Die Küsse, die niemals passiert sind von Schneeregen ================================================================================ Kapitel 15: 2015, 11. März -------------------------- Es war Wochen her, dass Guren das letzte Mal mit Shinya gesprochen hatte. Obwohl er wusste, dass er ihm früher oder später nicht mehr ausweichen konnte. Heute war dieser Tag, denn ihr gesamtes Team einschließlich Shinya war gemeinsam auf eine Mission entsandt worden. Es gab keine Möglichkeit, dass Guren einem Befehl, der direkt von Kureto Hiragi kam, widersprechen konnte. Aber es war nicht so, dass Guren es nicht versucht hätte, "Es reicht, wenn ich meine Truppe mitnehme." "Das hast du nicht zu entscheiden", hatte Kureto ihn unterbrochen, "Ich werde kein Risiko eingehen und dich ohne Scharfschütze dorthin schicken". Guren hatte nichts geantwortet. "Was ist in letzter Zeit mit euch beiden los? Ich habe keine Zeit für eure Ehestreitigkeiten." Sogar Kureto hatte bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Anscheinend sah man es ihm an, obwohl Guren überzeugt war, dass er sich nicht anders verhielt als sonst. Er wusste nicht, ob seine Freunde es bemerken würden. Vor allem, wenn sie alle zusammen waren. Sie saßen im Van. Goshi fuhr, während Guren auf dem Beifahrersitz saß. Shinya saß direkt hinter ihm. Es war, als könne Guren Shinyas Blick in seinem Nacken spüren, aber er versuchte, ihn zu ignorieren. Sayuri und Mito saßen im hinteren Teil des Wagens und flüsterten. "Seit wir Shinjuku verlassen haben, haben sie nicht mehr miteinander gesprochen", sagte Mito mit leiser Stimme. "Ich weiß, ich habe das Gefühl, dass etwas nicht stimmt... Glaubst du, Guren-sama und Shinya haben sich gestritten?" " Scheint so..." "Ich kann euch hören!" sagte Guren laut. Im Rückspiegel sah er, wie die beiden Mädchen zusammenzuckten. Aber er konnte auch Shinyas Gesicht sehen, das keine Emotionen zeigte. Guren wusste, dass Shinya in einer solchen Situation normalerweise grinsen würde, belustigt von ihren Reaktionen. Aber er lächelte nicht einmal leicht. Sein Gesichtsausdruck blieb steif. Das war schlecht. Guren hatte Shinya noch nie so gesehen. Er lächelte immer. Guren wusste, dass er dafür verantwortlich war. Es war alles seine Schuld. "Es tut mir leid", sagte Mito schnell. "Ich wollte nichts annehmen." "Also...", mischte Goshi sich ein, "habt ihr?" Aber weder Guren noch Shinya antworteten auf die Frage. Es herrschte nur diese peinliche Stille im Wagen. "Ok, ok. Es war nur eine Frage... Ihr braucht euren Freunden nichts erzählen." Immer noch keine Antwort. "Mann, ihr zwei seid noch dickköpfiger, als ich gedacht habe!" Nun antwortete Shinya schließlich, aber nicht auf Goshis Frage: "Also, was ist der Plan? Sobald wir ankommen, werde ich nach einem Ort suchen, an dem ich die Gegend beobachten kann, während Sie das Krankenhaus infiltrieren?" " Exakt, genau das hat Guren vorhin erklärt", bestätigte Mito. "Aber Guren? Könntest Du mehr ins Detail gehen? Wie sollen wir von dort aus weiter vorgehen?" Guren hatte keine andere Wahl, als es zu erklären, und er war froh über die Ablenkung. Shinya kommentierte nichts von dem, was Guren sagte. Er hörte nur mit diesem steifen Gesichtsausdruck zu. Guren musste zugeben, dass er Shinyas dumme Kommentare wirklich vermisste. Sein Lächeln und wie leicht es war, mit ihm zu reden. Das tat weh. Aber er wusste, mit der Zeit würde alles wieder normal werden, oder nicht? Er konnte Shinya nicht vorwerfen, sauer auf ihn zu sein. Guren hatte das verdient. Er verdiente es, zu leiden, weil er wieder so egoistisch gehandelt