So Many Awkward Lonely Narrations von Flordelis (Soma x OC) ================================================================================ #01: Ich gehe, wohin du gehst ----------------------------- [LEFT]Ich stieß ein leises Schnauben aus, als ich auf die Uhr sah. Mitternacht, eigentlich zu spät, um am nächsten Tag noch ausgeschlafen zu sein – und doch fand ich einfach nicht die nötige Ruhe. Zwei Stunden zuvor war ich ins Bett gegangen, aber ich war immer noch hellwach, obwohl ich alle möglichen Schlafpositionen ausprobiert hatte. Das Problem war auch nicht die fehlende körperliche Betätigung, schließlich war ich wegen eines Aragamis an diesem Tag wieder auf dem Schlachtfeld gewesen und war danach genau wie meine anderen Teammitglieder erschöpft gewesen – eigentlich war alles so wie es sein sollte.[/LEFT] [LEFT]Und doch gelang es mir nicht einzuschlafen. Wann immer ich die Augen schloss, sah ich wieder diese glitzernden Zähne, die sogar Beton mühelos zermalmen konnten; ich spürte den heißen Atem, der meine Haut versengte; roch den Hauch von Verwesung aus dem Inneren der Kreatur, der in meiner Nase stach; fühlte den vor Blut triefenden Bart an meinem Handgelenk. Der Dyaus Pita war mir nur eine Sekunde zu nahe gekommen, aber genau diese hätte gleichzeitig mein Ende bedeuten können, wenn der Warnruf von Soma nicht gewesen wäre.[/LEFT] [LEFT]Dennoch weigerte ich mich, das als Begründung für meine Schlaflosigkeit zu akzeptieren. Ich war schon anderen Aragami begegnet, sogar größeren, obendrein war ich auch bereits mehrmals fast gefressen, zerfetzt, verbrannt oder zerquetscht worden. Warum sollte mir die heutige Begegnung also zusetzen? Im Vergleich zu allem anderen war es sogar noch harmlos gewesen, immerhin war ich fast ohne jede Verletzung entkommen, genau wie der Rest der Einheit. Alles war gut – und doch holte dieser Moment mich wieder ein, wühlte tief in meinen Emotionen und brachte alles durcheinander, was ich in meiner Dienstzeit als God Eater fein säuberlich geordnet hatte.[/LEFT] [LEFT]Nachdem mir diese Gedankenkette wieder zeigte, dass es für den Moment unmöglich war, Schlaf zu finden, gab ich es frustriert auf. Ich warf die Decke zurück, als wäre es ihre Schuld, und ging zum Terminal hinüber. Wenn ich schon wach war, könnte ich auch Bugarally weitersehen, damit ich mit Kota darüber reden konnte – außerdem war die Serie ideal, um mein Gehirn beschäftigt zu halten, ohne zu schwere Themen dabei zu bedienen. Ich wollte nicht mehr an die Aragami denken, aber auch nicht an moralische Fragen, die in anderen Medien aufgeworfen wurden, und genauso wenig wollte ich Dokumentationen sehen oder Fachbücher lesen. Von alldem bekam ich tagsüber genug mit, es war nicht dafür geeignet, mich zum Schlafen anzuregen.[/LEFT] [LEFT]Nachdem ich alles eingestellt hatte und die Folge nur noch starten müsste, setzte ich mich auf das Sofa. Ohne hinzusehen griff ich nach meinem Trinkvorrat – nur um ins Leere zu greifen. Tatsächlich musste ich gerade an diesem Abend vergessen haben, mir neue Getränke zu holen. Ein Umstand, der mir an jedem anderen Tag nur ein leises Lachen abgerungen hätte, wurde an diesem Abend mit einem schweren Seufzen kommentiert. Ich debattierte mit mir selbst, ob ich wirklich durstig genug war, mir etwas anzuziehen, und dann rauszugehen, möglicherweise auch noch irgendjemand anderem zu begegnen; wenn es eines gab, das ich in dieser Nacht nicht wollte, dann war es, jemandem antworten zu müssen, warum ich noch wach war, selbst wenn es nur den Anfang einer kleinen Plauderei darstellte. Am schlimmsten wäre es besonders mit Lindow gewesen, der die Zeit sicher genutzt hätte, um mir irgendwelche Scherze zu erzählen.[/LEFT] [LEFT]Doch je mehr ich darüber nachdachte, desto trockener schien meine Kehle zu werden. Ich musste unbedingt etwas trinken. Und wie hoch war schon die Wahrscheinlichkeit, dass außer mir jemand wach und gleichzeitig am Getränkeautomat war? Ich war sicher, dass ich es wagen konnte, jedenfalls wenn mir etwas an meinem Hals lag.[/LEFT] [LEFT]Um nicht im Pyjama zu gehen, mich aber auch nicht vollständig anziehen zu müssen, warf ich mir einen Morgenmantel über, den ich sonst nie benutzte, weil ich normalerweise gut schlief.[/LEFT] [LEFT]Da ich sehr gut über die Arbeit des Reinigungsteams Bescheid wusste und daher zuversichtlich in die Sauberkeit des Bodens draußen war, verzichtete ich auch auf Schuhe, damit ich niemanden mit meinen Schritten wecken könnte.[/LEFT] [LEFT]Vor meinem Zimmer herrschte eine gespenstische Stille, ganz anders als am Tag, wenn die ganze Fernost-Abteilung wie ein Bienenschwarm zu summen schien, weil sich stets irgendwo jemand unterhielt, Serien oder Filme ansah oder Musik abspielte. Einmal hatte ich sogar aus Versehen eine Karaoke-Sitzung unterbrochen – glücklicherweise war mir die Flucht möglich gewesen, bevor Lindow mich davon hatte überzeugen können, mich ihm und Sakuya anzuschließen.[/LEFT] [LEFT]Lautlos wie eine Zygote, die sich an ihr Opfer heranschleicht, huschte ich über den verlassenen Gang. Wie üblich brannten die viel zu hellen Leuchtstoffröhren auch in der Nacht, um jeden, der zu dieser Zeit sein Zimmer verließ, zu blenden, ohne dafür eine Granate verwenden zu müssen. Ich war mir fast sicher, dass Sakaki selbst für die Auswahl der Helligkeit verantwortlich gewesen war – vielleicht hielt er die Augen auch deswegen immer so geschlossen.