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What hurts the Most?

von

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Ausflug mit Folgen?

Spätsommer. Es war jene Jahreszeit, die ich nie vergessen werde. Geschehnisse traten auf, die ich mir bis dato nicht ausmalen konnte. Es änderte alles. Mein Schicksal, meine Zukunft, mein Leben.

Heute stand ein besonderer Tag bevor, ein Klassentreffen. Ein tiefer Seufzer entfuhr mir. Man brauchte nicht eins und eins zusammenzuzählen, um zu wissen, dass ich kein Interesse daran hatte. Grundsätzlich mied ich Ansammlungen von über vier Personen und mehr, vor allem wenn es sich nicht um Kameraden oder Freunde handelte. Hierbei spielten verschiedene Gründe eine bedeutende Rolle. Unter anderem Mobbing und die vielen Umzüge. Meine Familie und ich verweilten nie lange an einen festen Platz. Wir zogen in Städte von deren Namen ich nie zuvor gehört hatte, andere Länder die weit entfernt von unserem Heimatort lagen und zuletzt an einen Ort, an den wir glücklicherweise auf längere Dauer verweilten. Dies war einer der Gründe, weshalb ich nur wenig Zeit für verschiedene Schulen besaß. Nicht zuletzt trug ich ebenso viele Geheimnisse mit mir.

Von klein auf hatten meine Mutter und ich selten gemeinsame Momente. Es schien, als sei ihr die Arbeit wichtiger. Mein Vater zog mich stattdessen liebevoll groß, zumindest bis wir umzogen. Damals glaubte ich, dass wir die stressige Zeitspanne bewältigten, aber es kam anders. Er konzentrierte sich fortan auf seine Arbeit. Eine Zeit lang bekam ich sowohl Mutter, als auch Vater kaum zu Gesicht. Nicht allzu lange dauerte es, bis ich den wahren Grund herausfand. Dad arbeitete bei der BSAA als Veteran für Einsätze. Meine Mutter war dahingegen bei einer Organisation namens Blue Umbrella in der Forschung tätig. Als das Militärunternehmen Blue Umbrella ins Leben gerufen wurde, war sie von Anfang an dabei. Vor einigen Jahren hätte ich Umbrella sicher verabscheut. Aus deren Vergangenheiten wurde ich noch immer nicht schlau. Das Einzige was ich wusste, dass meine Eltern sicher nicht zu den Leuten zählten, die böse Machenschaften anstrebten oder deren Komplizen sie sein würden. Umbrella, so wie man das Unternehmen kannte, hatte sich von Grund auf verändert. Sie entschlossen sich für die Verbrechen der alten Führungskräfte zu sühnen und Umbrellas 'dunkles Erbe' durch die ausschließliche Bekämpfung von Biowaffen wieder reinzuwaschen. Manches Mal arbeiteten sie mit der BSAA zusammen. Das Unternehmen existierte in dem Sinne nicht mehr. Blue Umbrella wurde zu einer passablen Organisation.
 

Dank meinen Eltern trat ich dieser mit achtzehn Jahren als Ausnahmefall bei. In diesem Alter traf man sich mit Freunden oder beschäftigte sich mit etwas anderem 'normalen', allerdings war ich nie wie die anderen Mädchen. Viele von ihnen achteten auf Make-Up und ihre Klamotten oder verschwendeten ihre Zeit mit anderem Weiberkram. Als junges Mädchen und nun auch als Frau, war und blieb ich sonderbar. Ich mochte es meinen Horizont zu erweitern und aus meinen Fehlern zu lernen. Es gab verschiedene Trainingsräume, sowie Einheiten, die ich absolvieren musste. Lernbegierig sog ich alles in mich auf, entwickelte Stärken, besaß aber auch meine Schwächen. Es stellte sich nur die Frage in welche Abteilung ich letztlich unterkam. In der Corporation gab es einzelne Abteilungen, wie die Forschung; Missionen, Krankenstation und vielem mehr. Nach einigem hin und her konnte ich meine Eltern dazu überreden, in eine Abteilung unterzukommen, die gefährlich war. Dieser Bereich bestand weitestgehend aus Missionen, die Ausschaltungen; Spionage, Bombenentschärfung, Entführungen und mehr enthielten. Dies war eines der Geheimnisse, die ich vor meiner Klasse verbergen musste. Selbst vor denjenigen mit denen ich Freundschaft geschlossen hatte. Für sie stand Vertrauen, als auch Zusammenhalt hoch im Kurs. Diejenigen urteilten nicht sofort und trotz meiner Verschwiegenheit und anfänglichen Ablehnung, blieben sie am Ball. Letzten Endes war ich froh, für mich wertvolle Freunde gefunden zu haben. Wegen meiner Feinde musste ich nun umso mehr auf sie aufpassen. Unsere Freundschaft war Segen als auch Unheil zugleich. Sie waren eine Schwachstelle und eine Zielscheibe für Feinde. Diese Situation musste ich wenigstens etwas entschärfen, deshalb traf oder meldete ich mich weniger bei ihnen. Ausnahmefall - Jessica und John. So sehr ich Abstand nehmen wollte, ich konnte es nicht.

Anfängliche Schwierigkeiten und Streitereien bei der Corporation hatte jeder und ich war keine Ausnahme. Viele Jahre zogen ins Land und ich wurde achtundzwanzig Jahre alt. Demnach hatte ich mir einige Fähigkeiten angeeignet. Manche Personen aus der BSAA, mit denen wir nun zusammenarbeiteten, behielten immer noch Vorurteile. Andere konnten wir mehr oder weniger beschwichtigen oder überzeugen. Noch immer kenne ich nicht alle aus der BSAA. Einer derjenigen mit denen ich anfangs nicht klar kam, weil er anscheinend schlechte Erfahrungen mit der Organisation gemacht hatte und etwas tief in seiner Vergangenheit verwurzelt zu sein schien, hieß Chris Redfield. Nach längerer Zeit und einigen gemeinsamen Missionen, änderte sich seine Meinung und meine ebenso. Fortan war er wie ein Bruder für mich.

Chris besaß kurzes braunes Haar, sowie einen kleinen Stoppelbart. Deutlich erkennen konnte man die Größe zwischen ihm und mir, zudem wirkte seine Statur breit und muskulös. Seine Konzentration lag vermehrt auf seine Arbeit. Ich besaß das besondere Privileg, dass er etwas aus seinem Privatleben Preis gab. Obwohl er immer ernst dreinschaute, war er liebenswürdig.

