Der Wächter von Drachenlords ================================================================================ Kapitel 63: Geschwister ----------------------- Als Erstes weckte Isaak Embry. Dieser war wohl der Zahmste von den drei Wölfen. Jeder von ihnen schnappe sich anschießend seinen Partner und versuchte diesen wach zu bekommen. Nach fünf Minuten gingen Isaak und Embry voran in den Flughafen, ihre Freunde schlurften wie Zombies hinter ihnen her. Der Kleinste sah auf die Tafel der ankommende Flüge und sagte: „Oh, Rachels Flug hat 20 Minuten Verspätung. Dann haben wir ja noch etwas Zeit.“ Schnell ließ er den Blick schweifen und fand einen Kaffeestand. Sofort kramte er in seinen Taschen. Da viel ihm auf, dass dies ja geliehene Kleidung war und sich dort wohl kein Notgroschen verstecken würde. Mitleidig seufzte er auf. Der Wächter beobachtete den anderen genau und folgte dessen Gedankengängen. Embry hatte nach dem Schlafen sich wieder zum Rudel geöffnet, um mit Leah und Seth zu reden und ihnen zu erklären, wo sie abgeblieben waren. Er hatte ihnen auch von ihrer alle Fähigkeit mit dem Verschließen der Verbindung erzählt. Die beiden jubelten und schon waren ihre Stimmen weg. Daraufhin hatte Embry vergessen sich selbst abzuschotten, deshalb konnte Isaak ohne seine Magie zu benutzen nun zuhören. „Hm…, glaubst du mit einem Kaffee bekommen wir die beiden wach?“, fragte der Rotblonde und schielte über die Schulter zu den beiden Zombies. „Ja, aber ich habe keine Kohle und du ja auch nicht“, meinte Embry und sah ebenfalls zu den anderen. Er dachte schon daran, jedem der beiden eine Ohrfeige zu verpassen, da mischte sich der Wächter ein: „Geld habe ich keines aber diese Plastikkarte.“ Er zog seine Kreditkarte aus der Hose und hielt sie hoch. „Können wir damit Kaffee kaufen?“ „Alter, steck die Weg. Wenn uns einer damit erwischt, sind wir dran“, flüsterte der Kleinere und sah sich hektisch um. „Ich weiß ja nicht, wie ihr Wächter das seht, aber bei uns normalen Leuten wird Diebstahl nicht gerne gesehen.“ „Wieso Diebstahl? Das ist meine Karte. Jake hat mir verboten darüber zu reden, aber ich kann dir sagen: Es hat sich herausgestellt, dass ich zu viel Geld habe“, erklärte Isaak und sah sich das kleine Ding in seiner Hand genauer an. „Das ist deine Karte? Bist du dir sicher? Das ist doch eine Platin-Kreditkarte. Sowas habe ich schon mal in der Glotze gesehen.“ „Ja, das hier ist meine. Jake hat auch eine. Kann ich damit nun Kaffee kaufen oder nicht?“ Embry war immer noch misstrauisch. Auf der Karte war kein Name hinterlegt, nur eine Firma stand darauf: Turner Industries. Von der Firma hatte er noch nie gehört. Er zuckte mit den Schultern und entschied sich es auf einen Versuch ankommen zu lassen. „Lass uns fragen gehen, ob sie die Karte akzeptieren.“ Schon wanderte sie zu dem Geschäft. Bei dem Geruch von Kaffee wurden die beiden Zombies unruhig und drängten vorwärts. Sie stellten sich an. Zum Glück waren nur zwei Personen vor ihnen dran. Isaak trat vor, als sie an der Reihe waren, hielt die Karte hoch und fragte: „Kann ich damit bezahlen?“ Die Bedienstete am Tresen sah gelangweilt auf und riss die Augen auf. Embry bekam ein mulmiges Gefühl, er konnte eindeutig die Dollarzeichen in den braungrünen Augen sehen. Bevor er eingreifen konnte, schwatzte sie auch schon unaufhörlich und überredete den Kunden mit der Platinkarte zu allen möglichen Extras. Der Wächter nickte begeistert bei allem und bestellte: „Ich hätte gerne: vier weiße Schokolade Mokka mit Dreifachschuss, Bio-Milch und hawaiianischen Bohnen.