On the Cusp von _Scatach_ (Teil Zwei der BtB-Serie) ================================================================================ Kapitel 1: Birthdays are a goddamn drag --------------------------------------- Rote Wolken schwappten um ihn herum; dicht und schwer wie blutiger Nebel.   Seltsam…   Shikamaru fuchtelte mit einer Hand vor seinem Gesicht herum und beobachtete, wie der Scharlachdunst wie zerfetzter Rauch durch seine Finger strömte. Und dann realisierte er, dass es wirklich Rauch war. Und er kam von Asumas Zigarette.    „Asuma-sensei, was zur Hölle rauchst du da?“   „Sie sagen, dass mich das Zeug umbringen wird.“, kicherte der Jōnin, hielt den Glimmstengel nach oben und drehte ihn über seine Finger. Das glühende Ende spielte gefährlich über seine Haut, ohne sie zu verbrennen. „Was denkst du darüber?“   Shikamaru blinzelte durch die dünnen Risse in dem Rauch. „Ich denke, dass das hier ein Traum ist.“   „Weißt du, was man über rote Wolke sagt?“   „Nein.“ Shikamaru runzelte die Stirn und fuhr erneut mit der Hand durch den blutigen Nebel.    „Der Wolken Abendrot bringt dem Bauern Lohn und Brot.“ Asuma legte den Kopf in den Nacken und atmete eine lange rote Schwade über seinen Kopf aus. „Doch der Wolken Morgenröte verheißt dem Bauern arge Nöte.“   „Rote Wolken am Abend und Morgen? Sprichst du jetzt schon in kitschigen Rätseln?“ Shikamaru grinste. „Wie lästig.“   Asuma wandte sich ihm zu.    Und das Grinsen verschwand sofort von Shikamarus Gesicht; zusammen mit aller Farbe.   Die Augen seines Senseis waren ebenso rot und blutig wie der Nebel. Zwei entsetzliche gesprungene Rubine anstelle warmer brandyfarbener Augen.    „Sensei…“   Asuma lächelte grimmig. „Man kann die Zeit nicht anhalten.“   ~※~   ‚Man kann die Zeit nicht anhalten.‘   Shikamarus Augen flogen auf und sein Körper spannte sich mit einem scharfen Rucken an, als der Traum wie eine schwarze Seifenblase an der Rückseite seines Verstandes zerplatzte. Kälte wusch über ihn hinweg und sein Puls hämmerte in seiner Kehle.   Traum…   Vollkommen desorientiert blinzelte er hart und weit aufgerissene Augen fielen zurück zu einem halb verschlossenen Blick, als er sich auf den Rücken rollte und auf die Uhr linste.   Vier Uhr morgens.   Shikamaru seufzte. „Scheiße.“   Nicht einmal eine einzige Minute nach dieser Grenze. Es war lächerlich; auf eine unterbewusst sadistische Weise. Sein Schlafrhythmus hätte sich inzwischen wieder normalisieren müssen.    Es sind jetzt zwei Wochen…   Vierzehn ‚Morgen‘ und keines davon hatte eine Minute vor oder nach ‚Vier Uhr morgens‘ begonnen. Shikamaru stierte vernichtend auf die heimtückischen Nummern. Jetzt konnte er ein weiteres ‚Morgen‘ zu der Liste hinzufügen und eine weitere Dämmerung dabei beobachten, wie sie durch die Spalten in seinen Vorhängen sickerte.    Klasse.   Shikamaru blinzelte rapide und verzog das Gesicht aufgrund des stechenden Schmerzes in seinem Kopf. Beschissene Schlafgewohnheiten hatten seinen Kopfschmerzen nicht wirklich einen Gefallen getan. Er befreite einen Arm aus den Laken und rieb sich die Nasenwurzel, bis der Druck hinter seinen Augen nachzulassen begann.    Und was zur Hölle sollte dieser Traum?   Er schüttelte das kalte Schaudern ab, mit dem ihn der Traum zurück gelassen hatte und runzelte die Stirn darüber, wie dämlich er eigentlich gewesen war. Träume waren keine Vorahnungen. Und soweit es seine Logik betraf, waren sie nichts weiter als sinnlose Regurgitationen, die Beseitigung von gedanklichen Überschüssen, psychologische Konsolidierungen und Versuche, irgendwie mit distanzierten und unterdrückten Gedanken umzugehen.    Warum zur Hölle denke ich überhaupt darüber nach?   Und gemessen an dem Level an fast schon Lehrbuchhaften Details, mit denen er darüber nachdachte, ließ es darauf schließen, dass lästige psychedelische Träume zu so etwas wie einer Gewohnheit zu werden schienen. Wie der internale dämliche ‚Vier Uhr morgens‘ Alarm.   Hör auf zu denken…   Shikamaru presste mit einem Knurren die Lider aufeinander und rollte sich wieder auf den Bauch, bevor er die Laken über seinen Kopf zerrte, um sie wie ein provisorisches Zelt über seinen Pferdeschwanz zu drapieren. Es würde eine erbärmliche Barriere gegen den sich erhellenden Raum und den nervigen Tag sein, der der Morgendämmerung folgte.    Geburtstage sind ein gottverdammtes Drama…   Stöhnend vergrub er sein Gesicht in der Armbeuge und hakte eine Hand unter sein Kissen, während er sich die beste Schlafposition suchte. Ihm blieben immerhin noch ein paar Stunden, bevor er buchstäblich dazu gezerrt wurde, bei den Feierlichkeiten nach Inos Pfeife zu tanzen.    Scheiße.   Es würde mehr als nur eine geringe Anstrengung brauchen, um mit dem fertig zu werden, was auch immer sie in den letzten zwei Wochen geplant hatte. Mit diesem Gedanken im Kopf spürte Shikamaru, wie er in Bewusstsein hinein- und hinausglitt, als er abzudriften begann und sich seine Atmung ebnete.    Sein Verstand rutschte in die näher kommende Schwärze…   Und dann hinein in einen Traum aus opalhaften Augen, die ihn zum Brennen brachten…sie wuschen über den Traum aus roten Augen, die ihn eiskalt zurückgelassen hatten.   ~※~   „Shikamaru!“   Der gedämpfte Ruf seines Namens hallte durch seine Zimmertür, stach sich durch das Nest seiner Decken und wühlte den dichten Nebel eines Traumes auf, von dem er sich nicht lösen wollte.   Nein…   Ein dumpfes Pochen gegen die Tür und der Traum zersplitterte und entschwand.    „Shikamaru! Zeit aufzustehen!“   Auf keinen Fall…   Seine Schlafzimmertür flog auf und knallte hart gegen die Wand. Das Geräusch hämmerte sich wie eine Faust in sein Hirn und er zuckte mit einem Knurren zusammen, während er unter den Laken eine mörderische Miene aufsetzte.    Scheiße…   Stille zeichnete ein Bild, das Shikamaru nicht sehen musste, um exakt zu wissen, wie es aussah. Seine Mutter, die im Türrahmen stand, die Hände in die Hüften gestemmt, während ihre scharfen Augen den Zustand vollkommenen Chaos‘ seines Zimmers aufnahmen.    Um fair zu sein; es war nicht vollkommen seine Schuld.    Dämlicher Vogel…   Das Stampfen von Füßen und das Kreischen von Yoshino, die über irgendetwas stolperte, endeten mit dem Kratzen von Vorhangringen, als die Gardinen ruckartig zurück gezogen wurden. Shikamaru drückte sein Gesicht fester in seine Armbeuge; wollte auf keinen Fall für irgendjemanden das Sonnenlicht erleiden müssen.    „Nein…“   „Steh auf, junger Mann!“   Der junge Nara stöhnte und tastete blind mit einem langen Arm umher, um die Laken noch höher über seinen Kopf zu ziehen. Das Sonnenlicht flutete durch alle Lücken und fand jede Öffnung in den Decken; dieser dämliche, sadistische, solare Stern.    „Ernsthaft Shikamaru.“, tadelte Yoshino und ihre Stimme hob und senkte sich auf eine Weise, die darauf hindeutete, dass sie sich immer wieder bückte, um irgendwelche Gegenstände vom Boden aufzuheben. „Sie werden bald hier sein und du musst immer noch duschen, etwas essen, deine Karten aufmachen und – du hast immer noch nichtdieses Buch über Vogelmedizin und Ornithologie zurückgegeben!