Der Wächter von Drachenlords ================================================================================ Kapitel 3: Versammlung der Ältesten ----------------------------------- Black Junior stand nun schon seit mehreren Minuten vor der Haustür. Sam hatte sich derweil mit dem Rücken an die Hauswand neben ihm gelehnt. Mit geschlossenen Augen gab er dem Jüngeren zu verstehen, dass er ihn nicht drängen würde. Beide wussten, dass Jacobs Vater zu Hause war. Sie konnten ihn dank ihrer Wolfssinne wittern. Mit einem Seufzen auf den Lippen sprach er sich Mut zu und öffnete die Tür. Im Wohnzimmer sitzend schaute Billy auf. Nach einem kurzen prüfenden Blick grüßte er: „Willkommen zu Hause mein Sohn. Es ist schön zu sehen, dass es dir gut geht und du deinen alten Vater mal wieder besuchen kommst. Wenn du Hunger hast, im Kühlschrank steht noch ein Auflauf von Sue Clearwater.“ Auf Jakes Verhalten die letzten Tage ging er nicht ein. Er hatte Verständnis für seinen Sohn. Er war zwar auch der Meinung, dass sein Sohn eine bessere Partie für Bella darstellte, aber was sollte man machen? Sie hatte sich entschieden. Jake schloss die Tür und ließ sich seinem Vater gegenüber in einen der Sessel fallen, während dieser weiterredete: „Sie hat mich gestern aufgesucht und um Rat gebeten. Ihre Tochter Leah ist in letzter Zeit einfach nicht mehr sie selbst. Ich vermute mal, dass sie es einfach nicht verkraften kann, dass Sam nun mit Emily zusammen ist. Tja da kann man wohl nichts machen. Sie kennt die Hintergründe nicht. Armes Mädchen. Wenn sie nur…“ Bei der Erwähnung von Sams Prägung erbleichte Jake und wandte rasch den Blick ab. Unbeabsichtigt hatte Billy genau das entscheidende Thema aufgegriffen. Als sein Vater sein Verhalten sah, wurde er still und fragte: „Was ist los Jacob? Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen.“ Jake schluckte mehrere Male und erwiderte: „Dad ich muss dir was sagen.“ Nach dieser Einleitung verließ ihn sein Mut und er knetete seine Hände im Schoß. Wie sollte er seinem stolzen Vater diese Geschichte erklären? Würde er ihn verstoßen, weil er auf einen Mann geprägt war? Billy rollte seinen Rollstuhl ein wenig herum, um ihn besser ansehen zu können. Dann faltete er seine Hände im Schoß und wartete geduldig. Als nach einigen Minuten immer noch Schweigen herrschte, erklang Sams Stimme in der Verbindung: „Jake, ich weiß du hast Angst vor seiner Reaktion, aber er wird es erfahren. Diese Angelegenheit muss vor den Rat. Und ich möchte Billy nicht vor den anderen Ältesten bloßstellen. Entscheide dich: Entweder du sagst es ihm jetzt oder ich mache das.“ Jacobs Entsetzen durchdrang das Rudel, gemischt mit dessen Angst. Plötzlich giftete Paul: „Ja, sag es ihm. Sag dem Häuptling, dass sein Sohn ein perverser Homo ist. Er wird dir bestimmt eine Party schmeißen.“ „Ruhe! Wie kannst du es wagen? Paul das wird ein Nachspiel haben!“, bellte Sam. In seinem Zorn hatte er auch laut gesprochen und die beiden Backs zuckten kurz zusammen. Während Billys Stirn sich in Falten legte und er zur Tür schaute, wo die Stimme des Alphas hergekommen war, begann Jake zu zittern. Er war kurz davor in Tränen auszubrechen und wie ein Baby zu heulen. Mit aller Gewalt drängte er das Wasser in seinen Augen zurück. Sam besann sich seiner Umgebung und wurde still. Dann konnte Jake die Stimme des Alphas in seinem Kopf hören: „Jake, du bist der Sohn des Häuptlings und