Was ich ebenfalls mochte, war meine bevorzugte Kleidung zu tragen. Mit dieser konnte ich meine Narben verstecken, die ich mir während einzelner Missionen zuzog. Ein Ying und Yang Zeichen prägte meinen rechten Oberarm. Es sollte mich daran erinnern, auf welcher Seite ich stand. Dieses Tattoo ließ ich mir im Alter von neunzehn stechen. Am Handgelenk trug ich lediglich ein schwarzes Lederarmband, welches mir meine Eltern schenkten. Mein Aussehen hob sich nicht von anderen Personen ab, dunkelgrüne Augen; schwarzes mittellanges glattes Haar, welches ich mir praktischerweise oft zu einem Zopf knotete; eine schmale lange Nase, die sich weiter unten etwas ausbreitete; geschwungene Lippen; dünne Augenbrauen; eine nicht zu große Oberweite; recht normale Figur...naja ein wenig sportlich war sie schon. Schmuck trug ich im eigentlichen Sinne nicht, bis auf einen Ohrpiercing zur rechten. Eine durchschnittliche Größe von 1.68m. Meine Kleidung bestand in all den Missionen aus einem grauen hautengen Shirt mit einer lockeren olivfarbenen dreiviertel Hose, die man unten mit Knöpfen bestickt hatte; dicke Boots die im allgemeinen schwarz mit roten Feuerzeichen und silbernen Schnallen versehen waren. Selbst in meinem Privatleben zog ich mich gern praktisch an. Bei Missionen und auch im Alltag unerlässlich, wie ich fand. Des Weiteren ging ich nie unbewaffnet vor die Tür, ein Messer diente mir als Hilfe, welches ich immer in einem meiner Boots versteckte.

Genug von meiner Lebensgeschichte erzählt. Konzentrieren wir uns auf das Hier und Jetzt, der Haufen an Arbeit, der vor mir lag.

Als ich die letzten paar Dinge in meinen Rucksack legte, kontrollierte ich ihn noch einmal.

Sicher ist sicher.
 

Ah! Ich vergaß zu erwähnen, dass es nicht nur ein bloßes Treffen zwischen Schulkameraden geben würde. Das Treffen sollte über ein Wochenende als Camping stattfinden, damit man sich genug austauschen konnte und Spaß hatte. Der Ort, an dem wir uns vorerst treffen mussten, war nicht weit von unserem Haus entfernt. Zumindest stand dies in einem Einladungsschreiben, der uns per Post zugesandt wurde. Den Rucksack kontrolliert, schloss ich diesen. Alles nötige war eingepackt. Nachdem ich die Türen und Fenster auf deren Verschlossenheit überprüfte und einige Fenster schloss, kehrte ich zur Eingangshalle zurück. Dies beanspruchte einige Minuten. Um nicht noch weitere kostbare Zeit zu verschwenden, wartete ich nicht länger, schulterte mir den Rucksack und ging heraus. Die Tür schloss sich, durch eine eingebaute Mechanik, automatisch hinter mir zu.

Der Ort sollte etwa fünfzehn Minuten entfernt sein, den man gut zu Fuß erreichte. Als Treffpunkt diente ein Parkplatz, welcher nicht oft befahren wurde. Man hörte viele schlimme Gerüchte über diesen, aber immerhin blieb das nicht unsere Übernachtungsstätte. Es hieß, dass wir inmitten eines Waldes oder Sumpfes übernachteten.

Auf den Weg dorthin, gab es keinerlei Zwischenfälle. Vielleicht lag es aber auch daran, dass das Haus im Versteckten lag und nicht für jeden zugänglich war. Selbst die Post wurde vorne am Tor zugestellt.

Nachdem ich ein paar Schleichwege gegangen war, erreichte ich den Parkplatz eher, als angenommen. Von weitem sah ich mehrere Personen, jedoch unterschied sich eine Kleingruppe von die der anderen. Augenblicklich wusste ich, dass eben diese meine Freunde waren. Andere Klassenkameraden vertieften sich in ihr Gegacker, tippten aufgeregt auf ihre Handys oder lasen Bücher und standen abseits von der Masse. Lässig hob ich die Hand, während die andere in meiner Hosentasche verweilte. Meine Freunde, davon zwei weiblich und zwei männlich, gingen die letzten paar Meter auf mich zu und schlossen die Entfernung zwischen ihnen und mir.

„Schaut wohl so aus, als wärst du die Letzte. Alle anderen mussten aus verschiedenen Gründen absagen, nur einer hat sich nicht gemeldet, meinte man. Drei Mal kannst du raten wer...“, Jessica stieß ihre Schulter gegen meine und wippte abwechselnd mit ihren Füßen. Sie wartete mit einem verborgenen Schmunzeln auf meine Antwort.

Ich konnte mir allerdings schon ausmalen, wer es sein musste. Ihn hatte nur selten jemand zu Gesicht bekommen. Immer hieß es nur, er sei ein Wunderkind und hatte unzählige Pokale gewonnen. Manche lästerten über ihn und einige die ihn einst sahen, lief ein kalter Schauer über den Rücken. Andere prahlten damit, dass sie Freunde von ihm seien. Seltsam, dass diese gewissen Freunde heute nicht anwesend waren, wahrscheinlich hatten sie sich damals nur wichtigmachen wollen und es war nichts weiter an den Behauptungen dran.

„Es kann nur der eine sein, Lucas Baker?“, fragte ich beiläufig, obwohl ich längst die Antwort wusste.

Sie nickte. John, mein bester Freund, legte eine Hand auf meine Schulter.

„Tja und wie es aussieht, werden wir wohl in der Nähe seines Wohnortes campen“, seufzte er.

„Wird schon schief gehen“, wollte Mason die Stimmung lockern und knuffte mir in die Wange, dessen Hand Mandy wortlos beiseiteschob.

Ich atmete tief durch und sah mir die restlichen Personen an, zusammen waren wir zehn Leute.

„Woher wisst ihr, dass er dort in der Nähe lebt?“, hakte ich nach, während wir ein paar Schritte gingen.

„Ich habe es Mal von einem Lehrer gehört, der mit ihm ein Gespräch führte. Reiner Zufall“, antwortete John.

Während sich die vier über den jetzigen Alltag unterhielten und wie lange es her sei, dass wir uns zu einem Treffen verabredet hatten, bei dem ich auch dabei war, musterte ich sie. Sie hatten sich mehr oder weniger im Aussehen verändert, dennoch nicht erwähnenswert. Die Einzigen, die meine Aufmerksamkeit auf sich zogen, waren John und Jessica.

John, der mittlerweile Neunundzwanzig Jahre alt war, trug heute eine schwarze Weste über sein weißes Shirt, dazu eine schwarze Jeans und schwarze Springerstiefel. Das kurze Haar hatte eine Mischung aus dunkelbraun und schwarz, seine Augenfarbe aber das krasse Gegenteil von graublau. Die meisten Tattoos bestanden aus Totenköpfen, welche er offen präsentierte und daraus keinen Hehl machte.

Im Grunde hatte er seinen Stil völlig verändert, da er damals der schüchterne liebevolle Typ war. Seine Kleidung und sein Charakter ließen nun darauf schließen, dass er ernster und unnahbarer war. Seltsamerweise empfand ich ihn selbst nicht für unnahbar.
 

Mein Blick wandte sich zu seiner Schwester, Jessica.

