Norikos Tagebuch von Kenja ================================================================================ Kapitel 1: Die Farbe Gelb ------------------------- Hastig rannte er die Treppe hinauf. Seine Eile hätte ihn fast ins Straucheln gebracht, die Schüsseln in seinen Armen gerieten gefährlich ins Wanken. Mit einem Aufschrei versuchte Naruto den Turm aus Gefäßen auszubalancieren und schaffte es mit einem Ausfallschritt die größte Katastrophe zu vermeiden. Seufzend setzte er seinen Weg fort, nur dieses Mal mit etwas mehr Vorsicht. Naruto erreichte den Gang, in dem ihn das gleiche finstere Gesicht wie jeden Tag anblickte. Der Mann seufzte und musterte die Lieferung aus Essen in seinen Armen, dann tippte er auf ein Blatt. „Würden Sie bitte meinen Namen eintragen, ich habe die Hände etwas voll“, bat Naruto. Sein Gegenüber gab ihm keine Antwort, rollte mit den Augen und kritzelte Narutos Namen auf das Besucherformular. „Danke!“ Grinsend schob Naruto sich durch die Tür und fand schon bald sein Ziel. Auf einer Bank stellte er die Schalen ab und stellte erstaunt fest, dass er nicht allein war. „Nanu? Sakura, du bist ja auch hier.“ Sakura schenkte ihm ein Lächeln, doch es erreichte ihre Augen nicht. Naruto kratzte sich unbeholfen am Kinn. „Soll ich wieder gehen? Wollt ihr allein sein?“ Sakuras Augenbrauen schoben sich eng zusammen. „Nein“, sagte sie hastig und Naruto verstand nun gar nichts mehr. „Sie ist nicht meinetwegen hier“, mischte sich eine Stimme ein. Naruto riss seinen Blick von Sakura los und betrachtete Sasuke durch das Gitter einer Zelle. „Hm?“, machte Naruto verwirrt. „Ich wollte mit dir sprechen, Naruto. Aber du warst nie in deiner Wohnung ... Lee erzählte mir, dass du hier jeden Abend herkommst.“ „Mit mir?“, fragte Naruto, setzte sich nun jedoch in Bewegung. Er schnappte sich drei der Schüsseln und schob sie durch die Klappe in die Zelle. Sasuke seufzte, doch Naruto ignorierte es, wie jeden Abend. „Es gab heute drei unterschiedliche Ramen im Angebot, ich wusste nicht, welche du magst, also hab ich sie dir alle mitgebracht.“ „Wie oft soll ich es dir noch sagen? Ich bekomme hier genug zu Essen.“ „Na ja, aber dieses Zeug kann man sich ja wirklich nicht antun. Sakura, möchtest du auch eine Portion? Ich habe genug mitgebracht.“ Für einen kurzen Moment hatte Naruto das Gefühl, Sakura würde ihn gleich anschreien, doch sie lächelte milde. „Ja gern“, sagte sie und überforderte Naruto damit kurz. Er fing sich und beschrieb Sakura die verschiedenen Sorten an Nudelsuppen, die er mitgebracht hatte. Sie schnappte sich eine und öffnete den Deckel. Narutos Magen knurrte und er setzte sich auf die Bank neben seine Kameradin, die sich an die Wand gelehnt hatte. Sie saß in Narutos Richtung und schien Sasuke keines Blickes zu würdigen. Schon seitdem Ende des 4. Shinobi Weltkrieges hatte Sakura kein Wort mit Sasuke gesprochen und ihn auch nicht in seiner Zelle in der Verhöreinheit Konohas besucht. Naruto tauschte einen kurzen Blick mit Sasuke, dessen Gesicht emotionslos wirkte. Naruto wusste jedoch, dass es seinen Freund durchaus belastete. Trotz all seiner Reue-Bekundungen, hatte Sakura es nicht geschafft, Sasuke zu vergeben. „Also, worüber wolltest du mit mir sprechen Sakura?“ Sakura hatte ihre Suppe zur Hälfte gegessen und stocherte nur noch darin herum. Sasuke hatte sein Essen noch nicht angerührt. Naruto wusste jedoch, dass er dies tun würde, sobald sie fort waren. Die Stäbchen fielen aus Narutos Hand, der sie mit einem Fluchen wieder aufhob. Sakura betrachtete seinen bandagierten Arm mit offenem Interesse. „Wie kommst du mit der Prothese zurecht?“ Naruto betrachtete seine Hand und grinste: „Es wird langsam besser.“ „Du solltest deine Termine bei Tsunade-Sama wirklich einhalten, Naruto. Die Krankengymnastik ist wichtig, damit du die Prothese komplett zu beherrschen lernst.“ Naruto zuckte mit den Achseln und aß den Rest seiner Suppe auf. Sein Blick fiel erneut auf Sasuke und die Erinnerung an ihren Kampf zuckte durch seinen Kopf. Im Gegensatz zu ihm hatte Sasuke es abgelehnt, eine Prothese zu tragen. Naruto verstand nicht genau warum. „Also gut, es gibt da etwas, das ich dir zeigen wollte.“ Sakuras Worte rissen Naruto aus seinen Gedanken. „Was ist es?“, fragte er neugierig und beobachtete, wie Sakura ein Buch aus einer Tasche zog. Er runzelte die Stirn. „Es ist ja nett, dass du an mich denkst, Sakura, aber ich war noch nie der große Leser.“ „Die ist kein gewöhnliches Buch. Ich habe es gefunden ... auf dem Schlachtfeld. Kurz nachdem Kaguya besiegt wurde ... ich hatte es schon fast vergessen, aber nun ist es mir wieder eingefallen und ich habe es mir genauer angesehen.“ „Hmhm“, machte Naruto, immer noch nur mäßig interessiert. „Lass uns irgendwohin gehen, wo wir ungestört reden können.“ Naruto starrte Sakura für einen Moment an und schenkte ihr dann ein Lächeln. „Nein. Ich weiß, dass es dir schwerfällt, Sasuke zu verzeihen, nach allem, was geschehen ist. Aber er ist mein Freund und er wird hier den ganzen Tag allein eingesperrt. Ich werde hier bei ihm bleiben und Zeit mit ihm verbringen. Du musst also entweder warten, bis ich bereit bin zu gehen oder es hier besprechen.“ Sakura runzelte die Stirn. „Schon gut Naruto. Geh ruhig“, brummte Sasuke, doch Naruto dachte gar nicht daran. Auch wenn es den Anschein hatte, Sasuke genieße es, allein zu sein, wusste Naruto, dass dem nicht so war. Er wusste, dass Sasuke von seinen Schuldgefühlen übermannt wurde, sobald er auf sich gestellt war. Obwohl es gut war, wenn er seine Taten reflektiert und wahrhaft bereute, wusste Naruto doch, dass es Sasuke erneut zurück in die Dunkelheit ziehen konnte, zu viel in schlechten Gefühlen zu verweilen. Naruto erwartete fast, einen Protest von Sakura zu hören, doch sie seufzte lediglich und schlug das Buch auf. „Nun gut. Also dieses Buch ... es ist eine Art Tagebuch. Ich wollte es schon wieder weglegen, da fiel es mir aus der Hand und ich las einen ganz bestimmten Absatz, der mich etwas stutzig machte.“ Naruto schob die leere Schüssel von sich weg und zog sich die zweite Portion Ramen heran. „Was für ein Absatz?“, fragte er, um Interesse zu heucheln und machte sich über das Essen her. „Der Absatz lautete: Denn was nur die wenigsten wussten, war, dass der vierte Hokage, neben seiner Frau Kushina, zwei Schwächen hatte. Die eine war seine Vorliebe für Schokolade in allen Variationen, die ich schon oft ausgenutzt hatte. Minato ließ sich wirklich lächerlich einfach bestechen, wenn man ihm dafür seine Lieblingssüßigkeit bot. Die andere Schwäche hingegen, würde mir an diesem Tag besonders nutzen. Es war seine tiefverwurzelte Angst vor Spinnen.“ Hustend versuchte Naruto, etwas zu dem eben gehörten zu sagen. Der kitzelnde Schmerz in seiner Atemröhre hinderte ihn jedoch daran, auch nur einen Satz zu formen. Sakura klopfte ihm beschwichtigend auf den Rücken, bis er sich endlich gefangen hatte. „Mein Vater ... hatte Angst vor Spinnen? Wer zum Henker hat dieses Buch geschrieben und woher kannte er meinen Dad so gut?“ Sakura grinste nun breit und Naruto hatte das Gefühl, das erste Mal seit Tagen das alte Feuer in ihren Augen zu erkennen. „Genau das sollten wir herausfinden. Ich wollte das Buch weiter unter die Lupe nehmen, war dann jedoch den ganzen Tag in der Klinik beschäftigt und habe dann beschlossen, es mir mit dir gemeinsam anzuschauen. Wenn diese Person irgendetwas mit deinen Eltern zu tun hatte, wäre das nur fair, nicht?“ Ein warmes Gefühl durchströmte Naruto und er nickte dankbar. „Und jetzt was, willst du ihm das Buch vorlesen? Müsst ihr das wirklich hier machen?“, fragte Sasuke genervt und zwischen Sakuras Augenbrauen bildete sich eine kleine Zornesfalte. „Willst du deinem Freund wirklich so auf die Nerven gehen, Naruto? Wir sollten woanders hingehen. Dann erzähle ich dir noch von dem anderen interessanten Satz, den ich gefunden habe.“ „Welchem anderen interessanten Satz?“ Sakura rieb sich nachdenklich an ihrem Kinn. „Ich sah es, als ich das Buch grob durchblätterte. Es war so etwas wie: Und obwohl der Junge talentiert war, wie kein anderer, gab es doch eine Sache, die Itachi so gar nicht konnte. Er war furchtbar schlecht darin, witzig zu sein. Aus irgendeinem Grund versuchte er es jedoch seit einigen Tagen, was oft in seltsamen Situationen endete. Irgendetwas sagte mir, dass Shisui dahintersteckte.“ Sakura hatte sich von der Bank erhoben und zuckte mit den Schultern. Sie entfernte sich von der Zelle. Sasuke sprang auf. „Warte!“ Stille machte sich breit. Naruto erhob sich langsam von der Bank, bereit, einen aufkeimenden Streit zwischen seinen Kameraden zu schlichten. Sakura schnaubte auf, machte kehrt und setzte sich zurück auf die Bank. „Also, hat nun noch irgendjemand Einwände dagegen, dass ich das Buch hier vorlese?“ Naruto schüttelte den Kopf. Er sah aus den Augenwinkeln, wie Sasuke sich entspannte und zurück auf seine eigene Sitzgelegenheit innerhalb seiner Zelle setzte. „Gut. Ich fange aber ganz vorn an ... vielleicht erfahren wir dann auch den Namen des Autors, oder der Autorin dieses Buches ... -- Ich starre seit Stunden auf die weißen Seiten dieses Buches und finde keine Worte. Obwohl mein Kopf voll ist, mit all den Dingen, die geschehen sind und all den Sachen, die ich sagen will, findet nichts davon einen Weg hinaus. Nie hätte ich gedacht, dass mir der Anfang dessen am schwersten fallen würde. Die ersten Worte, die ich an dich, lieben Leser oder liebe Leserin richte. Ich weiß nicht, in wessen Hände diese Aufzeichnungen fallen werden, doch ich habe eine bitte an dich. Falls nicht schon geschehen, sorge bitte dafür, dass diese Schrift nach Konohagakure kommt. Sie soll ihren Weg finden in die Hände der Menschen, die mir einst so viel bedeutet haben. Ich hoffe aus der Tiefe meines Herzens, dass sie noch immer dort sind und so eines Tages diese Worte lesen, die ich für sie niederschrieb. Denn es ist nun fast sieben Jahre her, dass ich meine Heimat verließ. Ohne den Hauch einer Spur zu hinterlassen. Ich werde meine Geschichte von Anfang an erzählen, doch muss ich etwas vom Ende vorwegnehmen, um meine Glaubwürdigkeit nicht schon in den ersten Zeilen zu verlieren. Denn solltest du, lieber Leser oder liebe Leserin, aus Konoha stammen und die Menschen, die ich erwähne, vielleicht kennen – oder gar einer von ihnen sein, wirst du mich für eine Betrügerin halten. Eine Geschichtenerzählerin, die Märchen schreibt. Es ist jedoch die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Nicht die Geschichte hier ist gelogen. Es sind die Erinnerungen, die verdreht und verbogen worden sind. Wenn du es bis zum Ende liest, wirst du es verstehen und mir vielleicht glauben. Aber bevor ich nun beginne, wunderst du dich sicher: Wozu das alles? Nachdem jeder Mensch, der mir einst wichtig war, meine Existenz vergessen hat, fühle ich mich, als würde ich nicht existieren. Das ist in Ordnung, ich habe mich für diesen Weg entschieden. Doch ich ertrage den Gedanken nicht, dass sich niemand jemals an mich erinnern wird, wenn ich eines Tages nicht mehr bin. Auch wenn es egoistisch von mir sein mag, wünsche ich mir, dass irgendjemand weiß, wer ich war und was ich getan habe. Mein Name ist Noriko und meine Geschichte beginnt am Tag meines sechsten Geburtstages. Es war der Tag, an dem meine Heimat zerstört wurde. Ich erinnere mich kaum noch an den Tag. Alles, was ich noch weiß, lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen. Am Morgen meines sechsten Geburtstages besuchten wir das Grab meines Vaters, den ich nie kennengelernt hatte. Auf seinem Grab prangten gelbe Sonnenblumen – der Grund, warum ich die Farbe abgrundtief hasste. Alles Gelbe erinnerte mich durchgehend an die Trauer meiner Mutter, wann immer wir Vaters Grab besuchten und das bohrende Gefühl von Wut. Darüber, dass er gestorben war und uns zurückgelassen hatte. An diesem Tag waren wir jedoch nur kurz da und ich konnte meinen Groll beiseiteschieben. Die Vorfreude auf Kuchen tat den Rest. Meine Mutter hatte gebacken, meine Großmutter besuchte uns und schenkte mir ein neues Kleid in dunklen Blautönen, das gut zu meinem auffällig roten Haar passte. Ich aß Kuchen, spielte mit einer neuen Holzeisenbahn und meine Welt wurde mit einem Knall auseinandergerissen, der alles um mich herum in Schutt und Asche zu legen schien. Keuchend kam ich zu mir. Alles war so schnell gegangen, dass ich es kaum begreifen konnte. Meine Mutter hatte versucht, mich zu schützen, was ihr gelang. Eingeklemmt unter dem alten Esstisch war ich mit wenigen Kratzern davon gekommen. Ich zitterte am ganzen Körper. Kletterte aus meiner kleinen Schutzhöhle hervor und fand alles um mich herum zerstört. Der Körper meiner Mutter lag seltsam verdreht unter einem Balken, ihre Augen waren starr in die Ferne gerichtet. Ich begriff nicht sofort, was geschehen war, doch durchaus, dass es furchtbar war. „Noriko! Hör mir gut zu!“ Meine Großmutter tauchte hinter mir auf. Blut klebte an ihrem Körper und sie wankte gefährlich. „Hinter dem Haus, in der Klappe zum Keller, ist ein Rucksack. Geh dorthin, nimmt den Rucksack und laufe in den Wald. Hörst du?“ Ich weinte, schüttelte den Kopf, wollte nicht hören, was sie zu sagen hatte. Mit einer kleinen Ohrfeige brachte meine Großmutter mich zur Ruhe, packte mich an den Schultern und sah mir tief in die Augen: „Noriko, tu was ich dir sage, sonst wirst du sterben. Ich kann dich nicht begleiten, mein Bein ist gebrochen. Geh!“ „Aber wo soll ich denn hin?“, jammerte ich kläglich. „Geh in den Wald und versteck dich dort. Kehre zurück, sobald die Angreifer vertrieben wurden.“ „Und wenn sie nicht vertrieben werden?“ Meine Großmutter strich mir sanft über die Wange. „Dann nimmst du dir ein Boot und fliehst aufs Festland.“ „Aber-“ ein Beben unter uns ließ mich taumeln. Die Augen meiner Großmutter füllten sich mit Tränen. „Bitte, Noriko. Du bist noch klein, aber du bist schnell und hast das Talent deines Vaters. Du kannst das, ich glaube an dich.“ Noch während das nächste Beben die Reste meines Hauses zum Einsturz zu bringen drohte, hörte ich auf die Worte meiner Großmutter. Mit klopfendem Herzen und voller Furcht kletterte ich durch die Ruinen meines Zuhauses und schaffte es schließlich nach draußen. Was ich dort erblickte, überschattete die Furcht in meinem Herzen mit etwas anderem. Mir wurde schlagartig bewusst, dass ich im Wald nicht würde warten müssen, dass die Angreifer verschwanden. Unzählige Rauchsäulen schraubten sich in die Höhe und die Schreie der Menschen bildeten ein Orchester. Ich versuchte, all dies auszublenden, denn ich begriff eins: Mein Dorf war verloren. Wie meine Großmutter mich angewiesen hatte, schnappte ich den Rucksack, der als Notfalltasche immer am Eingang unseres Kellers deponiert war, um im Fall des Falls eine schnelle Flucht zu ermöglichen. Immerhin befanden wir uns seit vielen Jahren in einem Weltkrieg. Einem Weltkrieg der Shinobi. Ich kämpfte mich durch die Wälder, lief so lange, bis die Nacht über mich hereinbrach und in völlige Finsternis hüllte. Ich erlaubte mir keine Pause, denn ich wusste, wenn sie mich fanden, war das mein Ende. Ich fand den kleinen Hafen, schlitterte und fiel die Hügellandschaft hinab und entdeckte die kleinen Boote unserer Fischer. Mit einem Triumphgefühl eilte ich zu einem kleinen Segelboot hinüber, obwohl ich keinerlei Ahnung hatte, wie ein solches Boot zu steuern war. Das Gefühl, den ersten Schritt meiner Flucht erreicht zu haben, ließ mich unvorsichtig werden. Wie aus dem Nichts tauchte ein Fremder vor mir auf. Er trug kein Stirnband, war jedoch unverkennbar ein feindlicher Shinobi. „Was haben wir denn hier?“ Grob packte er mich. Ich versuchte mich mit allem, was ich hatte zu wehren. Kratzte, schlug um mich und biss ihm in die Hand, woraufhin er mich fluchend losließ. Doch er stürzte sich auf mich und drückte mich zu Boden. All meine Angst und Verzweiflung platzten aus mir heraus. „LASS MICH LOS!“ In diesem Moment geschah ein Wunder. Zumindest glaubte ich, es sei eins. Der Angreifer ließ mich los. Ohne zu zögern, sprang ich auf und rannte an ihm vorbei. Ich sprang in das kleine Fischerboot und versuchte, mit zitternden Händen das Seil zu lösen, doch mein Angreifer war mir nun wieder auf den Fersen. „Komm ja nicht näher!“, schrie ich und der Mann hielt inne. „Was wird hier gespielt?“, fragte er mit unterdrückter Wut in der Stimme. Doch ich hörte noch etwas anderes aus seinen Worten. Eine gewisse Unsicherheit hatte ihn gepackt. Ich kann im Nachhinein nicht sagen, woher ich den Mut nahm, zu tun, was ich jetzt tat. Aus irgendeinem Grund spürte ich, dass irgendein seltsames Jutsu am Werk war. Obwohl ich es nicht begriff, musste ich es ausnutzen. „Binde das Boot los“, befahl ich und beobachtete mit aufgerissenen Augen, wie mein Angreifer das Schiff losband. Er fluchte und warf seinen Kopf dabei nach links und rechts, als suche er nach einem versteckten Angreifer. Der Knoten war offen, das Seil fiel lose ins Meerwasser und ich hatte nur einen kurzen Moment, um zu entscheiden, was ich tun sollte. Ich starrte auf das dunkle Meer hinaus und fällte eine Entscheidung. „Komm in mein Schiff und bringe mich sicher zum Festland! Tu nichts anderes, nur das und gehorche mir, bis wir angekommen sind!“ „Was zum- was soll das- was passiert hier?“, schrie er, sprang in das Fischerboot und begann, die Segel zu spannen. Mit einer Mischung aus Furcht und Dankbarkeit beobachtete ich, wie mein Feind das kleine Fischerboot aufs Meer hinaus segelte, direkt auf die Küsten des Feuerreiches zu. Das Sonnenlicht weckte mich. Ruckartig setzte ich mich auf und brachte das kleine Fischerboot so ins Wanken. Ich erkannte das Festland, dass sich nur noch wenige Meter vor uns befand, und stellte dankbar fest, dass mein Feind noch immer unter dem Jutsu zu stehen schien. Wer auch immer ihn damit getroffen hatte, hatte so mein Leben gerettet. Wir legten an und mein Angreifer sprang aus dem Boot. Ich kletterte hinterher und sah mich kurz um, bis mir auffiel, dass ich überhaupt keine Ahnung hatte, wie ich an mein Ziel kommen konnte. Es gab nur einen einzigen Ort, an den ich gehen konnte. Der Ort, an dem meine einzige mir bekannte Verwandte lebte: Konoha. „Bring mich nach Konohagakure“, sagte ich zu meinem Feind, schon damit rechnend, dass er sich weigern und mich angreifen würde. Doch er begann stumm einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ich folgte ihm, Stunde um Stunde, bis wir in ein bewaldetes Gebiet vordrangen. Wie aus dem Nichts kippte mein Führer mitten auf dem Weg um. Furchtbar erschrocken darüber, stupste ich ihn mit dem Fuß an, doch er regte sich nicht. Ein unangenehmer Geruch ging von ihm aus und ich begriff, dass er seine Hosen benässt hatte. Langsam wich ich ein paar Schritte von ihm zurück. Ich hatte ihm gesagt „Tu nichts anderes, nur das und gehorche mir, bis wir angekommen sind!“ Und begriff, dass ich ihm somit verwehrt hatte, sich zu erleichtern. Aber auch, zu Schlafen und zu Essen. Offensichtlich war ihm die Energie ausgegangen. Seit Brustkorb hob und senkte sich und ich überlegte für einen Moment, ihm etwas zu essen zu geben. Ich brauchte immerhin jemanden, der mich an mein Ziel brachte. Noch immer mit mir selbst ringend, hörte ich auf einmal Geräusche. So schnell, wie ich konnte, versteckte ich mich in einem Gebüsch und konnte nur beobachten, wie weitere Shinobi auftauchten. Sie trugen Stirnbänder und ich erkannte sofort, dass sie keine Konoha-Shinobis waren. Mein Herz begann zu rasen und erneut spürte ich Angst in mir hochkriechen. Sie fanden den am Boden liegenden Mann und mit einem Fußtritt drehten sie ihn auf den Rücken, um sein Gesicht zu sehen. „Hey, sieh nur! Das ist doch-“ „Er gehört zu unseren ANBU.“ „Was ist mit ihm?“ „Wirkt, als sei er nicht ganz bei sich.“ „Wie kommt der hierher? Ich dachte, die ANBU haben andere Missionen bekommen, die sich nicht im Feuerreich abspielen.“ „Hinterfrag doch nicht immer alles. Wir nehmen ihn mit und fragen ihn später. Los, kommt. Wir müssen weiter, hier ist es nicht sicher. Wir sind zu nah an Konoha.“ So schnell wie sie gekommen waren, verschwanden die feindlichen Shinobis wieder. Ich atmete erleichtert auf, doch mein Glücksgefühl schwand sofort. Obwohl sie gesagt hatten, dass wir nah an Konoha waren, hatte ich absolut keine Ahnung, ob ich es allein fände. „Du schaffst das, Noriko“, schwor ich mir selbst und machte mich auf den Weg. Fast drei Tage irrte ich durch die Wälder. Die wenigen Vorräte begannen bald zu schwinden. Der Rucksack war immerhin nur mit einer Notration ausgestattet und nicht für längere Fluchten geeignet. Am vierten Tag stolperte ich fast nur noch durch den Wald. Das Gefühl, im Kreis zu laufen, festigte sich in mir und ich gab mich meiner Verzweiflung hin. Mit angewinkelten Knien saß ich im Schutze einer großen Eiche und weinte leise vor mich hin. Ich verfluchte den Krieg, verfluchte all die Machtkämpfe der Reiche, verfluchte die Shinobi und weinte mich schließlich in einen unruhigen Schlaf. Als ich wieder zu mir kam, war ich nicht allein. Panik ergriff mich, denn vor mir loderte ein Feuer. Nur langsam begriff ich, dass es ein Lagerfeuer war. „Hallo“, begrüßte mich eine Stimme und ich presste mich an den Baum hinter mir. Meine Augen fanden den Mann, der am Feuer saß. Er wärmte seine Hände daran und sah mich mit einem freundlichen Lächeln an. „Es schien, als würdest du frieren, darum habe ich ein Feuer angemacht“, erklärte er, doch mein ganzer Körper zitterte vor Angst. Mir schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er mich hereinlegen wollte, doch dann begann ich zu begreifen, dass ich nur ein kleines, unbedeutendes Kind war. Hätte dieser erwachsene Mann mich töten wollen, so hätte er dies längst getan. Meine Panik legte sich und ich beruhigte mich. „Danke“, murmelte ich ganz leise, ließ den Fremden jedoch nicht aus den Augen. Er trug eine Shinobi Uniform mit einer grünen Weste. Sein Stirnband reflektierte das Feuer und ich atmete erleichtert auf. Es trug das Zeichen Konohas auf der Stirn. Des Dorfes, mit dem wir seit langer Zeit eine Allianz hatten. Dem Ziel, meiner Reise. „Du bist ein Ninja aus Konoha“, stellte ich verwegen fest. Er lächelte. „Das ist richtig. Und wer bist du?“ „Noriko“, murmelte ich. „Hallo Noriko. Ich heiße Sakumo. Darf ich fragen, warum du hier ganz allein mitten in der Nacht im Wald bist?“ Seine Augen waren freundlich und doch schien er mich genau zu mustern. Mir war klar, dass ein geschulter Shinobi wie er, erkennen konnte, dass ich eine Flüchtige war. Doch war ich nicht bereit, ihm zu sagen, wo ich herkam. Es gab nur eine Person, mit der ich bereit war zu sprechen. „Ich suche jemanden“, antwortete ich also, was nicht ganz gelogen war. „Ich verstehe“, antwortete Sakumo. Sein weißes Haar wirkte durch das Licht des Feuers rötlich. „Soll ich dir vielleicht auf deiner Suche helfen, Noriko?“ Ich schluckte und nickte ganz langsam. Sakumo lächelte. „Es ist jemand, der in Konoha wohnt“, sagte ich, bevor ich es mir anders überlegen konnte. „Darf ich auch wissen, wer es ist?“ Ich antwortete nicht und Sakumo drängte mich nicht. „Auch in Ordnung. Ich bringe dich nach Konoha und dann schauen wir weiter, ja?“ Kurz vor Sonnenaufgang setzten wir unseren Weg fort. Sakumo ging ein Stück vorweg und versicherte sich stetig, dass ich noch hinter ihm war. Ich war dankbar, für seine vorsichtige Art und dass er mich nicht drängte, obwohl er sicher Besseres zu tun hatte, als ein Kind im Schneckentempo durch den Wald zu führen. Wir waren etwa zwei Stunden unterwegs, da blieb Sakumo stehen. „Wir betreten nun die Ausläufer des Dorfes. Es kann also sein, dass wir schon bald Menschen begegnen werden“, bereitete er mich vor und ich holte ein wenig zu ihm auf. Wir kamen an einem Platz vorbei, an dem ich mehrere junge Menschen erkannte, die mit Wurfmessern übten. Sakumo blieb stehen und ich beobachtete, wie ein Junge auf uns zuhielt. Er hatte dieselbe Haarfarbe wie Sakumo und sein Gesicht war durch ein Tuch bis über die Nase bedeckt. Sein Blick wirkte wesentlich weniger freundlich als Sakumos, der unverkennbar der Vater des Jungen war. „Vater! Du warst lang fort“, begann er in mürrischem Ton und warf dann einen seltsamen Blick auf mich. „Kakashi, wie ich sehe, trainierst du fleißig“, lobte der Vater, doch Kakashi schien dies nicht zu beeindrucken. „Wer ist das?“, fragte Kakashi mit Blick auf mich. „Ein Gast“, erklärte Sakumo schlicht. „Ah, Sakumo, du bist zurück. Hey, Kakashi, wer hat gesagt, du sollst aufhören zu trainieren? Immerhin willst du doch deine Abschlussprüfung noch dieses Jahr machen.“ „Ja, Sensei.“ Kakashi warf mir einen abschätzenden Blick zu und widmete sich seinem Wurfmesser-Training. Ich schaute ihm hinterher und bemerkte den jungen Mann, der sich nun mit Sakumo unterhielt, kaum. Erst ein Satz ließ mich aufhorchen: „Nein, ich hab Kushina versprochen, nachher noch mit ihr zu üben, deshalb komme ich erst später dazu.“ „Du kennst Kushina!“, rief ich überrascht auf. Sakumo und sein Gegenüber wendeten sich an mich. „Nanu? Wer bist denn du?“ Ich erstarrte. Bis zu diesem Tag hatte ich nie verstanden, was Mädchen an Jungs fanden, doch hatte ich auch bis zu diesem Tag nie einen so schönen Mann gesehen. Seine blauen Augen strahlten mich funkelnd an und sein Gesicht war umrahmt von goldenem Haar. „Bring mich zu Kushina“, sagte ich kleinlaut und er zog eine Augenbraue hoch. Sakumo legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Das ist Noriko, ich traf sie im Wald. Ich glaube, sie hat einen langen Weg hinter sich. Noriko, ist es Kushina, die du hier in Konoha suchst?“ Ich nickte und spürte einen Kloß in meinem Hals. „Hallo Noriko. Mein Name ist Minato und ja, ich kenne Kushina. Ich bringe dich gern zu ihr. Aber vorher musst du mir bitte eine Frage beantworten.“ Minatos Gesichtsausdruck wurde ernst und der Kloß in meinem Hals verfestigte sich. „Es reicht, wenn du nickst oder mit dem Kopf schüttelst, in Ordnung?“, sagte Minato mit ruhiger Stimme. Einer der Schüler wollte etwas von ihm, doch Sakumo winkte den Schüler fort und ich war dankbar dafür. „Du kommst aus Uzushiogakure, nicht wahr?“ Ich nickte. „Dein Dorf wurde angegriffen, nehme ich an.“ Wieder ein Nicken. „Kannst du mir sagen, wie lange das her ist?“ Ich hob eine Hand und zeigte 5 Finger. „Fünf Tage?“ Ich nickte. Minato seufzte und eine kleine Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. „Du bist Hikaris Tochter, nicht wahr?“ Tränen verschleierten mir die Sicht, doch ich nickte. Vor meinem inneren Auge sah ich das Bild meiner toten Mutter, in den Trümmern unseres Hauses. „Schon gut.“ Minato schnappte mich, hob mich auf seine Arme und ich ließ es zu. Ließ mich von ihm umarmen und weinte an seine Brust. „Ich bringe sie zu Kushina. Sakumo, kannst du mir einen Gefallen tun und den Hokage informieren, dass unsere Verbündeten in Uzushio angegriffen wurde?“ Sakumo nickte und warf mir einen letzten Blick zu. „Auf Wiedersehen, Noriko.“ Minato zögerte nicht lang. Schneller, als ich es für möglich gehalten hätte, sprang er durch die Luft und ich auf seinem Arm mit ihm. Innerhalb weniger Minuten standen wir vor einem großen Haus und er rannte die Treppen hinauf. Er hob eine Hand, um an die Tür eines Appartements zu klopfen, doch diese wurde bereits aufgerissen: „Minato, wo- huch?“ Ich löste mein verweintes Gesicht von Minatos Schulter und neue Tränen bildeten sich in meinen Augen, als ich Kushina erblickte. Sie sah meiner Mutter zum Verwechseln ähnlich. „Hallo, Tante Kushina.“ Ihre Augen weiteten sich im Horror. „No-Noriko, bist du das?!“ Ich streckte die Arme aus. Kushina nahm mich an sich und wie ein Wasserfall, lösten sich die Worte aus meinem Inneren. „Sie haben unser Dorf zerstört. Mama ist tot. Oma war verletzt, sie hat mich weggeschickt. Da war überall Rauch und die Erde hat ständig gebebt und-“ Kushina strich mir übers Haar und drückte mich fester an sich. „Du bist jetzt in Sicherheit, Noriko“, sagte Minato und schenkte mir ein Lächeln. Erst viel später begriff ich, dass dies der Moment war, in dem ich die Farbe Gelb zu mögen begann. Sie erinnert mich nun nicht mehr an das Grab meines Vaters und die ewige Trauer, die seine Erinnerung zu bringen schien. Nein, jedes Mal, wenn ich etwas Gelbes sah, erinnerte es mich an Minato. An sein freundliches Gesicht und die Wärme, die er ausstrahlte. Zwischen Kushina und Minato fühlte ich mich das erste Mal seit Tagen wieder sicher. -- Sakura blickte von dem Buch in ihren Händen auf. Naruto konnte nicht glauben, was er soeben gehört hatte. „Das kann doch nicht wahr sein“, rief er aus. „Wir sollten mit Kakashi-Sensei sprechen, er kam immerhin auch drin vor, vielleicht weiß er-“ „Nein, er würde nichts davon wissen, Naruto. Sakura hat es doch am Anfang vorgelesen. Die Erinnerungen wurden verdreht, alle Menschen, die sie kannte, haben sie vergessen.“ „Aber wir können das doch nicht einfach so alles ignorieren?“, brauste Naruto auf. „Da seid ihr ja! Wir haben euch schon überall gesucht.“ Naruto fuhr herum. Hinter ihm, in der Tür zu Sasukes Besucherraum, stand Shikamaru, direkt neben ihm erkannte Naruto seinen guten Freund Lee und den etwas unbeholfen wirkenden Sai. „Warum habt ihr uns denn gesucht?“, fragte Sakura. Sai schob sich an Lee und Shikamaru vorbei und winkte Sasuke freundlich zu, der mit hochgezogener Augenbraue kurz zurückwinkte. „Gai-Sensei hat uns alle dazu beauftragt, die Feierlichkeiten für die Ernennung des neuen Hokage übermorgen vorzubereiten.“ „Feierlichkeiten? Wir sind schon total überfordert mit den ganzen Aufräumarbeiten!“, platzte es aus Naruto heraus. „Und warum sollen wir das überhaupt machen, es gibt doch genug Frischlinge von der Akademie-“ „Man Naruto, ihr seid Team Kakashi. Wer wäre wohl besser dafür geeignet, seine Ernennung zum Hokage vorzubereiten, als ihr? Warum ich allerdings mit von der Partie sein muss, hab ich noch nicht so ganz durchschaut“, grummelte Shikamaru. Seine Hände steckten in den Hosentaschen und er wirkte genervt. „Also, wir treffen uns morgen am Büro des Hokage und beginnen mit den Vorbereitungen. Seid besser alle pünktlich, ich habe keine Lust auf euch zu warten.“ „Wer hat dich zum Boss ernannt, Shikamaru?“ „Gai-Sensei hat mich zum Boss ernannt, Naruto. Und jetzt hör auf zu Meckern. Die Zeremonie ist wichtig für die Menschen von Konoha. Es wird ihnen Mut geben, den neuen Hokage zu sehen. Also dann.“ Shikamaru drehte sich gerade herum und wollte gehen. „Was macht ihr hier eigentlich? Liest Sakura euch ein Buch vor?“, fragte Lee. Naruto und Sakura tauschten einen Blick aus. Sie wirkte skeptisch, seufzte jedoch. „Wenn ihr euch ruhig verhaltet, dürft ihr mit zuhören. Aber nun lasst mich weiterlesen, wir haben gerade erst herausgefunden, wo Noriko herkam.“ „Wer ist Noriko?“ „Sie hat dieses Buch geschrieben“, erklärte Naruto. Sakura griff nach ihrer Tasche und gönnte sich einen Schluck Wasser aus einer Trinkflasche. Naruto nutzte die Zeit, um die anderen kurz in das einzuweihen, was sie soeben erfahren hatte. „Das klingt kurios“, sagte Shikamaru, machte jedoch nun keine weiteren Anstalten, den Raum zu verlassen. Sakura runzelte die Stirn. „Noriko hat den Abschnitten Namen gegeben, so wie Kapiteln in einem Buch“, erklärte sie mit dem Blick auf die nächste Seite. „Der nächste Abschnitt heißt: Neue Freunde und ein Rivale zum Abgewöhnen“. Kapitel 2: Neue Freunde und ein Rivale zum abgewöhnen ----------------------------------------------------- Etwa zwei Monate nach meiner Ankunft in Konoha, trafen Kushina und Minato eine Entscheidung. Es war einiges an Überredungskunst von Minatos Seite nötig, doch schließlich schaffte er es, seine Eltern zu überzeugen. Sie übergaben Minato den Schlüssel für das Haus seines verstorbenen Großvaters. Seine Eltern hatten ursprünglich geplant, es ihm zu seinem achtzehnten Geburtstag zu übergeben, also erst dann, wenn er offiziell erwachsen wurde. Doch es herrschte Krieg. Minato hatte Dinge erlebt, die ihn schon früh zu einem verantwortungsbewussten jungen Mann geformt hatten. Er war reifer, als die meisten Fünfzehnjährigen es heutzutage wären und auch seine Eltern erkannten, dass in diesen schwierigen Zeiten kein Platz für falsche Zurückhaltung war. Auch wenn Minato und Kushina jung und unverheiratet waren, trauten sie ihnen zu, mich großzuziehen. Dafür jedoch brauchten wir ein geeignetes Heim. Kushinas Apartment im Zentrum Konohas war schlicht zu klein für drei Leute und auch das Haus, in dem Minato bis dahin lebte, hatte keine Zimmer übrig. Es war ein kühler Wintermorgen, als wir unsere Sachen packten und alle drei gemeinsam das Haus am Rande des Dorfes bezogen. Minato hatte es tagelang hergerichtet, ganz zum Verdruss des Dritten Hokage, der Minatos Team auf Missionen schicken wollte. So war er gezwungen, direkt nach unserem Einzug Konoha zu verlassen, um erneut in den Kampf zu ziehen. Kushina war für eine kurze Zeit von ihren Pflichten entbunden worden, um sich um mich zu kümmern. Obwohl ich es genoss, jemanden um mich herum zu haben, spürte ich auch ein schlechtes Gewissen in mir aufkeimen. Kushina war eine fähige Kunoichi und ich war mir sicher, dass ihre Fähigkeiten in diesen Zeiten dringend benötigt wurden. Nicht zuletzt, weil sie eine Uzumaki war und somit viele der geheimen Versiegelungs-Jutsus unseres Clans kannte. Mein Leben in diesen Tagen bestand hauptsächlich daraus, mich aus den Alpträumen zu ziehen, die mich stetig heimsuchten, dabei jedoch gleichzeitig eine gute Miene aufzusetzen. Ich wollte nicht, dass Kushina sich zu viele Sorgen um mich machen musste. Nach und nach erst, begann ich, mich Kushina zu öffnen und langsam zu meinem alten ich zurückzufinden. Minato kehrte ein paar Wochen später von seiner Mission zurück. Er wirkte erschöpft, war jedoch ansonsten wohlauf. „Ihr habt euch hier schon gut eingelebt", stellte er fest und betrachtete die Dekorationen, die Kushina und ich gemeinsam für unser Wohnzimmer gebastelt hatten. Auf einer Kommode stand ein aus Ton geformter Bilderrahmen, den ich mit gelben Steinchen beklebt hatte. Der Rahmen enthielt unser erstes gemeinsames Foto. „Es duftet ganz wunderbar, ich bin am Verhungern", gab Minato bekannt. Kushina und ich werkelten in der Küche herum. „Das ist ein Rezept von Noriko." „Ach wirklich?" „Eigentlich ist es von meiner, also unserer Großmutter." Ein Schmerz durchzuckte mich. Ich bemerkte durchaus, dass Minato und Kushina einen Blick austauschten und eine kurze, stumme Konversation führten. Erst nach dem Essen jedoch erfuhr ich, was Minato durch den Kopf gegangen war. „Noriko, ich möchte ehrlich zu dir sein. Du bist zwar noch sehr jung, aber es sind schlimme Zeiten. So gern wir dich auch mehr vor den Schrecken des Lebens behüten würden ...", Minato knabberte an seiner Unterlippe. „Ihr habt keine Überlebenden in Uzushio gefunden, richtig?", fragte ich. Minatos Gesichtsausdruck war ernst. „Richtig. Das Dorf ist ein kompletter Trümmerhaufen. Wir haben viele Leichen geborgen und vergraben. Darunter war auch eure Großmutter. Es tut mir leid." Die Gewissheit, dass meine Großmutter nicht überlebt hatte, hatte eine andere Wirkung auf mich, als Minato es offensichtlich befürchtet hatte. Die Hoffnung, sie doch eines Tages wiederzusehen, hatte zwar in mir geschlummert und die Tatsache, dass dies nie geschehen würde, schmerzte sehr. Doch es war auch eine Erlösung, Gewissheit zu haben. An diesem Abend schlich ich mich erneut aus meinem Zimmer, um mir etwas zu trinken zu holen und entdeckte Kushina weinend in Minatos Armen. Es war das erste Mal, dass mir wirklich bewusst wurde, dass auch sie ihre Familie, ihren Clan, ja ihre einstige Heimat verloren hatte, und ähnlich trauerte wie ich. Am nächsten Morgen begrüßte sie mich fröhlich mit Pfannkuchen. Ich beobachtete sie eine Weile stumm. „Ist Minato schon wieder los?", fragte ich und Kushina seufzte. „Ja, es gibt wieder viel zu tun." Ich stocherte ich meinen Pfannkuchen herum. Mir war bewusst, dass es nicht lange so weitergehen konnte. „Du solltest auch wieder Missionen annehmen, Kushina." Kushina wollte etwas erwidern, doch genau in diesem Moment kam Minato herein. Er wirkte leicht gereizt, was bei ihm nur äußerst selten vorkam. „Ich habe noch etwas Zeit, bis wir aufbrechen", gab er bekannt und schmiss sich direkt auf die Pfannkuchen. „Dann stärke dich ordentlich", murmelte Kushina und in ihren Augen erkannte ich einen Hauch von Sehnsucht. „Du willst Minato begleiten, nicht wahr?", fragte ich, um das Gespräch von vorher wieder aufzunehmen. Minato hielt mitten im Essen inne und sah mich mit großen Augen an. Kushina lächelte verschmitzt. „Weißt du, Noriko, ich werde irgendwann wieder an Missionen teilnehmen. Aber im Moment bin ich ganz für dich da." Ich sprang auf. „Das ist gar nicht nötig!" „Aber- Noriko, du-" „Dieser furchtbare Krieg hat unser Dorf zerstört und fast unseren ganzen Clan ausgerottet! Wenn du helfen kannst, diesen Krieg zu beenden, dann solltest du mit auf die Missionen gehen und ich werde auch trainieren, damit ich eines Tages auch eine Kunoichi werde!" Minato und Kushina warfen sich einen Blick zu. „So langsam taut sie auf, was?", brachte Minato glucksend hervor. „Wir hatten schon überlegt, dich zum nächsten Schuljahr an der Akademie anzumelden, Noriko. Aber bis dahin-" „Ich möchte jetzt anfangen! Das nächste Schuljahr beginnt erst im