“   Shikamaru seufzte.    Auf keinen Fall könnte er das hier gewinnen.    Schlaf war ein absolutes Tabu sobald seine Mutter in den Raum explodiert war. Und so hob er den Kopf und öffnete einen Spalt breit die Augen; schläfrige braune Seen blinzelten durch einen grellen Schlitz in den Falten seiner Bettlaken. Seine Mutter blätterte mit dem Daumen durch die Seiten des Buches, bevor sie den Deckel öffnete, um das gestempelte Abgabedatum zu überprüfen.    „Das wird schon wieder ein Bußgeld von der Bibliothek sein, dass du aus deiner eigenen Tasche bezahlen wirst.“, meckerte sie und klopfte mit dem Buch leicht auf seinen Rücken. „Steh auf!“, befahl sie und legte sich Klamotten über den Arm, während sie sich durch das Chaos wühlte. „Was um alles in der Welt ist hier drin passiert?“   Dämlicher. Vogel.   Das starke Aroma von Kaffee schwebte in den Raum.    Und dem folgte das Geräusch eines heiseren kratzigen Gähnens, das von Keramik gedämpft wurde.    Shikamaru runzelte die Stirn und blinzelte durch den sonnengefluteten Raum hinüber zur Tür. Er veränderte die Position seines Armes gerade weit genug, um seinen Vater durch den Spalt in den Laken erspähen zu können. Shikaku stand außerhalb der Reichweite des Sonnenlichtes und verharrte wie ein Schatten an der Türschwelle; sein dunkles Haar raffte sich zu dem unordentlichen Anschein eines gezackten Pferdeschwanzes zusammen.    Er sah in etwa ebenso begeistert darüber aus, wach zu sein wie sein Sohn.    „Steh auf, Junge.“, sagte er gedehnt und mit einer Stimme, die rostig und schwer von Schlaf war.    „Verräter.“, schnaubte Shikamaru und drückte sich nur noch weiter in die Matratze.    Shikaku lehnte sich gegen den Türrahmen, seine scharf umrissene, drahtige Gestalt war in einen schwarzen Kimono gehüllt und eine Dampfschwade schwebte über sein vernarbtes Gesicht, während er an seinem Kaffee nippte; abgeschirmte Augen musterten ihn ruhig.    Shikamaru schüttelte den Kopf, als er den Blick auf sich spürte. „Ich werde mich nicht rühren.“   „Oh du wirst dich sehr wohl bewegen.“, warnte Shikaku.   „Jo, mich bewegen, um mein gottverficktes Zimmer abzusperren…“   „Shikamaru!“, schnappte Yoshino und ihr Kopf schnellte am Ende des Bettes wie der eines Erdmännchens nach oben, als sie sich gerade seine Chūnin Weste angelte. „Achte auf deine Wortwahl!“   Shikaku grinste ihn vom Türrahmen aus an. „Ja und beweg deinen Arsch.“   „Shikaku, du auch!“   Ohne den geringsten Anflug von Reue wurde Shikakus Grinsen träge und weich, als er hinüber zu seiner Frau sah. „Er muss aufstehen, damit wir wieder zurück ins Bett können.“   Shikamaru hob eine Braue und sein Pferdeschwanz durchstach die Oberfläche, als er anfing, sich unter den Laken hervor zu winden. „Du wurdest also auch wegen dem Mist hier geweckt, huh?“   „Nein.“ Shikaku nahm einen Schluck seines Kaffees. „Ich wurde deswegen unterbrochen.“   „Achja?“ Shikamaru ließ sich auf den Rücken fallen und legte einen Arm über seine Augen. „Warum warst du denn schon wach?“   „Um deine Empfängnis zu zelebrieren.“   Shikamaru ruckte in die Aufrichtung und ließ seinen Arm nach außen schnellen. „Was zur Hölle!“   Yoshinos Gesicht nahm in einer raschen Prozession verschiedenste Schattierungen von Rot an, bevor sie sich für einen Ton der Empörung entschied. „Nara Shikaku!“   Shikaku zuckte nur mit den Achseln und seine dunklen schwerlidrigen Augen richteten sich auf seine Frau, als er einen rauchigen Atem über seinen Kaffee blies, um den Dampf mit einem Grinsen fortzuscheuchen. „Was denn? Der Junge hat gefragt.“   „Lüg mich das nächste Mal an!“ Shikamaru schüttelte in scharfer Verleugnung den Kopf und erschauerte, als er sich die Ballen seiner Hände auf die Augen drückte. „Das muss ich echt nicht wissen…niemals…“   „Shikamaru!“, keifte Yoshino und warf ihre verlegene Empörung reflexartig ihm entgegen. „Steh jetzt auf. Willst du deinen Geburtstag denn nicht feiern?“   Shikamaru ließ sich zurück gegen das Kopfbrett fallen und rieb sich die Augen. „Ich war bereits dabei, meinen Geburtstag zu feiern. Im Bett.“   „Genau wie wir.“, lamentierte Shikaku in seinen Becher.    Shikamaru war seinem Vater einen gequälten Blick zu. „Würdest du aufhören?“   „Das haben wir.“   „Shikaku.“, warnte Yoshino zwischen zusammen gebissenen Zähnen, bevor sie verdutzt blinzelte und zu ihrem Sohn herum wirbelte. „Moment! Was hast du mit ‚Geburtstag im Bett feiern‘ gemeint? Ist hier irgendjemand bei dir?!“   „Was?“ Shikamarus Augen weiteten sich und ein Hauch von Hitze errötete seine schlanken Wangen, während sein Vater grinste. „Nein! Ich meinte einfach nur schlafen – allein!“   Yoshino beruhigte sich mit einem hörbaren Rauschen von Luft, aber ihre Augen scannten mit einem kuriosen Blick den Raum und suchten ihn nach fremden Kleidungsstücken ab; nur um sicher zu gehen. „Gut. Und jetzt steh auf, bevor Ino und Chōji hier auftauchen.“   „Wie lästig…“   Yoshinos Brauen zogen sich zusammen und sie klemmte sich ein Bündel Klamotten unter einen Arm, bevor sie zu ihm herüber marschierte. Shikamaru verzog das Gesicht und wartete auf die Standpauke; oder sogar eine Ohrfeige. Aber stattdessen lehnte sich seine Mutter nach unten, um einen sanften Kuss auf seinen Scheitel zu hauchen.    Shikamaru blinzelte überrascht; beinahe nervös.    „Alles Gute zum Geburtstag.“, murmelte Yoshino gegen seine Haarlinie und zog sich zurück, um ein wenig unbeholfen mit den Fingern über die Enden seines Pferdeschwanzes zu streichen, während sie ihn stirnrunzelnd musterte.    Leicht fuhr sie mit dem Daumen über die verblassende Narbe auf seinem rechten Wangenknochen – als wäre es ein Schmutzfleck, den sie von seinem Gesicht wischen wollte.    Shikamaru wand sich unbehaglich unter dieser Aufmerksamkeit und schob ihre Hand mit zusammengezogenen Brauen beiseite. „Was?“   „Nichts…“ Yoshinos Stimme wurde weicher und stand in krassem Kontrast zu ihrer angespannten Miene. „Versuch heute etwas Spaß zu haben, Shikamaru.“   Shikamaru wandte den Blick ab und zuckte die Achseln; er wusste nie, wie er auf diese zärtliche und viel weniger vorhersehbare Seite seiner Mutter reagieren sollte. „Jo.“   Shikaku beobachtete sie von der Tür aus und seine scharfen Augen nahmen über den Rand seiner Tasse hinweg alles in sich auf. Doch Shikamaru bemerkte es nicht; seine Aufmerksamkeit glitt zu seinem Wecker, als seine Mutter um das Bett herumging und sich mit der Wäsche im Arm einen Weg zur Tür bahnte. Shikaku stieß leicht mit der Hüfte nach außen, um sie damit anzustupsen, als sie an ihm vorbei lief und fing sich dafür einen Rückhandklaps auf den Hinterkopf ein, der seine Zähne gegen die Keramik seines Bechers klacken ließ.    Shikamaru spähte unbeeindruckt hinüber. „Es sollte Regeln geben, die es verbieten, solche Dinge in Anwesenheit der eignen Kinder zu machen.