Enemy mine - geliebter Feind II von collie ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Saber überquerte die Rasenfläche zwischen den Wohngebäuden und ging auf den Fahrstuhl im Wohnhaus zu, in dem Jean-Claude nun wohnen würde. Er fuhr in den zehnten Stock hinauf. Er hatte sich vorgenommen mit dem Rennfahrer noch vor seinem Dienstbeginn zu sprechen und die Abmahnung nicht aufzuschieben. Vielleicht half es auch, den Rennfahrer zur notwendigen Professionalität zurück zu bringen. Auf keinen Fall konnte und wollte er das Vertrauen, das Jean-Claude ihm gegenüber ausgesprochen hatte, enttäuschen. Es stand zu viel auf dem Spiel. Colt ruhte sich in der Wohnung der Schwestern noch ein wenig aus, bevor er zur Nachtschicht antreten würde. Eine durchwachte Nacht, die Arbeit mit dem Umzug und nun stand er kurz vor der nächsten Nachtschicht. Wenn er seine Aufgabe vernünftig erfüllen wollte, musste er wenigstens noch eine Stunde schlafen. Snow und Beth hatten sich in Bücher für das Studium vertieft, waren regelrecht versunken darin. April plante mit Jean-Claude den nächsten Termin beim Oberkommando. Sie besprachen, welche Inhalte am relevantesten waren. Ian Broik und Garrett McLeod wachten noch immer im Umland, irgendwo in der Dämmerung in der Stadt. Sie schlenderten unauffällig um her, bemerkten allerdings niemand, der sich seltsam benahm. Es war ein ganz normaler Tag in dieser Wohngegend in Yuma-City. Die einzige Besonderheit war der Einzug in zwei Wohnungen, Einzug der Outrider. Doch niemand schien ihnen zu folgen oder sie zu beobachten. Sie sahen Fireball auf die Wohnblöcke zustreben, aufgewühlt und unausgeglichen wie schon zu Beginn ihre Zusammenarbeit. Sie schüttelten die Köpfe. Da hatte er so eine Wahnsinnsfrau wie die Tochter des Commanders an seiner Seite und war ständig irgendwie angepisst, jedenfalls wenn sie ihn sahen. Mit dem stimmte doch was nicht. Für den Job war es auch nicht gerade gut, so was lenkte ab. Einige Minuten vor dem Rennfahrer hatten die beiden den Recken in den Wohnblock Jean-Claudes gehen sehen, weder allerding den noch die Navigatorin. Wahrscheinlich hatte es Stunk gegeben und nun musste der Captain Ramrods das klären. Was für ein Bockmist und reichlich unprofessionell, vor allem bei dem Ruf, den die Friedenswächterbesatzung weg hatte. Da hatte vor allem Broik mehr erwartet. McLeod grinste eher vor sich hin, als hätte er einen Verdacht, eine Ahnung um was es gehen könnte. Aber er sprach es nicht aus, tratschte nicht. Fireball fuhr mit dem Aufzug in die Anderthalb-Zimmer-Wohnung des grünhaarigen. Seine Laune war frustriert, der Schlaf hatte keine beruhigende Wirkung gehabt, eher eine aufwühlende. Er öffnete die Tür und war mit drei Schritten im Raum. Rasch erfasste er ihn. Es sah darin noch genauso aus, wie zu dem Zeitpunkt, an der er ihn verlassen hatte. Das Bett in der Schlafnische war aufgebaut und bereit für einen Schlafenden. Die Wohnküche war halb fertig, ein Stuhl und ein Tisch standen darin. Das Regal lag noch halb zusammen montiert am Boden. Das musste beendet und aufgerichtet werden. Weiße Wände, dunkler Boden, schmucklos, leblos – alles noch wie zuvor. Bis auf eines. Bis auf den Recken, der mitten im Raum stand, die Miene ernst, die Arme entschlossen vor der Brust verschränkt. Fireball wusste Bescheid. „Hey, du hier?“ Eine lahme Feststellung, aber sie eröffnete das Gespräch. Saber nickte leicht. „Hey, ja. Pünktlich zum Dienst, wie ich sehe.