hatte. Er hatte Shinya um seiner selbst willen benutzt und ihre Freundschaft für eine dumme Liebesaffäre riskiert. Wie konnte er jemals denken, dass dies eine gute Idee gewesen war? Sie war von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Es gab nur noch eine Sache zu tun. Er musste dafür sorgen, dass seine Freunde, einschließlich Shinya, in einer Welt wie dieser am Leben blieben. Sonst wäre es völlig sinnlos gewesen, sie überhaupt zurückzubringen. Sie erreichten ihren Zielort und stiegen aus dem Auto aus. Sie parkten es etwa einen Kilometer von ihrem Zielgebäude entfernt und gingen zu Fuß weiter. Es war ziemlich ruhig. Keine Monster, keine Vampire. Fast zu ruhig. Shinya fand schnell einen Platz in einem anderen Gebäude, wo er sich auf die Lauer legen würde, während Guren und die anderen das Krankenhaus betreten würden. Diese Gegend war ein Hotspot für Vampire. So weit weg von Shinjuku und Shibuya gab es noch genügend Ressourcen aus der alten Welt, an denen nicht nur sie interessiert waren. Die Vampire waren in der Regel hinter medizinischer Ausrüstung her, höchstwahrscheinlich um das Blut der entführten Kinder abzuzapfen. Guren und sein Team waren hier, um Medikamente zu beschaffen. Die japanische kaiserliche Dämonenarmee brauchte sie für ihre Experimente. Sie blieben um in der Nähe der Ecke stehen und Guren versuchte, seine Sinne zu schärfen. Es befanden sich vier Vampire direkt in der Eingangshalle des Gebäudes.Aber wie viele es im ganzen Krankenhaus waren, konnte er nicht sagen. Guren schaute hinüber zu dem Gebäude auf der anderen Straßenseite, in dem sich Shinya versteckte. Er muss die perfekte Sicht auf die Glasfront des Gebäudes haben. Selbst nach allem, was passiert war, war Shinya immer noch da, um ihn zu beschützen. Um sie alle zu beschützen. Der Gedanke beruhigte ihn. "Goshi, erschaffe deine Illusion. Wir werden sie mit dem ersten Schlag töten", flüsterte Guren. " Bin schon dabei." Goshi blies in seine Pfeife und erzeugte einen dichten Nebel. Es war ein schneller Kampf. Die Vampire waren nicht sehr stark, und Guren und der andere hatten den Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Innerhalb von Sekunden waren die Vampire tot. Guren steckte sein Schwert wieder in die Scheide. Er fühlte, wie der dämonische Fluch wieder schwächer wurde. Dies war leicht gewesen, fast zu leicht. "Lasst uns diese Etage durchsuchen!" befahl Guren und sie schwärmten aus. Nur Goshi blieb neben ihm stehen. Als die Mädchen außer Sichtweite waren, fragte er: "Was ist zwischen dir und Shinya passiert?" Guren zuckte innerlich zusammen, aber er ließ es sich nicht anmerken. "Wovon redest du?" "Weich' der Frage nicht aus. Ich habe Shinya noch nie in so schlechter Stimmung gesehen." Guren seufzte: "Ich auch nicht." "Also habt ihr euch gestritten?" "Sowas in der Art..." Goshi grinste stolz: "Worum ging es denn? Um ein Mädchen?" "Nicht alles dreht sich um Mädchen..." "Du hast Recht. Aber ging es dabei um Liebe?" "Ich habe doch schon gesagt, dass es nicht um Mädchen ging." Die Lüge verließ Guren so leicht die Lippen. Aber Goshi traf ins Schwarze, "Ich habe nicht nach Mädchen gefragt, sondern nach Liebe." Guren sah ihn verwirrt an. Wusste Goshi etwas? Hatte er etwas bemerkt, als sie auf der Party gewesen waren? Hatte sich Guren in irgendeiner Weise seltsam verhalten? Goshi hatte das seit Wochen nicht erwähnt. Warum jetzt? "Nein", sagte Guren und versuchte, alle Emotionen aus seinem Gesicht zu halten, "wir hatten nur eine Meinungsverschiedenheit". "Eine Meinungsverschiedenheit, bei der ihr länger als drei Wochen