First Kiss von collie (One-Shots) ================================================================================ Kapitel 3: B First ------------------ Sechszehn. Die Zahl klang gut. Wie ein Startschuss. Ein Sprung vom Jungen zum Mann. Die Zeit war da, die Welt zu erobern, Grenzen zu übertreten, neue - vor allem eigene - Regeln aufzustellen. Er blickte in den Spiegel. Blue Nr. 16 - schon die Bezeichnung auf der Packung war treffend gewesen, aber das Ergebnis, die neue Haarfarbe, war es noch viel mehr. Sie passte zu ihm. Sie war er. Kein Zweifel. Das war keine Farbe, kein Name - das war eine Lebenseinstellung. SEINE Lebenseinstellung. Blue war cool. ... und jetzt würde ihr das auch auffallen. Davon war er überzeugt. Der Ruf des Stubenältesten mahnte zur Eile. Er packte seine sieben Sachen und machte sich auf den Weg zum Unterricht. In der Mittagspause wählte er einen Tisch abseits, aber in ihrer Nähe, um sie im Auge zu behalten. Er hatte gern ein Auge auf sie. Sie zu beobachten gab ihm Aufschluss über sie, ihre Art, was sie mochte und was nicht? Seit Monaten schon tat er dies. Mehrfach hatte er sich schon eine Abfuhr bei ihr geholt, was für ihn darauf begründet war, dass er noch nicht genug recherchiert und erfasst hatte. Gut, es war auch deutlich geworden, dass sie ihn für einen Streber hielt und sie Streber nicht mochte. ABER: Genau das trieb ihn dazu, es wieder und wieder zu probieren. Er würde seine guten Noten für niemanden aufs Spiel setzen – er wollte der Beste sein – und mehr als irgendwem sonst wollte er ihr beweisen, dass er der Beste war. Warum ihr? Weil sie anders war. Herausfordernd, klug,, schön und unabhängig, mit diesen Worten würde er sie am ehesten beschreiben. Raven hieß sie. Ihr Haar war so pechschwarz wie das Gefieder eines Raben. Strahlend blau leuchteten ihre Augen und bildeten einen geheimnisvollen Kontrast zu ihren feinen Brauen und den dichten Wimpern, die sie einrahmten. Ihre Nase erinnerte an die perfekt modellierte einer Barbie-Puppe und ihre Lippen hatten immer einen Zug der Belustigung. Sie verhielt sich unnahbar, besonders ihm gegenüber, aber er hatte das ein oder andere Mal schon Züge über ihr Gesicht huschen sehen, die auf ein gefühlvolles Mädchen hinwiesen. So stark wie sie tat, so verletzlich war sie auch. Jetzt, da sie seine Musterung bemerkte, flackerte Irritation in ihrem Gesicht auf, um gleich darauf von einem spöttischen Zug überlagert zu werden. Aber zu spät. Es war ihm nicht entgangen. Und es amüsierte ihn. Irritiert war sie also? Na, da konnte er doch einen draufsetzen. Er erhob sich, nahm sein Tablett und ging damit auf sie zu. Wie beiläufig stellte er seinen Becher Himbeerpudding vor sie auf den Tisch und meinte ruhig: „Lecker.“ Die Irritation in ihren Augenwinkeln entging ihm nicht, als er weiter lief. Zufrieden mit sich räumte er sein Tablett auf und wandte sich zur Tür, als sie vor ihm stand, wie aus dem Boden gewachsen. Sie hielt ihm, mit skeptischem Blick, den Becher vor die Nase. „Was soll das?“, verlangte sie zu wissen. „Du stehst doch auf das Zeug, oder nicht?“, gab er unbeeindruckt von ihrer Miene zurück. „Wie kommst du darauf?“, hakte sie kühl nach. „Denkst du echt, es fällt keinem auf, wenn du dir, jedes Mal, wenn’s die gibt, einen in die Tasche und auf dein Zimmer schmuggelst?