Sommer und ich werde bis dahin nicht nur herumsitzen und Däumchen drehen." Mein Herz raste in meiner Brust. „Noriko, hör mal, du bist noch recht jung-", begann Minato, doch ich unterbrach ihn: „Da waren Schüler, die waren genauso alt wie ich jetzt auf dem Trainingsplatz. Zu einem hast du sogar gesagt, er will dieses Jahr noch die Prüfung machen!" Minato gingen die Argumente aus. Er sah sich hilfesuchend nach Kushina um, die jedoch breit grinste. „Sie ist eben eine echte Uzumaki", sagte sie lachend und Minato verzog den Mund zu einer Linie. „Aber", begann er, doch Kushina klopfte ihm nur auf die Schulter. „Ich setze sie gleich heute bei der Akademie ab. Es kann doch nicht schaden, wenn sie schon wissen sammelt. Außerdem ...", Kushina schenkte mir ein mildes Lächeln, „Trifft sie dann auf ein paar andere Kinder. Das wird ihr guttun, meinst du nicht auch, Minato?" Minato seufzte, gab sich jedoch geschlagen. - Ich erinnere mich noch gut an den Moment, in dem ich die Akademie das erste Mal betrat. Alles wirkte groß und glänzend auf mich. In Uzushio war alles viel kleiner gewesen als in Konoha. Eine Akademie hatte es in unserem Dorf nicht gegeben und alles, was ich bisher gelernt hatte, hatten meine Mutter und Großmutter mir beigebracht. Obwohl ich noch sehr jung war, hatten sie mich schon einige Dinge gelernt, wie einfache Jutsus, die Anwendung unterschiedlicher Wurfsterne und den Umgang mit einem Kunai. In Zeiten des Krieges entschieden Fähigkeiten dieser Art über Leben und Tod, auch für kleine Kinder wie mich. Das Gespräch zwischen Kushina und der Lehrerin bekam ich kaum mit. Erst als sie sich verabschiedeten und Kushina mir viel Spaß an meinem ersten Tag wünschte, lenkte ich meine gesamte Aufmerksamkeit auf das hier und jetzt. „Ich bin Kohari. Freut mich, dich kennenzulernen. Komm mit, dann stellen wir dich mal der Klasse vor." Kohari-Sensei führte mich über einen Flur, dessen Holzboden wie frisch poliert glänzte, und wir betraten einen Klassenraum, in dem ein Höllenlärm herrschte. Nur langsam wurde es ruhiger. Meine Augen versuchte ich nicht zu sehr über die einzelnen Mitschüler schweifen zu lassen, da es mich nur nervös gemacht hätte. „Wir haben ab heute eine neue Mitschülerin in der Klasse, sie ist kürzlich erst nach Konoha gezogen. Magst du dich kurz vorstellen?" „Hallo zusammen, ich bin Noriko Uzumaki. Ich freue mich, euch kennenzulernen." „Hey, Noriko, was ist dein größtes Ziel im Leben?", fragte ein Junge mit frechem Grinsen und abstehenden schwarzen Haaren. Mit gerunzelter Stirn überlegte ich kurz. „Nun, mein größtes Ziel ist es, eines Tages die Welt zu bereisen und alle Ramen-Rezepte der Welt in einem Buch zu vereinen!" Gelächter tönte durch den Raum. Der schwarzhaarige Junge grinste mich jedoch fröhlich an. Zwei Plätze neben ihm sah ich einen anderen Jungen, der mit den Augen rollte. Diesen hatte ich schon einmal gesehen. Es war der Sohn, des Mannes, der mir geholfen hatte, nach Konoha zu gelangen. Wir waren ihm kurz auf dem Trainingsplatz begegnet. Sein Name war Kakashi. „Ich glaube, er meinte eher, was dein Ziel als Ninja ist." Röte stieg mir ins Gesicht und ich zuckte mit den Achseln. „Na das ist doch aber logisch, ich möchte für Frieden sorgen. Deshalb werde ich eine der stärksten Kunoichis, die es je in Konoha gegeben hat." Kakashi schien wenig beeindruckt. Der schwarzhaarige Junge zwei Sitzplätze neben ihm war jedoch aufgesprungen. „Nein, ich hatte das schon so gemeint, wie ich es gesagt habe, Kakashi! Du weißt nicht immer alles besser!" Kakashi rührte sich nicht auf diesen Angriff seines Mitschülers. „Schon gut, Obito. Ich denke, Kakashi wollte nur helfen. Also dann, Noriko, das sind wunderbare Ziele, die du verfolgst. Such dir doch gern einen Sitzplatz und dann fangen wir an." Mit einem Nicken wendete ich mich den Tischen zu und suchte den Raum nach einem freien Platz ab. Direkt neben Kakashi gab es noch einen leeren Stuhl. Ich hörte zwei Mädchen tuscheln und musste mir ein Schmunzeln verkneifen. „Na toll, jetzt darf die Neue neben Kakashi sitzen, so etwas unfaires!" Ich betrachtete Kakashi kurz, der in seine Maske zu seufzen schien. Ganz hinten in der letzten Reihe winkte mir ein anderer Junge freundlich zu. Er hatte eine komplette Sitzreihe für sich. Mein Blick huschte von ihm, zurück zu Kakashi und ich beschloss, dass ich keine Lust hatte, neben jemandem zu sitzen, der so schlechte Energie verströmte. Mit einem Grinsen marschierte ich an den Sitzreihen vorbei und setzte mich zu dem freundlich winkenden Jungen, der nun etwas irritiert wirkte, als hätte er nicht damit gerechnet, dass ich tatsächlich zu ihm kommen würde. „Hallo Noriko, willkommen in meiner Sitzreihe! Ich bin Maito Gai, du kannst mich gern Gai nennen." „Hallo Gai. Danke!" „So, alle miteinander. Wir schreiben nun den Test, auf den ihr alle euch schon so lange freut", kündigte Kohari-Sensei an und ein Stöhnen ging durch die Reihen. Sie verteilte Zettel und blieb vor mir mit einem milden Lächeln stehen. „Du musst ihn natürlich nicht mitschreiben, da du ja bisher noch gar keinen Unterricht hattest." „Darf ich ihn trotzdem mitschreiben? Nur, um schon mal zu sehen, was auf mich zukommt?" Kohari-Sensei zog die Augenbrauen hoch und überreichte mir lachend einen der Tests. Mit einem Stift bewaffnet, beantwortete ich die Fragen nach bestem Wissen und Gewissen. Nachdem Kohari-Sensei die Tests wieder eingesammelt hatte, gewährte sie uns eine kleine Frühstückspause. Die Mitschüler begannen, miteinander zu Quatschen und aßen ihre mitgebrachten Snacks. Hin und wieder wurden mir neugierige Blicke zugeworfen, doch ich konzentrierte mich ganz auf meinen neuen Sitznachbarn. „Mitten im Schuljahr anzufangen muss schwierig sein, aber du wirst dich sicher einfinden. Und mach dir nichts aus dem von vorhin, Obito und Kakashi gehen sich ständig an die Gurgel, das ist ganz normal." Ich lachte. „Was kannst du mir sonst noch so über unsere Mitschüler verraten, Gai? Ich mein, ich habe mich vorgestellt, aber mir hat sich ja niemand vorgestellt, das ist irgendwie unfair." Gai grinste breit, als habe er nur auf diesen Moment gewartet. Seine buschigen Augenbrauen tanzten in die Höhe und er nahm einen verschwörerischen Gesichtsausdruck an. „Nun, beginnen wir doch gleich mit den beiden. Obito ist ein netter Kerl, ein bisschen vorlaut, aber wenn du mal dein Essen vergisst, hilft er dir aus. Er kommt aus einem ziemlich mächtigen Clan, von dem hast du vielleicht schonmal gehört. Er ist ein Uchiha." Ein staunendes „Uhhh", kam aus meinem Mund. Ja, von den Uchiha hatte ich sicherlich gehört. Ein mächtiger Clan, mit einem mächtigen Kekkei Genkai. „Auf Obito herrscht deswegen viel Druck. Im Gegensatz zu vielen anderen Uchihas fällt ihm das alles allerdings irgendwie nicht so in den Schoß. Wir haben sogar zwei Uchihas in der Klassen. Siehst du da drüben am Fenster?", mein Blick folgte seinem Finger in die Richtung, in die er nun zeigte. Dort saß ein Junge, der genau wie Obito schwarzes Haar hatte. Im Gegensatz zu Obito, der wild herumgestikulierte und laut auflachte, wirkte dieser Junge jedoch sehr ruhig. Er lag auf dem Tisch, gähnte herzhaft und starrte aus dem Fenster. „Das ist Shisui. Kohari-Sensei hat mal gesagt, dass er als unglaublich talentiert gehandelt wird, aber ich weiß nicht so recht, was sie meint. Zumindest benimmt er sich nicht so. Wenn du mich fragst, hat er aber schlicht und einfach keine Lust." Gai lachte und ich schürzte die Lippen. „Nun beruhige dich doch etwas, Obito", hörte ich Kakashi genervt sagen, der mit vor der Brust verschränkten Armen seinen Mitschüler musterte. „Kakashi hast du ja nun auch schon kennengelernt. Er ist unser Musterschüler. Immer in allem der Beste und gilt als talentiert wie seit Jahrzehnten keiner mehr. Es heißt, dass sie ihn schon dieses Jahr zur Prüfung anmelden wollen, obwohl er noch nicht einmal sechs Jahre alt ist. Das Ganze steigt ihm ein wenig zu Kopf, wenn du mich fragst." „Das würde ich unterschreiben", murmelte ich. „Wen haben wir noch", murmelte Gai und genau in diesem Moment schlenderte ein Junge mit kupferfarbenem Haar vor mich. „In Konoha haben wir ein echt gutes Ramen-Restaurant, das solltest du dringend ausprobieren, wenn du das so gern isst!" Er grinste von einem Ohr zum anderen. „Ah, das hier ist Kyou. Er ist immer ein wenig verrückt, aber liebenswert." „Wen nennst du hier ein wenig verrückt? Wenn in dieser Klasse jemand verrückt ist, dann bist das wohl du Gai", gab Kyou von sich, wobei er jedoch höchst amüsiert wirkte. „Ich würde sehr gern die Ramen hier in Konoha testen", antwortete ich Kyou und er jubelte auf. „Hey, Shisui! Wir laden die Neue zum Essen ein, ja?" Shisui hob den Kopf vom Tisch und musterte mich, als wolle er abschätzen, was für ihn dabei herausspränge. Dann jedoch rollte er mit den Augen und grinste dabei amüsiert. „Wird gemacht." Ich lächelte Shisui zurück an. „Oh, wir wollen auch Ramen essen kommen", ein Mädchen hatte sich zu uns gesellt. „Dich nehmen wir auch mit Kurenai! Aber du musst selbst bezahlen, sonst ist mein Taschengeld für diesen Monat bald aufgebraucht." „Wir sollten einfach alle zusammen essen gehen, was haltet ihr davon?", schlug ein anderes Mädchen vor, das direkt neben Kakashi saß. Dieser beteiligte sich nicht an der Unterhaltung. „Gute Idee, Rin!" Noch bevor wir die Unterhaltung zu Ende geführt hatten, kehrte Kohari-Sensei zurück. „Ich habe eure Tests in der Pause bereits kontrolliert", gab sie lächelnd bekannt, was auf nicht allzu viel Freude stieß. Sie begann, die Zettel auszuteilen und Gai neben mir spielte hibbelig mit seinem Stift. Er bekam seinen Test und zeigte mir einen Daumen hoch. „82%, das ist gut", freute er sich. Die Lehrerin hockte sich vor mir an den Tisch und legte meinen Test ab. „Wer hat dich bisher unterrichtet?", fragte sie und ich zuckte mit den Achseln. „Meine Mutter und meine Großmutter", sagte ich kleinlaut. Kohari-Sensei lächelte und schob mir das Blatt entgegen. „Sehr gut. Mach weiter so!" „Sieh nur, wie dieser Kakashi schon wieder angibt, mit seinen 96%", brummte Gai neben mir. Kohari-Sensei erhob sich und kehrte nach vorne an die Tafel zurück. Gai wandte sich nun an mich und seine Augen wurden groß, als er die Note auf meinem Zettel sah. „HA!" Er sprang auf, riss den Zettel in die Luft und schwenkte ihn wie eine Fahne. „Siehst du das, Kakashi? Endlich hast du eine würdige Rivalin hier!" Kakashi drehte den Kopf zu uns herum und sein Blick fiel auf den Test, den Gai noch immer durch die Luft schwenkte. „98%! Und das, obwohl sie noch gar keinen Unterricht hatte!" Gai lachte ausgiebig, bis Kohari-Sensei ihn ermahnte, sich wieder zu setzen. Etwas peinlich berührt nahm ich ihm meinen Test wieder ab und legte ihn stolz vor mich auf den Tisch. Meine Aufmerksamkeit richtete sich auf die Tafel, doch ich kam nicht umhin zu bemerken, dass Kakashi noch einmal den Kopf zu mir umwandte. Seine dunklen Augen wirkten undurchschaubar in diesem Moment. Ohne darüber nachzudenken, streckte ich ihm die Zunge heraus und bemerkte ganz zu meinem Vergnügen, dass er sich ertappt fühlte. Mit rotem Gesicht kehrte er mir den Rücken zu. Das war der Moment, in dem meine Reise als Kunoichi begann. Wie hätte ich in diesem Moment ahnen können, was all diese Menschen eines Tages für eine Rolle in meinem Leben spielen würden? - Der erste gemeinsame Besuch im Ramen-Restaurant Ichiraku ist eine meiner liebsten Erinnerungen. Es war mein dritter Unterrichtstag, den wir mit einer Unterrichtseinheit über Verwandlungs-Jutsus beendeten. Direkt nach dem Unterricht schlenderten wir die Straße hinab in das Zentrum des Dorfes. Nicht alle Schüler schlossen sich uns an, doch wir waren eine große Gruppe. Der Koch des kleinen Restaurants lachte amüsiert, als meine Mitschüler ihm die gesammelten Taschengelder überreichten. „Ihr bekommt alle extra große Portionen, dann werdet ihr große und starke Shinobis", gab er lächelnd bekannt. Jubelnd machten wir uns über die Nudelsuppen her und es hatte vermutlich kaum jemals mehr Stimmung in dem kleinen Restaurant gegeben. Sie erzählten mir alle möglichen Geschichten über Konoha, die berühmten Clans, aber auch den bekanntesten Ninjas des Landes. Shisui gab gerade eine besonders ulkige Geschichte zum Besten, da schob sich ein Mann durch die Tür, der ihn verstummen ließ. All meine Mitschüler betrachteten ihn mit großen Augen. „Nanu? Volles Haus hier, was?", stellte er lachend fest und bestellte sich sein Essen dann zum Mitnehmen. „Ihr seid doch Schüler, der Akademie, nicht?", fragte er an uns gewandt, während er auf seine Bestellung wartete. Ich musterte sein stacheliges Haar und das freundliche Gesicht neugierig. „Ja, Jiraiya-Sama! Wir haben ein Begrüßungsessen für unsere neue Mitschülerin ausgegeben. Sie kam erst kürzlich nach Konoha", erklärte Gai aufgeregt und zeigte auf mich. Jiraiya musterte mich nun mit neugierigem Blick: „Ah, du musst Noriko-Chan sein", stellte er lächelnd fest und ich riss überrascht die Augen auf. Ich hatte keine Ahnung, wer dieser Mann war und warum er mich kannte. Offensichtlich schien dies auch meine Mitschüler schwer zu beeindrucken. „Ja, das ist richtig, das bin ich", sagte ich etwas kleinlaut. Jiraiya zwinkerte mir zu: „Ich bin Minatos Mentor, deshalb habe ich natürlich von dir gehört. Willkommen in Konoha. Oh, ah danke!" Jiraiya nahm sein Essen an, winkte uns zu und verließ das kleine Restaurant. „Was hast du denn mit Minato Namikaze zu tun?", fragte mich Kakashi nun mit hochgezogenen Augenbrauen und ich bemerkte sofort, dass alle Blicke auf mich gerichtet waren. „Nun, ich ... wohne bei ihm." Selbst Kakashi entglitten die Gesichtszüge für einen kurzen Moment. „Das ist ja unglaublich!" Gai sah mich mit großen Augen von der Seite an. „Minato gilt als einer der talentiertesten Shinobi, die Konoha je hervorgebracht hat." Ich grinste breit, als sei mir dies durchaus bewusst gewesen, auch wenn ich bis zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung gehabt hatte. „Es heißt, dass einige unserer Feinde ihren Kriegsherren den Befehl gegeben haben, sich sofort zurückzuziehen, wenn sie Minato erkennen!" „Ja, das habe ich auch gehört!" „Mein Vater sagt, wenn er so weiter macht, könnte er irgendwann Hokage werden." „Ach so ein Blödsinn, erst einmal wird einer der Sannin Hokage." Meine Mitschüler begannen durcheinanderzureden. „Wer sind die Sannin?", fragte ich Gai leise. Seine Augenbrauen tanzten belustigt in die Höhe. „Ah, die drei legendären Sannin sind die zurzeit stärksten Shinobis von Konoha. Einen davon hast du gerade kennengelernt, Jiraiya-Sama! Dann gibt es da noch Tsunade, eine außergewöhnliche Kunoichi, die wunderschön ist und Orochimaru, der vermutlich der stärkste Shinobi Konohas im Moment ist. Neben dem Hokage natürlich." Ich saugte all diese Informationen auf wie ein Schwamm. „Ich glaube, Jiraiya-Sama ist viel stärker, als Orochimaru", warf ein Mitschüler ein. „Blödsinn! Jiraiya hat Orochimaru noch nie im Training besiegt." „Na ja, weil er nie ernst gemacht hat!" „Das glaube ich kaum!" Die Diskussionen zogen an mir vorbei, ich beobachtete die anderen und lauschte ihren Erzählungen wie in einer Trance. Ein kitzeliges Gefühl machte sich in mir breit und ich begriff, dass ich glücklich war. Dieses Gefühl wärmte mich von innen heraus und gab mir zurück, was der Krieg von mir genommen zu haben schien. Nach und nach verabschiedete sich einer nach dem anderen, um nach Hause zu gehen, bis wir schließlich nur noch eine kleine Gruppe von Leuten waren: Kakashi, Rin, Shisui, Kyou, Gai und ich. Mein Blick fiel auf Kakashi, der sich nun ebenfalls erhob. So ganz begriffen, warum er mitgekommen war, hatte ich nicht. Er schien ständig von allen genervt zu sein. Nie zuvor hatte ich jemanden kennengelernt, der so oft mit den Augen rollte. „Wir sehen uns morgen", sagte er und marschierte zum Ausgang. Rin sah ihm mit einem traurigen Gesichtsausdruck hinterher. „Ernsthaft?", fragte ich sie leise, nachdem Kakashi verschwunden war. Sie zuckte zusammen und musterte mich irritiert: „Hm?" „Du findest ihn gut, nicht wahr?" Ihr Gesicht lief knallrot an und sie versicherte sich kurz, dass die anderen Jungen uns gerade nicht zuhörten. Shisui erzählte Gai und Kyou gerade die Geschichte, wie er vor einigen Tagen seine Mutter mit einem Trick dazu gebracht hatte, einen Kuchen ganze drei Mal neu zu backen, obwohl die ersten beiden Versionen des Kuchens vollkommen in Ordnung gewesen waren. Kyou und Gai amüsierten sich köstlich darüber. „Ich ähm", stammelte Rin und ich zog die Augenbrauen hoch. „Warum gerade er? Ich mein ... er ist nicht sehr nett", gab ich zu bedenken und zwischen Rins Augenbrauen bildete sich eine kleine Zornesfalte. „Er ist nicht immer so, musst du wissen! Ich mein, ja, manchmal verhält er sich ganz schön arrogant ... aber ich glaube, nein ich weiß, dass er eigentlich ein guter Kerl ist." „Hm", machte ich und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. „Wir sollten nun auch gehen, es ist schon dunkel draußen", gab Gai zu bedenken und wir verabschiedeten uns vom Koch des Ichirakus. Gemeinsam spazierten wir durch das leere Zentrum Konohas. Rin, die nicht weit entfernt wohnte, verabschiedete sich als erste. „Sag, Noriko, wenn du bei Minato wohnst, musst du dann jetzt den ganzen Weg bis zum Namikaze-Anwesen laufen?", fragte Shisui mich und riss Kyou und Gai aus ihrer Unterhaltung. Ich zuckte mit den Schultern. „Nicht ganz. Minato ist bei seinen Eltern ausgezogen und wir wohnen in einem kleineren Haus, etwas näher am Dorfzentrum als das Anwesen seiner Eltern." Shisui seufzte genervt und ich verstand nicht, wieso. Kyou lachte und stupste seinen Freund von der Seite an. „Na mal nicht so genervt, das ist doch ein schöner Spaziergang!" „Hm?", machte ich und Gai zeigte mir ein breites Grinsen: „Wir bringen dich nach Hause, ist doch logisch!" „Ach, das ist doch gar nicht nötig", stammelte ich, doch Shisui zog die Augenbrauen zusammen: „Doch, ist es. Es herrscht immer noch Krieg und wir alle haben Anweisungen von unseren Eltern bekommen, nie allein das Dorf zu verlassen. Dein Zuhause ist so nah am Dorfrand, da begleiten wir dich lieber. Kyou und ich sind Nachbarn und Gai wohnt nicht weit von uns, auf dem Rückweg wird also auch keiner von uns allein sein." Ein warmes Gefühl durchströmte mich und ich lächelte Shisui an, der jedoch plötzlich betreten wegsah. „Außerdem wollen wir es uns ja nicht mit Minato verscherzen", warf Kyou ein. „Oder mit Kushina", ergänzte Shisui und Kyou schien kurz zu erschauern. Für eine Weile spazierten wir stumm nebeneinander her. Ließen das Zentrum Konohas hinter uns und marschierten durch die ersten bewaldeten Ausläufer des Dorfes. Hier und da passierten wir größere Häuser und schon bald erkannte ich mein neues Zuhause am Ende der Straße. „Ich fand's übrigens mega, dass du in dem Test besser warst, als Kakashi! Da hat er echt doof geguckt. Wurde Zeit, dass er endlich eine richtige Rivalin hat", sagte Kyou plötzlich und grinste mich breit an. Ich spürte Hitze in mein Gesicht aufsteigen, grinste jedoch zurück. „Warum war er heut überhaupt dabei? Er scheint ja eh niemanden leiden zu können", warf ich ein und Kyou zuckte mit den Achseln. „Das ist doch alles nur Fassade", brummte Shisui. „Na ja ich weiß ja nicht. Er fühlt sich schon ganz schön toll", gab Kyou zurück und Shisui seufzte. „Warum sollte er das auch nicht? Er ist eben in allem der Beste." „Ja und das ist alles deine Schuld." Shisui rollte mit den Augen und schüttelte den Kopf. „Ist doch so! Wenn du dir etwas mehr Mühe geben würdest, dann wärst du in allem der Beste. Du hast das Talent dazu, ich verstehe immer noch nicht, warum du-" „Lass gut sein, Kyou! Ich will gar nicht besser sein als alle anderen, ich bin glücklich so, wie es ist." Kyou seufzte, erwiderte jedoch nichts dazu. Ich musterte Shisui von der Seite. Er hatte die Hände gelassen hinter dem Kopf verschränkt und schlenderte lässig neben mir her. Seine strahlend blauen Augen trafen meinen Blick und er grinste breit. „Wir sind da", stellte er fest und wir blieben stehen. Die Tür öffnete sich und Minato lugte aus dem Haus hervor. Sein Gesicht erhellte sich, als er meine Begleiter entdeckte. „Hallo zusammen", rief er und selbst Shisui hatte einen ehrfürchtigen Blick aufgesetzt. „Danke, dass ihr Noriko hergebracht habt." Minato kam die drei Stufen hinab und im Hintergrund erkannte ich Kushina, deren Gesichtsausdruck zu sagen schien: Hab ich dir doch gesagt! Offensichtlich hatte Minato sich Sorgen gemacht. „Aber das war doch selbstverständlich", erklärte Shisui. „Passt gut auf euch auf und bleibt zusammen, bis ihr wieder im Zentrum seid, ja?", bat Minato die drei Jungen und ich verabschiedete mich, von meinen Mitschülern. An diesem Abend fiel ich glücklich ins Bett und träumte das erste Mal seit vielen Wochen nicht von Rauch und Blut, sondern von meinen neuen Freunden und einem Rivalen, der mich noch zu so manch Duell herausfordern würde. -- Naruto hob den Blick. Sakuras Stimme war in der Dunkelheit der Zelle verklungen und das hatte sie so in die Realität zurückgeholt. „Das ist wirklich unglaublich", murmelte Sakura nun und sah Naruto an, der seine Gefühle noch nicht ganz geordnet hatte. Die Tatsache, dass er eine Cousine hatte, oder zumindest einst gehabt hatte, irritierte ihn mehr, als es sollte. Was war das für ein beklemmendes Gefühl, das ihn durchbohrte? „Ich... denke nicht, dass ich heute schlafen gehen kann, bevor ich nicht weiß, was aus dieser Noriko geworden ist. Sie ist immerhin ... meine Cousine. Sie hat bei meinen Eltern gelebt... Geht ihr alle ruhig schlafen, wenn ihr müde seid, aber ich-" „Vergiss es, die Story lasse ich mir nicht entgehen", warf Lee ein und schmiss sich direkt neben Naruto auf die Bank. „Immerhin kommt Gai-Sensei auch darin vor und ich will unbedingt mehr davon wissen, wie er so als Junge war. Er war bestimmt ein ganz hervorragender Schüler!" Lees runde Augen funkelten begeistert. Shikamaru zuckte wirsch mit den Achseln. „Tja, ich bin nun auch neugierig, was aus dieser Person geworden ist. Vor allem würde mich aber interessieren, wie die Erinnerungen all dieser Leute gelöscht worden sein sollen und vor allem aus welchem Grund." Naruto grinste breit und wandte sich an Sakura, die soeben die nächste Seite des Buches aufschlug. „Ich werde ebenfalls hier bleiben, immerhin habe ich das Buch gefunden. Das nächste Kapitel hat außerdem den Namen ‚Shisuis Geschenk' und ich bin wirklich neugierig, mehr über diesen Shisui zu erfahren und auch ... wie lange Kakashi-Sensei sich so doof verhalten hat." Naruto lachte. Ihm wurde warm ums Herz. Selbst der ruhige Sai setzte sich stumm zu ihnen und lauschte Sakuras Worten. Ein seltsames Gefühl machte sich in Narutos Kopf breit, ganz so, als klopfe eine uralte Erinnerung an. Doch er konnte bei bestem Willen nicht danach greifen. Seufzend lehnte er sich zurück und schloss die Augen, während Sakura die Worte des nächsten Kapitels zu lesen begann. Kapitel 3: Shisuis Geschenk --------------------------- Die ersten Wochen an der Akademie verflogen wie im Zeitraffer. Es gab einige Dinge, in denen ich auf Anhieb gut war, da meine Mutter oder Großmutter sie mir beigebracht hatten, aber es gab auch einiges, das ich so gar nicht beherrschte. In diesen Momenten war ich besonders froh, meine neuen Freunde an meiner Seite zu haben. Gai war stets etwas überambitioniert, gab sich aber größte Mühe, mir Dinge zu erklären oder vorzumachen. Kyou verlor schnell die Geduld, wenn ich etwas nicht begriff, und so stellte sich Shisui als derjenige heraus, der mir am meisten weiterhelfen konnte. Er hatte das Talent, genau zu erkennen, was ich falsch machte, war geduldig und seine Erklärungen machte er mit bildhaften Beispielen verständlich. All meine Bemühungen wurden belohnt, denn die ersten Tests und Prüfungen, die ich absolvierte, wurden mit guten Noten gekrönt. Auch wenn ich es nur ungern zugab, brachte es mir eine ungeheure Freude, wann immer ich besser sein konnte als Kakashi. Leider geschah dies jedoch nicht mehr allzu oft. Die ersten Kirschblüten kündigten das Ende des Winters an und brachten eine düstere Zeit mit sich. Wir Schüler von der Akademie wurden zwar größtenteils davon abgeschirmt und doch kamen wir nicht umhin, zu bemerkten, dass Konoha einige Schlachten verloren hatte. Wir bemerkten die Anspannungen der Erwachsenen, und auch der Unterricht fiel hin und wieder aus, weil alle fähigen Ninjas im Krieg gebraucht wurden. Die Klinik von Konoha war voll belegt und die Stimmung in den Straßen der Stadt betrübt. So waren die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings willkommen und gaben dem Dorf einen Hauch von Fröhlichkeit zurück. In unsere Klasse brachte der Frühling vor allem Aufruhr, denn die Abschlussprüfungen standen an. Mehrere meiner Mitschüler, darunter einige Ältere, mit denen ich nicht viel zu tun hatte, waren angemeldet. Als der große Tag kam, fiel für uns andere der Unterricht aus, doch wir fanden uns trotzdem an der Akademie ein, um unsere Mitschüler zu beglückwünschen, sollten sie bestehen. Ich hatte gemeinsam mit Kushina mehrere Bleche Kekse gebacken, die wir in Säckchen abgefüllt hatten. Den Rucksack randvoll mit Kekstüten, kam ich an der Akademie an und traf auf Shisui, der gedankenverloren auf einer Bank saß. „Wow, der Rucksack ist ja fast größer als du", staunte er, als er mich endlich bemerkte. Ich musterte sein Gesicht und bemerkte sofort, dass ihn etwas belastete. „Worum sorgst du dich, Shisui?" Sein Gesicht lief rot an und für einen Moment dachte ich, er würde so tun, als wüsste er nicht, wovon ich sprach, dann jedoch seufzte er. „Wusstest du, dass, wenn Kakashi besteht, er der jüngste Genin aller Zeiten in Konoha wird?" Ich schüttelte den Kopf. Shisuis Augenlider senkten sich. „Das liegt alles an diesem Krieg. Ohne den Krieg hätten sie ihn noch gar nicht zur Prüfung zugelassen, aber im Moment braucht Konoha jeden Shinobi, der zur Verfügung steht, selbst wenn es noch Kinder sind." Ich knetete meine Hände im Schoß. Mein Blick fiel auf die Tür zur Akademie und ich musterte die Maserung des rötlichen Holzes aufmerksam. „Und ich weiß ganz genau, dass auch Kakashi das bewusst ist. Er ist zu klug, um das nicht zu begreifen und deshalb ... habe ich großen Respekt vor ihm, weißt du? Auch wenn er manchmal sehr arrogant wirkt und so, als könne er niemanden leiden ... ich glaube, irgendwo in ihm drin ist er auch nur ein Junge, der sich fürchtet. Aber weil er so talentiert ist, fühlt er sich verantwortlich, sein Talent einzusetzen, um unserem Dorf zu helfen, und deshalb kann er sich keine Furcht erlauben. Darum zeigt er uns allen die kalte Schulter, damit ihm niemand zu nah kommt und hinter seine Fassade schauen kann." Shisuis Worte weckten mein schlechtes Gewissen. So hatte ich die Sache nie gesehen und stets mit einem Hauch von Abneigung Kakashi betrachtet. Diese Erklärung jedoch, ließ mich ihn aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Ich ballte die Hände zu Fäusten. „Na ja, er könnte trotzdem netter sein. Ich mein, das bist du ja auch und dir ergeht es doch sehr ähnlich, wie ihm, nicht wahr?" Shisui legte den Kopf in den Nacken und sah ihn den Himmel. „Tja, nur im Gegensatz zu Kakashi drücke ich mich vor meiner Verantwortung. Vielleicht kann ich es mir deshalb erlauben, nett zu sein." Mit einem Grinsen stupste ich meinen Ellenbogen in Shisuis Seite, der den Blick vom Himmel riss. „Nur weil du dich noch nicht bereit fühlst, heißt das ja nicht, dass du dich drückst. Und nur, weil du genauso alt bist wie Kakashi, heißt das nicht, dass du genauso sein musst wie er." Shisui lachte auf und in diesem Moment schlenderten Kyou und Gai auf den Platz und winkten uns zu. Auch einige unserer anderen Klassenkameraden trudelten nach und nach ein. Gemeinsam warteten wir und beglückwünschten die ersten Prüflinge mit einem fröhlichen Jubel und einer Tüte Kekse. Nach und nach kam einer nach dem anderen, bis schließlich Kakashi durch die Tür schlenderte. Er hatte die Hände in den Hosentaschen und sein Gesichtsausdruck wirkte kühl, wie stets. „Und?", fragte Rin aufgeregt. Kakashi warf ihr einen Blick zu, zog die Hand aus der Hosentasche und hielt einen Gegenstand in die Luft. Es war das Shinobi-Stirnband mit dem Emblem Konohas darauf. Rin klatschte aufgeregt in die Hände, einige der anderen Mitschüler klopften Kakashi fröhlich auf die Schulter. Ich zog eine Tüte der selbst gebackenen Kekse aus meinem Rucksack und hielt sie ihm entgegen: „Herzlichen Glückwunsch", sagte ich und Kakashi riss die Augen erstaunt auf. „Danke", sagte er etwas perplex, nahm die Kekse an und obwohl ich sein Gesicht nicht sehen konnte, hatte ich das Gefühl, er lächelte. Die Gespräche um uns herum schwollen an und für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, einen hauch von Furcht über Kakashis Gesicht huschen zu sehen. Vielleicht war es nach meinem Gespräch mit Shisui auch pure Einbildung, doch ich fasste einen Entschluss in diesem Moment. Während die anderen den nächsten Prüfling in Empfang nahmen, der soeben aus der Tür gestolpert kam, schlüpfte ich an Kakashis Seite, der mir einen irritierten Blick zuwarf. „Glaub nicht, dass unsere Rivalität damit beendet ist, Kakashi", sagte ich feixend und er zog die Augenbrauen in die Höhe. „Hm?", machte er und ich trat einen Schritt auf ihn zu. „Na ja, unser Wettkampf darum, wer besser im Wurfsternwerfen ist, ist noch nicht beendet und mit dem Kunai haben wir uns auch noch nie gemessen. Also erwarte ich schon, dass du mal hier vorbei kommst, wenn du die Zeit hast. Außer natürlich, du hast Angst, gegen mich zu verlieren." Kakashi schnaubte belustigt auf. „Du willst wohl unbedingt von mir besiegt werden, was?" Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Immerhin habe ich auch schon gegen dich gewonnen, also wart's ab. Mit ein bisschen mehr Training überhole ich dich im Nu, versprochen!" Wir tauschten einen Blick und es fühlte sich wie ein unausgesprochenes Versprechen an. - Unsere Klasse war deutlich ruhiger, nachdem ein Großteil der älteren Schuler den Abschluss gemacht hatte. Wir waren nur noch die hälfte aller Schüler und ich begriff nur langsam, dass auch dies mit dem Krieg zusammenhing. In den letzten Jahren hatte es weniger Kinder gegeben und so auch weniger Schüler. Im Unterricht fehlte mir der Schlagabtausch mit Kakashi hin und wieder und auch im Training vermisste ich es, jemanden zu haben, den ich schlagen wollte. Umso mehr freute ich mich, dass Shisui langsam aus seinem Kokon auszubrechen schien. Er begann sich mehr einzubringen, steckte mehr Energie ins Training und schien allmählich gefallen daran zu finden, sich mit mir zu messen. Doch war er bei weitem nicht so ehrgeizig, wie Kakashi es gewesen war. Wann immer er gegen mich verlor, nahm Shisui es mit einem Schulterzucken hin. Ganz im Gegensatz dazu stand Obito, der mit aller Macht versuchte, Kakashis Platz einzunehmen, dabei jedoch kläglich versagte. Er wollte in allem der Beste sein, übernahm sich dabei und scheiterte. Viel zu oft ermahnte Kohari-Sensei ihn, sich selbst nicht zu überfordern, doch Obito schoss allzu gern über das Ziel hinaus. Als die ersten Laubbäume sich bunt verfärbten, hatte ich das erste Mal das Gefühl, nicht voranzukommen. Egal, wie viel ich trainierte, ich wurde nicht stärker und meine Jutsus nicht wirklich besser. Gai war es, der mich aus diesem Tief befreite. Er machte mir klar, dass es keine Schande war, eigene Schwächen zu akzeptieren und an den eigenen Stärken zu pfeilen. „Ich mein, sieh mich an! Meine Ninjutsu und Genjutsu Fähigkeiten sind nicht wirklich gut, deshalb konzentriere ich mich auf meine Stärke: Mein Taijutsu! Es ist keine Schande, die eigenen Stärken zu fördern und Schwächen anzuerkennen." Ich dachte lange darüber nach und beschloss, mich ebenfalls eine Weile auf meine Stärken zu konzentrieren. Es half mir, mein Tief zu überwinden und neue Erfolge zu feiern. Einige Wochen lang widmete ich mich dem Training meiner Geschwindigkeit sowie Ninjutsus und den Umgang mit Wurfmessern. „Nicht schlecht", hörte ich eine Stimme, nachdem alle meine Messer mitten ins Schwarze getroffen hatten. Abrupt drehte ich mich um und bemerkte Kakashi, den ich seit Wochen nicht gesehen hatte. Ohne Aufforderung schnappte er sich mehrere der Übungsmesser und warf sie eines nach dem anderen direkt neben meine Messer in die Mitte der Zielscheiben. „Bei dem Niveau brauchen wir wohl einen neuen Wettbewerb, um uns zu messen, was?", sagte er und ich lachte. „Wie wäre es mit mehreren Messern mit derselben Hand gleichzeitig?" Kakashi zog die Augenbrauen hoch, schnappte sich mehrere Messer und wir begannen zu werfen. Die ersten Versuche gingen mit großem Abstand daneben. Erst nach etwa zwanzig Versuchen schaffte ich es, das erste Mal alle drei Messer auf der Zielscheibe zu platzieren. Kakashis Augenbrauen zogen sich zusammen. Er grummelte etwas Unverständliches und warf wie ein Besessener mit den Messern auf die Scheiben. Ich schaffte keinen weiteren Treffer und musste mit Ansehen, wie Kakashi es schließlich drei Mal nacheinander gelang, alle drei Messer auf die Scheibe zu setzen. „Du bist ja immer noch hier – ach, hallo Kakashi! Wie lief die letzte Mission?" Gai war auf den Übungsplatz getreten. Kakashi berichtete kurz von einer Mission, bevor er sich schließlich verabschiedete, wobei er mir einen feixenden Blick zuwarf: „Gewonnen", murmelte er mit Belustigung in den Augen und ich schnaubte entnervt. Wütend starrte ich auf Kakashis Hinterkopf, nicht ahnend, dass ich ihn für eine lange Zeit nicht wiedersehen würde. - Der Winter brach über Konoha herein und ich versuchte mit allen Mitteln, den Tag auf dem Kalender zu ignorieren, der auf mich zuraste. Obwohl Kushina und Minato wiederholt versuchten, das Gespräch mit mir zu suchen, schaffte ich es, dem aus dem Weg zu gehen. Mein Leben bestand zurzeit aus dem Training und der Zeit mit meinen Freunden. Ich war weitestgehend glücklich und wollte nicht an den Tag erinnert werden, der mir meine Familie und meine Heimat genommen hatte. In meiner Freizeit verbrachte ich die meisten Stunden gemeinsam mit Gai, der mit mir mein Taijutsu trainierte. In diesen Tagen verspürte ich immer wieder Wut über einige der anderen Schüler, die über ihn herzogen und ihn belächelten. Zugegeben, er war in einigen Belangen durchaus sonderbar. Nicht nur seine Kleidung, und die vielen seltsamen Regeln, die er sich stets selbst auferlegte, auch seine teils überdrehte Art sorgten dafür, dass er auffiel, wo immer er war. Doch all diese Marotten hatte ich zu lieben gelernt und so war er nach und nach zu meinem besten Freund geworden. Mit Gai konnte ich über wirklich alles reden. Er verurteilte nichts und nahm sogar jene in Schutz, die sich über ihn lustig machten, sodass ich mich dafür verantwortlich fühlte, sie zur Verantwortung zu ziehen. „Lass sie doch reden, verschwende deine Energie nicht damit. Es wird immer Menschen geben, die einen nicht akzeptieren. Ich konzentriere mich lieber auf die Menschen, die mich so mögen, wie ich bin." Diesen Rat versuchte ich zu beherzigen, doch es fiel mir schwer, ruhig zu bleiben, wenn mein bester Freund beleidigt oder ausgelacht wurde. Nach und nach jedoch, begann ich zu begreifen, was Gai gemeint hatte. Es lebte sich viel entspannter, wenn einem egal war, was andere über einen dachten. Gai war neben Minato und Kushina der Erste, dem ich von der Vernichtung meiner Heimat und dem Tod meiner Familie erzählte. Es war an dem Jahrestag des Geschehens, an meinem siebten Geburtstag, an dem ich das Haus früh verließ, um Minato und Kushina aus dem Weg zu gehen. In der Schule konzentrierte ich mich voll und ganz auf den Unterricht und versuchte, so unbekümmert wie stets zu sein, doch Gai bemerkte, dass ich etwas unterdrückte. „Du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst, nicht wahr, Noriko?" Ich antwortete nichts auf diese Phrase. Wir saßen in unserer Frühstückspause zusammen und aßen matschige Reisbällchen. „Aber du musst auch nicht reden. Wenn es etwas anderes gibt, was ich für dich tun kann, dann sag Bescheid." Eine Weile kaute ich still auf meinem Essen und spürte die Emotionen, die ich so gut zu unterdrücken geschafft hatte, aus mir herausbrechen. Bevor ich es mir überlegen konnte, begann ich Gai von dem Tag zu erzählen, an dem meine Welt aus den Fugen geraten war. Gai unterbrach mich kein einziges Mal und als ich fertig erzählt hatte, setzte er einen ernsten Blick auf. „Danke, dass du mir das anvertraut hast, Noriko. Lass uns ein Versprechen abgeben", schlug er vor und ich wischte mir die Tränen von den Wangen. „Was für ein Versprechen?" „Wir werden zu superstarken Ninjas und dann werden wir dafür sorgen, dass der Krieg endlich vorbei ist und es keine weiteren Kriege mehr geben wird!" „Abgemacht!", rief ich und Gai sprang von der Bank auf. „Ich habe soeben beschlossen, dass ich mich für den nächsten Frühling zur Prüfung anmelden werde! Hilfst du mir, dafür zu trainieren?" - Gai und ich verbrachten jede freie Minute mit unserem Training. Während er mir Taijutsu beibrachte, übte ich mit ihm die verschiedensten Nin- und Genjutsus. Auch ich hatte Feuer gefangen und wollte unbedingt für die Prüfung angemeldet werden. Immerhin wäre ich zum Zeitpunkt der Prüfung im Frühjahr schon zwei Jahre älter, als