nicht miteinander redet?" "Ist es schon so lange her? Ich weiß das gar nicht mehr." "Worüber auch immer ihr euch gestritten habt, ich finde, ihr solltet euch entschuldigen und euch versöhnen. Es ist unerträglich, euch beide mit diesem Gesicht herumlaufen zu sehen." "Was für ein Gesicht?" "Dieses Gesicht, als wäre jemand gestorben. Niemand ist bisher gestorben, also heb' dir das für später auf." In diesem Moment kam Mito zurück. Als sie die beiden herumstehen sah, rief sie ihnen zu: "Was machst du da, Goshi? Steh' nicht nur herum. Hilf uns bei der Suche nach den Medikamenten." Sie meinte definitiv sie beide, nicht nur Goshi, aber sie wagte es nicht, Guren bloßzustellen. Ein Lächeln flatterte über Gurens Lippen. Er musste zugeben, dass Goshi Recht hatte. Sie waren alle am Leben. Weil er sie wieder zum Leben erweckt hatte. Niemand war gestorben, und was auch immer es kostete, er würde nicht zulassen, dass das noch einmal geschah. Guren folgte Goshi.Um die Dinge zu beschleunigen, schauten sie auf die Schilder, um die zentrale Apotheke des Gebäudes zu finden, und gingen direkt dorthin. Glücklicherweise war die Apotheke noch sehr gut bestückt und sie begannen, ihre Taschen zu füllen. Sie waren bereits auf dem Weg nach draußen, als Guren etwas Seltsames spürte. Er blieb stehen und drehte sich zum Fenster, um nach draußen zu schauen. Was er draußen sah, ließ ihn erstarren. Ein Haufen Vampire kam mit extremer Geschwindigkeit auf das Krankenhaus zu. Nur eine Sekunde später schoss weißes Licht aus dem gegenüberliegenden Gebäude. Weißes Licht, das drei Vampire auf einmal tötete. Shinya hatte sein Dämonengewehr abgefeuert und war wahrscheinlich gerade dabei, für das nächste Mal nachzuladen. "Was ist los, Guren?" Mito blieb stehen und drehte sich um. Als sie seinem Blick folgte, weiteten sich ihre Augen: "Wo kommen die her?" Die zweite Welle weißen Lichts ergoß sich über den Vorhof und nahm drei weitere Vampire mit. Guren zog sein Schwert. Der Fluch begann zu wüten. Das Fenster zerbrach. Mit einem Sprung war er auf dem Boden. Sein Schwert durchschlug den ersten Vampir vor ihm. Guren scannte die Umgebung. Fünf weitere, er musste schnell handeln. Er blockte den zweiten Hieb eines Vampirs auf der rechten Seite ab. Ein kurzer Schlagabtausch, und sein Gegner ging zu Boden. Währenddessen hatten sich die anderen ihm angeschlossen. Aber es war keine weitere Salve von Shinya gegeben. Guren schaute zum Gebäude hinauf. Etwas stimmte nicht. "Goshi! Gib mir Rückendeckung!", rief er und änderte abrupt die Richtung. Guren wusste, dass Shinya klug genug war, sich zu beeilen und seine Position zu verlassen, sobald er entdeckt wurde, aber seitdem hatte es keine Schüsse mehr gegeben. Das bedeutete wahrscheinlich, dass Shinya in die Enge getrieben worden war. Oder schlimmer noch, er war entdeckt worden, bevor er entkommen konnte. Was auch immer es war, Guren musste dorthin gelangen. Und zwar so schnell wie möglich. Der Dämonenfluch machte ihn schnell, sogar schneller, als die Vampire darauf reagieren konnten. Im Inneren des Gebäudes blitzte ein weißes Licht auf. Er hatte Recht gehabt. Shinya war in Gefahr. "Mahiru!", rief er sie. Sie antwortete nicht, ihre Stimme wurde durch diese Pillen unterdrückt. Aber ihre Kraft pulsierte in seinen Adern. Die Kraft seiner Dämonen. Mit einem Sprung war er auf der Etage, auf der sich Shinya versteckt hatte. Nur um einen Vampir in der Mitte des Raumes stehen zu sehen. Sie war anders gekleidet als die anderen Vampire. Eine Adlige. Shinya kauerte an der gegenüberliegenden Wand. Es sah aus, als ob der