“ Embry stand mit offenem Mund da und konnte nur den Kopf schütteln. Der andere ließ sich ja alles aufschwatzen. Er würde es später Jake überlassen dem Kerl die Ohren lang zu ziehen. Sie gingen an einen kleinen Stehtisch und wartete ein paar Minuten. Da kam auch schon der überteuerte Kaffee. Die Frau stellte jedem eine großes Glas hin und legte eine kleine Ledermappe mit der Rechnung auf den Tisch. Dann torkelte sie glücklich davon. Alle vergriffen sich an ihren Getränken und die beiden Zombies erwachten. Jake hatte sein Glas als erstes geleert und leckte sich die Lippen. „Wow, das belebt. Ich will noch einen.“ Er sah sich um und hob die Hand. „Warte“, schnauzte Embry, riss die Rechnung vom Tisch und drückte sie seinem Alpha in die Pfoten. Irritiert öffnete der Leitwolf die Mappe und sah auf die Zahlen. „Isaak“, knurrte er und sah auf. „Ja, Schatz? Schmeckt dir der Kaffee nicht?“, fragte der Wächter leichthin. „Doch“, meinte Jake und seufzte. Das seinem Freund zu erklären würde jetzt zu lange dauern. War aber eigentlich auch egal. Sie hatten das Geld ja, also warum nicht leben wie die Könige. Die Bedienung war mittlerweile bei ihnen und wartete auf die Bestellung. „Schon gut, Schatz. Willst du auch noch einen?“ „Gerne“, flötete der Wächter. Jake wandte sich zu der Dame und sagte: „Das gleiche bitte nochmal, und zwar zum Mitnehmen. Hm…“, er dachte kurz nach. „Fünf Stück bitte.“ Er zückte seine Karte, legte dieses in die Mappe und gab sie der Dame gleich mit. „Legen sie sich 10% Trinkgeld obendrauf und machen sie bitte die Rechnung fertig.“ Mit offenem Mund starrte Embry seinen Alpha an. Kaum war die Bedienung weg fragte er: „Bist du von allen guten Geistern verlassen? So ein Glas kostet über 15 Dollar. Das ist doch Wucher.“ Kamden verschluckte sich und hustete: „Wie viel?“ Jake grinste, zuckte mit den Schultern und sagte: „Das bleibt unter uns verstanden? Isaak hat genug Kohle. Sowas fällt da gar nicht auf.“ „Über wie viel Geld reden wir?“, fragte Kamden plötzlich sehr interessiert nach. Der Alpha runzelte die Stirn und fragte: „Kann ich dir vertrauen?“ Sofort nickte sein Halbbruder begeistert. Jake grinste verschmitzt und sagte: „Dann hast du sicher nichts dagegen, wenn ich mit einem Alpha-Befehl sicherstelle, dass du es nicht aus Versehen ausplauderst. Oder?“ Kamden sah verständnislos drein. Embry nickte und sagte: „Wir stimmen zu, Boss.“ „Gut“, meinte Jake und räusperte sich. Dann sprach er mit der Doppelstimme des Alphas: „Ich verbiete euch, das Wissen, dass ich euch gleich anvertraue, weiterzugeben oder auch nur Andeutungen zu machen. Keine Spielchen oder Hintertüren. Ihr sagt es keinem. Das bleibt unter uns vieren.“ Kamden zuckte zusammen. Die Stimme war so mächtig. Er konnte spüren, wie sich dieses Verbot über ihn legte und er war absolut machtlos dagegen. Ohne, dass es ihm einer gesagt hatte, wusste er einfach, dass er sich diesem Befehl nicht widersetzen konnte. Das war also ein Alpha-Befehl. Der Brünette schüttelte sich. „So“, begann Jake und seine Stimme war wieder normal. Schnell sah er sich um und flüsterte: „Isaak ist reich und ich meine so richtig reich. Keine Ahnung, wie viel Geld er wirklich hat, aber er ist der reichste Mann der Welt. Außer uns vieren wissen nur noch fünf weitere Personen davon. Alle sind an Verschwiegenheitsvereinbarungen gebunden. Ihr beide durch meinen Befehl. Na ja, zudem auch Bella und Edward, die sagen bestimmt nichts. Keiner soll das Wissen.