Nachfahre einer langen Reihe stolzer Krieger. Du hast deinen Mut schon oft unter Beweis gestellt. Du bist nach mir der stärkste Wolf des Rudels und hast dich in Windeseile zu meinem Beta hochgekämpft. Dein Vater liebt dich Jake. Er wird dich nicht verstoßen. Er weiß, was die Prägung ist und, dass du keinen Einfluss darauf hattest. Ich bin dein Alpha und du bist Teil meines Rudels. Das Rudel beschützt sich gegenseitig, du bist nicht allein. Außerdem stehe ich vor der Tür und dein Vater weiß das jetzt auch. Wenn es sein muss, kann ich jederzeit einschreiten.“ Erleichterung durchflutete Jake und sprach ihm neuen Mut zu. Sam stand immer noch hinter ihm. Genau wie Quil und Embry. Er war kein Weichei und schon gar nicht feige. Er war Jacob Black und es wurde Zeit, dass er auch dementsprechend handelte. Rasch sammelte er sich und machte mit einem Räuspern auf sich aufmerksam. Sofort wandten sich die Augen seines Vaters wieder ihm zu. „Dad, als ich heute durch den Wald gelaufen bin ist etwas vorgefallen…“ Mit fester Stimme redete er weiter und erzählte die ganze Geschichte. Währenddessen sah er seinem Vater unverwandt direkt in die Augen. Erst war Billy besorgt, dann verblüfft und schlussendlich wütend. Nachdem sein Sohn fertig war, sah der Häuptling so wütend aus, wie Jake ihn noch nie gesehen hatte. Seine Augen verengten sich und er fragte mit beunruhigend ruhiger Stimme: „Bist du schwul, mein Sohn?“ Jake hielt dem Blick stand und erwiderte: „Nein. Ich schwöre, dass ich noch nie eine solche Neigung hatte. Für mich gab es immer nur Bella und sonst niemanden.“ Das beruhigte Billy und sein Blick wurde etwas weicher, als er zu sprechen begann: „Das ändert aber leider nichts an dieser unnatürlichen Situation. Du bist auf einen Mann geprägt. Wenn du es nicht warst, dann bist du jetzt schwul. Die Blutlinie der Blacks stirbt also mit mir.“ Jake knurrte erbost: „Die Blutlinie endet mit mir Vater, nicht mit dir.“ „Du bist auf einen Mann geprägt. Du wirst nie eigene Kinder haben. Das Geschlecht der Blacks ist dem Untergang geweiht. Noch nie war ein Gestaltwandler auf einen Mann geprägt. Das ist eine Abscheulichkeit. Du bist eine Abscheulichkeit“, spie Billy ihm entgegen. Bei diesen Worten zerbrach etwas in Jake. Sein Vater war drauf und dran sich in Rage zu reden und würde ihn womöglich auf der Stelle enterben und rauswerfen. Er konnte einfach nicht anders, senkte den Blick, fiel in sich zusammen und begann wie ein kleines Kind zu schluchzen. Plötzlich öffnete sich die Haustür und Sam betrat ungebeten das Haus. Mit kaum unterdrücktem Zorn bellte er: „Es gibt Wichtigeres als deine Erblinie zurzeit. Deinem Sohn geht es schlecht. Siehst du das denn nicht? Außerdem leben wir nicht mehr im Mittelalter. Auch wenn Jake keine Frau schwängern kann, so gibt es heutzutage andere Mittel und Wege, um Kinder zu zeugen.“ „Du vergisst dich Sam. Das ist immer noch mein Haus. Raus hier, das geht nur mich und meinen Sohn etwas an!“, schrie Billy und wenn er es gekonnt hätte, wäre er wohl auf der Stelle aufgesprungen und hätte Sam rausgeworfen. Da dies aber seine Fähigkeiten überstieg, griff er nach einer alten staubigen Vase neben sich und warf sie gegen den Eindringling. Der Alpha wischte den Einwand mit einer Geste einfach weg und fing gleichzeitig die Vase mit derselben Hand auf. Diese Bewegung schien so mühelos, dass Billy zurückschreckte. Bemüht ruhig und um den Frieden wiederherzustellen sprach Sam seine Gedanken aus: „Jacob ist Teil des Rudels, vergiss das nicht Billy. Das Rudel beschützt sich gegenseitig. Somit geht es mich eine Menge an, wenn du Jake wehtust. Außerdem gibt es, wie gesagt, Wichtigeres zu klären. Du musst umgehend die Ältesten einberufen. Sie müssen von dieser Angelegenheit erfahren.