[/LEFT] [LEFT]Ich erreichte das Ende des Ganges erfolgreich ohne jemanden zu stören, als Belohnung holte ich mir eine Dose Traubensaft aus dem Automaten. Meine Kehle verlangte sofort danach, also setzte ich mich auf die gepolsterte Bank und nahm einen großen Schluck. Ich fühlte mich schlagartig ein wenig besser, sogar die Erinnerung an den heißen Atem schien abgemildert zu werden. Ich schloss die Augen und seufzte zufrieden, als ich einmal wenigstens kein Dyaus Pita vor mir sah – dafür hörte ich aber plötzlich eine Stimme: »Was ist los? Kannst du nicht schlafen?«[/LEFT] [LEFT]Ich blinzelte mehrmals, die Person vor mir verschwand jedoch nicht. Soma sah mich mit leicht zur Seite geneigtem Kopf an, er wirkte sogar ein wenig neugierig, beinahe besorgt. Ausnahmsweise trug er seine blaue Jacke nicht, war sonst aber vollständig angezogen, sogar inklusive seiner Schuhe.[/LEFT] [LEFT]Ich hob die Dose. »Na ja, ich war halt durstig.«[/LEFT] [LEFT]Damit war seine Frage hoffentlich geklärt. Gerade ihm gegenüber wollte ich keine Erklärung über diese seltsamen Emotionen in meinem Inneren ablegen. Er war schon wesentlich länger als ich ein God Eater und er hatte schon mehr erlebt. Nachdem ich mir seinen Respekt erkämpft hatte – entgegen seiner Annahme, dass ich bald sterben würde – wollte ich diesen nicht wieder verlieren, vor allem nicht durch so etwas.[/LEFT] [LEFT]Schweigend nahm er sich ebenfalls eine Dose aus dem Automaten, aber statt wegzugehen lehnte er sich neben mir mit dem Rücken an die Wand. Ich sah zu ihm hoch. Es war mir zuvor nie aufgefallen, doch unter seinen Augen lagen tiefe Schatten. Womöglich stimmte es, was alle sagten, und Soma verbrachte seine Nächte zumeist schlaflos. Wie gelang ihm das nur, ohne dabei zusammenzubrechen? Selektionsfaktor hin oder her, im Grunde war er immer noch menschlich, und damit benötigte er Schlaf.[/LEFT] [LEFT]Er schwieg, während er nun selbst einen Schluck nahm.[/LEFT] [LEFT]Es wäre ganz einfach, aufzustehen, mich zu verabschieden und zurück in mein Zimmer zu gehen, aber je länger er einfach nur dastand, desto mehr überkam mich das Gefühl, dass er Redebedarf hatte. Oder vielleicht war das mein eigenes Bedürfnis. Ich war mir nicht sicher, wollte das im Moment auch nicht weiter erörtern, deswegen stellte ich selbst eine Frage: »Warum schläfst du denn noch nicht?«[/LEFT] [LEFT]Er sah auf mich herunter, der feine Hauch eines Lächelns auf den Lippen. »Ich bin um diese Zeit immer wach. Manchmal gehe ich sogar eine Weile trainieren.«[/LEFT] [LEFT]»Als Captain sollte ich dir vermutlich sagen, dass das nicht sonderlich gesund ist.«[/LEFT] [LEFT]Ein sanfter Ton entkam ihm, der mich an ein Lachen von jemandem erinnerte, der nicht so genau wusste, wie es funktionierte. »Als dienstälterer God Eater kann ich dir versichern, dass es mir bislang nicht geschadet hat.«[/LEFT] [LEFT]Jede Diskussion darüber kam mir überflüssig vor, deswegen sah ich schweigend auf meine Dose hinunter. Die Kohlensäure im Inneren prickelte hörbar in der Stille. Ich war noch nie so allein mit Soma gewesen, selbst wenn wir nach den Missionen Zeit miteinander verbracht hatten, war immer jemand in der Nähe gestanden. Mit ihm allein zu sein war angenehmer als ich gedacht hätte.[/LEFT] [LEFT]»Also«, begann er schließlich mit einem Seufzen, »was beschäftigt dich wirklich? Es ist nicht deine Art, nachts nicht zu schlafen.«[/LEFT] [LEFT]Zu blöd, dass ich ihm deswegen sogar einen Vorwurf gemacht hatte, so konnte ich mich nicht damit herausreden, dass ich normalerweise in meinem Zimmer blieb, wenn ich nicht schlief. Aber etwas anderes fiel mir in diesem Moment auf, deswegen hob ich den Blick wieder: »Warte. Was meinst du damit, es sei nicht meine Art?«[/LEFT] [LEFT]Ein zarter rosa Hauch breitete sich auf seinem Gesicht aus. Abrupt drehte er den Kopf zur Seite, damit ich ihn nicht mehr direkt sehen konnte. Danach rechnete ich nicht mehr mit einer Antwort, doch er brachte dennoch eine vor, auch wenn sie ziemlich schroff klang: »Du bist schon ewig mein Captain, warum denkst du, ich könnte dich nicht einschätzen?«[/LEFT] [LEFT]Ich entschuldigte mich leise. Obwohl ich eigentlich nicht über das reden wollte, was mich beschäftigte, lag es mir noch ferner, ihn deswegen zu verärgern. Nicht nur wegen unseres funktionierenden Teamworks, sondern auch – wenn ich ganz ehrlich war – weil ich nicht allein sein wollte; und Somas Anwesenheit beruhigte mich, vielleicht weil er auch derjenige gewesen war, der mich heute vor dem Dyaus Pita gewarnt hatte.[/LEFT] [LEFT]Er sah mich wieder an. Noch immer lag dieser rosa Hauch auf seinem Gesicht, aber möglicherweise waren das nur Anzeichen seiner Wut, weil er bemerkte, dass ich seiner Frage auswich. Diese Vermutung in Kombination mit seinem Blick genügte, damit ich ihm endlich antwortete: »Es ist nur absolut lächerlich. Du wirst mich für bescheuert halten.«[/LEFT] [LEFT]Er zuckte mit den Schultern. »Versuch es.«[/LEFT] [LEFT]Dann lächelte er tatsächlich wieder für den Bruchteil einer Sekunde: »Ich hielt dich bei unserer ersten Begegnung für naiv und nicht zu gebrauchen, und du hast mich eines Besseren belehrt. Das kann wieder funktionieren.