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Neon Genesis Evangelion vs. Brain Powerd vs. Candidate for Goddess

Auflage 2.0
von

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"Eine ungewöhnliche Begegnung und andere Probleme"

A/N:

Disclaimer: Entwickelt wurde der Plot in Zusammenarbeit mit Samantha_san, wobei diese mir dann auch maßgeblich mit Rat und Tat während des Schreibens beistand (Rat in Form von Handlungsideen und Tat in Form von Beta-Arbeit und teilweise Co-Autorenschaft). Die Figuren gehören: Sadamoto Yoshiyuki / Gainax (NGE; ich gehe von einer Mischung aus Anime und Manga aus, wobei ich den Anime immer noch nicht gesehen habe und mich deshalb zusätzlich nur auf Wikipedia und das Artbook "ADAM" stützen kann), Sugisaki Yukiru / Sunrise (Brain Powerd und CFG; ausgehend von den Mangas), Katsu Aki / Sunrise (VoE; hier in der Anime-Version) und Hirano Kouta / GONZO (Hellsing; dito), und nicht, wie oft fälschlicherweise angenommen, meiner Wenigkeit.

Rating: Wie immer für alle, die lesen können.

Warnung: In der Genre-Auswahl steht was von Humor und Parodie, soll heißen, diese Fanfic wird (vor allem) in späteren Kapiteln von überspitzen Charakteren, un-möglichen Situationen und dämlichem Slapstick nur so triefen. Mit anderen Worten: erwartet bitte keine ernst gemeinte Story - auch wenn es am Anfang noch nicht den Anschein haben mag ist das hier lediglich der Belustigung meiner- und hoffentlich eurerseits gedacht. Des Weiteren möchte ich erwähnt wissen, dass sämtliche Angaben zu technischen Gerätschaften, Gebäudekomplexen, Wohnorten, dem Aussehen innerhalb des HQs usw. usf. größtenteils komplett erfunden, also keinesfalls als akkurat anzusehen und zumeist auch ungeprüft sind. Wenn ihr also totale NGE-Cracks und auf diesen Gebieten sehr gut bewandert seit bekommt bitte keinen Nervenzusammenbruch, wenn was nicht stimmt, was definitiv die meiste Zeit der Fall sein wird.

Was Matriels Auftritt angeht: Wie der kundige Leser feststellen wird, habe ich den originalen Storyverlauf verändert und so zurechtgebogen, dass er in meinen eigenen Plot passt, also wundert euch nicht, wenn die ganze Situation nicht mal ansatzweise so abläuft, wie ihr es gewohnt seit. Aber ich denke, es ist überflüssig zu erwähnen, dass diese Fanfic eh als AU anzusehen ist (schließlich ist sie ein Crossover.)

Auflage: 2.0 - ha! Ergo: das hier ist eine überarbeitete Form, da ich vor allem in den ersten Kapiteln einiges auszubessern hatte (das Elend konnte man ja niemandem mehr antun.) Außerdem habe ich Sams und meine Kommentare herausgenommen, schon allein, weil Anixx ja sowieso seit der Fanfic-Reformation was dagegen hat.
 

Rechtschreib- und Grammatikfehler dürfen behalten und eingerahmt werden.
 

*******
 

Es war'n einmal...
 

Es war'n einmal und sind nicht mehr EVA-, Brain- und Goddesssphär'. Die Sphären hatten einen Knall, d'rum schmolzen sie zu einem Ball. Der Ball, der springt und hüpft und tobt, die Leutchens sind in großer Not! Wer rettet sie, was soll gescheh'n? Ihr werd's im V'lauf der G'schichte seh'n. D'rum g'nug mit Vorwort, habt nur Mut, ihr werdet seh'n, es geht schon gut.
 

NGE usw.
 

Es war ein wunderschöner, leider komplett unterbewerteter Nachmittag im Hauptquartier NERVs, der nur getrübt wurde von wild blinkenden roten Warnleuchten und einem leicht verstörenden Sirenenschrei, der Trommelfelder schier zerplatzen ließ und den die Mitarbeiter sicherlich noch 5 Minuten nach seinem Abstellen in ihren Köpfen nachhallen hören konnten. Irgendwie gelang es ihnen trotzdem, die Anweisungen, die in einer Lautstärke, die den Sirenen in nichts nachstand, zu verstehen und Vorbereitungen zu treffen für ein Ausschwärmen der EVAs - obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal klar war, wer überhaupt der Feind war...
 

"Unbekannte Objekte gesichtet! Entfernung 600 Meter! Sie fliegen... an uns vorüber?"

Auch an Bord der Novice Noah herrschte allgemeine Panik. Seit eine paar Sekunden jagte eine Warnmeldung die nächste - so schnell konnte man seine Augäpfel gar nicht in ihren Sockeln hin- und herrollen, wie die unzähligen, durch ihre Schnelligkeit nur unscharf zu erkennenden Schemen das riesige Schiff passierten. Die Antibodies standen schon längst in den Startlöchern, bereit, ihre Brain Powerds in den Kampf zu schicken, doch an diesem Tag waren es nicht die Grand Chers, die die Besatzung der Novice Noah in helle Aufruhr versetzten...
 

Das schrille Klingeln des Telefons unterbrach den Vortrag des Ausbilders Azuma Hijikata über den Verschleiß des EX im Allgemeinen und Besonderen, was seine Zuhörer - welche sich derzeit in einem mehr oder weniger Trance-ähnlichen Zustand befanden - sofort aus ihrer Apathie hochfahren ließ.

"Ja... Ja... Ich habe verstanden. Komme sofort." Mit der Präzision eines neu programmierten Androiden beendete Hijikata das Gespräch exakt 5 Sekunden, nachdem es begonnen hatte.

"Das war's für heute. Kommt morgen pünktlich zum nächsten Test mit den Pro-Ings!" Weitere Erläuterungen ließ sich der schon etwas ergraute Ausbilder nicht entlocken, weshalb er eine Horde verwunderter Jungen zurückließ, die sich nun wahrscheinlich bis an ihr Lebensende die quälende Frage stellen würden, worum es in dem Telefonat wohl gegangen war.

Kaum war er bei dem mysteriösen Anrufer angelangt platzte Hijikata auch schon mit der Frage heraus, warum er seine Jungs denn diesmal frühzeitig in die alles andere als verdiente Freizeit entlassen hatte.

"Eben kam der Bericht vom Trägerschiff der Göttinnen, es seien unidentifizierte Erscheinungen in unserer Nähe gesichtet worden. Ich möchte, dass sie ihre besten Pilotenanwärter nach draußen schicken und der Sache sofort nachgehen!"

"Jawohl!"

Mit einem seufzen lief Hijikata zielstrebig durch G.O.A.s ungezählte Gänge und überlegte, wen er denn wohl in die silbergrauen Kampfmaschinen stecken könnte. Das Raumschiff beherbergte mit seiner Aufnahmekapazität von 3000 Personen mehr als genug potenzielle Auszubildende, die dafür in Frage kamen - und die 5 Top-Anwärter würden wohl nicht ausreichen, die Umgebung des riesigen Schiffes abzusichern. Zu allem Überfluss schienen es diesmal auch noch nicht einmal die Victims zu sein, die die Gefahr darstellten...
 

"Alle EVA-Piloten fertig machen! Sie sollen sich sofort durch die Schleusen 5, 6 und 7 an die Oberfläche begebe, wir brauchen dort oben Augen und Ohren! Ich will eine augenblickliche Analyse aller verfügbaren Daten!"

Die Worte Gendo Ikaris hallten schallend durch die Kommandozentrale, wo Major Misato Katsuragi Mühe hatte, über das Gebrüll die Berichte ihres Teams zu verstehen.

"Immer noch keine Identifizierung möglich!" meldete Aoba in diesem Moment mit einem leichten Anflug von Verzweiflung in seiner Stimme.

"Das ist doch unmöglich, es muss doch herauszukriegen sein, was genau da über Neo Tokio-3 hinwegfliegt!" Wenn es nach Hyuga gegangen wäre hätte er jetzt gerne 5 Hände gehabt, mit denen er sämtliche Livestreams der unzähligen Kameras in und um Neo Tokio auf den Monitor holen konnte, und zusätzliche 6 Köpfe, die sich diese dann auch anschauen konnten. Doch selbst dann hätte er auf ihnen nicht viel mehr als verschwommene Konturen von Wesen erkennen können, die für diese Welt so fremdartig waren wie in den Gefilden NERVs das Wort Urlaub.

Die Tür zur Zentrale öffnete sich und drei junge Menschen traten feierlich ein.

"Rei Ayanami, Soryu Asuka Langley und Shinji Ikari melden sich zum Dienst!" sagte ein Mädchen mit weiß-blauen Haaren, das die Führung übernommen hatte.

"Was ist denn los?" Das einzige männliche Mitglied der drei Piloten betrachtete mit großen Augen die vielen Fehlmeldungen auf dem riesigen Hauptbildschirm, die auch in aramäisch hätten geschrieben sein können, so wenig verstand er, was sie ihm sagen sollten.

"Genau das sollt ihr herausfinden." erklang hinter den Jugendlichen eine seltsam dumpf klingende Stimme. Ob das nun an den Händen lag, auf die Kommandant Ikari seinen Kopf stützte, oder er einfach von Natur aus nuschelte war in diesem Moment nicht fest zu stellen. Ein kurzer, erschrockener Schrei lenkte die Aufmerksamkeit im nächsten Augenblick auf Maya, die sich um die Vorbereitung der Evangelion gekümmert hatte.

Doktor Ritsuko Akagi, den Blick den Children zugewandt, drehte sich auf dem Absatz um und hatte nun Sicht auf den Bildschirm, der die Halle, in der die EVAs untergebracht waren, in regem Chaos zeigte.

"Dreht EVA-01 schon wieder durch?" fragte Ritsuko merkwürdig gefasst, was ihr einen kurzen, nervösen Blick von Seiten Mayas einhandelte.

"Nein, diesmal sind es alle drei"

"Was!?" schaltete sich Misato ins Geschehen ein. "Was soll das heißen?" Sie trat näher an den Bildschirm heran und erfasste mit ungläubigem Gesichtsausdruck die Verwüstungen, die die EVAs schon angerichtet hatten. Über die Lautsprecher waren eigenartige Geräusche zu hören - es klang fast, als stießen die humanoiden Kampfmaschinen Schreie aus.

Plötzlich begann der Hauptbildschirm der Zentrale zu flimmern. Etwas großes, orangefarbenes erfüllte den gesamten Bildschirm, den Mund geöffnet, als ob es den Befehl zum Angriff geben wollte...
 

"Hime, Yū! Beeilt euch, Nanga und Lasse sind schon auf dem Weg zum Deck!"

Captain Anoa McCormick scheuchte die beiden Antibodies in Richtung des Decks. Die Brains warteten schon, ebenso Saz Higgins und Kanan Gimms. Doch auch jetzt, wenige Minuten nach den ersten Meldungen, hatte sich noch nicht viel Neues ergeben. Die Objekte, die auch weiterhin über das Schiff hinwegflogen, waren einfach zu schnell, um irgendwelche Details selbst mit der Zeitlupe, die die Kreaturen nur bis zur Unkenntlichkeit verzerrte, zu erkennen. Nanga und Lasse hatten mittlerweile ein großes Netz zwischen sich ausgebreitet, das sie nun ihren Brain Powerds in die Hand drückten.

"Wollt ihr sie etwa damit einfangen?!" fragte Yū ungläubig.

"War nicht unsere Idee..."

"Hast du etwas an meinem genialen Plan daran auszusetzen?" Nakki Guys kam, gefolgt von seinen Brains und dem Grand, gemütlich in ihre Richtung geschlendert.

"Mal ganz davon abgesehen, dass diese Dinger bei ihrer Geschwindigkeit wahrscheinlich das Netz mit sich reißen werden - hast du schon mal darüber nachgedacht, dass wir doch gar nicht wissen, was du da überhaupt einfangen willst?" Yū sah seinen selbst ernannten Rivalen herausfordernd an.

"Und ist euch schon mal aufgefallen, dass es hier ziemlich eigenartig aussieht...?" schaltete sich nun Hime in das Gespräch mit ein, die bis jetzt still neben Yū gestanden und die Vorgänge beobachtet hatte. Allerdings erntete sie nur verständnislose Blicke. Das Mädchen zeigte demonstrativ in Richtung Bug.

"War diese riesige Stadt dort vorhin auch schon da?"
 

"Oh bitte, bitte, bitte, bitte! Lassen Sie uns auch mit raus!"

Zero kniete nun schon seit gut drei Minuten mit bettelndem Blick vor seinem Ausbilder, ihn ununterbrochen anflehend, mit seinem Pro-Ing die Anomalien im Weltall erforschen zu dürfen. Dicht hinter ihm standen seine 4 Mit-Neulinge, um ihm moralische Unterstützung zu geben. Abgesehen von Hiead waren sie allerdings weniger erpicht darauf, die zumindest im Moment noch geschützten Gefilde der Raumstation zu verlassen.

Azuma Hijikata war mit seinen Nerven mittlerweile ziemlich am Ende und er fragte sich, wie dieser ungezogene Bengel, wie er Zero gerne liebevoll zu nennen pflegte, überhaupt von der ganzen Angelegenheit erfahren hatte. Ganz zu schweigen davon, dass das quengelnde Etwas noch friedlich Schäfchen zählte, als der Anruf vor einer Viertel Stunde die ganze Misere auslöste.

"Na gut, na gut! Seht das ganze als eine art Test an, allerdings müsst ihr mir hoch und heilig schwören, euch nicht außerhalb der Schutzzone von G.O.A. zu bewegen! Wer stirbt fliegt!" erklärte er mit einem eindringlichen Blick auf Hiead, der sich insgeheim schon auf eine Gelegenheit zum Kampf mit Zero gefreut hatte. "Und keine Spielchen, ihr schaut nur nach Abnormalitäten und sammelt Daten über alles, was sich draußen ereignet!"

Die Anwärter nickten brav und machten sich schleunigst auf den Weg, sich umzuziehen.

Schon ein paar Augenblicke später herrschten im Hangar, wo die Pro-Ings für die Mission vorbereitet wurden, allgemeine Hektikausbrüche, was den gesamten Ablauf im Grunde genommen nur verlangsamte, da die Fluglotsen sich ständig selbst im Weg standen und aus Mangel an Konzerntration alles zwei Mal kontrollieren mussten. Die Top-Anwärter und ein paar weitere viel versprechende Pilotenanwärter kamen mitten im Höhepunkt des Chaos' in den Raum gestürzt und brüllten sich über den Lärm noch einmal ihre Vorgehensweise zu. Hijikata stand derweil bei den Fluglotsen der Anfänger vor deren Pulten und wartete mit ihnen auf das Eintreffen ihrer Partner.

Als das Chaos endlich bewältigt und die Pro-Ings bereit zum Abschuss ins Weltall waren, gab der Ausbilder schließlich den betreffenden Befehl dazu.

"Und immer daran denken, nicht auf die Schwerelosigkeit achten!" rief Kizna Towryk ihrem Partner noch über Funk zu, der das mit einem genervten "Ja, ja..." quittierte.

Die erfahreneren Anwärter schwärmten als erste aus, während die Neuen wie befohlen in der Nähe von G.O.A. blieben. Doch womit keiner gerechnet hatte, trat nun ein - ausgerechnet diesen Zeitpunkt wählte eine Gruppe Victims, ihrerseits einen Angriff auf das Raumschiff zu starten.

"Das gibt's doch nicht! Wie ist die genaue Position der Victims?" rief Azuma Hijikata über das Notrufsignal hinweg, das sich lautstark mit den Stimmen der Fluglotsen vermischte, die ihren Partnern Anweisungen erteilten.

"Sie sind noch ungefähr 700km von G.O.A. entfernt, bewegen sich genau auf uns zu!" meldete eine der Fluglotsinnen, den Blick auf ihren Bildschirm mir den Daten gerichtet, die ihr ihr Partner übermittelte.

"G.I.Z. meldet, dass die Göttinnen auf dem Weg hierher sind. Ankunftszeit in... fünf Minuten!" schallte eine weitere Stimme durch den Raum.

"Die Anfänger sofort zurückziehen! Alle anderen werden die Victims bis zum Eintreffen der Ingrids aufhalten!" rief Hijikata und beobachtete mit angespanntem Gesicht das rasche Näher kommen der Victims. Er wollte gerade fragen, warum die zurückgerufenen Piloten noch keine Bestätigung gegeben hatten, als er mit Erschrecken feststellen musste, dass von ihnen nur noch 3 der ursprünglichen 5 auf den Bildschirmen angezeigt wurden.

"Wo sind Nummer 87 und 88?!" bellte er aufgebracht, in der Annahme, sie hätten seine Befehle am Ende doch noch missachtet. Die entsprechenden Fluglotsen starrten nur fassungslos auf ihre Anzeigen.

"Sie... Sie, sie..."

"Sie sind verschwunden!" stammelten Ikhny und Kizna mit schreckensgeweihten Gesichtern.

"Meldung von G.I.Z.!" rief Kyoko Farley dazwischen. "...Oh mein Gott, Agui Keameia, Eeva Leena und Luhma Klein sind ebenfalls verschwunden!"

"Verbindung mit den Piloten aufnehmen! Wo sind sie!?"

"Keine Verbindung möglich" ertönte Leenas Stimme durch einen Lautsprecher. "Sie sind wie vom Erdboden verschluckt!"

"Pro-Ings nicht zu erfassen..." murmelte Kizna wie in Trance. "Sie sind verschollen."

"Äh... wat, wer bist du denn? UND WO ZUM HENKER SIND WIR EIGENTLICH?!"

"Was ist das?!" kreischte Maya erschrocken, unfähig, den Blick von dem unförmigen Etwas abzuwenden, das vor einer von NERVs vielen Übertragungskameras in und um Neo Tokio-3 in der Luft zu schweben schien. Hinter diesem Etwas waren noch ziemlich viele andere Etwasse, und dahinter wiederum maschinenartige Gebilde, den EVAs recht ähnlich, die gerade unsanfte Bekanntschaft mit dem Erdboden machten. Kaum das sie richtig standen entbrannte ein Kampf zwischen ihnen und den fremdartigen Kreaturen.
 

»Rioroute, halte du sie in Schach, ich erledige sie alle auf einmal!« wies Gareas seine Kollegen über die Ingrid-interne Kommanlage an. Agui Keameia sprengte daraufhin die Schutzschilde, die an ihren Armen befestigt waren, welche die Victims einkreisten und festhielten. Eeva Leena wollte sie eben angreifen, als rechts und links von ihr Laserartige Strahlen vorbeizischten und sämtliche Gegner regelrecht zerschmetterten.
 

"Ha... Haben... Haben Sie das gesehen...?" Hyuga saß mit offenem Mund da, unfähig, den Blick von den EVA-ähnlichen Robotern abzuwenden, die nun zum Stillstand kamen. An ihren Oberkörpern tauchten die Gestalten von drei Menschen aus dem Inneren der Kampfmaschinen auf, die nach ihrem vollständigen Erscheinen behände zu Boden kletterten. Dort standen zwei im Vergleich zu den anderen Dreien winzige Roboter - Pro-Ing war auf ihren Armen zu lesen - und gebaren ebenfalls jeweils ein menschliches Wesen. Diese begannen sich umgehend zu streiten. Die NERV-Crew konnte zwar nicht hören, was sie sagten - vielleicht war das auch ganz gut so -, aber das war ihnen in diesem Moment auch ziemlich gleichgültig. Selbst Gendo Ikari hatte sich in seinem Stuhl aufgerichtet, um besser sehen zu können, was sich auf den Straßen Neo Tokios abspielte. Auf Anfrage Fuyutsukis hin befahl er, die Bevölkerung vorerst noch in den Schutzbunkern zu lassen.

"Was ist mit den EVAs?" fragte er. Maya schreckte auf und widmete sich wieder der Überwachungskamera in den Cages.

"Sie scheinen sich beruhigt zu haben. Soll ich sie vorbereiten?"

Shinji schaute Misato fragend an. "Was war denn los?"

"Die EVAs sind mal wieder durchgedreht..." seufzte diese resigniert.

"Alle drei?!" Asuka trat näher an den Bildschirm heran und betrachtete entrüstet die verbogenen und zerstörten Verankerungen der Evangelion.

"Worauf wartet ihr noch?! Macht euch für einen Kampf bereit, wer weiß, was diese Wesen da draußen vorhaben!" rief der Kommandant verärgert, woraufhin sich die drei Piloten sofort auf den Weg zu den Cages machten.

"Das war aber nicht vorgesehen..." murmelte Fuyutsuki, der lieber gar nicht wissen wollte, wie SEELE wohl auf diesen Vorfall reagieren würde.
 

"Meint ihr nicht, wir sollten ihnen hinterher fliegen?" fragte Kanan und schaute zu der Stelle, an der die unidentifizierten Objekte vor ein paar Minuten verschwunden waren. "Dann könnten wir uns auch gleich mal anschauen, was es mit dieser Stadt auf sich hat."

"Und außerdem, was die Antibodies so aufgeregt hat." Nakki Guys spielte auf die plötzlichen Rufe an, die die Brains und der Grand bis vor ein paar Augenblicken noch ausgestoßen hatten. Nicht einmal Himes beruhigendes Zureden hatte sie besänftigen können.

"Vielleicht sind dort noch andere Brains?" überlegte das Mädchen laut und wandte den Blick auf die Tür, die unter Deck führte, aus der Captain McCormick soeben heraustrat, um sich die Stadt besser anschauen zu können.

"Eine ziemlich eigenartige Konstruktion, findet ihr nicht?" fragte sie in die Runde, als sie die Stahlbauten näher betrachtete.

Yū setzte sich kurzerhand in Bewegung.

"Yū? Hey, warte auf mich!" Hime rannte dem Antibody hinterher, der sich schon auf halber Strecke zu seinem Brain Powerd befand. "Warum musst du eigentlich immer alleine losziehen?" fuhr sie ihn an, während sie in das Innere ihres Brains kletterte.

"Wir sehen uns dort mal um!" teilte Yū Captain McCormick mit und gab seinem Brain den Befehl, loszufliegen. Hime blieb dicht hinter ihm. Die anderen zogen sich nach einer Weile wieder unter Deck zurück, in ungeduldiger Erwartung des Berichts der beiden Piloten.
 

"Plugfixierung bei EVA-00, -01 und -02 abgeschlossen, Nervenbindungen angeschlossen, keine Probleme!"

Misato Katsuragi atmete tief durch. Sie hatte schon mit dem Schlimmsten gerechnet, mit einem durchdrehenden Evangelion war schließlich nicht zu spaßen. Doch die Roboter schienen keine weiteren Schwierigkeiten zu machen.

"EVAs zu den Abschussrampen... Start!" rief Misato, worauf die Kampfroboter über ihre Schleusen an die Erdoberfläche transportiert wurden, wo sie aus Bodenklappen unbemerkt einige hundert Meter hinter ihren Zielobjekten auftauchten. Ihre automatischen Schnellfeuerwaffen in Händen legten sie sich im Schutze einiger Gebäude auf die Lauer.

Der Streit der Unbekannten war inzwischen in eine Diskussion über ihren derzeitigen Aufenthaltsort umgeschlagen. Sie konnten sich noch nicht darauf einigen, ob sie sich nun in einer Simulation befanden oder auf unerklärliche Weise in einer Kolonie gelandet waren – letzteres konnten sie nach einer näheren Inspektion ihrer Umgebung jedoch gleich wieder ausschließen.

"Was ist, wenn das hier die Oberfläche eines echten Planeten ist?" schlug Zero aufgeregt zappelnd vor.

"Idiot – wir können unmöglich auf Zion sein! Wir waren ja noch nicht einmal in seiner Nähe!"

"Die einzige Erklärung hierfür ist, dass diese Anomalien im Weltall eine Störung im Raum-Zeit-Kontinuum waren und wir dadurch in einer anderen Dimension gelandet sind." vermutete Gareas und fing sich einen Blick von Seiten Hieads ein, der ihn mit Zero gleichzustellen schien.

"Du meinst also, dass das ein Dimensionsloch war...?" fragte Rio.

"Jep!"

"Nahe liegend."

Die Piloten und -anwärter schauten sich unschlüssig um. Hiead vermied es lieber, näher über die Umstände ihres Aufenthaltes an diesem eigenartigen Ort nachzudenken, befürchtete er doch, auch noch den Verstand zu verlieren, wie es seinen Mitstreitern anscheinend schon passiert war.

"He, wo willst du hin?" schreckte er die drei Piloten unvermittelt aus ihren Gedanken über die abstrusen Hirngespinste Gareas'.

"Mir ist langweilig" gab Zero zurück, der sich schon ein wenig vom Rest der Gruppe entfernt hatte. "Ich geh mal ein Stück und schau mich um." Der Junge vergrub seine Hände in den Hosentaschen und bog aufs grade Wohl in die nächst beste Straße ein, von denen es hier ein ganzes Labyrinth geben musste, dabei mit großen Augen die unglaublich hohen und ungewöhnlichen Gebäude betrachtend. Die anderen schauten ihm irritiert hinterher.

"Zero, was soll das denn?" rief Erts, rannte ihm hinterher und hielt ihn schließlich am Arm fest, bevor er den Blicken der anderen ganz entwischen konnte. "Du kannst hier doch nicht so einfach herumspazieren!"

"Warum denn nicht? Hier ist doch weit und breit niemand zu sehen!"

"Eben deswegen ja." meinte Gareas, der sich vor Zero aufbaute und ihm so den Weg versperrte.

"Hier könnten noch Victims versteckt sein. Und die Bewohner dieser Stadt. Wir wissen doch gar nicht, ob wir hier willkommen sind." redete der telepatisch begabte Junge auf seinen Freund ein.

"Na, dann lasst uns das doch herausfinden! Wenn wir jemanden treffen, fragen wir ihn einfach..." Zero horchte auf.

"Was ist?" fragte Rioroute, der den anderen hinterher geeilt war.

"Hört ihr das nicht? Dieses Summen?"
 

NERV hatte die Quelle des Summens schon ausfindig gemacht.

"Ich habe da was auf dem Bildschirm... Das sind schon wieder solche eigenartigen Wesen!" teilte Hyuga seinen Kollegen und Vorgesetzten mit und holte das Bild der Überwachungskamera, die besagte Kreaturen eingefangen hatte, auf den Hauptschirm.

"EVA-Piloten bereithalten! Sobald sie landen sollten umstellt ihr sie!" rief Kommandant Ikari von seinem Platz aus und wartete auf die Bestätigung seines Befehls.
 

"Da unten sind sie!" rief Hime und wies mit den großen Händen ihres Brains auf einen Punkt höchstens 500 Meter von ihnen entfernt, ein wenig verdeckt von den vielen Hochhäusern der Stadt.

"Sollen wir landen?" fragte sich Yū laut und verlangsamte vorsichtshalber schon einmal das Flugtempo.

»Geht vorerst nicht so nah heran, und bleibt immer in der Nähe der Brains!« ertönte die Stimme des Captains über Funk und Hime und Yū landeten mit einigem Abstand vor den Göttinnen und Pro-Ings auf dem, was aussah wie eine Hafenanlage.
 

»Shinji, Asuka! Ihr nehmt die rechte und linke Seite, wir kreisen sie ein!«

»Zu Befehl, First!« murmelte die EVA-02 Piloten spöttisch und verzog genervt das Gesicht. Doch die ursprünglich unbemerkte Aktion blieb nicht so unbemerkt, wie das NERV-Team es gerne gehabt hätte, denn die Brain Powerds bemerkten sehr wohl, dass sich die humanoiden Kampfmaschinen unbemerkt anschleichen wollten. Sofort begann wieder das Quieken und Kreischen der Brains, was ihnen die geteilte Aufmerksamkeit aller Beteiligten (im Freien stehenden) Menschen einbrachte. Hiead, der immer noch neben dem grauen Roboter mit der Aufschrift 87 stand, ging misstrauisch ein paar Schritte auf die Antibodies zu und schrak zurück, als sich an deren Unterseite Schleusen öffneten, aus denen ein Mädchen und ein Junge stiegen.

"Was soll das schon wieder?!" rief der Junge gereizt und befahl seinem Roboter, mit dem Schreien aufzuhören. Das Mädchen wandte sich derweil an den immer noch leicht schockierten Hiead.

"Entschuldigung, kannst du mir sagen, wo wir hier sind?" fragte sie und lächelte ihn ein bisschen hilflos an. Hiead erwiderte jedoch nichts, sondern drehte sich nur leicht verstört zu den Piloten und seinem Mitschüler um.

"Er versteht wohl unsere Sprache nicht" mutmaßte Yū und trat neben das Mädchen.

"Doch doch, das tut er!" rief Zero von weitem, bevor er und die Piloten sich wieder zu Hiead gesellten.

"Es tut uns leid, aber wir wissen selbst nicht, wo wir sind." beantwortete Erts Himes Frage und zuckte ratlos die Schultern. Ein erneuter Aufschrei Yū-Brains machte eine weitere Konversation unmöglich. Plötzlich begann die Erde unter dem gewaltigen Aufstampfen dreier weiterer Roboter zu beben. Eine der monströsen Maschinen trat vollends aus ihrem Versteck und näherte sich den erstarrten Menschen. Und zu allem Überfluss fing sie auch noch an, zu sprechen...
 

*******
 

"Also, wer seit ihr und wo kommt ihr her?"

Misato schaute fragend in die Runde. Nachdem die EVA-Piloten eigenständig und zum Missfallen Ikaris beschlossen hatten, die Unbekannten nicht anzugreifen sondern lieber zur Rede zu stellen, waren die Leute von der G.O.A. und die zwei Antibodies mit ihren Göttinnen, Pro-Ings und Brains den EVAs zum NERV-Hauptquartier gefolgt. Nun saßen sie mit einem Teil der NERV-Crew um einen großen Tisch herum in einem der unzähligen Gebäude im Inneren der Pyramide, die bei ihrer Ankunft definitiv einen bleibenden Eindruck bei ihren Besuchern hinterlassen hatte.

Gareas übernahm die Sprecherrolle für seine Mannschaft und berichtete kurz, was und warum es geschehen war. Auch Hime und Yū stellten sich vor und erzählten von der Novice Noah und dem plötzlichen Auftauchen der Stadt in ihrem Rücken. Erst danach erklärte sich die Majorin bereit, ihnen zu eröffnen, dass sie sich ganz und gar nicht mehr in ihren gewohnten Gefilden befanden...
 

Maya war derweil damit beschäftigt, sich die Göttinnen, Pro-Ings und Brains näher anzusehen. Doktor Ritsuko Akagi stand wie immer hinter ihr und studierte die Daten.

"Könnten wir sie einsetzen?" fragte Ritsuko nach Beendigung einer groben Analyse der Roboter und richtete sich auf, als sich die Tür öffnete und Kommandant Ikari den Raum betrat.

"Bericht."

"In Ingrids und Brain Powerds Lebenszeichen festzustellen. Allerdings kein anorganischer Aufbau wie bei den EVAs." Maya drehte ihren Stuhl, um Ikari direkt ansehen zu können. "Es sind eigenständige Lebewesen!" meinte sie aufgeregt.

"Also gehen sie eine Verbindung mit den Piloten ein..." murmelte Ritsuko, was ihr einen fragenden Blick seitens der jungen Technikerin einbrachte. Die Cheftechnikerin erwähne lieber nicht, dass "anorganisch" nicht unbedingt die richtige Beschreibung für die EVAs war.

"Können sie uns im Kampf dienen?" fragte Ikari und schaute zu dem Bildschirm auf, auf dem man direkten Einblick in die Cages hatte.

"Theoretisch schon..." Maya starrte wieder auf den Wust an Daten, den MAGI ihr unablässig lieferte. "Allerdings ist ohne jegliche Tests nicht festzustellen, welche Kräfte sie entwickeln können. Es ist fraglich, ob sie gegen Engel ankommen würden. Die Ingrids mögen ja wenigstens die richtige Größe mitbringen, aber was die Pro-Ings und Brain Powerds angeht..."

"Außerdem müssten ihre Piloten sich natürlich einverstanden erklären." fügte Doktor Akagi mit einem vielsagenden Blick hinzu.

"Das sollte kein all zu großes Problem darstellen." Damit machte Kommandant Ikari auf dem Absatz kehrt und verließ die Zentrale wieder, um sich die vermeintlichen Gäste seines Reiches genauer anzusehen.
 

"He, Ritsuko! Hast du Kaji gesehen?" Misato hatte gerade noch einen Zipfel des weißen Kittels ihrer Kollegin beim Vorbeigehen gesehen und stürmte nun aus ihrem Büro, dessen Tür sie gar nicht erst geschlossen hatte. Die letzten zwei Stunden war sie fast ununterbrochen quer durchs HQ hin- und hergerannt, hatte sämtliche Formalitäten abgearbeitet, von Aufnahme der Formalien der Neuankömmlinge bis hin zur Frage der Unterkunft der Piloten und das in Erfahrung bringen über sämtliche Vorgänge zur Wartung ihrer Maschinen, und auch wenn sie größtenteils nur andere Leute herumgescheucht hatte fühlte sie sich jetzt doch etwas ausgelaugt. Kaji hatte sie in der ganzen Zeit vergeblich gesucht.

"Der hat sich vorhin bereiterklärt, zur Novice Noah zu gehen, um die Leute dort ein bisschen auszufragen."

"Was!?"

"Wieso so geschockt? Hat er irgendwas verbroch..." Ritsuko kam nicht dazu, ihren Satz zu beenden, da sie mit einem gewagten Sprung der an ihr vorbeirasenden Misato ausweichen musste. Sie hörte ihre langjährige Freundin noch irgendwas von "dieser Idiot, ich habe doch extra Aoba gefragt" und "der will doch nur wieder schöne Frauen begrapschen" kreischen, ehe sie im nächsten Fahrstuhl verschwand. Die Blondine schüttelte ihren Kopf und setzte mit einem Schulterzucken ihren unterbrochenen Weg zum Kontrollraum fort.
 

"Toll, toll, toll! Das hab ich mir schon immer gewünscht...! Auf einem richtigen Planeten! Und so viele Göttinnen, äh, ich meine Evangelion... Toll, toll, toll!"

"Was ist denn mit dem los...?"

"Ach, einfach nicht beachten."

Hiead seufzte und bedachte seinen Rivalen mit seinem berüchtigten Was-für-ein-Idiot-Blick. Asuka neben ihm schüttelte nur ungläubig den Kopf, so viel Idiotie hatte in ihren Augen noch nicht einmal Shinji erreicht.

Die Children waren von ihrer Vorgesetzten beauftragt worden, die Fremden ein bisschen mit dem HQ und den Regeln dort vertraut zu machen, allerdings waren die meisten von ihnen viel zu sehr damit beschäftigt, sich über Zero lustig zu machen, der wie ein kleines Kind durch die Cages hüpfte und sich die EVAs, Brains und Göttinnen ansah, als wirklich etwas von ihren Erklärungen mitzubekommen.

"...Und mit diesen Riesen könnt ihr umgehen?" Yū betrachtete eines der riesigen Augen von EVA-01, vor dem er gerade stand. Er war es nicht gewohnt, auf einer 40m hohen Plattform stehen zu müssen, um buchstäblich auf Augenhöhe mit einem Roboter zu sein.