“ „Du willst mich also vor allen bloßstellen? Das werde ich nicht zulassen!“, zeterte der Häuptling und spuckte beim Sprechen vor lauter Zorn. „Es geht nicht um die Frage, ob Jake schwul ist und was das für deine Erblinie bedeutet. Das können wir später immer noch im Ruhigen erörtern. Dieser Aspekt geht den Rat nichts an.“ Misstrauisch fragte Billy und wurde wieder beunruhigend ruhig dabei: „Und um was geht es? Was ist deiner Meinung nach in diesem Augenblick so wichtig?“ Sam war froh, dass der Ältere aufgehört hatte zu schreien und auch keine Anstalten mehr machte, weitere Dinge gegen ihn zu werfen. So erklärte er sachlich: „Es geht um diesen Mann auf den Jake geprägt ist. Dieser Mann hat die Fähigkeit die Verbindung des Rudels zu stören. Zudem schleicht er schon, wer weiß wie lange, ungesehen und unerkannt in unserem Revier umher. Er ist weder Mensch, Vampir noch Gestaltwandler. Aber was ist er dann? Stellt er eine Bedrohung für den Stamm dar? Was wenn ja? Nach unserem obersten Gesetz darf kein Wolf einer geprägten Person etwas zuleide tun, aber was, wenn er uns feindlich gesonnen ist? Diese Dinge müssen wir erörtern und zwar so schnell wie möglich.“ Beide Männer taxierten sich einen Augenblick, dann knickte Billy ein. Sein Verhalten war nicht hinnehmbar und eines Häuptlings nicht würdig. Sams Einwände hatten Hand und Fuß und waren wirklich wichtiger als seine Belange. Immerhin stand das Schicksal des gesamten Stammes auf dem Spiel. Von der Rangordnung her gesehen standen die Beiden auf derselben Stufe. Billy war der Häuptling aller Einwohner in La Push, mit Ausnahme der Wölfe, diese wurden von Sam als Alpha des Rudels vertreten. Beide stellten einen Teil ihres Stammes dar. Und beide waren Mitglieder des Ältestenrates und diesem Gremium Rechenschaft schuldig. Aber die Entscheidung den Rat einzuberufen blieb allein dem Häuptling vorbehalten. In ihrer Stammesgeschichte hatte es auch hin und wieder den Fall gegeben, dass der Häuptling und der Alpha dieselbe Person waren. Dies wollte der Ältestenrat aber wenn möglich vermeiden um keine Interessenkonflikte zu schaffen und die Aufgaben zu teilen erwies sich als der bessere Weg den Frieden zu bewahren. „Du hast Recht Sam, diese Angelegenheit muss geklärt werden. Ich werde sofort den Rat einberufen“, offenbarte der Älteste der Runde seinen Entschluss. Seine Stimme war dabei wieder zu ihrer normalen ruhigen Tonlage zurückgekehrt und sein Wutausbruch war wohl fürs Erste ausgestanden. Billy griff bereits nach dem Telefon, da bemerkte Sam trocken: „Das kann jetzt auch noch fünf Minuten warten. Als allererstes solltest du dich um deinen Sohn kümmern. Das Gesagte sollte so nicht im Raum stehen bleiben.