Der Wächter von Drachenlords ================================================================================ Kapitel 62: Früh am Morgen -------------------------- Jemand versuchte die Zimmertür zu öffnen. Isaak schlug alarmiert die Augen auf und spähte umher. Er sandte seinen Geist aus, nur um auf alles vorbereitet zu sein. Vor der Zimmertür stand Edward und hämmerte wie gestört gegen das Holz. Zum Glück hatte er die Tür abgeschlossen. Nicht auszudenken, wenn der Vampir es erneut gewagt hätte seinen Gefährten zu wecken, indem er das Zimmer betrat. Da er gefangen im Klammergriff seines Freundes war, konnte er nicht viel machen. Er seufzte und verband sich mental mit dem Blutsauger vor der Tür. „Was ist los, Edward? Ich hoffe, du hast einen guten Grund. Jake reagiert ziemlich angepisst, wenn man ihn zu früh weckt“, beschwerte sich der Hausherr mit einer eisernen Schärfe in der Stimme. Sein Missfallen über die Situation war ihm deutlich anzuhören. Das Klopfen erstarb und der Blutsauger gab einen erschreckten Laut von sich. Dann sagte er: „Warum kann ich deine Gedanken hören? Ich dachte, das geht nicht?“ „Du hörst meine Worte auch nicht durch deine Fähigkeit, sondern durch meine Magie. Ich habe eine von mir ausgehende mentale Verbindung hergestellt. Egal, was willst du?“ „Es ist schon fünf Uhr“, sagte Edward. „Bella hat mich gebeten euch zu wecken.“ „Erst fünf Uhr? Was soll das?“, knurrte Isaak wütend. „Wenn du keinen guten Grund hast zu stören, dann verschwinde und wage es nicht noch einmal uns zu stören.“ „Hey, ganz ruhig. Ich nehme mal an Jacob hat vergessen zu erwähnen, dass Rachel um neun Uhr am Flughafen in Seattle ankommt. Ihr müsst bald losfahren, wenn ihr rechtzeitig ankommen wollt.“ „Oh“, stammelte der Wächter. „Nimm meine Entschuldigung und meinen Dank an. Davon wusste ich nichts. Ich wecke Jake.“ „Gut, ich mache schon mal das Auto fertig. Soll ich Kamden und Embry ebenfalls wecken?“ „Ich glaube, das ist keine gute Idee“, meinte Isaak langsam. „Ich übernehme die beiden. Kamden ist noch schlimmer als Jake und er sieht dich als Feind. Auf einen wildgewordenen Wolf am Morgen kann ich gut und gerne verzichten.“ „Ok, beeilt euch“, riet Edward und verschwand. Der Wächter seufzte und machte sich daran seinen Geliebten zu wecken. Es dauerte ganze fünf Minuten diesen zu überreden ihn loszulassen. Verschlafen verstand der Wolfsjunge nicht, was los war und gab seinen Freund nur widerwillig frei. Als der Wächter dann aus dem Bett sprang knurrte Jake träge: „Komm wieder her. Ist noch zu früh.“ „Aufstehen, Wölfchen oder soll deine Schwester mit dem Taxi fahren?“, fragte Isaak und verschwand ins Bad. Als er eben Kontakt mit dem Geist des Vampirs gehabt hatte, bekam er nebenbei auch Einblicke in das Gespräch zwischen Jake und Rachel. Schwester? Taxi? Die Worte ergaben keinen Sinn. Rebecca war in Hawaii und Rachel wollte doch erst morgen nach Forks kommen. Moment mal, war es nicht schon morgen? „Fuck“, stieß der Alpha aus und saß kerzengerade im Bett. Mit zwei großen Sätzen war er ebenfalls ins Bad gestürmt und stellte sich ungefragt mit unter die Dusche. „Sorry, habe ich ganz vergessen“, brabbelte Jake und griff nach dem Seifenspender. Dann warf er einen Seitenblick auf seinen Freund und gurrte. Wie gerne würde er sich jetzt Zeit nehmen und Isaak von Kopf bis Fuß einseifen. Das wollte er schon, seitdem dieser das mit ihm gemacht hatte. Aber sie hatten keine Zeit. Oder doch? „Nein, haben wir nicht“, meinte der Wächter sanft und holte sich einen Gutenmorgenkuss ab. Viel zu schnell zog er sich allerdings wieder zurück, was seinen Partner wütend knurren ließ. „Später, Schatz. Ich hasse es, zu spät zu kommen.