Der Wächter von Drachenlords ================================================================================ Kapitel 30: Die Nadel im Heuhaufen ---------------------------------- Den größten Teil des Fluges verbrachten sie stillschweigend. Gegen Mittag brachte die Crew eine wenig bekömmliche Mahlzeit, in der Jake nur lustlos herumstocherte. Isaak und Bella hingegen aßen, auch wenn es nicht gerade ein Genuss war. Der Wächter fragte sogar Edward ob er auch dessen Portion haben konnte. Mit einem Schulterzucken gab dieser ihm das Essen. Am Ende verschlang er auch noch das, was Jake übriggelassen hatte. Der Rotblonde aß aber nicht aus Lust. Er brauchte die Energie der Mahlzeit, denn er hatte beim Durchblättern des Bordkataloges etwas Interessantes gefunden. Bella und Edward starrten sich nur kopfschüttelnd an. Dieser Mann war und bleibt ein ewiges Rätsel. Als die Flugbegleiterin die Tabletts abräumte, hielt Isaak sie auf und fragte: „Dieses Armband, ist das noch zu haben?“ Er deutete auf eine Abbildung im Katalog. „Selbstverständlich, der Herr“, flötete die Dame und klimperte liebreizend mit den Augen. „Dürfte ich mir das einmal ansehen?“, fragte der Wächter zuckersüß und schenkte ihr ein bezauberndes Lächeln. Die Stewardess errötete und fächerte sich Luft zu, so gebannt war sie von diesem Passagier. „Natürlich“, fiepste sie einige Oktaven höher. Dann überschlug sie sich beinahe, um Isaak seinen Wunsch zu erfüllen. Den Wagen mit dem Geschirr ließ sie, vergessen, mitten im Gang stehen. So schnell sie konnte, und darauf bedacht ihre weiblichen Vorzüge zu präsentieren, kehrte sie wenige Augenblicke später mit einer kleinen Schatulle zurück. Der Wächter nahm diese und schaute nachdenklich auf die Armkette. Dann fuhr er mit einem Finger über die Oberfläche und sagte leise: „Ja, damit kann ich arbeiten.“ Er hob den Blick und lächelte sie strahlend an. Die Frau verfloss fast bei dem Blick, den er ihr zuwarf. Isaak sagte: „Ich würde die gerne erwerben.“ „Natürlich, der Herr“, quietschte die Frau und raffte sich etwas zusammen. „Wie möchten sie bezahlen? Bar oder mit Karte?“ „Er zahlt für mich“, grinste Isaak und deutete mit dem Daumen auf Edward. Die Frau wandte sich diesem zu und errötete verlegen. Da war ja noch so ein bezaubernder Mann. Fast gänzlich in eine Decke gehüllt, aber mit einem so engelsgleichen, blassen Gesicht. Der Vampir verengte kurz die Augen und starrte den Rotblonden vernichtend an. Hier konnte er keine Szene machen. Innerlich grummelnd, schenkte er der Stewardess ein bezauberndes Lächeln und fragte lieblich: „Wie viel?“ Die Stimme des blassen Mannes brachte ihren Körper zum Erbeben. „350 Dollar, bitte.“ Das bekam sie gerade noch so heraus. Edward ließ sich seinen Ärger nicht ansehen und bezahlte in bar. Das würde er dem anderen noch heimzahlen, nahm er sich fest vor. Nachdem die Frau abkassiert hatte, blieb sie einfach stehen und starrte weiterhin den Vampir an. Bella verdrehte genervt die Augen und wandte sich an Edward: „Schatz, geht es dir besser?“ „Ein wenig, meine Liebe“, sagte der Blutsauger und wandte sich mit liebevollem Blick seiner Freundin zu. Enttäuscht fixierte die Flugbegleiterin Isaak und ihr Blick wurde wieder erwartungsvoll. Jake starrte die Frau wütend an und knurrte: „Er ist auch vergeben. Haben Sie nicht noch was zu tun?“ Zornig wurde der Gestaltwandler angeschaut, dann raffte sie sich zusammen und räumte weiter die Tische ab. Isaak, der die ganze Zeit seine neue Errungenschaft begutachtet hatte, sah zu ihm auf. „Du klingst gereizt. Alles in Ordnung?