«[/LEFT] [LEFT]Zu wissen, dass er sich einst ein solch negatives Bild von mir gemacht hatte, traf mich schmerzlicher als erwartet. Doch ich konnte es ihm nicht verübeln, schließlich war Eric vor meinen Augen von einem Ogerschweif angegriffen worden, und ich hatte nichts getan, um zu helfen. Ich war von diesem Anblick und der Schnelligkeit des Geschehens vollkommen überrumpelt gewesen. Für Soma, den erfahrenen God Eater, musste ich wirklich schrecklich gewesen sein.[/LEFT] [LEFT]Gleichzeitig gab mir dieses Wissen aber auch die Zuversicht, mein Innerstes mit ihm teilen zu können: »Wir haben so viel durchgemacht, und es war alles nicht der Rede wert. Ich hatte nicht einmal Probleme, nachdem dieser eine Hannibal mein Schild zerstört hat.«[/LEFT] [LEFT]Vielmehr war ich genervt gewesen, dass ich aufgrund der Probleme erst einmal nicht mehr mit auf Missionen gehen konnte, gerade zu einer Zeit, als die anderen mich als Captain gebraucht hätten.[/LEFT] [LEFT]Soma wandte den Blick wieder ein wenig von mir ab, die Dose in seiner Hand knackte, als seine Finger sie ein wenig zu fest umschlossen.[/LEFT] [LEFT]»Aber heute«, fuhr ich fort, »als dieser Dyaus Pita mich angriff, das hat irgendetwas in mir angerichtet. Wann immer ich die Augen schließe …«[/LEFT] [LEFT]Ich hob meine Hände ein wenig, um anzudeuten, wie sehr mich das alles überforderte. »Es ist, als wäre ich dann wieder in dieser Situation, als würde dieses Aragami mich gleich verschlingen.«[/LEFT] [LEFT]Soma gab ein verstehendes Geräusch von sich. »Warum hat sich das geändert?«[/LEFT] [LEFT]»Ich weiß es nicht.« Frustriert ließ ich meine Hände wieder sinken. »Als ich mich entschied, God Eater zu werden, wusste ich, dass ich jederzeit sterben könnte. Ich war bereit dazu. Aber jetzt …«[/LEFT] [LEFT]Nun machte der Gedanke mir plötzlich Angst. Dabei gab es dafür keinen Grund, nachdem ich mich inzwischen bewiesen hatte, egal gegen welchen Feind. Warum geschah es gerade jetzt?[/LEFT] [LEFT]»Weißt du noch, was ich sagte, als wir uns das erste Mal trafen?«, fragte Soma.[/LEFT] [LEFT]Ich überlegte einen Moment. Nachdem Eric gestorben war, hatte Soma sich mir vorgestellt – und dann erklärt, dass ich mir das nicht merken müsste, weil keiner von uns lange genug dabeibleiben würde, als dass es wichtig wäre. Nachdem ich das wiederholt hatte, nickte er. »Richtig. Ich war damals auch bereit zu sterben, vielleicht hätte ich es sogar gut gefunden.«[/LEFT] [LEFT]Er legte den Kopf in den Nacken. »Aber dann sind so viele Dinge geschehen. Und jetzt erscheint mir der Gedanke, dass ich sterben könnte, auch furchteinflößend.«[/LEFT] [LEFT]Mir wäre nie in den Sinn gekommen, dass sogar Soma damit Probleme hatte. Er war wirklich gut darin, seine Gefühle vor uns anderen zu verstecken – unter anderen Umständen wäre es mir nun ein Anliegen gewesen, ihm zu verstehen zu geben, dass er jederzeit mit mir reden könnte. Aber gerade war ich nur erleichtert, zu wissen, dass ich nicht allein war.[/LEFT] [LEFT]Zumindest gelang es mir aber, einen Schluss aus seinen Worten zu ziehen: »Ich fürchte mich also, weil ich jetzt Bindungen habe? Ist es das, was du andeuten willst?«[/LEFT] [LEFT]Er nickte wieder, sagte sonst aber nichts.[/LEFT] [LEFT]Natürlich, ich hatte nun all diese Freunde, die mir ans Herz gewachsen waren, von denen ich auf keinen verzichten wollte – und ich wollte keinem von ihnen den Schmerz zufügen, einen Freund zu verlieren. Ja, nicht einmal Karel wollte ich einen derart negativen Gedanken, wie kurz auch immer dieser bei ihm ausfallen dürfte, aufbürden. Und Soma, der im Laufe seines Lebens seine Mutter, seinen Vater und auch noch Shio verloren hatte, sollte erst recht nicht erleben, dass noch jemand ihn verließ, selbst wenn dieser Jemand nur ich war.[/LEFT] [LEFT]Doch dieser Gedanke führte mich direkt wieder zu dem Grund, wegen dem ich hier saß, statt zu schlafen: »Was, wenn der Dyaus Pita mich heute getötet hätte? Wenn ich nur ein wenig zu weit vorgelaufen wäre? Nur dank dir ist das nicht passiert. Aber was, wenn du einmal nicht dabei bist? Was, wenn mich irgendwann ein Aragami tötet, so wie Eric? Was soll-«[/LEFT] [LEFT]Soma legte eine Hand auf meine Schulter. Ich verstummte sofort. Es war das erste Mal, dass er mich in irgendeiner Form freiwillig berührte. Überrascht sah ich zu ihm hinauf. Seine Mimik war derart ernst, dass ich befürchtete, eine Standpauke für meinen Moment der Schwäche zu erhalten.[/LEFT] [LEFT]»Hör zu«, sagte er, mit einer derart aufrichtigen Stimme, wie ich sie bislang nur einmal gehört hatte, und da war es darum gegangen, dass er gemeinsam mit uns Arda Nova töten wollte, um Shios Andenken zu bewahren, »ich bin mir inzwischen sicher, dass du anders bist als die anderen. Nicht nur hast du so lange überlebt, und es geschafft, niemanden sonst sterben zu lassen, nein, es ist dir als erster Person sogar gelungen einen God Eater zurückzuholen, der eigentlich bereits zu einem Aragami geworden war.«[/LEFT] [LEFT]Abgesehen von seinem rechten Arm – doch der neue schien weder Lindow noch Sakuya sonderlich zu stören, also musste ich mir auch keine Gedanken darum machen.[/LEFT] [LEFT]»Und genau weil du so anders bist, bin ich überzeugt, dass du nicht einfach sterben wirst.