"Wie macht ihr das?" wollte auch Hime wissen, die sich vorher liebevoll mit den Evangelion und Ingrids zu unterhalten versucht und sich gewundert hatte, dass sie nicht antworteten.

"Das funktioniert alles per Nervenübertragung. Dafür haben wir spezielle Verbindungen mit ihnen. Es dauert zwar eine Weile, bis man sich daran gewöhnt hat, aber im Grunde genommen ist das eine sehr simple Sache..."

"Das sagst du doch bloß, weil deine Synchrorate die Beste ist..." murmelte Shinji leise, was Asuka aber zu seinem Leidwesen mitbekam. In den nächsten paar Minuten schallte also das Gemecker Asukas und Wehklagen Shinjis durch die Cages, was aber keinen der Mitarbeiter sonderlich störte, da das ja bekanntlich zum Alltag gehörte. Die Piloten und Antibodies versuchten, es zu ignorieren.

"Die führen sich immer so auf." meinte Rei kurz angebunden und führte die Gruppe zum Schluss ins Central Dogma. Dort trafen die Fremden dann auch das erste Mal auf Ritsuko – Ikari, der sie zuvor schon eine Weile beobachtet hatte, saß nun wider an seinem angestammten Platz und inspizierte sie mit seinem typischen kalten Blick. Misato hatte er befohlen, ihr Auftauchen gegenüber SEELE vorerst geheim zu halten. Auch wenn er nicht die Hoffnung hegte, dass das Geheimnis lange eines bleiben würde.

"Hat der irgendwas gegen uns...?" flüsterte Zero Shinji zu, der sich mittlerweile vor Asuka retten konnte.

"Nein nein," flüsterte der mit einem Seitenblick auf seinen Vater zurück. "Er guckt immer so."

"Einen netten Vater hast du da."

Shinji seufzte ergeben.

"Ich bin Van Fanel, und im Namen Escaflownes werde ich dich bestrafen!"

"RYŌJI KAJI!!!"

Die gesamte Besatzung auf der Novice Noah zuckte synchron erschrocken zusammen. Sie dachten schon, der Alarm wäre wieder losgegangen und sie würden angegriffen, doch der tatsächliche Grund für den Tumult war eine militärisch gekleidete, vor Wut bebende Frau, die soeben das Schiff erstürmt hatte.

"Ryōji Kaji, WO BIST DU?!" schrie sie noch einmal, doch auch diesmal antwortete ihr niemand - wer hätte auch antworten sollen? Der Betroffene etwa? Das hätte er sicherlich nicht mit seiner Lebensversicherung vereinbaren können, denn Unfälle, wie sie bei einem solchen Wutpotential bevorstanden, wurden davon sicherlich nicht abgedeckt. Mit einem enormem Tempo, einer ebenso enormen Lautstärke und einem Gesichtsausdruck, der eindeutig klar machte, dass man sie auf keinen Fall ansprechen sollte, stampfte die Fremde einmal quer durch das gesamte Schiff auf der Suche nach Unbekanntem Nummer 2. Als sie schließlich auf dem Oberdeck angekommen war, brachte der Anblick, der sich ihr dort bot, das Fass im wahrsten Sinne des Wortes zum überlaufen.

"RYŌJI KAJI! ANGEHÖRIGER DER ABTEILUNG ZUR SONDERBEOBACHTUNG VON NERV! ICH GEBE IHNEN HIERMIT DEN N-A-C-H-D-R-Ü-C-K-L-I-C-H-E-N BEFEHL, DIESE FRAU DORT AUF DER STELLE IN RUHE ZU LASSEN!"

Wenn es vorher jemand noch nicht mitbekommen hatte - jetzt wusste er hundertprozentig, dass sich eine sehr exzentrische, ungemein eifersüchtige Frau auf der Novice Noah auf der Suche nach einem gewissen 'RYŌJI KAJI' befand, und diesen aller Wahrscheinlichkeit nach auch gefunden hatte. Oberärztin Aileen Career war dafür allerdings sichtlich dankbar, da sie nun endlich die Gelegenheit hatte, sich aus dem Griff des großen, durchaus kräftigen Mannes zu befreien, der schon seit geraumer Zeit an ihren Nerven zerrte, um nicht zu sagen an ihren Klamotten, denn so unbegründet war die Eifersucht der Fremden nicht...
 

Der brummende Schmerz in seinem Schädel war das Erste, was Kaji nach seinem Erwachen spürte. Neben seinem Krankenbett stand die Frau, die er zuvor ausgiebig aus-, ähm, befragt hatte, und studierte einige Krankenblätter. Wo aber die Frau war, dem er die Prellungen, blauen Flecken und gefährlich wackelnden Zähne zu verdanken hatte, wagte er nicht, zu fragen...
 

An Land war derweil wieder der Alltag eingetreten - die normalen Menschen gingen ihren normalen Tätigkeiten nach und auch bei NERV liefen schon wieder die üblichen Synchrotests ab. Die - ebenfalls normalen? - Gäste NERVs schauten sich den Ablauf interessiert an; sogar Misato, die erst eine viertel Stunde zuvor mit hochrotem Kopf von ihrem mysteriösen Ausflug zurückgekehrt war, ging schon wieder ihrem Job nach.

"Keine Komplikationen. Synchroraten im normalen Bereich." stellte Maya nüchtern fest. Und da auch sonst keine Angriffe von Seiten der Engel nach Auffassung von SEELE in nächster Zeit zu erwarten waren, mussten sich die Children wohl oder übel wenigstens für den Nachmittagunterricht auf ihren Weg zur Schule machen, die jetzt natürlich weiterging, nachdem die Sicherheitsbunker wieder geschlossen waren. Die Children waren zwar alles andere als erbaut, dass sie lernen mussten während ihre Gäste faul herumhängen konnten, doch ein kurzer Blick der immer noch zornigen Misato erstickte jeden Protest.

Da NERV weiterhin damit beschäftigt war, die fremden Kampfmaschinen in den Cages genauestens zu untersuchen, um zu ergründen, wie sie sie wieder zum laufen bringen konnten – die Brains waren nicht das Problem, aber bei den Pro-Ings und Göttinnen zeigte sich schnell, dass externe Hilfe nötig war, um sie, man möge diesen unwürdigen Ausdruck verzeihen, anzuschalten – und deren Piloten dank mangelnder Kenntnisse um die Technik in diesem Universum bis dahin nur wenig von Nutzen waren, beschlossen diese, ein wenig die Stadt zu erkunden und auch der Novice Noah einen Besuch abzustatten. Einige der dortigen Techniker hatten sich mit denen des NERV HQs zwecks Informationsaustausch zusammengetan, doch die meisten saßen ziemlich gelangweilt auf ihrem Schiff herum und würden sicherlich etwas Ablenkung gut gebrauchen können – leider war Misatos Besuch zu kurz gewesen, um ihn wirklich auskosten zu können.

NERV lieh den Piloten unauffälligere Klamotten, damit sie unter der Stadtbevölkerung nicht noch mehr herausstachen, als sie es so schon tun würden, und gab ihnen dazu noch einen Stadtplan mit. Sie hätten ihnen noch einen Mitarbeiter als Führer bereitgestellt, doch im Moment herrschte chronische Überlastung aufgrund der vielen Daten, die es zu erfassen und auszuwerten gab, nicht zu vergessen die Frage, wie sie das Dilemma irgendwie rückgängig machen konnten, der es nachzugehen galt, als das auch nur einer von ihnen entbehrlich war.

Endlich wieder oberhalb des Meeresspiegels begab sich der Trupp "Außerirdischer", wie sie Hyuga zuvor liebevoll getauft hatte, zuerst zum Schiff, um sich dort bekannt zu machen und alle Interessierten mit sich zu nehmen, und lief dann als Art Touristengruppe kreuz und quer durch die Stadt, schaute sich hier und da mal etwas an und machte sich später sehr ernüchtert auf den Weg zurück zum Schiff. Viel hatte Neo Tokio-3 nicht zu bieten, weshalb sie nach einigen Stunden gelangweilt darauf hofften, im HQ endlich etwas zu tun zu bekommen. Doch kaum, dass sie die Hafenanlage schon wieder verlassen hatten bohrte sich plötzlich direkt vor ihnen ein greller Lichtstrahl in den Boden und ließ einen im Vergleich zu ihnen recht ungewöhnlich gekleideten Jungen zurück, der mit einem Schwert in der Hand wie wild die Luft zu erstechen versuchte. Abrupt hielt er inne.

"...Wo ist er hin...?" murmelte der Unbekannte und wandte sich, als er sie bemerkte, an die perplex dreinschauenden Jugendlichen. "Habt ihr ihn gesehen? Wo ist dieser vermaledeite Drache hin?!"

Da ihm Hiead und Co. da allerdings nicht weiterhelfen konnten gingen sie desinteressiert an dem sich noch immer misstrauisch in der Gegend umschauenden Jungen vorüber und nahmen ihre unterbrochenen Gespräche über das Sein und nicht Sein des Kohlenstoffdioxids im LCL und warum ein Marmeladebrot grundsätzlich mit der Marmeladeseite nach unten auf dem Boden landete und was wohl passieren würde, wenn man besagtes Marmeladebrot auf den Rücken einer Katze band, wieder auf.

Die NERV-Mitarbeiter schauten nicht schlecht, als die Gruppe von ursprünglich 6 Jungen und einem Mädchen plötzlich als Gruppe von 7 Jungen und einem Mädchen zurückkehrte.

"Wer ist das?" fragte Misato verwirrt und zeigte an ihnen vorbei auf den Fremden. Die Jugendlichen drehten sich fragend um.

"Ach, der ist uns vorhin zugelaufen..." meinte Zero Enna schulterzuckend, der es nicht für nötig empfunden hatte, seine Kollegen darüber zu informieren, dass er den Fremden kurzerhand mitgenommen hatte. Major Katsuragi blinzelte nur kurz perplex und wandte sich dann, die Arme resigniert in die Luft werfend, in Richtung ihres Büros, um den ganzen Papierkram vom Morgen erneut hervorzukramen und zu ergänzen.

"Sagt Kommandant Ikari lieber erst mal nichts von unserem neuen Gast..." murmelte sie noch, ehe sie außer Hörweite der Jungen und Mädchen war.

"Komm mit" meinte Zero daraufhin kurzerhand und führte den Neuankömmling zu den Unterkünften, die NERV seinen Gästen zugewiesen hatte.
 

"Suzuhara, jetzt warte doch mal!" rief Hikari, während sie Tōji keuchend hinterher rannte, und blieb dann, die Hände auf die Oberschenkel gestützt, hinter ihm stehen, nachdem er endlich angehalten hatte. Das Fourth Child drehte sich zu der Kleineren um und sah sie verwundert an.

"Was ist denn los?" fragte er und schwang sich seine Tasche über die Schulter.

"Brauche ich denn unbedingt einen Grund, dir hinterherzulaufen?" stellte das Mädchen eine Gegenfrage und grinste den Jungen an.

"Natürlich nicht..." Ohne ein weiteres Wort lief Tōji weiter, Hikari schweigend neben ihm.

"Wo willst du hin?" fragte sie dann doch nach einer Weile, nur, um überhaupt etwas zu sagen.

"Zur GeoFront." meinte Tōji, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, an einen Ort zu gehen, den die meisten Menschen gerade mal vom Hörensagen kannten.

"Aber ist deine... Maschine nicht zerstört worden...?"

"Schon, aber ab und zu muss ich mich im HQ melden, schauen, ob es was Neues über den fortschreitenden Bau meines neuen EVAs gibt..." Die Schulsprecherin sah ihren Klassenkameraden prüfend an.

"Was ist denn los? Seitdem du wieder in der Schule bist redest du gar nicht mehr mit mir."

"Was soll schon sein?"

"Du kannst es mir ruhig sagen, immerhin hast du mir doch versprochen, mir zu sagen, wenn du Probleme hast..."

"Ich habe keine Probleme."

"Klar, sicher. Du hast nie Probleme. Wie immer. Tōji, ich mache mir doch nur Sorgen!"

"Du brauchst dir keine Sorgen zu machen." Der Junge blickte zu dem ihn böse anfunkelnden Mädchen hinab. Dann lächelte er. "Kennst du das, wenn man so ein beklemmendes Gefühl im Bauch hat...? Es macht dich ganz krank, und du kannst keinen vernünftigen Gedanken mehr fassen."

"Natürlich - das nennt man Angst."

"Und weißt du, wovor ich Angst habe? Ich habe eine scheiß Angst, irgendwann wieder in diesen Evangelion einsteigen zu müssen. Irgendwann wird es einen Ersatz geben, und dann werde ich zusammen mit Shinji, Asuka und Ayanami in den Kampf ziehen müssen. Shinjis Vater hat ohne mit der Wimper zu zucken die Zerstörung meines Evangelion befohlen, nachdem sich der Engel in ihm eingenistet hatte... Es war ein schreckliches Gefühl, zu wissen, dass man im Grunde genommen überhaupt keine Chance hat, lebend aus der ganzen Scheiße rauszukommen. Es hätte schlimmer ausgehen können, als ein paar Monate Krankenhaus."

Hikari schwieg. Sie hätte ihm gerne gesagt, dass er sich keine Sorgen machen müsse - NERV würde schon aufpassen, dass nicht wieder so etwas passierte -, doch sie belehrte sich eines Besseren. Im Grunde war es NERV egal, was aus den Piloten wurde, solange sie nur ihren Job erledigten.

"Huhu, ihr Turteltäubchen!" ertönte da die liebliche Stimme Kensukes hinter ihnen und zerstörte den einzigen einigermaßen ernsten Moment in der gesamten Geschichte. Tōji und Hikari drehten sich gleichzeitig um - und blieben wie angewurzelt stehen. Grund war ein Mädchen von etwa 16 oder 17 Jahren, das ihr Freund und Klassenkamerad im Gepäck hatte - samt einem wundersam anmutenden Roboter, der einem EVA eigentlich gar nicht mal so unähnlich war, wenn auch ungleich kleiner und grober gebaut. Das Mädchen hatte kurze, braune Haare und war mit einer Art Schuluniform bekleidet, die ganz anders aussah, als die, die sie selbst trugen.

"Wer ist das?" fragte die Schulsprecherin mit unverhohlener Verwunderung, da sie es nicht gewohnt war, so eine Maschine auf der Straße herumlaufen zu sehen. Die normale Bevölkerung hatte die EVAs noch nie zu Gesicht bekommen, und dementsprechend zogen die nunmehr 4 jungen Erwachsenen auch sämtliche Blicke auf sich, was die Tatsache, dass in diesem Moment auch noch ein blonder, fast androgyn wirkender junger Mann aus dem Roboter stieg, nur verstärkte.

"Das sind Hitomi und Allen, der Roboter heißt Sherazade." klärte Kensuke seine Freunde auf und zeigte auf den jeweils Benannten.

"Ah ja..." meinte Tōji nur und schaute verstohlen zu der sich langsam um sie versammelnden Menschenmenge.

"Vielleicht wäre es ganz gut, wenn wir weitergehen... NERV wird das hier bestimmt interessieren..."
 

"WAAAS!?"

Misato stand geschockt im Central Dogma und starrte mit offenem Mund auf den Bildschirm für die Cages, auf dem sich gerade ein weiterer Roboter – Guymelef, wie sie später richtig gestellt wurde - breit machte. Der Junge von vorhin, er hatte sich ihr als Van Fanel, Prinz von Fanelia, vorgestellt, war ihm dabei behilflich, während das Mädchen, Hitomi, Suzuhara, dessen etwas eigenartiger Freund Kensuke und Hikari, die ihr ja schon als Freundin Asukas bekannt war, neben Misato standen und zuschauten.

"Nicht schon genug, dass du Zivilisten hier rein gebracht hast - was hast du dir eigentlich dabei gedacht!?" schrie die Majorin das Fourth Child an und deutete anklagend auf Sherazade und seinem langhaarigen Besitzer.

"Was hätte ich denn tun sollen - sie etwa dort stehen lassen?"

Misato verstummte, da ihr dazu kein passendes Gegenargument einfiel. Stattdessen setzte sie sich auf einen der zurzeit leeren Stühle der Leutnants und vergrub ihren Kopf seufzend in den Händen.

"Kommandant Ikari wird mich lynchen..." murmelte sie und schenkte den nun zur Tür hereinmarschierenden Menschen des, wie sie behaupteten, Planeten Gaia nur einen kurzen, missbilligenden Blick.

"Ein unerwarteter Angriff (oder: Die Ghoul-Invasion)"

"WOOOOW!!!"

Mit einem Gesicht, das wohl jedes Kind macht, das ein neues, supertolles, absolut geniales und ultimatives Spielzeug entdeckt hat, lief Kensuke schnellen Schrittes durch die Gänge des NERV-HQ. Er kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und hätte Tōji wohl am liebsten dafür geheiratet, dass er ihn mit zur GeoFront genommen hatte. Da dieser ihm dann allerdings höchstwahrscheinlich den Kopf abgerissen hätte, ließ er dies lieber bleiben. Er hätte niemals geglaubt, jemals durch diese Gänge gehen, oder überhaupt mit irgendeinem der Leute von NERV reden zu dürfen, geschweige denn, zweier der auserwählten Children als Freunde zu haben. Auch die Schulsprecherin schien solche oder zumindest ähnliche Gedanken zu haben, denn sie konnte ihre Blicke gleichermaßen nicht von all dem technischen Schnickschnack ablenken, der sich hinter jeder Tür verbarg, die sich hier und da zufällig durch Hände der NERV-Mitarbeiter vor ihnen öffnete. Die beiden Zivilisten hatten es vorgezogen, sich trotz des Wissensdrangs seitens Kensuke - eigentlich hatte es Hikari im Alleingang beschlossen und schleifte ihren sich heftig wehrenden Klassenkameraden momentan hinter sich her - wieder auf den Nachhause-Weg zu machen – nicht, dass Misato sie länger als nötig dabehalten hätte, schließlich könnte Ikari sie im schlimmsten Fall sehen und auf der Stelle exekutieren lassen -, da im HQ zur Zeit ja ein ziemliches Durcheinander zu herrschen schien, was sie zufällig aus ein paar Gesprächsfetzen erfahren hatten, in denen es darum ging, das irgendwelche Fremden wohl ihr Lager bei NERV errichtet hätten. So genau wollten sie - soll heißen Hikari - das aber gar nicht wissen, am Ende würden sie selbst noch in diese ganze Verschwörungssache mit hineingezogen werden. Obwohl das für den männlichen Part des Zweiergespanns wohl gar nicht mal so unerfreulich gewesen wäre.

Und welch Glück sie doch hatten, stand die nächste Katastrophe doch schon buchstäblich vor den Türen NERVs und verschaffte sich rücksichtslos Einlass...
 

Alucard trat aus einem seiner Dimensionstore und betrat damit ein Fleckchen Erde, das nun so gar nicht zu den Straßen Londons passen wollte, die der Vampir gewohnt war, und er befand sich auch nicht im Arbeitszimmer seines Meisters, wie er es eigentlich ursprünglich geplant hatte. Nicht, dass er dies erwartet hätte - oder auch nicht erwartet hätte, denn er erwartete prinzipiell alles, zog sogar fliegende Kühe als mögliche Realität in Betracht, denn er war ja so einiges gewohnt -, aber sich mitten in einem dunklen Wald wieder zu finden, darauf war er nun doch nicht vorbereitet gewesen. Der Vampir hob seinen Kopf und blickte zum Himmel, an dem der Mond in all seiner Pracht strahlte. Kein Blutmond - eigentlich schade. Dafür lag aber hinter dem Mond ein weiterer Planet, der der ihm bekannten Erde gar nicht mal so unähnlich war. Ein äußerst interessanter, wenn auch etwas langweiliger Anblick, zumal es hier überhaupt nichts gab, was er hätte erschießen können. Kurz entschlossen öffnete er also ein weiteres Dimensionstor.
 

"Oh, mein Gott! Angriff!! Angriff!!! Angriff!!!! Wir werden Angegriffen!!!!!!"

Der panische Gesichtsausdruck Mayas machte die Meldung, die soeben in allen Gängen von NERV zu hören gewesen war und noch immer mit ohrenbetäubender Lautstärke von der kreischenden Sirene untermalt wurde, nicht besser. Die junge Frau, die ohnehin immer etwas blass um die Nase aussah, saß zu einer Säule erstarrt auf ihrem Stuhl und blickte zu den vielen Bildschirmen hoch, der wie immer einige wichtige Orte inner- und außerhalb der riesigen Pyramide zeigten. Und das, was auf einigen von ihnen zu sehen war, war nichts, was die Leute von NERV gewohnt waren oder überhaupt jemals hatten sehen wollen...

Doktor Ritsuko Akagi kam so schnell es ging in die Zentrale gerannt, da natürlich auch sie die Durchsage über die Lautsprecher, welche überall im HQ angebracht waren, nicht überhört hatte. Dicht gefolgt von Misato, den anderen beiden First Leutnants und den restlichen Mitgliedern des taktischen Stabes musste auch sie sich mit einer Horde von Menschen, die auf dem Bildschirm gerade durch einen Gang ganz in der Nähe der Cages taumelten, konfrontiert sehen. Bei näherer Betrachtung sahen sie dann aber eigentlich doch nicht wirklich wie Menschen aus, zumindest nicht wie lebende. Da machte es nicht unbedingt erfreulicher, dass die Kreaturen mittlerweile von wirklich allen Überwachungskameras eingefangen wurden...
 

Noch während er durch das Tor trat, um die Welt, in die er sich verirrt hatte, wieder zu verlassen, wurde ihm bewusst, dass er nicht allein in diese eigenartige Dimension gekommen war. Die Präsenz seines Meisters, die er einfach immer und überall, egal unter welchen Umständen würde wahrnehmen können, war nun deutlich zu spüren, jedoch war es schon zu spät...

Kaum auf der anderen Seite angelangt, musste der Blutsauger seine Erkenntnis, dass er soeben seinen geliebten Meister in einer völlig unbekannten Sphäre zurückgelassen hatte, zur Seite drängen, da ihn just in diesem Moment eine Horde Ghouls zu überrennen drohte. Mit einer reflexartigen Aufhebung einer Bannstufe, die er dem Chromwell-Siegel zu verdanken hatte, und der partiellen Freisetzung eines Teiles seiner Kräfte entledigte sich Alucard seinem Ghoul-Problem. Aber natürlich war dieser kurze Frieden nicht von langer Dauer; schon den Bruchteil einer Sekunde später kamen weitere Untote um die Ecke gebogen. Doch diese sollten nicht die einzigen sein...
 

"Alucard, komm auf der Stelle wieder her!!!" Der äußerst erzürnte, vor Wut nur so kochende Ruf Sir Hellsings ging im allgemeinen Getöse der sich nähernden Guymelef-Truppe unter, der Integral nur durch einen gekonnten Hechtsprung in die Büsche am nahen Waldesrand entgehen konnte und somit verhinderte, zertreten zu werden. Die stählernen Roboter rannten ohne sie zu bemerken an ihr vorbei und verschwanden im Schatten der Bäume, so schnell, wie sie gekommen waren. Integral Hellsing trat aus dem vermeintlichen Versteck wieder hervor und hätte sich am liebsten dafür verflucht, überhaupt hineingegangen zu sein. Seit wann 'versteckte' sich ein Hellsing vor etwas? Allerdings konnte es Integral eigentlich niemand verübeln, wenn man die Tatsache, dass ja nicht einmal klar war, was da gerade vorbei gerannt war, in Anbetracht zog...

Ein anfangs unsicheres Tapsen, das sich dann rasch näherte, ließ Integral wieder hochschrecken. Anscheinend war das hier ein häufig benutzter Weg, der einem Fremden vielleicht helfen, vielleicht aber auch den Kopf kosten konnte, den im Allgemeinen doch jeder ganz gern auf den Schultern behält. Kam eben ganz darauf an, wer des Weges kam.

"Allen!" Noch ehe sich Sir Hellsing bewusst wurde, wer da gerade gerufen hatte, klammerte sich schon etwas sehr flauschiges an die Beine der großen blonden Frau und schien auch nicht die Absicht zu haben, diese in den nächsten Sekunden wieder loszulassen.

"Allen, endlich habe ich dich gefunden! Ich hab schon gedacht, ihr lasst mich alle allein..." Das beinahe bemitleidenswerte Schluchzen der pelzigen Kreatur wurde jäh unterbrochen, als ein gleißender Lichtstrahl Integral und ihren - im wahrsten Sinne des Wortes - Anhänger einhüllte und mit sich in die Höhe zog.
 

Als Integral die Augen wieder öffnen konnte ohne Angst haben zu müssen, wegen dem hellen Licht erblinden zu können, fand sie sich zu ihrer Verwunderung in einem Haufen Ghouls wieder, der sie noch ein Stück mit sich zog und dann einer nach dem anderen vor ihr zu Staub zerfiel, ohne eine Chance zu haben ihr ans Leder zu können. Das Etwas, das sich noch immer - mittlerweile aus Angst noch fester - an ihre Beine klammerte, schaute an ihr hoch und hielt verdutzt inne.

"Aber du bist ja gar nicht Allen!"

Sir Hellsing blickte mit zu Schlitzen verengten Augen zu dem kleinen Katzenmädchen herunter. "Ach, was du nicht sagst..."
 

"Oh, mein Gott! Was... äh... wer ist das!?" kreischte Maya beim Anblick Alucards, der soeben wie aus dem Nichts in einem der Flure der Hauptquartiers aufgetaucht war, eine Horde dieser eigenartigen, Menschen-ähnlichen Monster erledigt hatte und verdammt viel Spaß dabei zu haben schien. Die Gäste von NERV hatten sich fluchtartig ebenfalls im Kommandoraum eingefunden, um nicht zu sagen dort verbarrikadiert, da es ihnen draußen etwas zu gefährlich geworden war. Umso größer war natürlich das Geschrei der Leute aus Gaia, als Merle plötzlich mit einem großen, blonden, und Allen auf den ersten Blick ziemlich ähnlichen Mann im Kampfgetümmel auftauchte, sich an dessen Beine klammerte, als würde ihr Leben davon abhängen - vermutlich tat es das ja auch - und der Mann das kleine Katzenmädchen befremdlich anstarrte, schließlich etwas zu ihm sagte und eine Waffe aus einer Tasche seines Mantels zu Tage förderte.

Die Ghouls hatten sich schon fast im gesamten HQ breit und einige Mitarbeiter, die sich nicht rechtzeitig hatten retten können zu ihresgleichen gemacht, sodass sich die ohnehin schon unglaublich große Invasionsarmee erheblich vergrößert und im Gegenzug die Anzahl der sich ihnen entgegenstellenden - oder wohl eher mehrheitlich flüchtenden - Leute von NERV arg dezimiert worden war. Da sämtliche Kampfmaschinen zu groß waren, um sich in der Pyramide bewegen zu können - man wollte doch gern den Schaden so klein wie irgend möglich halten -, sich die restlichen Piloten mit der Ausnahme Himes und Yūs sowieso in der Zentrale befanden und zu den Cages momentan auch kein Durchkommen war konnten Einsatzleiter und Mannschaft nur hoffen, dass dieses großgewachsene rote Etwas, das man bisher noch nicht eindeutig als irgendeiner Spezies zugehörig hatte identifizieren können, obwohl es einem Menschen ja zumindest ähnelte, das Problem für sie beseitigen konnte, was es ja schon ausreichend demonstriert hatte. Welch Schock versetzte es den leidgeprüften Crewmitgliedern doch, als sie hilflos mit ansehen mussten, wie der Vampir auch einige ihrer eigenen Leute gnadenlos pulverisierte. Der andere Mann hatte sich ebenfalls nach einem kurzen Gespräch mit Ersterem an die Vernichtung der Eindringlinge gemacht, schien dabei allerdings nicht halb so viel Spaß, oder was immer der in rot Gewandete dabei empfand, zu haben, sondern blickte mit einem grimmigen Gesichtsausdruck einher, der einen vermutlich durchaus durch seine bloße Intensität niederstrecken konnte. Und zum Verdruss von Mayas ohnehin schon überstrapazierten Nerven bewegte er sich langsam, aber unaufhörlich, in ihre Richtung.
 

"Guten Tag, Meister! Welch Freude, dich hier zu sehen..." Sein Gesichtsausdruck, der Ton seiner Stimme, die Tatsache, dass er hier war, dass sie hier war, und dass dieses Fellknäuel noch immer hinter ihr herdackelte, als wäre sie der Erlöser höchstpersönlich; überhaupt alles, die bloße Existenz dieses Ortes, der so kläglich gegen eine solch primitiv - nämlich überhaupt nicht - bewaffnete Ghoul-Truppe standhielt, gingen ihr ganz gehörig auf die Nerven.

"Erspar dir das, Alucard! Sag mir lieber, was das hier soll!"

"Leider kann ich dir diese Frage nicht beantworten, und diese Ghouls hier wohl auch nicht mehr..."

"Alucard!" Aufgebracht streckte Integral, um sich wenigstens ein wenig abzureagieren, mit ein paar Silberkugeln die ihr auf den Pelz rückenden Ghouls jeweils mit einem einzigen gut gezielten Schuss nieder, was bei den Leuten von NERV, die ihr Handeln auf dem Monitor verfolgten, eine Mischung aus Bewunderung und Panik ob ihrer Fähigkeiten auslöste. Ihr Pet-Vampire, wie die englischsprachigen Autoren Alucard liebevoll zu bezeichnen pflegen, schenkte seinem Meister eines seiner Grinsekatze-Grinsen, was ihrer Laune nicht unbedingt als verbessernd zuträglich war, und deutete den Gang entlang in die Richtung, aus der die Untoten als Erstes auf das ungleiche Paar getroffen waren.

"Dort kann ich noch ein paar Menschen ausmachen..." meinte der Vampir und lief mit einem vorfreudigen, etwas irren Lachen den flüchtenden Ghouls hinterher, die offenbar bemerkt hatten, dass es für sie besser war, sich tunlichst aus dem Staub zu machen – bevor sie tatsächlich zu Staub zerfielen.

Sir Hellsing stapfte gereizt und mit dem Katzenmädchen im Schlepptau Alucard hinterher, denn, wer auch immer hier das Sagen hatte - sie würde ihm den Kopf waschen, dass ihm hören und sehen verging. Die Existenz einer so disziplinlosen Militärzentrale - oder was immer das hier sonst so war - machte sie wütend. Es war einfach erbärmlich, dass man hier nicht einmal mit ein paar so schlappen, völlig unbewaffneten Ghouls fertig wurde. Und wenn nicht bald etwas unternommen wurde, dann würden am Ende wohl nicht mehr sonderlich viele Menschen übrig bleiben, um dies zu erledigen, sondern lediglich ein paar hirnlose Ghouls, die Alucard sicherlich mit Freude ins Jenseits befördern würde, um sie in den Vorhöfen der Hölle grillen zu lassen. Außerdem, verdammt noch mal, wollte sie endlich wissen, wo sie hier eigentlich war. Und mindestens ebenso interessant und nachdrücklich war ja die Frage: Warum?
 

Kommandant Ikari war von seinem Stuhl aufgesprungen und schaute sich das Szenario mit zu Fäusten geballten Händen an - eine Reaktion, die beim sonst so völlig beherrschten, ruhigen, beinahe teilnahmslosen Kommandanten selten zu beobachten war.

"Wie sieht es draußen aus?" verlangte er zu erfahren, was Aoba dazu veranlasste, die Außenkameras zu überprüfen. Von denen war jedoch nicht eine mehr intakt, da sie allesamt dem Angriff zum Opfer gefallen waren. Ikari hätte sich wohl am liebsten die leicht ergrauten Haare gerauft, wenn er sich nicht eines besseren besonnen und es, schon seines Ansehens wegen, sein lassen hätte.

"Wo sind die Children?" fragte er barsch und warf einen flüchtigen Blick auf den Bildschirm für die Cages, was ihm seine Frage eigentlich schon beantwortete.

"Bei den EVAs..." meinte Maya trotzdem und versuchte, die Piloten über Lautsprecher zu erreichen. Selbige schienen aber auch nicht mehr bei bestem Gesundheitszustand zu sein, denn die drei reagierten nicht auf ihren Ruf.

"Sie scheinen die gesamte technische Ausrüstung zunichte gemacht zu haben" mutmaßte Ritsuko, während sie sich auf die Stuhllehne Mayas stützte.

"Ein Glück, dass MAGI ein eigenes Stromaggregat hat..."

"Ich gehe sie holen" meldete sich da Gareas und wollte schon zur Tür raus, als er von Misato aufgehalten wurde.

"Alleine gehst du nirgendwo hin!" sagte sie in einem Ton, der keine Widerrede duldete. Das hatte zur Folge, dass sich kurzerhand alle anwesenden G.O.A.-Piloten und -anwärter auf den Weg zu den Children machten, um sie in die Zentrale zu holen und auf jeden Fall erst einmal die Situation zu erläutern. Außerdem hieß es noch zu versuchen, Hime und Yū aufzutreiben, da die beiden seit geraumer Zeit verschollen waren. Die anderen blieben etwas verunsichert zurück und widmeten ihre volle Aufmerksamkeit wieder den Bildschirmen.
 

"Hilfeee!!!"

Mit einem panischen Gesichtsausdruck und schier unglaublicher Geschwindigkeit rannten der Junge und das Mädchen den nur schwach beleuchteten Gang entlang, da die meisten Lampen entweder von Silberkugeln durchlöchert oder mit einer so dicken Staubschicht bedeckt waren, dass die Sehkraft der beiden Jugendlichen sichtlich behindert wurde. Sie hatten gerade noch zwei einigermaßen lebendig – erst später sollten sie die Ironie dieser Aussage verstehen - wirkende Personen um die Ecke biegen sehen, die ihnen mehr als gelegen kamen, da sie gerade erst nur knapp einer Horde von diesen grotesken Monstern entkommen waren. Jedoch blieben besagte Personen auf ihren schallenden Ruf hin so plötzlich stehen, dass sie, kaum abgebogen, prompt in sie hineinliefen und unsanft auf ihren Hinterteilen landeten. Der Blauhaarige schüttelte kurz benommen den Kopf und lenkte seinen Blick dann neben sich, direkt auf etwas flauschiges, mit großen Katzenohren ausgestattetes und gestreiftem Fell Überzogenes. In der Annahme, dass ihm seine Sinne sicherlich nur einen Streich spielten schaute er an den Hosenbeinen, an denen sich die Kreatur klammerte, hinauf, an einer blanken Pistole vorbei in ein Gesicht mit zu schlitzen verengten, eisblauen Augen. Anscheinend hatte das Mädchen neben ihm genau das gleiche, mit einem ähnlichen Resultat und identischem Gedankengang getan, denn wie auf Kommando sprangen sie auf und rannten mit einem Kreischen, das entfernt an "HIIIILFEEEE!!!!!" erinnerte, wieder davon, offenbar von dem Gedanken 'vom Regen in die Traufe' beseelt.
 

Beunruhigte Blicke wandten sich zum Eingang, als sich die automatischen Türen öffneten und der große Blonde die Zentrale betrat, als gehörte sie ihm allein.