“ „Ja, ihr Geschmachte ging mir nur auf den Zeiger“, fuhr Jacob ihn an. Eigentlich war es nicht ihr Verhalten, das ihn verärgerte, sondern das Geflirte von Isaak. Das würde er ihm natürlich nicht eingestehen. Es war ihm peinlich, dass es ihn so aufwühlte. Er hoffte nur, dass er seine Gedanken zügeln konnte. Zu seiner Erleichterung gab sich der Wächter mit dieser Aussage zufrieden und wandte sich dem Schmuckstück zu. Dann nahm er es aus der Schachtel und verbarg es mit beiden Händen. In dem Moment begriff Jake, was Isaak vorhatte, und seine Wut verrauchte. Dann drang er in dessen Geist ein. Er sah ihm gespannt dabei zu, wie dieser einige Zauber konstruierte und mit der Armkette verband. Aus Isaaks Gedanken erfuhr er auch den Zweck der Magie. Auch, wenn er immer noch nicht verstand, wie die Zauber erzeugt wurden, war es einfach faszinierend, deren Entstehung zu beobachten. Nachdem der Wächter fertig war, nahm Jake ihm das Schmuckstück ab, steckte es wieder in die Schachtel und kniete sich auf seinen Sitz. Sofort machte sein Kopf Bekanntschaft mit der Decke. Kurz rieb er sich sein Haupt. Dann warf er dem irritierten Wächter einen Blick zu und fragte: „Bist du sicher, dass das klappt?“ „Selbstverständlich“, sagte dieser und nickte zur Bestätigung. Jake glaubte ihm. Von oben herab sah er auf Edward und dieser starrte verwirrt zurück. „Hier, das ersetzt die Kosten für den Laptop, den Tisch, die Flugtickets und die Armkette.“ Dann warf er dem Blutsauger die Schatulle in den Schoß. Der Vampir verzog das Gesicht und öffnete das Kästchen. Im inneren lag ein silbernes Armband mit eingearbeitetem Onyx. Ungläubig hob er es hoch und sagte sarkastisch: „Aber, Schatz, das wäre doch nicht nötig gewesen.“ Jake grinste höhnisch und stichelte: „Ich dachte, es würde deine Augen betonen. Die Edelsteine sind so schwarz wie deine Seele.“ Edward zischt nun wütend: „Was soll ich mit dem Ding? Erst lässt mich Isaak für das Teil blechen und dann schenkst du es mir?“ „Ja, zieh es an. Dann wirst du schon sehen.“ „Nein.“ Da griff Jake zu und legte dem widerspenstigen Vampir die Armkette an. Dieser konnte sich nicht wehren, ohne noch mehr Aufsehen zu erregen. Das halbe Flugzeug sah bereits zu ihnen. Nachdem der Wolfsjunge fertig war, riss er Edward die Decke weg. Pansch griff der Vampir zu und die Decke zerriss. „Du dämlicher KÖTER“, schrie der Blutsauger und sah auf das, was der andere angerichtet hatte. Jake war aber noch nicht fertig. Schneller als Edward sich erholen konnte, riss er die Klappe vom Fenster hoch und strahlendes Sonnenlicht fiel direkt auf den Vampir. „Ich dachte, du könntest etwas Sonne vertragen“, lachte Jake und sah zu dem versteinerten Blutsauger hinunter. „JAKE“, schrie Bella und verdeckte Edwards Körper so gut es ging mit ihrem. Edward starrte gebannt auf seine Hände. Das Sonnenlicht fiel direkt darauf, aber es wurde nicht reflektiert. Seine Haut war blass wie immer, aber sie glitzerte nicht. Jake, der die Blicke aller Passagiere auf sich spürte, sah auf und sagte laut: „Tourette – Syndrom.“ Dabei deutete er mitleidig auf den Vampir. Einige rollten mit den Augen, andere schüttelten die Köpfe und alle wandten sich ab. Dann sah der Beta wieder zu Edward und flüsterte grinsend: „Sag brav danke.