«[/LEFT] [LEFT]Ich wollte widersprechen, doch er festigte den Griff an meiner Schulter und redete weiter: »Wenn du Angst hast, dass es passieren könnte, weil ich dich nicht warnen kann, dann bitten wir einfach darum, dass du nur noch mit mir auf Mission geschickt wirst. Solange, bis du dich wieder sicher genug fühlst.«[/LEFT] [LEFT]Es war unnötig, ihn zu fragen, ob er das ernst meinte, Soma machte keine Witze, das wusste ich zu gut. Dennoch verstand ich nicht, warum er mir das anbot. Entweder bemerkte er meine Verwirrung oder das Schweigen zog sich ihm zu lange hin, denn er sprach hastig weiter: »Du bist für uns alle wichtig geworden, schließlich bist du unser Captain, wir zählen auf dich.«[/LEFT] [LEFT]Wenn er noch mehr sagen wollte, so tat er es nicht, aber sein Blick hielt meinem eisern stand. Noch nie zuvor war mir aufgefallen, wie intensiv seine blauen Augen waren, wie sehr sie sich von seiner braunen Haut abhoben, gemeinsam mit seinem platinblonden Haar, das im künstlichen Licht geradewegs zu leuchten schien. Als er mich auch noch anlächelte, nur seine Mundwinkel leicht anhob, wurde mir ein wenig schwindelig.[/LEFT] [LEFT]»Soma, ich …« Ich wusste nicht einmal, was ich sagen wollte, deswegen verlor sich meine Stimme.[/LEFT] [LEFT]»Ich gehe, wohin du gehst«, bekräftigte er. »Ich lasse nicht zu, dass ein Aragami dich tötet.«[/LEFT] [LEFT]In seinen Worten glaubte ich, noch etwas anderes mitschwingen zu hören, etwas, das er mir nicht direkt sagen konnte oder wollte – und ich war zu durcheinander, um es zu verstehen.[/LEFT] [LEFT]Ich legte meine freie Hand auf seine, die immer noch auf meiner Schulter ruhte. »Danke, das bedeutet mir wirklich viel.«[/LEFT] [LEFT]Er nickte, bewegte sich sonst aber nicht. »Glaubst du, du kannst jetzt schlafen? Sonst können wir auch noch … zusammen etwas lesen oder …«[/LEFT] [LEFT]Bei dem Versuch, darüber nachzudenken, womit andere ihre Freizeit füllten, runzelte er seine Stirn. Mir kam allerdings schon eine Idee: »Wir können in meinem Zimmer Bugarally ansehen. Nur für eine Weile, bis wir müde werden.«[/LEFT] [LEFT]Mit etwas mehr Planung hätten wir sogar eine richtige Übernachtungsfeier daraus machen können. Bei Gelegenheit sollte ich das vielleicht wirklich mit Alisa und Kanon machen, wenn absehbar war, dass wir gemeinsam frei hätten.[/LEFT] [LEFT]Für einen Sekundenbruchteil zog der rosa Schimmer wieder über Somas Gesicht, dann nickte er. »Sicher, warum nicht? Wenn dir das hilft.«[/LEFT] [LEFT]In einem Anflug von Erleichterung stand ich auf und umarmte Soma. Sein Körper versteifte sofort, hilflos streckte er die Arme von sich; ich nahm an, dass ich sein Gehirn mit diesem spontanen Akt der Zuneigung überfordert hatte. Aber es tat mir nicht im Mindesten leid.[/LEFT] [LEFT]Als ich ihn losließ, wandte er den Blick von mir ab und hob die freie Hand, als wolle er seine Kapuze aufsetzen – nur um festzustellen, dass er die Jacke gerade gar nicht trug. Er räusperte sich übertrieben laut. »Okay, gehen wir dann mal?«[/LEFT] [LEFT]Ich hätte ihn liebend gern noch ein wenig mehr getriezt, aber nachdem ich es ihm zu verdanken hatte, dass ich noch lebte – und dass ich weiterhin leben würde – wollte ich nicht seine Nerven ruinieren, deswegen nahm ich mir noch eine Dose aus dem Automaten und führte ihn dann in Richtung meines Zimmers. Zumindest für die heutige Nacht wollte ich mir keine Gedanken mehr um irgendwelche Aragami machen, und Somas Anwesenheit würde mir bestimmt dabei helfen.[/LEFT] #02: Wer will als nächstes? --------------------------- [LEFT]Manche Missionen der God Eater erforderten selbst nach dem Sieg über Arius Nova noch das gemeinsame Übernachten im Feld. Was auch immer bedeutete, dass wir die Zeit nach den Missionen miteinander verbrachten, um einen Tisch sitzend, wo jeder seinen eigenen Interessen nachhing. An diesem Abend bestand meine darin, etwas auf meinem Tablet zu lesen, Soma tat dasselbe mit einem richtigen Buch, Lindow trank sein Bier, Licca inspizierte die God Arcs – und Sakuya betrachtete all das mit gerunzelter Stirn. Ich spürte ihren bohrenden Blick ohne hochzusehen. Sie tat das mit einer geradezu bewundernswerten Ausdauer, so dass ich schließlich nachgab und lächelnd den Kopf hob. »Was gibt es, Sakuya?«[/LEFT] [LEFT]Zufrieden lehnte sie sich zurück. »Findest du nicht auch, dass es ein wenig zu still hier ist?«[/LEFT] [LEFT]Ich musterte die anderen wieder. Lindow war nun mild an dem interessiert, was seine Frau zu sagen hatte, Licca war weiterhin in ihre Arbeit vertieft, Soma tat so als lese er immer noch, aber ich kannte ihn inzwischen gut genug, um zu sehen, dass seine Augen sich nicht bewegten, seine Schultern leicht verkrampft waren; er wusste nicht, was geschehen würde, fürchtete aber das Schlimmste. Eine etwas übertriebene Reaktion, vielleicht, aber bei Sakuyas Einfällen könnte man ja nie wissen.[/LEFT] [LEFT]»Es ist doch quasi wie immer«, erwiderte ich ihr. »Was erwartest du denn?«[/LEFT] [LEFT]Sie klatschte in die Hände. »Schön, endlich habe ich deine volle Aufmerksamkeit. Ich finde, wir sollten ein kleines Spiel spielen, wenn wir hier schon unter uns sind.«[/LEFT] [LEFT]»Ooooh, das klingt als könnte es gut werden.« Lindow klang so begeistert, dass ich ihm nicht glauben konnte, als er mir später versicherte, dass er keine Ahnung von Sakuyas Absichten hatte.