Jessica, die auch wie ich achtundzwanzig Jahre alt war, trug heute eine rotweiß karierte Bluse und kurze Shorts in Jeans, dazu graue Halbstiefel. Sie besaß zwar ein wenig Übergewicht, aber dennoch stand es ihr, da sie die richtigen Kurven dafür hatte. Man konnte sich über den Geschmack streiten. Nun ja, jedenfalls besaß sie dunkelblondes glattes langes Haar und blaue Augen. Auf ihrem Körper waren keine Narben zu erkennen und auch sonst schien ihre Haut heller als die der anderen. Mit ihr hatte ich zuerst Freundschaft geschlossen. Sie schien ihren Stil im weitestgehenden behalten zu haben. Vom körperlichen eher einem Kind gleich, vom Charakter immerzu hilfsbereit.

Zu den beiden bestand der enge Kontakt, zu den anderen nicht. Nicht zu jedem pflegte ich die Beziehung gleichermaßen, trotzdem meldeten wir uns gegenseitig in irgendeiner Form. Schrieben oder kommunizierten per Telefon oder Handy. Die Hupe des Fahrzeugs ertönte und ließ uns alle vor den kleinen Bus versammeln. Dort angekommen, wurde ich blöd von der Seite angemacht.

„Ey Roxan....Sayuri, ne? Du hast dich ja Mal gar nicht verändert. Noch immer die Gleiche, die von Schminke und Styling nichts hält, was?“, fragte eine Klassenkameradin, welche ihr Kaugummi im Mund platzen ließ.

Auf ihre Provokation gab ich ihr keine Antwort. Kassandra war jemand, die gern andere verachtete, mobbte oder Spiele trieb, ganz egal welcher Art und dennoch war sie bei allen beliebt, bis auf ein paar Ausnahmen wie mir.

Nachdem auch die Restlichen einstiegen und sich einen Platz ergatterten, setzte sich der Wagen in Bewegung.

Inmitten der Fahrt quatschte jeder einmal mit jeden, aber wirklich Interessantes gab es nicht. Man fragte mich, was ich beruflich machte, aber ich bekam schnell Abhilfe von jemand anderem. Sie fiel der anderen Person ins Wort und ich wandte mich abseits zur Fensterscheibe. Im Großen und Ganzen hielt ich mich von allen fern, bis sich John einige Zeit später über die Lehne streckte.

„Schon aufgeregt? Gruselgeschichten oder ähnliches, man weiß ja nie...“.

„Nicht wirklich, aber ich kann abschalten vom Allgemeinen und der ganzen Arbeit. Momentan ist es einfach etwas zu stressig, was natürlich nicht ausbleibt bei so einen Job“, antwortete ich.

„Stress? Sagtest du nicht letzte Woche, dass du etwas Kleines im Familienbetrieb tätigst. Sie könnten doch solange übernehmen oder nicht?“, fragte er, wobei mir auffiel, dass ich selbst ins Fettnäpfchen getreten war.

Das Halten des Fahrzeugs unterbrach unser Gespräch, da Jessica ihren Bruder aufgeregt anstupste.

„Wir sind da“, wiederholte sie abermals.

Nachdem sich die Türen geöffnet hatten, nutzte ich diesen Moment für mich und stieg aus. Draußen bemerkte ich erst wie ruhig es war, wir hatten einen guten Ort ausgewählt. Nach und nach stieg jede Person aus außer der Fahrer, der am Ende weiterfuhr. Wir waren uns einig, früh genug einen Platz für die Nacht zu suchen, sowie Feuerholz zu sammeln und ein paar dicke Holzstämme so zu legen, dass wir hätten im Kreis sitzen können.

Eine Weile später suchten wir die perfekte Stelle für die Nacht, doch wir wurden nicht auf Anhieb fündig, da man sich leicht verirren konnte.

In der Hoffnung einen anderen Platz zu finden, gingen wir tiefer in das Gebiet hinein. Von weitem entdeckten ein paar der Anwesenden, ein Gewässer. Letztendlich einigten wir uns darauf, dort unseren festen Schlafplatz aufzubauen. Einige entschieden sich sofort für einen Schlafplatz, andere brauchten Zeit.

„Du kannst zu ihr oder ich nehme mir die Stelle“, sprach mich Richie an, der mit seiner Zunge schnalzte. Ganz klar deutete er auf Leona, die bei allen als die ‘Bild’ Zeitung bekannt war.

„Lass Mal, du kannst den Platz haben. Ich brauche sowieso etwas Abstand“, antwortete ich ihm, woraufhin einige verächtlich schauten. Ich brauchte meine Distanz bei denjenigen, denen ich nicht vollständig traute.

„Zu euch würde ich mich auch nicht unbedingt hinlegen“, grinste Kain, der größte Raufbold aus der Klasse. Ich fand es gut, dass er kein Blatt vor den Mund nahm. Schmunzelnd legte ich meinen Schlafsack etwas entfernt an einen Baum.

Nachdem auch das geklärt war, teilten wir uns in Gruppen auf. Die erste Gruppe bestand darin Feuerholz zu sammeln und zum Treffpunkt zu bringen, die zweite Gruppe alles soweit zurecht zu schieben und eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen. Kassandra wollte unbedingt in die Gruppe, in der auch Mason war. Damit es nicht zu Streitereien kam, wechselte ich. Das Ergebnis stand fest. Erste Gruppe bestand aus Richie; Josef; Kain; Leona und mir. Zweite Gruppe bestand aus meinen Freunden, Jessica; Mason; John; Mandy und einer weniger sympathischen Person, Kassandra.
 


 

Leona und Josef gingen vor, alle anderen trotteten nach. Mein Blick fiel noch einmal zu meinen Freunden, welche sich schon tatkräftig beteiligten, alles aufzubauen. Richie und Kain, die vor mir liefen, waren die einzigen die sich lautstark über alles Mögliche unterhielten, was sie interessierte. Ich ging ihnen nach, bis die vier nach einer Weile vor mir stehen blieben.

„Hey, wie wäre es, wenn wir uns die Zeit vertreiben? Haben sowieso keinen Spaß.“, sagte Leona, um die schlechte Stimmung zu ändern, die seit Anfang an da war. Josef rückte seine Brille zurecht und brummte vor sich hin, er schien etwas dagegen zu haben. Kain kreuzte seine Arme und kaute auf einen Holzspan, welches nebenbei sein Markenzeichen war.

„Und mit was?“ Sein Interesse war da, auch das von Richie. Ich hielt mich aus allem raus und sah mir eher die Gegend an, die irgendwie unheimlich auf mich wirkte. Der Boden war mit unzähligen Blättern bedeckt, wodurch man bei jedem Schritt ein raschelndes Geräusch hörte; unter den Blättern tauchten abwechselnd Insekten verschiedenster Art auf; die Bäume sahen alt aus, hatten ihre Pracht weitestgehend verloren und die Äste ließen ein knarzenden Ton verlauten, welcher mitunter vom Wind verursacht wurde; ein Krächzen aus weiterer Entfernung, wahrscheinlich irgendwelche Krähen; das was mich jedoch am meisten beunruhigte war dieser ganz spezielle Geruch, bestimmt bildete ich es mir nur ein. Es konnte nicht sein, ein alter süßlich ledriger Gestank von verfaultem Fleisch, verwesende Tiere oder gar Menschen? Während ich die Augen ein Stück verengte, versuchte ich etwas auszumachen. In jeglicher Richtung suchten meine Augen die Ferne ab, um eventuell mögliche Gefahr zu erkennen. Es brachte nichts. Ich konnte nichts entdecken. Anscheinend fiel es den anderen nicht so auf wie mir, da ich es mittlerweile mehr oder weniger gewohnt war. Nein, gewohnt war das falsche Wort. Gewöhnen konnte man sich an so etwas nicht, aber es machte mir nicht mehr allzu viel aus, so wie früher.