“ Der Blutsauger sah mit offenem Mund auf und sein Blick fiel auf Isaak, welcher die Szene interessiert musterte. Nachdenklich fragte der Wächter: „War das wirklich nötig, Jake? Eine einfache Erklärung hätte es auch getan.“ Mit einem strahlenden Grinsen sah dieser zu ihm und sagte: „Ja, dieser Gesichtsausdruck war es allemal wert.“ Bella konnte es einfach nicht fassen und berührte die weiße sonnenbeschienene Haut. „Das ist doch unmöglich“, stammelte sie, gebannt von dem Anblick. „Nein, ist es nicht“, offenbarte Isaak und erklärte leise: „Ich habe die Edelsteine verzaubert. Sie verhindern nun die Reflexion des Sonnenlichts auf Edwards Haut. Ich dachte mir, das wäre recht nützlich. So müssen wir unserer Aktivitäten nicht nur auf die Nacht beschränken. Wir sind auch nicht vom Wetter abhängig.“ „Ich dachte du wärst zu schwach, um Magie einzusetzen?“, stammelte der Vampir und rieb sich die Hände. „Was glaubst du denn, warum ich diesen Fraß vorhin zu mir genommen habe? Ich musste ein wenig Kraft tanken. Es hat mich zwar mehr Magie gekostet, als dieses, ich bin mir nicht sicher, ob man das als wirklich als Essen bezeichnen kann, mir zurückgibt, aber so ist es wesentlich praktischer.“ „Danke“, sagte der Vampir tonlos und konnte es einfach nicht fassen. „Na geht doch. Vielleicht bekommst du jetzt etwas Farbe“, stichelte Jake und ließ sich auf seinen ächzenden Sitz fallen. „Ach, noch etwas“, begann Isaak und warnte: „Ich bin zu schwach für eine dauerhafte Verzauberung. Die Magie hält nur einen Monat. Dann muss ich sie erneuern. Mehr kann ich zurzeit nicht anbieten.“ „Einen Moment“, warf Jake ein und fixierte den Wächter. „Nimm es mir nicht übel, aber du bist echt eine Niete in Verhandlungen. Ich weiß was der Zauber dich gekostet hat. Ich war in deinem Kopf und habe es miterlebt. Dieses Geschenk“, er deutete mit dem Daumen hinter sich: „ist mehr als genug als Gegenwert für alles, was wir den Cullens schulden. Wenn du die Magie erneuern willst, dann führe ich die Verhandlungen, einverstanden?“ Isaak sah ihn etwas verwirrt an und sagte: „Aber so viel hat es mich doch gar nicht gekostet?“ Jake tätschelte ihm die Schulter und erwiderte: „Lass mich verhandeln. Sonst wirst du über den Tisch gezogen. Ich nehme mal an, für eine solche Kette würde dir Carlisle sein Haus anbieten. Du musst echt mal lernen was Angebot und Nachfrage ist.“ „Erklärst du es mir?“, bat der Wächter und sah ihn wissbegierig an. Der Wolfsjunge wechselte auf die mentale Ebene und begann den anderen über einige Dinge aufzuklären. Edward hielt sich aus dem Gespräch der beiden raus. Insgeheim musste er Jake aber Recht geben. Für so einen Schatz würden sie einiges springen lassen. Sogar ihr Haus, für eine dauerhafte Verzauberung eines solchen Schmuckstücks. Es dauerte fast eine Stunde, bis sich der Vampir und seine Freundin von dem Schock erholt hatten. Das Flugzeug hatte mittlerweile mit dem Landeanflug begonnen und Jakes Flugangst kehrte mit aller Gewalt zurück. Diese drohte ihn zu überwältigen. Bevor er jedoch erneut Spuren auf der Einrichtung hinterlassen konnte, hielt ihm Isaak einen Arm hin. Ohne zu zögern krallte der Wolf sich schraubstockartig an diesem fest. Der Wächter versuchte erneut Jake mit seinen Augen in den Bann zu ziehen, hatte diesmal aber weniger Erfolg. Nach der Landung hatte Jacob auf dem Arm dunkle Abdrücke hinterlassen. Es waren Blutergüsse in Form seiner Hände. Ein weiteres Mal versicherte ihm der Wächter, dass er ihm nicht weh getan hatte und die Spuren in wenigen Sekunden verschwinden würden. So war es