“ Der Rollstuhlfahrer sah zu dem Häufchen Elend, was einmal sein stolzer Sohn gewesen war. Er war eindeutig zu weit gegangen und bereute nun seinen Ausbruch. Er legte die Hände auf die Räder seines Rollstuhles und manövrierte sich zu seinem Sohn hin. Nach nur wenigen Sekunden stellte sich Sam hinter ihn und half ihm bei seiner Bemühung den Raum zu durchqueren. Jake hatte sich derweil vollkommen abgeschottet und war in sich gekehrt. Die Ablehnung seines Vaters schmerze ihn so sehr, dass er einfach nicht anders konnte, als sich seinen Tränen hinzugeben. Er hatte die Beine auf den Sessel hochgezogen und mit den Armen eng umschlossen. Dabei versuchte er sich so klein wie möglich zu machen und wippte aufgelöst vor und zurück. Wie ein Mantra brabbelte er dabei vor sich hin: „Ich bin nicht schwul. Ich bin nicht schwul. Ich…“ Der Jüngste zuckte entsetzlich zusammen, als er eine Hand auf seinem Kopf spürte. Dann wurde er in eine enge Umarmung gezogen. Mit lauterer Stimme wiederholte er seine Worte und schluchzte: „Ich bin nicht schwul!“ „Sch… Jake, beruhige dich. Es tut mir leid. Ich habe nicht nachgedacht. Bitte entschuldige meine Reaktion. Ich wollte dir nicht weh tun. Du bist nicht schwul. Es ist nicht deine Schuld. Dieser fremde Mann ist schuld. Er alleine trägt die Schuld. Beruhige dich“, tröstete Billy seinen Sohn und seine Worte zeigten Wirkung. Jake klammerte sich an seinen Vater, rutschte vom Sessel und vergrub den Kopf in Billys Schoß. Dann ließ er seinen Gefühlen freien Lauf. Er konnte einfach nicht mehr. Die ganze Situation war zu viel für ihn und er brauchte das jetzt. Wie ein Kleinkind streichelte sein Vater ihm beruhigend über den Kopf und redete ihm gut zu. Sam schien zufrieden und wandte sich zum Gehen. Da griff der Ältere nach seinem Arm und er drehte sich nochmals um. „Danke Sam. Ich danke dir, dass du mich aufgehalten hast, bevor ich etwas Unverzeihliches tun konnte.“ Der Alpha nickte dem Mann kurz zu und ging dann. Es gab noch viel zu tun und Jake war fürs erste außer Gefahr. Es dauerte ein geschlagene Viertelstunde bis sich Jake wieder einigermaßen gefangen hatte. Dann stand er auf und nuschelte: „Ich gehe schnell duschen und ziehe mir was Ordentliches an.“ Mit vor Scham geröteten Wangen stand er lange unter dem warmen Wasser. Er fühlte sich beschmutzt und versuchte sich mit aller Kraft sauber zu waschen. Zudem hatte er sich seiner Schwäche hingegeben. Das Rudel würde ihn bestimmt auslachen. Das durfte nicht noch einmal geschehen. Er ermahnte sich stark zu sein und schritt erhobenen Hauptes aus der Kabine. Anschließend trocknete er sich schnell ab, schwang sich das Handtuch um die Hüften und besah sich im angelaufenen Spiegel. Die Spuren seiner Tränen und den Schmutz des Waldes war er losgeworden. Dennoch fühlte er sich weiterhin dreckig. Aber dieses Gefühl würde er nicht so einfach wegspülen können. Er hatte es versucht und sich dabei die Haut wund gescheuert. Zum Glück regelten das aber seine Selbstheilungskräfte als Wolf. In wenigen Minuten würden die wunden Stellen verschwunden sein und keiner würde davon erfahren. Er klatschte sich die Hände an die Wangen und entschied, sich nicht unterkriegen zu lassen. Egal was noch kommen würde, er war stark genug alles zu verkraften. Schluss mit der Kleinkindnummer. „Sei ein Mann“, sagte er zu sich selbst und ging in sein Zimmer. Dort suchte er eine Weile nach was Brauchbarem zum Anziehen. Da in seinem Kleiderschrak kaum noch was vorhanden war, zum einen seinem übermäßigen Verschleiß durch die Verwandlungen geschuldet, zum anderem weil er schon lange nicht mehr die Wäsche gemacht hatte, bewaffnete er sich mit einer frischen Boxershorts und suchte im Sammelsurium seines Junggesellenzimmers nach weiteren Kleidungstücken. Er fand auf seinem Bürostuhl ein