"Drei Fragen" schallte eine befehlsgewohnte, ziemlich erzürnt klingende Stimme durch den Raum. "Erstens: Wo bin ich; zweitens: Wer sind sie; und drittens: Haben sie Silbermunition?"

Vollkommene Stille trat ein.

Keiner bewegte sich oder traute sich, auch nur zu atmen. Alle, bis auf Ikari.

"Und wer sind Sie?"

Er sollte die Frage schon bald bereuen.

Die fremde Person stampfte zu dem Schreibtisch des - in ihren Augen - unerhört vorlauten Mannes und knallte ihre Hände mit solcher Wucht auf die Tischplatte, dass man sich trotz ihrer metallenen Eigenschaft ernsthaft fragen musste, wie sie dies heil überstehen konnte.

"Sir-Integral-Fairbrook-Wingates-Hellsing" knirschte der Fremde mit den blonden Haaren, der Allen so ähnlich sah. "Und ich bin mordsschlecht gelaunt. Also würden Sie bitte die Güte besitzen, mir meine Fragen zu beantworten!" fügte er nach einer kurzen Pause keinen Deut weniger unfreundlich oder fordernd hinzu.

Sein Gegenüber hatte seinen Kopf in gewohnter Manier auf die gefalteten Hände gestützt. "Sie sind hier im NERV-Hauptquartier und ich bin der Leiter, Kommandant Gendo Ikari. Mit Silber kann ich nicht dienen." antwortete Ikari ruhig, was ihm eine unglaubliche Beherrschung abverlangte, da ihm der Blonde ziemlichen Respekt einflösste, gleichzeitig aber auch immens aufregte, weil er es wagte, hier einfach so hereinzuplatzen, als wäre er hier zu Hause. Seine Untergebenen jedoch waren relativ blass geworden und bestimmt schon mindestens einen Schritt zurückgewichen, soweit dies möglich war, da einige ja auf Stühlen saßen.

"Was soll das heißen? Wollen Sie mir etwa sagen, dass dieser Laden hier nicht irgendetwas aus Silber besitzt, das man notfalls auch irgendwie einschmelzen könnte?! Mir würden auch ein paar Pfähle reichen, obwohl das einiges mehr Arbeit machen würde." Der Fremde beugte sich mit wütend verengten, eisblauen Augen noch etwas weiter zu Ikari herunter.

"Im Grunde genommen ist es mir ja ziemlich egal, was mit ihren Leuten hier passiert, da mich das überhaupt nichts angeht und eigentlich noch weniger interessiert, doch in ihrem eigenen Interesse würde ich schleunigst etwas gegen die Ghouls da draußen unternehmen, sonst haben sie nämlich bald niemanden mehr, der für sie arbeiten könnte."

Maya hob zitternd die Hand, unsicher, ob sie ihre Frage überhaupt überleben würde.

"Was ist?!" fuhr Integral sie an.

"Ähm... Ich will Sie ja nicht unterbrechen, aber gehört der zu ihnen...?" fragte die Technikerin schüchtern, mit kreidebleichem Gesicht und zeigte auf das rote Etwas auf dem Bildschirm, das soeben wieder ein paar Ghouls zu Staub verwandelt hatte.

"Das ist richtig, beachten Sie ihn einfach nicht." antwortete Sir Hellsing nur gelassen, jetzt wieder augenscheinlich die Ruhe selbst. Die Crew und die Gaia Leute, die nun endlich wieder mit Merle vereint waren und daher halbwegs erleichtert, wurden noch ein wenig blasser. Integrals Blick fiel auf einen Stuhl, der so ziemlich direkt neben ihr stand und wundersamerweise aus feinstem Holz gehobelt war, weshalb er sich auch wunderbar für ihre Zwecke missbrauchen ließ. Kurzerhand ergriff sie ihn an der Lehne und schlug ihn ein paar mal kräftig vor sich auf den Boden, was ihr noch schockiertere NERV-Mitglieder - die wirklich so aussahen, als würden sie gleich schreiend und wild mit den Armen fuchtelnd aus dem Raum rennen - und einen gebersteten Stuhl einbrachte. Sie griff nach den Holzstücken, die brav so zerbrochen waren, dass man einige als Pflöcke verwenden konnte - ansonsten hätte sie den armen Holzpflöcken die Hölle heiß gemacht - und warf die ersten vier Stücke Aoba, Makoto, Maya und Ritsuko zu, wobei zu erwähnen bliebe, dass Maya den ihren beinahe sofort wieder hatte fallen lassen und der Kreislaufkollaps noch ein bisschen näher rückte.

"Ihr vier bildet die erste Gruppe; dort hinstellen!" befahl Integral und deutet zur Tür. Die nächsten vier provisorischen Waffen flogen durch die Luft.

"Haben sie noch mehr Leute hier? Und ich brauche noch ein paar Stühle." wandte sich der Blonde wieder an Ikari, der immer noch ziemlich unbeteiligt auf seinem Platz saß. Ohne eine Antwort abzuwarten ergriff sie selbst ein Stück von einem abgebrochenen Stuhlbein.

"Um erst einmal zur praktischen Anwendung zu kommen..." begann sie und machte eine Halbdrehung zu den stramm in einer Reihe stehenden zwangs-rekrutierten Soldaten. Derweil öffnete sich ein weiteres Mal die Tür.

"Hört mal, da draußen laufen immer noch ganz viele Monster rum..." Der hereinstürmende Junge brach mitten im Satz ab, da er sich beim Laufen umgedreht und auf den Gang gezeigt hatte, was ihn mit einem, für seinen Geschmack ziemlich ungünstig herumstehenden Fremden, den er vor einiger Zeit auch schon auf den Bildschirmen in der Zentrale gesehen hatte, zusammenstoßen ließ und diesen damit beinahe von den Füßen gerissen hätte. Dies veranlasste Sir Hellsing, einen giftigen Blick auf den Jungen zu richten, der ziemlich dumm aus der Wäsche schaute, während er sein Gleichgewicht zurückzuerlangen suchte.

"Du bist ja eine Frau!" stellte Zero verblüfft fest, was ihm bei dem Zusammenstoß deutlich klar geworden war. Er hörte ein kollektives überraschtes Keuchen.

"Schon seit meiner Geburt und ich bevorzuge es, nicht von minderjährigen Zwergen wie dich geduzt zu werden." Integral starrte den Jungen an, als wäre er irgendein lästiges Insekt, Monster oder Ghoul. Dem vorlauten Bengel folgten noch ein paar andere von seinem Alter, die sich unverzüglich zu einer Gruppe zusammen stellten, da die NERV-Crew ihnen unmissverständlich zu verstehen gab, dass sie sich lieber nicht mit Integral anlegen sollten - besser für ihrer aller Gesundheit und Integrals Nerven.

"Um wiederholt auf die Benutzung der Pflöcke zurückzukommen..." begann sie wieder. Jedoch schweifte die Aufmerksamkeit ihrer Zuhörer auf das rote Etwas ab, das ganz plötzlich schräg hinter ihr auftauchte. Integral bemerkte die Blicke, drehte sich um und stieß unwillkürlich gegen das rote Etwas, das gelassen mit einem höhnischen Grinsen und zu seiner vollen Größe aufgerichtet überhaupt nicht daran dachte nachzugeben und einen Schritt rückwärts zu gehen, sodass sein Meister erneut ins Schwanken geriet und etwas seitwärts taumelte. Nach einem winzigen Moment der Verwirrung verzog sich ihr Gesicht zu einer wütenden Grimasse.

"Was fällt dir ein! Nicht genug, dass du mich erst in dieser fremden Welt vergessen hast, jetzt besitzt du auch noch die Frechheit, mir im Weg zu stehen?!" fuhr sie ihn an. Dann kam ihr eine Idee. "Um also noch einmal auf die Bedienung der Pflöcke zurückzukommen... Am besten demonstriere ich das mal." murrte sie und stieß Alucard den Pflock ins Herz.

Dessen Miene verzog sich sofort zu einem schmollenden Gesichtsausdruck. "Was habe ich denn jetzt schon wieder gemacht...? Du weißt ja gar nicht, wie weh das tut..."

"Sei still, du beklagst dich doch sonst immer über Langeweile!" Und flüsternd, sodass nur er es verstehen konnte, fügte sie hinzu: "Außerdem stehst du doch auf Schmerzen... Habe ich gehört."

Dieser letzte geflüsterte Kommentar veranlasste den Vampir dazu, sie anzustrahlen, als hätte sie soeben den heiligen Gral gefunden. Mit einem Ruck wurde das Holz wieder aus seiner Brust entfernt.

"Normalerweise müsste er jetzt zu Staub zerfallen, beziehungsweise, wenn es doch ein Mensch war, tot umfallen, aber er ist da eine Ausnahme... Ach übrigens: wenn Sie einen oder mehrere Ihrer Kollegen sehen, die irgendwie tot aussehen, müssen Sie diese sofort exekutieren. Also passen Sie auf, dass Sie nicht selbst gebissen werden. Das ist ansteckend." kommandierte Integra und störte sich nicht weiter daran, dass ihre Soldaten soeben vor schreck ihre Waffen hatten fallen lassen.

"Also, wie sieht es draußen aus?" fragte sie ihren Begleiter.

"Na ja... Ein paar... so sieben Dutzend laufen wohl noch rum, aber den Großteil hab ich schon erledigt..." antwortete Alucard, dessen Stimme eindeutig Teilnahmslosigkeit widerspiegelte - besser noch, direkt versprühte, sodass es klang, als würde er kurz vor dem Langeweiletod ein Telefonbuch verlesen.

"Das wollte ich nicht wissen..."

"...aber es hat mir sehr viel Spaß bereitet!" Seine Augen erinnerten stark an die eines Wahnsinnigen.

"Das auch nicht...!" Integral durchbohrte den Vampir förmlich mit ihren Blicken, und der Pflock in ihren Händen war schon wieder gefährlich hoch erhoben. Alucard entging dies natürlich nicht, und so legte er seine linke Hand auf die Integrals und entwand ihren Fingern das Stück Holz, während er ihr mit der Rechten sacht den Kopf tätschelte.

"Was habe ich dir immer gesagt: Pflöcke, Silber, Schwerter, Licht sind für kleine Hellsings nicht!" sagte er mit einer Stimme, die Erwachsene bei kleinen Kindern annahmen, wenn sie ihnen versuchten zu erklären, dass etwas vollkommen falsch, für diese aber zu schwer zu kapieren war. Sir Hellsings Blick verfinsterte sich, soweit dies noch möglich war, und nahm Züge an, die wohl selbst einen Engel aufgehalten hätten, irgendetwas zu Kleinholz zu verarbeiten, wenn sie einem begegnet wäre. Als nächstes war ein lautes Klatschen, wie Haut auf Haut - eher weißer Handschuh auf Haut - zu hören, und Alucard hielt sich die linke Wange.

"Alucard... Nimm s-o-f-o-r-t deine Hand von meinem Kopf, sonst hacke ich sie dir höchstpersönlich ab, bevor du dich vielleicht noch auf etwas anderes freust, von dem du annimmst, ich könnte es dir vielleicht antun, sodass du sicherlich sofort jegliche deiner Taten bereuen wirst..." flüsterte sie gefährlich leise und beherrscht. Der Vampir grinste kurz, als wenn sein Meister eben etwas getan hätte, was ihn mit großem Stolz erfüllte, und verschwand im nächsten Moment im Schatten der Kommandozentrale.
 

Nachdem Sir Hellsing auch noch die G.O.A.-Leute, EVA-Piloten und die später hinzustoßenden Antibodies – es hatte einiges an Überzeugungsarbeit gebraucht, dass sie sich nicht gleich wieder den Ghouls in die Arme warfen - mit Pflöcken bestückt hatte, winkte sie den ganzen Trupp hinaus; zum Leidwesen Ikaris (Senior) auch ihn und den alten Fuyutsuki. Bereitwillig folgten ihr alle, da sich niemand traute, sich gegen ihren Befehl zu stellen, zumal die meisten immer noch so blass aussahen, als würden sie versuchen, sich wie ein Chamäleon zu tarnen und die weiße Farbe der Wände anzunehmen. Und aufgeteilt in ihre Gruppen machten sie sich schließlich auf Ghoul-Jagd. Wobei zu bemerken wäre, dass sie wohl alle nicht soviel Spaß an der ganzen Sache hatten wie ein gewisser Vampir, dessen irres, vom Rausch bestimmtes Lachen noch lang durch die Gänge des NERV-Komplexes schallen sollte...
 

An Deck der Novice Noah hatten sich die Mannschaft und Piloten der Brains und des Grand mit Popcorn und Cola um einen der Monitore der Computer in der schiffseigenen Zentrale versammelt, auf dem die Bilder der Überwachungskameras des NERV-HQs zu sehen waren, die einer der hiesigen Techniker mit Erlaubnis NERVs angezapft hatte, als er vor einigen Stunden dort gewesen war. Seine Erleichterung, wieder auf dem Schiff zu sein, war angesichts des Spektakels, das sich ihnen bot, unbeschreiblich.

"Hime und Yū tun mir leid." meinte Lasse.

Nanga stimmte ihm mit Popcorn im Mund nuschelnd zu: "Ein Glück, dass wir hier geblieben sind."

"Unterkunftsknappheit und was passiert, wenn ein Child vor Schreck in Ohnmacht fällt"

Lange dauerte es nicht mehr, den restlichen Trupp an Ghouls zu zerschlagen. Die Untoten hatten sich brav in kleinen Grüppchen an einigen gut erreichbaren Stellen im HQ versammelt, sodass sich keiner die Mühe machen musste, erst nach ihnen zu suchen und das Auslöschen dieser hirnverbrannten Wesen sich reichlich leicht gestaltete, zumal Alucard sich köstlich amüsierte und nur aus Spaß an der Freude ohnehin die meiste Arbeit erledigte. Weitere Opfer auf menschlicher Seite gab es glücklicherweise nicht, was wohl auch kaum zu verkraften gewesen wäre, immerhin existierte die Hälfte der ursprünglichen Arbeiter jetzt nur noch als kleines Staubhäufchen.

Doch auch der Rest der Crew würde, wenn alles vorbei war, wohl für einige Zeit Urlaub nehmen müssen – natürlich wusste jeder, das der niemals genehmigt werden würde, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Allen voran hatte Maya Ibuki eine Auszeit wohl am allernötigsten. Die junge Frau saß einige Zeit später ziemlich blass und wie ein Schluck Wasser auf ihrem Stuhl im Kommandoraum - nicht, dass sie normalerweise brauner oder gesünder aussah - und versuchte verzweifelt, den Betrieb des Gebäudekomplexes wieder zur Normalität zurückzuführen, insofern das nach den Beschädigungen noch möglich war. Integral stand wieder in der Mitte der Zentrale, sichtlich zufrieden mit der Arbeit der Crew - zumindest mit dem Teil, der anwesend war, da ja nur die Wenigsten tatsächlich in der Zentrale zu tun hatten - und fühlte sich fast wie zu Hause, mit dem Unterschied, dass ihre Leute weitaus disziplinierter und in jedem Fall härter im Nehmen waren.

"Dafür haben Sie wirklich ein Lob verdient" hörte sie sich zu ihrem eigenen Erstaunen selbst sagen – sie hielt ein paar nette Worte nach all den Strapazen und Nahtod-Erfahrungen der letzten Stunden wohl doch für angebracht.

"Wenn Sie sich jetzt noch hinter einen Staubsauger stellen, dürfte das Hauptquartier wohl bald wieder in seinem alten Glanz erstrahlen." Integrals Blick fiel auf das blasse Gesicht der Operatorin und ihr drängte sich ein sehr unangenehmer Verdacht auf.

"Alucard" zischte sie mit eisigem Blick auf ihren roten Begleiter. "Du hast doch nicht etwa..."

"Niemals würde ich so etwas tun, Meister..."
 

"Kommandant, wir haben ein Problem..." Ikari hatte sich nach den Vorfällen der letzten Stunde in seinem Büro verbarrikadiert und schaute nun nur widerwillig von seinen Akten auf, um in das etwas gesenkte Gesicht Misatos zu blicken.

"Was gibt es?" fragte er desinteressiert - Probleme gab es für ihn nicht, nur unangenehme Zwischenfälle.

"Ähm... Es ist so, also..."

"Ja?"

"Wir haben nicht genug Unterkünfte..."
 

Sir Hellsing warf noch einen prüfenden Blick in die Augen Alucards, dessen Sonnenbrillengläser dummerweise das Licht im Raum widerspiegelten, überlegte, ob sie ihm wirklich glauben sollte, da diese Frau offenbar unter akuter Blutarmut zu leiden schien, und wandte sich dann der zur Tür eintretenden Misato zu.

"Entschuldigen Sie die Unterbrechung..." begann sie höflicher, als es ihrem Rang angemessen gewesen wäre, doch etwas an der blonden Frau weckte in ihr eine Unterwürfigkeit, die sie nicht zu kontrollieren vermochte.

"Wir haben das Problem, dass es, aufgrund der anderen unerwarteten Besucher, nicht mehr genügend Schlafmöglichkeiten im Gebäude gibt, weshalb wir Sie und Ihren Begleiter nirgendwo unterbringen können..."

"Na ja, ich gebe mich auch mit einem kleinen Zimmer zufrieden, und Alucard braucht bloß einen Sarg, den man zur Not auch neben mein Bett stellen könnte." Sir Hellsing trafen unverständliche Blicke Misatos und all jener, die ihr Gespräch belauschten.

"Sie wollen ihn in einem... Sarg unterbringen...?" fragte Misato sicherheitshalber noch einmal nach.

"Natürlich, er ist ein Vampir." meinte Integral leichthin, so als wäre es das Normalste der Welt, dass sie mit einem Blutsauger in anderen Welten auftauchte, um irgendwelche halbtoten Mitarbeiter einer Geheimorganisation abzuschlachten und ihn zum Schlafen und Regenerieren seiner Kräfte schließlich in eine Holzkiste sperrte. Maya wurde noch ein wenig blasser.

"Zur Abwechslung könntest du ruhig mal dein blödes Grinsen zeigen..." murmelte Integral mit vor der Brust verschränkten Armen zu Alucard. Dieser ließ sich das natürlich nicht zweimal sagen, und schon durften sich alle Anwesenden mit den strahlend weißen Fangzähnen des Vampirs konfrontiert sehen. Ein perfekt synchronisiertes Schlucken ging durch die Reihen, während sich Zero, der gelangweilt den anderen beim Arbeiten zusah, allerdings nur die Frage stellte, wie es Alucard denn wohl geschafft hatte, dass seine Zähne so weiß waren, wo sich Blut doch sonst immer so schlecht abwaschen ließ. Er beschloss, ihn später einmal darauf anzusprechen.
 

"Und du bist ganz sicher, dass du das schaffst...?" Misato schaute Ritsuko mit unverblümter Skepsis an.

"Warum nicht? Wenn ich mit ein paar Robotern fertig werde wird das ja wohl nicht so viel schwerer sein. "

Die Schwarzhaarige schüttelte fast mitleidig den Kopf. "Wie du meinst, es ist schließlich deine Gesundheit... Dann müssen wir jetzt nur noch einen passenden Sarg auftreiben... Was meinst du, ob der Vampir da irgendwelche besonderen Ansprüche hat?"

"Frag ihn doch einfach." schlug Ritsuko gutgelaunt vor. Sie hatte eigentlich kein so großes Problem mit dieser exzentrischen Frau und fand ihren Begleiter auch nicht unbedingt abstoßend, zumal sie sich von wissenschaftlicher Seite her sogar sehr für ihn interessierte. Wann bekam man schon ein nichtmenschliches Wesen mit solchen Kräften, im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Silbertablett serviert? Zumal auch die Frau einige durchaus interessante Werte in die Tests bringen könnte, wenn Ritsuko sie nicht völlig falsch einschätzte.

"Bist du bescheuert?! So was kann ich ihn doch nicht fragen! Schlimm genug, dass so ein Monster hier frei herumlaufen kann!" erwiderte Misato mit unwirschem Blick.

Ritsuko seufzte nur. "Dann frag halt sie, wenn du dich vor ihm so schrecklich fürchtest..."

Misato starrte Ritsuko völlig fassungslos an. "Das ist doch mindestens genauso übel! Diese Frau ist doch noch viel unheimlicher. Immerhin scheint sie ja ein normaler Mensch zu sein, zumindest wirkt sie menschlicher als dieser..." Misato schauderte allein schon bei dem Gedanken daran, was diese Kreatur war und mit wie viel Spaß sie sich bei dem Gemetzel beteiligt hatte. "...Vampir, äh... wenigstens in begrenztem Ausmaß, nehme ich spontan an... Und dann diese Augen..."

"Also ich finde sie eigentlich ganz okay, vielleicht nicht unbedingt freundlich, aber auch nicht anders als jeder andere hier. Und diese natürliche Autorität ist doch einfach nur bewundernswert."

"...Ich hatte ja ganz vergessen, wie gut ihr zusammenpasst, ihr habt den gleichen eisigen Charakter..."

Dr. Akagi überging den Kommentar und warf Misato nur einen scharfen Blick zu, der allerdings nicht ganz an das letale Potential eines der mittlerweile als Markenzeichen eingetragenen berühmten Todesblicke von Integral heranreichte. Sie öffnete die Tür zu ihrem Labor, vor der Misato sie angetroffen hatte, und blieb in der Türschwelle noch einmal stehen.

"Bevor ich es vergesse" meinte sie und drückte der Schwarzhaarigen einen Stapel Dokumente in die Hand, den sie bis eben noch selbst getragen hatte. "Gibst du das bitte Sir Hellsing? Ich habe noch viel zu tun..."

Ohne ein weiteres Wort knallte Ritsuko die Tür vor der Nase ihrer Kollegin zu und ließ diese ziemlich dämlich dreinschauend im Flur stehen. Misato kniff die Augen zornig zusammen und bedachte den Papierhaufen in ihren Händen mit einem bösen Blick.

"Wie Ihr wünscht, Eure Majestät." murmelte sie und stapfte davon.
 

Maya musste ein Gähnen unterdrücken. Die Technikerin war jetzt sicherlich schon seit über 24 Stunden auf den Beinen, was man ihrem Gesicht mehr als überdeutlich ansah. Nicht, dass das etwas sonderlich Herausragendes oder gar Ungewöhnliches wäre. Es kam so etwa siebenmal die Woche vor. Nun gut, eigentlich waren es nur etwa zwei bis dreimal, länger traute sich nicht einmal Ritsuko, die sie hin und wieder als ihre persönliche Arbeitssklavin anzusehen schien, sie an einem Stück und ohne längere Pause einzusetzen.

Wahrscheinlich hatte sie in den letzten paar Stunden mehr graue Haare bekommen, als Kommandant Ikari jemals besitzen würde, und zu allem Überfluss hatte sie sich auch noch um die Auftreibung des Sarges für den Vampir kümmern müssen, da NERV momentan, was die Mitarbeiter anging, so ausgebrannt war, dass jede Hand doppelt und dreifach gebraucht wurde. Zur Zeit war sie wieder mit der Bewachung der Cages beschäftigt, der heute über und über mit irgendwelchen Menschen und Nicht-Menschen - mit Ausnahme des Vampirs, der sich dafür überhaupt nicht zu begeistern schien, während sein Meister zwar wissbegierig war, aber so hochkomplizierte Fragen stellte, dass lediglich Ritsuko oder Maya sie hätten beantworten können, die allerdings beide mit anderen Dingen beschäftig waren, sodass die als ziemlich energisch und überaus souverän auftretende Frau vorerst ihr Interesse an diesen großen Spielzeugen wieder verloren hatte - bevölkert war, die sich alle um ihre Brains, Göttinnen und den ganzen anderen Robotern scharrten. Anstatt zu helfen hatten sich die Kinder, Jugendlichen und erwachsenen Kinder sofort nach dem Abmarsch Sir Hellsings und dem großen roten Etwas aus dem Central Dogma aus dem Staub gemacht.
 

Das Warnsignal ertönte so plötzlich, dass Maya in einem leichten Anflug von Erschrecken, der in Wirklichkeit allerdings blanke Panik und ein direkt vor der Tür stehender Nervenzusammenbruch war, und nur so gut hinter der Maske der - aus ihrem Gesicht kaum noch wegzudenkenden - Müdigkeit versteckt wurde, dass niemand es für voll nahm, zusammenzuckte. Wie betäubt schaute die Technikerin auf den Hauptbildschirm, der zur Zeit mit großen roten Lettern verziert war, die ihr noch einmal überaus und mit beinahe schmerzhafter Intensität deutlich machten, dass schon wieder etwas ziemlich schlimmes passiert war und sie besser daran täte, zumindest Ritsuko davon zu berichten. Dies tat sie auch - wohl mehr aus Reflex als freiem Willen - und drückte die Lautsprechertaste, mit der sie ihre Vorgesetzte ausrief. Da das Warnsignal aber sowieso wie immer im ganzen HQ zu hören war, war dies so ziemlich weitgehend überflüssig.

Als erstes kamen Aoba und Hyuga in die Zentrale gestürmt, warfen sich auf ihre Stühle und begannen wie wild auf ihre Tastaturen einzuhacken. Ikari war der nächste, gefolgt von Misato, die ja sowieso gerade in der Nähe gewesen war und Ritsukos Papierkram gleich mitbrachte, als Sir Hellsing reinplatze - natürlich nicht, ohne ihren ständigen Begleiter, was, nebenbei bemerkt, nicht sonderlich gut für Mayas strapazierte Nerven war. Der Rest kam dann so nach und nach angetrudelt - übrigens auch Ritsuko mit einiger Verspätung -, nachdem schon längst klar war, was geschehen war: Ein Engel war gesichtet worden. Der Großteil der Crew ließ sich davon schon gar nicht mehr beeindrucken, zu sehr hatten die Ereignisse der letzten anderthalb Tage und vor allem letzten Stunden sie innerlich abgestumpft, und das Geräusch des Notsignals klang für sie schon fast wie ein Ohrwurm, den sie einfach nicht mehr aus ihrem Kopf bekamen.

Dieses Mal stellte sich die Situation sogar tatsächlich nur als ein ganz stinknormaler und alltäglicher Angriff eines riesigen, machtvollen und von Natur aus furchteinflößenden Engels heraus. Die üblichen Sicherheitsmaßnahmen wurden getroffen - also alle Zivilisten in die Bunker sperren, eventuelle Gegenfeuer, in etwa die netten N²-Minen, bereithalten, alles ganz nach Handbuch eben - und die drei so spontan nachdem gerade erst einige Stunden zuvor ein anderer Feind besiegt worden war eher weniger kampfbereiten Children zu ihren EVAs geschickt. Wie der Rest innerhalb des HQs war ihnen seit dem vorangegangenen Tag kein Schlaf vergönnt gewesen. Innerlich machten sie drei Kreuze, dass endlich Wochenende und damit keine Schule war, denn die hätte ihnen dann nun wirklich den Rest gegeben.

Die Gäste von NERV blieben beim Anblick des Engels freiwillig zurück, sah man einmal vielleicht von Integral und ihrem 'Monster', wie Misato ihn abwertend und in seiner Abwesenheit nannte, die die ganze Angelegenheit aufmerksam verfolgte, sich aber genau wie der Rest im Central Dogma aufhielten, auch wenn unverkennbar war, dass es dem Vampir heftig in den Fingern juckte, da er seinen Meister wie ein hyperaktiver Hund immer und immer wieder umkreiste, sich in schwarze Schwaden aus Schatten auflöste, die sich halb um sie legten, und weitere ähnlich exzentrische Dinge tat, die von Integral völlig ignoriert wurden, bei Maya allerdings für Unbehagen, bei Misato ein fröstelndes Kopfschütteln und bei Ritsuko gespanntes Interesse, gepaart mit wissenschaftlicher Neugier auslösten.
 

»Igitt, was ist das!?« war Asukas Reaktion, als sie den Feind erblickte.

»Das sieht aus wie eine riesige Spinne...« ertönte Shinjis Stimme über die Kommanlage - überflüssigerweise, muss man sagen, da der Engel und damit seine äußerliche Form nicht unbedingt als klein zu bezeichnen war. Seine vier übermäßig langen Spinnenbeine erstreckten sich gleich über ein gutes Dutzend Gebäude Neo Tokios, und sein vergleichsweise lächerlich kleiner Torso war direkt über einer der Falltüren für die Abschussrampen der Evangelion postiert. Eine schleimige Flüssigkeit tropfte aus einem Auge-ähnlichen Auswuchs an seiner Unterseite auf die Erde und fraß sich in den Boden.

»Ist ja ekelhaft« entfuhr es dem Second Child, das zusammen mit den beiden anderen Piloten den Feind weitläufig eingekreist hatte.

»Erwarten Befehl zum Angriff.« meldete Rei an die Zentrale und wartete.

"Befehl erteilt!" rief Misato mehrere hundert Meter unter der Erde, nachdem sie einen kurzen Blick zu Kommandant Ikari geworfen und dieser bestätigend genickt hatte. "Feuer nach eigenem Ermessen."

Die Evangelion richteten sich aus ihren knienden Positionen auf und ergriffen diverse Schusswaffen, die schon neben ihnen bereit lagen.

»Na dann mal los!« meinte Asuka angriffslustig und trat einen Schritt auf den Engel zu. Der reagierte umgehend und drehte sich ein Stück, wahrscheinlich, um ihr seine Vorderseite entgegen zu stellen - wobei schwer zu sagen war, ob es sich nun wirklich war um diese handelte oder nicht. Rei und Shinji näherten sich ebenfalls, etwas vorsichtiger, weshalb sich der Engel noch ein wenig weiterdrehte, als ob er jeden Einzelnen ins Visier nehmen wollte. Das Third Child stolperte ein paar unsichere Schritte rückwärts, als das Monstrum langsam auf ihn zukam. Er behielt jedes der Beine im Auge, was sich einfacher anhört, als es in Wirklichkeit war. Die eigenartige Art Matriels, sich vorwärts zu bewegen, war schon erstaunlich. Bei jedem Schritt, den er mit einem der Spinnenbeine tat, warf er gleich zwei Häuser um und hinterließ metertiefe Löcher. Und plötzlich schnellte er mit einer solch unerwarteten Geschwindigkeit vor, dass Shinji nicht einmal die Zeit blieb, sich in irgendeiner Weise zu wehren. Es war, als würde er von der riesigen Spinne einfach überrannt werden. Er stieß einen kurzen erschrockenen Schrei aus, und dann herrschte Stille in EVA-01.

»So ein Idiot« ließ sich Asukas Stimme vernehmen. »Fällt der einfach in Ohnmacht...« Der rote Evangelion schüttelte paradoxerweise den Kopf, als das Second Child eben selbiges tat und die Bewegung über die Nervenverbindungen übertragen wurde.

Rei und Asuka versuchten mit aller Kraft, den Engel von Shinji wegzudrängen, da der drauf und dran war, den EVA mit einem seiner Beine zu erstechen. Doch Matriel brauchte nur einmal kurz ausholen, um die beiden Mädchen mit einer anderen Grete wegzuschleudern. Die beiden landeten ziemlich unsanft übereinander und blieben erst einmal nach Luft schnappend liegen.
 

Die NERV-Crew stand - beziehungsweise saß - wie erstarrt da und glotzte auf die Bildschirme. Misato rieb sich seufzend den Nasenrücken. Dieser Tag verlangte ihr einiges an Nerven ab. Und sie konnte sich denken, was jetzt gleich passieren würde.

"Dummy-Plug einsetzen!"

Der Befehl ließ Maya unverzüglich zusammenzucken.

"Sind Sie sicher, Kommandant Ikari?" fragte Ritsuko zögernd.

"Ich finde, das ist keine gute Idee..." stimmte Maya kleinlaut zu, eigentlich ziemlich sicher, dass es sowieso niemand gehört hatte, während Integral aussah, als hätte sie soeben etwas erlebt, das sie beinahe mit Neugier zu erfüllen schien - auch wenn natürlich ihr Gesicht so unbewegt wie immer blieb.

"Dummy-Plug einsetzen, habe ich gesagt! Keine Widerrede!" Maya traf sofort die Vorbereitungen und sah dabei sichtlich unzufrieden mit dem Befehl des Kommandanten aus.

Ikari hätte sich wohl die Haare gerauft, hätte es ihm sein Stolz nicht verboten, besonders, weil Integral ihn auf eine Art und Weise ansah, die jetzt ernsthaft an ein leicht spöttisches Grinsen erinnerte und sie fast so diabolisch wie den Vampir aussehen ließ. Er war stattdessen aufgesprungen und hatte seine Fäuste auf den armen unschuldigen Tisch vor ihm geschlagen. Dann fiel sein Blick auf die Fremden, die bisweilen ziemlich nutzlos in der Gegend herumstanden.
 

"Ich glaub einfach nicht, dass wir das hier tun!"

"Glaub's ruhig, ansonsten wären wir wohl kaum hier..."

"Er kann uns nicht dazu zwingen!"

"Anscheinend schon."

"Jetzt widersprich mir doch nicht andauernd!!"

"Ich sage doch nur wie's ist!"

Gareas warf Rioroute einen giftigen Blick zu.

"Reg dich nicht auf, immerhin ist das hier doch auch nichts anderes, als ein normaler Kampf gegen die Victims..." versuchte der andere ihn zu beruhigen.

"Ja, mit der Ausnahme, dass wir hier auf dem Boden sind, keine richtigen Lotsen haben, nebenbei bemerkt nicht einmal wissen, wo genau dieses hier überhaupt ist, und zu allem Überfluss keine Ahnung haben, wie stark wir den Gegner einschätzen sollen!"

"Um das ganze mal von der Positiven Seite zu betrachten" meinte Rio nickend, sehr den Anschein erweckend, dass er Gareas überhaupt nicht zugehört hatte - aber wer tat das schon, das wäre auf Dauer sowieso viel zu anstrengend gewesen.

Der Pilot Eeva Leenas beließ es dabei - besser für ihn und weniger nervenaufreibend. Stattdessen wandte er sich voller Unbehagen seiner Göttin zu, die er in wenigen Augenblicken in einen Kampf führen sollte. Geleitet wurde das ganze von den NERV-Mitarbeitern, die im Grunde genommen kaum etwas über die Ingrids wussten, also nicht gerade die potenzielle Lebensversicherung in dieser Schlacht sein würden. Wobei Schlacht natürlich etwas hochgegriffen war, da schließlich – und das war für die Göttinnenpiloten mehr als ungewöhnlich - nur ein Gegner als Feind diente. Ein sehr... schleimiger Feind. Wahrscheinlich führten seine Aggressionen auch schlichtweg daher, dass er einfach keine Freunde fand, weil niemand etwas mit ihm zu tun haben wollte. Und das konnte man wirklich keinem verübeln.

"Gar, wir warten nicht ewig auf dich!" Rio stellte sich mit in die Seite gestützten Armen direkt in Gareas Blickfeld. Der schob seinen Mistreiter energisch zur Seite.

"Na, dann wollen wir mal!"
 

"Was ist denn passiert...?" Benommen richtete sich Asuka etwas auf und rieb sich den brummenden Schädel. Bei dem Versuch, sich aufzusetzen, scheiterte sie aber kläglich, da ihre Hand - oder eher die des EVA - keinen vernünftigen Halt fand, sondern an etwas glattem abrutschte und ihr Körper wieder zurückfiel, was ein eigenartiges Geräusch verursachte - fast so, wie wenn Metall auf anderes Metall stieß.