dann auch. Noch bevor sie vollständig zum Stillstand kamen, war Isaaks Arm ausgeheilt und wieder so makellos wie zuvor. Ganz seiner Gewohnheit folgend, mied Edward erst die sonnenbeschienenen Flecke und Fenster. Vor dem Flughafen standen sie alle an der Grenze zwischen dem Schatten des Gebäudes und der strahlenden Nachmittagssonne. Nur wenige Wolken bedeckten den Himmel und auch der Smog vermochte den herrlichen Tag kaum zu trüben. Edward sah zu Isaak und fragte, leicht ängstlich: „Das war kein Traum, oder? Ich kann nun gefahrlos in die Sonne treten, ohne unser Geheimnis zu verraten?“ „Ja, für die nächsten 29 Tage und 21 Stunden“, bestätigte der Wächter nachdenklich. Dann überschritt der Vampir die Grenze und Bella hielt die Luft an. Sie riss die Augen auf und staunte: Edward stand im hellen Schein der Sonne. Seine Haut glitzerte nicht. Sie hatte lediglich eine Art kleine Ausstrahlung, welche aber nicht verwunderlich war, bei dieser weißen Haut. Edward sah auf seine Hände drehte sich überschwänglich. Jake zischte warnend: „Alter, nicht so schnell. Dreh dich gefälligst langsamer. Oder willst du auffliegen?“ Edward passte sofort seine Bewegung an menschliche Geschwindigkeit an. Dann zog er Bella zu sich und wirbelte mit ihr im hellen Schein der Sonne umher. „Wir erregen zu viel Aufmerksamkeit“, sagte Isaak und sah sich besorgt die Gesichter der Passanten an. „Sieh genauer hin, die denken wahrscheinlich nur so was wie, was für ein süßes Paar oder so was Schnulziges in der Art“, hielt Jake dagegen und sah sich um. „Oder Edward?“, fragte er dann doch besorgt. „Keine Sorge, du hast Recht“, bestätigte der Vampir ausgelassen. Dann gab er Bella einen langgezogenen Kuss. Anschließend nahm er das Gepäck und sie gingen gemeinsam auf die wartenden Taxis zu. Als dann alle saßen, richteten sie ihren Blick auf Isaak, und dieser starrte verständnislos zurück. Der Taxifahrer fragte freundlich: „Wo darf es denn hingehen?“ Er hatte einen ausländischen Akzent. Offenbar stammte er aus Indien, der Musik, der Aussprache und Hautfarbe nach zu urteilen jedenfalls. In dem Gesicht des Wächters blitzte Verständnis auf und er fragte: „Kennen Sie John? Zu dem wollen wir.“ „John? John wer?“, fragte der Inder irritiert und drehte sich in seinem Sitz um. „John Turner“, gab Isaak Auskunft und begann ihn zu beschreiben. Der Fahrer hob eine Hand und sagte: „Hören sie mal, New York hat mehr als acht Millionen Einwohner. Ich benötige schon eine Adresse.“ „Ach so, dann auf nach Brooklyn“, sagte Isaak und nannte eine Adresse. Nachdenklich sah ihn der Fahrer an: „Sind Sie sich sicher, dass ihr Freund da wohnt? Das ist keine gute Gegend.“ „Ist vielleicht schon etwas zwielichtig das Viertel“, meinte der Wächter und dachte nach. „Ok, wie Sie wollen“, sagte der Fahrer, schaltete das Taximeter ein, und sie fuhren los. Leise zischte Edward, sodass nur die mit übermenschlichem Gehör ihn hören konnten: „Sicher, dass dein Broker da wohnt? Der Fahrer hat Recht, das ist echt keine gute Gegend.“ Ebenso leise gab Isaak zurück: „Da hat er gewohnt, als wir uns kennen gelernt haben.“ Jake und Bella hingen an den Fenstern und schauten sich staunend die CityLine an. Die auf Hochglanz polierten Schaufenster und Promenaden wichen schnell Backsteinbauten und wurden immer schäbiger, je weiter sie fuhren. Die Fahrt dauerte fast eine halbe Stunde. Dann blieb das Taxi vor einem eingestürzten Gebäude in einem heruntergekommenen Viertel stehen. „Wir sind da, das ist die Adresse“, sagte der Fahrer und schaute auf sein Navi. Dann deutete er auf das zerstörte Gebäude und vermutete: „Ich glaube nicht, dass ihr Freund da noch wohnt.