“   Shikaku sog an seinen Zähnen und warf seinem Sohn über den Tassenrand einen schiefen Blick zu, der scharf vor Amüsement funkelte. „Kami möge der Frau helfen, die deine Schale knacken muss.“   „Tz. Was auch immer.“ Shikamaru verzog das Gesicht, rollte sich herum und riss die Laken erneut über seinen Kopf, während er über die irgendwie verstörende Anzahl an gewalttätigen Frauen in seinem Leben nachdachte.    Doch ihm blieb keine Zeit, um seinen Verstand diese lästige Nummer gegen andere Statistiken abgleichen zu lassen. Etwas schlang sich um seinen Knöchel und zerrte ihn mit einem Jaulen und verwickelten Laken aus dem Bett. Sein Versuch, sich irgendwo festzuhalten, endete damit, dass er sandwichartig zwischen Boden und Matratze eingeklemmt wurde, als sie sich über ihm zusammenfaltete, da er sie nicht losgelassen hatte.    „Oi!“, fauchte er und strampelte sich mit tretenden Beinen und kickenden Ellbogen seinen Weg in die Freiheit, während er seinen Fuß der Schattenhand entriss, die sich darum geschlossen hatte.    Shikaku sah ihm mit verschleierter Belustigung zu und hatte sich nicht einen Millimeter von seiner lümmelnden Pose gegen den Türrahmen fort bewegt. Mit einem Heben des Kinns schrumpfte die Schattenhand zu einer dünnen Ranke zusammen und schlängelte sich wie eine verzauberte Kobra zurück zu ihrem Meister    „Das war mies!“, schnappte Shikamaru.    „Und das war eine tolle Nachahmung deiner tretenden und schreienden Geburt.“, erwiderte Shikaku gedehnt und ein kehliges Kichern waberte um seine Tasse. „Damit hast du dir auf jeden Fall auch Zeit gelassen.“   Hochgestemmt auf seine Ellbogen stierte Shikamaru finster durch ein paar scharfe Strähnen, die sich aus seinem Pferdeschwanz gelöst hatten; tiefbraune Augen zogen sich verärgert zusammen. „Ich will wirklich nichts davon hören.“   Er hörte es so ziemlich jedes verdammte Jahr.    Seine Mutter hatte keinerlei Hemmungen dabei, ihn daran zu erinnern, wie sämtliches Treten und Schreien der gesamten Welt im Vergleich dazu verblasste, wie sehr sie seinen Vater hatte treten wollen, als er versucht hatte, sie während einer 39 stündigen Entbindung zu beruhigen.    Sie hatte sich am Ende damit begnügt, fünf Knochen in Shikakus Hand zu brechen.   Und Shikaku bestand darauf, dass es die Ärzte deutlich schwerer hatten, Yoshino von ihm zu entfernen als Shikamaru aus seiner Mutter.    „Aber zumindest hast du dich angestrengt, als es am meisten gezählt hat. Du weißt schon, bei dem Wettschwimmen und so.“, sinnierte Shikaku trocken und tippte mit einem Daumen gegen seine Tasse. „Erklärt allerdings nicht, warum du Eier so sehr hasst. Du bist doch immer noch ein guter Schwimmer, oder?“   „Ich will wirklich immer noch nichts davon hören.“, murrte Shikamaru ein wenig verlegen, während er seine Matratze zurück auf das Bett schob und sich darauf kniete, um es genervt in Position zu rucken. „An Geburtstagen sollte es darum gehen, dass man älter wird; nicht darum, über Empfängnis und Babytage zu sprechen. Es gibt einfach überhaupt nichts Interessantes an Babys.“    „Jaa…“ Shikaku zuckte mit den Achseln und stürzte seinen Kaffee hinunter. „Der interessante Part ist, sie zu machen.“   Shikamaru stoppte mitten in seinem Kampf mit der Matratze und rammte seinen Kopf mit einem verzweifelten Stöhnen hinein. „Im Ernst, WARUM?“   Shikaku lachte. „Alles Gute zum Geburtstag.“   ~※~   Der Plan hatte sich nicht geändert.    So vorhersehbar wie immer.    Süßkram und Kaffee bei Knohohas am meisten unterschätzten Kissaten.    Eine Tradition.    Jedes Jahr an Shikamarus Geburtstag hielt Ino sie auf fast schon religiöse Weise aufrecht. Dagegen zu protestieren war vollkommen aussichtslos, aber das Protestieren war trotzdem ebenfalls ein wichtiger Teil der Tradition. Und so geschah es mit jährlicher Vorhersehbarkeit, dass Shikamarus finstere Miene ohne irgendeine Anstrengung oder Wirkung an ihren Platz rutschte.    „Nein.“   „Doch.“   Ino grinste breit, schlang die Arme um ihre Teamkameraden und nahm eine kommandierende Aura an, die Shikamaru und Chōji ihr nie verliehen hatten, aber genauso wenig hatten die Männer den Mut dazu, zu versuchen, sie ihr wegzunehmen.    Viel zu viel Aufwand.   Ino marschierte sie wie eine Matrone den Bürgersteig entlang. „Ich frage mich, ob es sich verändert hat.“   „Das sagst du jedes Jahr.“, murrte Shikamaru und neigte sich so weit von ihr fort, wie es ihm möglich war, während er durch die Gegend gezerrt wurde. „Und es hat sich noch nie verändert.“   Ino ruckte an seinem Arm und zog ihn wieder näher. „Nun, es ist doch gut, dass manche Dinge bleiben, wie sie sind.“   „Das hier bleibt immer wie es ist.“   „Es gefällt dir.“, bemerkte Ino mit vollkommener Selbstsicherheit.   Shikamaru runzelte die Stirn und ruckte seinen Arm frei, um beide Händen in den Taschen seiner schwarzen Hose zu vergraben. Dazu trug er ein ebenso dunkles langärmeliges Shirt mit Rundhalsausschnitt. Nicht ein einziger Hauch von Farbe oder Anstrengung. Die dichten Strähnen seines Haares waren zu ihrem üblichen hohen Zopf zusammengebunden.    „Du hättest dir zumindest ein bisschen Mühe geben können, weißt du.“, meckerte Ino und warf ihm einen strengen Blick zu. „Man könnte meinen, irgendjemand wäre gestorben. Selbst Chōji sieht mehr nach einem Geburtstagskind aus als du!“   Zugegebenermaßen wies Chōji tatsächlich ein strahlenderes Aussehen und einen fröhlicheren Gesichtsausdruck auf.    Der Akimichi war in Rot und Waldbraun gekleidet – der personifizierte Herbst. Sein kastanienbraunes Haar war auf eine Art zerzaust, die darauf schließen ließ, dass er es nur mit den Fingern gekämmt hatte. Ino jedoch hatte sämtliche Register gezogen, um absolut sicher zu gehen, dass sie wie ein wandelndes Gemälde aussah.    Shikamaru bedachte sie mit einem subtilen Blick.   Das blonde Haar perfekt frisiert fiel ihr langer Pony nach unten, um die schlanke Neigung ihrer Kieferlinie und Kehle einzurahmen. Die blassgoldenen Enden kitzelten über ein scharf geschnittenes Schlüsselbein, das von einem lilafarbenen Top mit Wasserfallausschnitt freigelegt wurde, das schräg von der Schulter abfiel; ein strategischer bewusster Ausrutscher, um Blicke auf sich zu ziehen. Ein schwarzer Rock, der in der Mitte der Oberschenkel endete, vervollständigte das Outfit und war so eng, dass Shikamaru wusste, dass sie viel Aufhebens darum machen würde, ihn nach unten zu ziehen, sobald sie saßen.    Lästiges Mädchen…   Letztes Jahr hatte sie zumindest noch Seidenstrumpfhosen darunter getragen. Doch jedes Jahr wurde ein bisschen mehr Haut gezeigt. Shikamaru war sich nicht sicher, was er von all dem halten sollte; was aber hauptsächlich der Tatsache geschuldet war, dass er nie ernsthaft darüber nachgedacht hatte. Er wusste, dass es an Chōji nagte und dass Asuma stets stiller und aufmerksamer gegenüber männlichen Chūnin und Jōnin war, wenn sie das machte.    