Kakashi es bei seiner Prüfung gewesen ist, und so sah ich kein Problem darin, ebenfalls die Zustimmung der Akademie zu bekommen. Ich musste nur meine Leistungen auf demselben hohen Niveau halten, wie bisher. Dementsprechend war es ein harter Schlag für mich, als mir die Anmeldung verweigert wurde. Die vielen Wochen des Trainings fühlten sich wie vergeudete Zeit an und ich war nie zuvor in meinem Leben wütender gewesen. Mein Ausbruch gegenüber Kohari-Sensei war äußerst unangenehm, doch ich spürte erst Tage später das schlechte Gewissen meiner Lehrerin gegenüber. Sie hatte meine Wut mit einem emotionslosen Gesichtsausdruck entgegengenommen. Mir verging die Lust, Gai weiter bei seinem Training zu helfen, doch ich zwang mich, es ihm zuliebe zu tun. Es war nicht nur mein Neid, der meine Motivation minderte. Es war auch die Tatsache, dass Gai die Akademie verlassen würde, sollte er bestehen. Die Vorstellung, ohne ihn dort zu sein, machte mir Angst. Ich hatte mich so sehr an seine Nähe gewöhnt und der Gedanke, ihn monatelang nicht zu sehen, schlug mir auf den Magen. „Es wird nichts an unserer Freundschaft ändern, versprochen! Wann immer ich in Konoha bin, werde ich meine Freizeit mit dir verbringen." „Aber du wirst ständig weg sein." „Na ja, aber auch nicht immer, ich mein-" „Jetzt rede das nicht schön! Sieh dir Kakashi an, den haben wir das letzte Mal im Oktober oder so gesehen. Dabei habe ich meine Technik mit den drei Wurfmessern mittlerweile perfektioniert", den letzten Teil des Satzes grummelte ich mehr zu mir selbst. Der Tag der Prüfung kam erbarmungslos schnell. Trotz der Furcht, meinen besten Freund in Zukunft nicht mehr oft zu sehen, wünschte ich ihm viel Erfolg und backte erneut für den Tag der Prüfung mehrere Dutzend Kekse. Wie im Rausch ging der Tag an mir vorbei und nachdem ich Gai beglückwünscht hatte und er gemeinsam mit seinem Vater von dannen gezogen war, um seine bestandene Prüfung in einem Restaurant zu feiern, fand ich mich allein auf dem Übungsplatz wieder. Lustlos warf ich ein Messer nach dem anderen auf die Zielscheiben. Es war ein warmer Frühlingstag und die Sonne brannte gnadenlos auf meinen Hinterkopf. Ich hörte Schritte und dachte kurz, Gai wäre von seinem Essen zurückgekehrt, stellte jedoch fest, dass es Kakashi war, der hinter mir auf den Übungsplatz trat. Ohne ein Wort zu sagen, schnappte er sich drei Messer und warf diese auf die Scheibe. Eines davon landete direkt im schwarzen, die beiden anderen in dem Ring direkt darum. „Gai ist jetzt also auch ein Genin", sagte Kakashi leise und ich spielte mit dem Wurfmesser in meiner Hand herum. „Ja, er hat hart dafür trainiert", murmelte ich, doch Kakashi schnaubte. „Im Moment nehmen sie jeden, der seine Jutsus halbwegs beherrscht. Wir haben einfach zu viele Shinobis verloren." Das war zu viel des Guten. Zwar hatte ich über viele Monate hinweg gelernt, ruhig zu bleiben, wann immer jemand Gai belächelte, doch in diesem Moment explodierte etwas in mir. Meine ganze Wut darüber, dass ich selbst nicht zur Prüfung zugelassen worden war, die Trauer darüber, nun ohne Gai in der Akademie bleiben zu müssen, wurden durch Kakashis Arroganz angefeuert, als hätte er Öl ins Feuer gegossen. Ich trat einen Schritt auf ihn zu und musterte ihn mit offener Missbilligung. „Ach sei doch still!" Kakashi wich tatsächlich einen Schritt vor mir zurück und ich genoss es ein wenig, dass er mit so einer Reaktion nicht gerechnet hatte. „Gai ist ein großartiger Shinobi und hat es verdient, das Stirnband zu tragen, also wage es ja nicht, seine Fähigkeiten infrage zu stellen! Und wenn es so wäre, dass sie jeden nehmen, dann hätten sie mich ja auch zur Prüfung zugelassen, denn ich beherrsche meine Jutsus halbwegs", spie ich aus. „Und das hier", ich griff nach drei Messern, warf sie und alle drei trafen den Mittelpunkt der Scheibe, „Beherrsche ich sogar besser als du. Also spar dir deine Überheblichkeit!" Ohne auf eine weitere Antwort von ihm zu warten, marschierte ich von dannen und ließ Kakashi auf dem Übungsplatz zurück. Ziellos wanderte ich umher, fand mich im Zentrum Konohas wieder und setzte mich auf eine Bank am Rande des Marktplatzes. Ich wischte Tränen der Wut aus meinen Augenwinkeln und beobachtete die Menschen, die ihre Einkäufe erledigten. Minato bemerkte ich erst, als dieser direkt vor mir stand. „Es scheint, etwas belastet dich", sagte er, setzte sich neben mich und reichte mir ein Stück Schokolade, das er offensichtlich soeben eingekauft hatte. Unwirsch knabberte ich daran herum. Einen Moment lang überlegte ich, beschloss dann jedoch, Minato in meine Sorgen einzuweihen. Ich erzählte ihm von der Prüfung, die ich nicht bestreiten durfte, von Gai, den ich vermutlich nicht mehr oft sehen würde und schließlich von meiner Begegnung mit Kakashi. Minato unterbrach mich kein einziges Mal, seufzte aber schließlich ausgiebig. „Zu allererst ... tut es mir furchtbar leid. Es ist meine Schuld, dass du nicht zur Prüfung zugelassen wurdest." Ich starrte ihn an. Eine Mischung aus Wut und entsetzen mischten sich in meinem Inneren. Meine Wut war kurz davor in einem Schwall von Beschimpfungen aus mir herauszubrechen, da sah ich das traurige Lächeln auf Minatos Gesicht. „Kakashi hat nämlich nicht ganz unrecht, mit dem, was er gesagt hat ... nicht, dass ich an den Fähigkeiten deines Freundes zweifele. Aber im Moment werden die Schüler viel früher zu ihren Prüfungen zugelassen, weil wir jeden kampffähigen Ninja brauchen. Ich weiß, dass du gut bist, Noriko." Er lächelte. „Aber warum?", brachte ich mit unterdrückter Wut hervor. „Du bist doch erst so kurz bei uns und ... Kushina hätte es dir nie verboten. Sie weiß, dass sie das nicht kann, weil ihr euch sehr ähnlich seid, aber sie hat solche Angst davor, dich zu verlieren. Deshalb hab ich meinen Einfluss beim Hokage benutzt, um dich nicht zur Prüfung zuzulassen. Aber auch, weil ich glaube, dass du noch etwas Zeit brauchst, Noriko. Es gibt nämlich noch ein paar Dinge, die ich dir gern beibringen würde." „Du willst mir etwas beibringen?", fragte ich erstaunt und Minatos Gesicht wurde ernst. „Ja und Kushina auch. Ein paar besondere Jutsus. Sobald du sie erlernt hast, kannst du dich sofort zur Prüfung anmelden, versprochen." Ich hob die Hand und hielt Minato meinen kleinen Finger hin: „Versprochen!", sagte ich. Minato grinste und hakte seinen kleinen Finger bei mir ein. „Dann fangen wir gleich morgen an?", fragte ich und Minato lachte. „Wenn du magst, fangen wir gleich morgen an." Ich sprang von der Bank hoch, doch Minato machte keine Anstalten, mir zu folgen. „Es gibt da noch etwas, dass ich dir erzählen möchte, Noriko. Bitte setz dich." Die Art, wie er sprach, machte mir Angst. Es schien, um ein ernstes Thema zu gehen. Mit klopfendem Herzen setzte ich mich zurück auf die Bank. „Wusstest du, dass Kakashi mein Schüler ist?", fragte er und ich runzelte die Stirn. Dieser Themenwechsel irritierte mich. Ich schüttelte verneinend den Kopf. „Ich weiß, wie er manchmal sein kann, aber du solltest nicht zu streng zu ihm sein." Ich hob abwehrend die Hände. „Aber er-", begann ich, doch Minatos Blick ließ mich innehalten. „Sein Vater ist kürzlich verstorben." Ich erstarrte. Das Bild des freundlichen Sakumo erschien vor meinem inneren Auge. Er war der erste Kontakt, den ich zu Konoha gehabt hatte. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. „Das ist nicht schön", murmelte ich und spürte erneut Tränen in meinen Augen. Obwohl ich Sakumo nur kurz begegnet war, schmerzte es mich. Ich hatte mich nie dafür bedankt, dass er mich nach Konoha gebracht hatte, und nun würde ich es auch nie können. „Er hat sich selbst das Leben genommen." Ein eisiges Gefühl ergriff Besitz von mir. Mit offenem Mund starrte ich Minato an. „Warum?" Minato schüttelte den Kopf. „Sakumo traf eine Entscheidung, die dazu führte, dass seine Mission nicht erfüllt wurde und es gab viele Leute, die ihn dafür verurteilten. Ich kann nur mutmaßen, aber offensichtlich setzte ihm das sehr zu. Kakashi ... war derjenige, der ihn fand, musst du wissen. Ich weiß, dass er überheblich sein kann. Aber im Moment ist er ziemlich allein. Seine Mutter starb bereits kurz nach seiner Geburt und deshalb war sein Vater seine ganze Familie." Eine ganze Weile saßen wir stumm nebeneinander und ich verarbeitete das Gehörte. Minato erhob sich schließlich von der Bank und schenkte mir ein Lächeln. „Wollen wir nach Hause gehen?" Ich wischte die Tränen aus meinen Augenwinkeln und schüttelte den Kopf. „Ich habe noch etwas zu erledigen und komme dann gleich nach, ja?" So schnell, wie ich konnte, eilte ich zurück zum Trainingsfeld. Eigentlich rechnete ich nicht damit, Kakashi dort noch vorzufinden, und war umso erstaunter, ihn noch immer Messer werfend anzutreffen. Fluchend zog er gerade mehrere Messer aus der Zielscheibe und sein Blick verfinsterte sich, als er mich entdeckte. Er wandte sich um, warf die Messer erneut, doch traf wieder nicht alle drei ins Schwarze. Unentschlossen starrte ich auf seinen Hinterkopf, nicht wissend, was ich sagen sollte. „Was?", blaffte Kakashi mich schließlich an. Ich schnaubte, schnappte mir drei Messer und hob den Arm. „Dein Ellenbogen bricht seitlich aus, du musst ihn weiter nach unten halten", blaffte ich zurück und warf die Messer, die sich in der Mitte der Zielscheibe landeten. Wortlos griff Kakashi nach drei neuen Messern, warf diese und sie landeten deutlich mittiger als in seinem vorherigen Wurf. Ausdruckslos starrte er die Zielscheibe an. „Warum hilfst du mir plötzlich?", fragte er misstrauisch, sah mich dabei jedoch nicht an. „Weil du vorhin Recht hattest, mit dem was du gesagt hast und ich meine Wut an dir ausgelassen habe, obwohl das ungerechtfertigt war. Jetzt sind wir quitt." Kakashi nickte, warf erneut drei Messer und der Wurf war wieder besser, aber noch immer nicht so gut wie meiner. „Ah, da bist du ja." Ich drehte mich abrupt herum und entdeckte Minato, der mir scheinbar gefolgt war. Er lächelte und sein Haar glänzte gelbgolden im Licht der untergehenden Sonne. „Lass uns heimgehen", rief er mir zu und ich nickte. Ich warf Kakashi noch einen Blick zu, der erneut nach drei Messern griff. „Kakashi, begleite uns doch", rief Minato und Kakashi drehte sich zu uns um. „Kushina hat gekocht, komm und iss heute mit uns. Morgen werden wir schließlich wieder früh zu unserer Mission aufbrechen." Kakashi schien Ablehnen zu wollen. Ich seufzte und klopfte ihm auf die Schulter: „Ja, mit vollem Bauch schaffst du es dann vielleicht auch endlich, mich wieder im Messerwurf zu besiegen." „Los, wir sollten uns beeilen. Nicht, dass Kushina wütend wird, wenn sie zu lange mit dem Essen auf uns warten muss." Kakashi ergab sich in sein Schicksal und begleitete uns nach Hause. Dort angekommen, hatte Kushina bereits den Tisch gedeckt und schaffte es, einen weiteren Teller hinzuzustellen, ohne dass es groß auffiel. Kushina erzählte von ihrem Tag, einer erfolgreich abgeschlossenen Mission und Minato stellte ihr hunderte von Fragen. Kakashi und ich aßen stumm und lauschten ihrem Gespräch. Mein Blick fiel immer wieder auf meinen ehemaligen Mitschüler, der nun die Stirn runzelte. „Was?", fragte er etwas entnervt und ich rollte mit den Augen. „Na ja, irgendwie hatte ich wohl gehofft, dass du wenigstens hässlich bist", gab ich zurück und Minato verschluckte sich heftig an seinem Getränk. Kushina musste ihm mehrfach auf den Rücken klopfen, bis sich sein Husten wieder beruhigt hatte. Kakashis Gesicht war rot angelaufen und mir selbst dämmerte nur langsam, dass ich ihm damit ein Kompliment gemacht hatte. Aber es war die Wahrheit und deshalb würde ich es nicht zurücknehmen, auch wenn ich nun selbst Hitze in meinem Gesicht spürte. Es war das erste Mal, dass ich Kakashi ohne seine Maske sah. Er hatte eine ebenmäßige, gerade Nase, zartrosa Lippen und ein Muttermal an seinem Kinn. Ich weiß nicht genau, was ich erwartet hatte, doch sicher nicht, was ich nun vor mir sah. Peinlich berührt stocherte Kakashi in seinem Essen herum, ich hingegen nahm einen großen Schluck meines Saftes, um die eigene Röte in meinem Gesicht zu verbergen. „Nun, wohin führt eure Mission euch denn morgen?", fragte Kushina, um das Gespräch wieder anzukurbeln. Minato konnte dazu nur eine grobe Aussage treffen, doch die reichte Kushina. „Eine lange Reise, hm? Dann solltet ihr früh schlafen gehen. Du bleibst über Nacht hier, Kakashi", sagte sie und Kakashi fielen vor Schreck fast die Stäbchen aus der Hand. „Das ähm-", begann er, doch Kushina hatte einen leicht unheimlichen Gesichtsausdruck aufgesetzt, der keine Widerrede duldete. „Es ist schon sehr spät und ihr müsst morgen früh eh gemeinsam aufbrechen, also bleib hier. Wir haben ein Gästezimmer, dort kannst du die Nacht verbringen. Noriko, hilf ihm doch bitte mit dem Bett nach dem Essen." Ich grunzte unverständlich meine Zustimmung. Wir waren gerade mit dem Essen fertig, da klopfte es an die Tür. Minato erhob sich und ging mit gerunzelter Stirn, um nachzusehen, wer dort war. „Noriko, es ist für dich", rief er und ich erstarrte. Wer wollte mich um diese späte Uhrzeit noch sehen? Ich sprang auf und durchquerte den kleinen Flur bis zu unserer Haustür, in der ich die leuchtend blauen Augen Shisuis entdeckte. Minato kehrte ins Wohnzimmer zurück und ließ uns so allein. „Hey", sagte Shisui grinsend. In seinen Händen hielt er ein kleines Päckchen. „Nanu, Shisui, was treibt dich um die Uhrzeit noch hier her?", fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen. Shisui hielt mir das Paket entgegen und grinste breit. „Na ja, ich weiß, dass heut ein schwieriger Tag für dich war, wo Gai doch nun die Akademie verlässt und da dachte ich, ich bring dir eine kleine Aufmunterung vorbei." Ich nahm das kleine Paket in die Hände und spürte ein seltsames Kribbeln in meinem Bauch. „Oh, danke! Das ist aber lieb von dir." Shisuis Gesicht lief rot an und er kratzte sich am Hinterkopf. „Hey, wo ist denn nun der Schrank mit den Decken?" Ich drehte mich herum und entdeckte Kakashi, der einen Schrank in unserem Flur aufriss. „Der ist auf der anderen Seite", gab ich zurück und wandte mich zurück an Shisui, der einen seltsamen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. Kakashi nickte ihm zu und machte kehrt. „Was macht der denn hier?", fragte Shisui und ich seufzte. „Lange Geschichte", murmelte ich. „Nun, ich muss dann auch los." Shisui wandte sich ab und lief die Stufen hinab. Ich sah ihm verdutzt hinterher. „Hey, Shisui, ähm-" „Hm?", machte er und sah sich zu mir um. Jegliche Freude schien aus seinem Gesicht gewichen zu sein, was mich zutiefst verwirrte. „Bist du allein unterwegs? Ich mein, du solltest nicht allein hier-" „Kyou wartet da vorn auf mich. Wir sehen uns in der Schule." Ohne sich noch ein weiteres Mal zu mir umzusehen, rannte er davon. Etwas verdutzt schloss ich die Tür und marschierte zurück durch den Flur, in dem Kakashi gerade eine Decke aus dem Schrank zog. „Was wollte Shisui?", fragte er. „Das geht dich gar nichts an", blaffte ich und trug Shisuis Geschenk in den Wohnraum. Minato machte gerade den Abwasch und Kushina studierte mehrere Unterlagen an ihrem Schreibtisch. Ich stellte das Paket auf unserem Esstisch ab und öffnete es. Es war eine Box, prall gefüllt mit den unterschiedlichsten Süßigkeiten. „Oh, das ist aber liebe Geste", stellte Minato fest, der soeben die Teller in den Schrank zurückstellte. Kakashi kam mit der Decke unter dem Arm aus dem Flur und Kushina war von ihrem Schreibtisch aufgesprungen, um mein Geschenk zu betrachten. „Sag bloß, du hast schon einen Verehrer", fragte sie kichernd und ich spürte, wie mein Gesicht ganz heiß wurde. „Blödsinn, wir sind doch bloß Freunde", stammelte ich, doch Kushina feixte mich an und tätschelte mir den Kopf. „Zu schade, dass ich ihn nicht gsehen habe", gluckste sie. Minato wollte etwas erwidern, doch ich sprang auf, drehte mich herum und riss Kakashi die Decke aus den Armen, der milde belustigt wirkte. „Ich sollte dir doch mit dem Bett helfen", brummte ich und trug die Decken in das kleine Gästezimmer. Ich bezog die Decke mit einem frischen Bezug und warf Kakashi einen vernichtenden Blick zu, als dieser mit belustigtem Gesichtsausdruck begann, das Bettlaken auf die Matratze zu ziehen. „Sei bloß still", murmelte ich und Kakashi zuckte mit den Schultern. „Ich hab doch gar nichts gesagt." „Gut so!" Innerhalb weniger Minuten war das Bett bezogen. Kakashi hatte die kleine Tasche, die er stets bei sich trug in eine Ecke geworfen und schmiss sich nun auf das Bett. „Danke", sagte er schlicht und ich nickte ihm zu. Noch lange dachte ich über Shisui an diesem Abend nach. Die Box, gefüllt mit Süßigkeiten, stand auf meinem Nachtschrank und wann immer ich sie ansah, bemerkte ich ein komisches Gefühl in meinem Bauch. Innerlich fluchend warf ich mich in mein Bett. Wie gern hätte ich Gai alles von diesem Abend sofort am nächsten Tag berichtet. Doch Gai würde nicht in der Akademie sein. Er hatte morgen seinen ersten Tag als Genin, würde seinen neuen Lehrer kennenlernen und seine Teamkameraden. Und in der Schule würde ich allein in der letzten Reihe sitzen, nicht wissend, mit wem ich darüber sprechen konnte. Ich schrak hoch. Ein Geräusch hatte mich aus meinem Halbschlaf gerissen. Ohne darüber nachzudenken sprang ich auf und rauschte aus meinem Zimmer. Mit angehaltenem Atem riss ich die Tür zum Gästezimmer nebenan auf. Kakashi stand nur in einer Unterhose bekleidet mitten im Raum, in seiner Hand hielt er ein Kunai. „Was zum-", rief ich und Kakashi sprang vor mir zurück. Ich drehte mich herum, doch niemand war hinter mir. Hektisch machte ich das Licht an und drehte mich erneut zu Kakashi um, der sein Messer nun sinken ließ. Sein Gesicht war tiefrot und auf seinen Wangen erkannte ich feuchte Spuren. „Entschuldige", murmelte er leise. „Schlecht geträumt?", fragte ich. Kakashi nickte, sah mich dabei nicht an. Ich machte das Licht wieder aus, da ich das Gefühl hatte, es war ihm unangenehm, so gesehen zu werden. „Als ich hier in Konoha ankam ... ist mir das eine Zeit lang jede Nacht passiert." Meine Stimme war nur ein Flüstern, doch ich war sicher, dass er mich hören konnte. Ich verließ das Zimmer, ging jedoch nicht zurück in meins. Minato und Kushina hatten nichts von alldem mitbekommen, zumindest schienen sie noch immer friedlich in ihrem Zimmer zu schlafen. Ich schlich mich in die Küche und tat, was Kushina jede Nacht für mich gemacht hatte, als ich von schlimmen Träumen verfolgt worden war. Nach etwa fünf Minuten bemerkte ich, dass Kakashi mir gefolgt war. Er stand einfach nur da, sah mich nicht an und schien irgendetwas sagen zu wollen. Doch kein Ton löste sich aus seinem Mund. Ich schnappte nach dem Becher, der nun gefüllt war mit einem heißen Kräutertee und Honig. Ohne Umschweife drückte ich ihm diesen in die Hand. „Das hat mir immer geholfen. Das und vor dem Einschlafen noch ein Buch zu lesen. Irgendetwas Lustiges. Einen Comic oder so. Du kannst dich an unserem Bücherregal bedienen, wenn du es versuchen willst." Kakashis Blick fiel auf das Bücherregal, er sagte jedoch nichts. Einen kurzen Moment wartete ich noch ab, dann jedoch wurde mir klar, dass er Zeit für sich brauchte. „Gute Nacht", murmelte ich und kehrte in mein Zimmer zurück. Ich lauschte noch eine ganze Zeit in die Nacht, bis ich die Zimmertür des Gästezimmers zugehen hörte. All die Gedanken an meinen Tag in der Schule morgen schienen mir nun lächerlich. Ich würde schon jemanden finden, mit dem ich mich unterhalten konnte und Gai würde ich auch bald wiedertreffen, dann würde ich ihm all die Dinge erzählen, die ich erlebt hatte. Mit diesem Gedanken schlief ich friedlich ein. -- Sakura hob den Blick. Sie kaute auf ihrer Unterlippe. Wendete den Blick von ihr ab und betrachtete seine Freunde, die ähnlich verdutzt wirkten, wie er sich fühlte. „Wenn das echt ist und diese Noriko wirklich Gai-Senseis beste Freundin war", murmelte Lee auf einmal und ballte die Hände zu Fäusten, „Dann muss ich sie finden und nach Konoha zurückbringen! Gai-Senseis Freundin ist auch meine Freundin!" Er sprang auf und wirkte entschlossen. Shikamaru seufzte und seine dunklen Augen blickten an Lee vorbei in Sakuras Richtung. „Bevor irgendeiner von uns sich auf die Suche nach dieser Fremden macht, sollten wir erst einmal wissen, warum sie Konoha verlassen hat und vor allem, was mit den Erinnerungen der Leute passiert ist. Außerdem dürft ihr euch von ihren Worten nicht zu sehr beirren lassen, wer weiß, ob nicht alles, was sie schreibt, gelogen ist? Sie könnte eine Feindin sein, die uns in eine Falle locken möchte." „Das glaube ich nicht", murrte Naruto, hob dennoch den Blick zu Shikamaru. „Aber du hast Recht, wir sollten dennoch vorsichtig bleiben." „Ich glaube auch nicht, dass sie eine Feindin ist", brachte Sasuke nun ein, dessen Anwesenheit sie durch die Gitterstäbe seiner Zelle schon fast vergessen hatten. „Für eine Feindin weiß sie erstaunlich viele Details über Konoha und auch Leute wie Kakashi und Gai. Zumindest glaube ich, dass diese Noriko wirklich einst hier in Konoha war. Wenn sie zu Feinden gehört, dann hat sich das erst danach entwickelt." „Wie dem auch sei, wir sollten uns alles bis zum Ende durchlesen und dann entscheiden, wie wir weiter vorgehen", schlug Sai nun vor, der bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Ton gesagt hatte. „Ich stimme Sai zu. Also, seid ihr alle bereit für das nächste Kapitel?", fragte Sakura und Shikamaru seufzte einmal sehr lang, bevor er sich auf den Boden setzte und mit dem Rücken an die Wand lehnte. „Also gut, weiter gehts. Ich werde diese Nacht wohl überhaupt keinen Schlaf bekommen", murmelte er noch zu sich selbst, während Sakura bereits das nächste Kapitel aufklappte. Kapitel 4: Team 6 ----------------- Der nächste Schultag verlief anders, als gedacht. Ich kam in die Klasse und schlenderte auf meinen Platz zu, da stellte sich meine Mitschülerin Kurenai in den Weg. „Stimmt es, was die Leute erzählen?", fragte sie mit großen Augen. „Was erzählen sie denn?", fragte ich vorsichtig. „Na ja, angeblich hat Kakashi bei dir übernachtet." Ich starrte sie an und spürte, dass alle Augen auf mich gerichtet waren. Die Gespräche um uns herum waren verstummt. „Und wenn es so wäre?", fragte ich nun und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie einige zu tuscheln begannen. Mein Blick fiel auf Rin, deren Gesichtsausdruck pure Enttäuschung ausstrahlte. In diesem Moment wurde mir bewusst, was sie alle zu denken schienen und ein lautes Lachen platzte aus mir heraus. „Um Himmels willen, es ist ja nicht so, dass ich ihn eingeladen hätte!", spie ich aus und mein Blick zuckte über Shisui, der seltsam betreten auf seine Hände starrte. „Aber wie kam es dann dazu?", fragte Kurenai mit den Händen in den Hüften. „Minato ist Kakashis Sensei und sie sind heute ganz früh zu einer gemeinsamen Mission aufgebrochen. Deshalb hat Minato ihn zu uns eingeladen. Glaub mir, ich hätte gern darauf verzichtet mit diesem Angeber zu Abend zu essen", brummte ich. Kurenai schnalzte mit der Zunge und ein anderer Mitschüler, der hinter ihr auf seinem Platz saß hob die Arme in die Luft: „Siehst du, hab ich doch gesagt, die können sich nicht mal leiden!" „Ja, ja Asuma, du sagst viel, wenn der Tag lang ist", gab Kurenai zurück und zuckte mit den Schultern. Ich warf Rin einen Blick zu, die mich nun anlächelte. Sie legte eine Hand auf den Tisch: „Noriko, setz dich doch zu mir! Ohne Gai brauchst du doch nicht allein da hinten sitzen", sagte sie und ich grinste. Kohari-Sensei erschien im Klassenzimmer. Sie hatte nichts gegen meinen neuen Sitzplatz neben Rin und begann mit dem Unterricht. „Stimmt es? Also dass du Kakashi gar nicht leiden kannst?", fragte Rin mich nun leise und ich warf ihr einen Blick zu. Noch vor einigen Wochen hätte ich diese Frage mit einem deutlichen „Ja" beantwortet, doch nun war ich mir nicht mehr so sicher. Zwar nervte Kakashis arrogante Art mich immer noch, doch nach dieser letzten Nacht war etwas anders. Es war nicht die Tatsache, dass wir zusammen gegessen hatten oder ich sein Gesicht gesehen hatte – aber ihn in einem Moment der Schwäche zu sehen, eine Schwäche, die ich selbst kannte, hatte ihn einen Hauch sympathischer gemacht. Es fiel mir unglaublich schwer, dies zuzugeben. „Na ja, ich hasse ihn nicht oder so. Aber ich mag ihn auch nicht sonderlich", gab ich zurück und Rin lächelte milde. Ich hatte das Gefühl, sie hätte mir gern noch hunderte von Fragen gestellt, doch Kohari-Sensei verteilte einen Test an uns. In der Pause schlenderte ich auf den Hof und schmiss mich auf die Bank, auf der ich stets mit Gai gesessen hatte. Lustlos aß ich meine mitgebrachten Pausensnacks und blickte erstaunt auf. Shisui stand vor mir, die Hände in den Taschen. „Entschuldige, dass ich so abrupt weggelaufen bin gestern", sagte er mit leicht gerötetem Gesicht. Wieder spürte ich dieses seltsame Gefühl im Bauch. Ich versuchte, es zu ignorieren. „Schon gut. Ich habe mich sehr über das Geschenk gefreut", sagte ich und zeigte auf meine Lunchbox, in der eine seiner Süßigkeiten lag. Shisui grinste. „Noriko! Stimmt es, dass du Kakashi ohne seine Maske gesehen hast?" Kyou sprang an Shisuis Seite, der genervt mit den Augen rollte. „Sag schon! Wie sieht er aus? Hat er einen komischen Mund? Eine krumme Nase? Irgendwelche Narben? Na sag schon!" Ich zog die Augenbrauen hoch. Mit keinem Wort hatte ich etwas davon erwähnt und hatte keine Ahnung, woher sie wussten, dass ich sein Gesicht tatsächlich gesehen hatte. „Na ja, er sieht ganz normal aus. Nichts aufregendes an seinem Gesicht", gab ich schulterzuckend zu und Kyous Augen wurden riesig. „Also keine Warzen? Oder komische Lippen? So ein Mist, damit verlier ich wohl meine Wette", den letzten Teil des Satzes murmelte er zu sich selbst. Nach dem Ende des Unterrichts verließ ich die Akademie mit deutlich besserem Gefühl, als ich sie am Morgen betreten hatte. Mit Freude bemerkte ich Gai, der vor den Türen der Akademie auf mich wartete. Er winkte mir breit grinsend zu und ich betrachtete sein Stirnband, dass er seltsamerweise um den Bauch gebunden trug. „Wie war dein erster Tag als Genin?", fragte ich und Gais Augen funkelten. Er berichtete mir von seinem Sensei, Choza Akimichi, seinen Teamkameraden Genma und Ebisu, die ich auch aus der Akademie kannte, und ihrer ersten gemeinsamen Mission. Langsam spazierten wir dabei durch die Straßen Konohas und ich lauschte gespannt all seinen Berichten. „Aber was ist denn bei dir los? Ich hab wilde Gerüchte gehört", schloss er plötzlich und ich berichtete ihm alles, was ich erlebt hatte. Gai lauschte angespannt und ich ließ nichts aus. „Das mit Sakumo ist ja wirklich furchtbar. Armer Kakashi", murmelte er im Anschluss. Er wollte gerade noch mehr sagen, als ein Ruf uns aus der Unterhaltung riss. „Gai! Das Training geht weiter!" „Oh. Tut mir leid, Noriko. Ich muss los! Wir reden morgen weiter, okay?", sagte Gai und folgte seinem Teamkameraden Genma, der mir kurz zu winkte. Ich winkte zurück und beobachtete für einen Moment, wie Gai ihm folgte, bevor ich mich auf den Heimweg machte. Noch immer in Gedanken bei meinem Gespräch mit Gai staunte ich, als ich Kushina vor unserer Haustür entdeckte. Sie trug ihre Ninja Kleidung und hatte sich das Konoha-Stirnband angelegt. „Brichst du zu einer Mission auf?", fragte ich und Kushina stemmte die Hände in die Hüften. „Nein. Minato hat dir gestern versprochen, dass wir heute mit deinem Spezialtraining anfangen, aber da er nun erst einmal auf einer Mission ist, beginne ich damit." Meine Laune hellte sich auf. Wir verbrachten den ganzen Nachmittag auf einer großen Wiese hinter unserem Haus. Kushina zeigte mir ein paar nützliche Versiegelungs-Jutsus, die meine gesamte Konzentration erforderten. „Du wirst eine Weile brauchen, um sie zu beherrschen. Auch ich habe bei manchen dieser Jutsus Wochen bis Monate gebraucht, um sie endgültig zu meistern. Denk dran, diese Jutsus sind das Erbe unserer Familie, unseres Clans! Wir haben sie seit jeher streng geheimgehalten und nun ist es an uns beiden, sie zu beherrschen, ihre Geheimnisse zu bewahren, sie aber gleichzeitig an unsere Nachkommen weiterzugeben." Die nächsten Wochen verbrachte ich die meisten meiner Nachmittage damit, die Jutsus zu üben, die Kushina mir beibrachte. Erst, als der Sommer vollends über uns hereingebrochen war und Minato von seiner Mission zurückkehrte, wurde ich ungeduldig. Zwar waren die Versiegelungs-Jutsus nützlich, doch hoffte ich darauf, von Minato deutlich spannendere Fähigkeiten zu erlernen. Ich dachte an sein Teleportations-Jutsu, das mich beeindruckte, seitdem ich es das allererste Mal gesehen hatte. Als ich an diesem Tag von der Akademie heimkehrte, konnte ich meine Vorfreude kaum bändigen. Ausgebremst wurde sie durch die ernsten Gesichter, die Kushina und Minato machten, als sie mich auf die Wiese hinter das Haus führten. „Hör zu, Noriko. Es gibt da etwas, worüber wir mit dir sprechen müssen", begann Minato. Kushina hatte die Arme vor dem Brustkorb verschränkt und knabberte an ihrer Unterlippe, was mich nervös machte. Ein ungutes Gefühl breitete sich in meinem Brustkorb aus. „Als du uns erzählt hast, wie du aus Uzushio geflohen und nach Konoha gekommen bist, hatte ich so eine Ahnung. Doch ich war unsicher und musste einige Nachforschungen anstellen", erklärte Minato weiter und kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Nun weiß ich alles, was ich wissen muss, um es dir zu sagen." „Was zu sagen?", fragte ich kleinlaut. Minato warf Kushina einen Blick zu, die ihre Augenlider schloss und ihm zunickte. „Ich muss etwas ausholen. Weißt du, wofür euer Clan bekannt ist?" „Der Uzumaki-Clan?", fragte ich, verwundert, wo dieses Gespräch hinführen sollte. Minato nickte. „Nun, der Uzumaki-Clan war der mächtigste Clan aus Uzushio. Wir haben ein spezielles Chakra, dass den meisten Mitgliedern unseres Clans ein außergewöhnlich langes Leben ermöglicht. Außerdem sind wir Meister in den Versiegelungskünsten, den Fuuin-Jutsus. Wir sind entfernt verwandt mit dem Senju-Clan, dies ist einer der Gründe für die Allianz zwischen Uzushio und Konoha und hmm. Hab ich noch etwas vergessen?" Ich kratzte an meinem Kinn. „Ah, nun viele aus unserem Clan haben die leuchtend roten Haare, genau wie Kushina und ich." Ich nickte zufrieden. Minato nickte zurück und ich verschränkte nun auch die Arme vor der Brust, da ich nicht wusste, wohin mit meinen Händen. „Genau. Das sind alles Dinge, die jeder über den Uzumaki-Clan weiß. Aber es gibt da noch etwas, das weniger bekannt ist. Vor vielen Generationen, lange bevor es den ersten Hokage gab und die Reiche so existiert haben, wie sie heute existieren, waren die Uzumakis ein Teil der alten Weltregierung." Ein erstauntes „aaach" löste sich aus meinem Mund. „Auch das lässt sich in vielen alten Geschichtsbüchern nachlesen. Was aber kaum jemand weiß, ist, dass die Uzumakis diese Regierung teilweise lenkten, denn sie hatten eine spezielle Begabung." Minato saß vornübergebeugt, die Ellenbogen auf den Knien abgestützt. Sein Blick schien auf seine ineinander verschränkten Finger zu starren. „Es gab ein Kekkei Genkai, dass innerhalb ihrer Blutlinie vererbt wurde." „Nein", stöhnte ich und riss die Augen auf. „Aber, das kann nicht sein! Davon habe ich nie etwas gehört!", rief ich aus. Ein Kekkei Genkai – ein Erb-Jutsu. „Hör es dir bis zum Ende an", murmelte Kushina und ich schloss den Mund. „Das Kekkei Genkai des Uzumaki Clans war das Zettai Fukujuu und es war äußerst selten. Meist gab es nur einen lebendigen Uzumaki, der über diese Fähigkeit verfügte. Damals war es einer der Clanführer, der es einsetzte, um die Regierung nach den Wünschen seines eigenen Clans zu lenken. Das ging viele Jahre gut, bis er allerdings zu gierig wurde." „Moment, was ist das für ein Kekkei Genkai? Wie konnte er damit eine Regierung lenken?" Minato ließ den Blick nicht von mir ab. „Zettai Fukujuu ist das Jutsu des absoluten Gehorsams. Ein Jutsu, mit dem man in der Lage ist, andere Leute das Tun zu lassen, was man ihnen befielt." Einen Moment lang starrte ich ihn an, bis mich eine Erkenntnis traf. Ein eisiges Gefühl ergriff Besitz von mir. Die Bilder des fremden Shinobi, der sich auf mich stürzte, blitzten durch mein Gedächtnis. Wie er vor mir zurückwich, wie er das Boot vom Steg losmachte, weil ich es ihm befahl. Ich schüttelte den Kopf. „Der Clanführer der Uzumakis begann damals, das Zettai Fukujuu einzusetzen, um sich selbst zu bereichern. Er nutzte es bei seinen Clanmitgliedern und diese merkten es lange Zeit nicht. Als sie aber begriffen, was geschah, wurden sie sich darüber bewusst, wie unglaublich gefährlich es war. Sie schmiedeten einen Plan, um ihren Clanführer zu töten, bevor dieser merkte, dass seine Taten aufgefallen waren. Sie schafften es und versiegelten seinen Körper mit den stärksten Versiegelungs-Jutsus, die sie kannten, um dafür zu sorgen, dass sein Kekkei Genkai ebenfalls versiegelt war und nicht erneut in die Blutlinie der Uzumakis geboren werden würde." Ich atmete erleichtert durch, was Minato das Gesicht schmerzhaft verziehen ließ. „Vor einigen Jahren jedoch, noch am Anfang des Krieges, gab es in der Nähe der Grabstätte dieses Mannes eine Schlacht, bei der ein massiver Erdrutsch ausgelöst wurde. Der Eingang zur Grabstätte wurde dabei unzugänglich. Ich habe in den letzten Monaten danach gesucht und tatsächlich habe ich es geschafft, das Grab eures Ahnen zu finden." Ich hielt die Luft an. „All die Siegel waren gebrochen." Die Stille zwischen uns wurde lediglich von einem Windstoß unterbrochen, der mein Haar aufwirbelte. Ich schüttelte erneut den Kopf und lachte peinlich berührt. „Aber dann muss es jemand aus meinem Clan gewesen sein, der das Jutsu geerbt hat und der dann den Mann damals damit dazu gebracht hat, mir zu gehorchen. Ich konnte doch noch gar keine Jutsus anwenden, also kann es doch gar nicht sein, dass ich ... also dass ich dieses Kekkei Genkai habe, richtig?" „Ein Kekkei Genkai muss man nicht erlernen wie andere Jutsus. Er liegt einem im Blut und bildet sich in verschiedensten Situationen aus, meist, wenn man sich in Gefahr befindet. Du hast es vermutlich unbeabsichtigt angewendet." Mir fehlten die Worte. Mein Blick zuckte von Kushina zu Minato und zurück. Minato erhob sich und wirkte sehr ernst. „Das ist der wahre Grund, warum ich verhindert habe, dass du zum Genin wirst. Solange du diese Fähigkeit nicht unter Kontrolle bringst, wärst du damit eine Gefahr, für dich selbst, für deine Kameraden, aber auch für ganz Konoha." „Aber wie könnt ihr wirklich sicher sein, dass ich dieses Kekkei Genkai habe? Das ist doch erstmal nur geraten, ich mein-" „Du hast es auf mich angewendet." Ich erstarrte. Minatos blaue Augen betrachteten mich mit Sorge im Blick. „Ich- was?" „Als Sakumo dich ins Dorf brachte, hast du zu mir gesagt ‚Bring mich zu Kushina'. Ich wollte das nicht tun. Wollte dich erst einmal unter die Lupe nehmen, um zu prüfen, ob der Feind dich nicht unter ein Genjutsu gesetzt hatte, um uns auszuspionieren, oder Ähnliches. Aber ich hatte keine Wahl, ich konnte mich nicht widersetzen. Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, warum ich all meine Vorsicht fallen ließ in diesem Moment. Es war deine Fähigkeit, die mich dazu brachte." Kopfschüttelnd wich ich einen Schritt zurück. Ein Gefühl, wie eine eisige Hand umklammerte mein Herz und Übelkeit trocknete meinen Mund. „Das- das wollte ich nicht- ich, das kann doch nicht." Schneller, als ich gucken konnte, stand Minato vor mir. „Schon gut", sagte er sanft und legte einen Arm um mich. „Ich weiß, dass du das nicht wolltest." Er umarmte mich kurz, schob mich von sich und sah mir direkt ins Gesicht. „Genau deshalb musst du es trainieren, verstehst du das jetzt? Wenn du es anwendest, ohne es mitzubekommen, kann das verheerende Folgen haben." Ich nickte und wischte eine Träne aus meinem Augenwinkel. „Und noch etwas, Noriko", Minatos Gesichtsausdruck wurde nun wieder bitterernst, „Du darfst niemals jemandem davon erzählen, okay? Dieses Geheimnis bleibt in unserer Familie. Versprich es mir." Das kalte Gefühl in meinem Inneren löste sich schlagartig auf, als er die Worte „unserer Familie" aussprach. Ich nickte und schluckte den Kloß in meinem Hals fort. „Versprochen", sagte ich mit fester Stimme. - Es dauerte fast vier Wochen, bis ich es endlich schaffte, meine Chakren soweit zu unterscheiden, dass ich mein Erbe darin fand. Es waren nervenzerreißende vier Wochen gewesen, da ich immer wieder daran zu zweifeln begann, dass ich diese Fähigkeit überhaupt besaß, von der Minato gesprochen hatte. Doch in diesem Moment spürte ich es mit meinem ganzen Geist. Da war dieses Chakra in mir, dessen Färbung anders war. Etwas, das in meinem Geist und Körper verankert war und doch nicht ganz zu mir gehörte, ganz so, als hätte es jemand in mich eingepflanzt. Genau so wie Minato es mir erklärt hatte, ließ ich mein Chakra in diesen Teil meines Geistes fließen und spürte es in meinem Inneren. Spürte, wie mein Willen durch meine Adern floss, wie er auf mein Chakra überging und sich einen Weg aus mir hinaus suchte. „Tanze den Hühnertanz", wiederholte ich zum gefühlt tausendsten Mal. Doch im Gegensatz zu sonst sah Minato mich nicht nachdenklich an, sondern legte die Handgelenke an die Hüfte und flatterte mit den Armen wie ein Huhn. Kushina sprang von dem Felsen auf, den sie als Sitzgelegenheit genutzt hatte und beobachtete Minato mit einer Mischung aus Belustigung und Furcht. „Hör auf", rief ich verängstigt und Minato hielt inne. Er richtete sich auf und ein Grinsen bildete sich auf seinem Gesicht. Am liebsten hätte ich ihm vorgeworfen, das nur getan zu haben, um Recht zu behalten. Doch ich hatte die Energien gespürt, die meinen Körper verlassen hatten, als ich den Befehl gab. Es gab keine Ausreden mehr für mich und ich musste akzeptieren, dass ich diese furchteinflößende Fähigkeit tatsächlich vererbt bekommen hatte. „Denk dran, niemand darf davon wissen", erinnerte Minato mich gelegentlich, als fürchte er, ich könne es plötzlich vergessen. Im Grunde fiel es mir nicht wirklich schwer, dieses Geheimnis für mich zu behalten, da ich froh war, wann immer ich in der Schule nicht daran denken musste. Einzig, wenn ich mit Gai sprach, fühlte ich mich in Versuchung gebracht. Ich wünschte mir immer mal wieder, mich ihm anvertrauen zu können und einen guten Rat von ihm zu erhalten. Er hätte bestimmt ein paar aufmunternde Worte für mich gehabt. Im Winter hatte ich den Dreh endlich heraus und konnte mein Kekkei Genkai nach Aufforderung absichtlich einsetzen. Nachdem ich Minato einige seltsame Befehle geben sollte, mussten wir ein weiteres Gespräch darüber führen, dass ich die Fähigkeit nicht nur niemals erwähnen sollte, sondern sie auch nicht einsetzen durfte. Sollte irgendjemand mitbekommen, dass ich sie hatte, war ich in großer Gefahr. Gerade in einem Krieg wie diesem konnten Feinde auf die Idee kommen, mich zu entführen, um meinen Körper zu analysieren und mir das Zettai Fukujuu zu stehlen. Ich erschauerte. Oft genug darüber zu reden reichte durchaus, um mir bewusst zu machen, wie gefährlich es für mich war, dieses Erbe in mir zu tragen. Zum Jahreswechsel begann ich vermehrt, wieder mit Kushina Versiegelungs-Jutsus zu üben. Minato hatte noch viele Trainingsideen, doch Kushina hatte ihn überzeugt, es erst einmal gut sein zu lassen, um mich nicht zu überfordern. Ich war dankbar dafür, wenn auch ich neugierig war, wie weit der absolute Gehorsam reichen konnte. Aber ich genoss es auch, wieder etwas mehr Freizeit zu haben. Wann immer Gai im Dorf war, verbrachten wir viele Stunden miteinander, in denen wir uns austauschten. Ansonsten verbrachte ich die meiste Zeit mit Shisui und Kyou. Wir übten stundenlang zusammen, denn wir planten, in diesem Jahr die Prüfungen gemeinsam zu absolvieren. Kakashi bestritt viele Missionen und tauchte nur selten in Konoha auf. Ab und zu jedoch saß er plötzlich in unserem Wohnzimmer und belagerte unser Gästezimmer, wenn er und Minato wieder zu einer gemeinsamen Mission aufbrachen. Der Frühling brach an und ich strahlte über das ganze Gesicht, als Kohari-Sensei mir die Zusage für die Abschlussprüfung in die Hand drückte. Rin neben mir hielt ihre ebenfalls hoch und ich drehte mich zu Shisui und Kyou um, die ihre Daumen hoch zeigten. Endlich würden wir die Akademie verlassen und in die echte Welt der Ninjas eintreten. Ich wartete gebannt auf den Tag der Prüfung und übte all meine Jutsus, aber auch meine anderen Kampf- und Spionage-Techniken, bis ich nachts schon davon träumte. Der schriftliche Teil verlief genau nach meinem Geschmack. Ich beantwortete alle Fragen mit einem guten Gefühl im Bauch. Im praktischen Teil wurde ein Jutsu abgefragt, das mir nicht so leicht fiel, doch alle anderen Übungen absolvierte ich zur vollen Zufriedenheit von Kohari-Sensei. Sie überreichte mir das Stirnband und ich betrachtete es ehrfürchtig. Ohne auf meine Umgebung zu achten, marschierte ich aus dem Gebäude und prallte fast mit Kakashi zusammen, der sofort mit den Augen rollte. „Wenn du so unaufmerksam bist, wirst du nicht lange ein Genin sein", sagte er genervt. Ich wollte etwas erwidern, doch er drückte mir einen kleinen Sack in die Hand, den ich erstaunt entgegennahm. „Glückwunsch", sagte er, wandte sich ab und spazierte davon. „Danke", murmelte ich mit einem Blick auf seinen Hinterkopf. „Norikooooooo." Ich riss meine Aufmerksamkeit von Kakashi los und entdeckte Gai, der mit offenen Armen auf mich zu rannte. Ich winkte ihm mit meinem Stirnband zu und wir fielen uns hüpfend in die Arme. „Super, du hast es geschafft!" Shisui und Kyou kamen ebenfalls angerannt, auch sie hatten ihre Stirnbänder in den Händen. Ich umarmte Kyou stürmisch und nahm dann Shisui in die Arme, der kurz versteifte dann jedoch lachte. Wir entdeckten Weitere unserer Klassenkameraden, die mit ihren Stirnbändern in den Händen, oder bereits auf ihren Köpfen auf uns zu kamen. „Das sind aber viele dieses Mal. Herzlichen Glückwunsch an euch alle!" Minato und Kushina waren ebenfalls gekommen, um mich zu beglückwünschen. Sie schenkten mir ein Kunai, das ich mit großen Augen annahm. Es war mein erstes eigenes Messer. An diesem Nachmittag kochte Kushina mein Lieblings Ramen-Rezept und wir feierten meinen Abschluss mit einem üppigen Nachtisch und weiteren Geschenken. Mit so viel hatte ich gar nicht gerechnet. Neben dem Kunai bekam ich einen kleinen Rucksack, der praktisch für Missionen sein würde und eine Halskette von Kushina, die sie einst von unserer Großmutter geschenkt bekommen hatte. Es war ein Familienerbstück. In meinem Zimmer fiel mein Blick auf das kleine Leinensäckchen, dass Kakashi mir in die Hand gedrückt hatte und das ich schon fast vergessen hatte. Neugierig hob ich es von meinem Tisch und öffnete die kleine Schleife, die das Säckchen verschloss. Zum Vorschein kamen deformierte Kekse. Ich hob einen heraus und betrachtete ihn verwirrt. Etwas unsicher knabberte ich ein Stück von dem Keks ab und betrachtete den kleinen Haufen Gebäck, da kam mir ein Gedanke. Hatte Kakashi sie selbst gebacken? Sie waren auf jeden Fall nicht gekauft. Ich aß einen zweiten Keks und runzelte die Stirn bei der Vorstellung, Kakashi habe sich extra in die Küche gestellt und nur für mich ein Blech Kekse gebacken. Den Gedanken schüttelte ich ab, er war einfach zu lächerlich. Vermutlich hatte er sie selbst geschenkt bekommen und nur an mich weitergegeben, um quitt zu sein, nachdem auch ich ihm welche zur bestandenen Prüfung geschenkt hatte. Das Bild von Kakashi in der Küche ging mir dennoch nicht aus dem Kopf. Ich schloss das Säckchen wieder um nicht alle Kekse auf einmal zu essen und schmiss mich auf mein Bett. Meine Gedanken kreisten um den nächsten Tag, der mein erster Tag als Genin sein würde. Glücklich und aufgeregt fiel ich in einen traumlosen Schlaf. Am nächsten Tag fanden wir uns in der Akademie ein, da wir hier nun erfahren würden, wer unsere Teammitglieder sein würden. Außerdem würden wir unseren neuen Teamleitern zugeordnet werden. Aufgeregt wippte ich mit den Füßen. Wir saßen in einem Raum mit allen, die am Vortag die Prüfung bestanden hatten. „Also ... wollen wir doch mal schauen", murmelte Kohari-Sensei und musterte das Blatt in ihrer Hand. „Beginnen wir mit Team 3. Da haben wir Asuma Sarutobi und Kurenai Yuuhi. Euer Sensei Ikkaku wartet draußen auf euch. Viel Erfolg." „Moment mal, sind wir nur zu zweit?", fragte Asuma mit hochgezogenen Augenbrauen. Kohari-Sensei rückte die Brille auf ihrer Nase zurecht. „Nein, nein. Entschuldige, das hätte ich dazu sagen sollen. Wir mussten durch einige Umstände viele der Shinobi-Teams neu sortieren. Euer drittes Teammitglied ist ein Genin, der schon früher seinen Abschluss gemacht hat. Ihr werdet ihn gleich kennenlernen. Nun geht, sie warten sicher auf euch." Asuma und Kurenai warfen sich einen Blick zu. Sie verließen den Klassenraum und ich blickte ihnen neugierig hinterher. „Weiter geht es mit Team 4. In dieses Team kommen Obito Uchiha und Rin Nohora. Ihr freut euch sicher, zu hören, dass ihr euer drittes Teammitglied bereits kennt, es ist euer ehemaliger Mitschüler Kakashi Hatake", Obito stöhnte genervt auf, Rin ließ einen kleinen Freudenschrei verlauten. „Minato-Sensei freut sich darauf, euch kennenzulernen." „Oh, DER Minato? Das ist ja super", rief nun auch Obito hoch erfreut und ich spürte einen kleinen Stich in meiner Magengegend. Wenn Minato in diesem Jahr Genin-Gruppen übernahm, warum hatte er mich dann nicht ausgewählt? Enttäuscht verschränkte ich die Arme vor der Brust und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. „Gut, ihr drei bildet dann Team 6. da Team 5 ja bereits existiert", stellte Kohari-Sensei fest und ich blickte auf Shisui und Kyou, die als einzige noch mit mir in dem Klassenzimmer waren. „Kushina-Sensei erwartet euch bereits." Ich sprang auf. Kushina war unsere Teamleiterin? Sie hatte noch nie ein Genin-Team übernommen. Wir verabschiedeten uns von Kohari-Sensei, die uns viel Erfolg wünschte, und schlenderten auf den großen Platz der Akademie, auf dem wir die anderen bereits mit ihren Senseis entdeckten. Obito lärmte lautstark herum, Kakashi rollte mit den Augen und Minato bedachte die beiden mit einem Lachen. Direkt neben ihnen entdeckte ich Kurenai und Asuma, mit einem älteren Genin, den ich nie zuvor gesehen hatte. Ikkaku-Sensei erklärte ihnen gerade etwas und es wirkte, als höre Asuma nicht wirklich zu. Team 5 war weit und breit nicht zu sehen, Gai und die anderen befanden sich vermutlich auf einer Mission und so blieben sonst nur noch wir. Kushina wirkte etwas nervös, als wir auf sie zutraten. „Nun denn, lasst uns irgendwohin gehen, wo wir in Ruhe sprechen können", sagte sie fröhlich. Wir folgten ihr mit Vorfreude aber auch einem Hauch von Wehmut. Das war der Moment, in dem ich die Akademie hinter mir ließ, und somit auch ein Stück meiner Kindheit. -- „Naruto, ist alles gut bei dir?", fragte Sakura. Schon seit der Erklärung des Zettai Fukujuu war Naruto in dem Raum auf und ab gelaufen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, was er tat und er hielt abrupt inne. „Es gibt ein Kekkei Genkai in meinem Clan!", rief er aus und Shikamaru hinter ihm grunzte. „Laut dieses Buches! Denk daran Naruto, das könnte alles gelogen sein." „Aber wenn es wahr ist, dann ist dieses Kekkei Genkai eines der gefährlichsten, von denen ich je gehört habe", sagte Sai mit einem unpassenden Lächeln im Gesicht. Naruto ballte die Hände zu Fäusten und setzte sich wieder. Er schüttelte den Kopf und schloss die Augen. „Lies bitte einfach weiter, Sakura", murmelte er und Sakura setzte ein Lächeln auf. „Das nächste Kapitel klingt spannend, es heißt ‚Noriko vs. Kakashi'." Naruto riss die Augen auf und konnte nicht verhindern, dass seine Lippen sich zu einem Grinsen verzogen. „Na da bin ich ja mal gespannt." Kapitel 5: Noriko vs. Kakashi ----------------------------- Unsere erste Prüfung als Genin erschien mir seltsam. Alles, was wir tun mussten, war, Kushina zwei Glöckchen wegzunehmen, bevor die Sonne untergegangen war. Derjenige, der kein Glöckchen bekommen konnte, würde an einen Baumstamm gefesselt den anderen beim Abendessen zusehen. Wir versuchten, unser erlerntes Wissen und die Techniken der Akademie anzuwenden, doch Kushina ließ sich nicht beirren. Es war das erste Mal, dass ich wahrlich begriff, wie begabt sie eigentlich war. Obwohl Minato mein Lehrer in Geschwindigkeitsangelegenheiten war – und er selbst als der schnellste Shinobi galt, der je gelebt hatte - schien ich keine Chance gegen Kushina zu haben. Ich beobachtete sie aus meinem Versteck heraus und überlegte mir einen Plan. Kyou sprang von einem Baum hervor und versuchte sein Glück, doch Kushina wehrte seinen Angriff mit einem Tritt ab, der Kyou zurück auf den Baum beförderte. An meinem Kinn kratzend sah ich die Sonne sich dem Horizont nähern. „Kyou ist viel zu langsam." Ich erschrak nicht, als Shisui sich neben mir niederließ. Er hatte mich seine Anwesenheit schon deutlich früher durch ein Geräusch bemerken lassen. „Ich bin auch nicht schnell genug. Du könntest es allerdings schaffen mit deinem Teleportations-Jutsu." „Nein, sie kennt irgendwelche Tricks, um dem aus dem Weg zu gehen, ich habe es versucht. Vermutlich hat sie viel mit Minato trainiert", grübelte Shisui und ich biss mir auf die Unterlippe. „Wenn ich sie ablenke, könntest du ihr ein Glöckchen klauen", murmelte ich. „Vielleicht schaffe ich es auch, ihr direkt zwei abzunehmen", überlegte Shisui. Nickend erhob ich mich in eine aufrechte Position. „Wir sollten Kyou einweihen. Er kann mir helfen, sie abzulenken." Shisui wirkte gequält. „Aber wer bekommt dann die Glöckchen?" Ich zuckte mit den Achseln. „Wir machen Stein, Schere Papier oder so. Im Endeffekt ist es zwar doof, für denjenigen, der kein Essen bekommt, aber ich denke, es ist wichtiger, dass wir die Mission erfüllen." Shisui stöhnte auf und klatschte sich eine Hand an den Kopf. „Oh man, dass ich da nicht selbst drauf gekommen bin", murmelte er. „Hm?" „Na ja, was du eben gesagt hast ... das ist vermutlich der Test! Es geht nicht darum, als Einzelner zu performen, sondern als Team zu arbeiten und das Ziel zu erreichen, auch wenn dafür einer von uns zurückstecken muss. Also gut, weihen wir Kyou ein und versuchen dann, unseren Plan umzusetzen." Keine halbe Stunde später hielt Shisui die beiden Glöckchen in der Hand und warf mir eine zu. Kushina wirkte erstaunt und doch glücklich. Kyous Magen rebellierte laut neben mir und so warf ich ihm mein Glöckchen zu, dass er erstaunt annahm. „Du hast mir damals die Ramen ausgegeben, in meiner ersten Woche an der Akademie. Jetzt kann ich dir endlich was zurückgeben", sagte ich und Kyou grinste breit. Es war der Beginn unserer Reise als Team 6. Die nächsten Wochen verbrachten wir mit den unterschiedlichsten D-Rang Missionen, die uns durch ganz Konoha jagten. Wir trafen hin und wieder auf die anderen Teams und ich begann schnell zu begreifen, dass die meisten der anderen bereits auf schwierigeren Missionen unterwegs waren als wir. Kushina erkannte unseren Unmut und sorgte schon bald dafür, dass wir zumindest eine Mission des Ranges C erhielten, die uns das erste Mal aus Konoha heraus führte. Wir hatten die Aufgabe bekommen, einen verschollenen Händler wiederzufinden, der zwischen den Dörfern des Feuerreiches umherzuwandern pflegte und dort seine Waren anbot. Vor einigen Wochen hätte er in einem Dorf nördlich von Konoha ankommen sollen, erreichte sein Ziel jedoch nie. Wir kämpften uns durch Wälder, Berge und Seen und fanden enttäuschenderweise nur die Überreste des Händlerkarrens. Alle Spuren deuteten darauf hin, dass der arme Mann von Banditen überfallen und getötet worden war. Missmutig kehrten wir nach Konoha zurück, wo wir direkt von den anderen Teams in Beschlag genommen wurden. „Habt ihr es schon gehört?" Gai hatte mich herzlich in die Arme geschlossen und sah mich nun erwartungsvoll an. „Nein, was denn?" „Unser Team wurde für die Chunin-Auswahlprüfung angemeldet!" „Whoa, cool", staunte Kyou und Gai ließ seine Augenbrauen in die Höhe tanzen. Er hatte sein Haar geschnitten und ich musste mich erst an seine neue Frisur gewöhnen, die ein wenig aussah, als hätte er sich einen schwarzen Topf auf den Kopf gesetzt. „Ja, allerdings sind wir nicht die einzigen Genin. Ich habe gehört, dass Team 4 sich auch angemeldet hat." „Was? Aber das sind doch Obito und Rin? Die haben doch auch gerade erst die Akademie verlassen?", staunte Kyou nun mit großen Augen. „Aber sie haben Kakashi, der schon deutlich länger ein Genin ist." „Na ja, aber dennoch ... meinst du, wir können uns auch anmelden? Immerhin sind wir ein super Team!" Kyou wirkte begeistert. Shisui und ich wechselten einen kurzen Blick. Wir hatten bisher keine wirklich schweren Missionen erfüllt. „Wir fragen Kushina-Sensei einfach", beschloss Shisui schulterzuckend. Kushina seufzte laut, als wir sie aufsuchten. Sie schien bereits zu ahnen, was wir sie fragen wollten, und hielt uns Zettel entgegen. „Das sind die Anmeldeformulare. Überlegt euch gut, ob ihr das wirklich wollt. Diese Prüfungen sind nicht einfach und erfordern all euer Können. Es sind schon Genin gestorben, bei diesen Prüfungen. Nehmt das also nicht auf die leichte Schulter." - Erst zwei Tage später gab ich mein unterschriebenes Formular ab. Es hatte einige ausführliche Gespräche gebraucht, bis ich mir sicher war, dass ich teilnehmen wollte. Schließlich war es Shisui, der mich überzeugte. „Wenn ich während der Prüfung merke, dass ich nicht bereit bin, trete ich zurück, so einfach ist das. Aber ich würde mich ärgern, es nicht wenigstens versucht habe." Im Anmelderaum traf ich auf Kyou, der breit grinsend sein Formular abgegeben hatte. Auch Gai und seine Teamkameraden Ebisu und Genma waren dort. „Irgendwie freue ich mich darauf, gegen euch alle antreten zu können. Das werden bestimmt faszinierende Kämpfe!" Einen Moment lang dachte ich darüber nach und bemerkte die Gesichtsausdrücke meiner einstigen Mitschüler. Sie alle wirkten wild entschlossen. „Freut euch nicht zu früh, immerhin muss einer von euch dann auch gegen mich antreten." Es war Kakashi, der soeben sein Anmeldeformular abgegeben hatte. „Oh dann hoffe ich, dass ich es sein werde", stieß ich aus und warf Kakashi einen herausfordernden Blick zu. „Stell dich hinten an Noriko, ich bin zuerst dran!" Obito drängte sich zwischen uns und grinste Kakashi an. „Wie auch immer", gab dieser gelangweilt zurück und verabschiedete sich mit einem Winken. „Wir dürfen auf gar keinen Fall gegen dieses Team verlieren", murmelte ich Shisui zu, der mich nun mit einem Feuer in den Augen anfunkelte, dass ich ihm gar nicht zugetraut hätte. „Auf mich kannst du zählen." Die Chunin-Auswahlprüfung begann mit einem schriftlichen Teil, ganz zu meinem Vergnügen. Dass wir als Team zusammen Punkte sammeln mussten, spielte uns in die Hand. Shisui und ich hatten in schriftlichen Prüfungen stets zu den besten unserer Klasse gehört und Kyou hatte immerhin durchgängig gute Noten geschrieben. Ich sah Kakashis missmutiges Gesicht und seinen skeptischen Seitenblick auf Obito. Auch wenn ich ihn gut leiden konnte, war Obito in diesem Prüfungsteil durchaus die Schwachstelle von Team 4. Ich schenkte Kakashi ein kurzes, schadenfrohes Grinsen und erntete einen grimmigen Gesichtsausdruck als Antwort. Diese Prüfung war für unser Team ein Selbstläufer. Schnell begriff ich, dass es um mehr ging, als nur Wissen abzufragen. Wir mussten unser Talent als Spione unter Beweis setzen und uns die Antworten, die wir nicht kannten, auf irgendeine Art und Weise erarbeiten, ohne dabei jedoch bemerkt zu werden. Ich hatte das Glück, viele der Antworten selbst zu kennen. Ich spürte Shisuis Blick auf meinem Hinterkopf und ahnte, was er tat. Er setzte sein Kekkei Genkai ein, das Sharingan, um meine Schreibbewegungen nachzuahmen. Ich spürte einen Hauch von Neid darüber, dass er sein Kekkei Genkai sorgenlos einsetzen konnte, während ich von meinem nicht einmal sprechen durfte. Vielleicht hätte ich dem Prüfer sonst einfach befehlen können, mich bestehen zu lassen. Eine Gänsehaut lief über meine Arme und ich schüttelte den Gedanken ab. Auf eine solche Art und Weise wollte ich gar nicht gewinnen. Ich warf einen Blick auf Kyou, der sich am Hinterkopf kratzte und beschloss kurzerhand, ein Jutsu des Tausches anzuwenden, um unsere Blätter auszutauschen. Erstaunt betrachtete er das vollgeschriebene Blatt, auf dem mein Name drauf stand. Er warf mir einen kurzen Blick zu und grinste. Ich begann in krakeliger Schrift, die antworten, die ich kannte, auf seinen Zettel zu schreiben. Als ich fertig war, tauschte ich Kyous Blatt vor mir mit Shisuis Blatt, der mit seinem Sharingan die Antworten ergänzte, die ich ausgelassen hatte. In der Zeit las ich mir eben diese auf Shisuis Zettel durch, tauschte unsere Tests zurück, sodass ich die fehlenden Antworten auf meinem eigenen Blatt ergänzen konnte, die ich auf Shisuis Test gelesen hatte. Nach und nach wurden mehr und mehr der Prüflinge erwischt und aus dem Klassenzimmer geschmissen. Der Saal leerte sich und ich beschloss, dass meine Antworten gut genug waren und ich es nicht weiter riskieren wollte. Das Warten auf die Ergebnisse hinterher war aufreibend. Keiner von uns sprach ein einziges Wort. Endlich verkündete der Prüfer die Ergebnisse und mein Herz raste in meiner Brust. Wir hatten bestanden. Unser Team hatte gemeinsam genug Punkte gesammelt, um in die zweite Runde zu gelangen. Auch Team 4 und 5 hatten bestanden, lediglich Team 3 schaffte es nicht in die nächste Runde. Asuma war mehrmals erwischt worden und so hatte das Team die Prüfung verlassen müssen. Der zweite Prüfungsteil füllte mich mit wesentlich mehr Aufregung. Schon die Erklärung der Regeln ließ mich freudig mit den Beinen zappeln. Endlich konnte ich meine Stärke wirklich mit den anderen messen und meine Fähigkeiten unter Beweis stellen. Wir bekamen je Team eine Schriftrolle, die wir nicht öffnen durften. Ziel war es, mit zwei unterschiedlichen Schriftrollen – einer Erd- und einer Himmelsschriftrolle, den Turm in der Mitte des Trainingsgeländes zu erreichen. Insgesamt 7 Teams hatten sich für die zweite Prüfung qualifiziert und so waren noch 21 Schüler dabei. Der Prüfer ließ durchscheinen, dass es durchaus wenige Genin waren, die dieses Mal die erste Stufe bestanden hatten. Dies lag nicht zuletzt daran, dass aufgrund des Krieges keine ausländischen Genin an den Prüfungen teilnahmen, wie es sonst der Fall war. Bevor wir in die zweite Prüfung entlassen wurden, musterte ich unsere Senseis, die am Rand standen und lachend miteinander diskutierten. „Oh mein Team wird deins richtig in den Hintern treten", murmelte Choza Akimichi und Minato lachte laut auf. „Ich glaube, du unterschätzt mein Team gewaltig", gab Minato schmunzelnd zurück. „Sollen sich eure Teams ruhig die Köpfe einschlagen, dann kann meins ihre Köpfchen benutzen und vor ihnen ans Ziel gelangen", mischte sich Kushina nun ein. „Ich hörte von großen Talenten in diesem Jahrgang, ich bin sehr gespannt auf das Finale." Ein Mann, den ich nie zuvor gesehen hatte, gesellte sich zu unseren Lehrern, die nun verstummten. Seine fahle Haut war so blass, dass er fast kränklich wirkte, doch sein Gesichtsausdruck wirkte äußerst vital. „Orochimaru-Sama! Mir war nicht bewusst, dass ihr euch für die Auswahlprüfung der Genin interessiert." Orochimaru zuckte mit den Schultern. „Mich interessiert immer, wenn jemand als besonderes Talent bezeichnet wird. Man kann von der Jugend noch viel lernen." „Wer ist das denn", murmelte ich Shisui zu, der die Augen aufriss. „Einer der legendären Sannin. Wir haben dir mal von ihm erzählt, er gilt als der stärkste Shinobi Konohas neben dem Hokage", flüsterte Shisui mir zu und ich musterte Orochimaru erneut. Es änderte meine Einstellung nicht, irgendetwas an ihm erschien mir unheimlich. Er wandte seinen Blick in unsere Richtung, doch ich schob mich wieder hinter Shisui, sodass er mich nicht sehen konnte. Endlich war es soweit. Mit unserer Schriftrolle, die Shisui bei sich trug, ausgerüstet, betraten wir den Wald. Eine Weile beeilten wir uns, vom Eingang wegzukommen, bevor wir uns in einer ruhigen Ecke sammelten und erst einmal einen Schlachtplan besprachen. „Es gibt 7 Teams und nur zwei davon kennen wir wirklich gut. Alle anderen sind für uns eine recht große Unbekannte. Bei den schriftlichen Prüfungen haben wir gesehen, dass ein paar von ihnen schon deutlich älter sind als wir, sie haben also vermutlich deutlich mehr Erfahrung als Genin und sind uns auch körperlich überlegen. Wir müssen klug vorgehen, ansonsten verlieren wir unsere Schriftrolle schneller, als wir gucken können." Ich grinste. „Niemand ist so schnell wie du, Shisui." Shisui lächelte, doch seine Stirn warf tiefe Falten. „Ich denke schon, dass es andere geben könnte, die genauso schnell sind wie ich. Außerdem bringt mir meine Geschwindigkeit nichts, wenn ich auf ein unbekanntes Jutsu hereinfalle." „Okay, was ist also unser Plan?" „Wir beobachten erst einmal. Lasst uns einen Code ausmachen, mit dem wir uns gegenseitig erkennen. Dann werde ich Ausschau nach den anderen Teams halten, während ihr euch erst einmal versteckt. Mit meinem Sharingan und dem Teleportations-Jutsu kann ich die anderen Teams auskundschaften und vielleicht herausfinden, ob eines von ihnen auf unserem Niveau ist und zufällig die passende Schriftrolle hat." Sowohl Kyou als auch mir gefiel der Plan nicht so richtig, doch da wir keinen Besseren hatten, ließen wir uns darauf ein. Wir einigten uns auf einen Erkennungscode, der eine simple Zahlenreihefolge war und Shisui machte sich auf den Weg. Kyou und ich suchten den Wald ab, bis wir einen ausgehöhlten Baum fanden, der uns erst einmal als Versteck dienen konnte. „Das gefällt mir gar nicht", brummte Kyou und fuhr sich durch sein kupferfarbenes Haar, das mittlerweile lang genug war, um in einen kleinen Zopf passen zu können. „Mir auch nicht", stimmte ich zu und lehnte mich an die Wand des Baumriesen. Anfangs ging Kyou ununterbrochen auf und ab, was mich fast dazu brachte, ihn anzuschreien, da es mich unglaublich nervös machte. Schließlich fand er sich mit seinem Schicksal ab und setzte sich zu mir. Wir sprachen nicht viel, teilten eine erste kleine Ration unserer Vorräte und schließlich gähnte ich ausgiebig. Das hatte ich mir aufregender vorgestellt. Fast zwei Stunden später riss uns ein Geräusch aus der Trägheit, in die wir verfallen waren. Kyou sprang auf und ich griff nach seinem Arm. Mit einem Finger vor meinen Lippen gab ich ihm ein Zeichen, still zu sein. Er nickte mir zu und wir schlichen uns an den Rand des Baumes. Kurz bevor wir den Rand unseres Versteckes erreichten, kam mir ein Einfall. Ich zog Kyou zurück und hob die Hände. Mit einigen Fingerzeichen aktivierte ich ein Jutsu, dass Kushina mir beigebracht hatte, und mir äußerst nützlich vorkam in diesem Moment. Kyou musterte mich mit großen Augen und ich betrachtete mein Werk zufrieden. Da ich die Barriere errichtet hatte, konnte ich sie sehen. „Dieses Jutsu kreiert eine Barriere, die unsere Stimmen und unser Chakra verbirgt. Das macht es für uns etwas einfacher, sie zu beobachten und zu analysieren. Allerdings könnten sie uns immer noch sehen, also weiterhin Vorsicht", mahnte ich. Kyou grinste breit. „Ein äußerst nützliches Jutsu." Wir schoben uns an den Ausgang des Verstecks und warfen einen Blick hinaus. Erstaunt stellten wir fest, dass sich dort zwei Teams gegenüberstanden, die wir nur allzugut kannten. Es waren Team 4 und Team 5. Auf der einen Seite stand Obito mit erhobener Faust, neben ihm Kakashi, der wie immer gelangweilt wirkte und Rin. Ihre Augen hüpften aufgeregt über den Platz. Gegenüber von Obito entdeckte ich Gai mit seinen beiden Teamkollegen, Genma und Ebisu. „Ha, gegen dich wollte ich schon immer mal kämpfen, Gai", rief Obito aus und knackte die Fingerknöcheln. „Lass es, Obito. Sie haben genau wie wir eine Erd-Schriftrolle. Außerdem bist du viel zu langsam, um gegen Gai zu kämpfen." Kakashi verschränkte die Arme vor der Brust. Obito ballte die Hände zu Fäusten und sah sich zu seinem Teamkollegen um. „Pah, halt dich da raus, Kakashi! Ich muss nicht schnell sein, um gegen Gai zu kämpfen. Ein einfaches Genjutsu sollte ausreichen. Darin warst du nie gut, nicht wahr Gai?" Kakashi rollte mit den Augen. „Und du bist immer noch kein Stratege. Wenn du einen Vorteil gegen deinen Gegner nutzen willst, solltest du diesen nicht schon ankündigen und deinen Gegner damit warnen. Ich frage mich wirklich, wie du es geschafft hast, ein Genin zu werden Obito." „Hast du das gehört", flüsterte Kyou mir zu. „Hm?", machte ich. „Sie haben beide Erd-Schriftrollen. Was meinst du, können wir es riskieren?" Mein Herz begann zu rasen. Shisui trug unsere Himmels-Schriftrolle bei sich. „Wir sind nur zu zweit", gab ich zu bedenken. Kyou schnaubte. „Wir warten, bis die beiden Teams sich voneinander entfernen und folgen dann Kakashi, Obito und Rin. Ich lenke Obito und Rin ab und du holst dir die Schriftrolle, die sicher Kakashi bei sich trägt. Du kannst es mit ihm aufnehmen, da bin ich sicher." Unbewusst knabberte ich auf meiner Unterlippe. Es klang verlockend und doch bereitete mir der Gedanke auch Sorge. Die Vorstellung, den dreien die Chance zu nehmen, in die dritte Runde der Prüfung einzuziehen, gefiel mir nicht besonders. „Sie würden uns die Schriftrolle genauso abnehmen", murmelte Kyou und ich nahm einen tiefen Atemzug. Er hatte Recht. Auch wenn ich Rin und Obito gut leiden konnte und Kakashi nun auch nicht mehr so furchtbar fand, wie noch vor einem Jahr, waren sie nun unsere Rivalen. „Ich würde auch gern einmal gegen dich kämpfen Obito, aber lass uns das für die Finalrunde aufheben. Sorgt einfach dafür, dass ihr es in die dritte Runde schafft, dann steht unserem Kampf nichts im Weg", rief Gai und Obito grinste ihn breit an. „Abgemacht. Dann sehen wir uns im Finale!" Gai zeigte Obito einen Daumen hoch und grinste ihn breit an. „Los, Gai. Lass uns gehen", sagte Genma und verschwand. Ebisu folgte ihm und Gai winkte seinen ehemaligen Klassenkameraden noch einmal zu, bevor auch er sich auf den Weg machte. „Warte, bis Gai und die anderen weit genug weg sind", murmelte ich Kyou zu, der aufgesprungen war. Dieser nickte und wir beobachteten Team 4, die sich erneut zu streiten begonnen hatten. „Misch dich nicht immer in alles ein, Kakashi!" „Das muss ich wohl, wenn du Dummheiten machst, die unser Weiterkommen gefährden." „Du hast doch gar keine Ahnung, wie stark ich geworden bin in den letzten Monaten! Ich habe einiges dazu gelernt und hätte sicher eine Chance gegen Gai gehabt." Kakashi schnaubte. „Aber was hätte das genützt? Hinterher wärst du am Ende deiner Kräfte gewesen und wir hätten dennoch keine Himmelsschriftrolle. Denk doch einfach mal ein bisschen nach, Obito." Obito grummelte etwas Unverständliches und hielt auf Kakashi zu. Rin schob sich dazwischen. „Nun hört schon auf! Lasst uns lieber überlegen, wo wir so eine Schriftrolle herbekommen." „Tja, ich hab eine Idee", murmelte Obito und seine Augen färbten sich rot. „Oh, er hat sein Sharingan erweckt", murmelte Kyou aufgeregt neben mir. Ich fluchte leise, als er in unsere Richtung blickte. „Jetzt", rief ich und stieß aus unserem Versteck hervor. Obwohl Obito uns gesehen haben musste, reagierte er langsam. Kyou nutzte seine Taijutsu Fähigkeiten, um Obito mit einem Tritt mehrere Meter weit zu schleudern. Kakashi und Rin starrten ihm hinterher und dies war meine Chance. Ich schnellte hinter Kakashi und griff nach seiner Tasche. In diesem Moment explodierte sein Körper vor mir und hinterließ nur einen großen Ast. „Mist", murmelte ich. Kakashi hatte mich bemerkt und ein Tausch-Jutsu benutzt. Ich spürte einen Windzug und schaffte es gerade so, seinem nächsten Schlag auszuweichen. „Noriko, Kyou", rief Rin aufgeregt. „Pass auf Rin, Shisui muss noch irgendwo sein", rief Obito, doch Kakashi neben mir schnaubte auf. Er kam jedoch nicht dazu, irgendetwas zu sagen, da ich die Chance ergriff und ihn attackierte. „Ausweichen", schrie Obito, Kakashi riss die Augen auf und wich meinem Tritt aus, der stattdessen den Erdboden traf. Eine tiefe Kuhle entstand und ich fluchte. „Wann bist du so gut im Taijutsu geworden?" Kakashi wirkte erstaunt und ich ballte die Hände zu Fäusten. Es war mein großer Vorteil gewesen, dass Kakashi nicht wusste, wie sehr ich an meinem Taijutsu gefeilt hatte. Nun war dieser Vorteil weg. „Ich habe geübt", grummelte ich und zog meine Wurfsterne. Ich warf sie und trieb Kakashi damit in eine Richtung, in der ich ihn haben wollte, doch er nutzte erneut das Jutsu des Tausches, um mich von hinten anzugreifen. Sein Schlag traf mich unvorbereitet, ich stöhnte auf, rollte mich ab und kam wieder auf die Beine. „Wenn du meine Schriftrolle haben willst, musst du schon ernst machen, Noriko." „Keine Sorge, das mache ich." Kakashi belächelte meine Antwort. „Tust du nicht. Wenn es so wäre, hätten diese Wurfsterne mich getroffen. Du hast sie absichtlich neben mich gezielt und nicht so viel Geschwindigkeit benutzt, wie du könntest." Jeder Muskel meines Körpers war zum Zerreißen gespannt. „Ich mach mich gerade erst warm", gab ich zurück, obwohl ich wusste, dass er einen wunden Punkt bei mir getroffen hatte. Auch, wenn ich unbedingt in die nächste Runde kommen wollte, war ein Teil von mir nicht bereit, meine Kameraden ernsthaft zu verletzen. Ich betrachtete Kakashi und wusste, dass ich unbedingt gegen ihn gewinnen wollte. Aber war ich bereit, sein oder mein Leben dafür aufs Spiel zu setzen? Mein Gedanke wurde von Kakashis nächstem Angriff unterbrochen. Schnell begriff ich, dass ich alles Geben musste, wenn ich von seinen Angriffen nicht getroffen werden wollte. Ich zog die Geschwindigkeit an und nutzte ein Tausch-Jutsu um mir einen kleinen Moment der Ruhe zu verschaffen. Kakashi durchschaute den Trick schnell und doch hatte ich mir genug Zeit verschafft, um ein anderes Jutsu vorzubereiten. Ein Versiegelungs-Jutsu des Uzumaki-Clans. Es war im Grunde kein Jutsu für den Kampf, doch ich hatte es gemeinsam mit Kushina dahingehend entwickelt. Kakashi ließ einen überraschten Aufschrei ertönen, was mir einen Hauch von Genugtuung gab. „Was zum-" begann er. Obito, der noch immer von Kyou in Schach gehalten wurde, mischte sich ein. „Da ist eine kleine Barriere, an deinem Fuß Kakashi!" Kakashi sah an seinem Bein hinab, doch ich war sicher, dass er es nicht sehen konnte. Ich hatte das Chakra in seinem Fuß versiegelt und ihn so in seiner Beweglichkeit eingeschränkt. So schnell, wie ich konnte, preschte ich voran und traf ihn mit der Faust ins Gesicht. Kakashi flog nach hinten, rappelte sich auf und sah mich mit einer Mischung aus Wut und Erregung an. Sein Kampfgeist schien nun endgültig geweckt zu sein. „Obito, konzentrier dich lieber auf deinen eigenen Kampf", murmelte Kakashi und ich sah, wie die kleine Barriere an seinem Fuß zerbrach. Er hatte es geschafft, sein Chakra zurückzulenken und die Barriere so zu sprengen. Kakashi hob seine Hand und ich bemerkte sofort, dass es kein gewöhnliches Jutsu war, das er nun gegen mich einsetzen wollte. Ich beobachtete seine Fingerzeichen und ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich die hohe Konzentration an Chakra wahrnahm, die durch seine Hand blitzte. Mit einem Sprung machte Kakashi sich bereit, auf mich zuzuhalten. Ich spürte sofort, dass ich diesem Angriff auf jeden Fall ausweichen musste. „Nein!" Obitos Stimme. „Kakashi, nicht!", schrie Rin. Ich konzentrierte mich, hob die Finger und sah Kakashi direkt in die Augen, die er nun aufriss. Er konnte nicht mehr bremsen, raste auf mich zu, die Blitze in seiner Hand bekamen eine solche Intensität, dass sie zwitschernde Geräusche von sich gaben. Alles geschah im Bruchteil einer Sekunde. Mein Jutsu begann zu wirken, Kakashi versuchte abzubremsen, was mich schockierte. In genau diesem Moment packte jemand seine Hand, riss sie in die Luft und ein greller Blitz erhellte die kleine Lichtung im Wald. Ein lauter Donnerschlag folgte und betäubte meine Ohren. Einen Moment lang starrte ich die Situation vor mir an, bevor ich begriff, was geschehen war. Shisui. Er hielt noch immer Kakashis Hand fest in seiner und nie zuvor hatte ich sein Gesicht so wütend gesehen. „Was zum Teufel ist bloß in dich gefahren", stieß er aus und schubste Kakashi von sich, der nach hinten taumelte. Kyou und Obito waren mitten im Gerangel erstarrt und musterten die Situation wie zwei betrunkene, die sich gegenseitig stützten, um nicht umzukippen. Kakashis Blick ging an Shisui vorbei direkt auf mich. „Warum bist du nicht ausgewichen?", fragte er atemlos. Ich hielt meine Finger noch immer vor mich, um das Jutsu aufrecht zu erhalten, das mich schützte, war jedoch zu schockiert, um zu antworten. Shisui holte aus und schlug Kakashi mitten ins Gesicht. Ich stöhnte auf. Kakashi war nicht ausgewichen und stolperte von ihm weg. „Wie kannst du so ein gefährliches Jutsu gegen eine Kameradin anwenden?", schrie er, doch Kakashi starrte mich noch immer an. „Ich dachte, sie würde ausweichen", murmelte Kakashi leise. Shisui ballte die Hände zu Fäusten. „Also wolltest du einfach nur angeben oder was?", blaffte er. „Dafür riskierst du Norikos Leben? Um allen zu zeigen, was für ein tolles Jutsu du erlernt hast?" Mit einem tiefen Atemzug löste ich mein Jutsu und Shisui sah sich kurz zu mir um. Seine rot leuchtenden Augen zuckten auf. Mit seinem Sharingan musste er bemerkt haben, dass ich eine Abwehrbarriere errichtet hatte, um mich vor Kakashis Angriff zu schützen. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie Obito sich von Kyou löste und auf Kakashi zuhielt. Ohne Vorwarnung holte auch er zum Schlag aus, doch dieses Mal wehrte Kakashi ab. „Minato-Sensei hat dir verboten, dieses Jutsu zu benutzen! Was hast du dir dabei nur gedacht?", fragte er und drückte seine Faust stärker in Kakashis abwehrende Hand. Shisui verzog angewidert das Gesicht und entfernte sich von Kakashi. Ein seltsames Gefühl hatte sich in meinem Magen breit gemacht, denn im Gegensatz zu allen anderen, schien ich die Einzige zu sein, die nicht komplett entgeistert war. Meine Schutz-Barriere hätte den Angriff abgelenkt, dessen war ich mir sicher. „Unser Kampf ist noch nicht vorbei", warf ich ein und Shisui bedachte mich mit einem forschenden Blick. Er kam auf mich zu, grinste breit und sagte: „Doch, ist er." In diesem Moment hielt er die Erd-Schriftrolle hoch und Kakashi zuckte zusammen. Er griff in seine Tasche und ballte die Hände zu Fäusten. „Du- das war ein Trick", rief er und Shisui warf ihm nun einen feixenden Blick zu. „Ja, ich wusste, dass Noriko deinen Angriff abwehren kann. Aber ich habe dennoch gemeint, was ich gesagt habe. Dieses Jutsu ist zu gefährlich, um es gegen Kameraden anzuwenden, was offensichtlich auch dein Sensei so sieht." Kakashi sprang auf Shisui zu, der jedoch auswich. Ich schnellte nach vorn und erwischte Kakashis Bein mit meinem Fuß. Er rollte sich ab, sprang wieder auf und Obito eilte an ihm vorbei, Shisui hinterher. „Oh, Sharingan gegen Sharingan. Das könnte spannend werden", murmelte Shisui und teleportierte sich mit seinem Jutsu direkt vor Obitos Augen davon, nur um ihm kurz darauf von hinten in den Rücken zu schlagen. Ich war nur kurz abgelenkt, doch dies reichte aus, um Kakashi die Möglichkeit zu geben, mich von den Beinen zu reißen. Er drückte mich zu Boden und für einen kurzen Moment trafen sich unsere Blicke. Es war, als durchbohre er mich damit. Ich zog mein Kunai, Kakashi sprang fort und ich warf ihm das Messer hinterher, verfehlte ihn um Haaresbreite. Genau in diesem Moment begann Kakashis Gesicht sich vor meinen Augen in tausende von kleinen Käfern aufzulösen. Ich wich einen Schritt zurück und starrte ihn entgeistert an. „Genjutsu", murmelte ich und konzentrierte meine Sinne. Die Bäume um mich herum begannen sich zu bewegen, als vollführten sie einen seltsamen Tanz. Hunderte von Spinnen und anderen Insekten krabbelten um mich herum, in meine Kleidung, kitzelten auf meiner Haut. Panik ergriff mich, als sie mein Gesicht befielen und begannen, in meine Nase und die Ohren zu krabbeln. Das ist nicht echt, sagte ich mir und konzentrierte mein Chakra. Ich nutzte das Jutsu, das mich aus dem Genjutsu befreite und fand mich auf der Lichtung wieder. Kakashi kniete vor mir mit den Händen in der Luft. Er schien ebenfalls in dem Genjutsu gefangen zu sein. Ich drehte mich um die eigene Achse, erkannte Rin und Kyou, die wild um sich schlugen, drehte mich weiter und erstarrte. Obito fiel wie ein nasser Sack zu Boden. Jemand hatte ihm auf den Kopf geschlagen und für einen kurzen Moment fürchtete ich um sein Leben. Seine Brust hob und senkte sich und ich atmete erleichtert aus. Sein Angreifer war ein grobschlächtiger Kerl, der sich nun in meine Richtung drehte. „Oh, die hat sich befreit", sagte er und mein Blick fiel auf seine beiden Kameraden, die Shisui umringt hatten. Dieser blutete aus einer Wunde und keuchte schwer. „Noriko, lauf!", rief er, doch er hatte keine Zeit, sich weiter mit mir zu befassen. Seine Angreifer stürzten sich auf ihn und ich schaffte es gerade so, einem Schlag des grobschlächtigen Genin vor mir auszuweichen. Der Kampf mit Kakashi hatte mich einiges an Chakra gekostet und ich spürte, wie Erschöpfung mich zu übermannen drohte. Mein Angreifer nutzte ein Jutsu, das ich nicht kannte, und überraschte mich so. Ich versuchte auszuweichen, begriff jedoch, dass der Angriff in diesem Fall Rin treffen würde. Ich hatte nur den Bruchteil einer Sekunde, um eine Entscheidung zu treffen, und blieb angewurzelt stehen. Ich kniff die Augen zu. Der Schmerz blieb aus. Ich öffnete die Augen und sah Kakashi vor mir, der den Angriff abzufangen schien. Sein Körper löste sich auf und hinterließ einen dicken Ast. Ein Tausch-Jutsu. Der Angreifer schnaubte. „Noch einer, der sich befreit hat. Dein Genjutsu ist auch nicht mehr das, was es mal war, Piper", brummte er und seine Teamkameradin, die noch immer Shisui attackierte zu. Sie schnaubte verärgert: „Dann mach es doch besser, Krab." Der echte Kakashi griff Krab an, der ihm lachend auswich. Auch Kakashi hatte einiges an Chakra eingebüßt und ich erkannte sofort, dass er nicht lange bestehen würde. Ohne ein Wort zu sagen, griff ich ebenfalls an. Kakashi nickte mir kurz zu und ich wusste, dass auch er begriffen hatte, dass wir nun zusammenarbeiten mussten, wenn wir nicht von diesen älteren Genin fertiggemacht werden wollten. Krab nutzte ein Feuer-Jutsu auf Kakashi, dass ich mit einer Schutzbarriere abwehrte, sodass Kakashi seinen Angriff fortsetzen konnte. Aus den Augenwinkeln sah ich Shisui, der noch immer zwei Gegner gleichzeitig in Schach halten musste. „Konzentration", ermahnte Kakashi mich und ich biss die Zähne zusammen. Er hatte Recht, ich durfte mich durch Shisuis Kampf nicht ablenken lassen. Krab schlug erneut zu, er schien voll Energie zu sein und lachte gehässig bei seinem nächsten Angriff. Ich wich aus, versuchte mir eine Taktik zu überlegen, da griff Kakashi von der Seite an. „Wirf", sagte Kakashi leise und ich verstand sofort. Ohne seinen Plan zu hinterfragen, schnappte ich mir drei meiner Wurfsterne und warf sie auf Krab, der mit aufgerissenen Augen auswich. Kakashi nutzte dies, um Krab von oben anzugreifen. Er erwischte unseren Gegner mit dem Knie auf dem Kopf, doch diesem schien das wenig auszumachen. Er packte Kakashi am Fuß und schmiss ihn auf den Boden. Ich sprang los, doch Krab hatte sein Jutsu bereits gestartet, dass er auf Kakashi loslassen wollte. So schnell, wie ich konnte, begann ich das Jutsu für meine Schutzbarriere erneut zu bilden, doch mein Chakra war fast verbraucht. Dann begriff ich, was Krab vorhatte, und ließ von meinem Plan ab. Krab hatte noch immer Kakashis Fuß in der Hand und ich spürte, dass er sein Jutsu direkt in dessen Körper leiten wollte. Kakashi riss die Augen in Erkenntnis auf. „HALT! HIER!" Shisuis Ausruf ließ Krab innehalten. Er sah sich zu diesem um und entdeckte die beiden Schriftrollen in dessen Hand. Piper schnappte sich diese und Krab ließ Kakashi lachend los. „Gut, weg hier", brummte er und die drei Angreifer verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. „Warum hast du das getan?", fragte Kakashi entrüstet und Shisui trat zu uns. Er zog eine Spur aus Blut hinter sich her, doch seine roten Augen waren auf Kakashi gerichtet. „Sein Angriff hätte dich töten können." Kakashi lag noch immer am Boden und bedachte Shisui mit nachdenklichem Blick. „Ich weiß. Aber warum hast du mir geholfen?" Shisui seufzte und schüttelte den Kopf. „Ich kann dich zwar nicht besonders gut leiden, aber du bist ein Shinobi Konohas. Ich werde das Leben eines Kameraden nicht für eine dämliche Prüfung opfern. Noriko, befrei Kyou und dann lass uns nach anderen Schriftrollen suchen." Mein Blick heftete sich auf Shisui, den ich nie zuvor so ernsthaft erlebt hatte, wie an diesem Tag. Seine Augen leuchteten immer noch rot vom Sharingan und er verzog keine Miene. Er nickte mir zu und ich erkannte ein leichtes Flehen in seinem Blick und begriff, dass er große Schmerzen zu haben schien. Ohne ein weiteres Wort sprang ich zu Kyou, befreite ihn aus dem Genjutsu und erklärte ihm in einem Satz, was geschehen war. „Los, wir hauen ab", sagte ich leise. Shisui hatte die Lichtung des Waldes bereits hinter sich gelassen, Kyou und ich folgten ihm und ich drehte mich ein letztes Mal zu Kakashi um, der nachdenklich in den Wald starrte. Seine Augen zuckten zu mir und für einen kurzen Moment hielt ich seinem wütenden Blick stand, bevor ich mich abwendete und meinem Team folgte. -- „Wer hätte gedacht, dass Kakashi-Sensei so...", Naruto fuchtelte mit den Händen durch die Luft, als suche er nach Worten. „So ein Idiot war?", ergänzte Sakura kleinlaut. „Er war ein bisschen wie ich früher", murmelte Sasuke mit einem traurigen Lächeln im Gesicht. „Sag mal Sasuke, kanntest du diesen Shisui eigentlich?" Shikamarus Frage ließ Sasuke den Blick auf seine Freunde richten. Er zuckte mit den Schultern. „Ein wenig. Er war Itachis bester Freund, ich habe ihn also ein paar Mal getroffen, als ich klein war." „Wir werden bestimmt noch mehr von ihm lesen, achte bitte mal darauf, ob das zu dem passt, was du von ihm weißt. So können wir den Wahrheitsgehalt des ganzen noch besser prüfen." Sakura stimmte Shikamaru mit einem Nicken zu. „Gut, Sakura. Weiter." Sakura wirkte betroffen, ihre Stirn warf tiefe Falten. „Was ist?" Sie seufzte und schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, aber ich glaube, dass wir uns so langsam dem Teil der Geschichte nähern, der etwas düsterer wird, als das, was wir bisher gelesen haben." Kapitel 6: Eine verhängnisvolle Entscheidung -------------------------------------------- Enttäuscht, aber auch irgendwie erleichtert lauschten wir dem Gong. Es war das Geräusch, das das Ende des zweiten Prüfungsteils einläutete. „Los, lasst uns gehen", murmelte Kyou und wir machten uns auf den Weg, aus dem Prüfungsgelände hinaus. Wir hatten es nicht geschafft, innerhalb der Zeit beide Schriftrollen zu bekommen. Nach unserer Begegnung mit Team Krab hatten Shisuis Verletzungen uns dazu gezwungen, uns eine Zeit lang zurückzuziehen. Auch jetzt noch war er nicht ganz fit und verzog das Gesicht schmerzhaft bei jeder Bewegung. Nur langsam waren wir vorangekommen und hatten es immerhin geschafft, eine Erd-Schriftrolle zu ergattern, mehr durch Zufall, als durch einen richtigen Plan. Wir erreichten das Tor, das uns aus dem Gelände führte und schon von weitem erkannte ich Kushinas roten Haarschopf. Sie empfing uns mit einem freundlichen Lächeln. „Es ist in Ordnung. Viele Genin schaffen es nicht beim ersten Mal", sagte sie und ich spürte Tränen in meine Augen schießen. Verzweifelt versuchte ich, diese herunterzuschlucken, als ich Kyou neben mir schluchzen hörte. Die Anspannung von fünf Tagen fiel von uns ab und die Enttäuschung war groß. Ich wusste, dass Kushina Recht hatte, doch in diesem Moment fühlte ich mich einfach nur traurig und leer. Auch Shisuis Augen waren gerötet. Er schniefte und nahm einen tiefen Atemzug. „Beim nächsten Mal schaffen wir es, da bin ich mir sicher", gab er bekannt und grinste uns an. Die Enttäuschung in meinem Inneren wurde von einer Welle Erleichterung überschwemmt. Seit meinem Kampf gegen Kakashi und der darauf folgenden Begegnung mit Team Krab, war Shisui in sich gekehrt und nachdenklich gewesen. Seine unbekümmerte Leichtigkeit hatte mir gefehlt. „Dich bringen wir nun erst einmal in die Klinik, Shisui. Das sieht nicht gut aus", murmelte Kushina mit nachdenklichem Blick. Shisui kratzte sich verlegen am Kopf. „Was ist mit den anderen? Wie viele Teams haben bestanden?", fragte Kyou und Kushina legte nachdenklich ihre Hand ans Kinn. „Lass mich überlegen, ich glaube, es sind insgesamt drei Teams. Vier hätten bestehen können, aber ein Team hat in seine Schriftrollen geschaut und wurden so disqualifiziert. Eine Schriftrolle wurde außerdem in einem Kampf zerstört." „Drei Teams, das sind nicht viele", brachte Kyou erstaunt hervor. „Ja und von diesen drei Teams bestehen zwei quasi nur aus Frischlingen. Das wird den Hokage sicher freuen." Shisuis Gesicht verfinsterte sich und auch Kyou verzog den Mund. Mein Magen gab ein unangenehmes Grummeln von sich, das nicht von meinem Hunger herrührte. Sicher freute ich mich für Gai und sein Team, aber eine Mischung aus Wut und Scham durchströmte mich, bei dem Gedanken, dass Kakashi es geschafft hatte, diesen Prüfungsteil zu bestehen und ich nicht. Das würde ihn unausstehlich machen. Seufzend folgten wir Kushina, fort vom Prüfungsgelände. - Shisui wurde eine Woche in der Klinik behalten, doch schon nach wenigen Tagen sah er deutlich besser aus. Kyou und ich besuchten ihn, so oft wir konnten und auch Gai schloss sich uns an. Er hatte uns von der dritten Runde erzählt, die erst in ein paar Wochen ausgetragen werden würde. Bei dieser Runde gab es einfache Duelle, eins gegen eins. „Mein Gegner wird Obito sein", erzählte Gai uns und berichtete uns von seinem Trainingsplan. Als ich Shisui ein paar Tage später in der Klinik besuchte, erstarrte ich in der Tür zu seinem Krankenzimmer. Kakashi kam mir entgegen, nickte mir zu und verließ das Zimmer. „Was wollte der denn?", fragte ich Shisui, der mir ein grimmiges Lächeln schenkte. „Wenn ich es richtig deute, würde ich sagen, er hat sich dafür bedankt, dass ich ihn gerettet habe, während der Prüfung." Shisui zuckte mit den Schultern. „Ich werde morgen entlassen. Kushina-Sensei sagt, dass es viele Missionen gibt, die auf uns warten", sagte Shisui, um das Thema zu wechseln. Ich legte den Kopf schief. Die misslungene Prüfung hatte so auf mein Gemüt gedrückt, dass ich gar nicht daran gedacht hatte, dass wir eigentlich Missionen erfüllen sollten. Nur wenige Tage später befanden wir uns mit Rucksäcken bepackt auf einer Reise in das Nachbarland. Es kostete mich einiges an Disziplin, meinen Neid herunterzuschlucken. Gai und die anderen konnten sich in aller Ruhe auf das Finale vorbereiten, während wir nun im Nachbarland Boten spielen durften. Unsere Mission bestand darin, wichtige Briefe von einem Dorf in das nächste zu tragen. Kushina wirkte fröhlich und auch Shisui fand zu seinem witzelnden Selbst zurück. Nur Kyou und ich hingen noch missmutig unseren Gedanken nach. Ein paar Tage auf der Straße jedoch brachten auch mich auf andere Gedanken und so konnte ich den Misserfolg gedanklich hinter mir lassen. Wir schafften es nicht, die Mission rechtzeitig abzuschließen, um zum Auftakt des großen Finals zurück in Konoha zu sein. Die Wettkämpfe waren bereits in vollem Gange, als wir die Arena betraten. Für die ehemaligen Prüflinge waren besondere Sitzplätze freigehalten worden und wir hatten die besten Blicke auf die Arena. Kurenai und Asuma saßen mit ihrem Teamkollegen neben uns. „Was haben wir verpasst?", fragte ich und Asuma lehnte sich zu uns. „Gai hat Obito in ungefähr drei Sekunden besiegt. Dieser Krab ist gegen Rin angetreten, die auch innerhalb von Kürze aus dem Rennen war. Kakashi hat seinen ersten Kampf ebenfalls gewonnen, das war ein aufreibender Kampf. Jetzt tritt diese Piper an, gegen einen anderen an, den ich nicht kenne. Ich glaube, das wird nicht so spannend, sie sind beide Genjutsu-Spezialisten, da werden wir nicht viel Aufregendes zu sehen bekommen." Asuma sollte Recht behalten. Der Kampf bestand aus Gedankenkämpfen und so beobachteten wir mehrere Minuten lang, wie die beiden Kontrahenten sich gegenüberstanden, bis Piper sich schließlich von der Stelle löste und ihren Gegner mit einem Schlag zu Boden schickte. Die meisten Kämpfe verfolgte ich nur mit mäßigem Interesse, bis endlich das Duell anstand, das mich erzittern ließ. Kakashi gegen Gai. Ich hielt den Atem an, als beide die Arena betraten. „Endlich stehen wir uns gegenüber", rief Gai fröhlich auf und stieß eine Faust in die Luft. Kakashi seufzte, hob jedoch ebenfalls die Hände. „Dann lass uns anfangen." Fast ununterbrochen hielt ich den Atem an oder stieß erschrockene Ausrufe aus. Gai hatte viel dazu gelernt und obwohl ich schon bald erkannte, dass er unterlegen war, feuerte ich ihn lautstark an. Meine Kameraden stimmten mit ein und für einen kurzen Moment bemerkte ich Kakashis Blick. Gai nutzte diesen kurzen Moment und griff an. Kakashi strauchelte, fing sich jedoch schnell und schlug zurück. Er schaffte es, Gai zu Boden zu werfen und sprang in die Luft. Ich klammerte mich am Geländer fest. Wenn Kakashi mit seinem Sprung direkt auf Gai landete, würde es diesen schwer verletzen. Die Erde erzitterte und eine große Kuhle bildete sich direkt neben Gais Körper. Kakashi erhob sich und Gai stemmte sich grunzend hoch. „Was ist los, Kakashi, wird dir schwindelig von meiner ganzen Kraft?", fragte Gai und Kakashi hob seinen Fuß aus der Kuhle. „Gib auf Gai. Wenn wir weiterkämpfen, werde ich dir noch wirklich wehtun." Gai sprang auf. „Niemals!", rief er. „Hmm", machte Shisui neben mir und ich warf diesem einen Blick zu. Sein Gesicht wirkte nachdenklich und auch ich begriff, dass Kakashis Reaktion von unserer Begegnung im Wald herrühren musste. Offensichtlich war etwas von Shisuis Worten bei Kakashi hängen geblieben, seine Kameraden nicht wegen einer Prüfung schwer verletzen zu müssen, wenn es auch anders ging. Gai jedoch ließ sich nicht davon abbringen, wieder und wieder anzugreifen. Ich verstand, dass er nicht aufgeben wollte und doch wünschte sich ein Teil von mir, er täte es. Schließlich schaffte Kakashi es, Gai nach mehreren geseufzten Warnungen, mit einem Jutsu zu treffen, dass ihn kampfunfähig machte, dabei jedoch nur leicht verletzte. Der bewusstlose Gai wurde von Medi-Ninjas vom Platz getragen und ich sprang von meinem Platz hoch, um in das Gebäude zu stürmen. Ich wollte für Gai da sein, wenn dieser zu sich kam. Über mehrere Treppen gelangte ich hinunter zu den Räumlichkeiten und passierte einen Flur, in dem ich fast stolperte. Der dritte Hokage und einige weitere Prüfer standen am Ende des Ganges in einem Halbkreis vor Kakashi, der ihnen zunickte. Ich beobachtete die Situation für einen Moment und Kakashis Blick huschte zu mir herüber. Mit fröhlichen Augen zeigte er mir einen Daumen hoch und ich schluckte. Hieß das, er war befördert worden? Mein Zögern ließ die Freude aus seinen Augen weichen. Ich rannte weiter und fand schließlich den Raum, in den man Gai gebracht hatte. „Geht es ihm gut?" Choza Akimichi, Gais Lehrer stand neben ihm und lächelte mich freundlich an. „Er wird wieder, es geht ihm gut", sagte er und ich seufzte erleichtert auf. Genau in diesem Moment schlug Gai die Augen auf und sein Blick traf meinen. „Sah ich wenigstens cool aus?", fragte er mit einem traurigen Lächeln. Ich sprang an seine Seite und grinste ihn breit an. „Natürlich sahst du cool aus", bestätigte ich lachend und Gai grinste. „Auch wenn es eine Lüge ist, bin ich dankbar für deine Unterstützung", sagte er und ich lachte. „Es ist keine Lüge. Du bist mein bester Freund Gai, für mich wirst du immer cool aussehen." Gais Augen füllten sich mit Tränen und er schenkte mir sein strahlendes Grinsen. „Danke, Noriko. Aber du musst zugeben, Kakashi sah viel cooler aus als ich." Ich seufzte. „Das ist doch jetzt ganz egal. Sieh es positiv, zur nächsten Chunin-Auswahlprüfung werden wir viel stärker sein und dann werden wir es alle schaffen, befördert zu werden. Kyou, Shisui, du und ich." Gai lächelte und ich sah die Entschlossenheit in seinen Blick zurückkehren: „Abgemacht!" - Kakashis Beförderung zum Chunin verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Glücklicherweise blieb mir nicht viel Zeit, ihn darum zu beneiden. Die Schlachten des Krieges zogen wieder an und wir wurden mit Missionen überschwemmt. Monatelang erledigten wir eine Mission nach der anderen und merkten kaum, wie ein ganzes Jahr an uns vorbeizog. Der nächste Sommer brachte etwas Ruhe mit sich und ich hoffte schon, direkt erneut zu den Prüfungen antreten zu können. Doch die Prüfungen fanden in diesem Sommer nicht statt, da eine verlorene Schlacht es uns unmöglich machte, so viele Shinobi für einen so langen Zeitraum von ihren Missionen abzuziehen, um die Prüfungen ausrichten zu können. Weitere Missionen brachen auch über uns herein. Gemeinsam mit Kushina waren Kyou, Shisui und ich teilweise wochenlang unterwegs und begegneten immer häufiger feindlichen Shinobis. Wir wurden in Kämpfe verwickelt und hatten das Glück, aus den meisten davon unverletzt hervorzugehen. Der Herbst in diesem Jahr brachte neben starken Stürmen eine weitere Angriffswelle mit sich und ich bemerkte die Unruhe nicht nur im Dorf. Auch Kushina und Minato diskutierten immer häufiger miteinander, was nicht an mir vorbeiging. Sie beide schienen besorgt, um die Zukunft Konohas und die vielen Missionen, die man uns allen auferlegte. Die ersten Schneeflocken begleiteten uns auf eine Mission, die uns weit von Konoha fortbringen würde. Minato war nicht begeistert darüber, doch er wünschte uns viel Erfolg und so machten wir uns auf den Weg. Immerhin war ich mittlerweile schon seit fast zwei Jahren ein Genin und hatte einiges an Erfahrung sammeln können. Unsere Mission bestand darin, einen Informanten zu treffen, der Konoha kontaktiert hatte. Angeblich verfügte er über Informationen, die den Krieg in eine ganz andere Richtung lenken konnten. Doch er war körperlich nicht in der Lage, die beschwerliche Reise nach Konoha anzutreten, und so machten wir uns auf den Weg, um ihn zu treffen. Wir mussten mehrere Umwege in Kauf nehmen, um aktive Schlachten und feindliche Territorien zu umgehen. Es kostete viel Zeit und ich seufzte entnervt, als wir erneut einen Umweg antraten. Wir waren nun schon über zwei Monate unterwegs und mir war klar, dass wir den ganzen Weg auch würden zurückgehen müssen. Das verminderte die Chance, an der Winter-Chunin-Auswahlprüfung teilnehmen zu können, die bald beginnen würde. Ich hatte gehofft, dass wir uns erneut anmelden konnten und so eine weitere Chance hatten, befördert zu werden. Auch Shisui und Kyou wurde bald bewusst, dass wir die Prüfung verpassen würden und so frühestens im nächsten Sommer wieder antreten konnten. „Dieser Informant hätte uns ruhig ein Stück entgegenkommen können", brummte Kyou ungehalten. Ich stimmte murrend zu und wir setzten unseren Weg missmutig fort. Wir verbrachten den Jahreswechsel in einem kleinen Dorf, in dem wir uns immerhin in einer Pension ein Zimmer mieteten. Obwohl wir alle uns beeilen wollten, diese Mission abzuschließen, tat uns diese kleine Pause gut. Wir aßen in einem Restaurant, besuchten eine heiße Quelle und genossen es eine Nacht in richtigen Betten, anstatt in der Wildnis zu verbringen. Bevor wir den Abend jedoch ausklingen ließen, schlenderten wir über das Fest zum Jahreswechsel und ich bemerkte Kushinas wehmütigen Blick. Ich war mir sicher, dass sie Minato vermisste, und auch mir fehlte er. Die letzten Jahre hatten wir Drei diesen Abend stets zusammen verbracht. „Seht mal!" Kyou tauchte neben uns auf, er hielt mehrere bunte Armbänder in den Händen. „Die habe ich uns geschossen", erklärte er und reichte mir ein strahlend gelbes Armband. „Eins für Noriko, du magst doch gelb, nicht? Eins für Kushina-Sensei und das hier für Shisui und ich behalte dieses. So hat jeder aus Team 6 eins." Er grinste breit und ich lachte, band mir das Armband jedoch um mein Handgelenk. „Das ist eine schöne Idee", sagte Kushina und gab uns allen noch ein Eis aus. Einen Tag später verließen wir das Dorf und ich warf sehnsüchtig einen Blick zurück. Es war seit Wochen ein Hauch von Normalität für uns gewesen und nun kehrten wir zurück auf die Straße. Immerhin würden wir unseren Zielort bald erreichen. Ein paar Tage schienen wir durch die Gegend zu irren, bis Kushina innehielt und wir gemeinsam die Ausläufer eines kleinen Berges erklommen. Wir kletterten auf ein Plateau, auf dem eine kleine Höhle in den Berg führte und Kushina setzte eine ernste Miene auf. „Seht ihr die kleine Hütte da unten?" Wir spähten vom Plateau hinab. „Dort wohnt unser Informant. Wir werden nun folgendes Tun. Ihr errichtet hier unsere Lage und haltet mir den Rücken frei." „Was?", stieß ich aus, doch Kushina unterband meinen Ausbruch. „Das ist ein direkter Befehl von eurer Teamleiterin. Ihr werdet das Haus umstellen und bewachen. Sobald sich jemand nähert, gebt ihr mir ein Zeichen und versteckt euch, verstanden?" „Aber Kushina-", begann ich erneut, doch es war Shisui, der mich unterbrach: „Sie ist eine Jonin, ein Elite-Ninja. In einer Situation wie dieser musst du eure Familienverhältnisse ausblenden und objektiv bewerten können, Noriko." Ich presste die Zähne aufeinander. Auch wenn ich wusste, dass er Recht hatte, gefiel es mir absolut nicht, Kushina allein gehen zu lassen. „Shisui, du bleibst auf diesem Plateau und beobachtest die Gegend mit deinem Sharingan. Kyou, du begibst dich zu der großen Eiche dort hinten, siehst du sie? Von dort aus hast du einen direkt Blick auf das Haus und kannst dich mir bemerkbar machen, wenn etwas ist. Shisui kann dir von hier oben Zeichen senden, sollte er jemanden sehen. Noriko, deine Aufgabe wird es sein, von diesem Plateau aus die andere Seite zu beobachten und vor allem Shisuis Rücken zu decken. Wenn er sich mit dem Sharingan auf das Haus konzentriert, ist er sonst angreifbar von hinten. Hat jeder seine Aufgabe verstanden?" Wir nickten grimmig. Kyou und Kushina verabschiedeten sich und ließen uns auf dem kleinen Plateau zurück. „Tut mir leid, dass ich-" „Schon gut", unterbrach ich Shisui. „Du hattest ja Recht. Es fällt mir nur schwer, untätig hier herumzusitzen." „Nun, du bist ja nicht untätig. Du deckst mir den Rücken, das ist eine wichtige Aufgabe. Ohne dich könnte ich mich sonst nicht auf meine konzentrieren." Ich seufzte, antwortete jedoch nicht. Es schienen Stunden zu vergehen, in denen absolut nichts geschah. Zuerst war ich angespannt, doch diese Spannung ließ mit jeder Minute nach, die ich in den dunklen Wald unter uns starrte. Regelmäßig ließ ich den Blick schweifen. Mit einem Keuchen sprang ich auf. Ohne darüber nachzudenken, packte ich Shisuis Arm und sein Blick folgte sofort meiner Hand, die in den Wald zeigte. Er fluchte leise und sprang auf. „Was siehst du?", fragte ich, doch Shisui kramte verzweifelt nach einer der kleinen Signalfackeln, die wir dabei hatten. „Shisui", zischte ich und er entzündete die Fackel. „Da unten marschieren Leute, es sind viele ... es muss eine komplette Einheit einer Armee sein", brachte er hervor. Er winkte mit der Fackel in Kyous Richtung, dessen Aufenthaltsort ich nur erahnen konnte. „Sieht er es?", fragte ich. Die Fackel war ausgebrannt und Shisui warf sie auf den Boden. „Ja, er hat es gesehen." Angespannt wartete ich, lauschte in die Dunkelheit der Nacht und hätte Shisui am liebsten geschüttelt. Ich konnte nicht sehen, was geschah, und war auf seinen Bericht angewiesen. „Kyou kommt her", flüsterte er endlich. „Die Soldaten umstellen das Haus." Ich hielt den Atem an. Wie angewurzelt stand ich da, das Herz schlug wild in meiner Brust. Plötzlich sprang Kyou direkt vor uns, das Gesicht zu einer Maske des Grauens verzerrt. „Kushina hat mich weggeschickt, hat gesagt, wir sollen uns verstecken", sprudelte er hervor. „Shisui, sag schon, was geschieht da unten?" Ich griff nach Shisuis Arm. „Sie haben das Haus umstellt, aber das ist von einer Barriere umgeben. Im Moment geschieht nichts weiter. Ich vermute mal, dass sie miteinander reden." „Was tun wir jetzt?", fragte ich stimmlos. „Das, was Kushina uns befohlen hat. Wir verstecken uns." Meine Finger krallten sich fester in Shisuis Arm. Das erste Mal wandte er den Blick vom Geschehen ab und sah mich ein. Er hob eine Hand und legte sie auf meine. „Es wird alles gut, hab ein bisschen Vertrauen in Kushina", sagte er mit sanfter Stimme. Ich versuchte, ebenso zuversichtlich zu sein wie er, doch die Angst schnürte mir die Stimme ab und so nickte ich bloß. Shisui zog mich an der Hand zu der Höhle, doch Kyou blieb wie angewurzelt stehen. „Glaubst du, das ist eine gute Idee?", fragte er und wir hielten inne. „Hm?", machte Shisui und Kyou verschränkte die Arme vor der Brust. „Kushina hat diesen Befehl gegeben, um uns zu beschützen. Aber glaubst du, sie kommt mit dieser Situation wirklich allein zurecht? Klar, sie ist eine Jonin. Aber sie steht einer halben Armee gegenüber. Das waren mehrere Dutzend Soldaten, die da durch den Wald geschlichen kamen." „Und du glaubst, drei Genin, die kaum grün hinter den Ohren sind, können mehr gegen so viele Soldaten ausrichten, als sie?" Kyou grinste. „Drei Genin, von denen sie nichts wissen! Und einer von denen ist ein Uchiha mit dem Sharingan. Ich sage ja nicht, dass wir gegen sie kämpfen sollen, aber vielleicht können wir sie ablenken, sodass Kushina den Informanten sicher fortbringen kann." Ich ballte die Hände zu Fäusten. Untätig herumzusitzen und mich zu verstecken, hatte mich betäubt. Doch die Aussicht, etwas tun zu können, um Kushina zu helfen, belebte meine Sinne. „Kyou hat Recht. Vielleicht können wir irgendetwas tun, um Kushina einen Fluchtkorridor zu ermöglichen." Sowohl Kyou als auch ich blickten Shisui an. Er war derjenige, dem Kushina die Entscheidungsgewalt über unsere Gruppe anvertraut hatte, und das bereits vor Beginn unserer Reise. „Sollten wir je getrennt werden, möchte ich, dass du die Zügel in die Hand nimmst, Shisui." „Warum ich?" „Weil du bewiesen hast, dass du in gefährlichen Situationen einen ruhigen Kopf bewahren und Entscheidungen treffen kannst." Ich schüttelte die Erinnerung ab und betrachtete Shisui, der mit sich zu ringen schien. Seine roten Augen fielen erneut auf die kleine Holzhütte unter uns im Wald. Er seufzte. „In Ordnung. Aber wir machen uns einen Plan und sobald Gefahr droht, fliehen wir, verstanden? Wir werden uns nicht mit Dutzenden Soldaten anlegen." Kyou und ich nickten Shisui aufgeregt zu. „Folgender Plan", begann Shisui verschwörerisch und wir steckten die Köpfe zusammen. Es war ein einfacher Plan, der dennoch vielversprechend klang. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg, umrundeten die Soldaten mit einem großen Sicherheitsabstand und fanden uns schon bald nördlich von ihnen in den Ausläufern des Gebirges wieder. Kyou nickte Shisui und mir zu und ließ uns zurück. Mit dem Rücken zu Shisui und einem Kunai in der Hand betrachtete ich den Wald. Shisui beobachtete noch immer die Armee, die unter uns das Haus belagerte. Einige quälend lange Minuten warteten wir, bis wir endlich das laute Krachen hörten. Kyou hatte seinen Teil des Plans erfüllt. Mit seinem Taijutsu hatte er eine Erdlawine ins Rollen gebracht, die mit einem Höllenlärm ins Tal stürzte. Shisui hatte alles genau berechnet und so rollte die Lawine sowohl an uns, als auch dem Haus mit einem sicheren Abstand vorbei. Wir wussten das, die feindlichen Soldaten jedoch nicht. „Es funktioniert", murmelte Shisui und begann mir zu beschreiben, dass die Soldaten aufgeregt umherliefen und in Deckung rannten. „Kushina hat die Barriere geöffnet", murmelte er und mein Herz schlug so hart gegen meinen Brustkorb, dass ich Angst hatte, es könne herausspringen. „Sie und eine weitere Person haben sich durch die Lücke der feindlichen Soldaten geschlichen, aber ein paar wenige verfolgen sie!" Shisui drehte sich zu mir um und wir tauschten einen Blick. „Hinterher!", rief ich, doch sein Blick fiel stirnrunzelnd in den Wald hinter uns. „Wo bleibt Kyou?", fragte er und auch mir fiel schlagartig ein, dass unser Kamerad zu uns zurückkehren wollte, sobald er seine Aufgabe erledigt hatte. „Ich gehe Kushina hinterher, du suchst Kyou", zischte Shisui und ohne auf meine Antwort zu warten, sprintete er los. Ich rannte in die entgegengesetzte Richtung. Schnell fand ich die Stelle, an der Kyou sein Taijutsu eingesetzt hatte, um die Erdlawine ins Rollen zu bringen, doch weit und breit war keine Spur von ihm. Ich sah mich um, doch es herrschte eine gespenstige Stille. Auch wenn ich mir lächerlich vorkam, räusperte ich mich: „Kyou?", rief ich leise und erwartete keine Antwort. „Noriko!" Kyous Stimme klang gepresst. Ich rannte auf die Stelle zu, von der sie zu kommen schien und musste meinen Lauf abbremsen, als ich begriff, was ich vor mir hatte. Eine riesige Felsspalte erstreckte sich einige Meter unter mir. Vorsichtig näherte ich mich und blickte hinab. Kyous gequältes Gesicht hing einen halben Meter unter mir. Mit nur einer Hand klammerte er sich an einen Felsvorsprung und seine Augen waren weit aufgerissen. „KYOU! Halt dich fest, warte, ich komme", rief ich hektisch, doch Kyou schüttelte heftig den Kopf: „Sei vorsichtig! Diese Spalte könnte jeden Moment weiter aufbrechen! Wir haben nicht einberechnet, dass es in diesem Berg ein riesiges Höhlensystem gibt, die ganze Gegend ist nun einsturzgefährdet!" Trotz seiner Warnung schmiss ich mich auf den Boden und streckte ihm meine Hand entgegen, doch er hing so tief unter mir, dass ich ihn nicht erreichte. Ich setzte mich hin, nahm meinen Rucksack und kramte nach einem Seil. „Das bringt nichts Noriko, ich kann meinen anderen Arm nicht bewegen. Ich muss ihn mir beim Sturz gebrochen haben. Du musst hier weg und Shisui und Kushina warnen. Ihr dürft nicht hierbleiben." Ich hörte nicht auf ihn, band mir das Seil um den Bauch und suchte einen Baum in der Nähe. Nachdem ich es mit mehreren Knoten befestigt hatte, hörte ich Kyous Schluchzer und die Panik in meinem Herzen begann, um sich zu schlagen. „Nicht loslassen!", schrie ich und eilte zurück zu der Felsspalte. „Ich dachte schon, du wärst fort", sagte Kyou zwischen zwei Schluchzern. Meine Augen begannen zu brennen und ich spürte einen Kloß in meinem Hals, doch ich musste diese Gefühle von mir schieben. Kyou verdiente es, dass ich mich voll und ganz auf seine Rettung konzentrierte. Vorsichtig schob ich mich über die Kante. Das Seil spannte sich und hielt mich über den Abgrund. Mit beiden Armen umklammerte ich Kyous Hand, die ich gerade so erreichen konnte. „Ich lass dich nicht los", sagte ich leise, doch Kyou sah zu mir auf. Die Schluchzer hatten aufgehört und die Tränen begannen auf seinen Wangen zu trocknen. „Alles wird gut", sagte ich und spürte, wie Kyous Hand unter mir zu erzittern begann. Er ließ den Felsvorsprung los und ich umklammerte sein Handgelenk so fest, wie ich konnte. Das Seil zerrte an mir, schnitt sich in meinen Bauch und ein Stöhnen entwich meinen zusammengepressten Zähnen. Eine ganze Weile hing ich einfach so da, klammerte mich an Kyous Hand und hatte das Gefühl, die Zeit vergehe in Zeitlupe. „Lass los, Noriko", sagte Kyou, der plötzlich friedlich wirkte. „Niemals! Rede nicht so einen Unsinn. Sobald Shisui oder Kushina auftauchen, ziehen sie uns gemeinsam hoch!" Ich hatte es versucht, hatte versucht, ihn hinaufzuziehen, doch ich hing selbst so tief in die Felsspalte hinab, dass ich keinen Halt fand. Ein plötzliches Schwindelgefühl packte mich und Kyou riss die Augen auf. „Noriko, lass los! Du musst hier weg. Hier wird gleich alles einstürzen!" Die Erde unter mir bewegte sich. „Niemals!" „NORIKO, lass los!" Kyou begann unter mir zu zappeln, doch ich umklammerte sein Handgelenk so fest, dass mir die Hände schmerzten. Kyou riss die Augen auf, als eine meiner Tränen in seinem Gesicht landete. „Shisui wird uns finden, ganz sicher", sagte ich und Kyou lächelte traurig. „SHISUI", schrie ich aus vollem Hals. Ich ließ jede Vorsicht von mir fallen, dachte nicht einmal mehr daran, dass Feinde in der Nähe waren. Meine Hände wurden schwitzig und Kyou rutschte Millimeter für Millimeter hinab. Meine Finger verhakten sich in dem hellgrünen Armband, dass er nur wenige Tage zuvor auf dem Fest zum neuen Jahr gewonnen hatte. „SHISUIII, WO BIST DU?", schrie ich. „Nicht, die feindlichen Armeen könnten dich hören", zischte Kyou, doch das war mir egal. „SHISUIIIIIIII" Erneut bebte die Erde und ein Geräusch riss meinen Blick von Kyou los. Neben uns in der Felsspalte brachen riesige Gesteinsbrocken ab und rauschten in die Tiefe. Das Geräusch des Aufpralls drang erst nach vielen, langen Sekunden zu uns durch und mir war klar, dass ein Sturz aus dieser Höhe nicht zu überleben war. „Tut mir leid, Noriko. Pass gut auf Shisui für mich auf, ja?" Zu spät begriff ich, was Kyou vorhatte. Seine Finger formten ein Zeichen und ein winziger Blitz zuckte durch über meine Handflächen. Kyou rutschte aus meinen Händen, das Armband, in das ich meine Finger gekrallt hatte, hing zerrissen zwischen meinen Fingern. Ein Schrei des Entsetzens löste sich aus meiner Lunge. „NEIN! KYOU! DU DARFST NICHT STERBEN!" Ich spürte Chakra aus meinem Körper schießen und begriff, dass ich unbeabsichtigt mein Kekkei Genkai aktiviert hatte. Kyou, der noch eben friedlich gewirkt hatte, begann mit den Armen und Beinen zu rudern, als suche er verzweifelt nach einem Weg, sich zu retten. „NEIIIIIIN" Er verschwand aus meinem Sichtfeld. Nicht in der Lage, mich zu bewegen, starrte ich in die Dunkelheit der Felsspalte. Meine Ohren lauschten angespannt, doch ich hörte keinerlei Geräusche. Ein weiteres Beben erschütterte die Erde, doch ich hing einfach nur da und starrte auf den Punkt, an dem ich Kyou zuletzt gesehen hatte. Die Panik in seinen Augen, die rudernden Arme. In meinen Händen hielt ich noch immer sein grünes Armband, dass mich zu verhöhnen schien. Mein ganzer Körper fühlte sich so kalt und taub an, sodass ich das Gefühl hatte, nie wieder Wärme oder Glück empfinden zu können. „Noriko!" Hände packten mich, zogen mir hinauf und ich starrte in Shisuis panisches Gesicht. „Was machst du denn hier, wir müssen hier weg, hier stürzt gleich alles ein! Was- wo ist Kyou?" Sein Blick zuckte von meinem verweinten Gesicht zu dem zerrissenen Armband in meiner Hand. Ich betrachtete es, sah zu der Felsspalte herüber und sah die Erkenntnis in Shisuis Gesicht aufblitzen. „Nein", hauchte er mit einer Furcht in seiner Stimme, die mir die Luft abschnürte. Er blickte über die Felsspalte. „KYOU?", rief er und ich spürte erneut heiße Tränen auf meinen Wangen. „Er ist fort", hörte ich Kushina sagen, die wie aus dem Nichts aufgetaucht zu sein schien. Sie zog Shisui vom Rand der Felsspalte fort, doch er wehrte sich und Kushina zuckte vor ihm zurück. Shisuis Augen hatten sich verändert, das erkannte ich sofort. Die Wut und Trauer in seinem Gesicht zu sehen klärte seltsamerweise meinen Verstand. Ich sprang auf und packte Shisui am Handgelenk. „Wir müssen hier weg. Wenn wir hier nun sterben, war Kyous Tod umsonst." Es laut auszusprechen ließ Shisuis Gesichtszüge entspannen. Seine Augen verloren ihr rotes leuchten und Tränen bahnten sich einen Weg. „Er ist also wirklich ...", sagte er heiser. Ich erkannte die Taubheit, die von ihm Besitz ergriff und in der ich mich noch vor wenigen Minuten selbst befunden hatte. Das war meine Chance. Ich zog Shisui hinter mir her, der es einfach geschehen ließ. Kushina nickte mir anerkennend zu, auch ihr Gesicht war nass von Tränen, aber