Adelige ihn einfach durch die Luft geworfen hätte. Mit einer schnellen Bewegung zog er wieder sein Gewehr und feuerte es ab. Weißes Licht erfüllte den Raum. Die Adlige stand immer noch da, als ob der Treffer sie überhaupt nicht störte. Oder war sie ihm ausgewichen? Das war Gurens Chance. Er strümt auf sie zu. Aber sie stoppte sein Schwert einfach mit der bloßen Hand. Guren konnte es nur mit Mühe ablenken, kurz bevor sie es zu fassen bekam. Sie war stark. Unglaublich stark. Er brauchte mehr Kraft. "Mahiru!", rief er wieder in seinem Kopf. Er wusste, dass sie ihn hören konnte. Wenn er Shinya beschützen wollte, brauchte er mehr Kraft. Genug, um diesen Adligen zu töten. Die Vampirin kam nun auf ihn zu und zog ihr Schwert. Sie war unglaublich schnell. Guren wich ihr zweimal aus, aber der dritte Schlag traf ihn. Er durchschlitzte seine Brust und hinterließ eine tiefe Wunde. Guren stolperte rückwärts. Er konnte kaum noch atmen. Der Treffer hatte wahrscheinlich seine Lungen aufgeschlitzt. Sein Brustkorb kollabierte. Mehr Kraft. "Ich brauche mehr Kraft!", schrie er in seinem Kopf. Mahiru konnte ihn hören. Er wusste, dass sie es konnte. Der Adlige hob gerade ihr Schwert, als ein Schuss sie in den Rücken traf. Diesmal erwischte er sie. Sie drehte sich um und entdeckte Shinya. Nein. Das durfte sie nicht. Shinya hatte Ihrem Schwert nichts entgegenzusetzen. Guren würde das nicht zulassen. Der Adlige wandte ihm den Rücken zu. Guren konnte kaum atmen, aber er fühlte, wie die Kraft durch seinen Körper floss. Wenn er schnell genug war, sollte er es schaffen. "Byakomaru! Zudon!" rief Shinya. Es war eine Ablenkung. Guren musste nur den Moment erwischen, als sie auswich. Die Falle war ausgelegt, und die Vampirin lief direkt hinein. Sie wich Shinyas Angriff aus. Nun war sie genau dort, wo Guren sie erwartet hatte. Sein Schwert war bereits in der Luft, als sie sich umdrehte. Guren hätte den Angriff abbrechen können. Aber so eine Chance würde er nicht nochmal bekommen. Sein Schwert durchschlug ihre Schulter. Aber er war nicht schnell genug, um ihrem Gegenangriff vollständig auszuweichen. Ihre Klinge schrammte an seinem Hals. Guren aktivierte den Fluch. Mit einem Schrei zerbröckelte der Adlige zu Staub. Guren knallte hart zu Boden. Das Schwert fiel ihm aus der Hand. Er hatte nicht mehr genug Kraft in seinem Körper, um es zu halten. Aber er hatte es geschafft. Er hat die Vampirin getötet. Er hatte Shinya gerettet. Mit zittrigen Beinen erhob sich Guren vom Boden. Blut lief ihm die Brust hinunter. Das war eine Menge Blut. Geistesabwesend hob er seine Hand und tastete nach seinem Hals. Das Fleisch war aufgeschnitten. Warum war da so viel Blut? Seine Sicht verschwamm. Seine Beine gaben nach, sein Körper kollabierte. Aber er schlug nicht auf den Boden auf. Etwas erwischte ihn. Irgendjemand. Shinya. Er brachte ihn vorsichtig zu Boden. "Guren, du verdammter Idiot!" schrie Shinya. Guren hatte keine Ahnung, warum er schrie. Alles war in Ordnung. Er hatte diese Vampirin getötet. Er hatte sie getötet. Alle Kraft strömte langsam aus seinem Körper. Seine Augen schlossen sich. Warum schrie Shinya? "Stirb mir verdammt nochmal nicht weg!" Sterben? Warum sollte er sterben? "Du hast es versprochen! Guren! Du musst wach bleiben!" Aber er war wach. Er lag in den Armen von Shinya. Alles war in Ordnung. Shinya war in Ordnung. Das war alles, was zählte. "Guren!", rief Shinya erneut. Irgendwo tief in seinem Kopf war da eine leise Stimme, die ihm zuflüsterte, "Schlaf..." Dann verlor Guren das Bewusstsein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)