Sie ist kein Kind mehr. Sie kann auf sich selbst aufpassen…   „Ich werde mit dir shoppen gehen und dann werden wir endlich mal etwas gegen deinen vollkommen Stilmangel unternehmen.“, kommentierte Ino leichthin und spähte zu ihm herüber, um zu sehen, ob sie einen spielerischen Anstieg der Stimmung bei ihm erreichen konnte. „Kein Mädchen wird dich auch nur eines Blickes würdigen, wenn du so mürrisch und abweisend aussiehst.“   „Witzig…bei Sasuke hat es funktioniert.“   Chōjis Kichern brach mit einem Jaulen ab, als Ino ihm mit dem Ellbogen in den Bauch stieß.    „Das ist nicht witzig, Shikamaru.“, knurrte sie.    „Gut, ich möchte nicht mein mürrisches und abweisendes Image ruinieren.“   Ich funkelte ihn an. „Was ist nur los mit dir?“ Ihre Augen verengten sich ein bisschen, als sie ihn musterte. „Kannst du immer noch nicht schlafen?“   Shikamarus Kiefer verkrampfte sich. „Wer hat dir gesagt, dass ich nicht schlafe?“   „Pff, du bist noch griesgrämiger als sonst und dann wären da auch noch diese zombiemäßig dunklen Ringe.“ Ino tippte sich unter eins ihrer Augen und ihre Besorgnis erhellte sich mit einer Lösung, von der er ganz genau wusste, dass er sie gar nicht erst hören wollte.    „Nein!“, sagte er vollkommen automatisch.   „Dunkle Ringe.“, murmelte Ino zu sich selbst und ließ ihre Schultertasche mit einem Zucken in ihre Armbeuge rutschen. „Hey, ich habe hier etwas, dass das ganz schnell beheben wird!“   „Denk nicht mal dran!“ Shikamaru schüttelte vehement den Kopf und trat einen gemessenen Schritt von ihr fort, um zu vermeiden, dass er über die Straße gezerrt und von weiberhaften Produkten entmannt wurde. „Wenn man bedenkt, wo du uns hin buxierst, würde ich sehr gerne irgendwie mit intakter Männlichkeit aus der ganzen Sache wieder heraus kommen…“   Chōji kicherte erneut und bot keinen Widerstand gegen Inos Misshandlung, als sie die Straße hinüber zu dem vertrauten regenbogenfarbenen Kaffee- und Teelokal überquerten.    Ugh, warum…   Trotz des reflexartigen Erschauderns, das diese Farben auslösten, war es amüsant, einen so kunstvollen Farbklecks inmitten einer Reihe einheitlicher und unauffälliger Geschäfte und Restaurants zu sehen. Dieses Kissaten lag ganz am Ende des Bürgersteiges und wirkte irgendwie, als wäre es vom Rest der Straße geächtet worden. Da die Regenbogenfarben des Gebäudes mit der Zeit verblasst waren, waren die knalligen Schattierungen nach und nach zu pastellfarbenen Imitationen abgestumpft, die das ursprünglich so grelle Aussehen deutlich weniger peinlich machten.    Aber das alte Kaffeehaus war stolz auf seinen Namensgeber.    Shikamarus Blick hob sich zu dem hölzernen Schild, das über den Eingang genagelt war.    „NIJI“   Das Wort für ‚Regenbogen‘ war in handgemalten Lettern geschrieben, die wie klobiges, aber dennoch irgendwie künstlerisches Gekritzel aussahen. Der breite Text, der inzwischen leicht abblätterte und abgenutzt war, provozierte trotzdem immer noch ein schwaches Zucken von Shikamarus Mund.    Und dann dämmerte es ihm schlagartig, wie nah ‚Niji‘ an einem Namen war, an den er nicht denken wollte.    Scheiße.   Er presste die Lider aufeinander und brauchte einen Moment, um den Gedanken beiseite schieben zu können.    „Hey!“, rief Ino und reckte ihren Hals. „Beeil dich, Drückeberger!“   „Jo, beruhig dich…“ Shikamaru trottete auf den Bürgersteig und gesellte sich wieder zu Chōji, als Ino sie in den Laden führte.   Das erste, das Shikamaru ins Gesicht schlug, war das schwere kopflastige Aroma von Kaffee. Allein die reichhaltige Qualität des Geruches schien seine Kehle hinunter zu gleiten, als hätte er gerade einen Schluck des Gebräus genommen. Er inhalierte tief und Erinnerungen wurden von dem Hauch einer Sorte aufgewühlt, die er nur einmal im Jahr zu sich nahm.    Kein anderer Ort machte Kaffee so wie Niji.   Die Besitzer besaßen hinter der Theke ein geradezu verrückt aussehendes und laborähnliches Equipment. Es handelte sich um ein Familiengeführtes Geschäft und sie arbeiteten wie ein Clan aus Alchemisten, die in den endlosen dunklen Tiefen der Kaffeebohne das Elixier des Lebens suchten.    Shikamaru war nicht leicht zu beeindrucken, aber verdammt, Nijis Gebräu war einfach unübertroffen.   Ino legte sich die Hände an die Hüften und schnupperte mit einem genüsslichen Summen in die Luft, als sie den Blick durch das Lokal schweifen ließ. „Oh wow.“   „Du hasst Kaffee.“, stellte Shikamaru grinsend fest, während er an ihre Seite trat und die vertraute Ausstattung musterte.    „Aber du magst das Zeug.“, erwiderte Ino und wartete nicht auf seine Antwort, als sie auch schon den Gang zwischen den Tischen entlang spazierte und dabei träge mit den Hüften schwang, während ihre Augen durch den Raum wanderten und sie den Blick jeder männlichen Person hier auf sich zog.    Chōji legte die Stirn in Falten. „Warum macht sie das?“   Shikamaru seufzte und schüttelte den Kopf. „Nicht jetzt.“   Nie.   Ino damit zu konfrontieren würde mehr als wahrscheinlich zu einer ballistischen Kopfverletzung führen. Das letzte Mal, als er die Sprache auf diese Angewohnheit gebracht hatte, hatte sie einen Wasserkrug nach ihm geworfen. Die einzigen Gelegenheiten, dieses Gebiet halbwegs sicher betreten zu können waren, wenn Asuma in der Nähe war; ausschließlich für Kollateralschadenszwecke und um als menschliches Schild zu fungieren.    Zeit für diesen Kaffee…   Shikamaru folgte Chōji und ließ den Blick über die Wände des Kaffeehauses wandern. Während die meisten Kissaten eher Traditionalität zugeschrieben wurden, war das Niji nicht nur stolz auf seinen Kaffee, sondern auch auf Kreativität. Fusama Paneele dienten als Wände und Malereien illustrierten einen weiten Himmel, der sich um das gesamte Etablissement zog. Und diese Paneele wechselten im Laufe des Tages je nach Uhrzeit. Am späten Nachmittag war alles in den Farbtönen des Sonnenuntergangs und flammengezeichneten Wolken gehalten.    Es war diese Empfindung, sich in einem geerdeten Stück des Himmels zu befinden, das Shikamarus Aufmerksamkeit überhaupt erst auf das Niji gerichtet hatte. Damals waren sie noch Genin gewesen und nur dieses geringste Zeigen von Interesse seinerseits war für Ino genug gewesen, um es in ihrem Verstand fest zu zementieren.    Sie hatte darauf bestanden, diesen Ort fortan zum Lieblingsplatz des Teams zu machen.    Beide ihrer Teamkameraden hatten sich komplett geweigert.    Jeder Ort, der im Außenbereich in Regenbogenfarben dekoriert war, wäre ein absolutes No-Go.    Shikamaru wusste, dass Asuma zu dieser Zeit gelacht hätte, wenn er nicht sehr schnell in die andere Richtung davon gelaufen wäre. Schnell genug, dass sich Gai ihm bei diesem ‚jugendlichen Trainingsmarsch‘ angeschlossen hatte.    Und Ino hatte nicht aufgegeben.    Es hatte gute zwei Wochen des ununterbrochenen Nörgelns gebraucht, bevor sie es geschafft hatte, Shikamaru und Chōji irgendwie in diesen Laden zu bekommen, obwohl beide Männer wild darauf bedacht gewesen waren, dieser Demütigung zu entgehen.   Ihr allerletzter Trumpf hatte ihr den Sieg beschert.   