sie wirkte äußerst gefasst. Sie führte uns aus dem Gebiet, das noch immer von Beben erfasst wurde und nur wenige Minuten, nach dem wir den Wald am Fuße des kleinen Gebirges erreicht hatten, kündigte ein lautes Krachen vom Einsturz der gesamten Umgebung hinter uns an. Riesige Staubwolken stiegen in den Himmel hinauf. „Was haben wir getan?", flüsterte Shisui neben mir, der sich etwas gefangen zu haben schien. Sein Gesicht drehte sich in meine Richtung und ich konnte die Schuldgefühle kaum ertragen, die sich in meinen Magen bohrten. Ich hatte ihn davon überzeugt, Kyous Plan zu folgen. Hatte Shisui überredet, zu handeln, anstatt zu warten. In meinen Händen umklammerte ich noch immer Kyous Armband, das ich Shisui nun entgegenstreckte. Mit zitternden Händen nahm er es mir ab und betrachtete es einen Moment, bevor er schluchzend vor mir zusammenbrach. Ich beugte mich über ihn, legte meine Arme um Shisui und der Schmerz in meinem Inneren brannte so sehr in meinen Eingeweiden, dass ich das Gefühl hatte, von innen heraus zu verglühen. Kushina legte mir eine Hand auf den Rücken und ich fing mich langsam. „Wir müssen los", sagte sie und ich öffnete den Mund. Ich konnte nicht glauben, was sie da sagte. Wir hatten erst vor wenigen Minuten unseren Kameraden verloren, wie konnte sie da von uns verlangen, unseren Weg fortzusetzen? Shisui wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und wirkte weniger verdutzt als ich. „Konntest du nützliche Informationen gewinnen?", fragte er Kushina, deren Mund nun zu einer strengen Linie verzogen war. „Ja. Wir müssen mit diesen Informationen so schnell wie möglich nach Konoha zurückkehren, ansonsten werden unsere Armeen in Sunagakure die Schlacht ganz sicher verlieren. Dies ist nun unsere neue Mission: So schnell es geht heimkehren." -- Sakura wischte sich eine Träne von der Wange und auch Naruto musste einen Kloß herunterschlucken. Er kannte den Schmerz einen Kameraden zu verlieren. Nejis Gesicht leuchtete vor seinem inneren Auge und er schüttelte das Bild ab. „Ich erinner mich an die Geschichte von Kyou", flüsterte Sasuke in die Stille und alle Augen waren auf ihn gerichtet. „Was?" Narutos Stimme klang aufgeregt. Sasukes Blick war nachdenklich in die Ferne gerichtet. „Ja, ich hatte es schon fast vergessen, aber jetzt, wo ich darüber nachdenke ... seine Eltern haben bei uns in der Straße gelebt und sie hatten einen kleinen Schrein, mit seinem Foto darin. Ich weiß es noch so genau, weil wir oft daran vorbeigelaufen sind, wenn wir zum Einkaufen gingen. Meine Mutter hat mir dann irgendwann erklärt, dass er auf einer Mission gestorben ist." Sasuke schüttelte den Kopf und blickte Naruto nun direkt in die Augen. „Immerhin der Teil der Geschichte scheint also zu stimmen." „Kann es sein, dass das der Moment war, in dem Shisui...", begann Sakura nachdenklich und Sasuke nickte, bevor sie den Gedanken zu Ende geführt hatte. „Das wird der Moment sein, in dem sein Mangekyou Sharingan erwacht ist. Er fühlte sich verantwortlich für Kyous Tod, weil er die Entscheidung getroffen hatte, zu handeln." „Der Arme", murmelte Sakura und Naruto ballte die Hände zu Fäusten. „Das muss furchtbar gewesen sein." Einen Moment lang hingen sie stumm ihren Gedanken nach. „So viele der Menschen, über die sie schreibt, sind bereits tot, aber irgendwie ... irgendwie ist es dennoch schön, deren Geschichten zu hören, findet ihr nicht?" Sais Stimme unterbrach die Stille und Naruto warf ihm einen erstaunten Blick zu. „Ich habe vorher nie von diesem Kyou gehört, aber nun habe ich ein Bild vor Augen und weiß, dass er sein Leben für unsere Heimat gegeben hat. Das nächste Mal, wenn ich den Friedhof besuche, werde ich für ihn beten." Naruto lächelte Sai zu und spürte, dass auch er Dankbarkeit empfand, Kyous Geschichte erfahren zu haben. „Du hast Recht. In diesem Punkt können wir Noriko schon danken, dass sie dieses Buch geschrieben hat." „Hm", machte Shikamaru skeptisch und Naruto zog die Augenbrauen hoch. „Was ist denn?" „Ich frage mich nur schon die ganze Zeit ... wenn sie wirklich über dieses Kekkei Genkai verfügt und es so lange geheimhalten konnte, dass es existiert, ist es dann nicht ein wenig fahrlässig, darüber einfach so in diesem Tagebuch zu schreiben? Was, wenn es ihren Feinden in die Hände gefallen wäre?" „Das habe ich mich auch schon gefragt", murmelte Sasuke. Er und Shikamaru warfen sich einen Blick zu und schienen sich ohne Worte über etwas einig zu sein. Naruto hatte ein ungutes Gefühl dabei und er wollte diesen Gedanken seiner beiden Kameraden nicht hören. „Lasst uns darüber nachdenken, wenn wir alles wissen", sagte er grimmig und wandte sich Sakura zu, die ihm ein trauriges Lächeln schenkte. Auch sie schien die Meinung der anderen beiden zu teilen, dass die Chancen, dass Noriko noch lebte, nicht besonders hoch waren. Kapitel 7: Eine zweite Chance ----------------------------- Ein schweres Gefühl legte sich auf meine Brust. Konoha erschien als Umriss am Horizont und der Schmerz, den ich für ein paar Tage vergessen hatte, schoss in mein Herz zurück. Nach Kyous Tod hatten wir tagelang kein Wort gesprochen, bis wir schließlich begannen, einen Hauch von Normalität zwischen uns zu gewähren. Kurze Unterhaltungen während des Essens, ein kleiner Witz am Rande oder eine Anekdote am Lagerfeuer vor dem Einschlafen, hatte unsere Gedanken von Kyou abgelenkt und unseren trauernden Herzen eine kleine Pause geschenkt. Mit Konoha so nah vor uns rückte die Mission und alles, was sie mit sich gebracht hatte, wieder in den Vordergrund. Auf der gesamten Rückreise hatten wir uns kaum Pausen erlaubt, jede Nacht nur wenige Stunden geschlafen und auch deutlich weniger Umwege gemacht, als noch vor ein paar Wochen. Selbst die eisigen Schneestürme hielten uns nicht davon ab, unseren Weg fortzusetzen. Je näher wir unserem Heimatdorf kamen, desto langsamer wurden wir. Kushina wandte sich schließlich zu uns um und ihr Blick gefiel mir nicht. Ich wusste, dass wir dieses Gespräch irgendwann führen mussten, doch ich fühlte mich noch immer nicht bereit dazu. „Ich weiß, wie schwer es ist, heimzukehren, nachdem man einen Kameraden verloren hat. Aber zögert es nicht zu lange hinaus, das macht es nur noch schwerer. Ich werde mich nun auf den direkten Weg zum Hokage begeben, um ihn über die Pläne unseres Feindes zu informieren. Danach werde ich Kyous Eltern besuchen." Shisui räusperte sich. Seine Stimme klang kratzig: „Das mache ich." Kushina betrachtete ihn einen Moment und legte ihm dann eine Hand auf die Schulter: „Bist du sicher?" „Kyou ist ... er war mein bester Freund, seitdem ich mich erinnern kann. Seine Eltern sind wie Familie für mich. Sie sollen es von mir erfahren." Kushina nickte ihm anerkennend zu und verabschiedete sich von uns. Für einen Moment standen wir einfach nur da. „Noriko", begann Shisui leise und ich wagte es nicht, ihn anzusehen. Ich ertrug den Schmerz in seinen Augen nicht, da er meinen eigenen Schmerz weckte. „Kannst du ... kannst du es unseren Freunden sagen? Wenn ich mit Kyous Familie gesprochen habe, weiß ich nicht, ob ich es ertrage ... nun ja." Er schüttelte den Kopf. „Ja, ist gut. Ich mache das", sagte ich mit einem Kloß im Hals, unsicher, ob ich dazu wirklich in der Lage war. „Gut. Dann sehen wir uns bald wieder, Noriko." Shisui sprang davon und ich setzte meinen Weg mit schwerem Herzen und langsamen Schritten fort. Die Ausläufer der Stadt zogen an mir vorbei und ich war so in Gedanken vertieft, dass ich den Trainingsfeldern kaum Beachtung schenkte, auf denen unzählige junge Shinobis mit Wurfsternen übten. „No-rii-koo!" Ich hob den Blick und entdeckte Gai, der mir fröhlich zuwinkte. Das Lachen erstarb auf seinem Gesicht, als er meines erblickte. Schnell lief er auf mich zu. „Was ist passiert?", fragte er atemlos und ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Schluchzend schmiss ich mich in seine Arme. Gai tätschelte meinen Kopf und wartete geduldig, bis ich mich wieder gefangen hatte. Ich löste mich aus seiner Umarmung, wischte die Tränen aus meinem Gesicht und räusperte mich. „Entschuldige", sagte ich, doch Gai lächelte nur. „Entschuldige dich nicht, dafür sind doch Freunde da", sagte er und drückte meine Schulter mit seiner Hand. „Ich bin für dich da, wenn du reden willst." Nach einem tiefen Atemzug nickte ich ihm dankbar zu. „Eine misslungene Mission ist doch kein Grund zu weinen", hörte ich jemanden sagen und drehte mich herum. Ich sah in Obitos strahlendes Gesicht, der mir auf die Schulter klopfte, hinter ihm stand Rin, die besorgt wirkte und Kakashi, der mich aufmerksam musterte. „Unsere Mission war ein Erfolg", sagte ich leise und Obito runzelte die Stirn. Er wollte etwas sagen, doch ich schnitt ihm das Wort ab, bevor ich es mir anders überlegen konnte. „Aber Kyou ist tot." Ich wandte den Blick ab, da ich ihre entsetzten Gesichter nicht ertragen konnte, und machte einen Schritt vorwärts. Gai griff nach meiner Hand: „Sag, wenn ich etwas für dich tun kann", murmelte er. Ich drückte dankbar seine Hand und riss mich dann von ihm los. „Ich brauche etwas Zeit für mich. Shisui ebenfalls. Wir sehen uns aber bestimmt in ein paar Tagen wieder." - Ich verbrachte ganze zwei Tage auf meinem Zimmer, musste jedoch bald feststellen, dass mir die Energie fehlte, weiter zu trauern. Wochenlang hatte Kyous Tod wie eine dunkle Wolke über uns geschwebt und nun, da ich endlich die Zeit hätte zu trauern, konnte ich es nicht. Meine Eingeweide brannten vor Schuldgefühlen, wann immer ich die Gedanken an Kyou beiseiteschob und doch tat es meiner verletzten Seele so gut, mich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Ich las ein Buch, trainierte in unserem Garten und probierte schließlich ein Rezept aus, das ich von der Mission mitgebracht hatte. Erst, als die Nudelsuppe fertig im Topf vor mir stand, fiel mir ein, wie ich das Rezept dazu in einem kleinen Dorf eingesteckt hatte und Kyou mir daraufhin in die Seite gestupst hatte: „Du lädst mich ein, wenn du das ausprobierst, ja?" Ein Anflug von Wut schoss durch meinen Körper und ich schubste den Topf vom Tisch. Schallend knallte er zu Boden und die heiße Suppe verteilte sich überall. Ich hob den Blick und sah Minato, der genau in diesem Moment den Raum betreten hatte. „Tu-tut mir leid", stammelte ich und konnte die Tränen nicht stoppen, die sich nun doch wieder aus meinen Augen lösten. Minato antwortete nichts, nahm mich lediglich in den Arm und wartete, bis ich all meine Tränen ausgeweint hatte. Ich löste mich von ihm und starrte auf die Suppe am Boden. „Ich mach das kurz sauber", sagte ich heiser, doch er tätschelte mir die Schulter. „Schon gut. Ich mach das und danach gehen wir aus." „Ich-" „Ja ich weiß, du würdest lieber Zuhause bleiben. Aber du musst lernen, dass deine Schuldgefühle deinen Kameraden nicht zurückbringen werden und auch, dich selbst zu bestrafen, wird ihn nicht ins Leben zurückholen. Das Einzige, was du tun kannst, um sein Opfer zu ehren, ist dein Leben weiterzuleben." Obwohl sich alles in mir dagegen wehrte, hörte ich auf Minato und ließ mich von ihm zum Essen einladen. Wir plauderten über unwichtige Dinge, aßen und kehrten heim. Kushina war seit mehreren Tagen kaum nach Hause gekommen und ich begann, mich um sie zu sorgen. „Kushina ist Hart im Nehmen. Sie bricht zu einer neuen Mission auf, um unsere Armeen in Suna von den Plänen der Feinde zu unterrichten." „Sie bricht zu einer neuen Mission auf?", fragte ich atemlos. Minato lächelte traurig. „Sie lenkt sich ab. Kyous Tod hat auch sie hart getroffen. Aber sie wird alles dafür tun, dass es nicht umsonst war und wir durch die Informationen, die ihr mitgebracht habt, viele Leben retten können." Noch lange dachte ich über Minatos Worte nach und fiel in einen unruhigen Schlaf. Am nächsten Tag saß ich gerade beim Frühstück, als es an der Tür klopfte. Minato war bereits aus dem Haus und so öffnete ich die Tür. Shisui stand vor mir. Unter seinen Augen hatten sich tiefe Ringe gebildet, doch er lächelte. „Wir sollen zur Missionszentrale kommen", sagte er und ich runzelte die Stirn. Shisui zuckte mit den Schultern: „Mehr weiß ich auch nicht. Ich habe die Botschaft heute Morgen von einem Jonin erhalten und soll dich mitnehmen." So schnell, wie ich konnte, zog ich mich an und begleitete Shisui zur Zentrale, in der die Teams ihre Missionen abzuholen pflegten. Wir erreichten den Treffpunkt und trafen dort auf Choza Akimichi, der uns freundlich anlächelte. Neben ihm stand Gai. „Hallo, ihr zwei. Willkommen in Team 5", sagte Choza-Sensei und ich riss die Augenbrauen hoch. „Kushina ist für eine Weile außer Landes, Genma und Ebisu sind im Winter zu Chunin befördert worden und deshalb haben wir beschlossen, sie in anderen Teams einzusetzen und so ein neues Genin Team mit euch dreien zu bilden. Ich werde euer Sensei sein und euch darauf vorbereiten in diesem Sommer ebenfalls zu Chunin befördert zu werden. Bis dahin werden wir reichlich Missionen erledigen und uns nützlich für Konoha machen." Shisui und ich warfen uns einen kurzen Blick zu. Noch vor wenigen Wochen war mein größter Wunsch gewesen, die Chunin-Auswahlprüfung zu wiederholen, nun kam es mir irgendwie nichtig vor. „Ist es nicht eigentlich egal, ob wir Genin oder Chunin sind?", entfuhr es mir, woraufhin Chozas Gesichtsausdruck sehr ernst wurde. „In Zeiten wie diesen ist es überaus wichtig für uns, so viele Chunin wie möglich parat zu haben." „Warum?", fragte ich aufmüpfig. „Weil wir zu wenige Jonin haben, um alle Genin zu betreuen. Und Genin, ohne einen Jonin als Teamleiter sind nur eine Last für uns. Chunin hingegen können wir viele der leichteren Missionen übertragen, die Genin nur im Beisein eines Jonin erledigen können. Je mehr von euch also zu Chunin werden, desto weniger von uns müssen sich um die Genin kümmern und können stattdessen hochrangigere Missionen übernehmen." „Verstehe. Also helfen wir Konoha damit, dass wir zu Chunin werden." „Genau so ist es." „Dann werden wir Konoha nicht enttäuschen!" - Shisui, Gai und ich stürzten uns ins Training. Obwohl ich Kyou vermisste und die Erinnerung an seinen Tod mich hin und wieder herunterzog, begann ich wieder optimistischer in die Zukunft zu blicken. Auch Shisui wurde nach und nach wieder mehr er selbst, auch wenn sich etwas grundlegend an ihm verändert hatte. Die Leichtigkeit, mit der er das Leben stets betrachtet hatte, war ein Stück weit von ihm abgefallen und er legte deutlich mehr Ehrgeiz an den Tag als zuvor. Aber es gab noch etwas anderes, dass sich geändert hatte: Shisuis Sharingan. Seit Kyous Tod schien es eine nächste Stufe erreicht zu haben: Das Mangekyou Sharingan. Shisui verbrachte viel Zeit damit, es zu trainieren, wobei er sich die Hilfe einiger seiner Clanmitglieder holte. Dadurch verbrachten Gai und ich viel Zeit ohne ihn. Die Monate flogen dahin. Wir absolvierten Missionen und es erwärmte mein Herz, Gai und Shisui Freunde werden zu sehen. Anfangs hatte ich Angst gehabt, Shisui würde Gai als Kameraden ablehnen, da er Kyou nicht ersetzen wollte. Doch glücklicherweise schien Shisui dies differenzieren zu können. Die Chunin-Auswahlprüfungen rückten näher, doch die Aufregung, die ich noch vor zwei Jahren empfunden hatte, ergriff mich dieses Mal nicht. Es fühlte sich eher wie eine Pflicht an, die ich zu erfüllen hatte und weniger wie die Herausforderung, die sie vorletztes Jahr dargestellt hatte. Aus unserem Jahrgang waren mittlerweile die meisten zu Chunin befördert worden. Neben Genma und Ebisu hatten auch Obito und Rin in der letzten Winter-Prüfung bestanden. Kurenai und Asuma hatten genau wie wir nicht teilnehmen können, da sie auf einer Mission unterwegs waren und auch in diesem Sommer würden sie wieder nicht dabei sein. Gai, Shisui und ich waren damit eines von drei Konoha Teams, das an der Auswahlprüfung teilnahm – die anderen beiden Teams bestanden aus jungen Frischlingen, die gerade erst von der Akademie gekommen waren, genau wie wir zwei Jahre zuvor. Ich sah das Leuchten in ihren Augen, als wir zum zweiten Prüfungsteil antraten, und fragte mich, ob die älteren Genin mich damals genau so angesehen hatten, wie ich nun sie. Die ganze Prüfung fühlte sich so anders an, als die vorherige. Es war nicht nur die fehlende Aufregung, es war noch etwas anderes, dass sich verändert hatte. Ich begriff, wozu wir die Prüfung machten und wusste, was davon abhing. Es ging nicht um meinen persönlichen Vorteil, sondern darum, keine Last mehr für die Elite-Ninjas Konohas zu sein und eigene Missionen leiten zu können. Unser Team war so ausgeglichen, wie es nur sein konnte. Shisui war ein Meister in Genjutsu und konnte jeden Gegner mit einem Blick seines Mangekyou Sharingan in eine Endlosschleife von Alpträumen befördern; Gai war so gut im Taijutsu geworden, dass es niemand mit ihm aufnehmen konnte, und ich hatte eine große Palette an unterschiedlichsten Ninjutsus auf Lager, nicht zuletzt die äußerst nützlichen Versiegelungs-Jutsus, die ein wohl gehütetes Geheimnis des Uzumaki-Clans waren. Innerhalb von wenigen Stunden erreichten wir das Ziel einer fünftägigen Reise, bei der wir vielen Gefahren trotzen mussten, und wurden dort von dem Prüfer empfangen, der uns gratulierte. Shisui warf mir einen Blick zu und ich sah, dass er an seinem Armband spielte. Neben dem dunkelroten Freundschaftsband trug er Kyous leuchtend grünes Armband, an dem er nun zupfte. Ich wusste, woran er dachte: Kyou hätte das hier sicher gern miterlebt. Ähnlich wie beim letzten Mal bekamen wir einige Wochen Zeit, uns auf das Finale vorzubereiten. Mein erster Gegner war ein fremder Genin, den ich bereits während der zweiten Aufgabe kämpfen gesehen hatte. Er war stark, aber langsam und ich wusste, dass ich mir dies zunutze machen konnte. Obwohl ich es hätte kommen sehen müssen, war ich schockiert, als ich nach der zweiten Runde begriff, dass mein Team unweigerlich darauf zuhielt, gegeneinander antreten zu müssen. Gai gewann seinen Kampf und kratzte sich seufzend am Kopf. „Shisui ist also mein nächster Gegner, das kann ja was werden", murmelte er und ich klopfte ihm auf die Schulter. Ich erinnere mich noch gut, dass ich nach meinem vorletzten Sieg auf das Finale zusteuerte und mich erschöpft, aber glücklich in den kleinen Raum der Prüflinge zurückzog, in dem ich nun mit Choza-Sensei allein war. Wir warfen uns einen Blick zu. „Und, Sensei? Wen feuern Sie nun an?", fragte ich und Choza seufzte. „Stell mir eine einfachere Frage. Ich gönne es beiden", brummte er und ich wandte meinen Blick zurück in die Arena, in der Gai und Shisui sich nun gegenüberstanden. Der Kampf dauerte länger, als ich gedacht hätte, und ich begriff bald, dass Shisui sich zurückhielt. Er setzte sein Mangekyou Sharingan nicht gegen Gai ein, der wiederum einige seiner eigenen Techniken zurückhielt. Der Kampf zog sich und mein Blick fiel auf das Publikum gegenüber. Erschrocken stellte ich fest, dass Kakashi mich direkt ansah. Er hob die Hand und ich winkte ihm kurz zurück. Wir hatten uns lange nicht gesehen. Der Gedanke, dass er meinen Kampf gleich würde beobachten können, missfiel mir. Es bedeutete, dass er meinen Stand sehen konnte, ich allerdings nicht wusste, wie gut er mit seinem Training vorangekommen war. Schon lange hatten wir keine unserer Rivalitäten mehr ausgeführt und ich überlegte gerade, ihn zu einem Wurf-Duell herauszufordern, als der Kampf unter mir plötzlich entschieden war. Shisuis Augen leuchteten rot auf und Gai hob beide Hände. „Ich gebe auf", sagte er schlicht und lächelte Shisui an, der erstaunt zurückwich. „Was? Bist du sicher?", fragte der Prüfer. „Ja, das bin ich. Wenn wir beide jetzt ernst machen würden, dann stirbt am Ende einer von uns und das will hier sicher niemand", sagte er schlicht und verließ die Arena. Shisui lächelte zufrieden und warf mir einen direkten Blick zu. Mein Herz klopfte schnell in der Brust. Noch nie zuvor hatte ich gegen Shisui gekämpft. Ich grinste ihn an und landete mit einem Sprung in der Arena. Das Publikum tobte. Ich hörte meinen Namen, aber auch Shisuis und für einen Moment starrten wir uns an. Es war das erste Mal seit sehr langer Zeit, dass ich mich richtig auf ein Duell freute. Meine Finger kribbelten und ich erkannte in Shisuis Augen, dass es ihm genauso erging. Shisui machte den ersten Schritt. Es ging alles sehr schnell. Wir tänzelten umeinander, waren beide nur noch verschwommene Gestalten in der Arena, die versuchten einander zu fangen. Meine Ohren waren zum Zerreißen gespitzt, denn ich wusste, dass ich Shisui nun nicht mehr in die Augen sehen durfte. Sobald sein Genjutsu mich erwischte, war der Kampf für mich vorbei. Auch was die Geschwindigkeit anging, konnte ich Shisui nichts vormachen. Sein Teleportations-Jutsu machte es mir unmöglich, ihn zu erreichen, und sein wacher Verstand war mir stets einen Schritt voraus. Verschiedene Pläne, die ich mir im Voraus überlegt hatte, scheiterten und ich brach in ein fröhliches Lachen aus, als auch der nächste Plan meinerseits von Shisui mit Leichtigkeit abgefangen wurde. Ich wagte es, meine Augen ein paar Zentimeter zu heben, um Shisuis Lächeln zu sehen, und stürzte mich erneut auf ihn. Wieder durchschaute er meinen Plan und wich meinem Schlag aus, ohne zu begreifen, dass dies zu meinem weiteren Plan gehörte. Ich nutzte ein Versiegelungs-Jutsu und versiegelte so das Chakra in seinem linken Bein. Er stolperte, fiel zu Boden und schaffte es gerade so, sich um die eigene Achse zu drehen, um meinem Tritt auszuweichen. „Dein Jutsu ist besser geworden", gab er zu und ich bemerkte, wie mein Bein plötzlich zu kribbeln begann. Es fühlte sich an, wie Gummi und ich wankte nach hinten. Leise fluchend begriff ich, dass Shisui mein Jutsu kopiert hatte. Ich rief das Gegen-Jutsu aus, war aber zu langsam. Shisui teleportierte neben mich und sein Schlag traf mich schmerzhaft in die Magengrube. Ein zweiter Schlag vernebelte mir die Sicht und ich sah den Boden näherkommen. Blinzelnd kam ich wieder zu mir und sah in Shisuis blaue Augen, zwischen die sich eine Sorgenfalte grub. „Alles in Ordnung?", fragte er zaghaft und ich grinste ihn breit an. „Glückwunsch zum Sieg", gab ich zurück und bemerkte erst jetzt, dass ich in seinen Armen lag. Shisui half mir, mich aufzusetzen, und der Prüfer rief ihn als Sieger aus. Von Shisui gestützt verließ ich die Arena und wir fanden uns im Angesicht zu Angesicht dem Hokage gegenüber, der uns freudig anlächelte. „Das war eine sehr gute Leistung", sagte er, „Hiermit befördere ich euch beide, genau wie euren Teamkameraden, zu Chunin. Herzlichen Glückwunsch." „Gai auch?", fragte ich und der Hokage lächelte. Shisui packte mich, hob mich in die Luft und drehte mich einmal herum, dann setzte er mich ab und sein Gesicht war rot angelaufen: „Wir haben es geschafft", sagte er atemlos und ich nahm ihn einmal kurz, aber fest in die Arme. „Ja, das haben wir. Wo ist Gai? Das müssen wir feiern!" -- „So ist Gai-Sensei also zum Chunin geworden! Wie inspirierend!" Lees Augen hatten sich mit Freudentränen gefüllt. Shikamaru schüttelte den Kopf, seine Lippen zeigten jedoch den Anflug eines Lächelns. „Das erinnert mich an unsere Auswahlprüfung", murmelte Sakura und zwang Naruto ebenfalls zu einem Grinsen. „Nur, dass unsere Prüfungen nicht so friedlich ausgingen." „Erinner mich bloß nicht daran", warf Sasuke leise ein. „Das nächste Kapitel heißt ‚das Geständnis'. Ich bin wirklich gespannt, was jetzt kommt." Sakura schenkte ihnen ein Lächeln, das jedoch auf ihren Lippen erstarb, als sie Narutos Blick bemerkte. „Was ist?" „Ich wünschte nur ... ich hätte auch die Versiegelungs-Jutsus meines Clans lernen können. Die hören sich wirklich nützlich an. Also wenn Noriko noch lebt, schwöre ich, dass ich sie finde und dann werde ich all diese Jutsu lernen!" Naruto ballte eine Hand zur Faust und streckte sie in die Luft, ignorierte dabei die traurigen Blicke seine Kameraden. Er würde so lange daran festhalten, dass Noriko noch lebte, bis ihm jemand das Gegenteil beweisen konnte. Er musste einfach daran glauben, dass sie noch lebte. Kapitel 8: Das Geständnis ------------------------- Das Leben als Chunin war etwas anders, als zuvor. Wir hatten mehr Rechte und brauchten, um die niederen Missionen anzunehmen, nun keinen Jonin mehr an unserer Seite. Shisui, Gai und ich bildeten weiterhin ein Team und erledigten neben unendlich vielen D-Rang Missionen auch einige höherwertige. Im November feierte ich meinen zwölften Geburtstag und stellte überrascht fest, wie lange ich nun schon in Konoha war und wie wenig ich noch an Uzushio dachte. Zu meinem Geburtstag bekam ich allerhand neue Kleidung, da ich durch einen Wachstumsschub aus vielen meiner Klamotten herausgewachsen war, und spürte so langsam, dass mein Körper sich veränderte. Einerseits gefiel mir der Gedanke, bald zu einer jungen Frau heranzuwachsen und doch machte es mir auch ein wenig Sorge. Auch meine Freunde wurden älter und begannen, sich zu verändern. Shisui, der noch ein paar Monate jünger war als ich, hatte ebenfalls einen Wachstumsschub hinter sich und überragte mich plötzlich um einen ganzen Kopf. Gai, der in meinem Alter war, brach beim Sprechen des Öfteren die Stimme weg und sie wurde von Tag zu Tag tiefer, woran ich mich erst einmal gewöhnen musste. Auf einer Mission im Frühjahr begegneten wir Asuma und Kurenai, die uns berichteten, im Sommer an der nächsten Chunin-Auswahlprüfung teilnehmen zu wollen. Sie gehörten zu den Letzten aus unserer Akademie-Zeit, die immer noch Genin waren. Der Sommer rückte näher und ich hätte mir die Prüfungen zu gern angesehen, doch eine Mission führte Shisui, Gai und mich aus Konoha auf eine Insel nicht unweit unserer Heimat. Die Mission bestand darin, ein anderes Team zu verstärken, das dort in einer recht aussichtslosen Lage feststeckte: Team 4. Auch wenn ich mir Sorgen um Kakashi, Obito und Rin machte, freute es mich doch ein wenig, dass wir als ihre Verstärkung geschickt wurden. Ihre Mission hatte darin bestanden, einen Gefangenentransport zu überwachen. Offensichtlich war hierbei etwas schiefgegangen und einige der Gefangenen waren entkommen. Zusätzlich hatten sie gemeldet, dass einer von ihnen verletzt war, weshalb ich froh war, dass wir alle drei unsere medizinischen Kenntnisse in den letzten Monaten drastisch verbessert hatten. Auch wenn es mich wunderte, da Rin zu den Medi-Ninjas gehörte und somit über ausreichend Erfahrung als Heilerin verfügen sollte. Auf der Insel angekommen, trafen wir einige Dorfbewohner, die uns die Richtung wiesen, in der sich das Gefängnis befand. Sie warnten uns vor den Geflüchteten, doch wir versicherten ihnen, dass wir mit ihnen würden umgehen können. Nach ein paar Stunden des Suchens meldete Shisui sich endlich zu Wort. „Ich sehe sie." Wir folgten Shisuis Anweisungen und fanden schon bald das kleine Versteck von Team 4. Sie waren in einer kleinen Höhle und ich hielt kurz inne. Der Anblick erinnerte mich an die Höhle auf dem kleinen Plateau, in der wir uns damals hatten verstecken sollen. Kyous Gesicht blitzte durch meine Erinnerung und ich musste mich zusammenreißen, um den Gedanken abzuschütteln. Im Eingang der Höhle saß kein Geringerer als Kakashi, dessen Blick plötzlich in unsere Richtung ging. Er sprang auf, griff nach einem Messer, doch ich sprang aus dem Baum, bevor er angreifen konnte. „Noriko?", fragte er erstaunt. Shisui und Gai tauchten hinter mir auf und Kakashi steckte sein Messer weg. „Ihr seid die Verstärkung", stellte er mit einer Mischung aus Belustigung und Wut fest. „Was hast du denn erwartet? Dass sie für eine C-Rang Mission einen Jonin schicken?", fragte Shisui. „Wo sind die anderen?", hakte ich ein und Kakashi wies auf die Höhle hinter sich. Ich marschierte an ihm vorbei und fand Obito mit gequältem Gesichtsausdruck neben Rin sitzen. Ihr Gesicht war blass und ich begriff sofort, dass sie nicht bei Bewusstsein war. „Noriko?", murmelte Obito und ich setzte mich zu ihm neben Rin. Ich legte eine Hand an ihr Gesicht, das kalt und verschwitzt war. „Was ist passiert?", fragte ich und Obito zuckte unwirsch mit den Schultern. „Ich weiß nicht genau, was sie mit ihr gemacht haben. Einer von diesen Gefangenen ist ganz sicher ein Shinobi mit furchtbaren Fähigkeiten. Aber ich konnte es nicht sehen, da ich gleich zu Beginn des Kampfes bewusstlos geschlagen wurde." Kakashi, Shisui und Gai betraten die Höhle. Ich musterte Rins Körper und stellte erstaunt fest, dass sie keinerlei Verletzung hatte. „Es muss irgendeine Art von Genjutsu sein", stelle ich fest. „Ja, aber eins, dass sich nicht lösen lässt. Wir haben alles probiert", erklärte Kakashi und ich warf Shisui einen Blick zu, der sich nun neben mich setzte. „Halt ihre Augen auf", sagte er leise und ich tat, was er sagte. Seine eigenen Augen leuchteten rot auf und für eine Weile herrschte absolute Stille im Raum. Dann, plötzlich, schreckte Rin hoch und wich von uns zurück: „Wie, was, wer-", stammelte sie und begann langsam zu begreifen, wen sie vor sich hatte. „Oh Rin!" Obito warf die Arme um sie und etwas überfordert mit der Situation tätschelte sie seine Schulter. „Wie lange war sie in diesem Zustand", fragte Shisui nun an Kakashi gewandt, der kurz überlegte. „Fast zwei Tage." Shisui verengte die Augen zu Schlitzen, ließ diese erneut rot aufblitzen und Rin brach bewusstlos zusammen. „Was hast du getan?", rief Obito auf und wollte auf Shisui losgehen, doch ich hielt ihn zurück: „Beruhige dich, Obito!" „Sie war tagelang in einem traumatischen Genjutsu gefangen. Das beste ist, wenn sie nun ein wenig schläft und ihren wunden Geist ausruhen kann. Jetzt direkt wach zu sein, könnte ihr den Verstand kosten. Also lasst sie etwas schlafen." - Rin schlief friedlich neben uns. Kakashi berichtete uns alles, was seit ihrer Ankunft geschehen war. Er war sich sicher, dass die Gefangenen nicht aus eigenem Antrieb heraus bei dem Transport ausgebrochen waren, sondern von außen Hilfe erhalten haben. „Von jemandem, der diese Art von Genjutsu beherrscht", murmelte Shisui und warf einen Blick auf Rin. „Wo sind sie?", fragte Shisui und Kakashi verschränkte die Arme vor der Brust. „Sie haben sich auf einem alten Bauernhof am Waldrand eingenistet. Aber lange werden sie dort nicht mehr bleiben, die Nahrung geht ihnen langsam aus." „Gut." Shisui erhob sich und warf mir einen kurzen Blick zu. „Ich werde mir das ansehen", sagte er und Kakashi sprang ebenfalls auf. „Ich komme mit." „Nein. Das ist zu gefährlich. Ich bin der Einzige, der es mit einem Genjutsu dieser Art aufnehmen kann." „Aber du hast nicht zu entscheiden, was mein Team macht oder nicht. Du kannst mir nicht vorschreiben, hierzubleiben." „Das stimmt, das kann ich nicht, aber es wäre äußerst unvernünftig von dir." „Ich weiß genau, wo sie sich aufhalten, und habe es schon beim letzten Mal geschafft, diesem Genjutsu nicht zu erliegen, ich kann es wieder." „Warum es aber riskieren?" Kakashi senkte die Augenlider und ich hatte das Gefühl zu begreifen, warum er mitgehen wollte. Er saß seit Tagen hier fest und wartete auf die Verstärkung, damit er endlich seine Mission erfolgreich beenden konnte. Nun gesagt zu bekommen, er solle zurückbleiben, musste unerträglich für ihn sein. „Lasst uns eine Kohorte bilden", schlug ich vor und erntete ein Schnauben von Kakashi. „Shisui geht voran, er kann mit seinem Sharingan Ausschau halten und mit seinem Mangekyou Sharingan dem Genjutsu ausweichen. Direkt hinter ihm kommt Kakashi, der die Gegend kennt und Shisui unterstützen kann, sollte er in einen Kampf verwickelt werden. Gai und ich bilden das Ende, wir decken euch den Rücken mit Gais Taijutsu und meinen Schutzbarrieren. Obito bleibt hier und bewacht Rin." Shisui seufzte einmal lange, nickte jedoch. „Das ist wohl der beste Kompromiss", gab er zu. Kakashi hatte die Hände zu Fäusten geballt. „Gut", sagte er zerknirscht und verließ die Höhle. Shisui schenkte mir ein kurzes, anerkennendes Nicken und ich folgte ihm. „Falls ihr angegriffen werdet, schaut ihnen nicht in die Augen. Sag das auch Rin, wenn du sie wecken musst", sagte ich zu Obito, der noch immer gequält wirkte. Er nickte und zog ein Kunai, dass er abwehrend über Rin hielt. „Ich pass auf sie auf, versprochen", sagte er entschlossen. Wir machten uns auf den Weg. Nach etwa zwanzig Minuten bemerkte ich, dass wir unseren Kameraden, die vorher einen größeren Abstand zu uns hatten, näherkamen. „Sie werden langsamer", bemerkte auch Gai. „Mach dich bereit. Es kann sein, dass wir blind kämpfen müssen", gab ich zu bedenken. Wir setzten uns erneut in Bewegung und fanden schon bald Shisui und Kakashi, die einem Haufen Männer in Gefängniskleidung gegenüberstanden. „Das sind ja noch mehr Kinder", rief einer belustigt. Wie aus dem Nichts explodierte eine kleine Bombe direkt vor Shisui, der hustend zurückwich. „Na sieh mal an, dieser hier lässt sich nicht so leicht umhauen", sagte jemand und ich sah, wie Kakashi vor der Rauchwolke zurückwich. „Passt auf die Wolke auf! Genau so etwas hat Rin eingeatmet, bevor sie umfiel", rief Kakashi und nun sprang auch Shisui fort, noch immer hustend. „Ein Genjutsu, dass durch Rauch ausgelöst wird?", fragte ich und Gai ballte die Hände zu Fäusten. „Ich habe davon gehört. Pflanzen, aus denen auch Drogen gemacht werden können, lösen starke Halluzinationen aus und werden teilweise als Biowaffen in diesem Krieg eingesetzt." Ich musterte die Situation. Shisui schaffte es dank seines Mangekyou Sharingans offensichtlich, dem Gift der Pflanzen zu widerstehen und doch wirkte er leicht benebelt. Zwei Angreifer hielten auf ihn zu und ich klammerte mich an den Ast unter mir. Shisui wich aus und schlug einen der beiden zu Boden. „Warum sind sie von dem Rauch nicht betroffen?", fragte ich zähneknirschend. „Vielleicht haben sie ein Gegengift genommen", mutmaßte Gai. Die anderen Angreifer wanden sich nun an Kakashi und warfen eine weitere Bombe in seine Richtung. Kakashi wollte ausweichen, hatte jedoch keinen Platz, da sich direkt hinter ihm riesige Bäume in den Himmel streckten. Schneller, als ich überlegen konnte, sprach ich ein Jutsu und errichtete eine Barriere direkt vor Kakashi, die fast mein gesamtes Chakra in sich aufsaugte. Ich sprang an Kakashis Seite und Gai folgte mir unaufgefordert. Fasziniert beobachtete ich, wie die Rauchwolke an der Schutzbarriere vor uns abprallte. „Was ist das denn?", rief einer der Angreifer und rannte auf uns zu. Blitzend prallte er ebenfalls an der Barriere ab. „Hier drinnen sind wir sicher vor dem Rauch, können aber auch nichts gegen sie unternehmen", brummte ich und Kakashi packte meinen Arm. „Kannst du steuern, wer oder was durch die Barriere kommt?" Ich sah ihn irritiert an und fühlte in die Barriere hinein. „Ja, ich denke schon", gab ich zurück und Kakashi nickte zufrieden. „Gut. Ich halte die Luft an, setze einen Angriff und kehre zurück. Es hängt jetzt also von dir ab, ob ich den Rauch einatme, oder nicht", erklärte er. „Guter Plan. Ich mache mit", schloss Gai sich an und ich sammelte meine komplette Konzentration. „Gut. Los gehts!" Gai und Kakashi schnellten aus der Barriere hervor, landeten mehrere Treffer und kehrten zum Luftholen zurück. Ich schaffte es gerade rechtzeitig, Kakashi hereinzulassen, der wesentlich länger als Gai ohne Sauerstoff auskam und dann so schnell zurückgerannt kam, dass er fast an der Barriere abgeprallt wäre. „Es sind 7 Männer. Zwei davon beschäftigt Shisui, zwei haben Gai und ich eben ausgeschaltet. Bleiben noch 3." „Los gehts!" Erneut preschten sie hervor. Gai kehrte zurück, Kakashi blieb in der Rauchwolke verschwunden. Mit angespanntem Blick beobachtete ich den Rauch aufmerksam. Endlich erkannte ich eine Bewegung, öffnete gerade rechtzeitig die Barriere, doch schaffte es nicht, sie wieder zu schließen, bevor der Angreifer direkt hinter Kakashi mit hindurch sprang. Kakashi schnappte prustend nach Luft, Gai wollte den Angreifer aufhalten, doch er war zu langsam. Sein Schlag traf mich direkt in die Magengrube und Sternchen tanzten vor meinen Augen. Gai schlug ihn nieder, Kakashi zog mich fort in den Wald und ich kam husten wieder zu mir. Der Schmerz ließ mich taumeln. Die Barriere hatte sich aufgelöst, als ich getroffen wurde. „Gai!", rief ich, doch Kakashi zog mich weiter zurück, hinter einen Baum, weg von dem Rauch. Der Inhalt meines Magens bahnte sich einen Weg zurück und ich übergab mich auf den Boden. Nach Luft schnappend rappelte ich mich hoch und wollte zurück zum Schlachtfeld taumeln, doch Kakashi hielt mich fest. „Lass mich-" „Du hast kaum noch Chakra und kannst dich nicht einmal ansatzweise aus meinem Griff befreien, du bist auf dem Schlachtfeld niemandem eine Hilfe." Ich spürte, dass er Recht hatte, doch ich ertrug den Gedanken nicht, einen weiteren Kameraden zu verlieren. „Aber Gai-", begann ich, doch Kakashi schob mich hinter den Baum. „Die Mission hat höchste Priorität", sagte er und ich konnte nicht glauben, was ich gehört hatte. „Was?" „Wenn wir da jetzt hinein laufen, um deine Kameraden zu retten, gefährden wir den Erfolg der Mission. Wir müssen abwarten, ob sie es von allein schaffen." Ich riss mich von Kakashi los. Neue Energie hatte mich gepackt und ich umrundete den Baum, doch er stellte sich mir erneut in den Weg. „Ich lasse das nicht zu!" Seine Stimme klang gepresst. Ich ballte die Hände zu Fäusten und machte einen großen Schritt auf ihn zu, sodass unsere