T-Shirt, dessen Geruch noch akzeptabel war und seine Muskeln gut betonen würde. Zudem förderte er unter seinem Bett eine noch als brauchbar eingestufte lange Jeans hervor. Socken fand er leider keine mehr und so stibitzte er seinem Vater ein Paar. Dann ging er vor die Tür, wo sein letztes Paar Schuhe stand. Er hatte in letzter Zeit einfach zu viele zerfetzt und musste dringend mal für Nachschub sorgen. Die mangelnde Kleidervielfalt war eben ein Berufsrisiko als Wolf. Deshalb liefen Mitglieder des Rudels meistens barfuß umher und trugen nur eine Hose, wenn’s hoch kam noch eine Boxer darunter. Das war ihre kollektive Art ihr Budget im Auge zu behalten. Kaum, dass er fertig war, schob sich auch schon sein Vater aus dem Haus. Sie sahen sich kurz in die Augen und verständigten sich stumm darauf, über das letzte Gespräch und seine Folgen kein Wort mehr zu verlieren. So lief das eben bei ihnen. Keiner würde die Situation nochmal ansprechen und alles war in Ordnung. Manche Dinge änderten sich nie und dafür war Jake auch dankbar. Den abschätzigen Blick in den Augen des alten Mannes überging er einfach. Beide mussten sich an die neuen Umstände erst gewöhnen. Doch überkam ihn dunkel die Ahnung, dass das Thema seiner Sexualität noch nicht ausgestanden war. In der Dusche konnte er Billy mit den Mitgliedern des Rates sprechen hören und wusste daher, dass sie sofort losfahren würden. Sein Vater hingegen wusste, dass er ihn gehört hatte. Jake lief zu ihrem alten Pickup und öffnete die Beifahrertür. In der Zwischenzeit rollte Billy neben ihn und ließ sich dann auf den Sitz heben. Bevor in Jacob das Wolfsgen erwacht war, hatte er immer Mühe gehabt den alten Mann ins Auto zu bekommen, aber nun hätte er ihn locker mit einer Hand heben können, wenn er das wollte. Nur wenige Augenblicke später hatte der Gestaltwandler auch den Rollstuhl auf die Ladefläche geworfen und sie fuhren los. Als sie an dem geheimen Treffpunkt, fernab des Dorfes, ankamen, fanden sie Sam vor, welcher bereits seinen Platz eingenommen hatte und offenbar tief in Gedanken schien. Jake hörte in die Verbindung hinein, hörte aber nicht allzu viel. Nur hin und wieder blitzten einzelne Gedanken auf. Offenbar hatte Sam das Rudel zum Schweigen verdonnert, als Jake aufgrund seines Gefühlsausbruchs nichts mitbekommen hatte. Kaum das Billy seinen Platz als Häuptling eingenommen hatte, tauchte auch der Rest des Rates auf. Es wurde langsam dunkel und Jake sammelte sich. Er würde gleich wieder alles erzählen müssen. Die Sitzung verlief sehr schlecht. Die Mitglieder des Rates waren fassungslos über die Prägung und in ihren Blicken konnte Jacob deutlich die Abscheu erkennen. Auch wenn alle versuchten möglichst sachlich zu bleiben, musste er einige Spitzen einstecken. Aber nach allem was heute schon passiert war, prallten diese scharfen Worte einfach an ihm ab. Er versuchte sich wie immer zu geben und zeigte sich von seiner besten Seite. Selbst sein Vater war erstaunt, wie gut er mit dem Verhör umging und schenkte ihm ein anerkennendes Kopfnicken. Alles in allem bereitete er weder sich, noch dem Häuptling, Schande. Nachdem dann Sam das Wort ergriffen und seine Gedanken bezügliches des Fremden geäußert hatte, entstand eine hitzige Diskussion. Überrascht und auch etwas entsetzt war Jake darüber, dass Billy scharf darauf plädierte, den Mann als Feind einzustufen und ihn vom Rudel verjagen zu lassen. Jacob wurde bei