Sie hatte die Wasserspiele eingesetzt – mitten auf der Straße. Und Chōji als der große leichtgläubige Softie, der er war, war eingeknickt wie ein dürrer Reisigzweig und hatte Shikamaru mit sich in das schlechte Gewissen gezerrt, das sie letztendlich durch Nijis Türen getrieben hatte.    Ino zeigte sich kompromissbereit, indem sie vorgeschlagen hatte, nur ein einziges Mal im Jahr gemeinsam hierher zu kommen.    Chōji hatte gescherzt, dass dieses eine Mal ja an Shikamarus Geburtstag sein könnte.    Und das hatte den Pakt besiegelt.    Shikamaru hatte zwar nicht zugestimmt, aber er hatte auch nicht diskutiert. Und das hatte er auch nur deswegen unterlassen, weil es einfach eine Tatsache war, dass Niji den besten verdammten Kaffee in ganz Konoha servierte.    „Perfekt!“, verkündete Ino jetzt und strich mit einer Hand über den vierseitigen Tisch, an dem sie immer saßen und klopfte in einer rituellen Begrüßung darauf. „Wir sollten unsere Namen da rein ritzen.“   Shikamaru hob eine Braue. „Du wirst meinen Namen nirgendwo rein ritzen.“   „Du verstehst echt keinen Spaß.“   „Na dann hab Spaß daran, hier rausgeworfen zu werden.“, grummelte er und ließ sich Chōji gegenüber auf demselben abgenutzten Stuhl nieder, den er immer für sich beanspruchte. Das gemütliche, weiche Leder der Sitzfläche legte sich wie eine große hellbraune Wolke um ihn.    „Ich wette, dass sie uns das erlauben würden.“ Ino setzte sich auf einen gleichermaßen bequemen Stuhl und zog an ihrem Rock, als er nach oben rutschte. „Außerdem glaube ich, dass ihr Sohn ein ziemlicher Softie ist. Ich könnte ihm schöne Augen machen und ein bisschen Honig ums Maul schmieren.“   Shikamarus Lippen bogen sich, begleitet von einem Stirnrunzeln, nach unten, er sagte aber nichts. Er sah zu, wie Chōji eine Hand nach den wolkenförmigen Getränkekarten ausstreckte, während Ino einen kurzen Blick über die anderen anwesenden Gäste wandern ließ.    „Yep. Alles beim Alten.“, kommentierte sie und schob sich den dichten Pony aus dem Gesicht.    „Hab ich dir doch gesagt.“, sagte Shikamaru und stellte einen Ellbogen auf dem niedrigen Tisch auf, während er träge durch den Raum spähte und den vollkommenen Mangel an Veränderung in sich aufnahm.    Es war noch immer ein eingefrorenes Bild des ersten Males, als er hier gewesen war. Als wäre die Zeit vor Jahren mit einer Brise in das Kaffeehaus gekommen, um eine Pause zu machen und wäre niemals wieder gegangen. Sie hielt sich in einem komfortablen Muster, das für immer in die Vergangenheit gehören würde.    Widerwillig musste Shikamaru anerkennen, dass Ino recht hatte; auch wenn er das niemals zugeben würde.    Manche Dinge blieben, wie sie waren.    Und es war gut so.   ~❃~   Asuma erwachte ruckartig; von einem Hieb gegen seinen Kiefer aus dem Schlaf gerissen. Eine benommene Sekunde später realisierte er, dass es Kurenais Ellbogen gewesen war.    Instinktiv spannte sich sein Arm an, den er um sie gelegt hatte. „Kurenai?“   Die Kunoichi stieß sich von ihm fort; es war ein schockierend starker Stoß, der ihn beinahe aus dem Bett rollte, als sie die Laken beiseite riss und in einem Wirbel aus Seide und dunklen Haaren zum Badezimmer stürzte und die Tür hinter sich zuknallte.    Scheiße. Nicht schon wieder.   Asuma runzelte die Stirn und war sofort auf den Beinen, um joggend das Bett zu umrunden, während er den verstreuten Blütenblättern, Stängeln und Blumenköpfen auswich, die auf dem Boden lagen.    Alarmiert und besorgt fuhr er sich mit einer Hand durch sein Haar. „Kurenai?“   Das Rauschen der Dusche erscholl aus dem Inneren des Badezimmers, doch es war nicht laut genug, um das erstickte Geräusch von Erbrechen überdecken zu können. Asumas Augen wurden rund, zuckten zur Uhr und schwangen dann zurück zur Tür.    „Kurenai, mach die Tür auf.“   Nichts.    Asuma versuchte es mit der Türklinke aber ohne Erfolg. „Kurenai!“   Keine Antwort.    Er spähte hinunter auf Klinke und packte sie fester, während er leicht die Schulter fallen ließ, um sich darauf vorzubereiten, die Tür einzurammen. Doch dann wurde die Dusche abgestellt, der Wasserhahn am Waschbecken aufgedreht und ein Versuch, die Tür zu öffnen brachte ihn dazu, etwas zurück zu weichen.    Sie schwang leise auf.    Kurenai sah zu ihm auf und ihre dunkle Mähne wogte wie eine wilde zerzauste Wolke aus schwarz um sie herum. Eine Zahnbürste steckte in ihrem Mund und zog Asumas Blick hinunter auf ihre Lippen. Sie schürzten sich leicht, als sie fragend summte.    Asuma hob eine Braue und setzte die Hände an die Hüften, um sich davon abzuhalten, sie automatisch nach ihr auszustrecken. „Schon wieder?“   Kurenai zuckte mit den Achseln und hatte sich einen Arm defensiv um die Taille geschlungen, als sie sich dem Spiegel zuwandte und mit der Zahnbürste energisch in ihrem Mund herumfuhrwerkte. Ansonsten bot sie keine Reaktion an.    „Das ist der vierte Morgen diese Woche.“ Asuma zog sich ein Stück zurück und verlagerte das Gewicht, um eine Schulter an den Türrahmen zu lehnen; er war sich nicht sicher, wie er vorgehen sollte.    War sich nicht sicher, ob er das überhaupt wollte.   Feigling.   Er runzelte die Stirn und es gefiel ihm überhaupt nicht, wie sehr sich das in seinem Hinterkopf nach der Stimme seines Vaters anhörte. Erneut verlagerte er das Gewicht, um sich etwas mehr dem Türrahmen entgegen zu neigen und versuchte dabei, eine entspannte Pose einzunehmen.    Seine Finger zuckten; ein klares Zeichen, dass er sich nach einer Zigarette sehnte.    Er war nicht dumm. Oder naja, zumindest war er an einem guten Tag nicht dumm. Gestern war ein schlechter Tag gewesen. Ein schlechter Tag, an dem sich Kakashi auch noch dazu entschlossen hatte, ihn noch ein bisschen komplizierter zu machen, indem er dem Hirn des Sarutobi Hirn dabei geholfen hatte, geradezu lächerlich einfache Gleichungen auf Geninlevel zu lösen.    ‚Jeden Morgen? Hast du vielleicht mal darüber nachgedacht, dass es keine Magenverstimmung ist?‘   ‚Was soll es denn sonst sein?‘   ‚Asuma…wenn ein Mann und eine Frau-‘   ‚Ich werde ganz sicher nicht in diesen Gedankengang mit einsteigen, Kakashi.‘   ‚Naja, ich glaube sowieso, dass du die Phasen von ‚alle an Bord‘ und ‚ab durch den Tunnel‘ schon hinter dir hast.‘   ‚Du musst wirklich aufhören, diese Bücher zu lesen. Diese sexuellen Euphemismen sind grauenhaft.‘   ‚Folg dem Zug ein bisschen weiter, Asuma.‘   ‚Oder vielleicht hörst du einfach auf, dich so kryptisch auszudrücken und sa- Oh Shit…‘   ‚Und wir haben es geschafft. Du bist angekommen.‘   ‚Scheiße.‘   ‚Ein Rat? Sag das lieber nicht zu ihr.‘   ‚Scheiße.‘   ‚Ja, genau das.‘   Asuma sah zu, wie Kurenai mit der Hand Wasser in ihren Mund schöpfte und die körnige Minzpaste fortspülte, während sie ihre Zahnbürste neben seine in den Becher mit dem Affengesicht stellte, der auf dem Waschbecken stand.    „Es ist nur eine Magenverstimmung.“, wies sie ab. „In ein paar Tagen ist es vorbei.