“ „Ja ja“, meinte Jake nur und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen. „Du bist echt schlimm“, gluckste Isaak und spülte sich den Schaum ab. „Ich gehe schnell Kamden und Embry wecken.“ Bei diesen Worten schoss er davon und zog sich rasch an, nachdem er sich von der KI hatte abtrocknen lassen. Noch während des Duschens hatte er versucht die beiden Wölfe mental zu wecken. Beide schliefen so fest, dass sie ihn nicht hörten. Also ging er wie Edward zum Klopfen über. Aber auch das zeigte keine Wirkung. Isaak murrte etwas, schloss die Augen und öffnete die Tür. Allein an der Aura seiner Umgebung orientierend ging er ein paar Schritte in den Raum und schloss die Tür hinter sich. Er war sich bewusst, dass Jake gerade wütend grollte und wenn er sich nicht beeilte, würde sein Freund gleich hereinstürmen. Also versucht er es mit lautem Ansprechen. Seine Worte zeigten aber leider keine Wirkung. Also ging er weiter auf die beiden Schlafenden zu. Als er das Bett erreichte begann er Embry an der Schulter zu rütteln. Dieser schlug die Augen auf, sah den Eindringling und schrie auf. Augenblicklich schreckte auch Kamden hoch und suchte nach der Gefahr. Beide Wölfe auf dem Bett knurrten und bebten. Sie waren kurz davor sich gemeinsam auf den Eindringling zu stürzen. „Hey, ganz ruhig ihr beiden. Ich bin es nur. Wir müssen gleich los, deshalb musste ich euch wecken“, sagte Isaak ruhig und hob abwehrend die Hände. Embry entspannte sich und atmete erleichtert auf. Der andere Wolf jedoch wirkte keineswegs beruhigt. Schnell raffte Kamden eine der Decken auf dem Boden zusammen und warf sie seinem Freund über. „Hey, was soll das?“, maulte Embry und kämpfte sich aus dem Stoff empor. Als er die Decke anhob und zufällig an sich herabsah, stellte er entsetzt fest, dass er nichts anhatte. „Wo ist meine Unterhose?“, fragte er irritiert. „Bad“, knurrte Kamden und fixierte weiterhin wütend den Eindringling. Isaak hatte sich derweil auf den Stuhl am Schreibtisch gesetzt. Der einzige Grund warum der Brünette ihm noch keine reingezimmert hatte war, dass der Wächter immer noch die Augen geschlossen hatte. Sofort ließ Embry den Stoff sinken und wurde knallrot. Wann hatte er den seine Boxershorts eingebüßt? Moment mal - hatte er die ganze Nacht etwa nackt mit einem Mann gekuschelt? Isaak grinste und sagte: „Ich freue mich, dass ihr beiden eure Differenzen beseitigen konntet.“ Kamden rutsche langsam auf den Rand des Bettes zu und knurrte: „Raus hier!“ „Ich wollte nur kurz mit euch sprechen, dann bin ich auch schon wieder weg“, sagte der Wächter und hob abermals die Hände. „Sprich und dann zieh Leine“, schnauzte der Brünette und ballte die Fäuste. „Schon gut. Ich wollte euch nur um einen Gefallen bitten: Wenn ihr unter euch sein wollt, dann unterbrecht doch bitte die Verbindung zum Rudel, ja? Das wäre echt sehr nett. Ich muss nicht alles wissen, was ihr miteinander treibt.“ Embrys Gesicht strahlte wie die Sonne, einem knallroten Stern gleichend. Kamden knurrte und sprang auf. Das war zu viel für ihn. Niemand spannte ungeschoren bei ihm. Was er mit seinem Kleinen machte ging niemanden etwas an. Vor allem nicht diesen merkwürdigen Fremden. Er schlug zu. Kurz bevor seine Faust mit dem Gesicht seines Gegners Bekanntschaft machen konnte, verschwand der Rotblonde spurlos. „Das ist nicht sehr nett, Kamden“, tadelte Isaak von der Tür aus. „Ich wollte euch nur bitten, mir keine solchen Bilder in den Kopf zu setzen. Du bist quasi mein Schwager und Embry der beste Freund meines Geliebten. Es war auch keine Absicht. Wäre ich wach gewesen, dann hätte ich das auch selbst ausblenden können, aber wenn ich schlafe, kann ich das nicht steuern.