“ Er lächelte. Umwerfend, wie er wusste. Die ein oder andere Verehrerin hatte in dies wissen lassen und es hätte ihn nicht nur die Information, sondern vielleicht auch die Überbringerin interessiert, hätte sie es ihm nicht viel zu leicht gemacht und ihn allzu offensichtlich angehimmelt. „Blau steht dir nicht“, riss Raven seine ganze Aufmerksamkeit wieder auf sich, nur um ihn gleich wieder stehen zu lassen. Er wusste, es war nur Show. Jene Puddingbecher waren ihre heimliche Leidenschaft und es war, wie er ihr gesagt hatte. Sie schmuggelte sie aus der Cafeteria, weil sie so verrückt danach war. Vielleicht war es den anderen ja nicht aufgefallen, aber ihm war es nicht entgangen. Natürlich konnte sie sich unmöglich erlauben, gefühlsmäßig angenehm von dieser Tatsache zu sein, dann sie musste ja als unnahbar gelten. Trotzdem. Er hatte es geschafft, ihre Fassade ins Wanken zu bringen. Darauf konnte er aufbauen. Das Wie überlegte er sich auf dem Weg zur nächsten Stunde. *** „Mensch Jesse, das du dich mal von einem Mädchen fertig machen lässt …“ Kopfschüttelnd stand Joe in der Umkleide neben ihm. Nein, er fasste nicht, was er eben erlebt hatte. Der Vorbereitungskurs in Selbstverteidigung war freiwillig, doch jeder wusste, dass Jesse ihn genauso ernst nahm, wie alle anderen Fächer auch. Umso überraschender war es, al der nun blauhaarige von Raven auf die Matte geschickt worden war. Und es schien ihn nicht mal zu stören … „Soll vorkommen“, erwiderte er halbherzig und schloss die Spindtür. „Vor allem, wenn man größere Ziele verfolgt, kann es nicht schaden, mal zurück zu stecken.“ Er grinste, als Joe ihn verblüfft ansah. „Na, wenn du meinst …“ Damit ließ er seinen Klassenkameraden zurück. Jesse prüfte noch einmal den korrekten Sitz seiner Kleidung, ehe er sich anschickte, die Personenzahl in der Umkleide von eins auf null zu reduzieren. Wenn er Recht hatte, würde sie sich jedoch erst noch verdoppeln. Er wartete. Eins … Zwei … Drei !!! Er war immer noch allein. … Vier … fünf … Still blieb es. … Sechs … sieben … Nichts rührte sich. … Acht … neun … Hm … Ze- Die Tür ging auf. Raven stand vor ihm. Ihre Augen funkelten unergründlich. Und er hatte einen Moment lang geglaubt, er hätte sich verkalkuliert. Nein, sie stand vor ihm wie eine Amazone. Ihre langen Beine waren in eine schwarze, glänzende Hose gehüllt. Ein eisblaues Top komplettierte das Freizeitoutfit, welches sie am liebsten trug. Elegant und doch energisch wie sie selbst war. „Du eitler Fatzke kannst nicht warten, was?! Ich hätte dich schon kalt erwischt und auf die Matte geschickt“, stellte sie klar. Sie liebte die Herausforderung genauso wie er und es missfiel ihr, dass er sie darum gebracht hatte. „Ja?“ Er tat, als überlege er. „Stimmt“, meinte er dann, „du brauchst keine Hilfe. Du bist wie ich.“ Er war sicher, dass würde sie beleidigen. Ihre Antipathie gegen Streber würde ihr nicht erlauben, dass er sie zu sich auf die gleiche Stufe zog. In ihren Augen blitzte es. Schon fühlte er sich bestätigt, doch dann sagte sie schlicht: „Den Gefallen tu ich dir nicht.“ Wie bitte? Jetzt hatte sie ihn überrumpelt. Perplex starte er sie an und ärgerte sich, dass er es nicht verbergen konnte. „Ich werde dir keine ballern. Ich werde dich nicht anschreien. Und schon gar nicht werde ich so tun, als würde es mich berühren.“ Verflixt, sie hatte ihn durchschaut. Eine der aufgezählten Reaktionen hatte er erwartet, aber nicht diese. Hatte er doch unterschätzt, wie klug sie war. Das war dämlich. Besonders, da dies eine Eigenschaft an ihr war, durch die er sich angespornt fühlte. Aber – hehe – so leicht gab er nicht auf. „Aber das hat es“, schoss er einigermaßen lässig eine Feststellung hinterher, die leider mehr geraten war, als ihm lieb war. Ein Bluff, na gut. Er lauerte auf ihre Reaktion. „Hättest du wohl gern?