“ Kamden Augen wurde groß und er sah zu dem Wächter der rot angelaufen war. Isaak mischte sich nun ein und meinte: „Es hat auch einen guten Grund, warum ich so ein Geheimnis daraus mache. Es war ein Fehler von mir. Ich habe nur ein wenig am Aktienmarkt gespielt. Das wollte ich nicht. Wächter mischen sich nicht ein. Da ich mit Geld nichts anfangen kann, habe ich Jake bevollmächtig und beauftragt mein Vermögen loszuwerden.“ „Loszuwerden“, stöhnte der Brünette entsetzt. Schnell schüttelte er den Kopf und sagte mit einem verschmitzten Grinsen: „Oh, ich nehme dir gerne ein wenig davon ab. Wenn du es loswerden willst.“ Bevor Isaak antworten konnte, zischte Jake: „Ich verwalte das Geld und ich bestimme, was damit gemacht wird. Bis ich entschieden habe, was damit passiert, bekommst du keinen Dollar von mir.“ Seine Stimme war messerscharf. Dann grinste er und sagte: „Aber ich lade euch gerne zum Essen ein oder sowas. Wenn du brav bist, lass ich vielleicht auch ein kleines Geschenk springen.“ Dann wurde er ernst und seine Stimme bekam auch wieder den Doppelklang: „Wenn du glaubst, ich würde dir einfach so das Geld meines Freundes geben, bist du schief gewickelt. Das ist seine Kohle und ich passe darauf auf, wie ein Luchs. Also schlag dir das gleich aus dem Kopf. Wehe du bittest meinen Freund nochmal um sowas. Ich werde nicht zulassen, dass jemand die Gutmütigkeit meines Partners ausnutzt.“ In dem Moment kam die Kellnerin und stellte fünf Becher auf den Tisch. Dann gab sie Jake das Mäppchen und einen Stift. Schnell überflog der Alpha die Rechnung, unterschrieb und nahm seine Karte zurück. Als er aufstand tranken alle ihre Gläser aus. Während der Leitwolf jedem einen Becher vor die Nase stellte. Zwei behielt er für sich. Anschließend kämpften sie sich, Jake voran, zum Ankunftsbereich durch. Kamden war sauer. Das sein Bruder so ein Raffzahn war, hätte er nicht angenommen. Mental redete Embry nur mit ihm und fragte: „Was wäre, wenn es mein Geld wäre? Würdest du dann jemanden, den du nicht kennst, einfach was davon geben? Ich kann die beiden verstehen.“ Unwillig knurrte der Brünette. Dann ließ er den Kopf hängen und antworte flüsternd: „Ich würde niemanden an dein Geld lassen, Kleiner. Aber Isaak braucht das doch gar nicht und will es eh loswerden.“ Jake sah über die Schulter und kaute auf seiner Unterlippe. „Ich werde keinem Zugriff gewähren oder direkt Geld in die Finger drücken. Aber wir können gerne um kleine Gefälligkeiten sprechen. Essen gehen; Klamotten, sowas eben. Solange du nicht gleich eine Jacht haben willst, können wir gerne drüber reden. Aber bleib auf dem Boden. Ok?“ Kamden hob den Blick und fragte atemlos: „Schuhe?“ „Wenn es normale Schuhe sind und keine aus Gold oder so, spräche nichts dagegen“, meinte der Alpha und zuckte mit den Schultern. Wie teuer konnten Schuhe schon sein? 30 bis 40 Dollar? Großzügig ergänzte er: „Kannst auch gerne mehrere Paare haben.