»Hey, das tut weh!« teilte ihr eine aufgebrachte Stimme mit und veranlasste sie dazu, ihren Blick auf einen kleinen Bildschirm zu lenken, der frei auf Augenhöhe vor ihr zu schweben schien und das grantige Gesicht Reis zeigte.

»Bleib mal locker, war doch nicht mit Absicht« murrte Asuka und startete einen weiteren, diesmal glücklicher ausfallenden Versuch, aufzustehen. Rei rappelte sich ebenfalls auf, nachdem die Last von ihr genommen war, und kam schwankend auf die Beine. Ein kurzer Blick in Richtung der letzten Position des Engels, an der sie ihn gesehen hatte, verriet ihr, dass dieser nicht mehr dort stand, wie unschwer festzustellen war, weil, tja, er sich jetzt an einer anderen Stelle aufhielt. Stattdessen hatte sich dort, also an der Stelle, an der der Engel sich zuvor befunden hatte, ein etwas kleinerer Roboter platziert, der mit Schwert und Umhang bewaffnet offenbar auf eine geeignete Angriffsmöglichkeit wartete.

Der blaue Evangelion folgte der Blickrichtung Sherazades an den zwei etwas entfernt stehenden Brains vorbei und sah sich mit einem recht bizarren Szenario konfrontiert. Vom Engel waren nur noch die Beine zu erkennen - der restliche Körper war vollständig von den Ingrids und Pro-Ings verdeckt, die sich allesamt einfach auf ihn drauf geworfen hatten, um ihn aufzuhalten, und sogar soweit gedacht hatten, die kleineren Maschinen nicht als erstes angreifen zu lassen, da diese ansonsten mit absoluter Sicherheit direkt auf den Schotthaufen hätten gebracht werden können – in handlicher Dosenform. Alles in allem war es also ein lächerlicher Anblick, der den Children unter anderen, eventuell weniger bedrohlichen Umständen, einige Lacher - zumindest bei Asuka - hervorgelockt hätte. Rei sah sich nach dem Third Child um, das etwas weiter von Sherazade entfernt lag - natürlich von der Hülle seines EVAs umgeben. Sie gab Asuka ein Zeichen und gemeinsam gingen sie auf ihn zu, um nach seiner Kondition zu sehen. Noch bevor sie ihn erreicht hatten leuchteten die Augen des Evangelion rot auf.

"Wa..." entfuhr es Asuka unvermittelt. Verwirrt betrachtete sie das herausgerissene Amical-Kabel neben der Maschine. EVA-01 richtete sich auf und fixierte sofort die beiden Pilotinnen. Er ließ ein lautes Kreischen ertönen, dann wurde um Asuka und Rei herum wieder alles dunkel.
 

"Was soll das? Ist der verrückt geworden?!" Misato schlug ihre Hände mit solcher Wucht auf das Computerbord, dass die Bildschirme kurz aufflackerten und Hyuga ihr einen ängstlichen Blick zuwarf, denn er wollte den Ärger, den es garantiert geben würde, wenn Misato die Einrichtung zertrümmerte - was bei ihrem leicht explosiven Temperament durchaus im Bereich des Möglichen lag - lieber nicht persönlich miterleben, oder wenn er es genau nahm, dann wollte er diesen Ärger nicht einmal unpersönlich miterleben.

"Was fällt ihm ein, unsere eigenen Leute anzugreifen?"

Maya war aufgesprungen. "Habe ich nicht gesagt, dass das keine gute Idee wäre!?"

Die anderen im Raum glotzten sie schockiert über diesen plötzlichen und total untypischen Ausbruch an, weil Maya nun wirklich die Allerletzte war, die jemals protestieren würde, geschweige denn plötzlich aufsprang und lautstark losschimpfte. Im Nachhinein schien ihr ihr eigenes Verhalten wohl unheimlich zu werden, denn sie schluckte, machte ein fast erschrockenes Gesicht, wurde ein klein wenig bleich und setzte sich stumm wieder auf ihren Platz, bevor sie sich vielleicht noch zu einer anderen vollkommen unberechenbaren Reaktion hinreißen ließ.

Der wild gewordene EVA war derweil weiterhin damit beschäftigt, sich zuerst die beiden Brains und dann Sherazade vorzuknöpfen, bevor sie vielleicht noch auf die Idee kamen, ihn selbst anzugreifen, man wusste ja nie so genau, was Ikari als nächstes befehlen würde. Die anderen hatten alle Hände voll zu tun, den Engel irgendwie unschädlich zu machen, da das schleimige Sekret, das er absonderte, drauf und dran war, die Panzerplatten, die das HQ und überhaupt die GeoFront von der Außenwelt abschirmte, zu zerfressen. Gareas und Erts beschäftigten sich mit dem hinteren Teil des Engels, also dem, der im Moment EVA-01 zugewandt war – zumindest nahmen sie an, dass das die hintere Seite des Engels darstellte -, und attackierten ihn mit allem Möglichen, was nicht viel war, da sie in dieser Welt keine anderen Hilfsmittel als die, die sie bei sich trugen, verwenden konnten. Ohne G.I.Z. und ihre Fluglotsen waren sie so ziemlich aufgeschmissen. Zero und Hiead hatten es da schon leichter, da sie aus ihrer Dimension Gewehre mitgebracht hatten und sich wegen ihrer geringen Größe an der Unterseite Matriels zu schaffen machen konnten, während sie von Agui Keameia geschützt wurden, die mit ihren Armschildern verhinderte, dass die Pro-Ings mit dem Säure-ähnlichen Schleim des Engels in Berührung kamen.

Van, Hitomi und Merle verfolgten indessen das Spektakel aus der Kommandozentrale, Ersterer zähneknirschend, weil er Escaflowne nicht bei sich hatte, um Allen im Kampf zu unterstützen.

Sir Hellsing, die den Kampf bis dahin ziemlich interessiert verfolgt hatte, wurde langsam ungeduldig aufgrund dieser völlig desolaten Leistung und konnte sich jetzt tatsächlich ein spöttisches Lächeln nicht mehr ganz verkneifen. Sie war die präzise Arbeit ihrer Leute gewöhnt und nicht so ein Durcheinander wie das, das hier vor Ort herrschte. Sie wurde immer ungeduldiger, was nicht so sonderlich schwer war bei ihrem ebenfalls recht explosivem Temperament, und begann schließlich, genau wie Alucard, hin- und her zu laufen - wobei sie natürlich nicht wie ein überaufgeregter, nach Beachtung heischender Hund wirkte, sondern stolz und mit hinter dem Rücken verschränkten Händen, Überheblichkeit und vielleicht sogar ein wenig Arroganz ausdrückend. Schließlich hielt sie soviel Unfähigkeit auf einem Haufen einfach nicht mehr aus.

"Alucard!" sagte sie in ihrem gewohnten Befehlston, lenkte damit verständlicherweise die Aufmerksamkeit aller auf sich, sodass jeder sie verblüfft, und auch etwas ängstlich, anstierte, weil niemand auch nur die geringste Ahnung hatte, was sie in dieser Situation ausrichten könnte. Sie sollten alle ihr blaues Wunder erleben – nicht nur im metaphorischen Sinne, wenn man das seltsame Funkeln in Integrals eisblau strahlenden Augen betrachtete. Der Vampir grinste von einem Ohr zum anderen, sodass zu befürchten stand, dass seine Mundwinkel sich, sollte er es fertig bringen, noch breiter zu grinsen, am Scheitel treffen könnten.

"Mit größtem Vergnügen, Meister..."
 

Innerhalb weniger Sekunden wurde es tiefschwarze, absolut finstere und undurchdringbare Nacht.

Nein, nicht der Himmel färbte sich schwarz, sondern die gesamte Umgebung versank einfach in vollkommener Dunkelheit; Konturen lösten sich auf, Schatten schienen lebendig zu werden und alles Licht einfach zu verschlucken. Zumindest den Bildern zufolge, die die Übertragungskameras auf die Bildschirme im Central Dogma übertrugen. Oder übertragen sollten. Man sah nämlich nichts. Überhaupt nichts. Rein gar nichts. Kurz - es war alles schwarz. Womit wir wieder am Ausgangspunkt wären - der Dunkelheit, der alles verschlingenden, absoluten, allumfassenden Dunkelheit. Sie hatte genau in dem Moment eingesetzt, in dem Alucard sich einfach in Luft aufgelöst hatte.

"Klassifizierung B. Ich, Integral Fairbrook Wingates Hellsing, erlaube die Aktivierung durch Cromwell. Aufhebung des Bannsiegels Kategorie V." erklärte Integral ruhig, woraufhin die Stille, die mittlerweile - vor allen Dingen während sie sprach - eingetreten war, regelrecht gespenstisch wurde. "Bannsiegel der Kategorie V aufgehoben, beginne mit partieller Freisetzung, Befehl akzeptiert." Schallte schließlich die tiefe Stimme von Alucard, fast so, als würde sie von unsichtbaren Lautsprechern vervielfacht, durch den Raum und jagte damit sämtlichen Anwesenden - von Integral, die beinahe wohlwollend lächelte, abgesehen - eine Gänsehaut über den Rücken. Danach spielte sich vor den Augen der armen, gestressten und völlig fertigen NERV-Crew, die eh kurz vor dem Rand des Wahnsinns und des Nervenzusammenbruchs rangierte, der wahrhaftige Weltuntergang ab. Plötzlich waren die Bildschirme über und über mit blutroten, glühenden Augen übersäht, denen man die Vorfreude auf ein zünftiges Gemetzel mit viel Blutvergießen regelrecht ansah, obwohl der Rest des Gesichtes und des Körpers fehlten. Die Augen verengten sich zu listigen Schlitzen und man meinte, ein enthusiastisches, ungemein höhnisches und definitiv wahnsinniges Lachen zu hören.
 

Den Leuten außerhalb des NERV-HQs ging es nicht viel besser als denen innerhalb - vielleicht sogar noch irgendwie ein wenig schlechter. Die plötzliche Dunkelheit verursachte nackte Panik unter den Kämpfenden. Diejenigen, die sich mit dem Engel beschäftigten, konnten natürlich genauso wenig sehen wie die, die mit anderen Problemen - unter anderem dem Namens durchgedrehter EVA-01 unter Dummy-Plug-Bedienung - zu kämpfen hatten. Dies hatte zur Folge, dass sich 1. Matriel losreißen konnte und 2. die Angriffe der Piloten und ihrer Maschinen ins Leere gingen, beziehungsweise einen der anderen trafen, was sich nicht unbedingt gerade positiv auf die allgemeine Situation auswirkte. Doch baldige Rettung nahte - oder jedenfalls etwas, das dafür sorgen würde, dass man mit dem Engel fertig werden konnte, wobei zu bezweifeln blieb, ob Rettung tatsächlich das richtige Wort für besagte Sache war -, und zwar in Form einer Kreatur, die lediglich aus glühenden Augen zu bestehen schien. Die Piloten der Pro-Ings wurden unsanft zur Seite gestoßen, als etwas an ihnen vorbeirauschte. Ein ziemlich unfeines Geräusch drang an die Ohren der Beteiligten, dann ein Schrei, der sich verdächtig wie das Schreien eines sterbenden Engels anhörte, und dann herrschte Stille.

Die Dunkelheit verschwand so augenblicklich, wie sie gekommen war, sodass die armen G.O.A.-Leute, deren Augen sich gerade erst an sie gewöhnt hatten, von dem wieder zu ihnen durchdringenden Tageslicht geblendet wurden. Die Kämpfer fanden alles genau so vor, wie es vor dem Übergriff ihrer Verstärkung gewesen war, mit der Ausnahme, dass nun ein regungsloser und leicht zerquetscht aussehender Engel in ihrer Mitte lag, was allerdings nicht zu übermäßiger Trauer führte. Etwas abseits waren die drei Evangelion, Sherazade und die Brains wie Mikadostäbchen auf dem Boden verteilt.
 

Im Inneren des Hauptquartiers starrte die Crew mit offenen Mündern und weit aufgerissenen Augen auf den Vampir, der soeben wieder neben seinem Meister aufgetaucht war und allerbester Laune zu sein schien, während es fast so aussah, als würde er wie ein aufgeweckter junger Hund darauf warten, dass sie ihm als Belohnung den Kopf kraulte.

"Siehst du?" sagte er mit irgendwie kindlicher Stimme, vollauf zufrieden mit seiner Tat. "Ich bin kleiner, pflegeleichter und viel effektiver als diese unpraktischen mechanischen Spielzeuge!"

Maya, wieder einmal bleich wie eine Statue aus weißem Marmor, erhob sich währenddessen stumm von ihrem Platz und verließ den Raum, ohne auch nur jemanden anzusehen oder ein Wort zu sagen, was zumindest Ritsuko wenigstens einen halbwegs besorgten Blick entlockte, ansonsten aber wenig Aufmerksamkeit erregte, weil man Maya ja sowieso nur dann Aufmerksamkeit schenkte, wenn irgendetwas schief lief.

"Sag bloß, du warst eifersüchtig." stichelte Sir Hellsing, schien damit seine Erwartungen auf eine art Belobigung zu vernichten, was ihn sichtlich hart zu treffen schien, und blickte der jungen Technikerin eher unbeteiligt hinterher, hauptsächlich wohl nur, um sich nicht länger mit Alucard auseinandersetzen zu müssen, der ihr schmollend vorwurfsvolle Blicke zuwarf.

"Und dann war da noch die Sache mit dem Sarg..."

Zero langweilte sich. Er langweilte sich schrecklich. Er langweilte sich zu Tode. Und es gab nichts, aber auch absolut gar nichts, das seine Langeweile vertrieben hätte. Er brauchte unbedingt eine Beschäftigung - oder zumindest etwas Ähnliches; von sinnvoll gar nicht zu sprechen, so anspruchsvoll wollen wir gar nicht erst sein. Also beschloss er kurzerhand, ein wenig das HQ zu erkunden, nachdem er bis jetzt immer nur von irgendwelchen Leuten geführt worden war, denn er hatte große Lust, endlich einmal selbst die Räumlichkeiten auszukundschaften, in der Hoffnung, vielleicht zufälligerweise die Cages wieder zu finden und nebenbei seine geliebten Göttinnen bewundern zu können. Doch wie wir unseren lieben Zero ja alle kennen hatte er sich schon nach den ersten zwei Schritten hoffnungslos verlaufen...
 

"Sir Hellsing, kann ich Sie einen Augenblick sprechen?"

Integral schaute mit desinteressiertem Blick vom Computerbildschirm auf und in Ritsukos teils vorsichtiges, teils aber auch erwartungsvolles Gesicht. Auf dem Bildschirm standen Angaben über ihre Person - Alter, Geburtstag, Beruf usw. - kurz, die Daten, die sie eben noch einem der Mitarbeiter des NERV-HQ gegeben hatte und jetzt noch einmal auf ihre Richtigkeit prüfte und die prinzipiell sowieso recht nichts sagend waren, wenn man Integrals Person, die Komplexität ihrer Existenz betrachtete.

Ein kurzes Nicken beantwortete Dr. Akagis Frage und ließ diese gleich zum Grund des Gespräches kommen.

"Ich wollte Sie eigentlich nur kurz fragen, ob denn alles zu Ihrer Zufriedenheit ist, ich meine die Unterbringung... Vor allem, da ich ja nicht weiß, welche Ansprüche Ihr, ähm, Begleiter in Sachen seiner Schlafmöglichkeit stellt..."

"Oh, es ist schon alles in Ordnung, vielen Dank. Alucard hat den Sarg in der letzten Nacht sowieso noch nicht gebraucht" erwiderte die blonde Frau mit dem Anflug eines Lächelns, wobei man Anflug betonen musste. Ritsuko verkniff sich die Frage, was Alucard denn stattdessen gemacht hatte - sie war sich auch nicht so sicher, ob sie es denn wirklich um jeden Preis wissen wollte.

"Das... freut mich. Und es tut mir im übrigen Leid, dass Sie Ihr Frühstück heute erst hier im Hauptquartier haben einnehmen können... Ich hatte leider meine Pflichten und konnte mich nicht darum kümmern."

"Das ist doch kein Problem" unterbrach Sir Hellsing, die Ritsukos Verhalten irritierte. "Wie schon gesagt, ich habe keine großen Ansprüche und bin es sowieso nicht unbedingt, nun, ich sage mal gewöhnt, früh morgens zu essen, da meine Arbeitszeiten eher in der Nacht liegen."

Dr. Akagi zog kurz verwirrt die Augenbrauen hoch, bis ihr wieder einfiel, welcher Arbeit Integral denn im Allgemeinen nachging.

"Das bringt mich zu einer persönlicheren Frage – nicht, dass wir Ihre Hilfe hier nicht zu schätzen wissen, aber haben Sie in Ihrer eigenen Dimension nicht Pflichten, denen Sie nachgehen sollten?" Integral, in der Zwischenzeit schon wieder auf den Bildschirm fixiert, schaute noch einmal auf.

"Das habe ich in der Tat, aber ich bin der Meinung, dass meine Leute in meiner Welt weitaus besser ohne mich zurecht kommen, als es hier den Anschein hat, sollte es erneut zu einem Übergriff der Ghouls kommen, und so lange die Umstände um diese... Dimensionslöcher nicht geklärt und behoben sind, denke ich, ist es besser, noch eine Weile hier zu verbleiben."

"Dann stünde es ihnen also jederzeit frei, wieder in ihre eigene Welt zurückzukehren?"

"Dank Alucards besonderer Fähigkeiten, ja."

"Ich verstehe" sagte Ritsuko nachdenklich und wandte sich wieder zum gehen. "Dann will ich nicht weiter stören. Wenn Sie irgendwelche Wünsche haben oder es Probleme gibt sagen Sie mir einfach bescheid. Ich kümmere mich dann darum." Sie nickte sich mit Sir Hellsing noch einmal höflich zu und ließ Integral dann weiter ihrer aktuellen Tätigkeit nachgehen. Aus dem Schatten im Gang blinzelten der Cheftechnikerin noch zwei blutrote Augen hinterher, bis sie sich zu amüsierten Schlitzen verengten und kurz darauf wieder mit der Dunkelheit verschmolzen.
 

Rei und Asuka gingen schweigend nebeneinander her - man konnte meinen, sie wären sich total fremd und wüssten einfach nicht, was sie miteinander reden sollten, was faktisch, eigentlich rein theopraktisch ja auch irgendwo so war - und erreichten auch in diesem Zustand die Cages. Da Shinji in letzter Zeit bei den Arbeiten in der Schule nicht besonders gut abgeschnitten hatte, war er von seinem Lehrer zwecks Nachhilfe dabehalten worden, weshalb der Junge am heutigen Tag bei den üblichen Synchrotests fehlte. Folglich war es in Anbetracht der derzeitigen Situation relativ ruhig im Hauptquartier und das steigerte die Langeweile einer gewissen Person nur noch mehr. Diese gewisse Person hatte es mittlerweile zumindest geschafft, den dunklen und unheimlichen Gängen zu entkommen, durch die sie soeben noch gestreift war und die nicht unbedingt danach aussahen, als seien sie des Betretens wegen für Unbefugte erlaubt. Dabei half natürlich vor allem die Tatsache, dass besagte Gänge im verstecktesten aller versteckten Teile des HQs lagen, gar nicht erst auf irgendwelchen Plänen eingezeichnet, durch abgeschlossene Türen und "Betreten Verboten!"-Schildern hermetisch abgeriegelt waren und nicht einmal Leute vom Range Misatos von ihnen wussten. Doch so etwas stellte für jemanden wie Zero ja keinerlei Hürde dar.

Wieder im Zivilen Bereich angekommen - nur durch Zufall, offen gesagt - erkannte der Junge an einer Tür zwar fälschlicherweise den Weg zur Kantine, kam aber zumindest ebenso zufällig in der Nähe des Trainingsraumes der Evangelion wieder heraus, in welchem gegenwärtig die Synchrotests abgehalten wurden. Rei und Asuka hatten in diesem Augenblick ihre Tests schon wieder beendet und begaben sich nun zurück zum Umkleideraum, der, wie so ziemlich alle Räume des HQs, mit einem Code gesichert war. Kaum, dass sie den Raum betreten hatten, wurde die Tür von außen zugeworfen. Die beiden Mädchen hörten ein gedämpftes "Ups, sorry..." und dann ein Piepen, als versuche der Besitzer des 'Ups, sorry...' die Tür wieder zu öffnen. Sofort ertönte ein Kreischen in Stereoton, er solle das lassen und dass die Tür durchaus von drinnen zu öffnen sei, doch leider war es in diesem Moment auch schon zu spät. Zero hatte in der Annahme, der Code sei derselbe wie der für das Zimmer, das er sich mit Hiead teilte, ebenselbigen gerade drei Mal eingetippt - sich gewundert, warum er nicht funktionierte - und damit das Sicherheitssystem NERVs in Gang gesetzt, welches die Tür, ähnlich hilfreich wie unser heißgeliebtes Dummy-Plug-System, nun endgültig verschloss, undurchdringbar abriegelte und sie daher auch von innen nicht mehr öffnen ließ. Verzweifelt rannten die beiden, mittlerweile also eingesperrten, Mädchen zur Tür, sodass es auf den ersten Blick schien, als wollten sie diese einrennen, und versuchten es dann, sich offenbar eines Besseren besinnend - denn wer rennt gerne gegen eine mehrere Zentimeter dicke Stahltür, in dem vergeblichen Versuch, sie zu öffnen? -, noch einmal mit dem richtigen Code, der, wie zu erwarten, jetzt nicht mehr angenommen wurde. Asuka wurde natürlich postwendend zum Berserker - wie eigentlich immer, wenn irgendetwas nicht nach ihrem Sinn und Befehl geschah - und brüllte und schlug gegen die Tür und verfluchte nebenbei noch ziemlich schamlos Zero, der, nachdem er die Tür nicht aufbekam nur mit den Schultern zuckend seinen Weg fast gleichgültig fortsetzte. Das Second Child gab schließlich, nachdem sie fast heiser und ihre Hände beinahe aufgeschlagen waren, auf und beschränkte sich darauf, resigniert und leicht gequält zu seufzen - sie hatte die Situation in ihrer Dramatik bereits vollends erkannt -, als sie sich an der Wand neben dem Türrahmen herabsinken ließ.

"Und jetzt?" fragte sie mehr sich selbst als Rei und schlang ihre Arme um die an die Brust gezogenen Beine. Das weißhaarige Mädchen sagte nichts dazu, irgendwann würde schon jemand das Fehlen der beiden Pilotinnen bemerken - sie waren immerhin nicht völlig unwichtig oder gar ersetzlich -, und schließlich war das Sicherheitssystem ja auch in Betrieb und hatte die NERV-Crew gewiss schon informiert. Dumm für sie, dass in der Zentrale gerade gar keiner war...
 

Letztendlich hatte es Zero doch wieder in die Zivilisation geschafft und befand sich jetzt bei den Unterkünften, die den Gästen NERVs zugeteilt worden waren. Er klopfte an jeder Tür, doch niemand öffnete ihm. Oder es war schlicht und einfach niemand da - aber das werden wir, die Autoren mit eingeschlossen, wohl nie erfahren, weil es zum Storyverlauf nichts beiträgt und daher vernachlässigt werden kann; kurz: wir haben uns keine Gedanken darüber gemacht.

Zero seufzte, und die Langeweile überkam ihn nur noch stärker, als ihm zwei wohlbekannte Personen ins Auge fielen, die soeben aus der Kantine am Ende des Ganges gekommen waren und nun sicheren Schrittes ihren Weg ins Ungewisse nahmen. Da der Pilotenanwärter sowieso nichts Besseres zu tun hatte, beschloss er, den beiden zu folgen, um den Größeren von ihnen nun endlich nach seinem - hoffentlich patentierten - Rezept für die tollen weißen Zähne zu fragen; nicht zu vergessen, dass er einfach neugierig war, wo die beiden hinwollten. Dummerweise legten sie eine Schnelligkeit an den Tag, die schon fast an Hast grenzte - vielleicht lag es ja auch einfach nur daran, dass sie eben ein gutes Stück längere Beine hatten als er - weshalb er sie, nachdem er die GeoFront verlassen hatte und planlos die nächstbeste Straße entlanglief, wieder aus den Augen verlor. Zu seinem Glück sah er sie wieder, als sie eben ein Haus ganz in der Nähe der GeoFront betraten und war gerade noch schnell genug, einen Blick auf den Fahrstuhl zu erhaschen, auf dem das Stockwerk, zu dem er sich gerade hinbewegte, angezeigt wurde. Zero nahm also kurzerhand die Treppe und rannte dann den langen Korridor, auf dem er schließlich heraus kam, entlang, um die gerade erst zufliegende Tür zu Ritsukos Wohnung ganz an seinem Ende aufzuhalten. Keuchend und stolz auf seinen neuen Rekord im 70-Meter-Sprint blieb Zero kurz im Eingang stehen, um nach dem Sprint wieder zu Atem zu kommen und betrat daraufhin die auf den ersten Blick ziemlich schlicht eingerichtete Unterkunft der Chef-Technikerin, wobei die Schlichtheit der Wohnung auch auf den zweiten Blick erhalten blieb.

Zero hielt sich nicht lange mit dem Wohnungsbeschau auf, ganz einfach, weil es nichts zu sehen gab, sondern folgte den Stimmen Integrals und Alucards, die von einem Zimmer am anderen Ende des Flures herrührten. Vorbei am durch dicke Vorhänge verdunkelten Wohnzimmer und der Küche, die verdächtig danach aussah, als würde sie nie benutzt, kam er schließlich zur geschlossenen Zimmertür, hinter der Alucard gerade dabei war, seinen heutigen Schlafplatz auszuprobieren. Der Sarg aus schwarzlackiertem Mahagoni war mit weinrotem Samt ausgekleidet und passte nur allzu gut zu den Klamotten des Vampirs, der sich genüsslich in seinem 'Bett' räkelte, soweit es der recht knappe Platz erlaubte, und seinen Meister freudig anstrahlte.

"Hier drin fühl ich mich fast wie zu Hause" verkündete er der nicht sonderlich interessierten Integra, die ebenso gleichgültig dreinschaute wie immer. "Auch wenn es etwas zu warm für meinen Geschmack ist..."

Eigenartig, vor allen Dingen, wenn man bedachte, dass die Wohnung dank der geringen Nutzung ziemlich kalt war.

"Oh, guck mal, hier ist sogar alles mechanisch!" Integral seufzte bewundernswert beherrscht, Alucard tat es schließlich nur, um sie zu ärgern. Zumindest redete sie sich das schon seit längerer Zeit äußerst erfolgreich ein. Wie ein kleines Kind, das seine Neugier kaum, oder sagen wir eher gar nicht zügeln konnte ließ der Vampir über gewisse Schalter im Inneren des Sarges den dazugehörigen Deckel immer wieder auf- und abfahren, machte jedes Mal "Buh!", wenn er Integras entnervtes Gesicht erblickte und kicherte dann wie verrückt. Sir Hellsing musste sich ernsthaft fragen, ob ihm die Luft in dieser fremden Welt einfach nicht bekam oder er vielleicht irgendwas Falsches gegessen - oder eher getrunken - hatte. Und beim fünften Mal, dass sich der Deckel mit einem leisen Klick schloss, danach wieder hochfuhr und Alucard dümmlich bei ihrem Anblick aufkreischte, verlor sie ihre Beherrschung. Sie wollte ihrem Untergebenen gerade ziemlich lautstark und im Notfall auch mit angedrohter Gewaltanwendung zeigen, wo er sich sein verdammtes Spielzeug hinstecken konnte - falls sie es ihm nicht gleich persönlich an diesen Ort stecken würde -, als hinter ihr die Tür mit einem unerwarteten Ruck aufgestoßen wurde, die hochgewachsene Frau, als sich die Tür in ihr Kreuz drückte, ihr Gleichgewicht verlor, gegen den Sargrand stieß und in selbigen, egal, wie sehr sie dies zu verhindern versuchte, hineinstolperte - gerade noch, bevor sich der Deckel wieder schließen konnte. Sir Hellsing und Alucard verschlug es vor Schreck erst einmal die Sprache, nachdem sie in der Dunkelheit im Prinzip – und nicht nur da, auch in der Praxis – in einer recht ungünstigen Position aufeinander lagen.

Zero sah sich im Zimmer um, konnte allerdings nichts außer einem großen schwarzen Holzkasten erkennen, was ihn verwunderte, da er bis eben noch die Stimmen Integrals und Alucards vernommen hatte, und wandte sich enttäuscht wieder zum Gehen, die gedämpften Geräusche, die nach der ersten Schocksekunde hinter ihm ertönten, total überhörend.

Als die beiden unglücklichen Gefangenen die Zimmertür wieder zuschlagen hörten, wurden sie einen Moment sehr still - ja, eigentlich totenstill , wenn man diesen Wortwitz erlauben möchte. Zuerst warteten beide auf die Rückkehr des vermeintlichen Übeltäters, doch zu ihrem - soll heißen, eigentlich nur Integrals - Missgefallen geschah das nicht.

"Alucard, kommst du an den Schalter ran?" fragte die Blonde so beherrscht wie in dieser Situation eben möglich – tatsächlich aber bebte sie vor Wut und konnte diese kaum noch unterdrücken. Der Vampir sah sie grinsend an, was Integra in der Dunkelheit natürlich nicht sah, und das Alucard wiederum davor bewahrte, von ihr vermutlich eigenhändig in Stücke gerissen zu werden, egal, wie eng es momentan war, sie würde schon Mittel und Wege finden.

"Na ja... Eigentlich finde ich es hier drin ganz gemütlich..." sagte Alucard und kicherte kurz, was ihm Sir Hellsing, hätte sie die Möglichkeit dazu gehabt, wahrscheinlich mit einer schallenden Ohrfeige - oder doch lieber gleich dem silbernen Pflock... - heimgezahlt hätte. Stattdessen begnügte sie sich erst einmal vorläufig damit, Alucard wie eine wild gewordene Bestie mit allen obszönen Wörtern, die sie kannte, und das auch noch in mehreren Sprachen, zu beschimpfen - was ihn nicht sonderlich störte, da er eh nur die Hälfte davon verstand - und wie eine Furie rumzuzappeln, was in dem wenigen vorhandenen Raum im Sarg natürlich schwerer war, als es sich anhört. Alucard lachte nur und hütete sich, Integral zu sagen, dass ihm dieses Rumgezappel gar nicht mal so unangenehm war...
 

An einem anderen Ort ging es da schon weit weniger lustig zu, je nachdem, aus welcher Perspektive man das Geschehende betrachten wollte. Die Leute aus Gaia hatten es sich im Aufenthaltsraum gemütlich gemacht, soweit dies möglich erschien; allerdings war trotz allem nicht viel los. Da es auf Gaia so etwas nun mal nicht gab und Allen, Van und Co. sich ihre Zeit daher meist mit allem außer Computerspielen vertrieben, herrschte zurzeit ziemlicher Überdruss, da sie noch gar nicht wussten, welche unglaublichen Vorzüge eine Computerkonsole haben konnte. Hime und Yū hatten sich vor einer Viertelstunde verabschiedet und waren zur Novice Noah zurückgegangen und Gareas und die anderen waren auch vor einer Weile spurlos verschwunden. Infolgedessen hatten es sich nun Van und Merle zur Aufgabe gemacht, die ganzen eigenartigen Geräte, die sich im Aufenthaltsraum befanden, zu inspizieren. Allen war mit Hitomi in die kleine Küche – eigentlich war es nur eine Kochnische, aber trotzdem nachträglich durch eine augenscheinlich selbstgebastelte Holztür, wohl wegen der Essensgerüche, abgetrennt - nebenan gegangen, um nach etwas nahrhafterem als Brot und Wasser zu suchen, und beide hörten beunruhigt die eigenartigen Laute, die aus dem angrenzenden Raum drangen.

"Was zum Teufel treiben die beiden da?" fragte Hitomi aufgebracht, nachdem der Fernseher nun schon augenscheinlich - oder besser ohrenscheinlich - zum vierten Mal in Folge an- und ausgeschaltet worden war.

"Jetzt hast du's wieder kaputt gemacht...!" flüsterte der Schwarzhaarige zu dem Katzenmädchen, das, mit in Falten gelegter Stirn, die vielen Knöpfe auf dem eigenartigen langen schwarzen Kasten in ihrer Hand beäugte.

"Ach, sei still!" fauchte sie zurück und drückte wahllos auf den Tasten herum. Mit einer deutlich hörbaren statischen Entladung sprang der ebenfalls eigenartige, etwas größere schwarze Kasten vor ihnen an und zeigte nach ein paar Sekunden irgendeinen Tunnel, von dessen Decke irgendein Mensch hing und sich die Seele aus dem Leib schrie, während unter ihm 5 weitere Menschen standen und saßen und auf den Gaianern weitgehend unbekannten Instrumenten spielten. Van und Merle starrten geschockt auf das Schauspiel vor ihnen und der Junge riss der Katze den mit Knöpfen übersäten Kasten aus der Hand, um nun seinerseits wild auf das arme Ding einzuhämmern. Aus einem ihm unerklärlichen Grund wurde der große Kasten plötzlich Lauter, und die Schreie, die nun von ihm ausgingen, fast unerträglich - Van befürchtete schon, der Typ auf dem platten Glas würde gerade gefoltert. Hitomi wurde es nun zu bunt, weswegen sie zu Van und Merle rannte, ersterem die Fernbedienung wegnahm und den Fernseher wieder abstellte.

"Ah, schon wieder kaputt!" rief Van überrascht und zeigte aufgeregt auf das ihm noch immer unbekannte Gerät.

"Er ist nicht kaputt!" tobte Hitomi und konnte nur schwer das mittlerweile extrem unbändige Verlangen unterdrücken, ihrem vermeintlichen Freund sein neues Spielzeug gegen den Kopf zu werfen. Dann holte sie ein paar Mal tief Luft und legte die Fernbedienung neben dem Apparat auf einem Schrank ab.

"Das nennt man Fernseher" erklärte sie ihren Freunden mit gestelzt deutlicher Aussprache, als Allen gerade mit einem Teller Schnittchen in der Hand zur Tür hereinkam.

"Fährnsähr?"

"Fern-seher!" wiederholte das Mädchen. "Damit kann man... Theaterstücke gucken. Oder Nachrichten."

"Ach, damit kann man in die Zukunft sehen?"

"Nein! Die Filme und Nachrichten werden mit einer Kamera aufgenommen und dann über die entsprechenden Sender gesendet... Ach, vergesst es einfach." fügte Hitomi resigniert hinzu, als sie die verwirrten Blicke ihrer Freunde sah. Van schaute sie enttäuscht an, aber Merle hatte schon gleich ein neues Opfer gefunden. Sie hatte die Dinger mittlerweile schon öfter im HQ gesehen und war ziemlich überzeugt, dass sie irgendeinen höheren Sinn haben mussten.

"Was ist das?" fragte sie deshalb und hielt einen weiteren Kasten - diesmal in weiß und mit komischen Auskerbungen und Löchern und einer Schnur dran - in die Höhe.

"Ein Verteiler" antwortete Hitomi. "Eine Steckdose. Damit werden zum Beispiel die Computer, die ihr in der Kommandozentrale gesehen habt, und der Fernseher hier mit Strom versorgt. Ansonsten würden sie nicht funktionieren." Allens Blick hellte sich auf.