“ Edward, der sich wachsam umsah, und Bella so schnell wie möglich hier weg haben wollte, fragte freundlich: „Haben sie zufällig ein Telefonbuch dabei?“ „Ja, selbstverständlich, auch, wenn ich schon lange nicht mehr danach gefragt wurde. Hier muss es irgendwo sein“, brabbelte der Fahrer vor sich hin und kramte ein wenig herum. Nachdem er das dicke Telefonbuch irgendwo hervorgezogen hatte, händigte er es ihnen aus. Schnell blätterte der Vampir und fand die entsprechende Seite. Missvergnügt sagte er: „Es gibt 21 John Turners in New York.“ Isaak seufzte und ging in sich. Er musste ihn wohl auf anderem Weg finden. Es würde zu lange dauern, all diese Leute zu überprüfen. Jake, der mitbekam was der andere tat, verwickelte den Fahrer in ein Gespräch und fragte ihn nach seiner Heimat. Freudig strahlend gab dieser Auskunft und bemerkte offenbar nicht, dass das Interesse des Anderen nur vorgetäuscht war. In der Zwischenzeit sandte der Wächter seinen Geist aus und suchte nach der Präsenz der Zielperson. Er konnte ihn aber nicht aufspüren, dafür war er noch zu geschwächt. Also ging er einen anderen Weg. Er sah in die Vergangenheit und verfolgte Johns Weg vom Zeitpunkt als sich ihre Wege trennten. Der Broker war offenbar umgezogen und Isaak hatte seine neue Adresse gefunden. Er öffnete die Augen und griff nach dem Telefonbuch. Schnell fand er eine Karte von New York und unterbrach den Fahrer in dessen Erzählung: „Wir müssen da hin.“ Der Rotblonde deutete auf eine Stelle auf der Karte und der Inder beugte sich zu ihm. „Oh ho, sicher? Das ist das Villenviertel. Das wäre ja mal ein gewaltiger Aufstieg“, gab er seine Meinung kund. „Wie Sie wollen, Hauptsache wir kommen hier weg. Ich hoffe mal, Sie haben genug Geld dabei“, fragte er langsam misstrauisch. Edward wedelte gelangweilt mit einigen Hundertern und die Augen des Fahrers strahlten. „Gut, dann da hin!“, rief er fröhlich und gab Gas. Diesmal dauerte die Fahrt eine geschlagene Stunde. Das Taxi hielt vor einer großen Villa an, welche von einer hohen Mauer umgeben war. An der Pforte stand ein Wachmann, welcher sie misstrauisch beäugte. Die Insassen stiegen aus und Isaak ging auf den Pförtner zu. „Einen guten Tag, der Herr. Ist John da? Ich muss mit ihm sprechen.“ „Wer sind Sie noch gleich?“, erwiderte der Mann gereizt und beäugte den Neuankömmling. „Wächter Isaak.“ „Sie stehen nicht auf der Liste. Verschwinden Sie“, blaffte der Wachmann, nachdem er auf einem Klemmbrett nachgesehen hatte. „Aber, ich muss mit John sprechen, es ist dringend“, ließ der Rotblonde nicht locker. „Mr. Turner ist außer Haus. Versuchen Sie es im Büro“, sagte der Mann und drehte sich um. „Und wo ist das?“, fragte Isaak irritiert nach. „Wenn Sie das nicht wissen, dann kennen sie Mr. Turner auch nicht. Verschwinden Sie. Paparazzi sind hier nicht willkommen“, fuhr der Pförtner den anderen an. Schnell trat Jake Edward auf den Fuß und schnappte sich den Wächter, dessen Laune gefährlich in Richtung Wut umgeschlagen war. Einen wild gewordenen roten Wolf in New York konnten sie jetzt nicht gebrauchen. Der Vampir ging an den beiden vorbei und ließ seinen Charme spielen. Der Wachmann verriet zwar nicht die Adresse, aber er dachte daran. Das war ausreichend für ihre Zwecke. Er nickte Jake zu und alle stiegen