„Aufgepasst! Derjenige, der am meisten Holz auftreiben kann, gewinnt und darf sogar einen Wunsch äußern. Na, wie sieht es aus?“, fragte Leona und ließ mich, als auch die anderen aufhorchen.

Kain schmunzelte. „Egal welchen Wunsch?“, fragte er stattdessen, sie nickte.

Mir selbst gefiel dies nicht und auch Josef wollte einfach nur weiter, um die Aufgabe zu beenden. Hingegen schienen sich Leona und Kain einig zu sein. Letzter im Bunde war Richie, der die anderen ansah und schließlich sein okay gab, woraufhin jeder sich aufteilte und seinen Weg ging.
 

Nun suchte ich schon gefühlte zwanzig Minuten nach Holzstücke für das Lagerfeuer, allerdings war ich innerlich noch ziemlich aufgewühlt von dem ganz speziellen Geruch von zuvor. Ich versuchte meine innere Intuition von Gefahr ein Stück herunter zu schrauben. Vermutlich machte ich mir einfach zu viele Sorgen. Durch Büsche und Bäume vorbei gehend, achtete ich intensiver auf den Boden als auf meine Umgebung. Vereinzelnd fand ich Holz, welches man gut hätte verwenden können. Einige Stämme führte ich unter den Arm mit mir mit, bereit um zurückzugehen. Mir war das Spiel herzlich egal. Ich mochte eher die spannenden Spiele, bei denen man Köpfchen beweisen musste oder die auf reines Glück basierten.
 

Plötzlich vernahm ich einen Schrei. Er war laut und deshalb nicht zu überhören. Die Vögel, die auf den Wald bedeckten Boden auf und ab sprangen, ihre Würmer unter den Blättern suchten und verschlangen, flogen im nächsten Moment in die Lüfte und suchten ihren Weg. Es hatte nicht einmal fünf Sekunden gedauert. Den Gedanken von möglicher Gefahr hatte ich gerade erst verworfen. Achtlos ließ ich das Holz zu Boden fallen. Ich konnte die Richtung des Schreis recht zügig zuordnen und rannte so schnell ich konnte. Dort angekommen bemerkte ich, dass es der Punkt war, an den wir zuvor jene Wette abschlossen. Es gab keine Spur auf das Verbleiben der Person, die zuvor geschrien hatte. Selbst als ich mich umschaute, gab es keine Anhaltspunkte. Ein Geräusch erreichte meine Ohren, es waren Schritte. Sehr viele Schritte, die sich schnell näherten. Augenblicklich drehte ich mich um die eigene Achse.

Besorgte Ausdrücke zeichneten sich auf die Gesichter der näher kommenden Personen aus. Vermutlich hatte die Gruppe ebenfalls den Schrei vernommen. Das konnte man nicht nur an deren besorgte Gesichter erkennen, sondern auch an deren Tempo. Andere von Gruppe eins kamen langsam mit Feuerholz, das sie unter ihren Armen trugen, zurück und staunten, als diese uns versammelt sahen.

„Wollen die uns nicht bloß verarschen?“, fragte Leona überrascht.

„Schätze wohl es ist gerade ernst geworden. Richie ist nicht anwesend“, antwortete Josef, der bemerkte, dass jemand fehlte. Es war Abend und zu dem auch noch spät, als es plötzlich in einem der Büsche raschelte. Aufmerksam richtete ich mich dem zu und schritt vorsichtig vorwärts.

„Es ist vielleicht ein Ungeheuer“, sagte Kassandra verängstigt und krallte sich bei Leona fest. Mit einem Ruck sprang die Person auf uns zu. Zügig trat ich beiseite, hockte mich und hatte unbemerkt von all den anderen das Messer ergriffen.

„Na das nenne ich doch Mal Mut oder bist du einfach nur dumm?“, lachte Richie, der sich tatsächlich nur einen makabren Scherz erlaubte. Ich schob das Messer ein Stück weit zurück in den Stiefel, sodass es niemanden auffallen würde.

„Nun denn, ich habe wohl gewonnen“, lachte er weiterhin, wobei die Mitglieder der Gruppe Eins genervt schnauften oder fluchten. Ich kreuzte meine Arme und atmete durch. Fehlalarm, also war alles gut.

„Denkt dran, ich habe `nen Wunsch frei“, stolzierte er an die anderen vorbei und trug das Holz bis zur Lagerstelle. Die anderen folgten und legten die Holzstapel, die manch andere gesammelt hatten, dazu. Dort angekommen, mussten wir nur noch das Holz anzünden. Anschließend grillten wir etwas darüber und wärmten uns auf. Josef erklärte den unwissenden, was es mit dem Wunsch auf sich hatte. Genau diesen forderte Richie wohl nun ein, der mit Leona sprach. Zusammen standen sie auf.

„Mein Wunsch wurde gewährt“, schmunzelte er und ging mit ihr tiefer in das Gebiet hinein.
 

Eine Weile lauschte ich gespannt dem Knistern des Lagerfeuers zu und verschlug mir die Zeit mit Gruselgeschichten. Niemand schien wegen den beiden besorgt, die nach einer längeren Zeit noch immer abwesend waren. Selbst als sich einige schlafen legten, kümmerte es sie nicht. Letztlich nickte ich ebenfalls weg. Ein schriller Schrei weckte mich. Ich brauchte nicht lange, um zu wissen, dass es der von Leona war. Wie ich bemerkte, brummten ein paar der Anwesenden im Glauben, dass es wieder nur ein Scherz war und vergruben sich tiefer in ihren Schlafsäcken. Andere schreckten hoch und suchten bei dem jeweiligen Nachbarn Schutz und vereinzelte wie John und Jessica standen auf. Zur gleichen Zeit, als Jessica Mandy aufwecken konnte, sah man von weitem eine Person. Bei genauerem Hinsehen konnte ich Leona spärlich erkennen. Sie war zu weit weg, als dass man sie hätte besser sehen können.

„Hilfe, bitte. Er hat Richie, er verfolgt mich“, schrie und weinte sie.

Etwas oder jemand zog an ihren Beinen, dadurch fiel sie schmerzhaft zu Boden. Das Gesicht zu uns gerichtet, versuchte sie sich vermutlich mit Händen und Füßen halt in der Erde zu suchen. Es klappte nicht. Schreiend vor Angst und Panik wurde sie tiefer hineingezogen, sodass sie nach und nach aus unserem Blickfeld verschwand. Innerhalb von Sekunden. Was hinter ihr her war, sah man nicht. Weder eine Silhouette noch ein Geräusch sah oder hörte man. Alles ging so schnell!