Gesichter sich gefährlich nahe kamen. „Warum nicht, Kakashi? Du kannst gern hier warten und schauen, ob wir alle es ohne deine Hilfe schaffen, aber ich werde das nicht tun! Ich gehöre nicht zu deinem Team, was für einen Unterschied macht es also für dich, ob nur Shisui und Gai da drinnen sind oder nun auch ich? Deine Mission kannst du dann immer noch erledigen, also geh mir aus dem Weg!" „Ich, äh-" stammelte Kakashi plötzlich und seine Sprachlosigkeit brachte mich aus dem Konzept. Für einen kurzen Moment schüttelte ich irritiert den Kopf. „Was?", blaffte ich, doch als er keine Antwort fand, umrundete ich ihn und rannte auf die Rauchwolke zu. Bereit, meinen Atem anzuhalten, blieb ich schlitternd stehen. Shisui tauchte auf, Gais Arm über seine Schultern gelegt. „Sie sind erledigt", sagte er und setzte den benommenen Gai auf dem Boden ab. Mit seinem Mangekyou Sharingan weckte er Gai aus den Halluzinationen und ließ sich selbst auf den Hintern fallen. „Warten wir, bis sich der giftige Rauch gelegt hat und dann können wir die Gefangenen fesseln und zurück in ihr Gefängnis bringen. Keine Ahnung, wo sie diese Giftbomben her hatten, aber das müssen wir in Konoha auf jeden Fall melden." - Etwa zwei Stunden später saßen wir am Rande der kleinen Höhle um ein kleines Lagerfeuer herum. Die Gefangenen hatten wir am Gefängnis abgeladen, wobei sich herausstellte, dass einer von ihnen nicht dazu gehörte. Er war der Bruder eines Insassen und hatte den Gefangenentransport abgefangen, um ihn zu befreien. Die Gefängniswärter versprachen ihm eine mildere Strafe, wenn er uns verriet, woher er die Rauchbomben hatte und der Mann plauderte es ohne große Umschweife aus. Er war rein zufällig über ein Versteck gestolpert, in dem die halluzinogenen Rauchbomben kistenweise gestapelt gewesen waren. Er verriet uns den Ort, nicht unweit des Gefängnisses und wir beschlagnahmten drei der Kisten, die wir dort noch vorfanden. „Das ist das Siegel von Suna", stellte Shisui fest. „Wir dürfen uns nur kurz ausruhen und müssen das dann so schnell wie möglich in Konoha melden. Wenn Suna in dieser Gegend hier solche Waffen deponiert, haben sie vielleicht Pläne, hier anzugreifen",schloss Kakashi und ich musste ihm da ausnahmsweise zustimmen. Rin war wieder wach, wirkte jedoch immer noch benommen. Obito warf ihr hin und wieder verstohlene Blicke zu. Wir alle aßen eine Kleinigkeit und legten uns schließlich zum Schlafen hin. Shisui hatte angeboten, Wache zu halten, doch Obito hatte ihm diese Aufgabe abgenommen: „Ich bin ausgeruht, ihr habt alle gekämpft und braucht etwas Schlaf. Ich mach das schon." Auf dem Rücken liegend starrte ich in den dunklen Sternenhimmel und fand keinen Schlaf. Ich wusste, dass es meinem erschöpften Körper dennoch guttun würde, ein wenig zu ruhen und so meine Chakra-Reserven wieder aufzubauen. Nach etwa einer halben Stunde setzte ich mich seufzend auf. Mein Rücken schmerzte und ich hatte nicht das Gefühl, besonders viel Erholung gefunden zu haben. Obito saß seitlich zum Feuer, dem Wald zugewandt und warf mir nun einen Blick zu. „Ich kann nicht schlafen", murmelte ich und streckte mich. Gai lag nicht weit von mir und schnarchte laut. Shisui atmete ruhig und auch Rin schlummerte mit tiefen Atemzügen vor sich hin. Kakashi hingegen saß mit dem Rücken an einen Felsen gelehnt. Seine Augen öffneten sich und zuckten kurz in meine Richtung. Ein Geräusch von Obito lenkte meine Aufmerksamkeit von Kakashi fort. „Euer Finalkampf bei der Chunin-Prüfung war übrigens klasse", sagte Obito im Flüsterton, den Mund zu einem breiten Grinsen verzogen. Ich lächelte zurück. „Wenn Shisui ernst gemacht hätte, wäre ich viel schneller am Boden gewesen", gab ich zurück. „Euer Kekkei Genkai ist wahrlich eine mächtige Waffe." Obitos Gesichtsausdruck wurde ernster und seine Augen zuckten zu Shisui. „Ja das ist es. Aber es ist auch eine große Belastung ... man lebt nicht sicher, als Träger eines solchen Erb-Jutsus." Ich lächelte schief. Wie gern hätte ich ihm gesagt, dass ich ihn nur zu gut verstehen konnte. Nach Worten ringend musterte ich Obito, der plötzlich die Augen aufriss. Ich sprang auf und auch Kakashi war sofort auf den Füßen. Shisui schreckte aus dem Schlaf hoch, Gai und Rin rieben sich verschlafen die Augen. „Dort geht jemand", murmelte Obito. Shisui entspannte sich. „Scheinen Wanderer zu sein", murmelte er und auch ich entspannte mich. Dann jedoch runzelte Shisui die Stirn. „Ich sehe mir das Mal an", grummelte er und ehe einer von uns reagieren konnte, war er davon geeilt. Obitos rot leuchtenden Augen folgten Shisui in die Dunkelheit des Waldes. Ihn dort verschwinden zu sehen, löste in mir ein seltsam beklemmendes Gefühl aus. „Shisui unterhält sich mit ihnen", sagte Obito und ich hörte Kakashis Schritte, der sich nun direkt neben mich gestellt hatte. Angespannt warteten wir, bis Shisui mit noch immer ernstem Gesichtsausdruck aus der Dunkelheit des Waldes zurückkehrte. „Was ist?", fragte Kakashi schroff und Shisui verzog das Gesicht gequält. „Es war Tsunade-Sama." „Was?" „Eine der drei Sannin! Was macht die denn hier draußen?" Shisuis Hände ballten sich zu Fäusten. „Sie sagt, sie habe genug für Konoha getan und habe den Dienst quittiert." Für einen Moment herrschte eine eisige Stille zwischen uns. „Aber- sie kann doch nicht einfach-", stammelte Obito aufgeregt. Shisuis Augen nahmen einen seltsamen Glanz an. „Ich kann ihre Entscheidung durchaus verstehen, sie hat viel verloren in diesem Krieg. Aber für Konoha ist es natürlich ein großer Verlust, mitten im Krieg die fähigste Heilerin des Dorfes zu verlieren." „Sie ist nicht die Einzige, die viel verloren hat!" Kakashis Augenbrauen schoben sich wütend zusammen, „Deshalb das Dorf im Stich zu lassen-" „Du solltest nicht so vorschnell urteilen, Kakashi! Warst du es nicht, der vorhin Gai und mich im Stich lassen wollte?" Shisui und Kakashi standen sich nun so nah, dass ihre Nasen sich beinahe berührt hätten. „Meine Entscheidung war zum Vorteil der Mission, nichts weiter!" „Was bringt es einem, die Mission zu erledigen, wenn man dafür seine Kameraden im Stich lässt?", spie Shisui zurück. Die Luft war zum Zerreißen gespannt. Ich stand nur einen halben Meter neben den beiden und konnte ihre Wut förmlich spüren. Obito schob sich neben mich, beide Hände wütend zu Fäusten geballt. „Jeder, der sich zum Shinobi ausbilden lässt, kennt das Risiko und weiß, was passieren kann. Die Mission zu vernachlässigen kann viel größeren Schaden anrichten, als man in so einem Moment begreifen kann!" „Pah, tu doch nicht so, als wäre das dein Grund gewesen! Du denkst nur an dich selbst, alle anderen sind dir doch egal, du-" „Schluss jetzt!", rief ich laut und Shisui hielt tatsächlich in seiner Tirade inne. Erleichtert schob ich mich zwischen die beiden und legte meine Hände an ihre Brustkörbe, ihre Blicke immer noch ineinander geheftet. Ich war froh, dass ich Shisui hatte unterbrechen können, bevor dieser etwas sagte, was er nicht zurücknehmen konnte. Er wusste nichts, von Kakashis Vater und dass eine misslungene Mission Schuld an dessen Tod war. Ich war mir sicher, dass es damit zusammenhing, dass Kakashi sich so verhielt, wie er es tat. „Shisui, Gai, lasst uns aufbrechen. Wir haben unsere Mission erfüllt und sollten unsere neuen Informationen und die beschlagnahmten Rauchbomben dem Hokage vorlegen." Ich schob Shisui vor mir her, Gai winkte unseren Kameraden aus Team 4 zu und ich warf einen letzten Blick zurück auf Kakashi, dessen Wut zu verfliegen begann und seinem Gesicht den sonst gelangweilten Ausdruck zurückgab, den er stets an den Tag legte. Für eine ganze Zeit lang sprachen wir kein Wort, bis Konoha in Sichtweite kam. „Hey Gai", Shisui war stehen geblieben, Gai und ich hielten ebenfalls inne. „Kannst du Noriko und mich kurz allein lassen?" Ich zog erstaunt die Augenbrauen hoch. Gai jedoch schien nicht überrascht zu sein, er verschränkte die Hände lässig hinter dem Kopf und grinste. „Na klar. Wir treffen uns am Tor, ja?", sagte er und verschwand. Ich wandte mich zu Shisui um, der mich nicht ansah. Sein Blick wirkte seltsam gequält. „Manchmal frage ich mich, auf wessen Seite du stehst, Noriko." Mit offenem Mund starrte ich ihn an. Mit vielem hatte ich gerechnet, sicher aber nicht damit. „Bitte was?", brachte ich schließlich hervor. Shisui zog die Augenbrauen wütend zusammen. „Kakashi benimmt sich wie ein Idiot, aber trotzdem nimmst du ihn in Schutz-" „Das stimmt doch gar nicht! Ich weiß nur Dinge, die du nicht weißt, das ist der einzige Grund, warum ich vorhin dazwischen gegangen bin!" „Natürlich weißt du Dinge, die ich nicht weiß, wo er doch ständig bei euch übernachtet und ihr gemeinsam zu Abend esst!" Shisui spie mir die Worte entgegen und plötzlich kam mir eine Erkenntnis. Ich wich einen Schritt zurück. „Du bist eifersüchtig!" Es war keine Frage. Shisuis Gesicht lief knallrot an und zum ersten Mal sah er mich direkt an. „Ich will nur wissen, ob du ihn magst! Weil ich nämlich, na ja, ich mag dich!" Mein Bauch kribbelte seltsam und ich war für einen Moment wie erstarrt. Ein nervöses Lachen löste sich aus meinem Mund. „Wie kommst du nur darauf, dass ich ihn mögen würde? Das ist doch absurd", stammelte ich, um Zeit zu gewinnen. „Na weil es offensichtlich ist, dass er dich mag." Shisui verschränkte die Arme vor der Brust und das Gefühl in meinem Bauch schien sich zu verdreifachen. Für einen kurzen Moment fürchtete ich, mich übergeben zu müssen. Ein schallendes Lachen drang aus meiner Kehle und ich klopfte mir auf den Oberschenkel. „Aber das ist doch absoluter Blödsinn! Kakashi kann mich genauso wenig leiden, wie euch, das-" „Ach ja? Ich habe gehört, wie er dich nicht zu uns durchlassen wollte. Habe gehört, was du ihm gesagt hast und auch, wie sprachlos es ihn gemacht hat! Ihm war egal, dass Gai und ich in dem Rauch gekämpft haben, aber er wollte dich partout nicht durch lassen und konnte dir dafür keinen Grund nennen! Der Grund ist ganz einfach, er mag dich!" Mir waren die Worte ausgegangen und ich starrte Shisui entgeistert an, dessen Augen nun einen traurigen Glanz annahmen. „Aber ich merke schon ... du hast nichts zu meinem Geständnis gesagt, also ..." Er zuckte mit den Achseln und wandte sich von mir ab. Mein Herz klopfte wie wild in meiner Brust, als ich hinter ihm her schnellte und nach seiner Hand griff. „Shisui, hör mal, ich ... ich hab dich wirklich gern, aber das ist alles so verwirrend. Ich weiß nicht, ob ich schon dafür bereit bin, jemanden auf so eine Art zu mögen, verstehst du das? Aber du kannst dir sicher sein, dass ich dich auf jeden Fall viel lieber mag, als Kakashi." Shisui wandte mir den Kopf mit geröteten Wangen zu. „Sicher?", fragte er leise. Ich lächelte. „Ganz sicher! Aber was du vielleicht wissen solltest ... Kakashis Vater hat sich selbst das Leben genommen, nachdem eine seiner Entscheidungen dafür sorgte, dass die Mission, auf der er sich befand, nicht gelang. Ich glaube, dass Kakashi deshalb stets den Erfolg der Mission als oberste Priorität sieht." Shisuis Augenlider senkten sich leicht. „Das wusste ich nicht." „Ich weiß", antwortete ich und schenkte ihm ein trauriges Lächeln. „Kakashi weiß nicht, dass ich das weiß. Minato hat es mir erzählt ... es wäre gut, wenn du das für dich behältst. Aber verstehst du jetzt, dass ich mich vorhin nicht dazwischengeschoben hab, um Kakashi in Schutz zu nehmen? Ich wollte nicht, na ja ... dass du etwas sagst, was du bereuen würdest, wenn du Kakashis Hintergrund kennen würdest." Shisuis riss die Augen auf und das rosa auf seinen Wangen färbte sich zu einem tiefen Rot. „Danke", sagte er leise und schenkte mir ein Lächeln. -- Sakuras Wangen hatten einen rosigen Ton angenommen und auch Naruto fühlte sich etwas verlegen. Es war, als habe ihm jemand eine sehr private Sache anvertraut. „Glaubt ihr, es stimmt? Dass Kakashi-Sensei wirklich etwas für Noriko übrig hatte?", fragte Lee mit heiserer Stimme. Sakura zuckte mit den Achseln und schmunzelte. „Ich habe mich schon immer gefragt, ob Kakashi-Sensei schon mal verliebt war." „Warum?", platzte es aus Naruto heraus und Sakura zuckte mit den Achseln. „Na ja, er ist ein hoch angesehener Shinobi, einer der besten Konohas und ich glaube ziemlich beliebt bei den Frauen, aber bisher habe ich nie erlebt, dass er sich für eine interessiert hat. Ich bin wirklich sehr neugierig, ob zu dem Thema noch etwas kommt", murmelte sie grinsend. Naruto seufzte. Er hatte so viele Fragen, doch keine davon betraf Kakashis Liebesleben. „Mal sehen, das nächste Kapitel scheint sich zumindest um Norikos Liebesleben zu drehen", sagte Sakura mit aufgeregter Stimme. Kapitel 9: Die ersten Knospen der Liebe --------------------------------------- Seufzend räumte ich die Teller ab. Minato und Kushina warfen sich einen Blick zu und ich spürte, dass sie etwas sagen wollten, doch ich kam ihnen zuvor: „Wir sollten mal wieder Gyoza essen, die hatten wir schon eine ganze Weile nicht. Vielleicht kaufe ich nachher dafür ein?" Kushina zog eine Augenbraue hoch. „Gern", sagte sie. Minato hatte die Arme vor der Brust verschränkt. „Sag mal Noriko", begann er und ich konnte ein Seufzen nicht unterdrücken. Minato zögerte kurz, bevor er weitersprach. „Ist auf deiner letzten Mission irgendetwas geschehen? Du benimmst dich etwas seltsam, seit deiner Rückkehr." „Das stimmt doch gar nicht", wehrte ich mich mit hochrotem Kopf. Minato sah mich mit ernstem Blick und vor der Brust verschränkten Armen an. „Noriko, du kannst mit uns über alles Reden. Wenn irgendjemand dir weh getan hat oder-" „Minato?", Kushina sah mich mit strahlendem Gesicht an. „Lässt du uns kurz allein?" Minato wirkte irritiert und rührte sich nicht vom Fleck, bis Kushina ihm schließlich einen Blick zuwarf. „Ich denke, das ist eine Angelegenheit unter Frauen." „Oh", machte Minato und sprang auf. „Na klar, ich-", ich verstand nicht, was er noch sagte. Etwas verdrossen verließ er das Zimmer und ich begann mit noch immer rotem Gesicht, die Teller zu spülen. „Minato ist einer der klügsten Männer, die ich je kennengelernt habe, aber manchmal ist auch er blind", gluckste Kushina, stellte sich neben mich und schnappte sich ein Geschirrtuch, um das Geschirr zu trocknen. „Also ... geht es um einen Jungen?", fragte Kushina und das Kribbeln in meinem Bauch verstärkte sich. „Ich, ich-", stammelte ich und Kushina grinste breit. „Oder vielleicht ein Mädchen?" „Ich- was? Nein, ich-" „Also doch ein Junge!" Kushina grinste noch breiter. „Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht magst, das ist in Ordnung. Es ist etwas sehr Intimes, sich zu verlieben, da möchte man nicht mit jedem drüber sprechen." „Ich bin gar nicht verliebt!", rief ich und meine Stimme überschlug sich dabei. Kushinas Augen zuckten zu mir und ich hatte das Gefühl, sie amüsierte sich köstlich. „Du magst es dir vielleicht nicht eingestehen, aber in deinen Augen sehe ich, dass du jemanden magst. Lass es ruhig zu, du wirst erstaunt sein, wie schön es sein kann." „Das ist einfach zu sagen, wenn man jemanden wie Minato hat", platzte es aus mir heraus und Kushinas Augen wurden groß. Dann lachte sie. „Als ich Minato kennenlernte, konnte ich ihn nicht besonders gut leiden." Ich erstarrte in der Bewegung und sah Kushina mit offener Skepsis an. „Was?", fragte ich etwas zu schroff und Kushina zuckte mit den Achseln. „Ich kam ähnlich wie du mitten im Schuljahr in die Akademie und traf ihn dort zum ersten Mal. Er war ... na ja, ein richtiger Streber. Das Wunderkind, überall der Beste, der nie versagte. Ich fand ihn ätzend." Vor meinem inneren Auge sah ich Kakashis Gesicht und schüttelte das Bild sofort ab. „Aber wie kam es, dass du ihn dann doch mochtest?", fragte ich und hing an ihren Lippen. Kushina hob eine Hand und berührte eine Strähne meines roten Haares. Sie betrachtete sie zwischen ihren Fingern. „Ich wurde oft für mein rotes Haar gehänselt. Natürlich nie von Minato, er war zu gut, um sich zu so etwas hinreißen zu lassen. Nein, er war stets freundlich und vorbildlich, aber die anderen ... sie nannten mich Tomate. Weil mein rundes Gesicht unter dem roten Haar mich aussehen ließ, wie eine Tomate." Kushina zuckte mit den Schultern. „Eines Tages wurde ich von ausländischen Ninjas entführt, sie waren hinter mir her, aufgrund meines besonderen Chakras." „Dem Chakra des Uzumaki-Clans?", hauchte ich und Kushina nickte. „Ich dachte, mein auffälliges Tomatenhaar sei eine gute Spur, für diejenigen, die mich suchen kämen, also riss ich immer wieder Haare heraus und verteilte sie. Nur ein einziger entdeckte diese Spur. Wer könnte es auch anderes sein, also unser Musterschüler?" Kushina schmunzelte. „Minato hat dich gerettet und daraufhin hast du dich in ihn verliebt?", fragte ich erstaunt, doch Kushina schüttelte vehement den Kopf. „Ja er hat mich gerettet, aber das war nicht der Grund, warum ich mich in ihn verliebte. Nachdem er mich fand, nun...", Kushinas Wangen wurden rosa, „Da sagte er, dass er meine Spur gefunden hatte und ich erwiderte, dass mein hässliches Tomatenhaar wohl doch zu etwas gut war. Daraufhin sagte er schlicht, dass er mein Haar schön fand. Aber auch das war nicht der Grund, warum ich mich in ihn verliebte, es war ... nun er sagte: ‚Du bist leidenschaftlich wie ein Feuer, keine andere Haarfarbe würde je zu dir passen, meinst du nicht?' Und na ja ... ab diesem Tag begann ich, mein Haar zu mögen. Ich begann, mich selbst zu mögen. Darum verliebte ich mich in ihn, weil er mir half, mich selbst zu akzeptieren und weil er mich so mochte, wie ich war." Ich erwiderte Kushinas Lächeln und mein Herz klopfte wild in meiner Brust, als ich die Stimme erhob. „Es gibt da diesen Jungen, der gesagt hat, dass er mich mag", platzte es aus mir heraus und Kushinas Gesicht bekam einen schelmischen Ausdruck. „Ich hab ihn auch gern, er ist ein guter Freund, aber ich weiß einfach nicht ... ob ich ihn mehr mag, als das und jetzt ist alles komisch zwischen uns." Ein Hauch von Traurigkeit schwemmte durch mein Herz. Der Gedanke, Shisui über den Weg zu laufen, löste etwas Seltsames in mir aus. Es machte mich traurig, ihm aus dem Weg gehen zu wollen, wo er doch einer meiner besten Freunde geworden war. „Woher weiß man denn, ob man in jemanden verliebt ist?", fragte ich. Kushina stellte den Teller weg, den sie eben abgetrocknet hatte, und verschränkte die Arme vor der Brust, die Augen nachdenklich nach oben gerichtet. „Hm, nun, wenn du verliebt bist, dann möchtest du jede freie Minute deiner Zeit mit dieser Person verbringen, zumindest am Anfang. Du möchtest ihn berühren, ihm nahesein und wenn er glücklich ist, erfüllt es dein Herz ebenfalls mit Glück. Wenn er nicht bei dir ist, fehlt er dir so sehr, dass dein Herz schmerzt, genau wie wenn er unglücklich ist." Ich dachte darüber nach. Wollte ich jede freie Minute mit Shisui verbringen? Ihm immer nahesein? Schmerzte mein Herz, jetzt, wo er nicht bei mir war? Ich verzog den Mund. All das klang übertrieben für mich. „Und irgendwann, wenn du alt genug bist, wünschst du dir, ihn zu küssen", schloss Kushina nun mit breitem Grinsen und ich merkte erneut Hitze in mir aufsteigen. Wollte ich Shisui küssen? Der Gedanke ließ mich fast den Teller aus meinen Händen gleiten lassen. Ungelenk fing ich ihn auf und legte ihn auf dem Schrank ab. „Aber es ist vollkommen in Ordnung, all das noch nicht zu wissen Noriko. Du bist erst zwölf und es ist ganz normal, verwirrt zu sein in diesem Alter. So ist das, wenn die ersten Knospen der Liebe erblühen. Wenn du diesen Jungen wirklich magst, wirst du es irgendwann wissen. Lass dir ruhig Zeit. Wenn er dir diese Zeit nicht geben will, dann ist er auch nicht der richtige für dich." „Shisui würde mich nie drängen", platzte es aus mir heraus und Kushinas Lippen kräuselten sich amüsiert: „Aha, Shisui also!" „Diese Tomate geht jetzt", rief ich mit hochrotem Kopf und floh aus der Küche in mein Zimmer. - Am nächsten Morgen machte ich mich mit kribbelnden Fingern auf den Weg ins Missionsbüro. Dort würde ich Gai und Shisui treffen, um unsere nächste Mission anzunehmen. Ich hoffte inständig, dass Gai auch bereits dort war und ich somit nicht mit Shisui allein sein würde. Ein schlechtes Gewissen gesellte sich zu meiner Nervosität und ich stampfte genervt mit dem Fuß auf. Ich hasste all das. „Was ist denn mit dir los?" Abrupt drehte ich den Kopf zur Seite und erkannte Kakashi, der nur ein kleines Stück neben mir stand. Ich hatte ihn nicht bemerkt. „Ich, ähm, eine Kakerlake", log ich und Kakashi zog skeptisch die Augenbrauen hoch. „Wie auch immer. Wir sehen uns heute Abend." Er ging weiter. Ich wollte meinen Weg fortsetzen, als mir der Inhalt seiner Worte bewusst wurde. „Wieso heute Abend?" Kakashi hob winkend eine Hand ohne sich zu mir umzudrehen. „Minato und ich brechen morgen sehr früh zu einer Mission auf, ich nehme also wieder euer Gästezimmer in Anspruch." Ich schnaubte, sagte jedoch nichts weiter und setzte meinen Weg fort. Im Missionsbüro fand ich Shisui, der mir nur einen kurzen Blick zuwarf und Gai, der vor mir in die Luft sprang: „Hast du es schon gehört?", rief er freudig. Ich hob ahnungslos die Hände in die Luft. „Was?" „Unser lieber Shisui hier wurde zum Jonin befördert!" Ohne darüber nachzudenken warf ich meine Arme um Shisui. „Shisui! Das ist ja wunderbar! Herzlichen Glückwunsch!" Mit hochrotem Gesicht bedankte er sich bei mir und auch mir wurde nun wieder peinlich bewusst, wie wir zuletzt auseinandergegangen waren. „Das sollten wir dringend feiern! Lasst uns nachher zusammen essen oder so, bevor wir zu unserer nächsten Mission aufbrechen", schlug Gai vor, der nicht mitzubekommen schien, wie Shisui und ich die Blicke voneinander abwendeten. „Was ist denn unsere nächste Mission?" Shisui hob eine Schriftrolle in die Höhe: „Wir brechen morgen früh auf. Unsere Mission besteht darin, einen Berater unseres Daimyou auf einer Reise von hier zu einem anderen Stützpunkt zu beschützen." „Hat der Daimyou dafür nicht eigene Elite-Wächter?", fragte ich stutzig. „Ja schon, aber gerade in Zeiten des Krieges müssen die den Daimyou beschützen und können nicht von seiner Seite weichen", erklärte Shisui nachdenklich. Während wir weitere Details zu unserer Mission besprachen, verließen wir das Büro und entdeckten vor dem Gebäude keinen Geringeren als Minato, gemeinsam mit Rin und Obito. „Ich finde das eine gute Idee", sagte Minato gerade und hob den Kopf. Er winkte uns fröhlich zu. Rin drehte sich ebenfalls erfreut zu uns um, nur Obito wirkte verdrossen. „Herzlichen Glückwunsch, Shisui", rief Rin und Shisuis Wangen liefen rot an. „Danke", sagte er verlegen. „Auch von mir einen herzlichen Glückwunsch", sagte Minato lächelnd und wandte sich dann wieder Rin zu. „Also gut, ihr wisst, wann und wo wir uns treffen. Dann ruht euch heute gut aus, wir werden auf dieser Mission eine Weile unterwegs sein." „Ja, Minato-Sensei! Könnten Sie mir noch einen Gefallen tun?", sie flüsterte ihm etwas zu und Minato lachte. „Na klar", sagte er und winkte Shisui zu. „Shisui, komm doch bitte mal mit", sagte er und verdutzt folgte Shisui Minato, der ihn von uns weg führte. Rin beobachtete die beiden, bis sie außer Hörweite waren. „Also folgendes! Ich habe beschlossen, Shisui und Kakashi für ihre Beförderung etwas zu schenken-" „Moment, was?", platzte es aus mir heraus. „Kakashi wurde auch befördert?" Obito schnaubte genervt, Rin lächelte. „Ja, er und Shisui wurden heute Morgen beide zum Hokage zitiert und zu Jonin befördert. Also, ich habe vorhin schon mit Choza-Sensei gesprochen, er wird auch ein Geschenk für Shisui besorgen und Minato-Sensei etwas für Kakashi. Ich dachte, ihr wollt vielleicht auch mitmachen. Ich habe bereits für beide ein Geschenk besorgt." „Du bist aber schnell", staunte Gai und zeigte ihr seinen Daumen hoch, „ich bin dabei! Ich habe schon Ideen." Ich kratzte mich am Kinn. „Ja ich denke, das wäre angemessen." Rin stieß eine Faust in die Luft. „Super!" „Wir brechen allerdings genau wie ihr, morgen früh auf", gab Gai zu bedenken. „Kein Problem. Ich bringe mein Geschenk heute Abend schon bei Shisui vorbei und ihr könnt ihm eure ja morgen früh geben." „Aber ich werde Kakashi nicht mehr sehen", fiel Gai auf. Ich seufzte und hatte schon jetzt das Gefühl, dass ich es bereuen würde, dennoch sagte ich: „Du kannst es mir mitgeben. Kakashi besetzt heute Nacht wieder unser Gästezimmer", sagte ich Augenrollend und bemerkte, dass Rins Lächeln nun weniger strahlend wirkte. „Dann lass uns schnell hier abhauen, solange Minato-Sensei Shisui ablenkt", schlug Gai vor und zog mich hinter sich her. Ich drehte mich noch einmal zu Rin und Obito um: „Viel Erfolg auf eurer Mission." Rin winkte, Obito nickte uns zu und wir beeilten uns, aus Shisuis Sichtfeld zu verschwinden. - Ich war heilfroh, dass Gai bei mir war, als wir die Straße betraten, auf der Shisui wohnte. Wäre ich hier allein mit einem Geschenk in der Hand für ihn aufgetaucht, hätte dies sicher zu einer unangenehmen Situation geführt. Gai plauderte unaufhörlich mit den Händen voller Taschen, in denen unsere Geschenke waren. Endlich erreichten wir das Haus und ich klopfte etwas nervös an die Tür. Sie wurde aufgeschoben und ich blickte in die Gesichter mehrerer dunkelhaariger Männer, die an einem Tisch saßen. „Huch, ihr seid bestimmt Shisuis Teamkameraden, nicht wahr?", fragte eine Frau, die den Raum gerade betreten hatte. Sie trug eine Schürze und ich wusste sofort, dass es Shisuis Mutter sein musste. Sie hatte dieselben Wellen in ihrem dunklen Haar und das gleiche, freundliche Lächeln auf den Lippen. „Shisui! Du hast Besuch", rief sie, nachdem wir ihre Frage bejaht hatten. Neben ihr trat eine zweite Frau ein. „Wir werden uns dann auch gleich auf den Heimweg machen", sagte sie. „Vergiss nicht, immer schön weiter üben!" Shisuis Stimme kam aus dem Nebenraum. Gemeinsam mit einem kleinen Jungen, der höchstens drei Jahre alt sein konnte, betrat er das große Zimmer. „Ich werde jeden Tag üben", versprach der kleine Junge und Shisui legte ihm eine Hand auf den Kopf, dann jedoch bemerkte er uns. „Gai? Noriko? Was macht ihr denn hier?" „Ach, du bist doch der Sohn von Maito Dai, nicht wahr?", rief einer der Männer und Gai nickte eifrig: „Genau der bin ich!" „Und du musst Kushinas Nichte sein", es war die Mutter des kleinen Jungen, die mich nun ansah. Ich nickte. „Ich bin Mikoto, eine Freundin von Kushina. Richte ihr doch bitte aus, dass ich sie ganz bald mal wieder zu Kuchen einladen werde, ja?" „Das mache ich", versprach ich und Mikoto griff nach der Hand des kleinen Jungen. „Komm, Itachi. Es wird Zeit, heimzukehren." „Tschüss Shisui", rief der kleine Itachi und die beiden schoben sich an uns vorbei aus dem Haus. „Kommt rein", bot Shisui uns an und wir folgten ihm durch die Stube in den hinteren Teil des Hauses, in dem wir sein Zimmer fanden. Es war schlicht eingerichtet, neben dem Bett befanden sich ein Kleiderschrank, ein Schreibtisch und eine kleine Kommode auf der Fotos standen. Mir stockte kurz der Atem, als ich in das fröhliche Gesicht von Kyou blickte. Ich kannte dieses Foto, das an unserem ersten Tag als Genin aufgenommen worden war. Kyou, der fröhlich in die Kamera strahlte, Shisui mit mildem Grinsen, ich selbst, strahlend vor Glück. Hinter uns stand Kushina, deren Grinsen genauso breit war wie Kyous. Es gab noch ein weiteres Team-Foto, auf dem wir mit Choza-Sensei und Gai und die Kamera strahlten. Doch neben diesen beiden Bildern, die ich bereits kannte, da sie auch in meinem Zimmer standen, entdeckte ich weitere Fotos, auf denen Kyou und Shisui Seite an Seite in die Kamera strahlten. Auf einem waren sie erst drei oder vier Jahre alt. „Also, was ist los? Erst wolltet ihr noch zusammen essen gehen und dann wart ihr auf einmal verschwunden", fragte Shisui mit skeptischem Blick. Gai stellte seine Einkaufstaschen ab und wir kramten darin, nach unseren jeweiligen Geschenken und einem kleinen Buffet an Süßigkeiten, das wir mitgebracht hatten. Wir verteilten all die Leckereien auf dem Tisch. „Das ist zwar kein richtiges Essen, aber wir wissen ja, wie gern du naschst", brachte Gai hervor und überreichte Shisui als erster sein Geschenk. Es war ein neues Portemonnaie. Shisui lachte auf, sein Altes war bei einer unserer Missionen gerissen. Dankend nahm er das Geschenk an und nun war es an mir. Etwas nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen und überreichte ihm die kleine Box. Shisui öffnete sie und riss die Augen auf. Er lachte laut auf und ich kam nicht umhin, ebenfalls ein breites Grinsen aufzusetzen. An einer langen Kette hing ein kleiner Würfel, den er nun in die Hand nahm. Es war ein Spielzeug, eigentlich für Kinder, mit dem man seine Hände beschäftigen konnte. Shisuis Finger fuhren über die vielen kleinen Kugeln und Haken, die aus dem Würfel herausragten. „Das wird mir auf der nächsten Mission sicher weiterhelfen, danke Noriko", er grinste breit. Schon oft hatte ich bemerkt, dass Shisui in Stresssituationen begann, mit irgendetwas herumzuspielen. Meist war es, was immer ihm in die Finger kam: eine Münze, ein kleiner Ast, die Blätter eines Baumes, ein Stein, den er vom Boden aufhob oder eines der beiden Freundschaftsarmbänder, die er trug. Fix legte Shisui sich die Kette um und seine Finger spielten unermüdlich mit dem Würfel. Wir aßen Süßigkeiten, plauderten und schließlich bemerkte ich, dass der Himmel sich bereits orangerot verfärbt hatte. „Ich sollte mich auf den Weg machen, mein Vater wollte noch mit mir Essen" Gai erhob und streckte sich. „Ja ich werde mich auch auf den Weg machen" fügte ich an. Shisui erhob sich und sein Grinsen verblasste, als er mich ansah. Ich musterte ihn gequält, denn ich wusste, dass es ihn nicht freuen würde, zu hören, was ich nun sagen würde. Doch ich musste es tun, denn ich wollte nicht riskieren, dass er es von jemand anderem hörte. „Auch bei uns wird es noch ein Abendessen geben und wir haben heute wieder Besuch da", sagte ich und verzog den Mund. Shisuis Augenlider senkten sich leicht. „Ah, hat Kakashi sich wieder bei euch eingenistet?", fragte er und ich schnaubte. „Ja, Team 4 bricht morgen früh ebenfalls zu einer Mission auf", erklärte ich. Gai hob die Einkaufstaschen vom Boden auf. „Siehst du, das hätte ich beinahe vergessen, hier sind noch unsere Geschenke für Kakashi drin", sagte er und reichte mir die Tasche. Ich nahm sie an, ohne Shisui dabei anzusehen, der nun die Arme vor der Brust verschränkte, jedoch nichts sagte. „Bis morgen früh", sagte ich und verabschiedete Shisui mit einer Umarmung, bevor ich darüber nachdenken konnte. Shisui erstarrte kurz, umarmte mich dann jedoch zurück und sein Geruch drang in meine Nase. Mit gerötetem Gesicht löste ich mich von ihm und Gai warf lachend einen Arm um Shisui: „Bis morgen", sagte auch er und wir verließen das Haus. Wir schlenderten durch die Straßen Konohas und Gai warf mir einen seltsamen Blick von der Seite zu, bis ich ihn irgendwann irritiert fragte, warum er mich so ansah. „Weißt du, Noriko, ich hab keine Ahnung, was da zwischen dir und Shisui genau los ist", begann er und erneut spürte ich Hitze in meinem Gesicht, „Aber tu mir einen Gefallen, ja?" Ich sah ihn erwartungsvoll an. „Lass dich nicht zu irgendetwas drängen, was du nicht willst, ja?" Ich blieb stehen. Gai ging noch ein paar Schritte weiter, bevor er auch stehen blieb und sich nach mir umsah. Es war seltsam, denn obwohl ich Gai nichts von alldem erzählt hatte, schien er zu wissen, was los war. Wann war es soweit gekommen, dass ich Gai nicht mehr alles erzählte? Ich fühlte mich schlecht, doch ein anderer Gedanke drängte sich in den Vordergrund. Warum glaubte er, ich ließe mich zu irgendetwas drängen? „Shisui würde mich nie zu etwas drängen", sagte ich und stellte verwundert fest, dass ich genau das gleiche auch zu Kushina gesagt hatte. Gais Augen musterten mich mit einer Ernsthaftigkeit, die mich frösteln ließ. „Ich weiß. Shisui würde das nicht tun. Aber ich möchte, dass du es auch nicht selbst tust, Noriko." „Wie?", brachte ich erstaunt hervor. „Du willst Shisui nicht wehtun, das verstehe ich. Er ist einer deiner engsten Freunde. Aber lass dich dadurch nicht dazu verleiten, ihm falsche Hoffnungen zu machen. Wenn du ihn magst, dann ist das in Ordnung, aber wenn nicht und du das nur tust, weil du Angst hast ihn zu verletzen, dann machst du damit alles nur noch schlimmer und brichst ihm am Ende das Herz." Ein Wind wirbelte mein Haar auf und ich schluckte. „Ich- ich weiß nicht genau, was ich für ihn empfinde, aber ich möchte einfach nicht, dass er meinetwegen leidet", brachte ich hervor und Gais Blick wurde weicher. Er legte mir eine Hand auf die Schulter. „Ich weiß doch. Es ist nie schön, gute Freunde leiden zu sehen. Ich weiß, dass du die richtige Entscheidung treffen wirst, Noriko." Mit diesen Worten ließ Gai mich zurück. - Kurz bevor die Sonne am Horizont verschwand, öffnete ich die Tür zu meinem Zuhause auf. Minato und Kushina standen in der Küche, Kakashi hielt in seiner Bewegung inne, sah mich kurz an und verteilte dann die weiteren Teller auf dem Tisch. „Du bist spät", bemerkte Minato mit einer Mischung aus Belustigung und Misstrauen. Ich zuckte mit den Schultern: „Entschuldigt, es hat etwas länger gedauert, als gedacht." Ich schlüpfte an Kakashi vorbei und schnappte mit einen Stapel Servietten, die ich auf dem Tisch verteilte. Innerhalb weniger Minute saßen wir alle vor dampfenden Tellern. Während des Essens beteiligte ich mich kaum an der Unterhaltung, mein Kopf war noch immer bei all den Dingen, die Gai mir gesagt hatte. Als wir fertig gegessen und aufgeräumt hatten, lag ich grübelnd auf dem Bett, bis mir die Geschenke wieder einfielen, die noch immer in der Einkaufstasche waren. Ich sprang auf und schlich mich aus meinem Zimmer. Von Kushina und Minato war nichts zu sehen. Leise klopfte ich an die Tür unseres Gästezimmers und nach einem gemurmelten „Ja?", schob ich sie auf. Kakashi lag lässig auf dem Bett, in den Händen hielt er ein Buch, über dessen Einband hinweg er mich widerwillig betrachtete. „Was gibts?", fragte er und ich stellte die Einkaufstasche vor mir ab. Ich zog ein kleines Paket heraus und warf es ihm zu. „Das ist hier von Gai", sagte ich. Kakashi fing es elegant mit einer Hand auf, legte sein Buch beiseite und betrachtete das Päckchen in seinen Händen. „Geschenke zu deiner Beförderung", erklärte ich, doch Kakashis Gesicht wirkte noch immer ausdruckslos. „War Rins Idee", fügte ich an und zuckte mit den Schultern. Kakashi öffnete das Päckchen und heraus kam ein paar Socken, das er nun seufzend betrachtete. Ich reichte ihm mein Geschenk, das er nun mit hochgezogenen Augenbrauen entgegennahm. „Von mir", murmelte ich und war unsicher, ob ich zusehen sollte, wie er es auspackte oder lieber gehen sollte. Kakashi öffnete die kleine Truhe und zog eine Sammlung von Papieren heraus, sie fein säuberlich zusammengebunden waren. „Was ist das?", fragte er und ich zuckte mit den Achseln. „Eine kleine Sammlung von Rezepten, die du als gut befunden hast, wenn du bei uns gegessen hast. Ich dachte, vielleicht willst du sie mal nachkochen", sagte ich schlicht und Kakashi blätterte durch die Seiten. Sein Blick traf meinen. „Danke", sagte er und ich bemerkte die winzigen Fältchen in seinen Augenwinkeln, die mir verrieten, dass er lächelte. „Gern", gab ich unbeholfen zurück. Ich wollte gehen, als mein Blick auf das Buch fiel, das noch immer auf dem Bett lag. Kakashi folgte meinem Blick und seufzte. „Dein Tipp hat mir nur teilweise geholfen ... diese Bücher sind einfach zu ..." Er schmiss die Hände in die Luft. „Düster?", fragte ich und Kakashi sagte nichts, doch ich wusste, dass ich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Ich kannte das Buch, das er las. Es war eines von unseren Büchern und behandelte eine alte Sage, in der es um Mord und Verrat ging. „Wenn ich ein besseres Buch finde, lass ich es dich wissen", sagte ich. „Danke", sagte Kakashi und ich betrachtete ihn einen Moment argwöhnisch. Es war seltsam, denn mir war nie zuvor aufgefallen, wie nett Kakashi sich verhielt, wenn wir unter uns waren. Ich schüttelte den Gedanken ab, es war einfach zu bizarr. Shisuis Vermutung war nur ins Blaue gegriffen und rührte allein daher, dass er ich mich verliebt war und sich deshalb Dinge einbildete. „Hey Noriko", sagte Kakashi plötzlich und dieses unangenehme Kribbeln kehrte in mein Bauch zurück. „Hm?", fragte ich und wandte mich dabei zum Gehen ab. „Für ein Mädchen hast du eine ziemlich unordentliche Handschrift." Sein Blick haftete noch immer auf meinem Geschenk. Ich schnaubte verärgert auf und schlug die Tür hinter mir zu. So ein Blödmann, dachte ich und war mir sicher, dass er ganz und gar keine romantischen Gefühle für mich hatte. - „Oh man", platzte es aus Naruto heraus und Sakura runzelte die Stirn. „Ich hielt Kakashi-Sensei immer für ein wenig ... na ja, pervers, weil er diese komischen Bücher liest. Aber dass es so einen Hintergrund hat, war mir nicht klar." Naruto seufzte und auch Sakuras Blick wurde nachdenklich. „Ich habe mich auch immer gefragt, was er an diesen Büchern findet, aber offensichtlich haben sie ihm mal durch eine schwere Zeit geholfen", murmelte sie. „Gai-Sensei war wieder so weise in diesem Kapitel und das, obwohl er noch so jung damals war!", brachte Lee sich ein und Naruto lachte auf. Für einen Moment hingen sie ihren Gedanken