“   Asuma studierte sie unter schweren Lidern und versuchte, sie durch den Spiegel einzuschätzen. „Vielleicht solltest du das mal untersuchen lassen.“   „Es ist nichts.“   Oh, es war ein gottverdammtes ‚Etwas‘.   Er hatte sie ebenso gut zu lesen gelernt wie sie ihn. Und nach der Art zu urteilen, wie ihre Hände in hastigen Bewegungen über Gegenstände strichen, die sicher nicht ausgerichtet oder sauber gemacht werden musste, konnte er deutlich erkennen, dass sie ebenso angespannt war wie er.    Oder sogar mehr als er.    Kurenai nahm sich Zeit, um alles gerade zu rücken, wusch das Waschbecken aus und zog die Hähne fest zu, obwohl das Wasser schon lange versiegt war. Und nachdem nichts mehr übrig war, um das sie sich hätte kümmern können, schob sie sich ein paar dunkle Strähnen hinter ihr Ohr und drehte sich ihm wieder zu; einen Arm hatte sie noch immer locker um ihre Taille gelegt.    Asuma hob langsam die Augen, um ihre Blicke zu verbinden.    Rasch sah sie zur Tür.    „Du wolltest es dir einfach machen und sie einfach einbrechen, oder?“, neckte sie. Ihre tiefe satte Altstimme kitzelte auf eine subtil verführerische, aber mächtig ablenkende Weise an Asumas Instinkten.   Er brachte ein angespanntes Lächeln zustande und kratzte sich schuldbewusst an seinem Hinterkopf. Doch er dachte nicht an ihre Tür. Tatsächlich brachte das, auf was ihre Worte vermutlich angespielt hatten, seine Augen dazu, sich vollkommen von ihr abzuwenden.    Kurenais Lächeln geriet ins Wanken.    Sie zog die Schärpe ihrer Robe fester und schob sich an ihm vorbei wie eine Katze, die sich ihren Weg um einen unberechenbaren Wolf herum suchte. Asuma zog angesichts ihres Widerwillens und seiner Dummheit, das auch noch zu verstärken, die Brauen zusammen. Sie versuchte, an ihm vorbei zu schlüpfen.    „Hey…“ Sein Arm hakte sich um sie und zog sie zärtlich an seine Seite.    Sie versteifte sich ruckartig in seinen Armen.   Asuma zog scharf die Luft wegen des entsetzlichen Gefühls ein, mit dem ihn das zurückließ.    Es war wie der verspätete Schmerz eines harten Trittes in die Magengegend.    Nach einem angespannten Herzschlag entspannte sie sich etwas, zog ihren Kopf unter sein Kinn und schlang blasse Arme wie Ranken um seine Taille; absorbierte seine Wärme, während er ihre starken Kurven an sich schmiegte.   „Bist du ok?“ Eine dumme Frage, aber dennoch das Erste, was seinen Mund verließ.    Sie summte.    Da ihm diese unverbindliche Antwort ganz und gar nicht gefiel, strich er mit den Fingern durch ihre wilde dunkle Mähne. Sie lehnte sich nicht zurück oder kuschelte sich in die Berührung, wie sie es sonst immer tat.    Okay. Das sollte ich am besten clever angehen.   Kurenai hielt ihn locker und verstärkte gelegentlich ihre Umarmung, bevor sie sie rasch wieder löste. „Sag ihnen alles Gute von mir.“   Asuma schmunzelte und strich einen Kuss über ihr Haar. „Das mache ich.“   „Nein, das machst du nicht.“ Kurenai lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. „Sie würden dich nämlich viel zu sehr deswegen triezen.“   „Ich werde auf mentale Weise die Botschaft übermitteln. Ino wird es vermutlich mitbekommen.“   „Sie sind auf jeden Fall scharfsinnig genug, oder?“   „Ich schwör‘ dir, ich habe keine einzige entspannte Sekunde.“, grummelte Asuma kopfschüttelnd. „Sie stürzen sich auf mich und es macht mich wahnsinnig, dass sie so viel wissen. Ich habe dir doch gesagt; sie sind wie eine sich erhärtende Stalking-Einheit, ohne dass sie mich wirklich stalken. Es macht mich schon paranoid.“   „Sagt der Mann, der seine Schüler stalkt, wenn irgendetwas los ist.“   „Aber es ist nichts los, sie mögen es einfach nur, mich zu quälen und zuzusehen, wie ich mich winde. Und ich stalke nicht. Ich beobachte heimlich von einem erhöhten Aussichtspunkt.“   Kurenai legte lächelnd den Kopf in den Nacken. „Du rufst Ninken und schleichst über die Dächer.“   Asumas Lippen bogen sich in einem schwachen Lächeln. „Du kennst mich zu gut.“   Kurenai wurde angesichts dieser Worte sehr still. Sie hielt sich selbst aufrecht, als hätte sie eine kalte Brise erfasst. Asumas Finger wanderten langsam über ihre Wirbelsäule.   „Kurenai-“   „Vielleicht wäre es besser, wenn du nicht hier bleibst, solange ich diese Magenverstimmung habe.“, schnitt sie ihm das Wort ab.   Seine Hand hielt an ihrem unteren Rücken inne.   Er antwortete ihr nicht sofort und wog seine Erwiderung gegen das Gewicht in seiner Brust ab. Letztendlich entschied er sich für ein neutrales Herangehen und ließ seine Worte leise über die Lippen fließen, während er darauf hoffte, so das Unbehagen vertreiben zu können, das sich in einem Bereich von ihm niederließ, der immer zufrieden damit gewesen war, sich von dem zu distanzieren und davon zu gleiten, was auch immer versuchte, ihn festzubinden.    „Du willst, dass ich gehe?“   Kurenai zuckte mit den Achseln. „Du musst nicht bleiben.“   Das ließ ihn die Stirn runzeln. Er wusste, dass er nicht bleiben musste. Am Anfang hatte er das auch nie getan. Und die Tatsache, dass sie das an ihm akzeptiert hatte, war überhaupt erst der Grund gewesen, warum er damit begonnen hatte.    Nun, nicht der einzige Grund.    Es ist nicht mehr so simpel.   Über Monate hinweg war es simpel gewesen.    Aber Kurenai tat auch jetzt, was sie immer getan hatte; sie öffnete die Tür, bot ihm einen Ausweg an, den seine rastlose ungebundene Natur noch vor wenigen Monaten ohne zu zögern ergriffen hätte.    Bindung war noch nie hoch oben auf der Liste seiner Wünsche und Bedürfnisse gestanden – oder Tugenden.   Er dachte, dass dieser Mangel an Bindung einfach seine Natur war. Verdammt, er hatte immerhin sein Dorf verlassen, oder etwa nicht? Die essentiellste Sache, zu der er irgendeine Art von Verpflichtung hätte verspüren müssen. Doch er hatte das sprichwörtlich grünere Gras jenseits dessen gesucht, was Konoha geboten hatte. Und dann war die einzige feste Bindung, die er jemals eingegangen war, direkt in seinem Gesicht explodiert. Er hatte sich einer Elitegruppierung verschrieben, die ihn mir gekostet hatte, als er davon erhalten hatte.    Dämliches, naives Kind.   Er war müde und seelenkrank und vernarbt nach Konoha zurück gekommen. Der verlorene Sohn eines Hokage Vaters, den er niemals wirklich verstanden hatte. Nach der Entfremdung von den Zwölf Elite-Ninja-Wächter war er zurück in seine alte blasierte Haut geschlüpft. Doch diese Haut hatte ihm niemals wieder so gepasst wie vorher.   Er hatte dieses Unbehagen ignoriert.    Er hatte es fort geraucht.   Und mit diesem Stoßdämpfer an seinem Platz hatte er sich für ein Geninteam angemeldet und sein Privatleben damit verschwendet, sich subtil durch die Reihen der Kunoichi zu flirten. Er war zahlreiche Affären eingegangen, die man nicht wirklich als Beziehungen bezeichnen konnte – vielleicht eher „Arrangements“.   Und das war ihm nur recht gewesen.    Bis er Kurenai getroffen hatte.   