haben, die fröhliche Fassade zu wahren, war zu real. Dieses Mal durfte sie sich nicht auf seine Wärme und seinen Halt verlassen. Sie musste sich selbst diesen Halt geben. Nur so konnten sie alle lebend hier rauskommen. Vor ihrer Nase erschien etwas Helles, das sie nur aufgrund des Glöckchenlauts als Ewigkeit identifizierte. Im nächsten Moment spürte sie die Nähe ihres Gleichgewichtsbegleiters an ihrer Wange und genoss die tröstende Berührung. Entschieden rief sie nach vorne: „Wir kommen hier raus!“ „Sowieso!“, kam es lautstark von Change, was ihr ein Lächeln entlockte. Secrets Stimme klang selbstsicher wie immer. „Sechster Sinn. Vergessen?“ Bei dem Klang von Secrets Stimme schien sich Trust abermals zu verkrampfen. Nochmals drückte sie seine Hand. ♪Wir wollen alle hier raus. Leider machte Trust nicht den Eindruck, ihr das zu glauben. ♪Trust? ○Was? Unite überlegte, was sie ihm sagen konnte. In ihrem Kopf ging sie die Möglichkeiten durch und nahm seine Reaktionen vorweg. Schließlich fiel ihr nur noch eines ein. ♪Ich hab dich lieb. Er antwortete ihr nicht, aber sie spürte, dass er ihre Hand nun fester umfasste.   Der Raum, den sie betraten, erinnerte an eine ägyptische Grabkammer. Nachdem Secret ihnen eröffnet hatte, dass das Entfernen der Büchse dazu führen würde, dass die Nebendimension sie mit sich begrub. wirkte das umso makaberer, Allein Desire konnte dem Anblick noch eine deutliche Faszination abgewinnen. Auf einem steinernen Sockel stand eine goldene Schatulle mit filigranen Verzierungen. „Ist sie das?“, flüsterte Desire, als könne ein lauter Ton doch noch eine Falle auslösen. Secret nickte bloß. Automatisch stellten sie sich auf und nahmen sich an den Händen. Ewigkeit landete auf Changes Kopf, um zur gleichen Zeit wie alle anderen teleportiert zu werden. „Bereit?“, fragte Secret. „Wie kann man dazu bereit sein, eventuell zu sterben?“, gab Change zurück. „Teleportier schnell genug, dann sterben wir nicht.“, konterte Secret. Change gab ein Grummeln von sich. „Du teleportierst, sobald ich die Schatulle habe.“ Trust widersprach. „Er teleportiert, sobald du die Schatulle bewegt hast.“ „Achja. Der Musterknabe hat Angst, dass ich die Schatulle dem Schatthenmeister gebe.“, höhnte Secret. Feindselig funkelte Trust ihn an. „Ich weiß nicht, ob es besser ist, wenn du sie hast.“ Secret grinste und wandte sich an Unite. „Erklär ihm doch noch mal, wie das hier funktioniert.“ Unite stockte. Mit ergrimmter Miene starrte Trust sie an. Sie begegnete seinem Blick nicht. „Lass sie da raus!“, verlangte Destiny wütend. „Dann erklär du Trust, dass er hier nichts zu melden hat.“, meinte Secret. Desire sah Secret durchdringend an. „Warum willst du unbedingt diese Schatulle? Es geht um unser Leben!“ „Sonst wären wir doch umsonst hier gewesen.“, entgegnete er nonchalant. Trust ließ Unites Hand los und trat einen Schritt von der Gruppe weg. „Ich gehe hier nicht weg, solange du diese Schatulle an dich nehmen willst.“ „Als würde mich das interessieren.“, erwiderte Secret gelangweilt. „Du weißt, ich werde nicht zögern.“ Trust ließ sich nicht beirren. Secret hob seinen Arm, bereit seine Telekinese einzusetzen. „Wenn du alle gefährden willst.“ „Du gefährdest alle!“, stellte Trust richtig. Secret grinste. „Aber ich bin nicht derjenige, der behauptet, dass ihm die anderen so wichtig wären.“ Er unterstrich seine Aussage mit einer kurzen Aufwärtsbewegung seiner Augenbrauen. „Bist du bereit, deine Freunde dieser Gefahr auszusetzen, nur um deinen Kopf durchzusetzen?