Es würde keine Zeit bleiben. Eine Entscheidung musste her, sofort!

Versteckte Erkenntnisse

Eine Entscheidung musste her, sofort!
 

Was sollte ich bloß tun? Ihr hinterherlaufen, einfach drauf los und die anderen im Stich lassen? Oder die anderen beschützen und sie nicht verfolgen? Egal wie ich es drehte und wendete, Nachteile gab es auf beiden Seiten, weshalb ich mit meiner Entscheidung rang. Eines stand für mich jedoch fest, so oder so, musste ich sie beschützen. John bemerkte dies und ergriff das Wort.

„Wir sollten uns aufteilen, damit wir bessere Chancen haben. Gott verdammt, so tief und fest kann man doch nicht schlafen“, er sah sich um, während Mandy und Jessica sich verzweifelt ansahen. Die meisten schliefen.

„Hör zu, ich gehe. Es ist besser, wenn du bei der Gruppe bleibst. Du kannst sie beschützen, das traue ich dir zu“, entschlossen sah ich zu John.

„Hey, aber du kannst doch nicht allein dadurch. Du bist eine Frau...“, er stand auf, bereit mit mir zu gehen. Sein Beschützerinstinkt war besonders bei seinen Familienmitgliedern, als auch Freunden stark ausgeprägt. Mason stand nun allmählich schlaftrunken auf und streckte sich. Verwundert schaute er uns an.

„Ich bleibe bei Mason, er ist stark genug“, sicherte mir Jessica zu, damit ihr Bruder mir Hilfe leisten würde.

„Beschützt die Gruppe. Keine Zeit für Erklärungen, aber ich verspreche, dass ich zurückkehre, unversehrt“, mit diesen Worten nahm ich meine Sachen und eilte durch das anliegende Gebiet. Hoffend, dass ich durch das Reden nicht zu spät erscheinen würde, legte ich einen Zahn zu.
 

Nicht allzu schwer fiel es mir, ein paar Kameraden die mir zur Hilfe eilten, abzuschütteln. Für einen Moment vergewisserte ich mich, dass sie nicht weiter in der Nähe waren oder mich verfolgten. Ich überprüfte ebenso, ob das Messer an seinem Platz blieb. Es war während des Spurts nicht heraus gefallen, also konnte ich meinen Weg fortsetzen. Im Nahkampf teilte ich zwar nicht gut aus, dennoch war es besser, als unbewaffnet zu sein. Meine Spezialitäten waren Schusswaffen, Bomben und jede Art von Rätsel. Defensive und Pläne schmieden lagen im Mittelwert und Nahkampf war definitiv einer meiner größten Schwächen. Ein Funkgerät trug ich ebenfalls immer versteckt bei mir, da es schon mehrfach in brenzligen Situation aushalf und auch so seinen Dienst verrichtete.
 

Eine Weile lief ich nun schon vorwärts, fand jedoch keine Spur von Leona oder Richie. Die Suche nach ihnen gestaltete sich schwer, trotz allem stand aufgeben nicht zur Debatte. Die Umgebung war unheimlich still und nur der Mond warf Schatten. Keine Insekten die ein Zirpen von sich gaben, auch die Vögel waren verschwunden. Mit jedem weiteren Schritt, kam es mir vor, als würde mich jemand beobachten oder sogar verfolgen. Die Blätter gaben zu jeder Zeit ein leises Knacksen von sich und der Duft stank noch immer so abartig, wie zuvor.

Da! Ich täuschte mich ganz sicher nicht, meine Augen konnten mich nicht trügen. Eine kaum zu erkennbare Gestalt erblickte ich zwischen den Bäumen vor mir. Nun hatte ich Gewissheit. Dort stand jemand, vermutlich eine Person , die ich anhand der Größe erahnte. Diese zuckte seltsam und schien nicht damit aufzuhören. Bei genauerem hinsehen, bemerkte ich, dass die Hände einer Menschenhand nicht ähnelten. Selbst mir jagte es einen Schauer über den Rücken, denn derjenige vor mir schien von den Konturen ganz und gar nicht menschlich zu sein. Unbemerkt versuchte ich mich aus den Staub zu machen. Was sollte ich mit einem Messer schon ausrichten? Schleichend bewegte ich mich vorwärts. Hinter Bäumen Schutz suchend, sah ich immer wieder zu der geheimnisvollen Gestalt. Unheimliche Laute drangen mir zu Ohren. War er das? Ich hatte keine Zeit und auch keinen Grund das herauszufinden, aber was wurde hier verdammt nochmal gespielt?!

„Autsch.“ Etwas hatte mich in meiner Unachtsamkeit an den Kniekehlen gekratzt. Augenblicklich drehte ich mich um. Niemand war zu sehen, aber die Haut zeigte deutlich eine blutende Wunde. Vorsichtig berührte ich die Wunde mit dem Finger. Ich bemerkte dabei, dass die Kratzer wohl nicht allzu tief waren, wie vorher angenommen. Es hatte mich gestreift und würde wahrscheinlich ein weiteres Mal angreifen. Ich wollte nur noch weg von dieser Stelle, also entschloss ich ein gutes Stück zu rennen. Nachdem ich eine gewisse Entfernung hinter mir brachte, versuchte ich intensiver auf die Suche einzugehen. Meine Wunde interessierte mich weniger, denn sie schien nicht lebensbedrohlich zu sein. Die Suche brachte mich zu einem Anwesen. Allein wegen seiner Größe war es nicht zu übersehen. Links von der Wohnstätte weg, führte ein weiterer Weg zu einem unbekannten Gebiet. Gerüchte über Gerüchte rankten sich um den Ort und dessen Besitzer. Wohnten hier nicht die Bakers?

Warum sah es dann so düster aus und warum brannte nirgendwo Licht? Als ich näher heran trat, bemerkte ich einen gewaltigen Zaun. Der Eingang stand offen, anscheinend war das Tor aufgestoßen worden. Quietschende Geräusche verursachten die rostigen, alten, Türen. Das Funkgerät zur Hand genommen, schaltete ich es ein. Hoffentlich würde ich Antworten auf meine Fragen bekommen.

„Sayuri Roxan hier, ist meine Mutter zu sprechen? Ich habe etwas sehr wichtiges mit ihr zu besprechen.“
 

„Ihre Mutter ist sehr beschäftigt, S.R. Ich stelle Sie durch, halten Sie sich kurz.“, sagte die Frau aus der Zentrale.

„Hier ist Sakura. Was gibt's?“, begrüßte sie mich wie üblich nach ein paar Sekunden.

„Auch dir ein herzlichen 'Hallo'. Wie auch immer, kannst du mir einen Gefallen erweisen und mir Infos zum Anwesen der Bakers geben? Ich muss es aus diversen Gründen wissen, die ich dir jetzt nicht erklären kann. Es ist wichtig. Ich bitte dich darum“.

„Eigentlich dürfte ich sie selbst dir nicht geben...Moment.“ Das Funkgerät verstummte, aber dann piepste das Funkgerät nach etlicher Zeit, die ich nutzte um mich umzusehen, in meiner Hand.