Die Chemie zwischen ihnen war elektrisierend, die Unterhaltungen locker und die Anziehungskraft unmittelbar. Und eine gemeinsame ungeplante Nacht voller wilder und rücksichtsloser Leidenschaft nach einer Mission hatte ihn hartgetroffen; es hatte all seine vorherigen Arrangements in die Tonne getreten.    Sie hatte ihn auf eine Weise zu fassen bekommen, die er nicht abschütteln konnte.    Sie hatte ihn eingefangen, indem sie festhielt, als würde sie ihn niemals gehen lassen, wenn er sie sich nahm und indem sie ihn losließ und fragte, ob er gehen wolle, kaum, dass es vorbei war. Es war kompliziert und seltsam und nicht die Art Arrangement, in die er verwickelt werden wollte.    Doch sehr bald war sie das einzige Arrangement geworden, das er wollte.    Am Anfang war er nachts immerzu gegangen.    Aber er war niemals länger als ein paar Tage fort geblieben.    Jedes Mal wieder hatte er sie aufgesucht.    Es wurde ihm erst bewusst, dass er schon viel zu tief in dieser Sache steckte, als er angefangen hatte, an Tagen, in Nächten oder Wochen auf sie zu warten, in denen er sie nicht finden konnte. Er war niemals irgendwo anders hingegangen, was ihm mit dem Gedanken zurück gelassen hatte, dass sie das vielleicht tat. Ein Gedanke der ihn dazu gebracht hatte, rastlos auf dem Boden seiner Wohnung hin und her zu laufen, wie ein boshaftes, verlorenes Tier.    „Lustkranker Welpe.“, hatte Genma gescherzt, nur um von Gai darüber belehrt zu werden, wie dieses Klischee richtig hieß. Asuma hatte diese Aussage mit einem subtilen Funkeln in die Richtung beider Jōnin ausgelöscht.    Kakashi war klug genug gewesen, einfach gar nichts zu sagen.    Nicht, dass das bei ihm nötig gewesen wäre; dieser großspurige, hinterhältige Bastard. Sein Auge hatte sich zu diesem maskierten Schmunzeln gebogen, das mehr sagte, als Asuma hören wollte; völlig egal ob unausgesprochen oder nicht.    Er war nach Hause gegangen und hatte sich in einen ruhelosen Schlaf geraucht.    Und als Kurenai endlich wieder von dieser vierwöchigen Mission zurück gekommen war, hatte er auf die primitivste Art Jagd auf sie gemacht, mit der ein Mann eine Frau suchen konnte. Er hatte sie sich dort genommen, wo er sie gefunden hatte, auf einem Bett aus Laub; hatte Lust vergossen und Sex in etwas unendlich Tieferes und viel Komplizierteres verwandelt.    Die Emotionen waren ebenso nackt zwischen ihnen gelegen wie ihre Körper im Glühen des Abendrots.    Allein der Gedanke daran provozierte jetzt ein heftiges Pochen in seiner Brust.    Asuma lehnte sich etwas zurück und hakte einen Knöchel unter ihr Kinn, um ihren Kopf etwas nach hinten zu legen. „Willst du, dass ich gehe, Kurenai?“   Kurenai winkelte ihr Kinn etwas höher an und trug ihr Herz in ihren Augen. „Bitte ich dich jemals zu gehen?“   Ein grimmiges Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln. „Du bittest mich nie zu bleiben.“   Kurenai versteifte sich und ließ ihre Arme von ihm sinken. „Das ist nicht fair, Asuma.“   „Willst du, dass ich bleibe?“, drängte Asuma sie und suchte ihre Augen ab; sah die Antwort in ihnen.    Kurenai sagte nichts und starrte mit einem Ausdruck zu ihm hoch, der sich tief in ihn schnitt; er war zerrissen und verletzt und strotzte vor viel zu vielen Emotionen, um sie in sich halten zu können. Sie sah blass und verängstigt aus und ihre Augen waren rot und roh wie zwei offene Wunden, als sie sein Gesicht absuchten.    „Du kannst manchmal ein richtiger Bastard sein, Sarutobi.“, wisperte sie und ihre Stimme war rau wie das Knurren einer Wildkatze. „Wie kannst du es wagen, mich das zu fragen?!“   Asuma schürzte die Lippen und zog den Kopf zurück, als hätte sie ihn geschlagen.    Vermutlich hätte sie das tun sollen. Aber auch das hätte ihn nicht gestoppt.    Seine Brauen zogen sich zusammen und gruben eine tiefe Falte in seine Stirn. „Frag mich, warum ich aufgehört habe zu gehen.“   Kurenai presste die Lider aufeinander und hob eine Hand, während sie so gefasst wie möglich einatmete, um das Beben in ihrer Stimme zu beruhigen. „Du wirst zu spät kommen.“   Asuma umfasste ihre Schultern und verstärkte seinen Griff, als sie versuchte, ihn abzuschütteln und lehnte sich nach vorn, um gegen ihr Ohr zu murmeln. „Dann frag mich, warum ich bleibe.“   Er hörte, wie sie schniefte und hätte schwören können, dass er ebenfalls hörte, wie ihr Herz hämmerte. Oder vielleicht war es auch seines. Vermutlich hätte er sich noch näher gebeugt, wenn sie nicht ihre Hände gegen seine Brust gepresst hätte und damit drohte, ihn fort zu schieben.    „Lass mich los, Asuma.“   Er löste seinen Griff, hielt seine Lippen aber weiterhin an ihr Ohr. „Warum kannst du mich nicht fragen?“   Sie faltete defensiv die Arme über ihren Bauch, zog sich aber nicht zurück. „Wann habe ich dich jemals etwas gefragt? Jemals um etwas gebeten?“   „Niemals.“ Asuma summte und umfasste ihr Kinn, um ihr Gesicht nach oben zu dirigieren. „Und genau deswegen sage ich dir, mich jetzt zu fragen…mich jetzt zu bitten.“   Kurenai hob die Wimpern, um ihn mit einem wilden, beinahe schon furchtsamen Blick festzupinnen und seine Augen zu suchen. Asuma atmete tief ein und hob die Brauen in einer stummen Herausforderung. Kurenai ließ sich nicht einschüchtern. Sie schreckte – seltsamerweise – nur dann vor ihm zurück, wenn sie gemeinsam irgendetwas Häusliches machten. Ihre intimsten und spielerischsten Momente brachten sie nie aus der Fassung, aber vollkommen banale und heimelige Rituale schafften das immer.    Er versuchte immer noch, daraus schlau zu werden.    Vielleicht sollte ich deswegen mal Kakashi in die Mangel nehmen…   Kurenai fuhr indessen weiter fort, sein Gesicht zu mustern und karmesinrote Augen verengten sich. Verwischte Wimperntusche ließ sie weicher erscheinen als den Blick, mit dem sie ihn zu durchbohren versuchte.    „Warum jetzt?“, wisperte sie.    Er zuckte mit den Achseln. „Warum nicht?“   Kurenai schloss die Augen. „Du wirst zu spät kommen, Asuma.“   Es brauchte diese vollkommen unzusammenhängende Aussage nicht, um ihn wissen zu lassen, dass dieses instabile Gebiet ihr zu bedrohlich wurde. Und wenn man alle Aspekte bedachte, dann sollte es auch für ihn bedrohlich sein. Er drängte sie dazu, an einen Ort zu gehen, von dem er sich selbst immer geschworen hatte, sich niemals dorthin zu begeben. Nicht nur wegen der Bindung, sondern weil er niemals gedacht hatte, dass er lange genug überleben würde, um dorthin zu gelangen, selbst wenn er es gewollt hätte.    Und genau das ist es…   Er wollte es.    Rasch warf er einen Blick auf den affengesichtigen Becher auf dem Spülbecken; ihre Zahnbürsten lehnten Nacken an Nacken aneinander. Er hatte sich vor Monaten auf diesem instabilen Gebiet niedergelassen; Spuren von ihm waren überall in ihrem Zuhause zu finden, selbst dann, wenn er nicht da war. Es war der Grundstein für etwas Stärkeres.    Vorsichtig spähte er zu ihr hinunter.    „Nun, es ist normal für mich, zu spät zu sein, wenn es um die wichtigen Dinge geht.