[/LEFT] [LEFT]In diesem Moment nickte sie ihm jedoch nur dankbar zu. Als sie sich mir wieder zuwandte, sah ich ein listiges Funkeln in ihren Augen, das mir einen Schauer über den Rücken jagte.[/LEFT] [LEFT]»Früher gab es ein beliebtes Spiel unter Jugendlichen, ich glaube, das hieß so etwas wie Küssen, knuddeln, heiraten. Einer von uns muss beantworten, was von diesen Möglichkeiten er mit jeweils einem anderen hier tun würde.«[/LEFT] [LEFT]Ich wusste nicht, ob es diese Art Spiel wirklich einmal gegeben hatte, aber es klang seltsam. Noch dazu verstand ich nicht einmal die Regeln so wirklich. Lindow ging es wohl ähnlich, denn er hakte deswegen tatsächlich nach.[/LEFT] [LEFT]»Ich führe es euch am besten vor«, sagte Sakuya, »damit ihr euch das vorstellen könnt.«[/LEFT] [LEFT]Ihr Blick wanderte zu Licca hinüber, deren Anwesenheit ihr offenbar gerade erst wieder bewusst wurde. »Oh, Licca, möchtest du vielleicht mitspielen?«[/LEFT] [LEFT]Bei der Erwähnung ihres Namens fuhr sie herum. »Was? Tut mir leid, ich bin beschäftigt.«[/LEFT] [LEFT]Sie deutete über die Schulter zu den God Arcs. Bei einer derart emsigen Ingenieurin wie ihr, war mir vollkommen klar, dass sie das ernst meinte und uns nicht einmal zugehört hatte. Sakuya dachte sich das anscheinend ebenfalls, denn sie lächelte entschuldigend. »Okay, dann will ich dich nicht weiter stören.«[/LEFT] [LEFT]Noch während sie sprach, machte Licca sich bereits wieder an die Arbeit, ganz in ihre eigene Welt vertieft, in der es nur sie und God Arcs gab.[/LEFT] [LEFT]»Dann bleiben nur wir vier«, stellte Sakuya fest.[/LEFT] [LEFT]Soma bewegte sich nach wie vor nicht, als hoffe er, dadurch übersehen und vergessen zu werden. Ich widerstand der Versuchung, ihn einfach anzustupsen, um herauszufinden, ob er sich erschrecken würde. Stattdessen wandte ich mich Sakuya zu, um ihrer Demonstration zu lauschen.[/LEFT] [LEFT]Sie räusperte sich theatralisch. »Also, küssen würde ich unseren Captain.«[/LEFT] [LEFT]Dabei strahlte sie mich regelrecht an, ich dagegen fragte mich nur, weswegen sie mich dafür ausgesucht hatte. Lindow stieß ein anerkennendes Pfeifen aus. »Das würden einige in der Basis bestimmt gern sehen.«[/LEFT] [LEFT]Ich blinzelte. Aber es war Soma, der endlich den Blick hob, die Stirn gerunzelt, und mein Unverständnis in Worte fasste: »Warum sollte jemand so etwas sehen wollen?«[/LEFT] [LEFT]»Muss ich das wirklich erklären?«, fragte Lindow. »Was ist besser als eine gut aussehende Frau? Zwei gutaussehende Frauen! Und was ist noch besser? Na?«[/LEFT] [LEFT]»Die Antwort wird mir bestimmt nicht gefallen«, brummte Soma, so leise, dass nur ich es hören konnte.[/LEFT] [LEFT]Ich war immer noch ratlos.[/LEFT] [LEFT]Lindow hob seine aktuelle Bierdose in die Luft. »Zwei gutaussehende Frauen, die sich küssen natürlich! Und vielleicht noch ein wenig mehr.«[/LEFT] [LEFT]Er zwinkerte Sakuya zu, als er die Dose an seine Lippen hob, um einen Schluck zu nehmen. Sie lachte leise.[/LEFT] [LEFT]Soma rollte mit den Augen. »Wusste ich es doch.«[/LEFT] [LEFT]Damit Lindow nicht fortfuhr, Soma zu erklären, was an diesem Anblick so interessant sein könnte, mischte ich mich rasch ein: »Ich weiß nicht so recht, wie ich es finden soll, dass du mich als eine solche Frau in dieser Situation siehst.«[/LEFT] [LEFT]Mir war es lieber, wenn meine Freunde und Kollegen mich als zuverlässige Kämpferin und loyale Unterstützung betrachteten, nicht als attraktive Frau über deren Sexualleben man sich Gedanken machte. Gut, abgesehen von Soma, der sollte durchaus so über mich denken, wenn er die Zeit dafür fand.[/LEFT] [LEFT]»Hey, ich streite nicht ab, dass du ein echter Dämon auf dem Schlachtfeld bist – aber abseits davon denkt man eben manchmal über andere Dinge nach.«[/LEFT] [LEFT]Ich zog die Augenbrauen zusammen, sagte aber lieber nichts mehr dazu. Am Ende erzählte er mir noch genaue Details der Vorstellungen anderer God Eater, das wollte ich mir nicht antun, solange ich noch mit diesen anderen zusammenarbeiten musste. Sonst stolperte Shun vielleicht noch ganz aus Versehen in das Hitzefeld eines Quadrigas.[/LEFT] [LEFT]Somas Hände verkrampften sich um das Buch, seine Knöchel traten weiß hervor. Doch er sagte nichts, sein Blick war dafür ein einziges Todesurteil. Entweder bemerkte Lindow das nicht oder er amüsierte sich darüber, denn statt die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen, prostete er Soma auch noch zu.[/LEFT] [LEFT]Diesmal ging Sakuya dazwischen: »Hey, ich bin noch gar nicht fertig! Das war gerade mal mein erster Name.«[/LEFT] [LEFT]Lindow und ich entschuldigten uns, worauf sie lächelnd fortfuhr: »Knuddeln würde ich Soma. Ich glaube, das könnte er manchmal wirklich gut gebrauchen.«[/LEFT] [LEFT]Soma brummte wieder, seine Augen verschossen inzwischen Blitze – jedenfalls schien er sich das zu wünschen, so wie er aussah. Sakuya lächelte darüber nur.[/LEFT] [LEFT]»Und heiraten«, fuhr sie fort, »würde ich natürlich Lindow. Aber da wart ihr ja dabei.«[/LEFT] [LEFT]Sie und Lindow warfen sich einen glücklich lächelnden Blick zu. Fast hätte ich sehnsuchtsvoll geseufzt, doch Soma hatte keinerlei Sinn für diesen romantischen Moment, er sah wieder auf sein Buch hinab.[/LEFT] [LEFT]»Jetzt wisst ihr, wie das Spiel funktioniert. Wer will als nächstes?