"In der Küche gibt es das auch, oder?" fragte er, begeistert, auch mal etwas beitragen zu können. Das Mädchen nickte.

"Alle elektrischen Geräte brauchen so etwas. Deswegen werdet ihr denen hier wohl noch öfter begegnen." Hitomi seufzte.

"Kommt ihr hier mal ein paar Minuten ohne mich aus? Ich werde mal Katsuragi-san suchen, vielleicht kann die uns ja sagen, was wir hier tun können..."

Sie wartete die Antwort gar nicht erst ab sondern drehte sich auch schon auf dem Absatz um und rauschte aus der Tür heraus, froh, etwas Abstand zwischen sich und dem Wahnsinn - eher den Wahnsinnigen - zu bringen. Die drei Verbliebenen schauten dem Mädchen noch eine Weile hinterher - was de facto bedeutete, sie starrten stupide auf die geschlossene Tür - bis sie bemerkten, dass sie wohl nicht so schnell zurückkommen würde. Also mussten sie eine neue Beschäftigungen finden, jetzt, wo niemand mehr da war, um ihnen irgendetwas zu erklären. Van schaute lange Zeit gedankenverloren auf den großen schwarzen Kasten - ihm war der Name des Teils schon wieder entfallen - und fasste dann den Entschluss, einfach mal ein Bisschen diese ganzen anderen elektrischen Geräte auszuprobieren, wo sie schon einmal die Gelegenheit dazu hatten. Vielleicht fand sich unter ihnen ja etwas Interessantes...

Kurzerhand schickte er Allen in die Küche, damit dieser dort nach allem Ausschau halten konnte, was in irgendeiner Form eine Schnur und eine gehörnte Schwanzspitze - zumindest beschrieb er so Kabel und Stecker - besaß und machte sich selbst mit ausgesuchtem Eifer im Hauptraum zu schaffen. Das Resultat dieser Bemühungen waren neben Fernseher und dazugehörigem Video- und DVD-Player sowie einigen Spielekonsolen, ein Radio und ein CD-Player, Mikrowelle, Toaster, Sandwichmaker, Pürierstab, Wasser- und Reiskocher und Mixer aus der Küche, ein Fön aus dem Bad, den Merle angeschleppt hatte, sowie eine elektrische Zahnbürste, die jemand dort vergessen haben musste, der schon am Stromnetz angeschlossene Computer und noch ein paar weitere Verteiler, die Van kurzerhand von anderen elektrischen Geräten - die seiner Ansicht nach nicht sonderlich interessant waren, wie eine alte Stehlampe - nahm, schließlich wollten sie ja etwas spannendes Erleben. Allen brachte zudem noch eine weiße Tüte mit, auf der neben dem Schriftzug "Popcorn" auch das Wort Mikrowelle mit einem entsprechendem Symbol abgebildet war, was den blonden Hünen zu dem Schluss führte, dass es offenbar nötig für das Plastteil mit den Glasscheiben war, damit es funktionierte. Nach einigem Probieren und mehrfach eingeklemmten Fingern schaffte er es sogar, die Mikrowelle zu öffnen und das Popcorn hineinzulegen, während Van und Merle äußerst eifrig damit beschäftigt waren, die ganzen gehörnten Schwanzspitzen in die weißen Kästen zu stecken. Zwar hatten sie einige Verständigungsschwierigkeiten, da jeder eine andere Beschreibung für die unbekannten Geräte erfand, aber letztendlich saßen sie doch mit sich und der Welt zufrieden vor ihrem verkabelten Kunstwerk und wischten sich erschöpft von der vielen Kleinarbeit den Schweiß von der Stirn.

"So, dann lasst uns doch mal gucken, ob die Dinger auch so 'ne magischen Anschalt-Knöpfe haben!" rief Van voller Elan und machte sich auch sogleich an der Mikrowelle zu schaffen. Nach und nach brachten es die Gaianer irgendwie fertig, sämtliche Gerätschaften zum Laufen zu bringen, als ohne jegliche Vorwarnung plötzlich alles gleichzeitig kaputt und das Licht im Raum ausging - kurz, es gab einen ganz ordentlichen Kurzschluss; unangenehm nach verschmorter Plaste riechender Rauch stieg aus den meisten Gehäusen auf und sämtliche vorhandenen elektronischen Sicherungen sprangen heraus. Merle schrie erschrocken auf und suchte den Raum nach potentiellen Angreifern ab, sah allerdings im ersten Moment nichts außer Schwärze - Kunststück in einem Raum ohne Fenster, wenn das Licht nicht mehr funktioniert. Van klopfte im Dunkeln ein paar Mal auf den Monitor des Computers, um ihn 'wieder ganz zu machen' und entschied sich dann doch dafür, einfach auf Hitomi zu warten. Sie würde schon wissen, wie man die Dinger reparieren konnte.
 

Hitomi war allerdings gar nicht in der Lage, zu den Gaianern zurückzukehren und ihnen zum hundertsten Male zu erklären, dass die Geräte nicht einfach so 'kaputt' gingen, wobei sie dieses Mal vielleicht sogar eine weitaus farbenprächtigere Sprache genutzt hätte. Sie war nämlich gegenwärtig in einem Fahrstuhl eingesperrt, der aufgrund eines das gesamte HQ erfassenden Stromausfalls - Oh, warum gab es den wohl? - stecken geblieben war und leistete damit Kaji, Misato, Shinji samt Schulsachen, Hiead, Gareas und Rio unfreiwillig Gesellschaft. Nicht genug, dass es aufgrund der vielen dort eingeschlossenen Personen sehr eng war - nein, als der Fahrstuhl unergründlicherweise so plötzlich zum Halt gekommen war, waren die Insassen erst einmal ziemlich durchgeschüttelt worden und lagen nun mehr oder weniger ineinander verkeilt auf dem Boden des Aufzuges herum, was die Stimmung nicht unbedingt anhob; ganz zu schweigen davon, dass das Licht ebenfalls erloschen war. Hitomi konnte ihre Freude darüber wirklich kaum unterdrücken, was dazu führte, dass ein leises Knurren den beschränkten Raum des Fahrstuhls erfüllte und die Insassen unbehaglich von seiner Quelle wegrutschten. Dabei war es unumgänglich, dass sie sich alle gegenseitig im Weg saßen, standen, oder lagen und schon mal gegeneinander stießen, was die in diesem Moment diesbezüglich ohnehin ziemlich empfindliche Misato fälschlicherweise für einen erneuten anstößigen Versuch Kajis, ihr auf den Leib zu rücken, hielt und postwendend dem eigentlich doch in diesem Falle recht unschuldigen Gar eine schallende Ohrfeige verpasste. Der zuckte deshalb auch prompt zusammen, stieß einen kurzen Schrei aus und hielt überrascht die Luft an, während er sich die nun ziemlich schmerzende Wange hielt und in der Dunkelheit nach dem Absender dieser schlagkräftigen Rüge suchte. Der eigentliche Übeltäter kicherte leise, ohne dass es zunächst bemerkt wurde, und ließ es sich dann natürlich nicht nehmen, jetzt, wo die Gelegenheit so günstig war, die tatsächliche Schandtat nach ersten, sehr kurzen und ihn nicht wirklich überzeugenden Zweifeln nun doch auszuüben, weswegen Misato schließlich, einer leibhaftigen Furie gleich, aufsprang und anfing, ihren vermeintlichen Kollegen und Ex-Freund aufs übelste zu verwünschen und zu beleidigen. Kaji jedoch lachte nur schallend, versteckte sich gekonnt hinter all den anderen, bedauernswerten, mit ihnen hier eingesperrten Kreaturen und konnte in diesem Moment wahrlich froh sein, dass er - ausnahmsweise mal dank der Dunkelheit - vor praktischen Verdeutlichungen Misatos' Worten relativ sicher war.
 

"Mann, nun pass doch auf, du brichst mir ja noch die Schultern!"

"Technisch gesehen ist es ziemlich unmöglich, diese Tat tatsächlich auszuführen, mal abgesehen davon, dass ich, wenn ich es denn doch tun würde, dir nicht die Schultern, sondern das Schlüsselbein brechen würde, da 'Schulter' ja nur der Überbegriff ist für die Gesamtheit von..."

"Ja, ja, ich hab's ja kapiert! Nun mach schon hin, du wirst langsam schwer!"

Asuka verdrehte die Augen. Seit wann sprach diese aufgeblasene Kuh eigentlich so viel? Und warum dauerte es so lange, bis sie endlich dieses verdammte Gitter vor dem Lüftungsschacht entfernt hatte?! Das Second Child verlagerte ihr Gewicht auf das rechte Bein, nachdem ihr linkes unschönerweise eingeschlafen war, was ihr ein "Halt still!" von über ihr einbrachte. Asukas Blick verfinsterte sich zunehmend - wie hatte sie nur bei dieser dummen Idee zustimmen können? Und dann hatte sie auch noch ausgerechnet bei Schere-Stein-Papier verloren, was der Grund dafür war, dass sie jetzt vor der Wand und dem etwas über ihr liegenden Lüftungsschach stand, Rei auf ihren Schultern balancierend und ungeduldig darauf wartend, dass das First Child endlich mit ihrer Aufgabe fertig wurde und die beiden Mädchen auf diese Weise hoffentlich aus ihrem Gefängnis verschwinden konnten. Da vor einiger Zeit beunruhigenderweise der Strom ausgefallen war ging natürlich auch die Lüftung selbst nicht mehr, was ihr Vorhaben vereinfachte, denn sie liefen nicht mehr Gefahr, bei ungünstigen Wendungen der Angelegenheit wie der Spatz im Ventilator zu enden. Aber nach gefühlten zwei Stunden in einem dunklen stickigen Raum hatten sie - soll heißen Asuka - es einfach nicht mehr länger ausgehalten. Die Pilotin des EVA-02 fragte sich schon seit geraumer Zeit, warum es wohl so lange dauerte, bis die Techniker von NERV das Problem behoben hatten, bzw. einfach das Notstromaggregat anging, und war zu dem Schluss gekommen, dass es entweder etwas ernstes wie ein Engel war oder die gesamte Crew einfach nur selbst in der Dunkelheit festsaß und sich erst einmal irgendwie bis zur Zentrale vorarbeiten musste, wobei man womöglich das Wort irgendwie ganz besonders betonen musste. Zurzeit tendierte sie zur zweiten Möglichkeit, da ein Angriff sich wahrscheinlich schon längst anderweitig bemerkbar gemacht hätte...

Ein kurzes Rucken, ein leiser erschrockener Schrei und das Gefühl, jeden Moment ihr Gleichgewicht zu verlieren, sagten Asuka, dass Rei endlich fertig war und sie das Gitter vor dem Schacht entfernt hatte - besser gesagt, es hatte plötzlich ihrem Bemühen nachgegeben und sie ruderte jetzt eifrig mit den Armen um in ihrer zugegeben ungünstigen Position nicht die Balance zu verlieren. Wenn Asuka ehrlich war hatte sie vor ein paar Minuten nicht einmal damit gerechnet, im Dunkeln überhaupt die richtige Stelle zu finden, geschweige denn, das blauhaarige Mädchen zu eben dieser Stelle hochhieven zu können. Ihr war es auch ein Rätsel, wie Ayanami überhaupt die Schrauben, die das Gitter vor dem Eingang in den Schacht hielten, lösen konnte. Aber diese Fragen verdrängte sie sofort wieder - besser für ihren persönlichen Seelenfrieden -, als sie das Gewicht auf ihren Schultern sich bewegen und schließlich ganz verschwinden spürte und schließlich hörte, wie Rei ein Stück in den Lüftungsschacht hineinkroch und, wenn sie den leicht dumpf klingenden Geräuschen trauen konnte, unsanft gegen die mit Aluminium ausgekleideten Wände stieß. Sobald sich das First Child etwas entfernt hatte sprang Asuka selbst zur Öffnung hoch und zog sich durch diese in den engen Tunnel hinein, um dem anderen Mädchen zu folgen und auf diese Weise hoffentlich bald das Licht am Ende des Tunnels zu sehen - nicht nur literarisch betrachtet.
 

Nachdem Ritsuko zum wiederholten Male keine Antwort von Maya erhalten hatte - von dem statischen Rauschen der Leitung einmal abgesehen - entschloss sie sich, die junge Technikerin jetzt doch suchen zu gehen. Sie hatte eh nichts Besseres oder gar in diesem Moment Sinnvolleres vor, jetzt, wo alles dunkel und stromlos war. Es sah Maya eben einfach nicht ähnlich, dass sie auf ihr Anpiepen per Pager, direkte Anfragen über die Sprechanlage und sogar Telefonanrufe nicht antwortete, wo sie doch sonst so pflichtbewusst war, was dann unter Umständen vielleicht ein Grund zu leichter Besorgnis sein konnte. Ihrer Vermutung nach war Maya gewiss nach Hause gegangen, nachdem die Synchrotests vorbei gewesen waren, und sie selbst hatte es hoffentlich und vermutlich nur noch nicht erfahren, weil kurz danach die Hölle ausgebrochen war - mehr oder minder schwer, versteht sich -, als der Strom im gesamten HQ ausfiel. Ritsuko hatte sich gerade auf dem Weg zu den Umkleideräumen befunden, um den Pilotinnen die heutigen Ergebnisse mitzuteilen, als das Licht in den Gängen ausging und sie schon Sekunden später das gesamte Personal wild schreiend durch selbige rennen hörte. Wunderbar... hatte sie nur gedacht, als ihr bewusst wurde, dass eine geordnete Panik in einem solchen Fall wohl kaum zu ermöglichen war; aber man konnte eben nicht alles haben. Danach hatte sie resignierend geseufzt und war wieder umgedreht, um in der allumfassenden und -gegenwärtigen Dunkelheit nachzusehen, ob Hyuga oder Aoba noch da waren, um sich dem Problem anzunehmen oder wenigstens vorerst den Notstrom, der sich offenbar nicht von allein darum bemühen würde, anzuspringen, anzuschalten. Unglücklicherweise hatten beide durch Abwesenheit geglänzt - jedenfalls nahm Ritsuko das an, da das Central Dogma derzeit vollkommen verriegelt war, allerdings auch keine Geräusche von Innen zu hören gewesen waren - und auch Maya war nirgends aufzufinden gewesen. Ihre beiden männlichen Untergebenen hatte sie mittlerweile, nach einigem Umherirren und dank ihrer kleinen Taschenlampe, die sie für den Fall, mal wieder in MAGI herumkriechen zu müssen, immer bei sich trug, auftreiben können und nach der Ursache des Stromausfalles suchen geschickt, nachdem der Versuch, den Notstrom zu aktivieren, fehlgeschlagen war, was man ganz einfach daran sehen konnte, dass man eben nichts sah. Und letztendlich war sie am Ausgang der GeoFront gelandet, durch den sie nun in ihrem Auto fuhr - froh, dass die Tore hier noch manuell zu öffnen und schließen waren - und die Richtung von Mayas Wohnung einschlug, in der sie die Technikerin als am Wahrscheinlichsten vermutete, nachdem sie die letzten Tage nicht wirklich viel Schlaf abbekommen hatte und ihre Schicht jetzt eigentlich schon seit mehreren Stunden beendet war.

Als Ritsuko die Wohnung der jungen Frau erreichte fand sie die Tür unverschlossen und alle Vorhänge zugezogen vor, was ihr den etwas Déjà-vu-artigen Eindruck verschaffte, sich wieder im Hauptquartier zu befinden, weil es hier genauso düster war wie dort. Nachdem sie den Lichtschalter gefunden, diesen auch betätigt und das ebenso schlicht wie ihre eigene Wohnung eingerichtete Wohnzimmer auf diese Weise erhellt und anschließend kurz inspiziert hatte - man brauchte eigentlich nur einen einzigen Blick, um den ziemlich kleinen Raum vollkommen zu überblicken - klapperte sie die wenigen Zimmer in Mayas Heim ab und landete schließlich im ziemlich kalten Schlafzimmer, wo sie, ausgebreitet auf dem frisch gemachten Bett und ohne Zudecke, die Technikerin friedlich und offenbar sehr tief schlafend vorfand. Diesen Anblick hatte sie wohlgemerkt erst ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, als Maya - ebenfalls nach vielen Überstunden und ohne Pause, die länger als eine halbe Stunde gedauert hatte und daher den Namen Pause sowieso nicht verdient hätte - vollkommen erschöpft über ihrer Tastatur eingeschlafen war und Ritsuko die ziemlich undankbare Aufgabe bekommen hatte, sie doch unverzüglich zu wecken, da sie zum Ausruhen schließlich ein eigenes, sogar von NERV bezahltes Bett besaß. Ritsuko hatte jetzt also unweigerlich ein weiteres, diesmal noch prägenderes Déjà-vu, als sie sich zu Maya hinbewegte und diese leicht am Arm rüttelte, um sie zu wecken.

Als die Frau die Augen öffnete brauchte sie eine Weile, bis sie Ritsuko registrierte, die vor ihrem Bett kniete und sie eindringlich musterte.

"Es tut mir leid, dich schon wieder wecken zu müssen, aber wir haben ein dringendes Problem im HQ, bei dem ich deine Hilfe brauche..." Wieder dauerte es etwas, bis Maya - völlig schlaftrunken und übermüdet, sodass sie wohl bald Streichhölzer brauchen würde, um ihre mit dunklen Augenringen versehenen Augen offen zu halten - verstanden hatte, was Ritsuko von ihr wollte. Doch dann nickte sie langsam, richtete sich auf und konnte ein Gähnen nun doch nicht mehr unterdrücken.

"Es wird nicht lange dauern, wir haben nur ein Problem mit der Stromzufuhr." bescheinigte Dr. Akagi ihr - selbst nicht ganz von ihren Worten überzeugt - und erhob sich aus ihrer ziemlich unbequemen Position auf dem Boden. Dann verließ sie das Zimmer, um der Technikerin etwas Zeit und Freiraum zu lassen, um wenigstens richtig oder zumindest halbwegs wach zu werden und sich umzuziehen.

Auf dem Weg zurück ins Hauptquartier machten Ritsuko und Maya noch einen kurzen Zwischenstopp bei Ersterer zu Hause, es lag ja eh auf dem Weg, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen - denn erstens brauchten sie noch einige Sondercodes für die Computersteuerung, die bei Ritsuko zu Hause für einen solchen Notfall im Safe aufbewahrt wurden, und zweitens würde sie auch noch ihre Gäste darauf hinweisen können, dass vorerst dringlichst davon abzuraten war, das HQ aufzusuchen, um zu dem sich bereits im vollen Gange befindlichen Chaos nicht noch mehr beizutragen.

Es beunruhigte die blonde Ärztin dann doch etwas, dass sie auch ihre eigene Wohnungstür unverschlossen und sogar einen Spalt geöffnet vorfand, wo sie doch eigentlich ziemlich sicher war, dass ihre beiden Besucher - oder eher der weibliche Part selbiger - nicht so fahrlässig waren und jedem X-Beliebigen auf diese Weise zutritt auch zu ihrer ganz persönlichen Privatsphäre gewähren würden. Dr. Akagi hätte in diesem Moment eine ganze Menge für eine Waffe gegeben, um nicht ganz schutzlos einem denkbaren Eindringling gegenüber zu stehen, zumal es nicht gerade wenige Feinde ihrer Organisation gab - und das allein in den eigenen Reihen, von dem Rest gab es nicht einmal annähernd wenigstens halbwegs verlässliche Schätzungen.

Ritsuko bedeutete Maya, ihr vorsichtig zu folgen, als sie über die Türschwelle trat und ihren Blick durch die sichtbaren Teile ihrer Wohnung schweifen ließ, auf der Suche nach etwas Ungewöhnlichem oder Dingen, die sich möglicherweise nicht an ihrem Platz befanden. Als sie nichts dergleichen entdecken konnte wagte sie ein paar weitere Schritte in den Wohnbereich hinein, dabei keine der von dort abzweigenden Türen aus den Augen lassend, immerhin könnte sich dort irgendjemand verbergen und auf eventuelle Opfer warten. Noch immer rührte sich nichts und die beiden Frauen setzten ihren Weg fort, nun nach rechts schwenkend in den Flur abbiegend. Da hörte sie ein merkwürdiges Pochen und etwas, das sich wie eine gedämpfte Stimme anhörte, die in ziemlich verärgertem Ton vor sich hin sinnierte. Ein ebenso gedämpft klingendes Kichern machte auf eine weitere Person aufmerksam, die sich ebenfalls in dem - wie Ritsuko nach ein paar Sekunden überrascht feststellte - Gästezimmer am Ende des Flures befinden musste. Dies ließ die Vermutung in ihr aufkommen, dass es tatsächlich kein Einbrecher war, der in ihrer Wohnung lauerte, sondern es sich doch um ihre beiden Gäste handeln musste, auch wenn sie sich nicht erklären konnte, warum die Wohnungstür dann offen gestanden hatte. Rein aus Höflichkeit - und weil sie insgeheim fürchtete, sonst vielleicht von Sir Hellsing höchstpersönlich erdrosselt, erstochen, gelyncht, angezündet und anschließend noch gevierteilt zu werden - klopfte Ritsuko an das Holz der ihr immer noch den Weg versperrenden Tür und öffnete diese dann letztendlich, um einen klärenden Blick dahinter werfen zu können. Jedoch war der Raum (vampir- und) menschenleer. Ritsuko zog überrascht eine Augenbraue hoch und inspizierte schließlich auch den schmalen Raum, der sich zwischen Tür und Wand auftat, um sicherzugehen, dass sich wirklich niemand im Zimmer befand. Sie begann gerade ernsthaft an ihrem Verstand zu zweifeln, als sie wieder das Pochen und die gedämpften Stimmen hörte, diesmal lauter als zuvor und auch eindeutig näher. Sie ging langsam auf die Geräuschquelle zu und konnte schon nach drei Schritten ein "Das ist alles deine Schuld!" aus den wenigen Wortfetzen heraushören, die ihr entgegenkamen. "Du verdammter Idiot! Warte nur, wenn wir hier wieder herauskommen und ich erfahre, dass du uns längst hättest befreien können, dann..."

Als Ritsuko schließlich vor dem 'Bett' ihres männlichen Gastes zum Stehen kam, nahm sie dieses prüfend in Augenschein - sich nicht wirklich mit der Idee anfreunden könnend, dass beide Besucher sich dem Anschein nach dort drinnen befinden sollten, wobei sie auf die Erklärung in gewisser Weise sehr gespannt war. Während Ritsuko noch unschlüssig vor dem Sarg stand übernahm Maya die Initiative, trat neben ihre Chefin, untersuchte das hölzerne Objekt vor ihr kurz und fand schließlich, eben ganz die Vollblut Technik-Spezialistin, die sie war, was sie suchte - einen Mechanismus, mit dem der Sargdeckel von außen zu öffnen war. Als sie eben diesen Hebel in Bewegung setzte und sich ihr das gesamte erbärmliche Bild der in der Totenkiste eingeschlossenen Personen offenbarte, kam sie nicht umhin, noch etwas blasser um die Nasenspitze zu werden, um dann auch sofort errötend aufzuspringen und sich ein paar Meter von ihrer gegenwärtigen Position zu entfernen; sicher ist sicher. Ritsuko nahm das Ganze schon weitaus gelassener - nun ja, eigentlich war sie ehrlich amüsiert, aber sie wagte es nicht, zu lachen, ja, nicht einmal zu lächeln oder etwas in dieser Richtung zu denken - weil man ja nie wissen konnte - und half Integral, die noch immer eine erstaunlich souveräne Figur machte, stattdessen, aus ihrer unmöglichen Lage herauszukommen und ihren Platz auf Alucard endlich verlassen zu können. Die hochgewachsene Leiterin Hellsings räusperte sich kurz, sobald sie wieder auf beiden Füßen stand und klopfte sich imaginären Staub von ihrer Kleidung.

"Ich bin Ihnen wohl zu Dank verpflichtet" sagte sie dann in einem gerade so emotionslosen Tonfall, wie sie ihn nach dieser soeben durchlebten Situation zustande brachte und warf ihrem ständigen Begleiter, der noch immer breit grinsend in seiner vorläufigen Schlafstätte lag, einen vernichtenden Blick zu, der regelrecht Kein Wort! schrie. Der Vampir machte sich nicht viel daraus - ihm war die vergangene Stunde Befriedigung genug, um sich die nächsten paar Tage bei Laune halten zu können.

"Im Westen nichts Neues - Rettungsaktion à la carte"

Nach mehreren verhältnismäßig schmerzhaften Kollisionen mit mal der linken, mal der rechten aluverkleideten Wand und auch der sich direkt über ihrem Kopf befindenden Decke hatte Asuka die Schnauze endgültig gestrichen voll und bereute ihre Entscheidung zutiefst, Rei bei ihrem, ihrer Meinung nach ohnehin total wahnwitzigen und ihr jetzt definitiv missfallenden Plan, wie sie den Umkleideraum verlassen konnten, zugestimmt und auch noch geholfen zu haben. Sie hätte es schließlich eigentlich besser wissen müssen - von Ayanami konnte ja nichts Gutes kommen - und spätestens nach der Erniedrigung, die das First Child ihr gegeben hatte, als diese auf ihren Schultern stand, Rei sich selbst überlassen und auf Rettung warten sollen. Aber nein - das Glück war ihr an diesem Tage wohl nicht hold und, der Gedanke, völlig allein im stockdunklen Umkleideraum gefangen zu sein, war zu diesem Zeitpunkt auch nicht gerade verlockender gewesen als die Möglichkeit, durch einen engen, ebenso dunklen, leicht stickigen Lüftungsschacht zu kriechen. Infolgedessen konnte sie ein tief erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken, als sie endlich das buchstäbliche Licht am Ende des Tunnels erblickte - oder eher erhörte, da ja schließlich alles finster war und Rei das Gitter an einem der Enden des Lüftungsschachts aus diesem Grund erst bemerkte, als sie mit der Stirn dagegen stieß. Asuka hinter ihr war in diesem Moment viel zu euphorisch, endlich den engen Gang verlassen zu können, als dass sie irgendetwas Fieses hätte dazu sagen können, auch wenn ihr kurzzeitig durchaus einige brauchbare Dinge durch den Kopf gingen. Stattdessen kroch sie so gut es ging neben ihre Erzfeindin und half ihr, das Gitter des Lüftungsschachtes zu entfernen; soll heißen, es unter einigem Geschepper, Gezeter und mehreren einigermaßen wilden, im Flüsterton aber irgendwie an Wirkung verlierenden Flüchen hinauszubrechen.

Der Raum, der nun frei vor ihnen lag, war - wie konnte es auch anders sein - sehr dunkel, was es gewissermaßen unmöglich machte, irgendetwas im Inneren besagten Raumes zu erkennen. Das war auf der einen Seite unvorteilhaft, weil sie so nicht wussten, auf welche eventuellen Hindernisse sie gegebenenfalls stoßen könnten, wenn sie sich zu Boden ließen, und außerdem nicht unbedingt garantierte, dass sie, wenn sie die Tür in die vermeintliche Freiheit denn finden sollten, diese auch tatsächlich unverschlossen vorfanden, was doch irgendwie ganz erfreulich wäre. Die beiden Mädchen starrten also vorerst gebannt in die Tiefe und versuchten, entgegen jeder Vernunft und Hoffnung vielleicht doch etwas erkennen zu können, was leider nicht der Fall war, weshalb Asuka schließlich die Initiative ergriff und, praktisch veranlagt wie immer, das First Child kurzerhand durch die schmale Öffnung schubste, was wiederum dazu führte, dass Rei mit einem erschrockenen Kreischen nach unten stürzte, sich dabei an Asuka festhielt, sie mit sich zog und beide Protagonisten letztendlich geräuschvoll den Boden des Raumes fanden - und dabei auch noch überraschend weich landeten. Nach kurzer Irritation spürten sie dann, wie sich etwas unter ihnen bewegte, und ein seltsamer gedämpfter Laut drang an ihre Ohren, der einem Keuchen ziemlich ähnlich war und eine derartige Lautäußerung wohl auch darstellen sollte. Sofort sprangen Rei und Asuka wieder hysterisch kreischend auf, den Blick auf das Unbekannte zu ihren Füßen gerichtet, was sie dummerweise natürlich trotzdem nicht erkennen konnten. Was sie jedoch annäherungsweise schemenhaft sahen waren grob zusammengefasst die Konturen eines Bündels, das sich stöhnend auf dem Boden wälzte, und der Verdacht, dass es sich hier nicht unbedingt um irgendein Monster oder ähnliches handeln musste, brauchte nicht lange, um sich den Pilotinnen aufzudrängen.

Asuka war schließlich die Erste, die sich dem Etwas auf dem Boden näherte; mit leicht zitternder Hand tastete sie sich an es heran und berührte es dann sogar, wobei ihr bewusst wurde, dass sie hier in der tat etwas menschliches vor sich hatten.

"Ha... Hallo...?" fragte sie unsicher in die Dunkelheit, angestrengt danach lauschend, ob sie eine Antwort erhalten würde.

"Wer ist da?" kam es etwas ängstlich zurück; der im wahrsten Sinne des Wortes schlagkräftige Auftritt der Mädchen im Doppel hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Asuka stieß erleichtert die bis zu diesem Zeitpunkt angehaltene Luft aus, als sie die entfernt bekannte Stimme vernahm.

"Langley und Ayanami" sagte sie und bückte sich zu dem Bündel auf dem Boden, um ihm aufzuhelfen.

"Ein Glück" sprach das noch immer unidentifizierte, wirklich bemitleidenswerte Opfer Asukas und Reis. "Ich bin's, Erts. Ihr habt mich ganz schön erschreckt..."

"Na, du uns erstmal!" Eigentlich hatte das Second Child nicht so offen zugeben wollen - schon gar nicht vor Ayanami -, wie verängstigt es bis eben noch gewesen war, aber im Moment war ihm sein Stolz ausnahmsweise mal recht egal, schließlich gab es Wichtigeres zu tun - zum Beispiel hier herauszukommen.

"Was tust du hier?" fragte Rei mit leichter Anspannung in der Stimme, denn es gefiel ihr überhaupt nicht, dass sie hier mit den beiden anderen im Finstern saß und noch nicht einmal erkennen konnte, wo das hier eigentlich war.

"Hab mich verlaufen..." gab Erts zurück, seinem Tonfall zufolge schien ihm die ganze Sache ziemlich peinlich zu sein, und im Prinzip war das genau die Antwort, die weder Asuka noch Rei hatten hören wollen, denn das bedeutete, dass sie noch immer nicht erfahren konnten, wo zum Teufel sie hier eigentlich - im wahrsten Sinne des Wortes - gelandet waren.

"Eigentlich hatte ich die anderen meiner Gruppe gesucht, da sie vorhin ohne etwas zu sagen verschwunden sind, aber stattdessen bin ich dann hier gelandet, und dann ging auch schon das Licht aus... Na ja, als ich dann hörte, wie da irgendwas im Lüftungsschach rumkroch hab ich erstmal Panik bekommen und mich hier in der Ecke verkrochen..." Der Junge lächelte etwas unbeholfen, was Asuka und Rei natürlich dank ihres Infrarotblickes, der ihnen erlaubte, im Dunkeln zu sehen, glasklar in rot und gelb mit orangefarbigen Abstufungen erkennen konnten.

"'tschuldigung, wir wollten dich nicht erschrecken." meinte Asuka, aber Erts winkte nur ab, was die beiden Mädchen natürlich ebenfalls sehen konnten.

Der Ingrid-Pilot kam auf die Beine und setzte sich in Zeitlupe in Bewegung, die Arme weit vor sich gestreckt, da er nicht sehr scharf darauf war, mit irgendwelchen im Wege herumstehenden Objekten Bekanntschaft zu machen, und erklärte währenddessen den beiden Mädchen, dass er eigentlich bisher noch nicht versucht hatte, den Raum wieder zu verlassen, da er nicht unbedingt alleine im Dunkeln durch die Gänge NERVs streifen wollte - schließlich hatte er sich ja schon im Hellen verlaufen, wo würde er dann erst ohne Licht langtappen? Asuka musste sich währenddessen unwillkürlich fragen, ob es denn überhaupt möglich war, eine eventuelle Tür jetzt noch zu öffnen, da ja nun mal Stromausfall war und damit auch die Pads, in die der Code eingegeben werden musste, eigentlich nicht funktionieren dürften - müssten, sollten... könnten? -, oder aber es war so, dass damit auch die Sicherheitssperre aufgehoben war und man die Tür jetzt auch ohne Code öffnen konnte. Tja, offenbar galt hier das einzig wahre Prinzip: Probieren macht schlau. Da normalerweise in einem solchen Fall die Notstromversorgung angesprungen wäre - aber was war hier schon normal - konnte sie sich einfach nicht auf eine Antwort festlegen, da eine solche Situation nun mal nicht in den Übungen vorbereitet worden war oder auch nur im Handbuch stand – nicht, dass sie es zu diesem Zeitpunkt hätten lesen können. Erschwerend hinzu kam dann auch noch die Tatsache, dass sie noch immer nicht sagen konnte, in welchem verdammten Raum von ein paar hundert, die sie kannte, und den restlichen Tausenddreihundertachtundvierzig, die sie nicht kannte, sie sich just in diesem Augenblick befanden. Und dummerweise gab es für verschiedene Arten von Räumen auch verschiedene Codes; für die Unterkünfte, die Labors und andere wichtige und nicht für jeden zugängliche Räume sogar extra Codes - nicht zu vergessen das Problem, die richtigen Tasten im Dunkeln überhaupt erstmal zu finden.

"Wie bist du überhaupt hier reingekommen?" stellte die Pilotin Erts schließlich eine der Fragen, die ihr so auf der Seele brannten, welcher meinte, dass die Tür offen gestanden hatte.

"Und hast du dir gemerkt, wie der Raum bei Licht aussieht?" Vielleicht gab es ja doch noch Hoffnung für sie. Erts grinste verlegen, was aber mal wieder dank der Finsternis nicht viel brachte.

"Ich hab eigentlich nur ein paar Stühle, Tische und Kaffeetassen gesehen, dann ging das Licht auch leider schon aus, die Tür ist noch zugegangen und ich war so erschrocken, dass ich blindlings durch den Raum gestolpert und dann an dieser Wand da stehen geblieben bin, bis ihr eben aufgetaucht seid..." Rei uns Asuka dachten angestrengt nach.

"Könnte ein Raum für die Techniker sein..." meinte das First Child schließlich und fand auch prompt Zustimmung bei ihrer Kollegin. Hätte es noch eine andere Möglichkeit gegeben, hätte sie ihr sicherlich widersprochen, aber ihr fiel gerade selbst nichts Besseres ein. Also war der Code schon mal klar - schließlich war der Raum offiziell und für jeden zugänglich, was bedeutete, dass er gar nicht erst mit dem Sicherheitssystem verbunden war - es sei denn, sie hatten sich geirrt und befanden sich in einem völlig anderen Raum, ein Büro zum Beispiel... Aber man musste ja nicht immer gleich pessimistisch werden, nicht wahr? Die Tür dürfte sich also ganz normal öffnen lassen - zumindest theoretisch, die Praxis galt es noch zu erproben. Als die drei Umherirrenden schließlich den Ausgang nach mehreren Kollisionen mit diversen Möbelstücken erreicht hatten brachen sie dann auch fast in Jubelschreie aus - die Tür war tatsächlich unverschlossen – beziehungsweise ließen sich die Schiebetüren manuell aufstemmen, wenn auch mit einigem Kraftaufwand. Die Eine-Million-Euro-Frage war nur: was jetzt? Immerhin hatten sie ja noch immer nicht mal eine Idee, wo sie sich im riesigen Komplex, den das HQ nun einmal darstellte, befanden. Tja, und die Joker hatten sie leider schon alle verspielt...
 