“ Trust biss die Zähne zusammen. „Wie du meinst.“, sagte Secret und setzte seine Telekinese ein. Geistesgegenwärtig machte Unite einen Satz nach vorn und griff nach Trust. Bevor der Raum zusammenstürzte, teleportierte Change.   Sie erschienen in dem Höhlenbereich, wo sie angekommen waren. Die Umgebung bebte. Steine bröckelten von der Decke. Sofort setzte Desire ihren Schutzschild ein, während Secret an das Portal trat, die Schatulle im Arm. Hasserfüllt starrte Trust ihn an. „Trust!“, schrie Unite. Alles um sie herum erzitterte und kündigte die komplette Zerstörung an. Trust riss sich zusammen und legte seine Linke auf die Felswand neben sich. Er hatte jetzt keine Zeit, wütend zu sein. Er musste sich konzentrieren. Doch Secret vor ihm zog erneut seine Aufmerksamkeit auf sich. Hinter ihnen hörte Trust alles zusammenstürzen und Secret schien das Portal noch nicht unter Kontrolle gebracht zu haben. Wie viele Sekunden hatten sie noch? Dann fiel ihm das Letzte ein, was er noch tun konnte.   Unite war damit beschäftigt, Trusts und Destinys Kräfte zu koppeln, doch mit einem Mal bemerkte sie, dass er mit seinen Gedanken woanders war und es Destiny nicht länger ermöglichte, die Dimension am völligen Zusammenfall zu hindern. So funktionierte das nicht! Ihr blieb nichts anderes übrig, als seinen Part zu übernehmen. Doch der Aufruhr, der durch die ganze Dimension ging, war so heftig, dass ihr ein Schmerz durch die Stirn schoss und sie aufschreien ließ. „Unite!“ Destiny zog an ihrer Hand. „Wir können sie nicht mehr kontrollieren.“, kreischte sie über den Lärm der Umgebung hinweg. „Change!“, rief Desire. In diesem Moment tat sich etwas an dem Portal. „Los!“, brüllte Secret. Doch anstatt zu rennen, sah sich Change nach den anderen um. Plötzlich riss ihn eine Kraft zu Secret. „Geh schon!“, donnerte Secret. Change tat wie ihm geheißen. Desire und die anderen rannten auf das Portal zu. Trust warf Secret noch einen tödlichen Blick zu, während er durch das Portal rannte. Secret folgte.   Sie fanden sich in einer engen Sackgasse von Entschaithal wieder und wussten nicht, dass es sich um die Gasse handelte, in der Grauen-Eminenz damals den ersten Allptraum freigelassen hatte. Wie Secret das gemacht hatte, ohne den Umweg über das Schatthenreich zu nehmen, war ihnen in diesem Moment herzlich egal. Desire brach in sich zusammen, ihr Schutzschild verschwand. Allein ihr Überlebenswille hatte sie bisher noch auf den Beinen gehalten. Auch die anderen schnappten nach Luft. Noch unsicher, ob sie es wirklich geschafft hatten. Allein Trust schien andere Sorgen zu haben. „Gib sie her!“, herrschte er Secret an. Dieser grinste dreckig. „Hier!“ Mit einer lockeren Bewegung warf er Trust die Schatulle zu. Geschockt riss Trust die Augen auf und fing das kostbare Gut gerade noch rechtzeitig auf. Doch zu seinem Schrecken ging etwas in dem goldenen Gefäß vor sich. Ein helles Licht drang durch den Deckel nach außen. Bevor er noch irgendetwas tun konnte, wurde er geblendet und ein Energiestoß riss den Deckel auf. Die anderen sahen, wie sieben farbige Lichter aus der Schatulle in die Höhe schossen. Über ihnen begannen sie sich zu materialisieren. Schemenhafte Wesen unterschiedlicher Größe, viele davon kleiner als die Allpträume, gerade mal eiin wenig größer als Ewigkeit, wurden sichtbar. Jede besaß eine andere Form und Farbe. Doch sie ließen den Beschützern nicht die Zeit, sie lange zu bestaunen Pfeilschnell stürzten sie auf sie herab. Die Beschützer