“ Die Augen seine Halbbruders wurde groß und Embry zuckte zusammen als er dessen Gedanken aufschnappte. Irritiert starrte er seinen Gefährten an. Dieser stand traumverloren da. Fehlte nur, dass er sabberte. Aber das konnte ja noch kommen. Isaak warf dem Brünetten einen kurzen Blick zu und grinste in sich hinein. Ob Jake wusste, was er da eben losgetreten hatte? Der Alpha hingegen war abgelenkt und bekam nichts mit. Das Flugzeug mit seiner Schwester war gelandet und die ersten Passagiere kamen an ihnen vorbei. Dann sah er sie und übergab Isaak schnell den zweiten Becher. Rasch hob er die Hand. Ausgelassen winkte er und freute sich wie ein kleines Kind. Rachel sah über die Reihe der Wartenden und runzelte die Stirn. Dann sah sie eine Gruppe von vier großen Männern. Sie sahen aus wie Brüder und überragten die anderen Wartenden. Zudem waren sie breitschultrige Muskelberge. Wenn die keine Spritzen nahmen, dann war sie eine Prinzessin. Nur der Rotblonde unter ihnen schien nicht ganz in das Bild zu passen, aufgrund seine Haar- und Hautfarbe. Einer der Bullen sprang unruhig wie ein Kleinkind herum und winkte ihr aufgeregt zu. Sie verzog das Gesicht und rümpfte empört die Nase. Dann sah sie genauer hin und ihr ging der Mund auf. Wie in Trance kam sie auf die Gruppe zu. „Rachel“, sagte der größte der Männer und kam ihr entgegen. „Jake?“, stammelte sie entgeistert und beäugte den Mann misstrauisch. Auch wenn ihr Gegenüber ein Bulle von Mann war, so sah sie doch in seinen Gesichtszügen die vertrauten Konturen. Das war tatsächlich ihr „kleiner“ Bruder. Wie lange war sie nicht mehr zu Hause gewesen? Offenbar war es zu lange her. „Kleiner, was ist denn mit dir passiert“, stammelte sie und beäugte ihn von Kopf bis Fuß. Dann wurde sie auch schon in eine schraubstockartige Umarmung gezogen und umhergewirbelt. „Ich habe dich so vermisst, Schwesterherz“, sagte ihr kleiner gigantischer Bruder. „Luft“, krächzte sie und er setzte sie wieder auf dem Boden ab. Schnell trat sie einen Schritt zurück und Jake hob ihren Koffer vom Boden als würde dieser nur so viel wiegen wie eine Streichholzschachtel. „Wow, da ist man mal eineinhalb Jahre weg und der kleine Bruder wird zu einem Mann.“ Dann runzelte sie die Stirn. Ihr Bruder war gerade mal 16. Der Mann, der vor ihr stand, sah aber nicht aus wie 16, eher wie 21, 22? Auch der Muskelaufbau war sehr ungewöhnlich. So schnell konnte man doch nicht zu einem Muskelberg werden, oder? „Jake? Nimmst du Anabolika?“, fragte Rachel misstrauisch. „Nein, hatte nur einen Wachstumsschub“, wich er der Frage aus. Laut ihren Gesetzen durfte er ihr nichts über das, beziehungsweise die, Rudel sagen, ebenso wenig von der Verwandlung in einen Wolf, mit allem, was damit verbunden war. Er wusste zwar nicht, wie er ihr alles Geschehene erklären und gleichzeitig das Geheimnis wahren sollte, da musste er wohl ein wenig flunkern, um die Lücken zu füllen. In der aktuellen kritischen Situation im Stamm musste er als gutes Vorbild vorangehen und durfte sich keine Fehler leisten. „Rachel, wenn ich dir vorstellen dürfte“, sagte Jake, trat einen Schritt zur Seite und deutete mit dem Koffer, der hilflos an seiner Hand baumelte, auf den Rotblonden: „Das ist mein fester Freund Isaak. Isaak, das ist meine Schwester Rachel.“ Der Wächter trat mit einem freundlichen Lächeln vor und verbeugte sich. Eine Hand für einen Handschlag hatte er nicht frei. „Ich freue mich, dich kennen zu lernen, Rachel. Oder sollte ich Sie sagen?