“ Er steckte in der Tinte. Das war dem Rennfahrer schon klar. Die Frage war, wie tief. „Wie's sein soll, oder? Aber Jean-Claude ist nicht da.“ „Ja, so sollte es sein. Dass dir auffällt, dass dein Schützling nicht da ist, sollte auch so sein.“ „Soll ich dich statt Jean Claude nun beschützen, oder hat es einen anderen Grund, weshalb ihr die Plätze getauscht habt?“ Es musste mindestens Hüfttief sein, wenn Saber in jedem Satz ein ‚Soll‘ unterbrachte. Es verdeutlichte, dass er hier als sein Vorgesetzter stand, nicht als Freund. Die Art wie er die Braue hob erst recht. „Ein interessanter Vorschlag. Das könnt tatsächlich effektiver sein“, nickte er knapp. Genug des Hickhack, entschied er dann. Es war Zeit auf den Punkt zu kommen. Er hoffte nur, es würde kurz und sachlich laufen. Auf einen Ausbruch von einem eifersüchtigen Hitzkopf konnte er nach diesem Tag verzichten. „April und Jean-Claude sind noch drüben bei Colt und den Schwestern. Sie bereiten den nächsten Termin beim Oberkommando vor.“ Prompt schnaubte der düster. „Schiebt sie jetzt Überstunden, oder was?“ Beeindruckt hob der Schotte die Brauen. Die finster Miene und die Abfälligkeit in der Stimme machten es ihm leicht sich vorzustellen, was sich zu der Mittagszeit hier ereignet hatte und wie viel Wahrheit in den Berichten Aprils und Jean-Claudes gelegen hatte. Der Rennfahrer konnte mit einem weiteren Wort sofort aufgebracht an der Decke kleben. „Okay, und jetzt versuche sachlich zu antworten“, erwiderte er daher langsam und jedes Wort betonend. So gemahnt holte der Wuschelkopf tief Luft und presste die erste Frage hervor, die ihm als sachlich in den Sinn kam. „Welcher Termin steht an?“ „Das ist jetzt bitte nicht dein Ernst?!“, kam es ernsthaft empört von seinem Vorgesetzen zurück. War er tatsächlich durch die Situation zwischen sich und der Navigatorin so abgelenkt, dass er vergessen hatte, dass sein Schützling täglich Termine beim Oberkommando hatte? Oder interessierte ihn die Arbeit des Outriders, und damit seines Schützlings, tatsächlich so wenig? Aus Eifersucht heraus? „So, wie du das gesagt hast, klang's nach einem außergewöhnlichen Termin“, behauptete der und hob resignierend die Arme. Saber schüttelte leicht den Kopf und ersparte es sich darauf hinzuweisen, wie faul diese Ausrede war und wie wenig er sie ihm abkaufte. Sachlich erwiderte er darum: „Du solltest dich etwas mehr um die Person kümmern, deren Schutz dir anvertraut wurde. Deine Beziehungsprobleme solltest du allerdings nicht vor ihr diskutieren und auch nicht auf diese Weise.“ Der Rennfahrer rollte die Augen. Das hatte er sich schon so ausgerechnet. Natürlich waren die beiden zu den Schwestern des Outriders gegangen. Lange hatte es sicher nicht gedauert, bis Aprils Aufregung offensichtlich geworden war. Ab da hatte sie sicher Rede und Antwort gestanden und nun wussten alle Bescheid. Als ob es sie irgendetwas anginge. „Ich kümmere mich darum, sonst wäre ich nicht hier“, brummte er unwirsch. „Abgesehen davon hatte ich nicht vor, neben oder überhaupt mit ihm über meine Probleme mit April zu reden.“ Eine schwacher Rechtfertigung unter verstimmt zusammen gezogenen Brauen. Saber kannte ihn gut genug um zu wissen, dass er ab jetzt in Rekordtempo hochkochen wie ein Vulkan ausbrechen konnte. Er straffte die Schultern und richtete sich noch etwas mehr auf. Seine Haltung wurde fester, seine Miene ebenfalls. Er maß sein Gegenüber mit strengem Blick. Er musste ihn jetzt bremsen, jetzt seinen Blick erweitern, andernfalls konnten sich unsachliche, frustrierte Ausbrüche über die kommenden Tage hinziehen und die Arbeit unnötig und nervenaufreibend unterbrechen. „Soweit ich informiert bin, ist dir das - gelinde gesagt - nicht gelungen.