“ Der Brünette fixierte erneut sein Opfer und machte einen Schritt auf dieses zu. „Kamden, warte“, sagte Embry. Sofort verharrte sein Freund, funkelte den Spanner aber weiterhin zornig an. Immer noch peinlich berührt und mit glühenden Wangen wandte sich der Jüngste an Isaak: „Wie meinst du das? Wie sollen wir denn die Verbindung unterbrechen und was meinst du damit, dass du das im Schlaf nicht ausblenden kannst?“ Isaak kratze sich an der Nase und erklärte: „Habe ich das nicht erwähnt? Die Magie von Jakes Anhänger wirkt sich auch auf sein Rudel aus. Da er euer Alpha ist, könnt ihr nun das Gleiche machen wie er und die Verbindung auf stumm schalten, wie Jake das gerne ausdrückt. Was meine Wahrnehmung anbelangt, so solltet ihr wissen, dass mein Verstand anders arbeitet als der eure. Ich bin mir jederzeit aller Sinneswahrnehmungen bewusst. Deshalb bekomme ich auch nahezu immer alles mit, was in der Verbindung passiert. Meine Gedanken schirme ich aber bewusst ab. Ich gestatte nur Jake Zugang zu meinem Verstand.“ „Das heißt, wir können wie Jake die Verbindung kontrollieren?“, fragte Embry wissbegierig nach. „Ja.“ „Perfekt“, strahlte der Jüngste. „Es hat echt so einige Vorteile bei Jake zu sein und dich im Team zu haben.“ „Danke, Embry. So nun muss ich aber los, bevor Jake die Tür einschlägt. Er ist nicht glücklich, dass ich hier bei euch bin. Macht euch bitte fertig. Wir brechen dann sofort auf“, sagte Isaak und ging einfach. Embry ließ den Kopf hängen und fragte mental: „Was ist denn überhaupt los? Wo geht es denn hin?“ Anstelle des Wächters antwortete sein Leitwolf: „Rachel kommt in dreieinhalb Stunden am Flughafen in Seattle an. Ich gedenke Kamden mitzunehmen, damit er seine Halbschwester kennenlernen kann. Wahrscheinlich fahren wir dann auch direkt zu Billy. Rachel will mit unserem Alten reden. Da man euch nicht trennen kann, kommst du auch mit.“ „Alles klar, Chef“, meinte Embry und schottete sich vor allen außer Kamden ab. Sofort verschwanden Jakes Gedanken. Oh, das war ja echt der Himmel auf Erden. Er streckte sich und schloss dabei die Augen. Als er sie wieder öffnete, sah er direkt in Kamdens Gesicht. Dieser beugte sich vor und gab ihm einen zarten Kuss. „Guten Morgen“, grummelte der Brünette, nachdem er den Kuss beendet hatte. „Was dagegen, wenn ich schnell duschen gehe?“ „Ne, mach nur“, meinte Embry etwas neben sich stehend. Diese Küsse raubten ihm immer noch den Verstand. Kamden erhob sich und ging auf das Bad zu. Abermals ließ er die Tür einfach offen und schon erklang das Rauschen von Wasser. Embry kaute auf seiner Unterlippe rum. Ob er seinem Freund folgen sollte? Würde Kamden das überhaupt zulassen? „Ich werde den Teufel tun und dich abweisen, Kleiner. Ich halte mich zurück, weil ich es dir versprochen habe. Du aber kannst machen, was du willst. Wenn du zu mir kommst, würde mich das sehr freuen, aber es muss nicht sein. Ich bin geduldig. Lass dir Zeit. Überstürze nichts.“ Embry nahm sich diese Worte zu Herzen und blieb, wo er war. Er war noch nicht soweit gemeinsam mit einem Mann zu duschen. Vor allem war er sich sicher, dass dieses Erlebnis ausufern würde. Allein der Gedanke mit dem anderen nackt unter dem warmen Wasser zu stehen, ließ sein Blut auf Abwege geraten. Er biss sich auf die Unterlippe und versuchte an was anderes zu denken. Aus dem Bad kam ein Glucksen: „Glaub ja nicht, dass mich das kalt lassen würde. Du brauchst dich aber nicht vor mir zu verstecken oder zu schämen, mein Kleiner. Ich will doch nur, dass es dir gut geht.