“ „Bloß nicht“, sagte die Frau und griff sich theatralisch an die Brust. „So alt bin ich nicht, dass ich gesiezt werden möchte. Es freut mich, Isaak.“ „Oh, ich glaube der war für dich bestimmt“, meinte der Rotblonde und gab ihr einen der Pappbecher. Nun hatte er eine Hand frei und sie konnten einander einen Handschlag geben. Dann wandte sich Rachel den anderen beiden zu. Zuerst erkannte sie keinen der beiden. Der Braunhaarige kam ihr wage bekannt vor, aber sie konnte ihn nicht einordnen. Dann fixierte sie den letzten im Bunde und hauchte: „Embry, bist du das?“ „Treffer und versenkt, Rachel. Schön, dass du dich an mich erinnerst“, schwatzte der Wolfsjunge und sie gaben sich kurz die Hände. „Und wer bist du?“, frage sie und sah zum vertraut wirkenden Unbekannten hinauf. Jake räusperte sich verlegen und stellte vor: „Rachel, das ist unser Halbbruder Kamden. Kamden, das ist deine Halbschwester Rachel.“ „Halbbruder?“, stammelte die Frau und starrte dem Mann ins Gesicht. Ja, da war wirklich eine deutliche Ähnlichkeit zu Jake und ihrem Vater zu erkennen. Nur seine Haut war nicht so dunkel und bronzen, wie die der anderen aus ihrem Stamm. „Dad?“, zischte sie wütend und Kamden trat einen Schritt zurück. Die Situation war ihm nicht geheuer. Jake klopfte ihr auf die Schulter und sagte: „Yep, der Alte hatte einen Seitensprung. Kurz nach eurer Geburt. Aber willst du nicht erstmal hallo sagen, Schwesterchen?“ Wie geschlagen zuckte sie zusammen. Ihr Bruder, ihr kleiner Bruder tadelte sie. Er war nicht mehr der kleine Hosenscheißer den sie zurückgelassen hatte. Jetzt bekam sie ein schlechtes Gewissen. Wie konnte sie sich nur so von ihrer Familie abwenden. Ihr Bruder hatte offenbar einiges durchstehen müssen und sie war nicht für ihn da gewesen. Das musste sie wieder gut machen. Rachel räusperte sich und Kamden hielt ihr schüchtern die Hand hin. Sie sollte wohl gleich mal die Fronten klären, dachte sie und schlug den Handschlag aus. Dann trat sie zwei Schritte vor und schlang die Arme um den Brünetten, dabei sagte sie: „Willkommen in der Familie kleiner Bruder.“ Sie konnte einfach nicht anders und betonte gleich mal das „kleiner“. Somit stellte sie die Rangordnung in der Familie dar. Kamden blieb stumm und wusste nicht, was er sagen oder machen sollte. Dann bekam er einen Rippenstoß und einen mahnende Blick von seinem Partner. Schnell erwiderte er die Umarmung und nuschelte ein: „Danke.“ Nach allem, was der Brünette mit der Familie Black bisher erlebt hatte, war er auf diese herzliche Art nicht vorbereitet gewesen. Als sie sich voneinander lösten, sah Rachel zu dem Kleinsten der Runde und fragte frei heraus: „Ok, ich kann verstehen, warum Kamden und Isaak hier sind. Aber, was ist mit dir, Embry? So gut kennen wir uns auch wieder nicht. Wie passt du in das Bild?“ Der Angesprochene druckste ein wenig rum und wusste nicht, wie er das erklären sollte. Da erledigte das Kamden und sagte: „Weil wir aufeinander geprägt sind. Du weißt schon so ein Wolfsding eben.“ Alle Männer rissen die Augen auf. Jake knurrte wütend und befahl mit der Macht des Alphas: „Kein Wort mehr.“ Augenblicklich war Kamdens Mund wie zugeschnürt. Hatte Sam dem Neuling denn gar nichts erklärt? Dieser verdammte Schwachkopf von Möchtegern Alpha. Andererseits, Jake war nun auch ein Leitwolf. Wenn einer seines Rudels Mist baute, dann ging das auf sein Konto. Er hätte nachhaken sollen, um sicher zu stellen, dass der Neuzugang die wichtigsten Regeln kannte. Nun war es dafür zu spät, oder? Konnten sie sich da noch rausreden? Rachel sah zu dem Leitwolf und schimpfte: „Was soll dieser Ton auf einmal? Was heißt das, die beiden sind geprägt? Wolfsding? Sowas wie in den alten Legenden?