“ Er hielt seine Stimme ruhig und seine Worte neutral. Es jetzt als das Versagen oder Scheitern zu benennen, das es tatsächlich war, würde genau zu der Eskalation führen, die er vermeiden wollte. „Dein Verhalten zwingt mich“, betonte er fest, „dazu dich abzumahnen. Es nötigt“ auch das betonte er deutlich, „mich beinahe dazu, dich zu melden und, hätte Jean-Claude darauf bestanden, würde ich dich jetzt von diesem Auftrag abziehen müssen. Fireball, ich weiß nicht, was dich dazu bringt, irgendeine Form von Eifersucht zu hegen. Es wundert mich, dass du dazu fähig bist. Aber Jean-Claude ist ein Flüchtiger, der um Schutz für seine Schwestern und sich gebeten hat und dafür mit uns zusammen arbeitet. Wir alle“, betonte er entschieden, um zu verdeutlichen, dass er die Geschwister mit einschloss, „wollen einen dauerhaften Frieden erwirken. Dein Verhalten von heute allerdings sabotiert das. Mach dir das bewusst.“ Die Stirn des Rennfahrers glättet sich. Sein Blick verlor das verstimmte Funkeln und richtete sich auf den Boden. Er presste die Lippen zusammen. Seine Aufregung ebbte ab. „Den Schutz bekommen sie auch, Saber. Ich will den Frieden ebenso, wie alle anderen“, erklärte er nun, und klang wie der Star Sheriff, den Saber hatte erreichen wollen. „Die Schwestern, und auch Jean-Claude, sollen sich hier ein Leben aufbauen können. Es wird nicht wieder vorkommen.“ Seine Stimme war fest und sachlich, doch ganz überzeugt war der Schotte nicht. Die Wortwahl Fireballs machte deutlich, dass der Grünhaarige für ihn hinten anstand, nebensächlicher war, und damit tendenziell auch lästig. Saber schaute kurz auf den Boden, wog ab, ob er es ansprach, entschied sich dann aber dagegen um die Sachlichkeit zu erhalten. „Das hoffe ich, denn wenn ich mich noch einmal bei Jean-Claude entschuldigen muss, weiß ich nicht, wie er darauf reagiert. Er sagte bereits, dass er das Vertrauen in Entschuldigungen verliert. Bei einer dritten bricht er womöglich die Vereinbarung und verschwindet mit seinen Schwestern. Der Vorfall mit Arasmus war schon schwerwiegend genug“, mahnte er Fireball noch einmal deutlich. Der schluckte unwillkürlich, als er offenbar mit diesem Mistkerl in einen Topf geworfen wurde. Dabei hätte er Arasmus, für das was er getan hatte, gern ein zwei Takte dazu gesagt, oder auch geklopft. Aber, so unangenehm es war, sich das einzugestehen, auch er war gegenüber seinem Schützling handgreiflich geworden. „Eine dritte wird von dir nicht nötig sein“, murmelte er belegt. „Gut. Du bist jetzt offiziell abgemahnt. Schlimm genug.“ Saber fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Wie er darauf hätte verzichten können. Wenigstens war das Gespräch so verlaufen, wie er gehofft hatte. Jetzt konnte er Feierabend machen. Für – er warf einen kurzen Blick auf seine Uhr – eine halbe Stunde. Dann fing seine Nachtschicht an. Morgen durchschlafen, wahrscheinlich bis in den Nachmittag, wie so oft, wenn er zwei Nächte und den Tag dazwischen durcharbeitete. Er seufzte unterdrück. „Ich sehe, wo Jean-Claude und April bleiben. Es gab keine Vorkommnisse heute, alles ruhig. Die Schwestern sind heute vollständig eingezogen. Morgen machen wir die Wohnung hier fertig.