«[/LEFT] [LEFT]Ich hielt mich vornehm zurück, Soma stellte sich taub. Lindow hob die Hand. »Ich mach das.«[/LEFT] [LEFT]In meinem Inneren zog sich bereits alles zusammen, da ich bei einem solchen Spiel nichts Gutes von ihm erwartete. Soma spannte sich ebenfalls wieder an.[/LEFT] [LEFT]»Im Grunde kann ich aber nicht viel anderes sagen«, meinte Lindow. »Ich würde auch unseren Captain küssen. Als Dank für die gute Arbeit.«[/LEFT] [LEFT]»Ich würde einen Geschenkkorb bevorzugen, danke.«[/LEFT] [LEFT]»Das ist doch nur ein Spiel«, sagte Lindow mit einer abwehrenden Handbewegung. »Nimm das nicht so ernst. Du auch, Soma – dich würde ich knuddeln.«[/LEFT] [LEFT]Er lachte, als Soma ihn nun ebenfalls finster ansah.[/LEFT] [LEFT]Ich fragte mich, ob das Ehepaar sich im Vorfeld über dieses Spiel abgesprochen hatte. Es fiel mir schwer, zu glauben, dass Sakuya das alles nur in ihrem eigenen Kopf durchgegangen war – besonders weil die Antworten der beiden genau dieselben waren.[/LEFT] [LEFT]»Wäre es denn so schlimm, dich zu knuddeln?«, fragte Sakuya. »Wir machen das ja nicht, um dich zu ärgern, sondern weil wir dich mögen.«[/LEFT] [LEFT]Soma brummte. »Es wäre mir lieber, ihr würdet mich aus der Entfernung mögen.«[/LEFT] [LEFT]»Es muss wirklich schwer sein, so dein Herz zu erobern«, sagte Sakuya seufzend.[/LEFT] [LEFT]Ich glaubte, dass Soma mir einen flüchtigen Blick zuwarf, aber vielleicht war das auch nur Einbildung, weil ich mir das so sehr wünschte. Sein Kopfschütteln war jedenfalls echt. »Warum sollte das jemand wollen?«[/LEFT] [LEFT]Sakuya und Lindow warfen die Arme in die Luft und die Köpfe zurück. Meine Enttäuschung war subtiler, sie stach nur in meinem Inneren. Äußerlich zuckte ich mit den Schultern, als Soma mich mit gerunzelter Stirn fragend ansah.[/LEFT] [LEFT]»Und um meine Runde zu beenden«, fuhr Lindow schließlich fort, »heirate ich natürlich meine Ehefrau. Nicht nur, weil sie die letzte Möglichkeit in diesem Spiel ist.«[/LEFT] [LEFT]Sakuya lachte und verpasste ihm einen leichten Faustschlag gegen den Arm. Sein breites Lächeln bestätigte mich noch einmal darin, dass die beiden sehr glücklich in dieser Ehe waren. Es hatte sich aus so vielen Gründen gelohnt, Lindows Leben zu retten. Für einen kurzen Moment war ich wieder richtig stolz auf mich. Dann sah ich zu Soma hinüber und musste mir wieder einmal in Erinnerung rufen, dass es da noch einen Kampf gab, den ich bislang nicht gewonnen hatte.[/LEFT] [LEFT]Lindow breitete die Arme aus. »Okay, Captain, du bist dran.«[/LEFT] [LEFT]Ich wollte darauf hinweisen, dass Soma auch noch zur Auswahl stand, doch mir war auch klar, dass er bestimmt nicht mitmachen würde. Allerdings war mir auch bewusst, dass die anderen beiden nicht einfach aufgaben, also fügte ich mich. »Okay, also … küssen würde ich Sakuya.«[/LEFT] [LEFT]Sie lächelte Lindow siegessicher an, er gab einen genervten Laut von sich.[/LEFT] [LEFT]»Das ist wirklich traurig«, klagte er. »So schlimm bin ich nun wirklich nicht.«[/LEFT] [LEFT]»Das ist nichts Persönliches.«[/LEFT] [LEFT]Lindow hob eine Augenbraue, doch ich führte das nicht weiter aus. Ich hatte nichts gegen ihn, aber Sakuya war mir doch einen Tick lieber. Vielleicht, weil wir beide Frauen waren.[/LEFT] [LEFT]»Aber keine Sorge, Lindow«, beruhigte ich ihn, »dich würde ich dafür knuddeln.«[/LEFT] [LEFT]Er neigte wohlwollend den Kopf. »Immerhin etwas.«[/LEFT] [LEFT]Inzwischen hatte Soma das Buch auf den Tisch gelegt und damit aufgegeben, so zu tun, als sei er mit etwas anderem beschäftigt. Wenn er aufgepasst hatte, wüsste er nun, wen ich heiraten würde. Doch als ich ihn direkt ansah, zuckte er zurück, dann stand er ruckartig auf.[/LEFT] [LEFT]»Was für ein Schwachsinn«, knurrte er, während er aus dem Zelt hinauseilte.[/LEFT] [LEFT]Sakuya und Lindow sahen ihm nach.[/LEFT] [LEFT]»Owww«, kam es von ihr, »das war es wohl mit den Hochzeitsglocken.«[/LEFT] [LEFT]Er schüttelte mit dem Kopf. »Und wir haben jetzt nicht mal erfahren, wen von uns Soma knuddeln würde. Zu schade.«[/LEFT] [LEFT]»Du hast mal wieder deine eigenen Prioritäten«, stellte Sakuya lachend fest.[/LEFT] [LEFT]Mein Blick war auf das Buch gerichtet, das noch auf dem Tisch lag. Einige Stellen des Einbands zeigten deutliche Bruchstellen, die zuvor noch nicht da gewesen waren.[/LEFT] [LEFT]Ich stand auf. »Ich sehe lieber mal nach, was er da draußen macht. Nicht, dass er in das offene Maul eines Vajra springt.«[/LEFT] [LEFT]Inzwischen war Soma nicht mehr derart suizidal, doch manchmal traute ich ihm ein derartiges Vorhaben immer noch zu – besonders wenn er so drauf war wie gerade eben.[/LEFT] [LEFT]Sakuya und Lindow nickten mir zu, ehe sie sich wieder in ihr eigenes Gespräch vertieften (offenbar diskutierten sie über ihre und meine Entscheidungen bei dem Spiel eben).[/LEFT] [LEFT]Als ich aus dem Zelt trat, wurde ich von einem kühlen Nachtwind begrüßt. Das einzige Licht stammte von dem Mond und den zahlreichen Sternen. Soma stand in der Nähe, den Kopf in den Nacken gelegt, in den Himmel starrend. Ich gesellte mich zu ihm. Auch ohne seinem Blick zu folgen, wusste ich, dass er den grünen Mond ansah; der einstmals leblose Himmelskörper, auf dem nun Pflanzen wuchsen, und wo vielleicht gerade ein kleines Mädchen auf uns herabsah. Soma starrte oft hinauf, mit einem Ausdruck tiefer Sehnsucht auf dem Gesicht, der mir jedes Mal beinahe das Herz brach.