„Du darfst auf keinen Fall dahin. Redfields Gruppe überwacht sie seit einer Weile mit unserem neuen Helikopter auf dessen unser neues Logo erkennbar ist. Halt dich raus.“

„Lass uns später reden. Keine Zeit“, antwortete ich stattdessen und ging nicht weiter auf die Aussage ein.

„Aber Sayuri,..Say...“, ich schaltete das Funkgerät aus und vergrub es in meine hintere Tasche.
 

Mit Sicherheit gab es hier etwas wichtiges oder gar gefährliches zu finden. Neugierig wie ich war, konnte ich meine Finger nicht von der Angelegenheit lassen. Wenn Chris und die BSAA an dem Fall dran waren, dann konnte es nicht harmlos sein. Immerhin war er genau wie mein Vater ein Veteran auf seinem Gebiet. Seine Missionen erfüllte er immer gewissenhaft, präzise und duldete keine Fehlschläge. Kurz gesagt er war ein Ass, eine Koryphäe. Umso mehr wurde mir bewusst, dass ich mir keine Fehler erlauben durfte. In was konnten die Bakers verwickelt sein, dass die Spezialeinheit ausrücken musste? Antworten mussten her. Hoffentlich würde ich die vor mir liegenden Taten auch bewältigen können. Als ich dem Haus näher kam, wurden die Lichter des Hausinneren eingeschaltet. Flink lehnte ich mich gegen die Wand und versuchte erst zu lauschen. Gequälte Schreie und Geröchel waren bis draußen hin zu hören. Ich versuchte einen Blick durch die Scheibe zu werfen, ohne selbst entdeckt zu werden. Somit saß ich quasi in der ersten Reihe. Entsetzliche Bilder zeigten sich vor meinen Augen, die ich weitete. Innerlich musste ich mich fassen. Ein älterer Mann hatte Richie zu fassen bekommen und schlug mit einem Knüppel oder ähnlichem auf ihn ein. So brenzlig es auch war, musste ich sein Aussehen im Gedächtnis behalten können und versuchte Details zu merken. Er war schon etwas älter und besaß schon die eine oder andere Altersfalte. Dazu trug er eine Brille mit runden Gläsern, der Ausdruck in den Augen schien als sei er verrückt. Gefolgt von einer breiten dickeren Nase und einem leichten grauen Vollbart. Ebenso besaß er eine Halbglatze. Jedenfalls war er größer als ich, das konnte ich auch ausmachen, obwohl ich nicht mal neben ihm stand. Seine Kleidung bestand aus einem gelb weiß gestreiften Hemd, wie auch einer gräulichen Hose. Als Schuhe trug er Stiefel. Seine Statur war relativ normal. Kurz gefasst sah er für mich wie ein verrückter, alter, bewaffneter Bauer aus.

Ich legte die Hand um die Klinke, bereit ins Haus zu gehen und meinen Kollegen zu retten. Er konnte nirgendwohin flüchten. Er saß verängstigt mit purer Angst in den Augen auf den Fußboden und versuchte zur Seite auszuweichen. Dies blieb ihm durch den Knüppel, den der Angreifer hielt, verwehrt. Nach links konnte er ebenfalls nicht ausweichen, da sich dort ein kleiner hölzerner, weißer Tisch befand. Richie litt, viele Verletzungen zierten seinen Körper und dessen Gesicht. Die Wunden klafften auf, das Fleisch war sichtbar und aus einigen anderen Stellen drang eine hohe Masse an Blut heraus. Schwalle Blut heraus. Auf den Boden hatte sich eine Pfütze Blut gesammelt und auch die Kleidung war besudelt damit. Er musste viel Blut verloren haben, sein Zustand war kritisch. Äußerst kritisch.

Jetzt oder nie!
 

Während ich die Tür einen Spalt öffnete, öffneten sich gleichzeitig die Doppeltüren, welche sich auf der rechten Seite des Flurs befanden. Notgedrungen löste ich die Hand von der Klinke und hoffte, dass sie meine Aktion nicht mitbekamen.

„Lass mich doch dem armen Jungen etwas zu essen geben. Er wird es ganz sicher zu schätzen wissen. Wenn er es nicht isst, kannst du tun, was du nicht lassen kannst.“ Der Alte sah die ältere Frau an und schmunzelte. Wahrscheinlich das Ehepaar...

„Er ist vermutlich nicht mehr dazu in der Lage. Es hat einen mordsmäßigen Spaß gemacht ihn zu jagen. Das Mädchen kannst du haben, Weib“, sagte er während der Alte spöttisch lachte. Er würde jeden Moment erneut zuschlagen und dem ein Ende setzen. Sie hatten also die beiden in ihrer Gewalt und wenn ich nun doch eintreten würde? Gegen zwei würde ich nicht ankommen. Ich war einzig mit einem Messer bewaffnet, jemand mit einem Messer gegen zwei Verrückte? Nein, wenn es bloß einer gewesen wäre...
 

„Meine Babys werden sie sicher mögen“, meinte sie während sie immer wieder seltsam zusammen zuckte. Auch sie sah seltsam aus, fast schon unheimlicher als der Alte. Eine Hexe traf sie ganz gut, so wie ich sie beschreiben müsste. Fettiges Haar, das zu einem Zopf gebunden war; eine dünne knollige Nase; sie wirkte, als ob sie Wochen nicht geduscht hatte; auch die Kleidung die sie trug war alt und fleckig. Eine weiß gestreifte Bluse und einen knielanger rot brauner Rock, zusammen mit ein paar damenhaften Schuhen schmückten ihren Körper. Sie war weder dünn, noch war sie dick. Das was mich allerdings wirklich beunruhigte waren die Insekten, die ihre Nähe suchten. Einige liefen sogar über ihren Körper, andere schwirrten um ihre Laterne, welche sie festhielt. Das Ungeziefer verspeiste sie und im gleichen Moment erschienen neue. Meinte sie etwa ihre Insekten mit Babys? Was war nur mit ihnen los? So etwas war mir definitiv neu!

Schließlich ging sie und der Alte schlug ein letztes Mal gegen Richies Gesicht. Dieses wölbte sich stark nach innen. Das Blut spritzte ohnehin in jeglicher Richtung, wie auch aus sämtlichen Öffnungen seines Körpers. Der leblose Körper wurde zu Boden gestoßen und verächtlich drauf getreten. Meine Hände ballten sich so stark zu Fäusten, dass die Knöchel sichtbar wurden. Ich schloss meine Augen und wandte meinen Blick ab. Fürs erste konnte ich mich nur verstecken und abwarten, bis die Luft rein war.

„Es tut mir Leid“, flüsterte ich. Die Rollos an den Fenstern schlugen bei den aufkommenden Wind hart gegen die Scheiben. Zügig versteckte ich mich in einem Busch ganz in der Nähe. Als sich der Mann der Tür näherte, versteckte ich mich im Busch. Er entdeckte den offenen Spalt an der Tür und faselte unverständliches vor sich hin, was ich bei der Entfernung nicht verstand. Der Verrückte umklammerte die Klinke mit der freien Hand, dann schmiss er die Tür mit einen lauten Knall zu und schaute mit einem letzten Blick nach draußen. Langsam entfernte er sich wieder.
 