“ Er salutierte leicht und wandte sich zum Gehen. „Verstanden.“ Fireball erwiderte den Gruß, nahm sich vor seinen Vorgesetzten und Freund nicht mehr zu enttäuschen. „Wir sehen uns dann.“ Der nickte knapp und ging zur Tür, fuhr sich verstohlen noch einmal mit der Hand über das Gesicht. Zum Glück gab es Kaffee in der Wohnung der Schwestern. Nur eine Infusion konnte er sich damit nicht legen. Es musste auch so gehen. Er wollte eben die Tür öffnen, als sich die Klinke hinunter bewegte. Einen Moment erstarrte er wachsam, dann schwang sie auf und erhörte den Outrider sich von der Navigatorin verabschieden. Jean-Claude betrat seine Wohnung, entdeckte Saber und Fireball darin. Beide hatten ernste, aber ruhige Mienen. Der Schotte hatte also Wort gehalten. Einsilbig grüßte Fireball ihn und verabschiedete Saber. Der nickte dem grünhaarigen zu und ließ die beiden wortlos allein. Jean-Claude musterte den Rennfahrer kurz, dann setzte er sich auf den Stuhl in der Kochnische und legte eine Mappe auf den winzigen Tisch davor. Er öffnete sie und begann die Papiere darin durchzugehen und zu überprüfen, was er gemeinsam mit April erarbeitet hatte. Der Rennfahrer sah ihn an, schaute dann zu der Tür, durch die Saber gegangen war und hinter der seine Freundin ihm verborgen geblieben war. Sie wollte wohl nicht mit ihm reden. Das war schmerzhaft, aber er konnte es verstehen. Er hatte sich ihr gegenüber nicht gerade konstruktiv gesprächsbereit gezeigt, hatte sie im Gegenteil verscheucht. Außerdem war es ein langer Tag für sie gewesen, da war die Ruhe verdient und er gönnte sie ihr. Er schürzte die Lippen und sah sich um. Sein Blick fiel auf das halb zusammen montierte Regal auf dem Boden. Das wäre konstruktiv. „Wenn's dich nicht stört, kümmere ich mal um das Regal.“ „Dem geht's gut.“ Gleichgültig und ohne aufzusehen kam es von dem Outrider zurück. „Nein, ich meinte.“ Er schaute den Lesenden an, wie er in den Papieren blätterte. „Weißt du was? Vergiss es. Ich bau es einfach zusammenzubauen, soweit's geht.“ Er machte eine unschlüssige Handbewegung und wandte sich dem Möbelstück zu. Er hörte, wie der Outrider sich hinter ihm erhob und die Mappe zusammen klappte. Der Stuhl wurde über den Boden geschoben. Genervt von dem Gestammel des Wuschelkopfes und seiner, in den Augen des Outriders, hirnrissigen Idee zur Zeit einer vernünftigen Nachtruhe in der winzigen Wohnung auch noch Lärm verursachen zu wollen, rollte er die Augen. Kam der nicht auf den Gedanken, dass Schlaf eine sinnvolle Ruhephase war, vor oder nach einem effektiv genutzten Tag? Wo sollte der Outrider denn hin, wenn der Rennfahrer jetzt wirklich noch mit dem Akkuschrauber zu hantieren begann? „Ich sag dir mal was klipp und klar“, meinte er daher kühl und distanziert. „Wer seine Partnerin so behandelt wie du, vor dem hab ich keinen Respekt. Aber ich habe Respekt vor Saber Rider, deshalb belasse ich mal dabei.“ Der Schotte hat Wort gehalten und Fireball abgemahnt. Das genügt ihm fürs erste. Er ergänzte, damit der Wuschelkopf nicht länger an seinen komischen Ideen festhielt, noch schlicht. „ Jetzt geh ich schlafen.