Hime und Yū hatten mittlerweile die Novice Noah erreicht, unter freudiger Erwartung von ihren Kollegen, Freunden und Familie, schließlich waren sie seit vor dem Zwischenfall mit den Ghouls nicht mehr "zu Hause" gewesen. Selbstverständlich hatte man sich deshalb durchaus einige Sorgen gemacht. Lange hielt die Wiedersehensfreude jedoch nicht an, denn schon nach ein paar Minuten kam Captain McCormick an Deck - ihre Begrüßung fiel kurz und nicht ganz so herzlich wie bei den anderen aus - und schickte die beiden Antibodies nach unten in den Konferenzraum, wo sie auf die Techniker und Beobachter des Schiffes trafen, die alle auf einen ziemlich großen und absolut schwarzen Monitor starrten und anscheinend nicht wussten, was sie tun sollten. Yū und Hime wurden nur mit kurzen Seitenblicken bedacht; erst, als Captain Anoa eintrat wandten sich die Leute von dem Bild ab.

"Was ist los?" fragte Yū ungeduldig.

"Schaut euch den Bildschirm an" sagte McCormick, was die Piloten auch prompt taten.

"Und was sollen wir da sehen?" Hime war sichtlich verwirrt, sie tauschte fragende Blicke mit Yū aus und suchte dann nach Antworten in den Gesichtern der anderen Anwesenden.

"Was ihr dort seht sind die Aufnahmen einer Kamera im NERV-HQ" sprach schließlich ein Techniker und unterstrich seine Erklärung mit einem ziemlich überflüssigen Wink auf das schwarze Bild. Dann beugte er sich vor und drückte eine Taste des Laptops, den NERV dem Schiff gegeben hatte, um eine Verbindung mit dem HQ aufbauen zu können, da die Technologien der beiden Organisationen ebenso wie ihre Sprache zwar erstaunlicherweise fast identisch waren, eine direkte Assimilation jedoch trotzdem nicht möglich gewesen war. Das Bild flackerte kurz und weiß-schwarze Streifen waren zu sehen, doch dann wurde wieder alles dunkel.

"Das ist die Aufnahme einer anderen Kamera." erläuterte der schon leicht ergraute Mann. Er drückte die gleiche Taste noch einmal, und dann ein weiteres Mal und noch einmal, doch immer blieb der Bildschirm nach dem kurzen Flackern tiefschwarz.

"Sind die Kameras kaputt?" fragte Yū, den eine schlimme Vorahnung beschlich.

"Sie sind alle intakt. Keine der Kameras zeigt ein Bild; die einzige Erklärung, die wir dafür haben, ist, dass hier ein Stromausfall vorliegt und die Kameras einfach kein richtiges Bild zeigen können . Entweder, weil sie auch vom Ausfall betroffen sind - was wir meiner Meinung nach ausschließen können, da die Bildstörungen beim Wechsel der Kameras ein Hinweis auf Aktivität sein sollten - oder weil ihre Umgebung zu dunkel ist, als dass wir ein Bild erkennen könnten."

"Das kann ich mir gar nicht vorstellen" widersprach der Junge. "Die müssen dort doch ein Notstromaggregat besitzen!"

"Natürlich tun sie das." mischte sich jetzt Captain McCormick ein. "Aber wie du siehst ist es nicht angesprungen, oder ebenfalls kaputt. Wir haben versucht, die Techniker drüben zu kontaktieren, allerdings haben wir keine Antwort bekommen."

"Wann ist der Strom ausgegangen?"

"Vor etwa 10 Minuten."

"Also kurz, nachdem wir gegangen sind." Yū und Hime tauschten besorgte Blicke aus. "Vielleicht sollten wir zurück..." dachte das Mädchen laut, aber der Captain schüttelte den Kopf.

"Viel zu gefährlich. Vielleicht wurden sie wieder angegriffen."

"Aber der letzte Angriff ist doch noch nicht mal einen Tag her!" protestierte die Antibody.

"Die Reclaimer geben uns auch keine Erholzeit zwischen ihren Angriffen!" Dem konnte Hime nichts entgegensetzen.

"Also, irgendwelche neuen Erkenntnisse?" McCormick bekam nur allgemeines Kopfschütteln als Antwort.

"So wie es aussieht müssen wir wohl abwarten, bis sich in der GeoFront etwas regt." meinte Nanga schließlich, der, wie auch die anderen Piloten, trotz allem in voller Montur und eigentlich bereit zum Aufbruch etwas unschlüssig herumstand.

"Aber wir können hier doch nicht herumstehen und abwarten!" rief Yū. "Vielleicht brauchen sie unsere Hilfe!"

"Was willst du denn bitteschön tun?" keifte McCormick zurück, sie verlor ja nur selten ihre Beherrschung, aber dieser Moment war eindeutig eine dieser Ausnahmen. Dementsprechend geschockt starrten die anderen sie jetzt auch an, was sie dazu veranlasste, einmal tief durchzuatmen und dann in deutlich ruhigerem Tonfall fortzufahren.

"Hör zu, Yū, wie du siehst gibt es dort nirgendwo Strom, was bedeutet, dass ihr bestenfalls mit einer Taschenlampe durch das, wie du selber sagtest, riesige Hauptquartier von NERV kriechen müsstet, ohne zu wissen, wo ihr die Leute dort eigentlich suchen sollt. Wir sollten wirklich warten, bis sich jemand meldet, ehe wir uns auf die Suche machen können - schließlich könntet ihr euch dort verlaufen und wäret dann genauso eingesperrt wie die anderen es schon jetzt sind."

"Und was bringt es uns, wenn wir warten, dass eine Nachricht kommt, die die NERV-Crew vielleicht gar nicht imstande ist zu senden? Stromausfall dürfte schließlich bedeuten, dass MAGI ebenfalls keinen Saft mehr hat und NERV damit von der Außenwelt abgeschnitten ist." Damit hatte Yū tatsächlich ein gutes Argument gebracht, aber überzeugt war Captain McCormick noch lange nicht.

"Wenn das so wäre, warum funktionieren dann noch die Kameras?" warf sie ein, wofür Yū aber eine gute Antwort parat hatte.

"Vielleicht werden sie über Batterien, Akkus oder ähnliches betrieben."

"Selbst wenn es so wäre, das rechtfertigt noch lange nicht, bei so einer ungeplanten Aktion Kopf und Kragen zu riskieren, zumal auch noch für vollkommen unbekannte Personen."

Yū warf frustriert die Arme in die Luft, verzichtete aber darauf, noch etwas zu sagen, sondern dachte sich erst einmal seinen Teil. Es hatte wohl keinen Zweck, weiter zu diskutieren, da das nur Atem- und Zeitverschwendung gewesen wäre, denn der Captain - trotz des männlichen Titels noch immer in der Tat weiblich – stand ihm in Punkto Sturheit in nichts nach. Der Junge ergriff deshalb kurzentschlossen Hime am Handgelenk und zerrte sie mit sich, wieder nach oben an Deck, wohin er dann auch von den anderen Antibodies begleitet wurde, die alle stirnrunzelnd und mit einem leichten Anflug von Besorgnis beobachteten, wie Yū auf die ausgestreckte Hand seines Brains sprang.

"Was hast du vor?" rief Kanan ihm zu, unschlüssig, ob sie sich Yū-Brain nun nähern oder lieber Abstand halten sollte.

"Wonach sieht's denn aus?"

"Das kannst du nicht tun! Du hast doch gehört, was Captain Mac..."

"Es ist mir egal, was sie gesagt hat." unterbrach Yū die Blondine. "Wenn ihr uns nicht helfen wollt, müssen wir eben allein zur GeoFront zurück."

"Yū, du weißt, dass wir euch helfen würden, aber wir müssen nun mal das befolgen, was Captain Anoa befohlen hat, und das ist, abzuwarten." Hime allerdings war längst neben Yūs Brain getreten und sprang noch einmal aus dem Cockpit, um ihrem Bruder die ihr entgegengestreckten zwei Taschenlampen abzunehmen und diese dann in den Innenraum ihres Brains zu werfen, ehe sie Kumazo noch schnell dankend die Haare zerzauste und wieder zurück ins Cockpit stieg. In diesem Moment kam auch schon Captain McCormick mit sichtlich wutverzerrtem Gesicht auf die Plattform gerannt - vermutlich um sie aufzuhalten -, doch was sie ihnen zurief hörten die beiden Antibodies schon nicht mehr, da sie keine Zeit damit verloren, sich länger als nötig mit ihr auseinanderzusetzen, sondern stattdessen sofort abhoben und ihre doch ein wenig bedauernswerten Leute zurückließen, die sich jetzt wohl eine Predigt und eine Ermahnung würden anhören müssen, dass sie ja nicht auf die Idee kommen sollten, ihnen zu folgen. Ihre Tat würde mit an hundert Prozent grenzender Wahrscheinlichkeit Konsequenzen haben, die vermutlich nicht unbedingt angenehm sein würden, doch im Augenblick war ihnen das ziemlich egal, schließlich hatten sie Wichtigeres zu erledigen, als sich mit erschreckenden Zukunftsvisionen auseinanderzusetzen.
 

Als die beiden Antibodies am Eingang der GeoFront angekommen waren wurden sie nicht wie sonst von einem Lift empfangen, der sie zum NERV-HQ bringen sollte. Stattdessen trafen sie auf drei ihnen nicht unbedingt unbekannte Gesichter, da sie den dazugehörigen Körpern schon einmal kurz begegnet waren, als diese in Begleitung von Hitomi und Allen im Hauptquartier aufgetaucht waren. Hikari, Tōji und Kensuke staunten nicht schlecht, als Yū und Hime ihre Brains verließen und sich zu ihnen gesellten; soll heißen, vor das verschlossene Tor am Eingang zur GeoFront. Die Drei hätten wohl schon eine ganze Weile wie blöd vor dem Tor herumgestanden und drauf gewartet, dass jemand auf ihre Anfrage auf Eintritt reagierte, erzählte Tōji bereitwillig. Sie hätten auch schon überlegt, ob NERV sie wohl mit Absicht ignorieren würde; nicht nur, weil sie vor gar nicht allzu langer Zeit dazu beigetragen hatten, NERVs Unterkünfte zu überfüllen, sondern auch, weil Hikari und Kensuke nun einmal Zivilisten waren und das verdammt noch mal auch für den Rest ihres Lebens bleiben würden. Nichtsdestotrotz hatten sie Suzuhara dazu überreden können, sie mitzunehmen - NERV hatte eben eine ganz natürliche Anziehungskraft für Jugendliche dieser einen bestimmten Altersgruppe. Ob das nun aber Grund genug war, ständig Unbefugte ins HQ zu schleppen, war da schon eine ganz andere Frage.

Nachdem die beiden Antibodies Tōji und Co. vom Vorfall hinter den Türen NERVs berichtet hatten und eine Diskussion über die Berechtigung der Klassensprecherin und Kensukes, ohne Erlaubnis das Hauptquartier betreten zu dürfen, beendet war, entschieden Hime und Yū sich dann doch dafür, dass ihnen ein wenig Hilfe bei der Rettungsaktion wohl kaum schaden würde und hoben die drei noch immer in Schuluniform gekleideten Schüler kurzerhand auf die Hände ihrer Brains, um nach manuellem Öffnen des Tores die Stahlkonstruktion für den Transport von Fahrzeugen entlangzufliegen und schließlich auf dem Vorplatz der riesigen Pyramide zu landen. Yū und Hime setzten ihre Fluggäste vorsichtig auf dem Boden ab, machten sich dann recht gewalttätig an den Toren der Pyramide zu schaffen und sprangen schließlich selbst aus den Cockpits ihrer Brain Powerds.

"Ihr habt nicht zufällig Taschenlampen dabei?" fragte der Junge die zwei Zivilisten und den EVA-losen Piloten und bekam nur irritiertes Kopfschütteln als Antwort.

"Das ist schlecht, schließlich gibt es da drin ja keinen Strom..."

"Wussten wir ja nicht..." war ihre in der Tat ziemlich gute Ausrede, denn es war ja nun einmal wahr, und welcher normale Mensch hatte schon ständig eine Taschenlampe dabei? Wobei; das Wörtchen normal ist eh überbewertet und würde mir, dem Erzähler dieser Geschichte, nicht ganz recht sein, dass sie diese potenziellen Lichtquellen eben nicht zur Hand hatten, hätte ich es mir natürlich auch ganz einfach machen können, aber das würde ja den ganzen Spaß verderben.

Den beiden Antibodies blieb deshalb also nichts weiter übrig, als zu akzeptieren, dass sie jetzt zu fünft mit zwei Taschenlampen auskommen mussten und auf diese Weise mehr oder minder sprichwörtlich im Dunkeln tappen würden. Ihre beiden Brains ließen sie draußen stehen, sie würden ihnen in den engen Gängen sowieso nicht weiterhelfen können, und machten sich dann mit ihren drei Begleitern auf den Weg, das Innere NERVs nach möglichen Überlebenden abzusuchen - natürlich im übertragenen Sinne.

Das Licht der beiden Lampen erzeugte passend zur ohnehin eher spukigen Umgebung ein gruseliges Schattenspiel dort, wo die Lichtkegel nicht mehr hinreichten. In jedem anderen Gebäude wäre das wahrscheinlich nicht besonders spannend gewesen, aber der Fakt, dass sie sich hier im Hauptquartier einer Organisation befanden, in der hinter jeder Tür neue Geheimnisse, die Teilweise auch besser Geheimnisse blieben, wenn einem sein Leben lieb war und man noch ein paar Jahre auf dieser Welt verbringen wollte, auf einen warteten, bekam diese Situation einen wahrlich unheimlichen Unterton. In der Dunkelheit glichen sich die endlosen Flure noch viel mehr, als sie es bei Tageslicht schon taten, weshalb sich der selbsternannte Rettungstrupp nur langsam fortbewegte, um auch ja nicht Gefahr zu laufen, sich selbst auch noch zu verlieren und am Ende wahrscheinlich, wie McCormick es vorausgesagt hatte, wie die NERV-Crew enden würde. Was auch immer das heißen mochte, schließlich wussten sie ja nicht, was im Hauptquartier nach ihrem Aufbruch zur Novice Noah geschehen war. Tja, Pech für sie. Es dauerte keine fünf Minuten und ungefähr 6 Abzweigungen, bis sich Hime und Yū auf einmal als Alleinunterhalter wiederfanden und sich wunderten, warum denn keiner der drei anderen etwas sagte. Ein kurzer Blick über die Schulter und die Taschenlampen auf den Weg hinter ihnen gerichtet und schon bewahrheitete sich das, was ohnehin hatte geschehen müssen: Tōji und Co. waren spurlos verschwunden. Dumm für sie, dass sie nicht ahnten, dass eben diese drei Vermissten keine 4 Meter weiter durch eine Wand von ihnen getrennt standen und sich das Gleiche wie sie selbst fragten: Wo sind wir?!
 

Noch ein paar Meter weiter ging es da schon weitaus lustiger zu - wenn auch nicht unbedingt aufgrund der momentanen Situation, sondern eher aus Gründen, die wohl außer dem Erzähler niemandem bekannt waren. Van, Allen und Merle, die drei unwissenden Verursacher des gegenwärtigen Chaos, hatten, nachdem das Licht und alles andere, was auch nur im Entferntesten elektrisch war, ausgegangen war, nämlich die Gunst der Stunde genutzt und nach ungefähr einer halben Stunde verwirrtem Herumsitzens die Möglichkeit, ausnahmsweise einmal nicht ständig von Hitomi ermahnt zu werden, auch ja nichts anzufassen und am Besten noch nicht einmal zu atmen, vollständig und so gut es im Dunkeln nun einmal ging ausgenutzt. Ihr Weg hatte sie in einem mühevollen Trott entlang der technischen Geräte, die noch immer unverständlicherweise kaputt waren, obwohl sie ja an ihren Lebensseilen hingen, in die Küche geführt, wo sie eigentlich vorgehabt hatten, sich die Bäuche mit den Leckereien dieses fremden Universums vollzuschlagen. Stattdessen hatten sie zufällig eine doch irgendwie reichlich gut versteckte Kiste gefunden, die auch nicht ohne Grund so gut versteckt gewesen war - eigentlich war vollkommen schleierhaft, wie sie es geschafft hatten, ausgerechnet diese Kiste aus schätzungsweise tausend anderen Kisten - dazu im Dunkeln – im Vorratsraum eine Tür weiter herauszufischen, aber das werden wir eh nie erfahren... -, denn ihr Inhalt war nicht nur im HQ verboten, sondern auch noch für gewisse Leute - in diesem Falle Ryōji Kaji - äußerst Wertvoll.

Die drei Herumstreuner hatten also eine Menge Spaß, die "Schätze" Kajis durchzuprobieren - da gab es so viele Flaschen mit allen Möglichen leckeren Flüssigkeiten drin, von so etwas durchsichtigem zu mehr ins Braun gehendem, bis hin zu flachen Flaschen, die so schön mit einem ihnen unbekannten gehörnten Tier auf dem Papier um den Flaschenbauch verziert waren, was sie im Dunkeln aber alles nicht sehen konnten und deshalb auch gar nicht zu schätzen wussten. Nach unbestimmter Zeit waren die Flaschen leer und die Gaianer voll, weshalb sie laut singend und lallend, von gewaltigen Störungen der koordinativen Fähigkeiten heimgesucht, durch den Aufenthaltsraum torkelten und nebenbei einige Möbel und andere Sachen aus dem Weg räumten, ergo einfach umstießen, um schließlich von zwei gleißenden Lichtpunkten geblendet zu werden, die sie sofort wie eine Gruppe Wildtiere erstarren ließen. Doch Van, ganz der Kämpfer, der er ist, erwachte schon nach einem Sekundenbruchteil wieder zum Leben, und mit ihm auch sein Kampfgeist, der sofort auf Gefahr stellte und ganz nach dem Motto Angriff ist die beste Verteidigung handelte, auch wenn das in gewisser Weise fatale Folgen haben sollte. Der Junge zog nach mehreren verunglückten Anläufen, bei denen er einfach am Schwertgriff vorbeifasste, sein Schwert und lief umgehend laut lallend, äh, schreiend auf seine vermeintlichen Feinde zu, wobei er einige Schwierigkeiten in Sachen Motorik und Gleichgewicht hatte und zuerst einmal prompt an den Quellen des Lichtes vorbei und gegen die nächstgelegene Wand rannte. Doch ein echter Kämpfer kennt keinen Schmerz, besonders, wenn er sternhagel voll ist und sowieso nichts mehr spürt, und so drehte Van sich beinahe sofort in einer äußerst gewagten dreihundertsechzig Grad-Pirouette einmal komplett um die eigene Achse und machte just ein zweites Mal Bekanntschaft mit der wirklich durchaus netten, aber eben doch eher unnachgiebigen Raumbegrenzung, die da trotz aller Freundlichkeit einfach nicht verschwinden wollte. Merle und Allen hatten sich mittlerweile auch von ihrem Schock erholt, hielten die befremdlichen Lichter allerdings keineswegs für gefährlich - sie sahen schon die Englein singen und fliegen - und gingen deswegen wieder dazu über, sich an den Händen zu fassen und sich im Kreis zu drehen, während sie irgendwelche unverständlichen Texte zum besten Gaben und sich an dem beeindruckenden Schwindelgefühl in ihrem Kopf erfreuten.

Hime und Yū betrachteten die Szene schweigend und konnten über das Verhalten der Gaianer nur den Kopf schütteln, waren sich aber sofort im Klaren, was denn die Ursache für eben diese Gemütswandlung war, denn die Fahnen der drei hatten sie schon riechen können, als sie gerade erst entfernt ihre Stimmen vernommen hatten.

Van hatte in der Zwischenzeit dann doch endlich die richtige Richtung gefunden und lief nun ohrenbetäubend brüllend knapp um Haaresbreite - also circa einen halben Meter - an Yū vorbei, was in der Hinsicht schlecht war, dass der Junge im gleichen Augenblick seinen Arm mit der Taschenlampe ausstreckte, um den Raum kurz auszuleuchten, für den Fall, dass da irgendwo schon ein paar Schnapsleichen herumlagen, was dann damit endete, dass der unerschrockene Kämpfer Escaflownes gegen den in seine Richtung pendelnden Arm stieß, seinem Gleichgewicht beraubt nach hinten kippte und nach einem harten Schlag auf den Hinterkopf ausgeknockt am Boden liegen blieb. Yū war durch den Zusammenprall ebenfalls ins Straucheln geraten, hatte nebenbei fast Hime umgerissen, die verständlicherweise erschrocken aufschrie und kurzerhand aus dem Raum stolperte, und konnte sich schließlich retten, indem er sich an die nächstbeste Tischkante krallte und so mit Mühe und Not sein Gleichgewicht halten konnte. Der Tisch, der gar kein richtiger Tisch war, sondern nur ein unstabiles Brett auf vier improvisierten noch unstabileren Beinen, das dazu diente, den Fernseher zu erhöhen, war dabei gefährlich ins Schwanken gekommen, und gemäß irgendwelcher hochkomplizierten physikalischen Regeln übertrug sich diese Schwingung auch auf das technische Gerät, welches leider keine Arme hatte, um sich ebenfalls irgendwo abzustützen - nicht, dass es irgendetwas gegeben hätte - und infolgedessen über die Kante der maßgeschneiderten und keinen Raum für diverse Abweichungen lassende Platte rutschte, der Kraft der Gravitation nicht mehr standhalten konnte und scheppernd und krachend den Fußboden küsste. Natürlich war unvermeidlich gewesen, dass dabei auch der Stecker mit hinterher musste, welcher leider noch im Verteiler steckte, welcher wiederum mitgerissen wurde und so an den Kabeln diverser anderer Geräte im Umkreis von ungefähr einem Meter zog, die dann auch noch von ihren Thronen gestürzt wurden und einen Lärm verursachten, der wahrscheinlich im ganzen Hauptquartier zu hören gewesen war.

Und um die letzten zwei Schachtelsätze einfach mal aus Spaß an der Freude in vier Wörtern zusammenzufassen: Das Chaos brach aus.

Für die sich im Raum Befindenden war das natürlich kein sonderlich schönes Erlebnis, denn schließlich war es ein wirklich trommelfellzerreißender Krach gewesen, doch drei Leuten, die gerade in der näheren Umgebung des Aufenthaltsraumes herumstolperten, kam es sehr gelegen, da es ihnen die Orientierung überaus erleichterte.

Asuka, Erts und Ayanami war ein riesiger Felsbrocken vom Herz gefallen, als sie nach nach eigener Schätzung stundenlangem Umherirren im Dunkeln die Stimmen der beiden Antibodies vernommen hatten und waren ihnen gefolgt, jedoch nicht schnell genug gewesen und hatten am Ende sogar gedacht, sie wieder verloren zu haben. Da war es natürlich nicht verwunderlich, dass sie ihre Beine in die Hände nahmen, sobald sie das Rumoren hörten und sich an Wänden entlangtastend wahrlich durch ein Labyrinth suchten, bis sie die Kontur Himes, von den Taschenlampen der beiden Antibodies erleuchtet, im Türrahmen zu irgendeinem mittlerweile, auch wenn sie das noch nicht wussten, komplett verwüsteten Raum stehen sahen. Hätten sie nicht noch ein kleines Fünkchen ihrer Würde besessen wären sie wohl beim Anblick des Mädchens kreischend und wild mit den Armen herumfuchtelnd losgerannt, so begnügten sie sich jedoch damit, in sicherem Abstand freudig herumzuspringen, in geflüsterte Jubelschreie auszubrechen und dann gesittet und geordnet, mit Mienen, die noch stählerner als Stahl waren, als wäre nichts passiert die letzten paar Meter hinter sich zu bringen. In diesem Augenblick kamen Allen und Merle aus dem Zimmer gewankt, noch immer Arm in Arm und singend, begrüßten die drei Neuankömmlinge überschwänglich und liefen stolpernden Schrittes an Asuka, Rei und Erts vorbei, augenscheinlich mit der Absicht, den nun vor ihnen liegenden Gang - den sie aufgrund ab einer bestimmten Stelle fehlenden Lichtes und verschwommenen Blickes eigentlich gar nicht als diesen erkannten - auszukundschaften, was Erts dazu veranlasste, besagten hinterherzustürmen und sie mit sanfter Gewalt um 180° zu drehen und in die andere Richtung zu lenken. Van, der ihnen wieder einigermaßen wach entgegengestolpert kam - die Hände übers Gesicht geschlagen und somit blind -, rannte gefährlich knapp an ihnen vorbei und hatte mal wieder mehr Glück als Verstand, als er kurz vor der Berührung mit der gegenüberliegenden Wand doch noch stehen blieb, da ihm wohl irgendwelche 6. und 7. Sinne gesagt hatten, dass erstens Gefahr vor ihm lag und zweitens Leute, die er einfach anstandshalber Begrüßen sollte, anwesend waren. Hime, welche die riskante Situation, sich noch mehr Verletzungen zuzuziehen, erkannte, in der sich Van soeben befand, hielt den Hüter Escaflownes augenblicklich am Arm fest und bugsierte ihn und die anderen zwei potenziellen Selbstmörder, Attentäter und volltrunkenen Randalierer letztendlich mit Hilfe Reis und Asukas, die sich ein wenig wie im Kindergarten und unter ihrem Niveau behandelt fühlten, in den noch immer nur von den Taschenlampen mehr schlecht als recht erhellten Raum und verfrachtete sie nebenan in die Küche, deren Tür sie geräuschvoll zustieß und wohl am liebsten abgeschlossen hätte, wäre denn ein Schlüssel dafür zur Hand gewesen, begnügte sich so jedoch damit, den jetzt schiefen Fernsehtisch vor die Tür zu schieben, was die Gaianer zumindest so lange gefangen halten sollte, bis das Licht irgendwann mal wieder anging und die drei in eine Ausnüchterungszelle gesteckt werden konnten. Die anderen fünf unerschrockenen Mannen und Frauen ließen sich jedoch nicht lumpen und machten sich nach einer kurzen Verschnaufpause und Austausch der erlebten, atemberaubenden Abenteuer auch sogleich wieder auf den leidigen Weg, den zumindest die beiden Antibodies schon zuvor zurückgelegt hatten - soll heißen auf die Suche nach Überlebenden, oder alternativ auch einer weiteren, wenn möglich etwas größeren Lichtquelle.

Unsere geliebten Gaianer ließen es natürlich nicht auf sich sitzen, so eingesperrt in einem engen Raum, in dem es noch nicht einmal mehr Sake gab, zu verweilen und nichts zu tun. Im Gegensatz zu den Fahrstuhl-Insassen hatten sie jedoch einen Vorteil: sie hatten Van bei sich, der bekanntlich nie ohne sein Schwert aus dem Haus ging. Und auch wenn er in seinem leicht angetrunkenen Zustand etwas Probleme mit dem Zielen und jeglicher anderer Koordination betrefflich des erwünschten Schwerthiebes hatte, schaffte er es dennoch nach relativ kurzer Zeit die passenderweise aus Holz bestehende Tür zur Küche und den davor stehenden Tisch zu etwas übertrieben kleinem Kleinholz, also faktisch Sägespänen und Zahnstochern, zu verarbeiten - vor nicht allzu langer Zeit hätten NERV und seine Gäste das gut gebrauchen können, auch wenn die Ghouls sich wohl eher beim Anblick der Zahnstocher zu Tode gelacht hätten - und ihm und seinen zwei Begleitern somit den Weg zu unergründlichen, unerforschten und völlig dunklen Weiten frei zu machen. Hime hätte sich bei dieser rauen Methode im Grab umgedreht, wäre sie schon tot gewesen, so jedoch konnten sich die drei Gaianer ungehinderten Schrittes und reinen Gewissens mit der einen Taschenlampe, die die anderen ihnen gütigerweise – eventuell auch dummerweise - überlassen hatten, auf den Weg machen, neues Unheil anzurichten.
 

An einem anderen Ort hockten 6 Leute aufeinander, die sich in diesem Moment wohl darum geprügelt hätten, ihre Plätze einzunehmen. Alles war besser, als in einem engen, stickigen Fahrstuhl festzusitzen und Däumchen zu drehen, beziehungsweise dem Nachbarn ein sprichwörtliches und vielleicht auch buchstäbliches – schließlich war längst Mittagszeit - Ohr abzukauen. Leider hatten die Insassen dieses metallenen Gefängnisses jedoch aus Mangel an Platz für kreative Ideen nichts Besseres zu tun, was die ohnehin leicht unterirdische Stimmung nicht unbedingt erhöhte. Stattdessen erhöhte sich etwas ganz anderes, und dieser Temperaturanstieg wurde nicht von mangelnder Luftzufuhr, sondern viel mehr von der steigenden Wut Misatos verursacht, was vor allem daran lag, dass sie dringend eine bestimmte Örtlichkeit aufsuchen musste. Der Grund hierfür war jedoch diesmal ein anderer, für Frauen leider unausweichlicher, was die ganze Sache nicht unbedingt angenehmer machte und beträchtlich dazu beitrug, dass sich Misatos Laune von Minute zu Minute verschlechterte und direkt in Richtung Vulkanausbruch tendierte. Das war jetzt nicht unbedingt ihr Problem - sie war ja sowieso meistens eher schlecht gelaunt -, ihren Mitinsassen ging das ewige Rumgezicke, wütende Schnauben und das Feuerspeien jedoch schon einigermaßen auf die Nerven, was im Klartext bedeutete, dass sie alle auf einem Haufen, sofern das denn noch möglich war, so weit wie möglich – sprich circa 5 Zentimeter - von ihr entfernt saßen und mit mehr oder weniger grimmigen Mienen um Erlösung beteten. Das Fegefeuer war echt gar nichts dagegen.
 

Nachdem Van, Allen und Merle - mittlerweile sogar wieder etwas entnüchtert, was bestimmt am leicht veränderten Metabolismus der Gaianer liegen musste, denn sie hatten soviel gesoffen, dass es einen normalen Menschen für drei Tage ins Koma befördert hätte - einen leicht anderen Weg als ihre 5 Mitstreiter eingeschlagen hatten - sie waren in die komplett andere Richtung gelaufen - fanden sie sich nach einiger Zeit der auch jetzt noch anhaltenden Orientierungslosigkeit in einer Art Trakt wieder, dessen Inhalt stark an jede Menge Elektronik erinnerte. Oder, um es anders zu sagen, der an das erinnerte, was man sich bei NERV als eine Art Kellerraum vorstellen konnte, wo halt Stromzähler, Wasserzähler, irgendwelche Rohrleitungen und - was am wichtigsten war - der Stromkasten zu finden waren. Das Problem hierbei war nur, das weder Van noch Allen oder Merle auch nur den geringsten Schimmer hatten, was denn da jetzt vor ihnen lag, weshalb sie dem ganzen Kram auch erst wirklich Aufmerksamkeit schenkten, als das Katzenmädchen mit einem unsicheren Schritt gegen letzteres wankte und sich an dem Kasten festhalten musste, um nicht ganz den Boden unter den Füßen zu verlieren. Aber man kann eben nicht alles haben, Glück und Verstand auf einmal wäre ja echt zuviel verlangt. Bei dieser Gelegenheit konnte es sich das neugierige Mädchen natürlich nicht entgehen lassen, einen etwas verschwommenen Blick auf besagten vom Schein der Taschenlampe in Vans Händen leicht erhellten Behälter zu werfen, was ihr ermöglichte, den kleinen Spalt an seiner Seite zu entdecken, weshalb sie ganz richtig kombinierte, dass sich das Ding anscheinend öffnen ließ. Allen - sofort Feuer und Flamme für das neuentdeckte unbekannte Objekt und begierig darauf, es auszuprobieren, egal, was es konnte - nahm ihr auch sofort die Entscheidung ab, ein Öffnen zu riskieren, zog an dem kleinen Griff und wurde durch das ruckartige Aufbrechen der Klappe leicht aus dem Gleichgewicht gebracht, was er allerdings durch Vans Hilfe sofort wieder fand - soweit dies in seinem Zustand denn möglich war. Kurz, sie torkelten beide gefährlich dem Fallen nahe durch den Raum bis sich dieser endlich aufhörte zu drehen. Zum Vorschein kamen, sehr zu Allens Enttäuschung, allerdings nur allerhand kleine komische Hebel, die allesamt reichlich nichts sagend aussahen und beschriftet waren mit kleinen Zetteln, was allerdings nicht viel brachte, da es solch ein Gekliere war, dass nicht einmal ein Lehrer kurz vor der Rente es hätte entziffern können, und die können bekanntlich sogar Hieroglyphen außerirdischen Ursprungs lesen. Die Neugierde unserer drei Helden siegte natürlich mal wieder, was bedeutete, dass sich jeder der drei einen ganz persönlichen Favoriten aussuchte und diesen dann auch nach unten kippte. Ein lautes Klacken ertönte bei jedem Betätigen eines Schalters, irgendwo sprangen blaue Funken auf, ein Warmwasserboiler sprang unter lautem Getöse an und - man mochte in diesem historischen, weltbewegenden Moment doch noch an Wunder glauben - die Deckenbeleuchtung begann plötzlich zu flackern.

Unsere armen Gefangenen im Fahrstuhl sprangen sofort wie von der Biene Maja gestochen auf, als das Licht im Inneren ihrer Zelle anging; synchron warfen sie sich gegen die Tür - die sich sowieso nur zur Wand hin geöffnet hätte, da sie zwischen zwei Etagen feststeckten -, klopften wie bescheuert gegen sie und nur Rio machte sich die Mühe, den Versuch zu starten, die Helligkeit zu nutzen um nachzusehen, ob man nicht durch das Gitter im Dach des Fahrstuhls entschlüpfen konnte. Jedoch hielt die allgemeine, anfängliche Euphorie - denn auch die anderen armen, bedauernswerten, unglücklichen Personen, die im HQ irgendwo festsaßen, konnten ihr Glück kaum fassen - nicht lange, denn ein Blick in den nunmehr leeren Aufenthaltsraum ließ erkennen, dass dort noch immer alle Stecker überfüllt waren und sogleich alle noch funktionstüchtigen, also dem Wüten Vans und Yūs standgehaltenen Geräte wieder ansprangen und die daraus folgende Spannungsentladung gleich noch einmal einen Kurzschluss verursachte, der dieses Mal jedoch sämtliche Geräte regelrecht grillte, die zu diesem Zeitpunkt am Stromnetz angeschlossen waren und damit komplett außer Gefecht setzte. Das Licht war also nur für wenige Augenblicke der Hoffnungsschimmer aller umherirrenden Menschen im HQ gewesen, um danach erneut einfach wieder zu erlöschen - aber immerhin schon mal ein kleiner Erfolg in dieser zurzeit noch recht missglückenden Rettungsaktion...
 