“, gab sie zurück. Er konnte nicht „Ja“ sagen ohne sich zu verraten. „Nein“ war gelogen. Da sie ihn gerade verdammt gut durchschaute, wüsste sie, dass die Wahrheit anders aussah. „Vielleicht“, erwiderte er daher unbestimmt und lächelte. Sie spielten ein Spiel in dem keiner unterlegen sein wollte und es dem anderen nicht gestattete in die Karten zu sehen – jedenfalls nicht häufiger, als vermeidbar war. Ein Schauer ging durch seinen Körper und er hätte nicht sagen könne, ob dieses kleine Duell daran schuld war, oder die Person, mit der er es austrug. Beide sahen sich an. Keine erlaubte sich den Blickkontakt zu brechen und sich somit geschlagen zu geben. Die nächsten Worte konnten über Sieg oder Niederlage entscheiden. So nah am Triumpf, so nah an ihr … Raven stand so dicht vor ihm, dass er meinte, ihren beherrschten Atem zu spüren. Ihr Pokerface jagte ihm einen weiteren, heißen Schauer durch den Körper. Er hatte tatsächlich keine Ahnung, trotz all seiner Vorbereitung, was sie nun tun oder sagen würde. Was auch immer es war, er musste schnell und souverän darauf reagieren. Der Nervenkitzel daran, ausgelöst durch sie, berauschte ihn. Das war besser als Alkohol oder sonstige Drogen. Ohne damit experimentiert zu haben, wusste er das. Mit dem abrupten Öffnen der Tür war die Spannung zerstört. Jesse und Raven wandten sich zum Eingang und erblickten das missbilligende Gesicht von Sportlehrer Jost. „Raven Sera, das ist die Jungenumkleide“, erklärte er mahnend. Die Angesprochene nickte leicht und ging. Jost, Sportlehrer, Leiter des Selbstverteidigungs- sowie des Schwimmkurses und Studienberater, wartete bis das Mädchen sie allein gelassen hatte. Dann wandte er sich ernst an Jesse. *** Er hasste Predigten. Vor allem solche, in denen nichts gesagt wurde, das er nicht schon wusste. Ja, der Beste zu sein bedeutete, die Schule ernst zu nehmen und IMMER alles zu geben. Ja, seine Eltern sponserten das Internat nicht unerheblich und nein, sie taten es nicht, damit er hier rumgammle. Einen Abschluss mit Auszeichnung durften sie mindestens erwarten. Ja, dies bedeutete, dass er sich in freiwilligen Kursen genauso ins Zeug legen musste, wie in allen anderen auch. Hielt Knilch Jost ihn für unterbelichtet? Hatte der Mann vergessen, dass Jesse einen höheren Intelligenzquotienten besaß, als der Durchschnitt der Schüler hier? Jesse hatte sich nicht auf einen pöbelnden, pubertierenden Schlagabtausch mit dem Sportlehrer eingelassen, wie es der Durchschnittsschüler getan hätte, weil Jesse wusste, dass der Lehrer immer am längeren Hebel saß. Folglich war es klüger, erst mal nach den vorgegeben Regeln zu spielen, unabhängig davon, was man selbst davon hielt. Bis er sich aus der Knechtschaft von Eltern und Schule befreit und unabhängig gemacht hatte, um den Weg zu gehen, den ER für richtig hielt, dauerte es noch zwei Jahre. Danach würde er den Teufel tun und sich in das Finanzwesen stürzen, wie es sein Vater erwartete. Das konnte sein alter Herr vergessen. Aber der Plan seine Autonomie zu erlangen, bedeutete auch noch ein wenig Ausdauer aufzubringen. Aber er war unerbittlich und es lohnte sich. In Zukunft würde er nur noch Regeln befolgen, für die er sich selbst entschieden hatte. Das einzig Positive an der sonst langweiligen Predigt war, dass sie die rebellischen, unbedarften Gedanken des Morgens diszipliniert hatte und ihm half, sich wieder aufs Wesentliche zu konzentrieren. Er verließ die Turnhalle und bahnte sich seinen Weg durch die Internatsschüler auf sein Zimmer. Der Abend war angebrochen und durch das spärliche Licht, welches durch das schmale Fenster am Ende des Flures drang, wurde dieser kaum noch erhellt. Jesse verzichtete darauf, die Beleuchtung einzuschalten. Er fand sein Einzelzimmer auch so. Zudem erinnerten ihn die schwarzen Schatten an Ravens Haar und damit auch an ihre blauen Augen, die darunter hervorstachen. Es ärgerte ihn umso mehr, dass Jost sie unterbrochen hatte, weil er nun wohl vorläufig nicht erfahren würde, wie dieses Duell zwischen ihnen ausgegangen wäre. Der Teufel sollte Jost