“ Dann gab es ein Rumoren im Bad und Kamden fragte: „Sag mal, weißt du wie dieses Reinigungsding funktioniert?“ „Was meinst du?“, fragte Embry unsicher und beugte sich vor, um etwas sehen zu können, vergeblich, er musste schon aufstehen, um ins Bad sehen zu können. „Hatte Jake nicht gestern irgendwas davon gesagt, dass im Bad eine Waschmaschine ist? Ich finde sie nicht.“ „Was willst du denn waschen?“, fragte der Kleinere und beugte sich noch weiter vor. „Ich wollte unsere Kleidung reinigen, und vor allem deine Boxershorts. Die sind etwas besudelt.“ Feuerrot im Gesicht stammelte Embry: „Das kann ich auch selbst machen. Ich habe sie ja eingesaut.“ „Das sehe ich etwas anders. Ach verdammt, wie funktioniert das Ding nur? Irgendwas mache ich falsch. Würdest du mir bitte helfen?“, fragte Kamden kleinlaut. „Warum fragst du nicht Jake oder Isaak?“ Anstelle einer Antwort zog ein Schwall von Gedanken und Bildern an seinem inneren Auge vorbei. „Moment, verstehe ich das richtig? Du bist eine Niete, wenn es um Technik geht, und willst dir vor deinem Bruder keine Blöße geben? Zumal du Isaak nicht vertraust?“ Auf einmal lugte Kamdens Kopf aus dem Bad. Er war rot im Gesicht und sagte kleinlaut: „Es fällt mir schon schwer genug dich zu fragen. Würdest du das bitte für dich behalten? Ich will nicht wie ein Depp dastehen.“ „Keine Sorge, nun da ich meine Gedanken vor den anderen abschirmen kann, werde ich dein Geheimnis für mich behalten“, schwor Embry feierlich und grinste. Dann setze er nach: „Weißt du eigentlich, wie süß du aussiehst, wenn du rot wirst?“ Kamden blinzelte und der Schalk trat in seine Augen als er konterte: „Ich bin nicht mal annähernd so süß wie du. Außerdem weiß ich, dass ich einfach umwerfend aussehe.“ Dann zog er sich ins Bad zurück. Der Schwarzhaarige seufzte und gab sich einen Ruck. Schnell warf er die Decke von sich und stand auf. So wie die Götter ihn erschaffen hatten ging er zu seinem Freund ins Bad. Der Brünette stand vor der Plattform und raufte sich verzweifelt die Haare. Embry blieb in der Tür stehen und besah sich die Rückansicht des anderen. Auch Kamden stand nackt da und so konnte der Schwarzhaarige ungeniert klotzen. Auf einmal dreht sich Kamden um und zuckte zusammen als er den Überraschungsgast erblickt. Dann fiel ihm der musternde Ausdruck im Gesicht seines Kleinen auf. Er zuckte mit den Schultern und stellte sich demonstrativ lasziv hin. Seine Arme verschränkte er hinter dem Kopf; spreizte etwas die Beine, verlagerte sein Gewicht auf ein Bein, das andere winkelte er leicht an, zudem drehte er seine Hüfte ein Stück ins Profil und biss sich gespielt unschuldig auf die Unterlippe. Sein Kleiner wurde rot wie eine Tomate und er konnte genau sehen, wie dessen Blut auf Abwege geriet. Dann entschied er aber, es gut sein zu lassen und fragte: „Kannst du mir nun helfen?“ „Helfen? Bei was helfen?“, fragte Embry mit zittriger Stimme und starrte seinem Freund in den Schritt. „Na, mit der Waschmaschine“, meinte Kamden gespielt ernst und rollte mit den Augen. „Was du wieder denkst.“ Der Größere gab seine Pose auf, trat zur Seite und deutete auf das seltsame Regal. „Ja“, stammelte sein Kleiner, schüttelte den Kopf und trat vor. Er sah sich das Ganze einen Augenblick an und drückte auf dem Display rum. Kamden hatte es geschafft sich in den Einstellungen zu verirren. Wenige Sekunden später baute sich das Kraftfeld auf und die Reinigung begann. „Danke, mein Kleiner“, sagte Kamden und näherte sich seinem Partner. Embry zuckte zusammen als er von hinten in eine Umarmung gezogen wurde. „Du hast dir eine Belohnung verdient.