Tōji, Kensuke und Hikari waren, seitdem sie sich von den Antibodies eher unfreiwillig getrennt hatten, schon etwas weiter gekommen; zumindest waren sie der festen Überzeugung, nicht im Kreis gelaufen zu sein - wenigstens redeten sie sich das ein -, stellten sich jedoch noch immer die gleiche Frage, die sie sich schon gestellt hatten, als ihnen Hime und Yū abhanden gekommen waren: Wo - zum Teufel - sind wir? Vielleicht wäre die Orientierung etwas leichter gefallen, hätten sie Taschenlampen dabei gehabt, obwohl das auch dann noch fraglich gewesen wäre, denn das HQ glänzte nicht gerade durch übersichtliche Beschilderung der Wege, doch so kamen sie nicht darum herum, es ihren damit offenbar etwas erfolgreicheren Vorgängern gleichzumachen und sich an den Wänden entlangtastend fortzubewegen, wobei vielleicht auch mal von Vorteil war, dass Türen, die lieber verschlossen bleiben sollten, im NERV-HQ auch tatsächlich verschlossen waren und sich momentan sowieso nicht geöffnet hätten. Jedoch war dieses ewige Umhergetaste recht ermüdend, gar nicht davon zu sprechen, wie frustrierend es war, wenn man zum vierten Mal in Folge ungebremst gegen einen Mauervorsprung, einen Türrahmen oder einfach nur eine Kante rannte, die vorher nicht zu ertasten gewesen war, weshalb die Drei schließlich beschlossen, sich wenigstens für ein paar Minuten auszuruhen.

Tōji hatte sich gerade gegen etwas gelehnt, das er als Wand vermutete, als plötzlich die Deckenlampen über ihnen flackerten, untermalt von einem schabenden Geräusch, und plötzlich war Tōjis Lehne keine Wand mehr sondern entpuppte sich als Tür, die sich im kurzen Moment der Stromversorgung von den Signalen ihres Sensors angetrieben öffnete. Das Fourth Child fiel rücklings nach hinten, ruderte wild aber vollkommen vergeblich mit den Armen, was urkomisch aussah, aber leider - oder, je nachdem, aus welcher Sicht man es betrachtete, auch glücklicherweise – in der Dunkelheit, die fast augenblicklich wieder eingetreten war, von niemandem gesehen wurde, der sich darüber hätte amüsieren können, und konnte einen erschrockenen Schrei nicht wirklich unterdrücken. Der Schluss dieses halsbrecherischen und in seiner Ästhetik kaum noch zu unterbietenden Kunststückes endete unglücklich auf Tōjis Allerwertestem und dem harten Boden. Im Klartext tat sich Tōji bei dieser Aktion also wahrscheinlich ziemlich weh, da zu bezweifeln ist, dass die Böden im NERV-HQ mit flauschigem Teppich ausgelegt sind, was sich später in einem ziemlich blauen Hinterteil beweisen und dazu beitragen sollte, dass der Junge ein paar Tage das Stehen dem Sitzen vorzog.

Kensuke und Hikari hatten es nach der Showeinlage ihres Freundes, die sie nicht sehen, dafür aber umso besser hören konnten, weshalb ihr Vorstellungsvermögen sein Übriges tat, um ihnen jedes schauerliche Detail vorzugaukeln, lieber gemieden, es ihm gleichzutun und sich ebenfalls irgendwo anzulehnen, weshalb sie stattdessen an seine Seite liefen und ihm schnell wieder hoch halfen. Nachdem Suzuhara nun also wieder auf den Beinen und der erste Schreck leider nicht ganz so erfolgreich überwunden war sahen sich die drei Jugendlichen etwas planlos in dem vermutlichen Raum um, in dem sie sich jetzt wohl befinden mussten, in der ziemlich aussichtlosen Hoffnung, irgendetwas Näheres zu erkennen. Natürlich konnten die Drei nach wie vor absolut nichts sehen, weshalb Kensuke dem Logischsten nachging, was ihm in dieser Situation einfiel: und das war, einen Lichtschalter zu suchen, was nach wie vor wenig Erfolg versprechend war. Er stolperte also wieder langsam in die Richtung, aus der sie soeben gekommen waren und hielt sich dabei aber weiter links, was dazu führte, dass seine vor sich ausgestreckten Hände an der Kante, die er eigentlich suchte, vorbeitasteten und er somit gegen diese lief, mit schmerzverzerrtem Gesicht etwas zurücktaumelte und auf Grund seines, wenn auch kleinen, Erfolges neuen Mut fassend und noch etwas vorsichtiger noch einmal vorwärts lief. Nachdem er den Türrahmen - zumindest dachte er sich, dass es wohl einer sein musste - tatsächlich gefunden hatte tastete er sich weiter nach links an der darauf folgenden Begrenzung des Raumes entlang, bis er auf eine Ecke traf, ungehindert seines Erforschungsdranges allerdings trotzdem weiter lief, obwohl eigentlich klar war, dass er jetzt garantiert keinen Lichtschalter, egal ob nun nützlich oder nicht, mehr finden würde.

Ein paar ungeschickte Schritte später hatte er es endlich geschafft und sich im neu gefundenen Raum hoffnungslos verlaufen. Irgendwo hatte er den Kontakt mit der Wand verloren, war gegen mehrere Tische gestoßen und schließlich irgendwo heruntergefallen, was seine beiden Freunde dazu veranlasste, mit panischen Rufen nach seinem Wohlbefinden zu fragen. Kensuke war auf etwas ungemein großes, quadratisches gestoßen, umgeben von einer Unmenge an Kabeln so dick wie seine Arme, was sein messerscharfer Verstand sofort als etwas deutete, das einem Computer sicherlich sehr ähnlich war. Der Junge ignorierte die Rufe der anderen beiden, doch zurückzukommen, damit sie endlich weiter konnten, und befasste sich stattdessen lieber mit der weiteren Erkundung des Gerätes, das er jetzt vor sich hatte - einem supergenialen Spielzeug, das nur leider ohne Strom in etwa so sinnvoll war wie zu versuchen, einen Elefanten mit einer Angel zu jagen. Er hatte zwar keine Ahnung, was er da eigentlich tat, als er eine Art Tastatur fand, aber er dachte sich, es konnte wohl kaum schaden, einfach irgendwelche Knöpfe und Tasten zu drücken, schließlich konnte es ja schlimmer eigentlich nicht mehr werden. Doch urplötzlich erwachte das Monstrum von Computer samt der Deckenbeleuchtung und allem anderen technischen in der Umgebung wahrhaftig zum Leben, gab einige in der Tat äußerst ungesund klingende Geräusche von sich und erstarb dann nach ein paar Sekunden wieder. Kensuke starrte die nun wieder im Dunkeln versunkene Maschine ratlos an, während Tōji und Hikari, die natürlich keine Ahnung hatten, was da eigentlich vor sich ging, die Chance genutzt hatten, wenigstens einen Teil des Weges zwischen sich und Kensuke zurückzulegen, ehe erneute Finsternis über sie einbrach und sie doch lieber wieder stehen blieben. Kensuke ließ nur ein "Ups" verlauten, kratzte sich nachdenklich am Kinn und begann dann von neuem, auf die Tastatur einzuhämmern – er dachte wohl, dass das kurze Aufbegehren des Rechners, auf dessen Gehäuse Hikari und Tōji noch ein "Melchior" hatten lesen können – wenigstens wusste zumindest Letzterer jetzt, wo sie sich überhaupt befanden -, seinen zweifelhaften Hacker-Künsten zu verdanken gewesen war, schließlich wusste er ja nicht von den drei Gaianern, die sich just in diesem Moment einige Stockwerke unter ihnen noch immer mit dem Sicherungskasten vergnügten. Kurz darauf erwachte Melchior erneut zum Leben. Auf den Bildschirmen der Zentrale erschienen grüppchenweise binäre Ziffern und fragwürdigen Zeichen, ein lauter Piepton ertönte, wie, als hätte man zu viele Tasten auf einmal gedrückt, als das der Computer dies verarbeiten können und nun drauf und dran war, den Geist aufzugeben, und schließlich und letztendlich erfüllte ein kurzer Knall den Raum und man hätte Rauch von dem Terminal aufsteigen sehen können, wäre es tatsächlich hell gewesen und nicht nur die Bildschirme in einem schwachen Rot illuminiert, was für ein schauriges, fahles Licht im Raum sorgte, sodass man das verschmorte Plastik, die verbrannten Schaltkreise und durchgebrannten Mikrochips lediglich erriechen konnte, bevor die Bildschirme erneut erstarben.

Der Verursacher des Fallouts starrte daraufhin etwas überrascht mit hochgezogenen Augenbrauen vor sich hin auf keinen bestimmten Punkt und rümpfte dann die Nase angesichts des sehr hartnäckigen Rauch-Gestankes. Erschrocken zuckte er zusammen, als das Licht um ihn herum wieder zu flackern anfing, noch einige Male kurz versiegte und letzten Endes doch noch den Wettstreit gewann und das Zimmer in künstliche Helligkeit tauchte, während ein hartnäckiges Summen von elektrischem Strom in ebenso elektrischen Geräten begann, den Raum zu erfüllen. Kensuke und seine beiden Begleiter kniffen geblendet ob der plötzlichen Lichtflut die Augen zusammen und hielten schattenspendend die Hände vors Gesicht. Noch war ihnen gar nicht bewusst, was eigentlich gerade passiert war, doch da sie ja sowieso keinen Plan hatten machten sie sich auch keine weiteren anstrengenden Gedanken darüber, während ein paar andere Gestalten an einem anderen Ort inmitten der Pyramide jedoch jubelnd aufgesprungen und sich in die Arme gefallen waren, als sie sich plötzlich wieder hatten sehen können. Hime, Yū, die beiden Children und Erts hatte das Glück nämlich mittlerweile vollends in Form leerer Batterien ihrer einzigen Taschenlampe verlassen, weshalb sie am Ende doch noch kapituliert und sich in irgendeine dunkle Ecke verkrochen hatten. Van, Allen und Merle jedoch machten sich schon wieder frisch und fröhlich auf den Weg, in ihrem immer noch leicht angeheiterten Zustand die etwas abgelegeneren Teile NERVs zu erkunden, die sie jetzt vor sich hatten - wer wusste schon, auf was für interessante Dinge sie noch stoßen würden - und welche Katastrophen das auslösen mochte...
 

Inzwischen waren Ritsuko, Maya, Sir Hellsing und Alucard - die Cheftechnikerin hatte ihre beiden Gäste einfach nicht davon überzeugen können, dass NERV das Problem sicherlich allein geradebiegen konnte - im Hauptquartier angekommen und wurden hingegen aller Annahmen statt von Dunkelheit jedoch von künstlichem Tageslicht begrüßt, das jede Xenonlampe vor Neid hätte erblassen lassen. Die junge Technikerin wäre bei diesem Anblick am liebsten lautstark schreiend und kreischend, sich die Haare raufend und fragend, womit sie das verdient hatte, den ganzen Weg von NERV zu sich nach Hause und genauer in ihr Bett zurückgerannt, hätte es ihr der ihr von Gainax und Sadamoto auferlegte Charakter, der eher schüchtern und zurückhaltend scheint, nicht verboten und wäre sie nicht noch immer hundemüde gewesen, sodass sie auch durchaus im Stehen schlafen könnte, weshalb sie wahrscheinlich eher von einem Bus überfahren worden wäre, als dass sie ihre Wohnung erreicht hätte. Stattdessen begab sie sich nun, in Ermangelung einer wirklichen Alternative, mit den anderen ins Innere des HQs, in der Hoffnung, vielleicht doch noch etwaige Überlebende zu finden und endlich herauszubekommen was genau eigentlich passiert war, um dann doch noch wenigstens eine Stunde in dieser Woche schlafen zu können.

Es sollte auch nicht allzu lange dauern, bis ihnen die drei Verursacher, aber letzten Endes auch Retter des Chaos, Van und Co., über den Weg liefen, die sofort von Maya - die sich mittlerweile lebhaft vorstellen konnte, was passiert war und mit den Zähnen knirschte, als ihr klar wurde, was das wohl für sie heißen mochte: Überstunden, Überstunden, Überstunden... - in eine Art Ausnüchterungszelle gesteckt wurden, und sie wenig später auch auf die Gruppe der Children trafen, welche ihnen überglücklich zuerst einmal um die Hälse fielen, wobei sie von Sir Hellsing und Alucard den respektvollen, ihnen gebührenden Abstand hielten, der hauptsächlich für die eigene Gesundheit gut war, bevor sie von den Schreien dreier zumindest den NERV-Gästen recht unbekannter Stimmen, die die NERV-Angestellten unter anderen Umständen allerdings wohl auch nicht gerade begrüßt hätten zu hören - immerhin hatten sie hier, von Tōji, den man ja gerade so noch tolerieren konnte, einmal abgesehen, nichts zu suchen - unterbrochen wurden. Denn auch Kensuke, Tōji und Hikari konnten ihre Freude kaum verbergen, in den Wirren des NERV-Irrgartens endlich ein paar bekannte Gesichter anzutreffen - sie steckten zwar noch immer irgendwo im HQ fest, aber wenigstens hatten sie jetzt endlich Leute getroffen, die sich in dem Chaos auskannten.

Die ganze Gruppe, sogar samt Maya, die wohl spätestens in einer Stunde wohl kaum noch geradeaus würde laufen können - nicht, das dies ein Problem war, sie musste ja nur versuchen, nicht von ihrem unbequemen Stuhl zu rutschen - ging daraufhin erst einmal zusammen irgendwo feiern, auch wenn die beiden eigentlichen Partyknaller, Misato und Kaji, noch fehlten, was aber niemandem aufzufallen schien, schließlich musste doch auf dieses glücklich und lebend überstandene Abenteuer angestoßen werden. Dabei störte es sie nicht, dass aus einem der Fahrstuhlkabinen in einem anderen Gang, der noch immer, und jetzt völlig unrettbar durch die interne Technik, wenn auch mittlerweile mit Licht im Inneren, feststeckte, ein schwaches Klopfen ertönte, das nach einiger Zeit - nein, eigentlich sofort, nachdem man bemerkte, dass man sie offenbar vergessen hatte und Misatos Laune deshalb augenblicklich den Tiefpunkt ihres Lebens erreichte - einen ziemlich verzweifelten Klang annahm und auch nach stundenlangem Andauern noch immer nicht abbrechen sollte.

"Bluttests und ihre Folgen"

Als jegliche Feiern und Ausnüchterungen und Befreiungen anlässlich der großen Katastrophe im HQ - oder besser gesagt zum Anlass des mehr oder minder unbeschadeten Überstehens der eben aufgeführten Dinge - beendet und erfolgreich vollzogen waren trat langsam wieder Alltag ein in den Gefilden NERVs. Zwar waren noch immer Reparaturen auszuführen, vor allem natürlich da, wo sich bestimmte unwissende Leute, die wir jetzt nicht genauer benennen wollen, unbefugt vergriffen hatten - nur ein Wort: MAGI -, doch selbst die würden in den nächsten Tagen abgeschlossen und die momentan noch zu reparierenden Dinge wieder voll einsatzfähig sein - zumindest besagte dies der offizielle Schadensbericht für SEELE, dessen Vorsitzende man besser nicht von Gegenteiligem unterrichten sollte.

Alles in allem und wenn man jeden, der etwas anderes behaupten wollte, zum Verstummen brachte, war nun also wieder Ruhe eingekehrt. Das, also die tatsächliche Ruhe im HQ, lag vor allem daran, dass Misato sich für einige Tage Urlaub genommen hatte, auch wenn sie natürlich jederzeit im Notfall abrufbar sein würde. Selbst Maya hatte ausnahmsweise einmal für einen Tag frei bekommen, saß nun allerdings wieder voll beschäftigt an ihrem Arbeitsplatz und kümmerte sich beflissentlich um die Fehlerbehebung von MAGI. Das hört sich im ersten Moment vielleicht nicht unbedingt schweißtreibend an, verlangte der geplagten, vermutlich mangelernährten Technikerin - schließlich ist eine Koffeindiät sicher alles andere als gesund - jedoch mal wieder all ihr Herzblut und ihre Geduld ab, die sie aufbringen konnte - und mehr -, da nicht nur der Stromausfall zu etlichen Programmabstürzen und damit verbundenen Systemschädigungen geführt, sondern auch Kensukes äußerst misslungener Versuch, MAGI ohne Saft zum Laufen zu bringen, seine tiefen Spuren hinterlassen hatte. Soll heißen, er hatte es geschafft, in den Sekunden der Energieversorgung fast die gesamte Festplatte dem Erdboden gleich zu machen, weshalb Maya bemüht war, in anstrengender Bastelarbeit die Sicherungskopien wieder herzustellen und eventuelle, entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch überlebende Datenblöcke wie bei einem überlebensgroßen, mehrdimensionalen, multikausalem Puzzlespiel mit ungefähr einer Billion Teile zusammenzusetzen, in der schwachen, aber für diesen eigentlich recht aussichtslosen Job bitter nötigen Hoffnung, das auf MAGI gespeiste Programm irgendwann wieder vollständig herstellen zu können. Vielleicht mochte es Jahre dauern, doch dem ehrgeizigen NERV-Mitglied war kein Preis zu hoch und keine Bemühung zu schwer, ihre Aufgabe mit 100%igem Erfolg zu erfüllen - nicht, dass sie eine große Wahl gehabt hätte, als sich diesem Schicksal zu stellen, schließlich hatte sie mehrere einflussreiche Männer im Rücken, und sie konnte deren penetrante Blicke auf alles, was sie tat, selbst dann spüren, wenn sie vollkommen allein im Raum war...
 

Aber kommen wir zu erfreulicheren Dingen, zum Beispiel dem derzeitigen Verbleib Hieads.

Hiead Gner, ein äußerst begabter, allerdings etwas introvertierter Pilotenanwärter mit hin und wieder durchaus anzweifelbarem Charakter saß derzeit in dem Gästezimmer, das er sich mit dem ihm so sehr verhassten Zero zu teilen gezwungen war, auf seinem Bett und starrte geistesabwesend vor sich in die Luft. Seine normalerweise sowieso schon im Überfluss vorhandene chronische schlechte Laune hatte sich seit seiner Einsperrung im Fahrstuhl mit all den anderen ihn extrem nervenden Leuten nicht unbedingt gebessert, sondern - wenn denn überhaupt möglich - sogar noch verschlechtert. Aber wer wäre auch nicht genervt, nachdem er stundenlang die Anwesenheit der leicht cholerischen Misato - die durch Kajis Gegenwart nicht im Geringsten weniger cholerisch wurde, sondern sich kurzerhand zum brodelnden Vulkan entwickelte - hatte ertragen müssen, und auch wenn dieses Ereignis schon ein paar Tage zurücklag hatte er sich noch immer nicht vollständig von dieser einschneidenden, eigentlich schon traumatischen Erfahrung erholt. Nicht, dass es hier groß etwas gab, das ihn ablenken konnte.

Tatsächlich hatte er die vergangene halbe Woche nichts anderes getan als in seinem Zimmer zu sitzen und es nur wegen zwangsläufig unvermeidbaren Dingen verlassen - und all die Zeit hatte er gewartet. Auf ihn... Um endlich seinen lang ersehnten Kampf mit ihm, weitab von zu Hause und den wachsamen Augen des Ausbilders, auszutragen. Nur war Zero leider seit dem Stromausfall verschollen, falls er vorher denn tatsächlich irgendwo wieder richtiggehend aufgetaucht war, und nicht einmal die hochempfindlichen Sensoren, die überall im HQ angebracht waren und sogar aufzeichneten, wenn sich irgendwo ein Staubkörnchen niederlegte, hatten etwas von seinem gegenwärtigen Verbleib in Erfahrung bringen können.

Hiead hätte wohl lange und resigniert geseufzt, hätte es ihm sein etwas zweifelhafter und in gewissen Situationen durchaus beunruhigender Stolz nicht untersagt. Stattdessen saß er weiterhin bewegungslos auf seinem Bett - man hätte meinen können, er wäre in Leichenstarre verfallen. Er horchte in die Stille hinein, die natürlich absolut vollkommen war - kein Geräusch drang durch die schalldichten Türen und auch im Zimmer selbst gab es keinerlei Geräuschquellen. Es war tatsächlich entspannend. Vielleicht war es ja irgendwie auch ganz gut, dass er mal von Zero, der ihn schon durch seine bloße Anwesenheit zur Weißglut brachte, befreit war. Definitiv besser für den Blutdruck, wobei stark zu bezweifeln war, dass Hiead damit Probleme hatte. So verging eine weitere halbe Stunde mit unnützem Herumsitzen, bis Hiead ein leises Grummeln vernahm, das sich in der Stille wie das Explodieren einer Sylvesterrakete anhörte und ihn an etwas erinnerte, das er schon den ganzen Tag über nicht getan hatte - Essen. Hätte der Junge nicht seinen Kopf in fast beschämter Manier gesenkt – erstens eine bei seinem Charakter überhaupt nicht vorstellbare Geste und zweitens überflüssig in anbetracht des außer ihm leeren Raumes -, hätte man ihn wohl leicht erröten sehen können. Als das Grummeln ein zweites Mal erklang und dieses Mal auch ein passendes Drücken in der Magengegend mit sich brachte fasste er schließlich schweren Herzens den Entschluss, seinen stillen, sicheren, hochgradig ruhigen Platz zu verlassen und es zu riskieren, sich doch noch etwas unter die Zivilisation zu mischen - natürlich unter jene, die sich im NERV-HQ abspielte, soweit man das als Zivilisation betrachten durfte.

Hiead erhob sich also von seiner Liegestätte und schlurfte langsam zur Tür, nicht bereit, seinem instinktiven Drang nach Nahrungssuche augenblicklich nachzugeben, sondern sich stattdessen nicht anmerken zu lassen, dass er im gegenwärtigen Augenblick selbst Rioroute im Kampfwettessen ohne Probleme hätte schlagen können.

Der Pilotenanwärter trat in den Gang hinaus und orientierte sich mit einem kurzen Blick nach links und rechts - besser gesagt hielt er nach irgendwelchen Störenfrieden Ausschau -, schlug dann den ersten Weg ein und kam nach kurzer Zeit an eine Gabelung, an der sich der Weg weiter geradeaus und nach rechts verzweigte und die von hektisch hin- und herlaufenden NERV-Mitarbeitern überfüllt war. Hiead störte sich nicht daran, sondern stürzte sich frohen Mutes in das Getümmel zu seiner Rechten. Er lief durch ihm mittlerweile schon immerhin ein wenig bekannte Gänge und brauchte auch nicht lange, bis er schließlich den berüchtigten Aufenthaltsraum – das Lager der Gaianer - erreichte, der auch zu diesem Zeitpunkt gut besucht war.

Van, Merle und Allen saßen unter Aufsicht Hitomis - man wollte lieber nichts, vor allen Dingen keinen erneuten Stromausfall, riskieren und hatte sie alle dazu verdonnert, sich Hitomis Anweisungen unbedingt zu beugen - wieder einmal vor dem großen, viereckigen und trotz jeglichem besseren Wissens wieder reparierten Kastens und erfreuten sich an und staunten über die bunten Bilder, die auf der Mattscheibe tanzten. Dabei hatten sie sogar je eine Tüte Popcorn in den Händen, deren ordnungsgemäße Zubereitung ihnen das Mädchen von der Erde nach langwierigem Betteln erklärt hatte. Mittlerweile waren alle Steckdosen mit Kindersicherungen ausgerüstet worden, bevor den Gaianern erklärt wurde, dass die weißen Dinger mit den Schwänzen dran nun ihre Winterruhe halten würden und nur von den NERV-Leuten oder zumindest Hitomi benutzt werden durften. Außerdem waren alle unnützen Steckdosen entfernt und zusätzlich extra Sicherungen angebracht worden, die bei Überlastung die Verbindung zur Hauptstromleitung kappen sollten. Damit erhoffte sich NERV einen erneuten Stromausfall schon von Anfang an im Keime ersticken zu können. Der Mensch lernt ja bekanntlich aus seinen Fehlern.
 

Hiead hielt sich nicht lange damit auf, seine Umgebung zu scannen, sondern steuerte gleich – natürlich darauf bedacht, dies so gleichgültig wie eben möglich zu tun - die Tür an, die zur Küche führte und nach Vans Massaker durch eine etwas stabilere ersetzt worden war. Zu seinem Glück hatte sich jemand erbarmt und einen riesigen Topf Spaghetti mit Tomatensoße gekocht - wahrscheinlich, um dem eventuellen Versuch dreier gewisser Personen, dies selbst zu bewerkstelligen, vorzubeugen, und weil selbige anscheinend zu faul waren, den langen Weg zur Kantine anzutreten -, der jetzt abgedeckt auf dem Herd herumstand und regelrecht danach schrie, geleert zu werden, weshalb sich Hiead in seiner grenzenlosen Güte dazu herabließ, ihm diesen Wunsch wenigstens teilweise zu erfüllen und sich einen Teller voll zu nehmen. Mit diesem und Gabel und Löffel bewaffnet enterte er schließlich wieder das Nebenzimmer und setzte sich an einen kleinen Tisch zu Erts, der in ein Buch über die Geschichte Neo Tokios nach dem Second Impact vertieft war und seine Anwesenheit zuerst offenbar gar nicht bemerkte. Der Pilotenanwärter ließ seinen Blick von seinem Teller zum Fernseher wandern, empfand das gegenwärtige Programm als nicht seinen Wünschen entsprechend und ließ seine Gedanken dann wieder zu diversen Kampfstrategien zurückwandern, die er sich in der Zeit im HQ von den EVA-Piloten abgeschaut hatte und die er unbedingt an Zero ausprobieren musste, als plötzlich ein Protestschrei seitens der Fernsehecke erklang und sich sofort alle Köpfe der anwesenden Personen zu den Gaianern drehten - sogar Erts hatte seine Aufmerksamkeit von seinem Buch abgewendet.

Van kniete vor dem TV-Gerät und schlug mit der flachen Hand auf die obere Abdeckung, lautstark vor sich hinfluchend. Grund für seinen Ausbruch war anscheinend der flimmernde Bildschirm, der zur Zeit den Krieg der weißen gegen die schwarzen Ameisen zeigte, nur ein statisches Rauschen von sich gab und ab und zu zu einem regenbogenfarbenen Bild wechselte, auf dem etwas von Empfangsstörung zu lesen war, was dann mit einem grellen Piepton unterlegt wurde. Merle wandte sich nörgelnd an Hitomi, die - wahrscheinlich resignierend - die Hände vors Gesicht geschlagen hatte, und murmelte irgendwas von wegen, dass der Fährn-Sähr nun aber wirklich kaputt war und dass sie diesmal aber nicht dran Schuld seien.

Nach mehreren Minuten natürlich erfolglosen Versuchens, den Wunderkasten wieder in Gang zu setzen, warf Van kapitulierend die Hände in die Luft und stand schließlich grummelnd auf. Er trottete niedergeschlagen und augenblicklich wieder von Langeweile befallen zu Erts und Hiead an den Tisch und setzte sich Letzterem gegenüber, den trägen Blick auf das Buch in der Hand des Göttinnen-Piloten gerichtet. Der Kämpfer Escaflownes seufzte herzzerreißend, bekam jedoch keinen einzigen mitleidigen Blick geschenkt - viel mehr wurde er ignoriert, da sich Erts wieder seinem Buch und Hiead sich seinen Nudeln zugewandte, nachdem es nichts Spannendes mehr zu sehen gab. Van schaute aufmerksamkeitsheischend und mit Dackelblick zwischen den beiden hin und her, was sie allerdings nicht sahen und infolgedessen auch nicht registrierten. Er verzog missbilligend das Gesicht und wandte sich nun demonstrativ ab. Sein Blick fiel auf einen kleinen Schrank im Rücken Erts', der durch eine mehrere Millimeter dicke Staubschicht den Anschein erweckte, als würde er nicht unbedingt oft beachtet werden - ein Seelenverwandter also, und genau das richtige Opfer für Vans Langeweile...

Der Prinz stand auf und schlich sich beinahe auf Zehenspitzen zu dem kleinen mahagoniefarbenen Schränkchen, als witterte er etwas Gefährliches darin, das derzeit schlief und auch besser nicht geweckt würde. Er hockte sich bedächtig vor den rechteckigen Holzkasten, seine Augen auf die Knöpfe der Doppeltür geheftet, die seiner Meinung nach ein riesiges Geheimnis bargen, und pustete über die Oberfläche des Schrankes, was eine leidlich dumme Idee war, da er und auch die beiden am Tisch Sitzenden nun erst einmal in einer dichten Staubwolke verschwanden und auch nach minutenlangem Husten und Keuchen und vor sich in der Luft rumwedeln mit der Absicht, die winzigen Partikel aus der unmittelbaren Reichweite ihrer Lungen zu verbannen, nicht wieder vollkommen sichtbar wurden. Van ignorierte die verärgerten Blicke der G.O.A.-Bewohner - wie du mir, so ich dir - und öffnete mit dramatischer Geste die Türen des Schrankes. Ihm entgegen flog eine weitere Staubwolke, die ihn erneut einhüllte und seine Tätigkeiten beim Durchwühlen des freigelegten Paradieses verbarg, bis er aufsprang, einen dünnen Holzkasten wie einen Schatz vor sich in die Höhe haltend. Mit ausgreifenden, feierlichen Schritten lief Van zum Tisch zurück, stellte seinen Fund in dessen Mitte und wischte schwungvoll die Dreckschicht - es sah schon fast so aus, als hätte jemand versucht, dort Erde zu züchten - von seiner Oberfläche, die sich neckisch auf Hieads Nudeln niederlegte und diesen dazu veranlassten, den Teller angewidert zur Seite zu schieben. Van öffnete den Kasten - und zum Vorschein kamen mehrere fünfeckige mit Schriftzeichen verzierte Steinchen, getrennt in zwei Tütchen verpackt. Der Gaianer hob eine der Tüten vor sein Gesicht, um sie näher zu betrachten, und warf dann verwirrte Blicke zwischen seinem und dem anderen Plastikbeutel hin und her, und man konnte regelrecht sehen, wie die vielen kleinen Zahnräder hinter seiner Stirn arbeiteten.

"Das ist ein Shōgibrett" stellte Erts nüchtern fest, der über sein Buch hinweg den Holzkasten begutachtete. Er legte seine Schwarte zur Seite und nahm die Schachtel hoch, drehte sie um, wobei die zweite Tüte klappernd auf den Tisch fiel, und stellte sie dann geöffnet auf ihre Kanten. Nun bot sich den drei Mannen ein quadratisches Spielbrett unterteilt in viele quadratische Kästchen; Erts ergriff die Tüte vor ihm, öffnete diese und legte die Spielsteine auf ihre angestammten Plätze, was Van eifrig mit den Seinigen kopierte. Hiead hatte bisher gelangweilt zugesehen, musste sich nun aber eingestehen, dass die Aufmachung des Spieles schon recht interessant aussah. Aufmerksam wurde er jedoch erst, als Erts dem Prinzen erklärte, dass dieses Shōgi-Spiel eine Art kriegerisches Spiel war, welches vor allem Taktik und Strategie erforderte und einst als Ausgleich blutiger Kriege benutzt wurde. Das war doch die Gelegenheit...
 

"Ich bin sicher, dass ich hier jeden schlagen könnte! Schließlich bin ich ein Spitzen-Kämpfer!"

Hiead verdrehte entnervt die Augen. Auch Erts schüttelte seufzend und auch ein wenig tadelnd den Kopf.

"Van, du kannst dieses Spiel nicht mit einem richtigen Kampf vergleichen. Wie ich schon sagte, hier ist vor allem Strategie gefragt. Außerdem gibt es noch diverse Regeln..." Van überhörte den kleinen Seitenhieb auf seinen etwas brachialen Charakter und ließ sich von Erts' Worten sogar noch anstacheln.

"Ich beweise es dir! Ich werde Hiead hier in Null-Komma-Nix besiegt haben!"

Der Pilotenanwärter schreckte beim Fallen seines Namens aus seinen Visionen von sich und Zero vor einem solchen Spielbrett - Letzterer gerade am Verzweifeln und vor ihm auf den Knien rutschend um Gnade bettelnd - auf und sah Van, der mit dem Finger auf ihn zeigte, mit großen Augen an.

"Was ist mit mir?"

"Ich fordere dich zu einem Kampf heraus!"

"Spiel, Van, zu einem Spiel..." murmelte Erts leise. Hiead jedoch freute sich innerlich schon, hiermit für seinen vernichtenden Schlag gegen Zero üben zu können.

"Aber ihr kennt die Spielregeln doch beide nicht, oder?" meinte Erts. Van stockte, überlegte sekundenlang und deutete dann mit dem Finger auf ihn.

"Du wirst es uns beibringen!" In Vans Stimme schwang solch eine Endgültigkeit mit, dass Erts gar nicht erst versuchte, zu widersprechen. Wer wusste schon, was der Kerl nicht alles mit seinem Schwert anstellen würde, wenn er verärgert war und nicht alles nach seinen Wünschen verlief...

So geschah es nun also, dass sich Van Hiead wieder gegenübersetzte und beide gespannt den Ausführungen Erts' über die Spielregeln und Züge der einzelnen Figuren im Shōgi, welche er durch jeweiliges Setzen der Figuren veranschaulichte, lauschten. Beim ersten Probespiel half er den beiden noch, doch schon beim zweiten Mal hielt er sich lieber aus den aufbrechenden, leicht ausufernden Streitigkeiten der beiden heraus, da er befürchtete, sie würden womöglich noch anfangen, sich, oder wenn er Pech hatte auch ihm, die Läufer und Pferde um die Ohren zu schlagen, und da wollte er lieber nicht im unmittelbaren Brennpunkt sitzen. Während Hiead und Van sich nun also aufgrund mangelnder Kenntnisse und anderer Probleme - die durchaus mentaler oder psychischer Natur sein mochten und mit dem Spiel eigentlich nichts zu tun hatten - in hitzigen Streit gerieten und im Endeffekt tatsächlich dazu übergingen, sich nur noch die Spielsteine an den Kopf zu werfen, anstatt eine ordentliche Partie auszutragen, nahm der Göttinnen-Pilot wieder sein Buch zur Hand und vertiefte sich erneut in die Verschwörungen um den Second Impact.
 

Währenddessen spielte sich ungefähr zwei Gänge weiter ein Drama gänzlich anderer Qualität ab. Gareas und Rioroute hatten sich wie immer nichts Schlimmes dabei gedacht, als sie beschlossen, die im Übermaß vorhandene Zeit auf Wunsch einer einzelnen Peson mit der Suche nach etwas Essbarem totzuschlagen und waren deshalb gegenwärtig auf dem Weg zur Küche neben dem Aufenthaltsraum, als sie plötzlich und natürlich ohne Vorwarnung an den Armen gepackt und herumgerissen, den Flur, den sie eben durchquert hatten, wieder entlang zurückgezogen und mit etwas zu enthusiastischer Wucht in den nächstbesten Fahrstuhl geworfen wurden, dessen Anblick allein die beiden Piloten in Angstschweiß ausbrechen ließ - eigentlich unbegründet, Misato war ja nicht da... -, woraufhin ihr wohlgemerkt alleiniger Peiniger sich zu ihnen hinunter hockte und sie selig angrinste. Rio und Gar konnten diese Glückseligkeit momentan nicht wirklich nachvollziehen, zumal sie davon ausgingen, grade entführt zu werden, weshalb sie ihrem Kontrahenten dementsprechend eingeschüchtert entgegenstarrten.