holen. Jesse öffnete die Tür, betrat sein halbdunkles Zimmer und hörte, wie sich die Tür klackend hinter ihm schloss. Er atmete aus. Im nächsten Moment fühlte er sich unsanft am Kragen gepackt und gegen den Eingang gedrängt. Unerwartet fand er sich an dem harten Holz wieder, packte die Hand an seinem Kragen und langte mit der freien nach dem Lichtschalter. Wer auch immer es gewagt hatte, sein Hemd zu zerknittern, konnte gleich etwas erleben. Dieser Gedanke schoss ihm in den Kopf und verschwand sofort wieder, als er in Ravens blaue, herausfordern blitzende Augen sah. Er ließ ihr einen Moment des Triumpfes, ehe er sich entschied, sie einfach nur entwaffnend anzulächeln. „Okay, du hast mich kalt erwischt, als du es wolltest. Bist du jetzt zufrieden?“, gab er sich unbeeindruckt. Sie ließ seinen Kragen los und nickte unbestimmt mit dem Kopf. Wieder lächelte er. Da er noch ihre Hand hielt, war es kein Problem, sie heranzuziehen und rasch die Position mit ihr zu tauschen. Wütend darüber fauchte sie ihn an. „Lass mich los, du Mistkerl.“ Er lachte belustigt. „Tu dir selbst einen Gefallen und gib zu, dass du auf mich stehst.“ Das war die einzige Erklärung die es für ihn wirklich für ihre Anwesenheit hier gab. Trotzig schob sie die Lippen vor. „Tu mir einen Gefallen und erstick an deinem Ego“, parierte sie. „Böses Mädchen“, tadelte er sie noch immer amüsiert. Er legte leicht eine Hand auf ihre Wange und näherte sich ihrem Gesicht bis er deutlich ihren Atem in seinem spüren konnte. Oh, diese Aufsässigkeit gefiel ihm so sehr. Er näherte sich ihrem Ohr. „Ich mag böse Mädchen“, raunte er ihr zu. „Tatsächlich?“ Die abwehrende Spannung in ihrem Körper ließ nach. „Mit denen würdest du doch gar nicht fertig werden.“ „Wetten?“, fragte er und verbarg die Enttäuschung darüber, dass sie ihren Widerstand scheinbar aufgegeben hatte. „Wetten!“ Wieder griff sie nach seinem Kragen und zog ihn die winzige Distanz, die es noch zu überwinden galt, zu sich. Er fühlte ihre Lippen auf seinen ehe er es begriff. Ärgerlich darüber, dass sie ihm zuvorgekommen war, und erregt von der Hitze ihres Mundes drängte er sie zurück, bis ihr Kopf die Tür berührte. Und das Spiel begann aufs Neue. Sie versuchte ihre alte Position zurückzugewinnen. Er erlaubte ihr kaum einen Zentimeter Gewinn. Je öfter sie es probierte, desto energischer presste sich ihr Mund gegen seinen und desto gebieterischer erwiderte er ihren Kuss. Schließlich umfasste er mit beiden Händen ihren Kopf, hielt sie mit vorsichtiger Bestimmtheit fest und unterband so jede Gegenwehr. Bevor sie auf die Idee kam, andere Möglichkeiten des Widerstandes in Betracht zu ziehen, schob er mit den Lippen die ihren auseinander und ließ seine Zunge dazwischen schnellen. Als sie ihr Ziel fand, glaubte er, den Halt zu verlieren. Er ignorierte die weichen Knie so gut es ging. Raven und ihr rebellischer kleiner Mund, den es zu beherrschen galt, war alles, was zählte. Er genoss die Schauer, die durch ihn jagten und zog aus jedem davon neue Energie für ihren Kampf um den Mund des anderen. Sie war es schließlich, die den Kuss abbrechen musste, um Luft zu holen. Verschlagen grinste er sie an. „Du hast verloren, Bad Girl“, stellte er fest. „Wenn du das glauben möchtest …“, gab sie zurück. „Möchtest du `ne Revanche haben?“, fragte er provozierend lächelnd. Sie stieß ihn von sich. Er stolperte einen Ausfallschritt zurück, spürte seine Bettkante in seiner Kniekehle und setzte sich auf die Schlafstatt, ohne sie aus den Augen zu lassen. Raven trat auf ihn zu, legte ihre Hände an seine Wangen und fragte lauernd: „Seh ich so aus, Playboy?“ „Ja“, erwiderte er schlicht, zog sie ganz zu sich und küsste sie erneut. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)