“, erwiderte Asuma leise und seine Augen waren dabei ebenso weich und schwer wie seine Stimme. „Aber am Ende komme ich immer an.“   „Ja…“ Kurenai blinzelte langsam und legte eine Hand an seinen Kiefer, um der rauen Linie seines Bartes bis hinauf zu seinem Haar zu folgen. Mit einem zärtlichen Schwung ihrer Finger schob sie es zurück. „Aber vielleicht liegt das nur daran, dass du dich dazu verpflichtet fühlst, anzukommen.“   Asuma zwang sich zu einem Lächeln, um das Aufblitzen von Verwirrung auf seinem Gesicht zu kaschieren. „Du kennst mich besser. Ich verpflichte mich nicht.“   „Ich weiß, dass du das nicht tust…“, wisperte Kurenai und schüttelte den Kopf, als sie zurück trat. „Und ich würde dich niemals darum bitten.“   Asuma erwischte sie flink um die Taille und zog sie zurück wie ein Mann, der versuchte, sich an einer Welle im Ozean festzuhalten; dem nicht gefiel, wie weit die Gezeiten sie wahrscheinlich auseinander treiben würden, wenn er das hier davonziehen lassen würde, wie er es die letzten vier Tage getan hatte.    „Du denkst, dass ich bei dir bleibe, weil ich mich dazu verpflichtet fühle?“   „Ich weiß nicht, warum du bleibst.“, schnappte Kurenai und klatschte ihre Hände auf seine Brust, während sie die Schultern straffte, um ihn von sich zu schieben. „Aber jetzt musst du gehen.“   Ihr Stoß zwang ihn einen Schritt zurück in das Schlafzimmer und durchbrach seinen Halt an ihr. Mit einem Schwung dunklen Haares schlüpfte sie an ihm vorbei und die Seide ihrer Robe peitschte um ihre Beine, als sie auf das Bett zumarschierte, sich darüber beugte und nach den Laken griff, um sie mit scharfen ruckartigen Bewegungen glatt zu ziehen.   Asuma beobachtete sie schweigend.    Geduldig wartete er darauf, bis sie damit fertig war, den Stoff in die Spalten des Bettrahmens zu stopfen, bevor er sich ohne ein Wort hinter sie stellte. Kurenai ignorierte ihn und fuhr energisch mit der Handfläche über die karmesinrote Bettdecke, um die Falten herauszustreichen. Asuma legte seine Hände an die weichen Rundungen ihrer Hüften und schob sie dann weiter herum bis zu ihrem Bauch, bevor sie ihn von sich schubsen konnte.    Seine Handflächen ruhten flach auf ihrem Unterleib.    Kurenai erstarrte.    Langsam legte Asuma sein Kinn auf ihrer Schulter ab. „Du weißt, warum ich bleibe. Warum ich weiterhin bleiben werde. Und es hat nichts mit Verpflichtung zu tun.“   Sie versteifte sich in seinen Armen; so angespannt, dass sie schon beinahe bebte. Und für einen entsetzlichen, herzzerreißenden Moment konnte er vor sich sehen, wie er das Beste, das ihm jemals neben dem Team, das er trainiert hatte und immer noch betreute, verlor.    Kreide es dem Karma an, Sarutobi. Du hast sie niemals verdient…   Und dann spürte er das weiche Spritzen ihrer Tränen auf seinem Handrücken. Sie verbrannten sein Herz wie Säure; bis sich die warmen Spitzen ihrer Finger zwischen seine schoben und zaghaft zudrückten. Eine Woge aus Erleichterung flutete seine Brust und zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht.    Kurenai drehte ein kleines Stück den Kopf.    „Lächle für mich.“, wisperte er gegen eine tränenüberströmte Wange.    Und das tat sie; zitternd, aber wahrhaftig. Er küsste ihren Kiefer und wiegte sie zu einer Musik, die keiner von ihnen hören konnte, als er sie zu einem langsamen Tanz durch den Raum lockte, indem er sich rückwärts bewegte.    „Asuma.“, warnte Kurenai, doch er konnte das Hicksen von Belustigung in ihrer Stimme hören. „Du wirst dir nur selbst weh tun.“   „Ich bin ein Shinobi.“, konterte er mit einem wilden Grinsen. „Ich kann Gefahr wittern.“   „Auch wenn sie nach Rosen duftet?“   Und wie aufs Stichwort senkte sich Asumas Fuß auf einen Rosenstiel.    Die Dornen gruben sich direkt in seine Ferse.    „Scheiße!“, jaulte er auf und hüpfte auf einem Fuß weiter, der ihren Tanz eher in ein Springspiel verwandelte, das Kurenai in leises Kichern ausbrechen ließ.    Er fuchtelte mit seinem Fuß durch die Luft. „Das war das letzte Mal, dass ich versuche, irgendwas Romantisches zu machen.“   „Du hättest du Blütenblätter auch eigentlich vom Stiel entfernen sollen, du Höhlenmensch.“, lachte Kurenai und versuchte, sich in seinen Armen umzudrehen, nur um von ihm im Brautstil hochgehoben zu werden. „Asuma!“   „Ein Höhlenmensch würde dich über die Schulter werfen.“, bemerkte Asuma und hüpfte mit einer Grimasse hinüber zum Bett, während er versuchte, weiteren heimtückischen Stängeln auszuweichen. „Schön, das nächste Mal töte ich eben ein Mammut und bring es nach Hause, sodass du es kochen kannst.“   Kurenai schlang einen Arm um seinen Rücken und ihr Lachen ernüchterte. „Nach Hause?“   „Ja…nach Hause.“ Asuma schwankte an Ort und Stelle wie auf einem Drahtseil und hielt sie sicher an sich gedrückt. „Wie man so schön sagt…es ist dort, wo das Herz ist, oder?“   „So sagt man, ja…“ Kurenai umfasste seinen Kiefer und zog sein Gesicht zu ihr. „Aber ist es das?“   Asuma erwiderte ihren Blick für einen langen Moment schweigend und senkte seinen Fuß, bis er sicher und fest dastand. „Wenn ich bei dir bin, dann bin ich zuhause.“   Kurenais Augen weiteten sich und eine Flutwelle an Emotionen rauschte in einem Wirbel aus Angst, Hoffnung und Zärtlichkeit nach vorn. Die reichhaltige Mischung erwärmte sich und schwoll in diesen weinroten Augen an, die Asuma vom ersten Moment an berauscht hatten, als sich ihre Blicke getroffen hatten.    „Selbst wenn Zuhause mit Dornen und Ellbogen am Morgen einhergeht?“, neckte Kurenai, doch er konnte die doppelte Bedeutung in ihren Worten spüren.    „Man sagt auch, dass Liebe schmerzt.“   „Was sagst du dazu?“   Asuma grinste und neigte den Kopf, um ihre Nasen aneinander zu stupsen. „Es schmerzt so gut.“   Sie lächelte durch ihre Tränen und packte sein Herz erneut mit ihrem Blick.    Er würde definitiv zu spät kommen.     _____________________________ Tja was soll ich sagen: Willkommen bei 'On the Cusp' meine Lieben! Eigentlich hatte ich mir FEST vorgenommen, mir nach dem Monster, das BtB war, eine Pause zu gönnen...und dann kamen sie...die beiden Bastarde...das Nara Genie und das Hyūga Ausnahmetalent...haben sich in meinen Kopf genistet und mich nicht mehr in Ruhe gelassen und hier ist er: Der Anfang der zweiten Reise der beiden, auch wenn in diesem Kapitel noch auf Neji verzichtet werden muss, ich hoffe, ihr seht mir das nach ;)  Und EIGENTLICH hatte ich mir auch fest vorgenommen, keine Kapitel mehr zu schreiben, die länger als 6000 Worte sind...auch das hat - wie ihr seht - ganz famos funktioniert -.-' xD Naja wie auch immer, ihr seht hier auch schon, dass es sich nicht mehr einzig und allein um Shikamaru und Neji dreht, sondern auch noch ein paar andere Protagonisten dazu kommen ;)  Über ein paar Worte würde ich mich natürlich wieder sehr freuen, das wisst ihr denke ich und ich bin schon sehr gespannt, wer von euch mich und die beiden verkopften Shinobi noch weiter begleiten wird!!   Hosted by Animexx e.V. 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