“ Damit ließ er die Mappe auf dem Tisch und strebte auf das kleine Badezimmer zu, passierte Fireball, der die Stirn schon wieder verstimmt runzelte. „Ich bin auf deinen Respekt nicht scharf und auch nicht sonderlich auf deine Meinung bezüglich April“, begehrte der auf. „Was es zu klären gibt, will ich mit ihr alleine klären. Wie du selbst zu Mittag bereits festgestellt hast, war ich übermüdet und gereizt, Es war nicht richtig, dich anzugreifen, dafür entschuldige ich mich. Ich hab rot gesehen und hätte jeden anderen auch angegangen.“ Er machte eine Pause um sich zu sammeln, starrte aber nur auf die verschlossene Tür hinter der der Outrider wortlos verschwunden war. Kopfschüttelnd streifte Jean-Claude seine Sachen ab und stieg in die Duschkabine. Mit dem ersten Satz seiner Predigt hatte der Rennfahrer den letzten Rest Respekt eingebüßt. Er hatte sich angehört wie so viele Menschen, mit denen er bisher zu tun hatte. Er meinte auch, nur er könne alle anderen belehren und erzählen, wie sie zu leben hatten, insbesondere wohl die dummen Lemminge, die Outrider für ihn waren. Im Gegenzug aber nahm er nichts von ihnen an, wodurch er hätte lernen können. Ein selbstherrlicher, selbstgerechter hormonell überladener Mensch wie so viele. Wasser prasselte auf seinen Kopf, tränkte seine Haare und rann über seinen Körper. Er griff nach dem Duschgel, das April ihm geschenkt hatte, und verteilte eine kleine Menge davon auf seinem Körper. Seine Hände fuhren über seinen Brustkorb, über die Muskeln und die kleinen wulstigen Narben darauf. Auf der linken Brust unterhalb des Schlüsselbeines war ein kreisrundes Wundmal. Rau war die Haut, die die Stelle verschloss, auf der man ihm einst einen glühenden Stab aufgesetzt hatte. Die Strafe dafür, dass er sich mit anderen Jungen geprügelt hatte, die Beth in den Schmutz gestoßen und ihr Gesicht in eine Pfütze gedrückt hatten, weil sie um einen toten, halb verwesten Sperling geweint hatte. Da es zum zehnten Mal zu einer Schlägerei gekommen war, hatte der Lehrer sich entschieden, ihn auf diese Weise zu züchtigen. Seine Hand seifte den anderen Arm ein, stricht über die Schulter und die drei Narben, die ein Messer dort hinterlassen hatte. Die Strafe für das wiederholte Prügeln mit Jungen, die mal wieder versucht hatten, Snow mit Stöcken zu schlagen, weil sie wegen irgendetwas aufgebraust war. Seifenschaum rann über seinen Rücken, über die zehn Schmisse, die er dafür erhalten hatte, dass seine Mission gescheitert war und Annabell nicht hatte rächen können. Sein Körper war gezeichnet davon. Versagen und normabweichendes Verhalten wurde mittels körperlicher Züchtigung unterbunden. Das galt als effektiver. Er hatte jede Strafe in Kauf genommen und ertragen. Seine Schwestern waren es ganz einfach wert, waren ihm lieb und teuer. Er würde auch diesen überemotionalen Menschen da in seiner Wohnung ertragen, so lange er ihm weitere Ausbrüche ersparte. Er schaltete die Dusche aus und trocknete sich ab. Dann bekleidete er sich wieder und verließ das Bad. Wortlos, ohne irgendwie noch auf Fireball zu achten, legte er sich in der Schlafnische zu Ruhe. In der Menge sahen sie aus wie drei von vielen. Grün, weiß und ein blasses Lila waren vielleicht nicht die gängigsten Haarfarben, aber auch nicht wesentlich anders, als so mancher Schopf, der sie sonst noch passierte. Ihre Haut mochte blasser ein, als die der meisten, aber es liefen auch genug bleich geschminkte Gesichter umher, mit verschiedenem provokanten auffälligen Make-up. Der grünhaarige Mann trug ein schlichtes weißes Shirt und eine dunkle Hose, hob sich genauso wenig von den anderen ab, wie die beiden Mädchen rechts und links von ihm, in ihren einfachen Kleidern, ganz gleich wie ihre Gestalten darin zur Geltung kamen. Die Blondine, welche die drei begleitete, war ebenso normal im Alltagsbild der Stadt, wie die Geschwister. Leider war es ihre Idee gewesen, mit den dreien shoppen zu gehen. Broik und McLeod hatten sich beide ein Seufzen nicht verkneifen können. „Muss das sein?