“ Schnell fragte Isaak mental seinen Freund: „Soll ich uns rausreden oder nicht? Ich meine, sie wird es ohnehin bald erfahren. Sobald sie auf Paul trifft, gelten die Regel eh nicht mehr.“ Jake wurde bleich. An diesen flohverseuchten Streuner hatte gar nicht mehr gedacht. Paul wird sich auf Rachel prägen, sobald sie sich begegnen. Aus einem Impuls heraus wollte er seine Schwester augenblicklich wieder fortschicken, nur um das zu verhindern. „Das darfst du nicht machen“, mahnte die Stimme seines Gefährten in seinem Kopf. Der Alpha ließ den Kopf hängen und dachte schnell nach. Er traute es seinem Freund definitiv zu, die Situation zu retten, aber was sollte das bringen? Rachel würde es ihnen übelnehmen, wenn sie sich jetzt rausredeten und sie dann doch die Wahrheit erfuhr. Eine Person, auf die ein Wolf geprägt ist, steht unter besonderem Schutz, zudem erfährt sie alles. Die Regeln der Verschwiegenheit galten in diesem Fall nicht mehr. Dennoch, noch hatte sich kein Wolf auf sie geprägt. Also durfte er ihr nichts sagen. Der Ältestenrat würde ihm die Hölle heiß machen. Nicht mal 24 Stunden Alpha und schon die Regeln gebrochen. Aber dieser Fall war auch wieder anders. Ohne das Geheimwissen konnte Rachel die Komplexität des Ganzen nicht verstehen. Da fehlten einfach entscheidende Punkte, wie das Rudel, die Prägung und die Sache, dass er nun ein Alpha war. Jake seufzte innerlich auf und suchte Rat bei seinem Freund durch ihre Verbindung: „Was soll ich machen?“ „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“, antwortete Isaak mental. „Und im Klartext?“ „Es ist deine Entscheidung. Ich sage nur, dass es deiner Schwester missfallen wird, belogen zu werden.“ Der Leitwolf nickte und sagte mental zu allen: „Ich habe mich entschieden Rachel alles zu sagen. Dein Glück Kamden, andernfalls hätten wir nun ein Problem miteinander. Ich bin der Alpha und ich nehme alles auf mich.“ Dann beschwor er seine Leitwolfkräfte und befahl: „Kamden, du darfst wieder reden, mein Schweigebefehl von eben ist aufgehoben.“ Mit sanfter Stimme fügte er hinzu: „Nimm es mir nicht übel, Bruder. Ich dachte, du kennst unsere Regeln. Embry, klär deinen Freund über unsere Gesetzte auf. Ich übernehme derweil meine Schwester.“ Damit war das stumme Gespräch beendet. Jake atmete noch einmal tief durch, hob den Blick und zeigte Rachel sein schiefes Grinsen. „Ich erkläre dir alles, versprochen. Aber lasst uns erstmal zum Auto gehen. Es gibt so viel zu besprechen und die Rückfahrt ist lang.“ Dann schob er sie einfach vor sich her. Die anderen folgten schweigend. Embry tat wie ihm geheißen und erläuterte Kamden mental alle Regel die zu beachten waren. Beim Auto angekommen verstaute Jake den Koffer schnell im Kofferraum und sie stiegen alle ein. Isaak mimte den Fahrer und verhielt sich vorbildlich im Straßenverkehr, jedenfalls solange einer der Insassen ihn beobachtete. Auf der Rückbank hatten sich Rachel zwischen ihre Brüder gequetscht und brummte verstimmt. Die Jungs brauchten schon etwas mehr Platz als zwei Hänflinge es taten. Embry war wieder Beifahrer und