nach. „Es war auch das erste Mal, dass Itachi erwähnt wurde ...", bemerkte Sakura leise. Naruto hatte durchaus bemerkt, wie Sasuke aufgehorcht hatte, als Itachis Name gefallen war. „Mir war nicht klar, dass unsere Mütter Freundinnen waren", brachte Naruto nun hervor und sein Blick fand Sasukes. „Mir auch nicht", antwortete er leise und für einen kurzen Moment waren sie verbunden in der Trauer um ihre Familien. Kapitel 10: Er lebt in Dir -------------------------- Die Mission, die uns quer durch das Land führte, war recht ereignislos, was ich begrüßte. Zu viele unserer vorherigen Missionen waren aufregend genug gewesen und ich freute mich darüber, die unterschiedlichsten Orte des Landes zu besuchen, ohne dabei überall auf Feinde zu treffen. Wir brachten den Berater unseres Daimyou sicher an sein Ziel und kehrten an einem sonnigen Herbstnachmittag nach Konoha zurück. Buntes Laub zierte die Straßen, kühler Wind riss an meiner Kleidung und ich betrachtete meine Heimat aus der Ferne. Ein seltsames Gefühl überkam mich und ich musste einen Kloß herunterschlucken, der sich in meinen Hals gelegt hatte. „Was ist?", fragte Shisui mich, der bemerkte, dass ich langsamer geworden war. Ich seufzte. „Ich weiß auch nicht", murmelte ich und beschleunigte meinen Gang. Wir erreichten die ersten Ausläufer unseres Dorfes. Gai streckte sich genüsslich und wollte sich gerade von uns verabschieden, da entdeckten wir Gais ehemaligen Teamkollegen Genma, der gerade um die Ecke geschlendert war. „Ach, Team 5 ist auch zurückgekehrt", sagte er und etwas in seinem Blick gefiel mir nicht. „Hallo Genma. Ja wir haben unsere Mission erfolgreich abgeschlossen", sagte ich und Shisui neben mir verschränkte die Arme vor der Brust. „Du sagtest ‚auch'?" Genma steckte beide Hände in die Hosentaschen und wirkte gequält. „Team 4 ist heute Morgen zurückgekehrt, aber deren Mission lief nicht so gut", sagte er, „Du solltest zu deiner Familie gehen, Shisui." Shisui machte einen großen Schritt auf Genma zu. „Was ist passiert?" Genma seufzte erneut. „Nun, es ist ... Obito Uchiha hat die Mission nicht überlebt. Ihr wart doch entfernt verwandt, wenn ich mich nicht recht irre?" Shisui wich einen Schritt zurück. Er warf mir einen schockierten Blick zu und ich drückte seinen Arm. Zwar hatte Shisui nie viele Berührungspunkte mit Obito gehabt, obwohl sie entfernte Cousins waren, doch ich wusste, dass er sich mehr um seine Eltern sorgte, die eng mit Obitos Eltern befreundet waren. „Wie geht es Kakashi und Rin?", fragte Gai und Genma kratzte sich am Kinn. „Rin geht es gut, sie ist zuhause. Kakashi ist in der Klinik, ich weiß aber nicht genau, was mit ihm ist." Mein Herz setzte einen Schlag aus. Ich drückte Shisuis Arm erneut. „Geh zu deiner Familie", sagte ich stimmlos und ließ seinen Arm los. Mein Blick fiel auf Gai, der mir kaum merklich zunickte. „Wir sehen uns später", murmelte Shisui und verschwand schneller, als das menschliche Auge es hätte sehen können. „Komm", sagte Gai zu mir und ich folgte ihm. Wir verstanden uns ohne Worte. Innerhalb weniger Minuten erreichten wir die Klinik Konohas. Die Pflegerin an der Anmeldung schien ewig auf ihren Unterlagen herumzusuchen, bis sie uns endlich zu dem Zimmer führen konnte, in dem Kakashi untergebracht war. Eine Ärztin kam soeben aus dem Zimmer und sah uns mit einem schiefen Lächeln an. „Seid ihr Freunde von Kakashi?", fragte sie und ohne darüber nachzudenken, nickte ich. Auch wenn er oft ein unausstehlicher, arroganter Besserwisser war, hätte ich ihn dennoch als Freund bezeichnet. „Es ist sehr nett, dass ihr gekommen seid, aber er möchte im Moment keine Besucher haben." „Wie- wie geht es ihm denn?", brachte ich hervor und die Ärztin presste die Lippen aufeinander. „Es geht ihm soweit ganz gut, er wird die Klinik morgen verlassen können." Wir verabschiedeten uns von der Ärztin und schlenderten zum Ausgang der Klinik. Plötzlich fiel mir siedend heiß etwas ein. „Minato!", hauchte ich und Gai sah die Panik in meinen Augen. Minato war gemeinsam mit Team 4 unterwegs gewesen. „Es geht ihm sicher gut. Geh nach Hause, ich bin sicher, du wirst Minato dort wohlbehalten vorfinden." Ich wollte seinen Worten glauben, doch Angst schnürte mir den Atem ab. So schnell, wie ich konnte, rannte ich den ganzen Weg bis zu unserem Haus. Nach Atem ringend stieß ich die Tür auf und ein lauter Schluchzer löste sich aus meiner Kehle, als ich Minato erblickte. Ohne Wort fiel ich in seine Arme und er tätschelte meinen Kopf. Als ich mich endlich beruhigt hatte, löste ich mich von ihm und setzte mich peinlich berührt an den Tisch. „Tut mir leid", stammelte ich, doch Minato lächelte. Kushina stellte eine dampfende Tasse vor mir ab, die ich dankend annahm. „Du hast das von Obito gehört, nehme ich an", sagte Minato leise und ich schlug die Augen nieder. Mein Blick fiel auf das knallgelbe Freundschaftsband an meinem Handgelenk und all die Trauer und der Schmerz um Kyous Verlust flammten wieder in mir auf. Unter diese Bilder mischte sich Obitos freches Gesicht, sein Lachen und die vielen Male, die er Streit mit Kakashi anfing. Noch immer sah ich ihn vor mir, wie er mich am ersten Schultag nach meinen Zielen fragte, ein breites Grinsen im Gesicht. Nun war er fort. Genau wie Kyou. Ich wischte heiße Tränen von meinen Wangen. „Das ist nicht fair", sagte ich leise und Kushina legte mir eine Hand auf die Schulter. „Das stimmt. Vieles in diesem Leben ist nicht fair, Noriko." In Kushinas Stimme hörte ich, dass sie dabei an etwas Bestimmtes dachte, doch ich hatte nicht die Kraft, sie danach zu fragen. Müde und emotional leer fiel ich ein einen unruhigen Schlaf. - Am nächsten Tag machte ich mich am frühen Nachmittag auf den Weg ins Zentrum Konohas. Ich erledigte einige Einkäufe und mit einem seltsamen Gefühl im Magen näherte ich mich einem Haus, in dem sich viele Apartments befanden. Es war dasselbe Haus, in dem sich auch Kushinas vorherige Wohnung noch befand, in der sie nun lediglich einige ihrer alten Sachen lagerte. Mit einem seltsamen Gefühl im Magen marschierte ich die Treppen hinauf, bis ich im obersten Stockwerk angekommen war. Ich fand die Tür und klopfte lauter an, als ich es beabsichtigt hatte. Es dauerte einen Moment, bis die Tür aufgeschoben wurde. Kakashi trug nur seine schwarze Unterkleidung. Sein linkes Auge wurde von mehreren Bandagen verdeckt, sein rechtes war rot unterlaufen. Er sah mich nicht an, drehte sich lediglich um und schlenderte ohne ein Wort davon. Für einen Moment stand ich stumm da, folgte dann jedoch in seine kleine Wohnung. Ich stand in einer Art Wohn- und Esszimmer. Ein niedriger Tisch stand leer in der Mitte, eine Küchenzeile zierte ordentlich, fast unbenutzt die Wand. Nirgends stand etwas herum und es wirkte fast, wie ein Hotelzimmer. Kakashi schlurfte durch eine Tür und mein Blick folgte ihm. Mit einem dumpfen Geräusch ließ er sich auf sein Bett fallen. Ich trat in die Tür zu seinem Schlafzimmer und starrte auf seinen Rücken, den er mir zuwandte. Meine Lippen standen offen, doch kein Wort kam aus meinem Mund. Minato hatte mir am Abend berichtet, was geschehen war. Ohne ein Wort zu sagen wandte ich mich um und betrat Kakashis Küche. Ich stellte meine Einkäufe ab und begann ungefragt, mich dort auszubreiten. Nach etwa zwanzig Minuten brutzelte eine wohl duftende Suppe auf dem Herd und ich erschrak fast, als Kakashi plötzlich in der Tür erschien. Er sah mich mit ausdruckslosem Gesicht an. „Warum tust du das?", fragte er mit kratziger Stimme, als hätte er sie viele Stunden nicht benutzt. Ich sah ihn über den dampfenden Topf hinweg an und rieb meinen Arm. „Du musst etwas essen", gab ich schlicht zurück, zog zwei Teller aus dem Schrank und befüllte sie. „Ich komme schon zurecht." Kakashis Stimme war leise. Er wandte sich ab. Ich stellte die Teller geräuschvoll neben dem Herd ab und musterte die Maserung der Küchenschränke. „Das weiß ich. Du bist immer irgendwie zurechtgekommen, Kakashi. Nach dem Tod deines Vaters ... und auch jetzt. Aber", ich zuckte unwirsch mit den Achseln. „Nun ja, auch jemand, der gut allein zurechtkommt, kann hin und wieder einen Freund gebrauchen, der ihm etwas unter die Arme greift, meinst du nicht?" Ich befüllte die Teller mit Suppe, schnappte zwei Löffel und schlenderte zum kleinen Esstisch hinüber. Kakashi stand immer noch in der Tür, mir den Rücken zugewandt. „Du glaubst, wir sind Freunde?" Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Meine Hände krallten sich in den Stoff meiner Hose und ich starrte auf seinen Hinterkopf. „Ich weiß, dass wir uns nicht immer ganz einig sind, aber-" Kakashi unterbrach mich. „Vielleicht würdest du anders denken, wenn du wüsstest, was geschehen ist", sagte er leise, ganz so, als hätte er mich gar nicht gehört. Langsam drehte er sich zu mir herum und die Verbände aus seinem Gesicht trudelten zu Boden. Er zog die Maske in seinem Gesicht herunter und entblößte die Narben, die sich über und unter seinem linken Augen blass von seiner Haut abhoben. Sein Auge leuchtete rot auf und mir entfuhr ein Keuchen. Obwohl Minato es mir erzählt hatte, war es etwas anderes, es mit eigenen Augen zu sehen. Kakashi hatte Obitos Auge implantiert bekommen und somit sein Sharingan erhalten. „Es ist wie du und Shisui und all die anderen gesagt habt ... ich denke nur an mich und genau aus diesem Grund ist Obito gestorben. Es ist meine Schuld, dass er tot ist. Kannst du mit so jemandem befreundet sein, Noriko?" Ich erhob mich und machte einen Schritt auf ihn zu. „Kakashi, ich weiß, wie du dich fühlst-" „Du hast keine Ahnung, wie ich mich fühle!", schrie er mich an und kam mir dabei so nahe, dass ich den Geruch der Salbe von seinen Wunden wahrnehmen konnte. Sein Blick war so voller Wut, dass ich das Gefühl hatte, er würde jeden Moment irgendetwas zerstören. Ich hielt seinem Blick stand, wich ihm nicht aus und eine eisige Kälte umklammerte mein Herz. Ein Gedanke, der mich schon so oft um den Schlaf gebracht hatte, den ich nie ausgesprochen hatte, obwohl er mich so lange schon quälte, drang an die Oberfläche. „Shisui wollte sich verstecken, Kyou hingegen wollte handeln. Ich unterstützte Kyous Vorschlag, obwohl ich wusste, dass es riskant war und dann ... als ich ihn fand ... war ich unfähig. Unfähig, ihn hinaufzuziehen, unfähig, Hilfe zu organisieren. Ich konnte einfach nur zusehen, wie er in den Tod stürzte. Ich habe ihn nicht getötet, aber meine Entscheidungen und Unfähigkeiten führten zu dieser Situation. Es war meine Schuld, dass Kyou gestorben ist. Also doch, Kakashi, ich habe eine Ahnung davon, wie du dich fühlst." Es war das erste Mal, dass ich diesen Gedanken laut aussprach. Verwundert stellte ich fest, dass keine einzige Träne sich aus meinen Augen löste. Es war, als hätte ich all diese Tränen bereits aufgebraucht, in den vielen schlaflosen Nächten, die ich seit dem Tod meines Kameraden durchlebt hatte. „Ich hatte keine Ahnung", murmelte Kakashi und die Wut war aus seinem Gesicht gewichen. Sein Auge leuchtete nicht mehr Rot. Langsam hob ich eine Hand und legte sie an sein Gesicht, Kakashi versteifte unter meiner Berührung. Ich musterte die Narben und schließlich sah ich in das Auge, das einst zu unserem Mitschüler gehört hatte. „Ein Teil von Obito lebt in dir weiter, Kakashi und dabei spreche ich nicht nur von diesem Auge. Kyou hat mir so viele Dinge beigebracht, nicht nur Kampftechniken ... seine Wünsche und Gedanken ... ich trage sie mit mir, damit sie nicht verloren gehen. Ich weiß, dass du und Obito oft gestritten habt, aber er wareiner deiner engsten Freunde. Ich bin sicher, auch du hast einiges von Obito gelernt. Lass nicht zu, dass es verloren geht, indem du dich von allen abwendest." Ich nahm meine Hand von seinem Gesicht und wollte mich gerade zum Gehen abwenden, da spürte ich seine Hand an meinem Arm. „Warte", sagte er leise. Ich drehte mich zu ihm herum, er sah mich nicht an. „Bitte ... iss mit mir." Wir sprachen nicht viel bei diesem Essen und doch war ich erleichtert. Als wir fertig gegessen hatten, half ich, alles aufzuräumen und Kakashi warf einen Blick in den Topf. „Davon kann ich die ganze Woche essen", murmelte er und ich lachte erleichtert auf. Sein gewöhnlich, leicht überheblicher Tonfall war zurückgekehrt. „Nun, normalerweise koche ich für mehr Leute. Vielleicht kannst du mit deinen Nachbarn teilen", schlug ich vor und zuckte mit den Schultern. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, Kakashi wolle etwas dazu sagen, dann legte er jedoch den Deckel wortlos zurück auf den Topf. „Ich mache mich nun auf den Weg, ich habe noch ein paar andere Dinge zu erledigen. Mach's gut, Kakashi." Er hob eine Hand und winkte mir stumm zu. Mein Blick heftete sich noch einmal auf sein unverhülltes Gesicht, bevor ich durch die Tür trat. - „Wenn sie damals schon gewusst hätten, was wirklich mit Obito passiert ist..." Naruto lies den restlichen Gedanken unausgesprochen. Er dachte an Obito, an dessen Beteiligung bei den Akatsuki, aber auch seinen letzten Taten, die ihnen schließlich zum Sieg verholfen hatten. „Armer Kakashi-Sensei. Erst sein Vater, dann Obito..." Auch Sakura sprach ihren Gedanken nicht weiter aus. Sie alle wussten schließlich, dass Obito nicht der letzte Kamerad war, den Kakashi verloren hatte. „Ich bewundere Kakashi-Sensei", flüsterte Sasuke plötzlich und starrte in die Dunkelheit seiner Zelle. „Trotz allem, was er durchgemacht hat ... hat er sich nie der Dunkelheit zugewendet." „Du hast dich von diesem Weg nun abgewendet, Sasuke, das ist alles, was zählt!" Naruto war aufgesprungen und Sasuke bedachte ihn mit einem gequälten Blick. „Ist es das? Ich habe so vielen Menschen geschadet. Menschen, die mir wichtig sind. Weil ich nur noch meine Wut und meinen Hass im Herzen trug. Wie hat Kakashi es geschafft, sich davon nie einnehmen zu lassen? Er muss wirklich einen sehr starken Charakter haben." Kapitel 11: Ein Schmerz, der die Seele zerreißt ----------------------------------------------- Ein paar Tage nach meinem Besuch bei Kakashi, schien er langsam wieder ganz der Alte zu sein. Kurz bevor mein Team sich erneut auf eine Mission begab, traf ich Rin das erste Mal seit Obitos Tod und wir redeten mehrere Stunden. „Danke, auf jeden Fall", sagte sie irgendwann und ich zog die Augenbrauen hoch. „Wofür?" „Na ja, ich weiß, dass du bei Kakashi warst und ... keine Ahnung, was du zu ihm gesagt hast, aber es scheint geholfen zu haben. Ich bin überhaupt nicht zu ihm durchgedrungen, als ich versucht habe, mit ihm zu sprechen." Ihre Hände lagen verkrampft auf ihren Oberschenkeln und Tränen hingen in ihren Augenwinkeln. „Ich bin froh, dass es ihm jetzt besser geht, auch wenn ich nicht diejenige war, die ihm helfen konnte." Langsam legte ich eine Hand auf ihren Arm und unsere Blicke trafen sich. „Aber Kakashi ist nicht der Einzige, der leidet, Rin. Auch du trauerst um Obito." Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und die Tränen perlten über ihre Wangen. „Ja, aber ... nun, Obito war in mich verliebt, das weiß ich, auch, wenn er es nie gesagt hat. Er wusste, dass ich nicht das gleiche für ihn empfinde, aber er wusste, dass er trotzdem ein enger Freund für mich war. Einer meiner besten." Sie wischte sich die Tränen von den Wangen. „Ich denke, was Kakashi quält, ist die Tatsache, dass er sich erst nach Obitos Tod eingestanden hat, wie eng sie befreundet waren, und jetzt bereut er, dass er Obito das nie gesagt hat." „Ich bin sicher, Obito wusste es", sagte ich und Rin nickte. „Ja, ich auch. Nur Kakashi begreift das noch nicht. Aber wenn ich die Chance habe, werde ich es ihm sagen. Außerdem ... außerdem werde ich ihm sagen, was ich für ihn empfinde. Ich möchte es nicht eines Tages bereuen, es nie getan zu haben!" Ich versuchte, ein Lächeln aufzusetzen, doch ein beklemmendes Gefühl hatte sich auf meinen Brustkorb gelegt. Die Erinnerung an Shisuis Geständnis blitzte vor meinem inneren Auge auf und die Vorstellung, dass ihm etwas geschah, ohne, dass ich je wirklich darauf antwortete, raubte mir den Atem. „Danke, Rin. Du hast mir gerade etwas klar gemacht", sagte ich und erhob mich. „Viel Erfolg, bei eurer nächsten Mission und pass ein bisschen auf Kakashi auf, ja?", sagte ich und verabschiedete mich. So schnell, wie ich konnte, eilte ich durch das Dorf. Mit klopfendem Herzen hämmerte ich an die Tür und verneigte mich kurz vor Shisuis Mutter. „Guten Abend", sagte ich und sie lächelte mich an. „Noriko, hallo! Shisui ist in seinem Zimmer", sagte sie und schneller, als ich es gewollt hatte, stürmte ich durch die Tür. Shisui blickte von seinem Schreibtisch auf, an dem er gerade irgendetwas zu lernen schien. „No-riko?" Er sprang auf und wirkte plötzlich erschrocken. „Was ist passiert?", sagte er und ich schob die Tür hinter mir zu. Ich musste all meinen Mut zusammennehmen. „Ich mag dich auch", sagte ich etwas zu laut und beobachtete, wie Shisuis Gesicht rot anlief. „Ich-ähm, was?", fragte er und ich durchquerte das kleine Zimmer, bis ich direkt vor ihm stand. Unsere Blicke trafen sich und ich spürte erneut dieses Kribbeln in meinem Inneren. „Ich hab mich auch in dich verliebt, Shisui", sagte ich und Shisuis Ohren glühten rot in seinem düsteren Schlafzimmer. Mit rasendem Herzen stellte ich mich auf die Zehenspitzen und drückte meine Lippen unbeholfen auf Shisuis. Es war nur ein kurzer, zaghafter Kuss. Mein Gesicht glühte und doch grinste ich von einem Ohr zum anderen, genau wie Shisui auch. - Nach unserem ersten Kuss benahmen wir uns eine Zeit lang äußerst unbeholfen. Wir hatten kaum Zeit, die Beziehung, die wir zueinander aufbauten, zu begreifen, da wir von einer Mission in die Nächste schlüpften. Hin und wieder hielten wir Händchen am Lagerfeuer, manchmal legte Shisui einen Arm um mich, doch meistens verhielten wir uns genau, wie auch schon zuvor. Monate zogen an uns vorbei und ehe ich mich versah, brach der Winter über uns herein und ein weiterer Rückschlag in diesem Krieg brachte eine trübe Stimmung nach Konoha. Gais Vater, Maito Dai, war im Kampf gestorben. Ich verbrachte viel Zeit mit Gai, der härter trainierte als je zuvor in seinem Leben, sein Herz voll Wut und Trauer. „Wird dieser Krieg jemals enden?", fragte er mich irgendwann atemlos und dem Gesicht voller Tränen. Ich hatte keine Antwort auf diese Frage, denn auch ich war es leid. Schon seitdem ich mich erinnern konnte, herrschte Krieg und er schien kein Ende zu nehmen. In diesen Tagen sah ich Shisui nicht mehr oft. Ihm waren die eine oder andere hochrangige Mission zugeteilt worden, für die nur Jonin zugelassen waren und so blieben Gai und ich in Konoha zurück oder nahmen uns kleinere Missionen an. Mein dreizehnter Geburtstag kam und ging vorüber, das neue Jahr wurde eingeläutet und wie immer musste ich an Kyou und unsere Mission denken, bei der er sein Leben verloren hatte. Ich spielte mit dem alten Freundschaftsarmband an meinem Handgelenk und hoffte, dass das Leben nach dem Tod etwas friedlicher war, als das hier und jetzt. Minato berichtete von weiteren Schlachten, von den vielen Toten und Verletzten und ich hatte das Gefühl, all dies nicht mehr lange ertragen zu können. Es war, als wäre die Energie in meinem Inneren ausgelaugt, selbst die Wut über den nie enden wollenden Krieg schien verflogen. Ich war einfach nur müde. Sehr willkommen war daher die Ablenkung, die an diesem Abend durch unsere Tür schneite. Ein Mann, groß und breitschultrig, mit freundlichem Grinsen und weiß stacheligem Haar gesellte sich zu unserem Abendessen dazu. Obwohl ich ihn schon öfter gesehen hatte, hatte ich noch nicht viele Unterhaltungen mit Jiraiya geführt und war umso glücklicher, es an diesem Abend endlich nachholen zu können. Jiraiya, Minatos einstiger Lehrer, brachte eine Fröhlichkeit mit, die ansteckend war. Er lachte laut, die Wangen Rot vom Sake und schaffte es mehrfach, Minatos Ohren rot leuchten zu lassen, als er mir alte Geschichten von seinem Schüler erzählte. Ich lauschte allem gespannt und war umso trauriger, als Jiraiya sich an diesem Abend verabschiedete. „Komm wieder öfter vorbei, ja?", bat Kushina ihn und Jiraiya lachte laut. „Versprochen, sobald der Krieg vorbei ist, werdet ihr mich kaum noch loswerden!" Sein Blick wurde ernster und Minato schien etwas zu verstehen, was an mir vorbeiging. Auch Kushinas Gesicht nahm einen seltsamen Ausdruck an. Als Jiraiya fort war und ich mich auf mein Bett schmiss, hörte ich Minato und Kushina eine ganze Weile diskutieren. Ich verstand nicht alles, was sie sagten, doch der Inhalt ihrer Unterhaltung drang zu mir durch: Sie waren sich sicher, dass der Krieg kurz davor war, seinen Höhepunkt zu erreichen, und der Hokage schon sehr bald alle verfügbaren Jonin an die Front schicken würde. Mit schwerem Herzen fiel ich in einen unruhigen Schlaf. Eine neue Mission brachte mich auf neue Gedanken. Endlich waren Shisui, Gai und ich wieder vereint und streiften durch das Land. Ich war erleichtert, dass Shisui mit uns ging, da dies bedeutete, er musste noch nicht an die Front, obwohl er ein Jonin war. Wir waren auf der Suche nach einem Informanten, dessen vorherige Beschützer in einer Schlacht verletzt worden waren. Wir fanden den Informanten, leicht verletzt, aber ansonsten wohlauf und begleiteten ihn zurück in sein Heimatdorf. Dabei passierten wir ein bereits abgekühltes Schlachtfeld und ich hatte selten etwas Furchtbareres in meinem Leben gesehen. Der Geruch von Fäulnis und Tod hing in der Luft, überall wo man hinblickte, lagen menschliche Überreste, und das Wasser des nahegelegenen Flusses war noch immer Rot vom Blut. In dieser Nacht erwachte ich schweißgebadet und war froh, Shisui und Gai an meiner Seite zu haben, die mich sofort trösteten. Die Bilder dieses Tages hatten alte, fast vergessene Erinnerungen in mir geweckt. Rauchsäulen über meinem Dorf. Der Körper meiner Mutter, seltsam verdreht vor mir auf der Erde. Schmerzensschreie und die brüchige Stimme meiner Großmutter. Erschöpft kehrten wir nach Konoha zurück. Ich verabschiedete mich von Gai und Shisui, schlenderte zu meinem Haus und fand es mutterseelenallein vor. Stumm duschte ich mich, aß etwas, schmiss mich auf mein Bett und zuckte aus dem Schlaf hoch. Das Geräusch der Tür hatte mich geweckt und ich fand Kushina, die mich mit ernstem Ausdruck musterte. „Noriko, du bist zurück", sagte sie und mir fiel durchaus auf, dass sie ihre Uniform trug. Das Stirnband glänzte silbern auf ihrem roten Haar und ihr Blick wurde sehr ernst. „Kushina, was ist los?", fragte ich und sie kam zu mir herüber und nahm mich in den Arm, drückte mich kurz an sich und löste sich dann wieder von mir. „Der Hokage schickt fast alle verfügbare Jonin mit an die Front", sagte sie und mir stockte der Atem. „Minato ist schon vor einigen Tagen aufgebrochen, ich muss nun auch los. Wenn wir nun alles richtig machen, könnte diese Schlacht den Krieg beenden. Ihr Chunin und einige von uns Jonin bleiben in Konoha und beschützen das Dorf." Ich war nicht in der Lage, etwas zu antworten und musste die Tränen unterdrücken, die sich einen Weg in meine Augen bahnte. Ich nickte stumm. „Falls wir aber nicht zurückkehren sollten-" „Sag so etwas nicht!" Kushina lächelte. „Ich weiß, das sollte ich nicht tun, es bringt kein Glück, aber ... ich möchte schon lange, dass du weißt, dass hinter diesem großen Familienfoto von uns an der Wand ein Safe ist. Der Code ist dein Geburtstag." Mir stockte der Atem. „Bis bald, Noriko." „Bis bald, Kushina." - Eine ganze Zeit hatte ich unseren Hauseingang angestarrt, bis ich endlich wieder in der Lage war, mich zu bewegen. So schnell, wie ich konnte, rannte ich aus dem Haus in das Zentrum des Dorfes hinab. Keuchend kam ich zum Stehen und klopfte an die Tür. „Shisui?", fragte ich und seine Mutter schenkte mir ein Lächeln. „Er wurde eingeteilt, um Konoha zu beschützen", sagte sie und ich stöhnte erleichtert auf. Shisuis Mutter beschrieb mir, dass er gemeinsam mit einigen weiteren Jonin die Wachtürme Konohas besetzte und ich begab mich auf den Weg zu einem davon. Ich bog um die Ecke und wäre beinahe mit Gai zusammengeprallt, der mich alarmiert musterte. „Noriko, ich habe dich schon überall gesucht", sagte er atemlos. „Gai! Hast du auch einen Auftrag bekommen?" Gai nickte und stemmte die Hände in die Hüften. „Ich soll durch das Dorf patrouillieren und die Augen offen halten, du sollst das gleiche tun. Wir machen das in Schichten." „Shisui ist auf einem der Wachtürme", gab ich zurück und Gai, der langsam wieder zu Atem gekommen war, griff mich an den Schultern. „Noriko, weißt du, was geschehen ist?" Ich schüttelte irritiert den Kopf. „Kirigakure hat erneut die Schlacht aufgenommen-" begann ich, doch Gai schüttelte den Kopf. „Kirigakure hat seinen Bijuu vor vier Tagen verloren", sagte er und ich stieß ein erstauntes Geräusch aus. Die Bijuu waren Wesen von unglaublicher Macht. Es gab insgesamt neun von ihnen und ich wusste, dass sie schon immer ein großes Machtinstrument in den Kriegen unter Shinobis war. Wer immer über einen Bijuu verfügte und dessen Macht nutzen konnte, war im Vorteil. Auch Konoha hatte ein solches Wesen in seinem Besitz und doch konnte dessen Macht nicht genutzt werden. Der neunschwänzige Fuchs war zu mächtig, als das man seine Kraft hätte unter Kontrolle bringen können und so war er eingesperrt, in die Seele eines Menschen unter etlichen Versiegelungs-Jutsus. Einen Menschen, der ein solches Wesen in sich trug, wurde Jinchuuriki genannt. Ich schluckte. Obwohl es nie jemand laut vor mir ausgesprochen hatte, wusste ich schon lange, dass der Jinchuuriki des Neunschwänzigen keine Geringere als Kushina war. Das war überhaupt erst der Grund gewesen, warum sie einst nach Konoha gebracht worden war. Ich schüttelte die Gedanken ab. Kirigakure hatte die Kontrolle über das Dreischwänzige Ungeheuer, wenn ich mich recht erinnerte. „Also weißt du es wirklich noch nicht", sagte Gai mit gequältem Gesichtsausdruck, der mir Angst machte. „Was denn, Gai? Was ist los?" Gai presste die Lippen aufeinander und ich sah, dass es ihm schwerfiel. „Kirigakure hat den Bijuu, den sie in ihrer Gewalt hatten in einen Konona-Ninja versiegelt, um ihn dann auf Konoha loszulassen ... aber der Plan schlug fehl." „Der Jinchuuriki konnte also getötet werden, bevor er nach Konoha zurückkehrte?", sagte ich atemlos. Gai nickte. „Also hat dieses Mal Konoha die Schlacht eröffnet! Weil wir nun wissen, dass sie ihren Bijuu verloren haben! Also haben wir eine gute Chance, auf einen Sieg!" Gai wirkte noch immer gequält. „Gai, sprich mit mir! Was ist denn?" „Die Person, die von Kirigakure zum Jinchuuriki gemacht und dann getötet wurde ... war Rin." Ich wich vor Gai zurück und schüttelte den Kopf. Nicht schon wieder einer meiner Kameraden! „Rin? Das kann doch nicht- ausgerechnet Rin? Wie konnten sie das tun!?" Ich schüttelte weiter den Kopf, als könne ich damit ungeschehen machen, was ich soeben gehört hatte. Keuchend schnappte ich nach Luft, ein Druck legte sich auf meinen Brustkorb. „Kakashi?", fragte ich stimmlos. Gais Augenbrauen zogen sich zusammen. „Kakashi scheint unverletzt zu sein, er wurde jedoch vom Hokage von den aktuellen Missionen befreit. Ich habe versucht, ihn zu besuchen, aber er lässt niemanden rein." Einen Moment lang sah Gai mich einfach nur an. Eine einzelne Träne lief meine Wange hinab, die ich mit einer schnellen Bewegung fortwischte. Gai trat auf mich zu, legte beide Hände auf meine Schultern und sah mir tief in die Augen. „Geh zu ihm", sagte er leise. Ich zuckte mit den Schultern. „Wenn er niemanden zu sich lässt-" „Du konntest letztes Mal schon zu ihm durchdringen. Vielleicht schaffst du es wieder." „Aber die Mission-" „Du bist erst für heute Nacht eingeteilt, Noriko. Hör mal", Gai trat von einem Fuß auf den anderen und presste die Lippen gequält aufeinander. „Kakashi ist mir in den letzten Jahren ein guter Freund geworden, auch wenn unsere Freundschaft mehr auf Rivalität beruht, als Freundlichkeiten, dennoch", sagte er und ein trauriges Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. „Ich würde ihm gern helfen, aber im Moment kann ich es nicht. Wenn du es kannst, Noriko, dann tu es bitte. Mir zuliebe." Stumm nickte ich, auch wenn ich nicht sicher war, ob ich dieses Mal wirklich viel ausrichten konnte. Gai schien noch immer nicht fertig zu sein, mit dem, was er mir sagen wollte. „Ich habe wirklich Angst um ihn. Er hat mehr verloren, als jeder andere, den ich kenne, und es gab schon deutlich stärkere Shinobi, die solche Verluste nicht gut überstanden haben. Ich habe Angst, dass, wenn wir ihn jetzt sich selbst überlassen, dass er-" „Das wird nicht geschehen, Gai. Versprochen!", rief ich und wischte Gai eine Träne von der Wange. „Ich tue, was in meiner Macht steht!" Ich umarmte meinen besten Freund innig, bevor ich mich auf den Weg machte. Ein schwerer Druck lag auf meiner Brust, als ich die Tür zu dem großen Wohnhaus durchquerte. Jede Stufe fühlte sich schwerer an, als die vorherige meine Hand hing wie ein Stein an meinem Arm, als ich vor Kakashis Tür ankam. Ich hob sie und klopfte zaghaft an. Keine Reaktion. Stumm stand ich eine Zeit lang einfach nur da und wartete. Langsam fuhr meine Hand zum Griff der Tür und ich stellte erstaunt fest, dass sie gar nicht abgeschlossen war. Mit klopfendem Herzen schob ich sie auf. Die kleine Wohnküche sah noch genauso aus, wie bei meinem letzten Besuch. Alles war fein säuberlich aufgeräumt, nirgends stand etwas herum. Ich zog die Tür hinter mir zu und durchquerte das Zimmer, bis ich im Türrahmen zum Schlafzimmer angekommen war. Kakashi saß auf dem Boden, der Rücken an die Wand gelehnt, die Beine gerade vor sich ausgestreckt. Seine Arme hingen schlaff auf der Erde und sein Blick, der auf den Boden gerichtet war, richtete sich langsam auf mich. Ein Schmerz, der nichts Körperliches an sich hatte, setzte sich in meinen Brustkorb. Kakashis Blick war so erfüllt von Selbsthass, dass es mir den Atem abschnürte. Unter seinem sichtbaren Auge grub sich ein dunkler Ring. Stumm durchquerte ich den Raum, Kakashis Blick löste sich von mir, stierte erneut in die Ferne. Ich ließ mich direkt neben ihn auf den Boden sinken und sagte kein Wort. Ich wusste, dass nichts, was ich sagen würde, seinen Schmerz hätte lindern können. Das einzige Geräusch, das zu meinen Ohren durchdrang, war das Ticken einer Uhr und Kakashis Atem. Die Zeit zog an mir vorbei, zäh und langsam. Der Schmerz in meinem Inneren wurde stärker, ganz als söge ich Kakashis Leid in mich auf. Kakashis Kopf senkte sich langsam auf seine Brust, dann zuckte er zusammen und lehnte den Kopf an die Wand hinter sich. Sein Auge war rot unterlaufen und sein Atem ging nun stoßweise. Ich erinnerte mich an den Tag, als er das erste Mal in unserem Gästezimmer übernachtet hatte, an den Alptraum, der ihn damals gequält hatte. Mir wurde bewusst, dass es nun schlimmer geworden sein musste. Mein Blick fiel auf seine Finger, die leicht zitterten, obwohl er sich nicht rührte. Gai hatte mir gesagt, dass Kirigakure seinen Bijuu vor vier Tagen verloren hatte. Ich schluckte. Mir wurde nun klar, dass Kakashi vermutlich seitdem nicht mehr geschlafen hatte. Langsam drehte ich mich zu ihm herum und griff nach seiner zitternden Hand, die sich eiskalt anfühlte. Er gab einen kurzen Seufzer von sich, zeigte sonst jedoch keine weitere Reaktion. Ich fasste einen Entschluss. Vorsichtig beugte ich mich über ihn, um mein Gesicht in sein Blickfeld zu bringen. „Du kannst schlafen, Kakashi. Ich passe auf dich auf", sagte ich leise. Sein Auge fand meinen Blick und für einen kurzen Moment fürchtete ich, er würde mich abweisen. Dann jedoch nickte er kurz. Ich setzte mich wieder, schob meinen Arm hinter seinen Rücken und drückte ihn sanft, aber bestimmt hinab. Er wehrte sich nicht, legte sich langsam mit seinem Kopf auf meinen Oberschenkel und streckte seinen Körper auf dem Boden aus. Mit einer Hand griff ich nach der Decke auf dem Bett, zog sie zu mir hinab und schmiss sie über Kakashis ausgekühlten Körper. Meine Hand legte sich auf seinen Brustkorb. Sein unruhiger Atem beruhigte sich langsam, wurde tiefer und regelmäßiger. Erleichtert lehnte ich den Kopf an die Wand hinter mich. Er war eingeschlafen. Selbst als mir alles wehtat, rührte ich mich nicht vom Fleck. Jede weitere Minute des Schlafes war überaus wichtig für Kakashi und so zwang ich mich, durchzuhalten. Erst als das Licht der untergehenden Sonne durch das Schlafzimmerfenster fiel, wurde mir klar, dass ich bald würde gehen müssen. Ich überlegte gerade, wie ich ihn möglichst sanft wecken konnte, da begann Kakashis Körper zu zucken. Er schlief noch immer, doch mir war klar, dass einer seiner Alpträume ihn zu quälen begann. Ohne darüber nachzudenken, griff ich nach seiner Hand und legte meine andere Hand auf seine Stirn. Sein Arm zuckte, ich drückte seine Hand beruhigend und strich ihm erneut über die Stirn. Sein Auge öffnete sich, fand mich und sein Körper entspannte sich wieder. Einen Moment lang sah er mich an, setzte sich dann auf und blickte zum Fenster. Ich sprang auf die Beine und hielt Kakashi eine Hand hin. „Komm", sagte ich leise. Er musterte mich einen Moment fragend, gab mir dann jedoch seine Hand und ließ sich von mir auf die Beine ziehen. Ich zog ihn hinter mir her, bis zu seinem Badezimmer und schob ihn dort hinein. „Eine heiße Dusche wird dir guttun", sagte ich und seine Finger klammerten sich versteift an meine Hand. „Ich warte hier", sagte ich leise. Er nickte mir zu, ließ meine Hand los und schloss die Tür hinter sich. Das Geräusch der Dusche ließ mich einmal durchatmen. Schnell durchsuchte ich die Küche nach etwas Essbarem, fand dabei nur wenig. Doch es reichte, um eine kleine Mahlzeit zuzubereiten. Kakashi trat aus dem Badezimmer. Er hatte sein Stirnband und die Shinobi-Uniform abgelegt und trug ein einfaches weißes Shirt und eine bequeme Hose. Sein Gesicht war nun unverhüllt, und sein vernarbtes Auge blickte mich durch sein silberweißes Haar an. „Ich verdiene das nicht", sagte er plötzlich mit kratziger Stimme. Meine Hände hielten inne und ich wandte mich Kakashi zu, dessen Gesicht gequält wirkte. „Kakashi du-" „Ich habe sie getötet. Ich habe Rin getötet." Mir wurde eiskalt. Schwindel packte mich und ich starrte Kakashi wortlos an. Langsam hob er seine zitternden Hände. „Ich habe sie mit meinen eigenen Händen getötet." Meine Finger krallten sich am Küchentresen fest, als mir die Bedeutung seiner Worte bewusst wurde. Rin war zum Jinchuuriki gemacht worden, um Konoha zu schaden. Doch hatte es wirklich keine andere Möglichkeit gegeben, als sie zu töten? Für einen kurzen Moment hatte ich den Drang wegzulaufen, fort von Kakashi, dessen Entscheidung das Leben unserer Kameradin gekostet hatte, doch da sah ich die Tränen in seinem Gesicht. Sie tropften von seinem Kinn hinab auf den Boden, doch er beachtete sie gar nicht. Starrte noch immer auf seine Hände. Ich trat auf ihn zu, Kakashi wich zurück, doch ich ließ ihn nicht davonkommen. Ohne sein Kopfschütteln zu beachten, schlang ich die Arme um ihn und presste ihn an mich. Nur ganz langsam legte er auch seine Arme um mich. Sein Körper begann unter Schluchzern zu erbeben und sein Gesicht grub sich in meine Halsbeuge. Ich spürte die feuchten Tränen auf meiner Haut und presste ihn noch fester an mich. Ein paar Minuten standen wir einfach so da, bis Kakashi sich langsam beruhigte. „Rin hätte dir nie verziehen, wenn du zugelassen hättest, dass sie unserer Heimat schadet." Kakashi löste sich aus meiner Umarmung und wischte sich die letzten Tränen aus den Augenwinkeln. „Ich weiß", sagte er heiser. Das letzte Licht der Sonne verschwand am Horizont und ich wusste, dass meine Schicht bald beginnen würde. „Ich muss los", sagte ich leise. Kakashi nickte, doch seine Hände begannen erneut zu zittern. Ich griff danach und er beruhigte sich sofort wieder. „Keine Sorge, du wirst nicht lang allein sein." „Schon gut, ich komme zurecht", gab er zurück, doch ich drückte seine Hand. Ich hatte so eine Vorahnung, ließ seine Hand los und durchquerte das Wohnzimmer, bis zu seiner Haustür, die ich mit einem Ruck aufzog. Auf der Erde direkt vor der Tür saß kein Geringerer als Gai, der mir nun ein Lächeln schenkte. „Sehr gut", lobte ich mit einem Blick auf die Einkaufstasche, die prall gefüllt mit Lebensmitteln war. Gai sprang auf. „Ja, ich dachte, das könnte nicht schaden. Wie geht es ihm?" Ich drehte mich herum und bemerkte, dass Kakashi mir zur Tür gefolgt war. Er betrachtete Gai mit einem Gesichtsausdruck, der mich ganz an den alten Kakashi erinnerte. „Ich habe eine dürftige Suppe gekocht, aber so könnt ihr euch ein richtig schönes Abendessen bereiten", sagte ich und schlüpfte durch die Tür nach draußen. Gai grinste breit. „Ich wette, ich kann viel mehr Essen als du, Kakashi", sagte Gai und Kakashi rollte mit den Augen. Es war so ein kurzer Moment der Normalität, doch er rang mir ein erleichtertes Lachen ab. -- Sakuras zittrige Stimme brach ab. Sie wischte sich die Tränen von den Wangen und auch Naruto spürte ein beklemmendes Gefühl in der Brust. „Das muss wirklich schlimm gewesen sein." „Dieser Krieg war wirklich furchtbar! Ich bin froh, dass wir endlich Frieden erreichen konnten." Die zweite Hälfte des Satzes sagte Naruto eher leise zu sich selbst, unsicher, was Norikos Tagebuch noch für sie enthüllen mochte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)