“, war es dem jüngeren der beiden, Ian, entwichen, wofür Garrett ihn angestoßen hatte. Es sprach nichts dagegen. April begleitete die Geschwister direkt, war also nah am Geschehen, sollte etwas passieren. Shoppen zu gehen mochte eine streitbare Freizeitbeschäftigung sein, war aber eine übliche und somit nicht gefährlich. Es war nur schwieriger, sie im Gedränge nicht aus den Augen zu verlieren oder sie zu beobachten, wenn sie sich in den Umkleiden aufhielten. Aber dafür war eben auch die Ramrod-Navigatorin bei ihnen. Der Tag hatte begonnen wie vorherigen. Sonnig, heiß und strahlend. Die Schwestern hatten ihre Vormittagskurse an der Universität absolviert, hoch konzentriert und ehrgeizig wie jeden Tag davor. Sie waren zielstrebiger als die meisten Studenten und ernsthafter bei der Sache. Einen Freundeskreis hatten sie nicht wirklich, eher Lerngruppen an denen sie sich beteiligten und die soweit gut funktionierten, möglicherweise sogar zielorientierter durch die Anwesenheit und Art der Schwestern. Gregor, der Student der Beth gegen Arasmus geholfen hatte, gehörte zu der Lerngruppe des Anatomiekurses und stand der jungen Frau mit den blass lila Haaren wohl am nächsten. Sie sprachen oft zusammen, wirkten freundschaftlich im Umgang mit einander. Für heute waren die Lesungen beendet, schon am frühen Vormittag, und auch Jean-Claudes Termin beim Oberkommando war etwa zeitgleich beendet. Das Thema mit den Hormonen war mit großem Interesse verfolgt worden und man hatte sich eine Vertiefung erbeten. Commander Eagle selbst hatte sich bei dem Outrider für die gute Zusammenarbeit bedankt und seine Hoffnung zum Ausdruck, diese weiter so informativ und umfangreich fortzuführen. April hatte daraufhin die Geschwister zusammen gebracht und die Shoppingtour begonnen, die sie beim Einräumen am Vorabend vorgeschlagen hatte. Nun half sie den Schwestern in verschiedene Kleider und T-Shirts, deren tatsächliche Ausbeute viel allerdings eher gering aus. Sowohl Garrett als auch Ian kannten genug Frauen, die ausgewählte Kleidungsstücke anprobierten und auch kauften, wenn sie ihnen gefielen. Doch die Outrider wählten unter diesen sorgfältig noch einmal aus und kauften nur wenige Stücke. Dafür allerdings gelangte diverses Nähzeug in ihre Einkaufstaschen, wohl mit der Absicht, vorhandene Sachen eigenhändig aufzupeppen. Zwei schöne Kleider zum Ausgehen erwarben sie auf April Einfluss dann doch. Auch Jean-Claude verhalf sie zu zwei neuen Oberteilen, wobei es eher Höflichkeit seinerseits zu sein schien, dass er Geld darin investierte. Es war wohl ein Zeichen des Respekts und der Dankbarkeit ihr gegenüber, um ihr zu zeigen, dass er die Mühe zu schätzen wusste, sie dabei zu unterstützen sich einzuleben. Immerhin hatten seine Schwestern Freude an der Zerstreuung, die diese Tour ihnen bot. Er betrachtete allerdings mit Skepsis, die Gesichter seiner Schwestern, nach dem die Navigatorin ihnen ein wenig Make-up auftrug. Er wusste, sie waren hübsch und mit nur einem Hauch von Farbe auf den Wimpern und den Wangen kam dies erst recht zur Geltung. Allerdings erregten sie nun