hörte aufmerksam seinem Leitwolf zu, der die Frau langsam in ihre Welt einführte. Jake begann mit den alten Legenden und stellte sicher, dass Rachel sich daran erinnerte. Dann ließ er die Bombe platzen und eröffnete, dass alles wahr sei. Erst lächelte seine Schwester und sah das alles als einen Witz an, aber Jake hörte nicht auf zu erzählen. Er sprach über die Kalten Wesen, welche die Cullens waren und wie sein Körper sich rasant veränderte. Über seine ersten Tage als Wolf und wie Sam, sein Alpha, ihn aufnahm und anleitete. Schließlich, nach langen ausschweifenden Schilderungen über das Leben im Rudel, kam er zu dem Thema Prägung und stellte die Sachlage richtig. Anschließend sagte er: „Deshalb sind Isaak und ich zusammengekommen. Ich habe mich auf ihn geprägt und er sich auf mich. Dasselbe passierte auch bei Kamden und Embry. Deshalb ist er auch hier. Ein geprägter Wolf kann sich nicht allzu weit von seinem Partner oder Partnerin entfernen.“ Dann lehnt er sich zurück und wartete. Seine Schwester musst das alles erstmal verarbeiten. Nach fünf Minuten schweigen schloss sie ihren offenen Mund und fragte: „Ist das dein Ernst? Die Legenden sind wahr? Das alles ist kein Scherz?“ „Yap, alles wahr“, flötete der Leitwolf und sah sich um. Sie hatten die Stadt hinter sich gelassen und fuhren durch menschenlehre Einöde, der Küstenlinie folgend. Ohne dass er was sagen musste, wurde das Auto langsamer und Isaak bog in einen Waldweg ein. „Was hast du vor? Wo fährst du hin?“, fragte Rachel und sah der Straße nach Hause hinterher. „Jake will es dir zeigen und ich stelle nur sicher, dass uns keiner stört“, offenbarte Isaak und grinste sie über die Schulter an. „Hey, sie nach vorne“, schrie die Frau und bangte um ihr Leben. Der Weg, den sie entlangfuhren war nicht mehr als breiter Trampelpfad. Die Bäume standen eng und es war sehr kurvenreich. Der Wächter runzelte die Stirn und versuchte das Verhalten der Dame zu analysieren, während er einfach ohne hinzusehen exakt in der Mitte blieb. Rachel war sprachlos. Wie konnte der Rotblonde wissen, wie er steuern musste, ohne die Strecke zu sehen? „Ja, mein Freund ist manchmal sehr speziell“, erklärte Jake und grinste den Wächter liebevoll an. Dann seufzte er: „Schatz, du machst ihr Angst. Tu wenigstens so, als ob du nach vorne siehst, ok? Normale Menschen können das nicht, was du da gerade machst.“ „Oh, verstehe“, murmelte der Rotblonde und sah wieder brav aus der Frontscheibe. Sie fuhren noch einige Minuten, bevor Isaak anhielt. „Im Umkreis von 40 km sind keine menschlichen Lebenszeichen zu erkennen. Wir sind unter uns.“ Während Rachel noch den Kopf schüttelte und sich fragte, woher der Mann das wusste, stiegen alle anderen aus. Jake suchte sich eine gute Stelle und begann sich zu entkleiden. Irritiert folgte seine Schwester. „Halt, bleib da stehen“, befahl der Alpha. Er wollt sie auf keinen Fall zu nahe bei sich haben. Nicht, dass er sie noch verletzte. Dann ließ er die Short fallen und sie starrte ihren kleinen Bruder mit offenem Mund an: „Jake, was soll das werden?“ „Ich will nur meine Klamotten nicht zerfetzen“, meinte er grinsend und kickte die Boxershorts locker mit einem Fuß weg. „So, bleib ruhig, ich tue dir nichts, versprochen. Denk immer daran, auch wenn ich ein Wolf bin, bin ich immer noch ich. Ich werde dir kein Haar krümmen, Schwesterchen. Du brauchst absolut keine Angst zu haben.