„Verflucht“, zischte ich und schlug hart gegen den Baum, sodass ich mir eine Verletzung an der Hand zuzog. Die restlichen Blätter, die der Baum noch trug, fielen dabei zufällig zu Boden. Zwar blieb manchmal das ein oder andere Opfer nicht aus, aber immer wenn das passierte, hasste ich es untätig gewesen zu sein. Trotzdem wusste ich, dass mir nichts anderes übrig blieb. Wäre ich ihm zur Hilfe gekommen, wäre es zwar tapfer, aber dumm gewesen. Anstatt einen Toten hätte es zwei gegeben. Vielleicht gab es eine Chance Leona zu retten...

Nach einer Weile des Wartens, stand ich auf und ging erneut auf das Anwesen zu. Ich war erst am Anfang und dem Ende noch weit entfernt. Eins ahnte ich allerdings jetzt schon, sie würden sich als nächstes Leona vorknöpfen. Das durfte ich nicht geschehen lassen, ich hoffte sie retten zu können. Das Licht war in der Zeit nicht erloschen, also mussten sie sich weiterhin drinnen aufhalten. Vorsichtig schlich ich zur Tür. Sicher machte ich es ihnen zu leicht, durch die Vordertür herein zu spazieren. Leise schritt ich zu den Fenstern neben der Tür, welche zum Esszimmer führten. Ich erspähte Leona. Sie saß auf einen der vielen Stühle, vor ihr ein Teller mit etwas undefinierbaren. Es sah aus, wie Gedärme oder etwas anderen abgrundtief ekelhaften. Was versuchten sie ihr da zu geben? Die waren doch total irre.
 

Plötzlich nahm ich ein Gefühl an meiner Schulter wahr. Etwas hatte aus dem Dunkeln nach mir gegriffen.

Scharf sog ich die Luft ein, wandte meinen Blick zu dieser und erkannte eine Hand. Mein Atem stand für einen Augenblick still, während ich meine Augen für einige Sekunden lang schloss. Im nächsten Moment öffnete ich sie wieder. Zügig umfasste ich die Hand und versuchte die Person hinter mir zu Boden zu werfen. Dies gelang mir allerdings nicht, es kam zu einem Gerangel.

„Hey, schauen Sie mich an. Beruhigen Sie sich! Ich bin nur hier, um etwas zu überprüfen.“ Ich drehte mich um und erblickte einen Polizisten, schützend hob ich die Hände.

„Wenn Sie hier herumbrüllen wird man uns noch entdecken“, antwortete ich mit leiser Stimme.

„Alles in Ordnung? Sind Sie eines der Opfer, das uns versucht hat zu erreichen?“, fragte er und musterte mich. Kurz tat ich es ihm gleich. Er war etwas größer, trug eine Uniform, besaß kurzes schwarzes Haar und hatte eine dunkle Hautfarbe.

„Na schön, glauben oder nicht glauben. Eine Bekannte ist da drin und einer meiner Kollegen wurde schon umgebracht. Wenn Sie mir ihre Waffe geben, könnte ich sie rechtzeitig retten.“ Er fühlte sich eindeutig verarscht, weshalb er das Gesicht verzog und einen Schritt zurück ging.

„Für wen halten Sie sich? Ich glaube, dass Sie besser gehen sollten und mir alles andere überlassen.“

„Und ich glaube, dass Sie sich das hier ansehen sollten.“
 

Seinen Arm ergriffen, zog ich ihn so weit und möglichst unbemerkt, zum Fenster. Es saß jedoch nur noch eine gebrechliche alte Person auf einem Rollstuhl am Tisch. Diese schien zu schlafen, da sie den Kopf nach hinten lehnte und die Augen geschlossen waren. Sie sah gegensätzlich zu den beiden zuvor gar nicht schlimm aus, wie eine Granny. Ein dunkelroter Schal hing locker um ihren Hals, weiterhin trug sie einen weißen dünnen Pullover. Der braune lange Faltenrock umschmeichelte ihre Beine und dazu trug sie passende Schuhe. Natürlich sah man ihr das Alter an, nicht zuletzt an den Falten und den gräulichen Haaren.

„Sie ist weg. Mussten Sie mich aufhalten? Leona könnte auch dran glauben“, richtete ich mich ihm zu.

Die Lippen aufeinander pressend, schaute ich stirnrunzelnd zu Boden. Er zeigte mit den Finger auf mich, dann zur Tür.

„Miss, ich werde jetzt in ihrem Beisein auf die Klingel drücken und Sie können dann nachfragen“, machte er mir das Angebot.

„Ich habe eine bessere Idee, klingeln Sie an und erwähnen die vermissten Personen. Nach ihrer Aussage zufolge, müssten es mehrere sein, also...“.

Wenn er mir nicht glauben wollte, sollte er sein Glück versuchen. Dieses Mal schnaubte er leise, aber war letztlich einverstanden, weshalb er nickte. Ich lehnte mich gegen die Hauswand. Man würde mich somit nicht erblicken, aber dennoch würde ich alles verstehen können.
 

Er klingelte an der Klingel die sich neben der Tür befand, nach einer halben Minute ein weiteres Mal und schließlich wollte er noch einmal schellen. Ein klackendes Geräusch, die Tür musste sich geöffnet haben.

„Ein Cop vor unserer Tür,...brauchen Sie was?“, fragte eine männliche Stimme, eindeutig der Jüngste.

„Uns haben kürzlich Anrufe über Vermisste erreicht. Sie gehen alle in der Nähe des Hauses oder von ihrem Haus aus. Wissen Sie etwas darüber?“, fragte der Deputy.

„Ey Kumpel, du pinkelst den falschen ans Bein. Hier gibt es nur den alten gleichen Smog.“ Der Deputy schaute ihn musternd, gar warnend an.

„Falls uns weitere Anrufe erreichen, komme ich wieder. Ist das verständlich?“

„Ja ja, ich habe es eilig. Mein Spiel kann nicht länger auf sich warten lassen.“ Er schloss die Tür und duldete keine weitere Aussage. Ich bezweifelte, dass er eine Konsole meinte oder es gar ein harmloses Spiel sein würde. Aus Gefahr entdeckt zu werden, hatte ich ihn mir nicht angesehen. Er besaß keinesfalls die Stimme eines Kindes, aber auch nicht die eines alten Mannes. Allen Anschein nach musste das Lucas gewesen sein.

„Das wollen Sie einfach so durchgehen lassen?“, fragte ich ihn leise, da der mutmaßliche Sohn der Bakers noch nicht weit entfernt war.

„Wir haben nichts konkretes in der Hand für einen Durchsuchungsbefehl. Fehlverhalten führt noch lange nicht zu solch einen Entschluss.“

„Wenn ich gewusst hätte, wie leicht Sie nachgeben...“.