[/LEFT] [LEFT]Ich stand schweigend neben ihm, wartete. Ich wusste, dass ich ihm Zeit lassen musste, das in Worte zu fassen, was er empfand, weil er das nie gelernt hatte. Aber schließlich fand er einen Anfang: »Warum hast du bei diesem dummen Spiel mitgemacht?«[/LEFT] [LEFT]»Du weißt selbst, dass die beiden nicht nachgegeben hätten, bis einer von uns mitmacht. Wolltest du vielleicht den Vorrang haben?«[/LEFT] [LEFT]Er schnaubte.[/LEFT] [LEFT]»Dachte ich mir doch.«[/LEFT] [LEFT]Wir schwiegen wieder einen Moment. Irgendwo in der Ferne erklangen die Schreie verschiedener Aragami. Es sprach kein Schmerz daraus, vielleicht versuchten sie, miteinander zu kommunizieren. Wenn ihnen das irgendwann gelang, warteten einige Probleme auf uns. Aber bis dahin würde hoffentlich noch viel Zeit vergehen.[/LEFT] [LEFT]»Hast du das eigentlich ernst gemeint?«, fragte Soma plötzlich.[/LEFT] [LEFT]»Was denn? Dass ich Sakuya küssen würde? Klar, das würde mich weniger stören.«[/LEFT] [LEFT]Er rollte mit den Augen. »Du weißt genau, was ich meine.«[/LEFT] [LEFT]Ich entschuldigte mich lächelnd. »Aber ja, das ist mir ernst. Ich würde dich heiraten.«[/LEFT] [LEFT]Wie erwartet stellte er keine weiteren Fragen. Er akzeptierte das einfach, bildete sich vermutlich seine eigene Meinung und dachte sich dann zig Ausreden aus, um nicht zum einzig richtigen Schluss zu kommen. Manchmal war er wirklich frustrierend.[/LEFT] [LEFT]»Ich denke, du hast eine sehr dumme Wahl getroffen.«[/LEFT] [LEFT]»Mhm, sehe ich nicht so.«[/LEFT] [LEFT]Schließlich seufzte er und präsentierte mir seine passende Ausrede: »Aber das ist ja nur ein Spiel. Warum mache ich mir da Gedanken?«[/LEFT] [LEFT]»Also ich meinte das ernst.«[/LEFT] [LEFT]Endlich sah er mich direkt an. Das Mondlicht erzeugte ein Glitzern in seinen Augen, das sie noch schöner machte als ohnehin. Ich lächelte selig.[/LEFT] [LEFT]»Ich verstehe dich weiterhin nicht«, gab er zu. »Und irgendwie zweifle ich daran, dass ich das jemals tun werde.«[/LEFT] [LEFT]Mit einem um Entschuldigung heischenden Blick zuckte ich mit den Schultern. Einer seiner Mundwinkel hob sich kaum merklich. »Aber egal, ich bleibe weiterhin an deiner Seite, so wie ich es versprochen habe.«[/LEFT] [LEFT]»Danke, Soma. Das bedeutet mir wirklich viel.«[/LEFT] [LEFT]Diesmal umarmte ich ihn nicht, um ihn nicht wieder verlegen zu machen. Stattdessen sah ich in den Himmel hinauf, um ebenfalls eine Weile den Mond zu betrachten und wieder an Shio zu denken. Soma folgte meinem Beispiel.[/LEFT] [LEFT]So standen wir schweigend nebeneinander, lauschten den entfernten Aragami-Rufen und genossen einfach nur diesen Moment, in dem wir zusammen waren.[/LEFT] [LEFT]Bis ich schließlich vor Neugierde nicht anders konnte als zu fragen: »Also, Soma, wen hättest du denn nun geküsst, geknuddelt und geheiratet?«[/LEFT] #03: Wir basteln nur Blumen --------------------------- [LEFT]»Du hast verstanden, wie das funktioniert, ja?«[/LEFT] [LEFT]Shun betrachtete mich mit gerunzelter Stirn, während ich ihn anlächelte. »Ja, klar, das ist ja nicht so schwer. Wir basteln nur Blumen.«[/LEFT] [LEFT]So wie er darauf schnaubte, schien das ein persönlicher Schlag gegen ihn zu sein, aber statt sich zu beschweren, wie er es sonst immer tat, wandte er sich einfach ab und begann schon mit dem Basteln.[/LEFT] [LEFT]Nach unserer letzten Mission hatte Shun mich einfach beiseite gezogen und mich gebeten – eigentlich eher angewiesen – ihm zu helfen. Dann hatte er mich auf den Gang vor seinem Zimmer gebracht, mir befohlen mich an den Tisch zu setzen und war verschwunden, nur um nach kurzer Zeit wieder mit einem Karton zurückzukommen, in dem sich Bastelmaterialien befanden. Daraus fertigte er vor meinen Augen eine Papierblume an und erklärte mir, dass ich ihm das nachmachen sollte.[/LEFT] [LEFT]Wofür er sie brauchte? Geht mich nichts an.[/LEFT] [LEFT]Warum gerade ich ihm helfen sollte? Keine Antwort.[/LEFT] [LEFT]Aber da mir die Stimmung unter den God Eatern wichtig war, fügte ich mich und bastelte nun mit ihm diese weißen Blumen, was wirklich nicht so schwer war. Dabei schwiegen wir vor uns hin.[/LEFT] [LEFT]Alles in allem war das meine angenehmste Interaktion mit Shun seit ich in der Fernost-Abteilung war.[/LEFT] [LEFT]Als ich gerade bei meiner zehnten Blume war, öffneten sich die Türen des Aufzugs. Ich hob nicht einmal den Blick, blieb vollkommen fokussiert – und dann sagte der Neuankömmling etwas: »Hier bist du. Ich habe mich schon gewundert.«[/LEFT] [LEFT]Lächelnd sah ich Soma an, der wiederum kritisch auf mich herabsah. »Awww, hast du dir Sorgen um mich gemacht?«[/LEFT] [LEFT]»Bild dir nichts ein«, erwiderte er genervt. »Ich warte nur immer noch darauf, dass dir ein Aragami mal den Kopf abbeißt, wenn ich nicht dabei bin. Nach den Missionen muss ich deswegen sichergehen, dass das nicht passiert ist.«[/LEFT] [LEFT]Fiel das nicht unter Sorgen machen?[/LEFT] [LEFT]Seine Augen wanderten über das Material und die fertigen Blumen. »Was macht ihr hier?«[/LEFT] [LEFT]»Wonach sieht es denn aus?«, fragte Shun gewohnt unwirsch.[/LEFT] [LEFT]»Willst du mitmachen?«, legte ich hinterher, bevor ein Streit entstehen könnte. »Ich zeig dir, wie es geht, dann kannst du mal was Produktives tun, außer nur zu kämpfen.