“ Kamden griff nach seinem Kinn, drehte dieses ein wenig und gab ihm einen sanften Kuss. Dann flüsterte der Brünette ihm gegen die Lippen: „Du musst mir nur sagen, was du willst und ich kümmere mich um dein kleines Problem.“ Er deutete nach unten und Embry sah an sich hinab. Sofort verdeckte er seinen Harten mit überkreuzten Armen und drehte sich weg. Oh, war das peinlich. „Das ist eine ganz normale Reaktion“, meinte Kamden und gab den anderen frei. „Mit gefällt es, wenn ich dich so einfach erregen kann. Das sagt mir, dass du mich magst und ich dir gefalle.“ Embry warf mit hochrotem Kopf einen Blick über die Schulter und schnaubte: „Und warum bist du dann nicht erregt?“ „Oh“, stammelte Kamden und ließ den Blick sinken. „Versteh mich da bitte nicht falsch. Ich mag dich, sehr sogar und ich finde dich auch sehr anziehend, aber bei mir bedarf es ein wenig mehr Stimulation. War schon immer so.“ Er zuckte mit den Schultern. „Einer meiner Ex-Freunde kam damit überhaupt nicht klar. Außerdem möchte ich dich nicht überfordern. Wenn ich hier mit einem Steifen rumrenne, hätte ich Angst, dass du schreiend die Flucht ergreifst.“ „Hm…“, brummte Embry. Würde er das? Würde er die Flucht ergreifen? Wahrscheinlich schon. Er brauchte noch etwas mehr Zeit. „Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst“, sagte Kamden, drehte sich um und verließ den Raum. Tief in Gedanken duschte Embry schnell und zog sich mechanisch an. Seine besudelten Shorts waren absolut sauber und rochen dazu auch noch gut. Irgendwie ein wenig nach Ozean. Ja, diesen Geruch mochte er. Bewaffnet mit Kamdens Klamotten trat er aus dem Bad und fand seinen Freund auf dem Bett vor. Dort hatte dieser sich über die gesamte Matratze ausgebreitet und schlief. Zudem sabberte er auf das Kopfkissen. Embry schüttelte den Kopf und warf ihm die Kleidung auf den Bauch. Das schien den anderen nicht mal zu jucken und so sagte er: „Aufstehen.“ Keine Reaktion. Schnell ging er um das Bett herum und schüttelte seinen Freund an der Schulter. „Aufstehen, Murmeltier“, befahl der Jüngere und knurrte. Nach einigen Momenten erhob sich Kamden schläfrig und sah seinen Kleinen mit verschlafenen Augen an. „Was ist los?“, nuschelte er und wollte schon wieder ins Kissen sinken. „Hopp, hopp, anziehen“, schnaubte sein Freund. Dann sah er ungläubig zu, wie der Brünette mit halboffenen Augen nach der Hose griff und sie sich über den Kopf ziehen wollte. Rasch griff Embry ein und nach etwa drei Minuten saß alles da, wo es hingehörte. Gemeinsam verließen sie das Zimmer. Kamden schlurfte wie ein Zombie hinterher und gähnte immer mal wieder. Im Gang stießen sie auf Isaak und Jake. Der Wächter lehnte an einer Wand und sah auf, als die beiden auf sie zukamen. Neben ihm auf dem Boden saß Jake, den Kopf gegen eines der Beine seines Freundes gelehnt und schnarchte vor sich hin. „Da seid ihr ja endlich“, beschwerte sich der Rotblonde und sah zu, wie sich Kamden neben seinen Halbbruder schleppte, an der Wand hinabrutschte und die Augen schloss. „Na so was“, lachte Isaak und befahl: „KI, bring uns vier zur Aufstiegsplattform.“ Er wandte sich an den gähnenden Embry und fragte: „Sag mal, ist das normal bei euch Wölfen, dass ihr so müde seid?