Der Sohn war nun nicht mehr zu sehen, weshalb sich der Deputy zu mir drehte und mir in die Augen sah.

„Sie haben hier nichts zu suchen, gehen Sie zurück woher Sie kamen. Wenn einer von denen Ihre Freunde hat und Sie es beweisen können, komme ich wieder. Wir haben es im Griff, machen Sie sich keine Sorgen.“
 

Da er nicht von mir ablassen wollte, nickte ich und ging zusammen mit dem Deputy ein Stück, bis er das Gebiet verließ. Ich legte einen Gang zu und suchte den Weg zu meinen Kameraden. Sie würden sich Sorgen machen, da es langsam hell wurde. Als ich ankam, bemerkte ich, dass zu diesem Zeitpunkt alle Anwesenden bereits wach waren. Musternd sah ich einen nach den anderen an. Wie sollte ich es schaffen, sie aus der Umgebung zu bringen? Und was war mit Leona, war sie längst tot oder gab es die Chance, dass sie dem Wahnsinn entkam und sich, wenn auch nur für einige Zeit verstecken konnte? Letzteres war mir allemal lieber, aber es stand nicht gut um sie. Eine Zwickmühle nach der anderen. Wenn ich die Personen vor mir überzeugen konnte, dass die zwei gegangen waren, so würden sie vielleicht das gleiche tun. Meine Konzentration könnte ich ganz darauf legen, Leona zu befreien. Ich schwieg vorerst und kam ihnen näher und näher.

„Hey Leute, wir sollten uns mit der Rückreise beeilen. Kommt schon. Richie und Leona sind auch schon aufgebrochen...“, log ich notgedrungen während ich zur Seite schaute. Ich hoffte, dass die Lüge nicht aufflog. Es gab einen von ihnen, der sie mit bloßem Anblick durchschauen konnte und das jedes Mal aufs neue. Das konnte ich nicht geschehen lassen, also sah ich ihm erst gar nicht in die Augen. Schwindeln fiel mir nicht schwer, aber ich tat es nur bei Missionen oder notgedrungen bei Freunden. Jetzt hieß es zusammenreißen und inständig zu Bitten, dass die Lügen nicht aufflogen. Jessica schloss die Augen und legte eine Hand gegen ihre Stirn.

„Hast du sie also gefunden? Und sie haben nichts besseres zu tun als zu gehen?“ Sie öffnete die Augen. Ihre Stimmung wurde deutlich schlechter und nicht nur die ihre.

„Wieso sollten wir gehen, das wäre wohl ein zu kurzes Treffen, findet ihr nicht? Gefährlich ist es hier auch nicht“, warf Kassandra ein. Ihr waren die anderen egal, wieder sah sie sich selbst an erster Stelle stehen. Einige stimmten ihr überraschend zu, sogar Josef, der eher eine Spaßbremse war. John, der die ganze Zeit Wache geschoben hatte, um auf die anderen aufzupassen, legte eine Hand in seinen Nacken und fuhr sich anschließend darüber.

„Ihr habt auch alles verpasst, wie könnt ihr dann etwas wissen.“, sagte er murrend. Er ließ seinen Blick durch die Gegend schweifen, letztlich blieb er bei mir hängen. Musternd sah er mich von Kopf bis Fuß an, dann schien er etwas entdeckt zu haben.

„Ich wusste es, die ganze Zeit....seitdem du zurück bist, ist etwas seltsam an dir. Nun weiß ich auch den Grund.“, setzte er an. Innerlich unruhig, sog ich die Luft ein.

„Und was, was ist anders. Sag es mir“, forderte ich ihn auf, mir zu sagen was los war. Unmöglich, dass er von derart schlimmen wusste. Ich merkte, wie sein Blick von meinem Gesicht auf die verwundete Hand fiel. Schnell vergrub ich sie in einer meiner Hosentaschen. Nicht genug, damit machte ich mich erst recht auffällig. John stand auf, ging auf mich zu und zog meine verwundete Hand aus der Hosentasche zu sich.

„Wenn nichts passiert sein soll und die beiden gegangen sind, so wie du es uns weiß machen willst, kannst du mir dann mal sagen, wo du die her hast?“, fragte er und hielt mein Handgelenk fest in seine Hand umschlossen.

Die anderen schauten verwirrt zu mir, auch Jessica bemerkte nun die Wunde. Sie suchte Verbandszeug aus der Tasche, das sie mitgenommen hatte. So war sie eben, immer Medikamente, Verbandszeug und Pflaster für den Notfall dabei.
 

„Meine Erfahrungen sagen mir, dass diese Wunde nicht durch einen Sturz passiert sein kann. Ist sonst alles okay bei dir? Was ist genau passiert? Erzähl es uns, damit wir dir helfen können. Eine Schlägerei oder ein Aufprall gegen etwas hartem müsste die Ursache sein“, auch sie bot ihre Hilfe an. Was sollte ich tun? Ihnen die Wahrheit sagen oder doch irgendwie drum herum erzählen? Sie in Gefahr zu bringen war das Letzte, aber vielleicht würden sie dann von der Idee ablassen, etwas unüberlegtes zu tun. Während ich in Gedanken verfiel und zusehends mit mir kämpfte, nahm Jessica meine Hand aus der von ihrem Bruder und verarztete diese so gut, wie es eben ging. Als dies erledigt war, ließ sie meine Hand für einen Moment los. Das Täschchen räumte sie zurück in den Rucksack und stand anschließend wieder auf, dann nahm sie meine Hände erneut in ihre und schaute mich mit ihren Augen, die kein Wässerchen trüben konnten, an.
 

„Du solltest wissen, dass du immer auf John und mich zählen kannst und wenn du es uns nicht sagst, ist das auch okay. Versuche uns nur nicht wegzustoßen, wie damals.“ John verschränkte die Arme während es Jessica mit aufbauenden Worten versuchte.

„Was dauert das denn so lange, sag es doch einfach“, meckerte Kassandra, die sich lauthals beschwerte.

Seufzend schüttelte ich den Kopf, denn ich wusste, dass sie mit eben dieser Antwort nicht klar kommen würden. Wie sollten sie auch, das hier waren doch einfach nur normale Personen, die ein solches Leben, welches wir in der Blue Umbrella oder in der BSAA führten, nicht kannten. Sie konnten es sich wahrscheinlich nicht einmal vorstellen. Eine triftige Entscheidung würde sie andernfalls zum Gehen bewegen oder klar die Polizei rufen lassen. Es gab unzählig viele Szenarien, die mir durch den Kopf gingen. Es brachte alles nichts. Ich müsste ihnen etwas erzählen, weil sie gar nicht mehr aufhörten mich auszufragen. Die Lippen aufeinander gepresst, löste ich meine Hände aus der ihrer.

„Ich werde es euch sagen, bohrt nur nicht weiter in der Sache herum“, antwortete ich.

Einige Meter entfernte ich mich von meinen Freunden. Die Arme verschränkend sah ich mit einen raschen Blick zu ihnen, dann wandte ich meinen Blick zu die der anderen.

„Es war so...“, setzte ich an.



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