diesem Gedanken ganz flau im Magen, setzte aber eine steinerne Maske auf und versuchte nicht an die Folgen für ihn, bei diesem Unterfangen, zu denken. Sam hingegen war sehr ruhig und mischte sich kaum in die Debatten mit ein, sprach sich aber gegen die Ermordung oder Zerstörung des Mannes aus, solange dieser nicht zu einer Bedrohung wurde. Mitten in der Nacht und nach mehreren Stunden, in denen der Rat alle Fürs und Widers abgewogen hatte, überstimmte der Rat Billy. Sie mahnten Sam, und somit das ganze Rudel, allerdings zur äußersten Vorsicht. Sollte der Mann sich erneut zeigen, bekam das Rudel den Auftrag ihn gefangen zu nehmen, oder ihn zu verjagen. Das oberste Gesetz sollte jedoch um Jakes Willen eingehalten werden, es sei denn der Fremde griffe an oder stellte eine Bedrohung für Menschen da. Mit dieser Entscheidung konnte Jake leben. Er hatte ohnehin nicht vorgehabt nach dem Fremden zu suchen und wollte dessen Nähe tunlichst meiden. Während der gesamten Rückfahrt tobte Billy und schimpfte den Rat Narren. Sie würden die immense Bedrohung nicht sehen, dass würde ein schlimmes Ende nehmen, prophezeite er. So kannte Jake seinen Vater nicht. Aber er konnte ihn sehr gut verstehen, behielt seine Gedanken allerdings für sich. Erst nachdem er seinem Vater ins Bett geholfen hatte, beruhigte dieser sich und wünschte ihm eine gute Nacht. Vollkommen erledigt schmiss Jake sich auch gleich auf seine Matratze, ohne Zeit mit dem ausziehen zu verschwenden und schlief fast sofort ein. Tief im Wald, auf eben derselben verhängnisvollen Lichtung, gab es einen zweiten unheimlichen Lichtblitz und der fremde Mann stand wieder dort. Er schüttelte sich und suchte schnell die Umgebung ab. Leise redete er dabei vor sich hin: „Ihr Götter, steht mir bei. Das hätte nicht passieren dürfen.“ Als er sicher war allein zu sein, entspannte er sich wieder und sah zum dunklen wolkenverhangenen Nachthimmel empor. „Wie hat es dieser Gestaltwandler geschafft meine Barriere zu durchdringen? Das sollte eigentlich nicht möglich sein. Er hätte es nicht bis zur Lichtung schaffen dürfen.“ Nachdenklich faltete er die Hände vor der Brust und dachte laut nach. „Ich muss einen Fehler bei der Barriere gemacht habe, das ist die einzige Erklärung. Und dann taucht er auch noch ausgerechnet in diesem Moment hier auf. Das war der denkbar ungünstigste Zeitpunkt meine Konzentration zu stören. Ich habe sein Schicksal geändert. Er hat sich auf mich geprägt. Ich konnte es nicht verhindern. Das darf nicht sein.“ Wütend knurrte der Mann: „Das ist alles meine Schuld. Ich hätte besser aufpassen müssen und nicht so sorglos sein sollen. Das wird Ärger geben. Gewaltigen Ärger. Ich muss das wieder in Ordnung bringen. Aber wie?“ Er schloss die Augen und spürte in sich hinein. Da war eine neue Verbindung, welche da nicht hätte sein dürfen. Sie ging von dem Wolf aus und führte zu ihm. Distanzen spielten bei derlei Verbindungen keine Rolle. Mit aller Macht versuchte er sich davon zu lösen, aber es gelang ihm nicht. Wütend aufgrund seines Misserfolges öffnete er seine Augen und sah in die Richtung, von der er wusste, dass da der Gestaltwandler war. „Ich muss ihn im Auge behalten und eine Lösung für dieses Problem finden. Aber zunächst muss ich herausfinden wer dieser Junge überhaupt ist. Ich hoffe es geht ihm gut“, und mit diesen Worten machte er sich auf den Weg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)