“ „Ich würde sagen, es ist menschlich. Ich habe das Gefühl gerade mal drei Stunden geschlafen zu haben“, meckerte der Jüngste und versuchte sich mit Dehnübungen wachzuhalten. Nun da die Kraft der erfrischenden Dusche nachließ, spürte auch er die Müdigkeit in sich aufsteigen. „Also, um genau zu sein, hast du eine Stunde und dreizehn Minuten geschlafen. Jake knapp zwei Stunden“, stellte der Wächter richtig. „Alter, nur eine Stunde? Kein Wunder, dass ich so platt bin“, stammelte der Schwarzhaarige und sah sehnsüchtig auf den Boden. „Hey, nein, böser Wolf. Halte noch ein wenig aus. Wir sind gleich im Auto, da kannst du dann pennen“, tadelte Isaak. Dann schnappte er sich je einen Black Junior mit einer Hand und schleifte die beiden zu der Plattform. Embry sah ungläubig zu und grinste. Dieses Bild wurde abgespeichert, für die spätere Verwendung. Anschließend begaben sie sich zurück nach Forks und sahen Edward vor dem Volvo stehen. Der Vampir sah zu den zwei Schlafmützen, zog eine Augenbraue hoch und warf Isaak den Schlüssel zu. Dieser fing ihn auf und steckte ihn ein. „Das Auto ist voll. Mit Rachel seid ihr zu fünft. Du kannst doch Autofahren Isaak, oder?“, fragte der Blutsauger, schüttelte den Kopf und stieg auf die Plattform. Er wollte zu Bella zurück. „Ja, kein Problem“, grinste der Wächter und winkte zum Abschied. Dann sah er zu den beiden Schlafenden. Sie lehnten aneinander und sabberten sich gegenseitig an. „Ein Bild für die Götter“, feixte Embry schadenfroh. „Nimmst du deinen Freund oder soll ich beide tragen?“ „Schon gut, ich kümmere mich um Kamden. Der ist sowieso nicht gut zu sprechen auf dich“, meinte der Jüngere und warf sich seinen Freund einfach über die Schulter. Isaak tat es ihm gleich und beide trugen ihre Partner zum Auto. Dort schnallten sie die Brüder auf der Rückbank fest und stiegen selbst vorne ein. Der Wächter zog den Schlüssel aus der Tasche und beäugte ihn einen Augenblick. Dann steckte er ihn in das Zündschloss und ließ den Motor an. Embry runzelte die Stirn als Isaak alle Knöpfe auf ihre Funktion testete. „Alter, das ist zwar vorbildlich, aber wir haben keine Zeit mehr, oder doch? Gib schon Gas“, beschwerte er sich. „Wie du willst“, gluckste der Rotblonde, schaltete auf Automatik und drückte das Pedal ganz durch. Die Reifen bohrten sich in den Boden und quietschen einen Moment, dann bekamen sie Grip und sie schossen die Einfahrt hinunter. „Alter, nicht so schnell. Du fährst ja wie ein Henker“, moserte Embry, machte sich aber nicht allzu viele Sorgen. Sie waren alle Wölfe. Bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen war fast unmöglich. Dann bretterte Isaak in vollem Tempo auf die Hauptstraße und schoss weiter. Erneut runzelte Embry die Stirn und sah nach, ob sie jemand gesehen hatte. Zum Glück war kein anderes Fahrzeug in Sicht. „Hm“, brummte der Kleinere und sah wieder nach vorn. Genau in dem Moment missachtete der Wächter ein Stoppschild und bog mit quietschenden Reifen ab. „Seltsam, muss dieses Automobil solche Geräusche von sich geben?“, fragte sich Isaak laut und betrachtete misstrauisch das Armaturenbrett. „Warte mal. Hast du überhaupt einen Führerschein?“, fragte Embry vorsichtig nach. „Nennt man das heutzutage so? Ich habe so was mal gemacht, ist aber schon eine Weile her“, erklärte der Wächter und brauste in die Stadt hinein. „Hey, nicht so schnell. Du bringst noch jemanden um“, mahnte Embry und sah sich abermals um. Zum Glück war um diese Uhrzeit an einem Sonntag kaum jemand auf der Straße. Dennoch, die wenigen Passanten warfen ihnen misstrauische Blicke zu. Dann überfuhr der Wächter eine rote Ampel und der Wolfsjunge sah entsetzt aus seinem Seitenfenster. Ein hupender LKW hielt direkt auf sie zu. Panisch riss er die Augen auf und machte gedanklich sein Testament. Zerquetscht von einem tonnenschweren Sattelschlepper. So hatte er sich das Ende nicht vorgestellt. Einem Aufprall entgingen sie haarscharf und der Wolfsjunge sah, wie der LKW direkt hinter ihnen den Weg kreuzte, eine Vollbremsung hinlegte und quer mitten auf der Kreuzung zum Stehen kam. Mehr konnte er aber nicht erkennen, weil der Irre neben ihm mit Vollgas eine Kurve nahm und der Lastwagen hinter den Häusern verschwand. „Alter, hast du sie noch alle? Was sollte das eben?