etwas mehr Aufmerksamkeit und die Anziehung auf ihre Verehrer würde wohl noch weiter steigen. Auch hier allerdings waren die Outriderinnen eher praktisch. Wo andere gleich eine ganze Farbpalette erworben hätten, beschränkten sie sich auf den Lidschatten und den Lippenstift, der ihnen am besten gefallen hatte und ergänzten sie um eine Tube der Grundierung, die ihnen am meisten zusagte und eine Fläschchen Wimperntusche. So übersichtlich wie diese Grundausstattung war, würde sie diese wohl nur zu besonderen Anlässen tragen und – wieder anders als Menschen – nicht täglich verwenden. Je länger sie die drei beobachteten, desto menschlicher erschienen sie ihnen. Der Unterschied in Bezug auf die Einkäufe machte sie nicht eben unsympathisch. Ihre Bescheidenheit sprach für sie. „Mein Tochter hätte locker das Doppelte gekauft“, bemerkte McLeod mit einem Zwinkern an Broik gewandt. Der nickte. „Meine Freundin auch.“ Saber hatte bis in den frühen Vormittag geschlafen wie ein Stein. Die Ablösung war am Morgen zum Glück etwas früher aufgetaucht um ihnen etwas mehr Zeit zum Schlafen zu verschaffen, wofür er und der Scharfschütze ausgesprochen dankbar waren. Am Nachmittag war er zum Oberkommando gegangen und hatte sich nach dem Stand der Ermittlungen um Arasmus erkundigt. Der befand sich gegenwärtig noch in Untersuchungshaft, durfte wahrscheinlich in der kommenden Woche auf Kaution raus und bis zur Verhandlung das Gebiet um Yuma-City nicht verlassen. Man gedachte ihm strenge Auflagen zu, die natürlich beinhalteten, dass er über seine letzte Mission nicht reden und sich im Rahmen einer Verfügung nicht den Geschwistern nähern durfte. Seine unehrenhafte Entlassung wurde mit dem Ende der Untersuchungshaft wirksam. Saber war beruhigt und zufrieden mit dem Stand der Dinge. Er würde es heute Abend Beth erzählen, damit sie sich sicherer fühlen konnte, falls sie eine Verunsicherung nicht zeigte. Am vorigen Abend hatte er sie zum Essen eingeladen, um ihren Einzug zu feiern. Sie hatte sich gewünscht, in ein Restaurant zu gehen, dass Küche aus seiner Heimat im Menü hatte. Nachdem er ihr bereits von den Highlands erzählt hatte, war sie nun neugierig darauf, was ihn nicht nur sehr freute, sondern auch ein wenig stolz machte. Von seiner Verabredung inspiriert hatte auch Colt die weißhaarige Schwester eingeladen. „Zum Square Dance?“ hatte April neckend gefragt. Die Schwestern hatten sich mit großen Augen fragend angesehen, während der Scharfschütz rot geworden war und die Blondschöpfe erheitert gefeixt hatten. Dennoch blieb es dabei, dass der Lockenkopf und Beth Schwester heute „um die Häuser ziehen würden.“ Nun bereitete er sich auf seine Verabredung vor und duschte ausgiebig. Dann zog er sich eine helle Hose an und schwang sich ein dunkelblaues Hemd über. April hatte ihm bei der Auswahl geholfen und es ihm deshalb empfohlen, weil „es deine Augen betont und deine Haarfarbe zum leuchten bringt“. Er schmunzelte vor sich hin, war gespannt, was Beth dazu sagen würde. Auf dem Weg zu ihr hielt er an einem Blumenladen. Er sah sich nach einem Strauß um der überwiegend lavendelfarbene Blüten enthielt, die mit weißem Schleierkraut ergänzt wurde. Er war nicht sicher, wie sie darauf reagieren würde, aber die Blumen passten so wunderbar zu ihrem Haar, dass er nicht widerstehen konnte. Er suchte noch eine passende Vase zu dem Strauß, dann beeilte er sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)