wieder in das Taxi, unter den wütenden Blicken des Pförtners. Dem Fahrer gab Edward das neue Ziel bekannt. Dieser wurde allmählich misstrauisch. „Na schön“, sagte er langsam. Damit ging ihre Schnitzeljagd auch schon weiter. Langsam kippte die Stimmung. Alle außer Isaak dachten sich, dass es nicht einfach werden würde, diesen John aufzuspüren. Isaaks Informationsmangel entsetzte sie noch viel mehr. Vor einem gigantischen Büroturm aus Glas hielt das Taxi an und der Fahrer komplimentierte sie hinaus. Er hatte genug von diesen Verrückten und wollte nur schnell weg. So standen sie verloren vor dem Gebäude mitsamt ihrem Gepäck. Isaak ließ sich aber nicht beirren und ging zielstrebig auf den Eingang zu. Die große Glastür verbarg ein weitläufiges, hochmodernes Foyer. Hinter einer überdimensionierten Rezeption saß eine junge Dame und tippte auf ihrer Tastatur herum. Isaak ging auf die Blonde zu und fragte: „Guten Tag, ich möchte mit John sprechen.“ „Haben Sie einen Termin bei Mr. Tuner?“, stellte die Frau eine Gegenfrage, sah aber nicht auf. „Nein, aber wir sind alte Freunde. Er wird mich empfangen. Richten Sie ihm einfach aus, dass Isaak nach ihm sucht.“ Allmählich war auch die Geduld des Wächters aufgebraucht. Dennoch versuchte er höflich zu bleiben. „Rufen Sie bitte die Terminabteilung an und machen Sie einen Termin. Mr. Turner ist ein schwer beschäftigter Mann. Er hat keine Zeit für ominöse Freunde“, murrte die Sekretärin und sah auf. Dann musterte sie den Mann vor sich und fragte langsam: „Wie war nochmal Ihr Name?“ „Isaak.“ „Nachname?“ „Wächter. Wächter Isaak.“ „Warten Sie bitte kurz, ich werde Mr. Turner Bescheid geben“, sagte sie auf einmal fahrig und griff bereits zum Telefon. Die Gruppe sammelte sich einige Meter vom Tresen entfernt und die drei mit übermenschlichem Gehör lauschten den Worten der Dame. Die Stimme des Gesprächspartners war leider nicht zu hören. „Guten Tag, Mr. Turner.“ … „Es tut mir leid, Sie zu stören Mr. Turner, aber…“ … „Mr. Turner, Sie sagten ich solle Sie anrufen, wenn ein rotblonder Mann mit dem Namen Isaak Wächter hier auftaucht.“ … „Ja, Mr. Turner ich kümmere mich sofort darum“, sagte die Dame ergeben, legte auf und torkelte mit ihren hochhackigen Schuhen davon. „Das gefällt mir nicht“, zischte Edward und sah sich wachsam um. Alle sahen Isaak an, der mit den Schultern zuckte. Dann kehrte die Blondine mit einem bulligen Mann im Schlepptau zurück. Der Mann trug einen Anzug und sah so aus, als ob er vom Sicherheitsdienst war. Während die Dame sich hinter den Tresen zurückzog, kam der kahlköpfige Muskelberg auf sie zu. Er baute sich von den Eindringlingen auf. Jake und Edward spannten die Muskeln an und Bella versteckte sich hinter ihrem Freund. „Mr. Wächter, wenn Sie mir bitte folgen würden“, sagte der Mann höflich und vollzog eine leichte Verbeugung. „Wo ist John?“, fragte Isaak unbeirrt. „Mr. Turner ist zurzeit außer Haus. Er ist auf dem Weg zurück und wird bald hier sein. Ich wurde beauftragt, mich in der Zwischenzeit um Ihr Wohl zu kümmern.“ „Gut“, sagte der Wächter resignierend und der Wachmann beäugte die anderen. „Sind das Freunde von Ihnen, Sir?“ „Ja, sie werden mitkommen.“ „Jawohl Sir. Wie Sie wünschen. Wenn Sie mir nun bitte folgen würden“, flötete der Mann ergeben und ging voraus. Isaak folgte, ohne zu zögern. Die anderen warfen sich schnell einen Blick zu und schlossen sich der Prozession an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)