“, fuhr er den Fahrer an. „Was meinst du?“ „Den LKW?“ „Ach so. Na, hat doch gepasst oder habe ich was falsch gemacht?“ „Was falsch gemacht? Schon mal was von Verkehrsregeln gehört?“ „Ja, der Schnellste kommt als erstes an und wenn dir einer im Weg ist, dann stoß ihn beiseite“, offenbarte Isaak sein Wissen. „Was? Wann hast du deinen Führerschein gemacht? Im Mittelalter?“, fragte Embry entsetzt. „Na ja, eigentlich sogar davor. Meine Fuhrwerksgenehmigung habe ich als Mensch in Rom absolviert. Das war bevor ich zum Wächter wurde. Nach allem was ich bisher gesehen habe, hat sich nicht allzu viel verändert, muss ich sagen.“ Embry wurde weiß und stammelte: „Das ist doch locker 2.400 Jahre her. Und da soll sich nicht viel geändert haben? Bist du denn schon mal Auto gefahren?“ Isaak drehte den Kopf zu dem Beifahrer grinste breit und eröffnete: „Nein, ist mein erstes Mal.“ „Halt sofort an!“, schrie Embry in Panik und der Wächter legte eine Vollbremsung hin. „Was ist? War ich nicht schnell genug?“, fragte der Fahrer bekümmert. „Waaasseennn lossss?“, brabbelte Jake, der kurz aus dem Schlaf hochschreckte. Embry drehte sich im Sitz nach hinten und fuhr den Alpha an: „Dein Lover hat noch nie ein Auto gefahren und hätte uns innerhalb von nur zehn Minuten fast schon vier Mal umgenietet, das ist los.“ „Ach so“, murmele der Leitwolf und setzte nach: „Schatz, sieh dir in meinem Kopf alles an, was ich zum Thema Autofahren weiß. Dann geht das schon.“ „Ausgezeichnete Idee“, strahlte der Wächter und schloss kurz die Augen. Der Alpha sank in seinen Sitz zurück, lehnte sich an die Autowand und war schon wieder eingeschlafen. „Ah, jetzt verstehe ich“, sagte der Rotblonde sah sich um, setzte den Blinker und fuhr wieder los. Diesmal mit einigermaßen angemessener Geschwindigkeit. „Warte mal. So schnell kannst du das lernen?“, hakte Embry nach und sah mit offenem Mund, wie sich Isaak als vorbildlicher Fahrer durch die Stadt schlängelte. „Ja. Ich sagte doch: Mein Verstand arbeitet anderes als der deine. Ich kann eine Unmenge von Informationen in kürzester Zeit aufnehmen und verarbeiten. Bisher hatte ich nur keinen Sinn darin gesehen Autofahren zu lernen.“ Der Beifahrer schüttelte den Kopf und beruhigte sich allmählich. Der Wächter hatte offenbar wirklich den Dreh raus. Als das Adrenalin in seinem Kreislauf nachließ, wurde er wieder schläfrig und sein Kopf sank gegen die Fensterscheibe. Isaak sah kurz nach, ob alle auch wirklich schliefen. Dann zeigte sich ein dämonisches Grinsen und er drückte das Gaspedal ganz durch. Nach dem Wissen seines Freundes musste man bloß aufpassen nicht erwischt zu werden. Das war doch kein Problem, wenn man den „Wahren Blick“ hatte. Er schaffte es die verlorene Zeit wiedergutzumachen. Als sie am Flughafen ankamen, hatten sie noch eine Viertelstunde bis das Flugzeug landen würde. Nun stand allerdings eine Mammut-Aufgabe auf dem Programm. Der Wächter sah sich unschlüssig die anderen Insassen an. „Wie soll ich die nur wach bekommen?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)