“ Dann bevor sie noch was erwidern konnte, verwandelt er sich. Ihr Bruder explodierte und an seine Stelle trat ein Monstrum von einem Wolf, mit rostbraunen Fell. Sofort war Isaak bei dem Wolf und kraulte ihn am Hals. „Ich liebe es dich zu streicheln. Dein Fell ist so schön weich“, flötete er und löste so die Spannung mit seiner eigenen Art und Weiße. Der Alpha hob den Kopf, setzte sich auf den Hintern und gurrte genießend. Dann raschelte es neben den beiden und zwei weitere Wölfe gesellten sich zu ihnen. Embry und Kamden hatten es vorgezogen sich hinter einem dichten Busch zu verwandeln. „Das ist Embry“, sagte Isaak und deutete auf den Hellgrauen. Der kleinste Wolf jaulte kurz auf und schmuste dann mit dem Schwarzen neben sich. „Dann ist das Kamden?“, fragte Rachel und deutete auf diesen. Schnell nickte der angesprochene Wolf. „Wow“, stieß die Frau hervor. „Willst du deinen Bruder mal streicheln? Das musst du mal versuchen. Sein Fell ich so flauschig“, meinte der Wächter und Jake knurrte auf. „Beachte das Knurren einfach nicht. Ist so ein Männerstolzding, verstehst du?“, erklärte Isaak und grinste. Als Rache leckte der Rostbraue ihm einmal über das Gesicht. „Jake, aus. Die nächste Dusche ist Kilometer weit entfernt“, schimpfte der Mann. Der Leitwolf erhob sich und ging langsam mit gesenkten Kopf auf seine Schwester zu. Aus dem Hintergrund sagte Isaak: „Bei dir macht er eine Ausnahme, du darfst ihn kurz streicheln.“ Erst wollte Rachel zurückweichen, dann sah sie aber in die klugen bernsteinfarbenen Augen und wusste, dieses monsterhafte Tier war keine Gefahr für sie. Jake blieb kurz vor ihr stehen und winselte ein wenig. Ihr Mundwinkel zuckten und sie streckte die Hand aus. Isaak hatte vollkommen recht das Fell war flauschig und so weich. „Himmlisch“, murmelte sie und vergrub auch die zweite Hand in dem Fellberg vor ihr. Jake rollte mit den Augen, hob den Kopf und schnaubte seiner Schwerster in die Haare, sodass dieses in alle Richtungen verstrubbelt wurden. „Hey“, schimpfte sie und trat einen Schritt zurück. Schnell prüfte sie ihre Frisur und rettete was zu retten war. Dann hob sie drohend einen Finger und konterte: „Mach das nochmal und ich drehe dir Lockenwickler ins Fell.“ Der Leitwolf grinste sein beunruhigendes Wolfsgrinsen und sie setze nach: „Oh, ich kann auch ganz andere Dinge mit deinem Fell anstellen. Wie wäre es mit einem rosa Irokesen von der Schnauze bis zum Schweif.“ Jake schüttelte den Kopf und trat hastig einen Schritt zurück. Das würde sie doch nicht wagen oder doch? Es handelte sich hier um seine Schwester, also sollte er diese Drohung sehr ernst nehmen. Plötzlich lugte Isaak über den Wolfskopf hinweg, er hatte sich einfach frech auf den Rücken seines Freundes geschwungen, und sagte: „Er sagt: Er ist brav.“ „Woher weißt du, was er sagen will?“, fragte Rachel irritiert trat vor und streichelte erneut über das Fell. „Mentale Verbindung“, meinte Isaak. „Innerhalb des Rudels können alle die Gedanken der anderen hören.“ „Ok…, immer?“ „Ja“, grinste der Wächter und wusste genau, worauf sie hinauswollte. „So langsam verstehe ich“, murmelte Rachel nachdenklich und warf einen Seitenblick zu den beiden anderen Wölfen. Die zwei standen immer noch an ihrer Ausgangsposition und schmusten ausgiebig miteinander. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)