«[/LEFT] [LEFT]Diese kleine Provokation funktionierte gut. Soma setzte sich schnaubend neben mich und bedeutete mir mit dem Kopf loszulegen.[/LEFT] [LEFT]Ich führte ihm die Handbewegungen vor, die Shun mir zuvor auch gezeigt hatte, bis ich eine vollständige Blume hatte. Soma beobachtete meine Finger dabei ganz genau, so sehr, dass sie vor Verlegenheit zu glühen schienen. Glücklicherweise war davon von außen nichts zu sehen.[/LEFT] [LEFT]Triumphierend hob ich die Blume und sah Soma an. »Hast du es verstanden oder soll ich es für dich noch einmal besonders langsam durchführen? Immerhin ist das feine Handarbeit und keine Wuchtklinge, mit der du einfach auf Aragami einschlägst.«[/LEFT] [LEFT]Etwas in Somas Gesicht zuckte. Fast wünschte ich mir, er würde mich darum bitten, es noch einmal vorzuführen, damit er wieder meine Finger ansehen könnte, aber er erwiderte meinen Blick mit einer hochgezogenen Augenbraue. »Nicht nötig, das ist ja nicht so schwer. Wir basteln nur Blumen.«[/LEFT] [LEFT]Ich schmunzelte. »Fast dasselbe habe ich auch gesagt.«[/LEFT] [LEFT]Darauf schmunzelte Soma tatsächlich. Shun murmelte etwas und rollte mit den Augen.[/LEFT] [LEFT]»Aber beweis deinem Captain erst mal, dass du das auch wirklich hinbekommst«, forderte ich.[/LEFT] [LEFT]Soma legte sofort los, wenn auch erst einmal langsam, bedächtig, aber doch überraschend geschickt. Inzwischen arbeiteten wir schon so lange zusammen, aber ich lernte immer wieder etwas Neues über ihn, das freute mich auch heute wieder.[/LEFT] [LEFT]Das Ergebnis an sich sah ein wenig grob aus, aber für einen ersten Versuch vollkommen ausreichend.[/LEFT] [LEFT]»Ich wusste gar nicht, dass du so geschickte Finger hast«, sagte ich.[/LEFT] [LEFT]Mit einem Schmunzeln neigte Soma den Kopf ein wenig. »Es gibt viele Dinge über mich, die du nicht weißt.«[/LEFT] [LEFT]Shun grummelte und schien inzwischen passiv-aggressiv das Papier zu bearbeiten. Dass es dabei nicht zerfledderte, war ein halbes Wunder.[/LEFT] [LEFT]»Du solltest mir bei Gelegenheit mehr erzählen«, sagte ich zu Soma. »Vielleicht bist du noch in anderen Bereichen geschickt, die nützlich sein könnten.«[/LEFT] [LEFT]Soma schnaubte belustigt. »Willst du mir noch mehr Aufgaben geben, Captain? Reicht nicht das, was der alte Mann mir schon auferlegt?«[/LEFT] [LEFT]»Oh, ich glaube, meine Aufgaben würden dir Spaß machen~.«[/LEFT] [LEFT]Bevor Soma darauf reagieren konnte – und ich hätte seine unvorbereitete Reaktion darauf so gern gesehen – stand Shun abrupt auf. »Jetzt reicht's mir! Könnt ihr nicht irgendwo anders flirten?!«[/LEFT] [LEFT]Damit schnappte er sich bereits seine Schachtel mit den Bastelmaterialien und rauschte davon, vermutlich zurück in sein Zimmer.[/LEFT] [LEFT]Soma und ich sahen ihm hinterher, warteten einen Moment, ob er vielleicht zurückkäme, aber das geschah nicht.[/LEFT] [LEFT]»Das war mal wieder typisch für Shun«, urteilte ich. »Er ist einfach kein Teamplayer. Selbst einfache Gespräche untereinander stören ihn schon.«[/LEFT] [LEFT]Soma nickte. »Ja, wir haben doch nicht geflirtet. Das ist doch lächerlich.«[/LEFT] [LEFT]Als er mich ansah, glaubte ich das Oder? in seinem Blick regelrecht sehen zu können, aber er wandte sich so schnell wieder von mir ab, dass ich mir nicht sicher war, ob da nicht nur mein eigener Wunsch mit hineinspielte.[/LEFT] [LEFT]Für einen Moment fuhren wir schweigend mit den restlichen Materialien fort. Ich würde ihm die Blumen dann einfach hier liegen lassen, damit Shun sie später aufsammeln könnte, ohne von uns gestört zu werden. Auch wenn ich das Problem nicht so ganz …[/LEFT] [LEFT]Mein Blick fiel wieder auf Somas Finger und unterbrach meine eigenen Gedanken. Inzwischen war er geübter und damit wesentlich geschickter – und plötzlich wünschte ich mir, diese Finger auf meiner Haut zu spüren. Am liebsten überall. Auf der Stelle.[/LEFT] [LEFT]Aber das konnte ich ihm bestimmt nicht sagen und ihn erst recht auch nicht darum bitten. Zumindest verstand ich jetzt Shuns Reaktion, als ich mir auch wieder unser Gespräch in Erinnerung rief. Für ihn musste das besonders unangenehm gewesen sein. Vielleicht sollte ich mich bei Gelegenheit dafür bei ihm entschuldigen.[/LEFT] [LEFT]Erst einmal wandte ich meinen Blick aber von Somas Fingern ab, um mich auch wieder dem Basteln zu widmen.[/LEFT] [LEFT]»Hey«, begann ich möglichst locker, »willst du noch irgendwas unternehmen, wenn wir hier fertig sind? Damit du so richtig sichergehen kannst, dass mir kein Aragami den Kopf abgebissen hat?«[/LEFT] [LEFT]Soma sah mich an, die Lippen zu einem schrägen Lächeln verzogen. »Klar. Dann stell ich auch sicher, dass sie dir nichts anderes abgebissen haben.«[/LEFT] [LEFT]Das schien ihm dann wohl aber zu direkt gewesen zu sein – und auch noch von ihm selbst –, deswegen wandte er sich rasch von mir ab, aber den sanften rosa Hauch auf seinem Gesicht konnte ich noch sehen.[/LEFT] [LEFT]Lächelnd widmete ich mich wieder völlig dem Basteln dieser kleinen Blumen – ohne Soma darauf hinzuweisen, dass wir anscheinend doch geflirtet hatten, denn ich war mir sicher, dass er das auch schon realisiert hatte. Und ich hoffte, er fand das im Endeffekt genauso schön wie ich.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)