duckten sich weg. Destiny wurde getroffen und schrie auf. Desire rief ihr Schutzschild, doch bevor sie es ausweiten konnte, griff eine der Kreaturen sie an und hinderte sie daran. Ewigkeit flog zu den Angreifern, um sie davon abzuhalten, doch die Kreaturen interessierten sich nicht für sie. Gleichzeitig versuchte Unite, sie mit ihren Beschützerkräften aufzulösen, doch zu ihrem Entsetzen zeigte ihre Welle keinerlei Wirkung. Eine der Kreaturen stürzte sich auf sie. Eine violette Energie schoss aus dem Nichts und verhinderte, dass der Dämon seine Klauen in Unite schlagen konnte. Auch dem Treiben der anderen Wesen gebot der Angriff Einhalt. Ein weiterer Schuss folgte, woraufhin die Wesen auseinanderstoben und in Windeseile in die Höhe entschwanden. Entsetzt sah Unite ihnen nach und riss ihren Blick dann zu der Quelle der rettenden Attacken.   Grauen-Eminenz stand vor dem Portal, durch das sie soeben getreten waren. Sein Gesicht war wutverzerrt, seine funkelnden Augen auf Secret fixiert. Eine orangefarbene Kuppel erschien um Secret. Desire – wieder fähig, ihre Kräfte einzusetzen – verhinderte, dass Grauen-Eminenz Secret angriff. Der Schatthenmeister bedachte daraufhin sie mit einem grausamen Blick. Ein Lachen erklang und alle starrten auf Secret. Dieser trat mit selbstbewussten Schritten aus Desires Schutzschild heraus. „Er würde mir nie etwas tun.“, meinte er herablassend.. Unite erkannte, dass etwas Seltsames in Grauen-Eminenz Blick trat, etwas wie Schock über Secrets Worte. Secret lächelte gönnerhaft. „Auftrag ausgeführt.“ Grauen-Eminenz‘ Gesicht verzog sich vor Abscheu. „Was hast du getan?“ „Die Schatulle hatte einen automatischen Öffnungsmechanismus, für den Fall, dass sie jemand in die normale Welt bringt.“, erklärte Secret. Mit mächtigen Schritten trat Grauen-Eminenz auf ihn zu. „Keine Bewegung!“, schrie Destiny mit drohend erhobenem Arm. Der Schatthenmeister ließ sich davon nicht beeindrucken. Ein tiefes Grollen kam aus seiner Kehle. „Weißt du, was du angerichtet hast?“ Secret lächelte überlegen. „Dir die Arbeit abgenommen.“ Alles in Grauen-Eminenz‘ Gesicht verhärtete sich. „Ooh.“, machte Secret in künstlichem Mitleid. „Soll ich dir bei den Berichten helfen?“, höhnte er. Grauen-Eminenz ballte die Hände zu Fäusten. Etwas ungemein Erwartungsvolles leuchtete in Secrets Augen auf. Plötzlich wich die Härte aus Grauen-Eminenz‘ Zügen. „Ich erwarte deinen Bericht.“ Ein triumphierendes Grinsen grub sich in Secrets Züge. Die Beschützer sahen, wie er im nächsten Moment in sich zusammenbrach. Seine Bedroherkleidung wandelte sich zu der normalen Straßenkleidung Eriks. Desire und Change rannten an seine Seite und knieten zu ihm. Desire schrie Grauen-Eminenz an: „Was hast du ihm angetan?“ „Zur Abwechslung hab ich mal nichts getan.“, antwortete Grauen-Eminenz und trat zurück, wie um Abstand zwischen sich und die Beschützer zu bringen. Desire wollte ihre Kräfte auf den Schwarzhaarigen anwenden, wurde aber von Change aufgehalten. Er schüttelte den Kopf. Sie sah ihn irritiert an. Derweil sprach Grauen-Eminenz weiter. „Er hat was er wollte. Es gibt für ihn keinen Grund mehr, jetzt Secret zu sein.“ Desire horchte bei den Worten auf und begriff, warum Change sie von ihrem Kräfteeinsatz abgehalten hatte. Erik sollte nicht in dieser Situation erwachen. „Was sind das für Dinger?“, verlangte Trust zu erfahren. „Keiner weiß das.“, sagte Grauen-Eminenz ernst. Sein Blick wanderte nach oben, wohin die Plagen entschwunden waren. „Aber wie ich das Pandämonium kenne, sind sie gefährlich.