Alle Jahre Wieder von Runaan (Ein Ino-Shika-Chou OS) ================================================================================ Kapitel 1: One Shot ------------------- Familienfeiern hatten ihre ganz eigene Art, ihn seine letzten Nerven verlieren zu lassen. Shikamaru hatte tatsächlich einen relativ strapazierfähigen Geduldsfaden. Er konnte sehr gut darauf antworten, dass er momentan nicht wirklich nach einer Freundin suchte. Er konnte erklären, warum seine Leistungsfächer nicht Geschichte beinhielten und sogar für geschlagene fünfzehn Minuten darauf eingehen, dass dies nicht bedeutete, er sei politisch uninteressiert. Nein, Shikamaru war über die Weihnachtsfeiertage sogar in der Lage dabei ein fröhliches Lächeln aufzusetzen – zumindest dachte er das. Eines hatte Shikamaru nicht eingeplant – dass er diesen verdammten Affentanz mehrfach aufzuführen hatte – und das auch noch alle Jahre wieder.   Sobald er seiner Großmutter erklärt hatte, dass er sehr wohl politisch interessiert war, schnappte sein Onkel, dass er sich lieber eine Freundin suchen sollte, nur, um im Vorbeigehen von einem seiner Cousins angeblafft zu werden ,dass er mal ein bisschen leben sollte. Aus jenem Grund tat Shikamaru das Natürlichste, was in jenem Moment auf einer Familienfeier getan werden konnte – er ergriff die Flucht in den Garten.   Es war eiskalt draußen. Der Wind pfiff ihm so heftig um die Ohren, dass er fast eine Minute brauchte, um seine Zigarette anzuzünden. So sehr er sich Dunkelheit in diesem Moment gewünscht hatte, so sehr enttäuschte ihn das Leben. Es war noch zu früh für einen Sonnenuntergang. Das Haus der Familie Nara stand umringt von ebenso geschmückten Einfamilienhäusern im tristen Tageslicht und erinnerte ihn, so wie jede Familienfeier, noch einmal daran, wie sehr man sich auch in einer Menge allein fühlen konnte. Es war jedes Jahr das gleiche Theater – weshalb ihm die plötzliche Eiseskälte, die ihn ergriff, nicht hätte überraschen sollen.   Der Schneeball traf ihn im Nacken. Shikamaru ließ beinahe seine Zigarette fallen und fuhr herum,                „Sag mal, spinnst du?“   Auf der anderen Seite des Gartenzaunes grinste ihm Ino entgegen. Das Haus der Yamanakas lag genau neben dem seiner Familie – ihre Väter waren gemeinsam in der Armee gewesen. Sie sprachen selten darüber. Ino hatte ihn damals, mit vier Jahren, das erste Mal über den Zaun hinweg angesprochen. Ihr Grinsen war selbstbewusst, wie eh und je, als sie ihm zuwinkte. Trotz des kurzen roten Kleides und der dünnen Strumpfhose schien die Kälte ihr nichts im Geringsten etwas auszumachen,                „Kann ich rüberkommen?“                  „Du kommst doch eh, selbst wenn ich nein sage“, antwortete Shikamaru und schaffte es nicht ganz ein Lächeln zu unterdrücken. Vorsichtig stütze Ino sich auf dem Zaun ab und hievte sich herüber. Sie zog ihren Pferdeschwanz zurecht und stapfte durch den Schnee zu ihm, ohne auch nur einmal zu stolpern. Einige Dinge änderten sich auch nach über zehn Jahren Freundschaft nicht.                  „Meintest du nicht, du willst heute nicht rauchen, wegen deinen Großeltern und so? Hat ja lange gehalten“, kicherte Ino und deutete auf seine Zigarette, „Drei Tage?“                  Er blies den Rauch für einen Moment aus. Die Kälte beruhigte seine Nerven kaum. Von drinnen zog der Geruch von Weihnachtsgans und Rotkohl in seine Richtung und verspottete ihn mit der Illusion von harmonischen Zusammenleben,                „Meine Tante hat mich gefragt, wann ich endlich mal was aus mir mache. Ich kann ja nicht nur den ganzen Tag zuhause sitzen. Mein Cousin stimmt ihr zu. Meine Großmutter hat unsere Generation aufgegeben. Meine romantische Zukunft wurde in der letzten Stunde dreifach begraben und ist trotzdem das Gesprächsthema Nummer 1.“                  Ino prustete laut los und übertönte damit den gesamten Lärm, der aus ihrem Haus drang.                  „Hey! Habt ihr etwa ohne mich angefangen?“, rief es von der anderen Straßenseite. Während die Naras und Yamanakas nebeneinander wohnten, besaßen die Akimichis das größere Haus gegenüber. Im Sommer verbrachten Shikamaru und Ino fast jeden Tag dort – insbesondere, weil sie sogar einen Pool hatten. Trug Ino ein bisschen zu wenig, so wirkte Chouji wie ein gut eingepackter Schneemann in seinem dickten Mantel, seiner Mütze und seinem Schal. Er hatte eine Thermoskanne unter dem Arm und wartete, dass Ino und Shikamaru ihm das Gartentor aufmachten.                  „Das schon aber das heißt auch, dass du gewonnen hast. Du hast es am längsten zuhause ausgehalten. Shikamaru wiederum ist zuerst geflohen.“   Mit einem herzlichen Lachen stieß Chouji ihm in die Seite, ehe er den Thermosbecher aufdrehte. Der Geruch von heißer Schokolade half Shikamaru, ein wenig zu entspannen,                „Na dann, mach weiter, Shikamaru. Was hat dich einknicken lassen?“                  „Die Tatsache ,dass wir jedes Jahr für einen Haufen Menschen Essen machen, deren einziges Interesse ist, mich zu fragen was ich nach der Schule machen will, nur um mir dann nicht zuzuhören?“                  „Das sind halt Familienfeiern“, Chouji zuckte mit den Schultern und reichte Ino einen Kakao, „Du kannst nichts richtig machen und selbst wenn, dann wird jemand anderes dafür gelobt werden.“                  „Wo er Recht hat, hat er Recht“, seufzte Ino, „Bei mir wars eher umgekehrt. Ich durfte mir ewig anhören wie viel ich mir von meinem Cousin doch abschauen könnte, wenn es um schulische Leistungen geht – insbesondere Zahlen, weil wir Frauen es ja so gar nicht damit haben, sondern eher mit Wörtern.“                  „Du hast ‘ne Eins in Mathe“, fiel Shikamaru ihr ins Wort, „Seit fünf Jahren.“                  „Außerdem ist deine Rechtschreibung grauenhaft“, ergänze Chouji.                  „Case in point. Man kann eben nicht schön und intelligent sein. Laut meiner Tante geht immer nur eins davon.“                  Betretenes Schweigen machte sich zwischen ihnen breit. Sie rückten etwas mehr zusammen, als es zu schneien begann. Aus dem Nara-Haushalt tönte Gelächter. Die Yamanakas begannen bereits mit dem Abwasch. Bei den Akimichis ging die Weihnachtsbeleuchtung bereits an, obwohl der Sonnenuntergang noch nicht einmal begonnen hatte. Shikamaru fühlte wie sich Inos Hand auf seinen Rücken legte. Auch Chouji wurde noch etwas mehr von ihr dazugezogen.                  „Eigentlich ist das hier aber auch Familienfeier“, begann Ino vorsichtig, „So mit euch beiden. So wirklich jetzt. Zu wissen, dass ich euch hier habe, macht es drinnen um einiges angenehmer.“                  „Das stand doch nie zur Frage“, seufzte Shikamaru, und doch wurde ihm ein wenig wärmer ums Herz, „Natürlich sind wir Familie. Sonst würden wir es doch nie miteinander aushalten.“                  „Ino-Shika-Chou, eben“, fügte Chouji hinzu, „Seit fast zehn Jahren.“, vorsichtig löste er sich los und begann seinen Mantel auszuziehen. Zu Shikamarus Überraschung trug er eine weitere Jacke darunter,                „Und weil wir Familie sind – bitte, Ino. Anziehen. Du holst dir den Tod und ich habe keine Lust Silvester wieder zu Hause zu verbringen.“                  Grinsend nahm Ino den Mantel an und kuschelte sich ein. Als ihre Hände in die Taschen glitten, entkam ihr ein überraschter Laut,                „Was ist das denn?“   Vorsichtig zog sie zwei kleine Päckchen hervor. Choujis Grinsen wurde größer,                „Für euch beide. Handschuhe – smartphone-freundlich für dich, fingerlos für Shikamaru. Frohe Weihnachten.“                  Shikamaru war ganz froh, dass Ino ihr Herz auf der Zunge trug. Während er seine Handschuhe schweigend betrachtete und mehr und mehr von einem schlechten Gewissen übermannt wurde, boxte Ino Chouji kurzerhand in die Seite,                „Du kannst doch nicht einfach anfangen uns was zu Weihnachten zu schenken! Jetzt stehen wir wie der letzte Löffel da, weil wir nichts für dich haben“, auch wenn das Lächeln weiterhin auf ihren Lippen blieb, so war der Frust in Inos Stimme hörbar ehrlich. Choujis Grinsen wurde nur noch breiter,                „Ohne Schuldgefühle wäre unser kleines Treffen doch keine echte Familienfeier.“   Familienfeiern hatte ihre ganz eigene Art, ihn seine Nerven verlieren zu lassen. Ino, die immer viel zu laut sprach und gerade spielerisch-wütend Chouji schüttelte, brachte ihm jedes Mal einen neuen Anfall von Migräne. Die heiße Schokolade von Chouji war so süß, dass Shikamaru wahrscheinlich noch übermorgen Bauchschmerzen haben würde. Tief im verschneiten Garten der Naras, neben dem Gartenzaun der Yamanakas und gegenüber den Akimichis war es jedoch offensichtlich ,was eine Familienfeier ausmachte. Egal was für kleine Katastrophen sie mit sich brachte, so fand man sich doch alle Jahre wieder ein weiteres Mal zusammen.       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)