“ Unite ergriff das Wort. „Wirst du uns helfen?“ Die Blicke der anderen schnellten zu ihr. Grauen-Eminenz‘ Augen wurden zu zwei Schlitzen. „Ich bin nicht euer Freund.“ „Aber du bist Secrets Freund.“, stellte Unite fest. Grauen-Eminenz schaute, als würde ihn die Unterstellung ekeln. „Ich bin niemandes Freund.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand durch das Portal. Desire wandte sich an die anderen. „Was sollen wir tun?“ Unite erkannte an dem Tageslicht, dass in der normalen Welt viel weniger Zeit vergangen war als die, die sie im Schatthenreich und der Nebendimension verbracht hatten. Damals in der Nacht ihrer Entführung war es genauso gewesen. „Wir bringen Erik zu mir nach Hause und setzen ihn zu uns an den Tisch. Dann kannst du ihn aufwecken.“, schlug Unite vor. „Er wird denken, dass wir zusammen gefeiert haben, wie es geplant war.“ „Das wird er uns niemals glauben!“, meinte Desire. „Er will es glauben.“, behauptete Unite. „Deshalb wird sein Verstand alle Lücken füllen.“ „Wie kannst du dir da so sicher sein?“, rief Desire. Unite sah sie ernst an. „Weil er zu Secret werden will.“ „Das ist nicht wahr!“, schrie Desire. „Er kann sich nicht dagegen wehren!“ Sie drehte sich zu Trust. „Du kannst seine Erinnerungen ändern.“ „Das werde ich nicht tun.“, antwortete Trust entschieden. „Ich habe einmal Secrets Gedächtnis gelöscht und wir wissen, dass das nichts gebracht hat. Ich werde nicht mit Eriks Erinnerungen spielen.“ „Aber es hat etwas gebracht!“, beharrte Desire. „Damals wollte er uns umbringen! Der Secret, der danach aufgetaucht ist, ist zwar immer noch gefährlich, aber er greift uns nicht mehr auf diese Weise an!“ Change nickte zustimmend. Destiny warf den beiden einen strengen Blick zu. „Trust hat heute schon genug mitgemacht, was er nicht wollte. Er hat sich nur uns zuliebe auf diesen ganzen Wahnsinn eingelassen. Er hat es verdient, dass wir seine Wünsche respektieren.“ Destinys Worte trafen Trust. Auf einmal hatte er das Gefühl, als würde er aus egoistischen Gründen etwas ablehnen, das für die Gruppe wichtig war. Er senkte den Blick. „Sollte es soweit kommen, dass Erik wegen seiner Gedächtnisausfälle Angst bekommt, werde ich seine Erinnerungen –“ Er sprach nicht weiter. „Du kannst Erinnerungen nur löschen.“, erinnerte Destiny. „Er hat es doch noch nie ausprobiert.“, meinte Change. „Und wenn nicht, könntest du sie doch ändern. Wenn ihr eure Kräfte kombiniert. So wie vorhin!“ „Aber er möchte das nicht!“, sagte Destiny ernst. „Hey!“, rief Unite dazwischen. „Wir haben es geschafft! Wir haben Secret gerettet und haben überlebt!“ Ewigkeit schwebte neben sie und nickte eifrig. Trust schimpfte: „Wir haben eine unberechenbare Bedrohung freigesetzt!“ „Hätten wir Secret besser in dieser Nebendimension lassen sollen?“, fragte Unite. Wutentbrannt stierte Trust sie an. „Wir hätten ihm nie erlauben dürfen, die Schatulle in die normale Welt zu bringen!“ „Du weißt, dass er sich nichts verbieten lässt.“, hielt Unite dagegen. „Deshalb hätten wir gar nicht erst machen dürfen, was er wollte!“, brüllte Trust. Unite sah ihn stumm an. Er wandte den Blick ab. Es herrschte einen Moment Schweigen. Change mischte sich ein: „Äh, Leute, ich weiß nicht, wie lang der hier noch pennt. Wir sollten vielleicht…“ Unite richtete das Wort an Ewigkeit. „Sag Kai und Ellen, dass sie meine Mama vom Esszimmer fernhalten sollen.“ Ewigkeit nickte und verschwand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)