"Hi, ich bin Gabriel!" sagte der recht jung wirkende Entführer und reichte den beiden augenscheinlich Älteren die Hand hin. Weder Rio noch Gar, die es irgendwie überhaupt nicht wirklich fassen konnten, wagten, auch nur zu atmen. Gabriel schien das jedoch nicht weiter zu stören, Gesetz des Falles, er realisierte es überhaupt. In seiner unzerstörbaren Frohnatur ergriff er die Hände der beiden Piloten kurzerhand einfach selbst, schüttelte sie kurz und kräftig - man mochte meinen, er wollte ihnen die Arme ausreißen - und sprang dann wieder auf, hüpfte regelrecht zum Controlpanel des Lifts, an dem er den Knopf für das 1. Stockwerk drückte und dann wieder zu seinen beiden bemitleidenswerten Opfern zurückflatterte - im übertragenen Sinne versteht sich. Er grinste die beiden die Fahrt über stumm an und zerrte sie, noch bevor die Fahrstuhltüren überhaupt eine Chance hatten, sich zu öffnen, auch schon wieder auf die Beine und schließlich hinaus in den Gang. Die Jungs wehrten sich nicht. Vielleicht mochte es an der leicht überrumpelnden Art Gabriels liegen, oder aber auch daran, dass die Piloten Angst hatten, erschossen zu werden oder gefoltert - stundenlanges gezwungenes anschauen jeglicher Teletubbys-Folgen wäre da eine besonders grausame Option - oder etwas ähnliches, wenn sie nicht spurten. Zuzutrauen war diesen Irren hier ja so einiges.

Der den Piloten bislang noch unbekannte Junge schleifte sie den ziemlich belebten Flur entlang, was den Piloten den Anschein gab, in eine interne Verschwörungsaktion geraten zu sein, da niemand auch nur winzige Anstalten machte, sie aus den Fängen ihres offenbar leicht durchgeknallten Kidnappers zu befreien. Besser noch - oder eher schlimmer noch: einige grüßten ihn sogar.

Schließlich waren sie an ihrem Bestimmungsort angelangt, einem kleinen sterilen Raum - also doch Folter... -, dessen Mobiliar aus zwei Bänken und an der Wand neben der Tür aufgereihten Spints bestand und auch sonst recht kühl und überhaupt wenig anheimelnd wirkte. Empfangen wurden die drei Jungen von Dr. Ritsuko Akagi, der Gabriel seine Opfer vor die Nase setzte und sie dann vergnügt anstrahlte. Ritsuko zog fragend eine perfekter Columbo-Manier eine Augenbraue hoch und bemerkte dann in ihrem gewohnt nüchternen Tonfall, dass Gabriel die eingeschüchterten Piloten sicherlich auch einfach hätte auffordern können, ihm zu folgen. Gabriel aber strahlte nur weiter sein Atombomben-Lächeln und schien auch nicht die Absicht zu haben, nach getaner Arbeit aus eigenem Antrieb heraus den Raum nun wieder zu verlassen. Dr. Akagi verdrehte daraufhin die Augen und geleitete den jungen NERV-Angestellten letztendlich persönlich zur Tür, um ihn mit einem gedanklichen Fußtritt hinaus zu befördern. Augenrollend kehrte sie zu Rio und Gar zurück, die verängstigt und wie ein Häufchen Elend am Boden zusammengekauert saßen und es nicht wagten, auch nur einen Augenblick die Augen von der Tür zu nehmen - es könnte ja sein, dass Gabriel zurückkam.

"Es tut mir leid, wenn er vielleicht etwas grob zu euch war, ich hätte wahrscheinlich lieber einen weniger vor Enthusiasmus für seine Arbeit platzenden Mitarbeiter schicken sollen, um euch zu holen..." Die beiden Jungen schüttelten nur den Kopf, auch wenn ihre Mimik nicht den Anschein machte, als würden sie es tatsächlich einfach hinnehmen.

"Nun gut, ihr fragt euch sicherlich, warum ich euch herholen lassen habe..." Ritsukos Kunstpause - wie sie in jedem vor Klischees nur protzenden Film gebraucht wird, um dem Opponenten genug Gelegenheit zu geben, in irgendeiner Art und Weise auf eine spannungssteigernde Äußerung zu reagieren, was selbst dort aber eigentlich von niemandem gewollt wird, schließlich ist’s ja eine Kunstpause… - wurde nur mit dem lauten Knurren Rios' Magens gefüllt, der ja jetzt, da der dazugehörige Körper von Gabriel entführt worden war, noch immer nichts zu Beißen bekommen hatte. Infolgedessen verzichtete Ritsuko auf ein längeres Hinauszögern ihrer Erläuterungen, beziehungsweise schränkte diese noch ein wenig mehr ein.

"Wie ihr bei dem letzten Kampf mit dem Engel Matriel sicherlich mitbekommen habt ist es für unsere Piloten nicht unbedingt leicht, unsere Feinde zu eliminieren, trotz der von NERV geschaffenen Evangelion. Darum hat sich Kommandant Ikari dazu entschlossen, neue Studien anzustellen, um die Leistungsfähigkeit unserer humanoiden Kampfmaschinen und Piloten und vor allem deren taktisches und strategisches Vorgehen zu verbessern. Nachdem unsere Techniker nun die Aufzeichnungen des Kampfes ausgewertet haben sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass Ihre Ingrids am ehesten in Technologie und Exterieur mit unseren EVAs übereinstimmen. Darum wollen wir nun Sie beide einem der Synchrotests mit einem Evangelion unterziehen, um zu sehen, wie Sie mit Ihnen umgehen und ob es nicht aus Ihrer Sicht Verbesserungen geben könnte in Bezug auf Bedienung etcetera, wobei Sie bitte auf ihre Erfahrungen mit den Ingrids aufbauen. Natürlich können wir sie nicht zu einem dieser Tests zwingen, jedoch appelliere ich daran, dass Sie sich in Bezug auf Unterkunft und Verpflegung in unserer Einrichtung erkenntlich zeigen wollen und uns in dieser Angelegenheit unterstützen."

Rio und Gar sahen die Frau aus großen Augen an und man konnte regelrecht sehen, wie die Rede der Cheftechnikerin langsam bis zu ihnen durchsickerte und ihre Gehirne die vielen Informationen verarbeiteten. Schließlich hellten sich ihre Gesichter auf - ein sicheres Zeichen, dass die Piloten den Vortrag Dr. Akagis nun vollends verstanden hatten - und verzogen sich dann zugleich zu Mienen, die wohl ernsthaftes Grübeln visualisieren sollten. Rio und Gar schielten sich aus den Augenwinkeln an und versuchten mit einer Art Telepathie Kontakt aufzunehmen und sich abzusprechen. Da jedoch keiner von ihnen die hohe Kunst der Gedankenübertragung beherrschte einigten sie sich einfach stumm auf eine Zusage - nach dem, was sie in diesem Verein schon erlebt hatten, wollten sie lieber nicht wissen, was passieren würde, würden sie nicht ihr Einverständnis gaben.

Und so geschah es, dass rund eine viertel Stunde später zwei in diesem Zusammenhang unübliche Visagen die Kontrollbildschirme der Kommandozentrale ausfüllten, als sich Gareas und Rioroute in die engen und ungewohnten Sitze von EVA-01 und EVA-02 zwängten, gekleidet in überaus ungemütlichen Latexanzügen, die ihnen, um ganz ehrlich zu sein, beschissen standen und an einigen delikaten Stellen unvorteilhaft und äußerst unangenehm zwickten, was allerdings keiner von beiden offen zugegeben hätte, da schließlich auch weibliches Personal am anderen Ende der Kommunikationsanlage anwesend war. So bestand ihre erste Beanstandung lediglich darin, dass es in der Kabine ihrer Meinung nach etwas zu schmal war, um sich vollauf entfalten zu können in einem anstehenden Kampf und dies doch zumindest für ihre Verhältnisse etwas hinderlich sein könnte. Als dann das LCL in den Entry-Plug eingelassen wurde bereuten die beiden sofort, nicht doch lieber den Zorn NERVs auf sich gezogen und abgelehnt zu haben. Sie konnten ja nicht wissen, dass ihre Zivilisation nicht die Einzige war, die sich einer Flüssigkeit bediente, in der man durchaus atmen konnte. Soll heißen sie starben doch keines elenden Erstickungstodes, wie sie zuerst angenommen hatten - in ihrer Paranoia war ihnen sogar kurz der Gedanke einer weiteren internen Verschwörung gegen die Göttinnen-Piloten gekommen, da die Erinnerung an Gabriel ja noch sehr frisch und sie noch immer nicht ganz glauben konnten, dass er wirklich nur zufällig zu ihnen geschickt worden war. Im nächsten Moment wurden sie aber schon von den neuen Eindrücken - im wahrsten Sinne des Wortes - überflutet, die ihnen die EVAs gaben und die sie in ähnlicher Form nur in ihren Ingrids verspürten - es überrascht sie, dass sie auch in den Maschinen dieser Dimension eine Art Eigenleben der Mechas verspürten, die die Illusion hervorrief, die Roboter hätten eine eigene Seele, auch wenn man sie nicht hundertprozentig als organische Lebensform bezeichnen konnte. Über die Kontakte an den Köpfen der Piloten wurden die Nervenverbindungen angeschlossen und augenblicklich konnten sie exakt nachfühlen, wie es Zero ergangen war, als er unerlaubt in Eeva Leena eingedrungen war und diese ihn sich beinahe buchstäblich mit Haut und Haar einverleibt hatte.

Entgegen aller Erwartungen hatten beide trotz ihrer andersdimensionalen Herkunft eine sehr gute Anpassungsfähigkeit, und so dauerte es nicht lange, bis die Synchronisationsabweichungen behoben und die Evangelion Startbereit waren. Jedoch hatte Kommandant Ikari nicht vor, die Jungs auch einen praktischen Test ausführen zu lassen, weshalb alle Sicherheitssperren aktiv blieben und nur die Energiezufuhren aktiviert wurden, damit zumindest gewisse motorische Aktivitäten, wie das Heben eines Armes, ausgeführt werden konnten. Während sich die Göttinnen-Piloten an die Bedienung der EVAs gewöhnten erklärten sie noch einmal in aller Ausführlichkeit, wie die Steuerungen, die sie ausführten, im Ingrid abliefen und welche Rolle die Fluglotsen dabei spielten. Dies empfand Ikari nun als störendes Element, da weitere involvierte Menschen seiner Meinung nach nur unnötige Fehler verursachten, und schließlich machten die EVA-Piloten schon genug Schwierigkeiten in ihrem jugendlichen Tatendrang und dem daraus resultierenden gelegentlichen Missachten autoritärer Befehle.

Erstaunlicherweise - und vielleicht schon fast bedauerlicherweise - passierte ausnahmsweise mal überhaupt nichts Unvorhergesehenes, das am Ende nur wieder zum In-Schutt-Und-Asche-Legen des NERV-HQs geführt und sicherlich mit durchgedrehten EVAs zusammengehangen hätte. Doch so wurden Rio und Gareas nach einer Stunde heil und ohne weitere psychische Schäden wieder entlassen und konnten sich von den einengenden Latex-Anzügen befreien.

Während sie sich noch in ihre Schuhe zwängten kam eine brünette Frau mittleren Alters herein, wie Ritsuko in einen weißen Kittel gekleidet und mit einem silbernen Tablett in der Hand. Letzteres stellte sie neben den Jungen auf der Bank ab und nahm dann eine kleine Spritze in die Hand, die sie den Piloten demonstrativ hinhielt, so, als würden sie auf diese Weise schon durch den bloßen Anblick verstehen, was gemeint war.

"Blutabnahme" sagte sie in nicht ganz so engagiertem Ton, wie man es in dieser Situation vielleicht erwartet hätte. Ganz im Gegenteil klang ihre Stimme monoton, als würde sie dieses Wort täglich an die 385 Mal sagen und langsam Lust und Spaß an der damit verbundenen Tätigkeit verlieren. Als NERV-Angestellte gab es für sie wohl nicht allzu viel zu lachen, aber wer konnte das schon von sich behaupten.

Ohne eine weitere Erklärung nahm sie Gareas Arm und ehe er's sich versah hatte sie ihm schon ein Röhrchen Blut abgenommen, ein quietschbuntes Dinopflaster auf die Einstichwunde draufgeklebt und Rioroute der gleichen Prozedur unterzogen. Nachdem beide also eines Röhrchens der roten Flüssigkeit beraubt worden waren – viel mehr würden die Wissenschaftler dieser Einrichtung nicht brauchen, um funktionstüchtige und hörige Klone zu züchten, aber das ist eine andere Geschichte - verabschiedete die Frau sich auch schon wieder mit einem knappen Nicken und der Information, die Jungs könnten sich die Untersuchungsergebnisse am Nachmittag im Labor 13/7 abholen. Mit mulmigem Gefühl, das eventuell durchaus angebracht war, betrachtet man das vorangegangene Geschehen dieses aberwitzigen Plots, machten sich unsere beiden Helden schließlich wieder auf den Weg, diesmal nur noch zivilisierte Bereiche des HQs aufzusuchen. Und vorzugsweise würde sich für Rio jetzt auch endlich was zu Beißen finden...
 

Misato lag ausgestreckt auf ihrem bequemen Sofa, räkelte sich genüsslich, im Bademantel und mit einem Handtuch um ihre noch nassen Haare, und erfreute sich an dem Gedanken, die letzte Stunde ihrer Freiheit mit einem - oder auch zwei - kühlen Bier ganz entspannt und ungestört vor der Glotze verbringen zu können. Sie hatte die paar Tage Urlaub wirklich mehr als nötig gehabt - vor allem nach diesem tollen Abenteuer im Fahrstuhl - und war, hingegen jedes sonstigen Empfindens ihrerseits, mal richtig gut gelaunt. Im Moment konnte sie wirklich Nichts und Niemand aus der Ruhe bringen und irgendwie freute sie sich sogar ein bisschen, wieder arbeiten zu gehen. Ja, man konnte sagen: Misato war nach vielen Jahren mal wieder so richtig glücklich. Aber man soll ja bekanntlich den Morgen nicht vor dem Abend - oder in diesem Falle Nachmittage - loben...

"Katsuragi-san, schön, dass sie wieder da sind" war Mayas in der Tat etwas gezwungene und nicht ganz so überzeugend erfreute Begrüßung, als Misato – mit einem fast schon anwidernd heiteren Grinsen, das einem dann doch zu denken gab – das Central Dogma betrat und ihre Kollegen sich nicht gewundert hätten, hätte sie dies mit einer Tüte Gummibärchen für alle in der einen und - zur Feier des Tages - einer Flasche Sekt in der anderen Hand getan. Sie brachte sich kurz auf den neuesten Stand der Dinge - wobei es nicht viel Neues zu berichten gab, da NERV sie sonst auch sicherlich nicht den vollen Urlaub hätte erleben lassen - und machte sich dann, nachdem ihr versichert worden war, sie würde vorerst nicht gebraucht, um überlebenswichtige Befehle zu geben, auf den Weg zu dem mittlerweile berühmt-berüchtigten Aufenthaltsraum, um sich ein bisschen als inoffizielle offizielle Betreuerin der NERV-Gäste zu etablieren.

Misato lief also unbeschwert und mit einem bei ihr seit Ankunft der "Außerirdischen" äußerst raren Lächeln im Gesicht die Gänge des HQ entlang und versprühte ihre Glückseligkeit, was jedem, der ihr dabei über den Weg lief, eine Gänsehaut bescherte, freute sich ihres Lebens und betrat frohen Mutes den Aufenthaltsraum - als ein kleines elfenbeinfarbenes Etwas mit Überschallgeschwindigkeit auf sie zuflog und sie, bevor sie auch nur den Hauch einer Chance hatte, sich zu bewegen und damit aus der direkten Schusslinie zu entkommen, mitten über der Nasenwurzel am Kopf traf. Wie vom Donner gerührt stand sie da, den Kopf aufgrund des unglaublich harten (!) Aufpralls leicht nach hinten gebeugt, die Augen schielend nach innen auf die Aufschlagstelle gerichtet, während der Raum augenblicklich totenstill wurde. Die beiden Missetäter fungierten bei dieser Gelegenheit jedoch als die unumgängliche Ausnahme in der Regel: Van und Hiead hatten sich mittlerweile auf jeweils einer Seite des Raumes hinter Möbeln und diversen unglücklichen Anwesenden verbarrikadiert und warfen mit ihren improvisierten Waffen und unglaublicher Präzision mindestens 2 Meter an ihren Zielen vorbei, wobei sie wahrscheinlich beweisen wollten, wer am besten danebenschießen konnte. Misato sah sich die umherfliegenden Shōgisteine und das allgemeine Schlachtfeld ein paar Minuten mit fast schon beängstigender Gelassenheit an, während sich ihre Lippen nach und nach zu einem leicht bis mittelschwer zu deutenden schrägen Lächeln verzogen, dem dann auch sofort hervortretende, pulsierende Adern an Hals und Stirn folgten und schließlich soviel erdrückende negative Energie begann, den Raum zu durchfluten, dass selbst die sich mitunter mit beinahe Lichtgeschwindigkeit bewegenden Spielfiguren, die damit eh ganz am Rande aller physikalischen Gesetze agierten, mitten in der Luft hängen blieben und die Kontrahenten verwirrt hinter ihren Deckungen hervorkrochen, um zu sehen, was passiert war, als ihnen so unvermutet die Munition ausging. Sobald ihr Blick auf die in der Luft festhängenden Steine und schließlich auf Misato fiel, die mit rauchendem Kopf im Eingangsbereich stand und plötzlich so gar nicht mehr ihre vorherige Glückseligkeit, dafür aber pures Gift versprühte, erfüllte sie ganz plötzlich ein uraltes Gefühl von Angst, das tief in ihren Erbanlagen verankert war und sie instinktiv erstarren ließ, während es ihre Körper auf Leerlauf stellte, damit die Panik sie nicht augenblicklich übermannen und zu dämlichen Reaktionen treiben konnte und sie jetzt nur noch wie wilde Tiere bei jeglichem Anzeichen von Gefahr aufspringen - was in der Tat den Umstand voraussetzte, dass sie saßen oder knieten, was sie aber nicht taten, da sie ja gerade hinter ihren Deckungen hervor[ge]krochen [waren] - und Schutz suchen würden.

Was sie den Bruchteil einer Sekunde später dann auch taten.

Der Auslöser für diese plötzliche Hektik im Raum, der vorher ja die reinste Wellness-Oase voller Ruhe, Harmonie und Gelassenheit gewesen war, war nur ein kurzes Zucken von Misatos kleinem Finger, doch augenblicklich kam Leben in Van und Hiead; letzterer sprang über den Tisch, an dem Erts - inzwischen in Gesellschaft Gareas' - noch immer ungerührt saß und sein Buch las und welcher bis jetzt seinen Schutzwall dargestellt hatte, und rannte hinüber zu Van, der ebenfalls angsterfüllt einen Fluchtweg gesucht und auch gefunden hatte, wobei ihm allerdings eine Tür den Weg versperrte und seine Nase dadurch unsanft Freundschaft mit eben dieser schloss. Hiead stieß den Piloten Escaflownes grob zur Seite und stürzte sich auf die Klinke, die bei solch brutaler Behandlung auch augenblicklich nachgab und den Jungs den Weg in die Küche freimachte. Beide flogen regelrecht in den Raum, blieben kurzzeitig mal im Türrahmen stecken, weil sie natürlich exakt gleichzeitig hindurchrammeln mussten, und schlugen die Tür schließlich hinter sich und laut zu.

Hiead und Van lehnten erschöpft vom heftigen Adrenalinrausch ihre Stirnen gegen das Holz - ihr Leben war in den wenigen Sekunden zuvor noch einmal vollständig vor ihren geistigen Augen vorbeigelaufen - und schnappten fieberhaft nach Luft, als sie ein eigenartiges, aber doch seltsam vertrautes, schmatzendes Geräusch hinter sich wahrnahmen. Augenblicklich drehten die beiden sich um und sahen sich mit einen anderen Jungen konfrontiert, der vor dem geöffneten Kühlschrank saß, mit Schokolade und einem Reisbällchen bewaffnet und einem riesigen Kochtopf neben sich, aus dem noch eine letzte verlassene Nudel hing und ihr Leben aushauchte.

"Rio!" riefen Van und Hiead überrascht und wie aus einem Munde, woraufhin der Angesprochene ihnen seinen Kopf zuwandte. Er machte sich nicht einmal die Mühe, ihre Anwesenheit in irgendeiner Art und Weise zu kommentieren, sondern wandte sich auch sogleich wieder dem Kühlfach zu seinen Füßen zu, dessen Inhalt augenscheinlich schon ziemlich arg dezimiert worden war und sich jetzt auf dem Boden und in Rios Magen tummelte. Ein Klopfen an der Küchentür weckte Hiead und Van aus ihrer gegenwärtigen Erstarrung.

"Rioroute, beweg deinen Arsch sofort da raus!" schallte es genervt und in gefährlich gereiztem Tonfall in den Raum, doch der Pilot Luhma Kleins tat auch diesmal so, als wäre er vollkommen allein auf der Welt - nur er und das Essen, versteht sich. Ein weiteres Klopfen und ein noch nachdrücklicherer Ruf folgten, und schließlich wurde die Tür aufgestoßen, die Klinke Hiead in den Rücken gerammt, und Gareas trat ein, sichtlich sauer, dass sein Freund und Kollege ihn so nachhaltig ignorierte. Der Ingrid-Pilot stapfte auf seinen Kollegen zu, packte ihn am Kragen seines Pilotenanzugs und schleifte ihn und einige leere Joghurtbecher, die sich an Rios Gesäß verhakten, aus dem Raum. Rio protestierte zwar lautstark, doch jetzt war es an Gar, dem anderen einfach keine Beachtung zu schenken. Auf ihrem Weg hinaus auf den Gang passierten die beiden die noch immer kochende Misato, deren ebenfalls noch immer rauchender Kopf nach und nach den ganzen Raum vernebelte und damit auch die Ketten verbarg, mit denen die Überlebenden des Shōgikampfes sie vorsichtshalber in der Wand verankert hatten - unter Einsatz des eigenen Lebens, um ein eventuelles Massaker zu verhindern, denn wer wusste schon so genau, zu was Misato eigentlich fähig war.

"Wo willst du denn hin?!" brüllte Rio, aufgebracht, dass er seinem persönlichen Paradies entrissen worden war.

"Zum Labor natürlich, du Idiot, schon vergessen? Unsere Bluttests?"

Ein Klatschen, das sich anhörte, als schlüge Haut auf Haut, verriet Gareas, dass es Rio, den er noch immer hinter sich herzog, beziehungsweise unsanft über den Boden schleifte, soeben eingefallen war. Doch dann entriss er sich dem Griff Gares' und blieb mit vor der Brust verschränkten Armen dickköpfig sitzen.

"Und weißt DU denn auch, wo genau dieses Labor zu finden ist?" Gar stockte und erstarrte mitten in der Bewegung. Ein triumphierendes Grinsen breitete sich daraufhin prompt auf Rios Gesicht aus.

"Die brauchen hier wirklich Wegweiser" murmelte der Pilot Eeva Leenas schließlich resignierend in seinen nicht wirklich vorhandenen Bart. "So oft, wie sich hier schon wer verlaufen hat..." In seiner Feststellung beachtete der Pilot natürlich nicht den Fakt, dass NERV-Mitarbeiter entweder ein sensationelles Gedächtnis hatten - und damit den ganzen Lageplan auswendig konnten - oder man ihnen diesen, wie bei AeonFlux, einfach unter die Haut gespritzt hatte und sie ihn, sobald sie auf ihre Unterarme klopften, dort erkennen konnten.

Rio erhob sich umständlich und klopfte sich den Staub und Dreck, den er bis hierhin aufgewischt hatte, von den Klamotten.

"Wir könnten natürlich kopflos drauflos laufen und auf gut Glück suchen..." Gareas zog skeptisch eine Augenbraue hoch.

"Du weißt doch aber schon, in was für einem Desaster das wieder enden würde."

"Wohl wahr..."

In diesem Moment spürte Gareas ein Tippen auf seiner rechten Schulter. "Braucht ihr Hilfe?"

Gar erstarrte. Auch Rio - ihm gegenüber - bewegte sich nicht mehr und stierte mit geweiteten Augen über die Schulter seines Kollegen hinweg auf den blonden Schopf, der gerade noch über den aufgestellten Kragen des Piloten ragte.

Klang einer Stimme -> neutrale Reaktion.

Klang "dieser" Stimme -> Angst.

Klang "dieser" Stimme + Erblicken der blonden Haare -> panische Angst.

Und um aus dem - zugegeben sehr schlechten - Beispiel des klassischen Konditionierens ein - noch immer nicht besseres - Beispiel des operanten Konditionierens zu machen nehmen wir noch als Konsequenz ein manisches Grinsen seitens des Blonden, der nun hinter Gareas hervortrat, hinzu. Was folgte war eine positive Rückkopplung - und nicht nur die beiden Piloten, sondern auch alle, die einigermaßen Ahnung von Psychologie haben, fielen nun vor Schreck beziehungsweise Grauen in Ohnmacht und wachten auch für die nächsten paar Jahrhunderte nicht mehr auf. Und wenn sie in der Zwischenzeit nicht gestorben sind schlafen sie vielleicht auch noch heute.

"Gabriel!" rief Rio aus - wobei ein entsetzter Unterton in seiner Stimme mitschwang - und lief auch gleich ein paar Schritte rückwärts als fürchtete er, der Blondschopf könnte jeden Augenblick vorspringen und ihn mit einem Rasenmäher überfahren. Der grinste jedoch nur unschuldig und glotzte von einem zum anderen ehe er fragte: "Was ist nun, braucht ihr meine Hilfe oder nicht?"

NEIN! ging es Rio und Gar in dem Moment durch den Kopf, was sie aber aus Angst um ihre Gesundheit nicht laut aussprachen, sondern das sich stattdessen in (ver)zweifelnden Blicken, die sie sich zuwarfen, ausdrückte.

"Oder wisst ihr, wo das Labor 13/7 ist?" fügte Gabriel hinzu, nachdem er auch nach 3 scheinbar endlosen Minuten eisigen Schweigens noch keine Antwort bekommen hatte. Schließlich fügten die Piloten sich dann doch noch ihrem Schicksal, da sie weder glaubten, tatsächlich den Weg alleine zu finden, noch sonderlich Lust empfanden, sich den Zorn Gabriels aufzuhalsen und am Ende nie wieder die Möglichkeit zu haben, dieses vermaledeite Labor aufzusuchen.

Gabriel hüpfte zielstrebig und fröhlich glücklicherweise vor ihnen her, während die Piloten mit einigem Sicherheitsabstand und ungleich gesitteter hintendrein trotteten. Und einige Minuten, Kurven, endlose Gänge und Kreuzungen später war der Spuk auch schon wieder mehr oder weniger vorbei; kommt jetzt immer ganz auf die Betrachtungsweise an. Zumindest waren sie nun nicht mehr allein mit dem gefürchteten NERV-Angestellten - übrigens, wie sie später herausfinden sollten, nur ein Ersatz für einen der vielen jetzt in Form von Asche in kleinen Tütchen verpackten ehemaligen und der Ghoul-Invasion zum Opfer gefallenen Mitarbeiter; also lag die Schuld für Gareas' und Rios' Misere ganz allein bei diesen Monstern.
 

Das Labor 13/7 war mit so vielen Mannen und Frauen, gekleidet in weißen Kitteln, grünen, kaum für die Laborarbeit praktischen, aber immerhin säureresistenten Handschuhen und seltsamen, scheinbar zu großen kastenartigen Schutzbrillen, hinter denen sie eine richtige Sehhilfe auf den Nasen verbargen, bevölkert - die zu allem Überfluss auch noch ständig wie ein aufgeschreckter Ameisenschwarm raus und rein liefen -, dass man sich unwillkürlich fragen musste, wo die alle herkamen - oder hatte der Ghoul-Angriff am Ende doch nicht so viele Opfer gefordert wie angenommen? Vielleicht waren es auch alles nur Klone, die sich hier, in diesem Labor, selbst herstellten – das sie Klone ganz anderer Art erschufen konnten Rio und Gar ja nicht ahnen -, um eine Armee von Weißkittlern aufzubauen und die Weltherrschaft an sich zu reißen. Wie sie in so einem Chaos arbeiten konnten und ob der Raum vielleicht verzaubert war, um auch ein kleines schäbiges Labor von innen wie einen riesigen Palast aussehen zu lassen, blieb eine offene, vielleicht an einer anderen Stelle zu klärende Frage.

Irgendwie schafften es die drei Jungen, zwischen den Menschenmassen (!) hindurch zu einem erstaunlich kleinen Tisch vorzudringen, der umgekehrt proportional zu seiner Größe über und über mit allerhand kompliziertem Gerät und diversen augenscheinlich schweineteuren Mikroskopen übersäht war und an dem dann auch mehr Menschen arbeiteten, hockten und herumstanden, als man meinen konnte, dass es möglich und von Amnesty International als noch körperlich-gesundheitlich tragbar eingestuft worden wäre. Irgendwo im hinteren Drittel des Tisches fanden sie dann auch die Frau, die Rio und Gar das Blut so schändlich gestohlen hatte - sie wollten lieber gar nicht erst anfangen, zu spekulieren, welchen Beruf sie denn wohl genau ausführte, für den Moment bezeichneten sie sie jedoch als "Krankenschwester" -, vor einer Apparatur stehend, in der allerhand Röhrchen voll roter Flüssigkeit steckten und immer im Kreis und kopfüber wirbelnd ihre Runden drehten. Als die Brünette die Jungs erblickte griff sie sofort neben sich und nahm ein Klemmbrett in die Hand, auf dem sie etwas ablas und ein paar Mal nickte, bevor sie dann den Piloten und Gabriel entgegenkam.

"Hier" war ihre herzliche Begrüßung, als sie das oberste Blatt vom Klemmbrett löste und es Gareas, der ihr am nächsten stand, in die Hand drückte. "Das sind eure Ergebnisse" ergänzte sie überflüssigerweise, was bei den hin und wieder leicht begriffsstutzigen Jungs am Ende aber vielleicht sogar ganz angebracht war.

Gar und Rioroute, der dem anderen über die Schulter schaute, starrten verständnislos auf das Stück Papier.

"Und was sollen wir jetzt damit?" fragte Rio in seiner ihm eigenen nonchalanten Art.

"Durchlesen?" schlug die Frau vor und verkniff sich einen etwas böseren Kommentar, der hier aufgrund jugendschutzrechtlicher Bestimmungen nicht stehen darf. "Ich hab jetzt keine Zeit für euch."

Die Jungs schauten uninteressiert auf das Blatt voll lateinischer Wörter und komischer Zahlen und anderen Hieroglyphen, die wohl Buchstaben darstellen sollten, allerdings in einer solchen Sauklaue verfasst worden waren, dass es genauso gut kyrillische Schriftzeichen hätten sein können - sie konnten sie eh nicht lesen. Da sie sich das aber nicht anmerken lassen wollten blickten sie schließlich mit angestrengt gerunzelter Stirn tapfer auf das Blatt und nickten ab und zu mal, als wüssten sie, was sie da vor sich hätten, und wie es auch die Frau zuvor getan hatte, und schauten dann die Laborarbeiterin – selbige schon wieder voll und ganz mit ihren Bluttests beschäftigt - auffordernd an.

"Und jetzt?" fragte Rio ungeduldig nach, der schon wieder ein Drücken in der Magengegend verspürte und so schnell wie möglich zu seinem Paradies zurück wollte – Gar hatte einmal die Vermutung aufgestellt, er hätte statt eines Verdauungstraktes ein schwarzes Loch.

"Jetzt gehen Sie damit zur Kommandozentrale und geben es Dr. Akagi." antwortet die Frau ohne sich auch nur umzudrehen.

"Kann das nicht jemand von Ihren Leuten machen?" Gareas schlug seinem Freund den Ellenbogen zwischen die Rippen.

"Alles klar, machen wir sofort, vielen Dank" sagte er dann und zog Rio wieder am Ärmel hinter sich her, bevor der noch irgendetwas unpassendes aber durchaus Wahres zu seiner Verteidigung sagen konnte. "So können wir wenigstens noch in Erfahrung bringen, was da oben steht." erklärte Gar sein sonderbares Verhalten. "Wo ist eigentlich Gabriel hin?" fügte er dann nach einigem Suchen hinzu, ehe eben dieser wie aus dem Nichts und kurz vor der Tür vor ihnen auftauchte und den Jungs sein strahlendes Lächeln entgegenwarf.

"Hier, nimm das mal. Ich muss noch was erledigen, ihr findet den Weg doch jetzt sicherlich allein?" sprach er, und so schnell, wie er gekommen, war Gabriel auch schon wieder verschwunden und ließ einen verdutzten Gar und einen verdächtig aussehenden Erlenmeierkolben gefüllt mit einer dubiosen hellblauen Flüssigkeit in der einen und den sich noch immer heftigst wehrenden Rio in der anderen Hand zurück.

»Und ja nicht rühren!« hallte noch von irgendwo her zu ihm hin, ehe Gareas erst richtig realisierte, was eben passiert war. Er beäugte das chemische Zeug mit angebrachtem Misstrauen und schaute sich dann nach jemanden um, dem er es schnellstmöglich abtreten und der ihnen vielleicht sogar den Weg zur Kommandozentrale zeigen oder doch wenigstens erklären konnte, da er nämlich entgegen Gabriels Vermutung nicht glaubte, diesen alleine zu finden. Doch als er auf die Schnelle niemanden fand, dem er das Glas aufhalsen konnte, und er schon glaubte, jetzt auch noch dieses nicht unbedingt Vertrauen erweckende Ding mit sich rumschleppen zu müssen, hörte Gar, wie jemand seinen Namen rief und eine Sekunde später tauchte auch schon der braune Wuschelkopf Zeros vor seiner Nase auf. Ohne weiter darüber nachzudenken und aus reinem Selbstschutz heraus drückte er dem Jungen den Kolben in die Hand, sagte noch, schon im Gehen inbegriffen, beiläufig "Nicht rühren" und machte sich dann so schnell wie möglich mit dem inzwischen schmollenden Rio im Schlepptau aus dem Staub - man konnte ja schließlich nie wissen, was Zero als nächstes anstellte, vor allem dann, wenn er nach so langer Zeit des Verschollen-Seins mal wieder einfach so aus dem Nichts auftauchte.

Seine Schritte lenkten Gareas instinktiv nach rechts und dann immer der Nase nach und tiefer hinein in die wohl gehüteten Geheimnisse NERVs.
 

Hiead und Van hatten sich derweil zusammengerauft und gemeinsam beschlossen, Misato freizulassen - natürlich erst, als sie sich hundertprozentig sicher waren, dass sie nicht sofort explodierte, sobald sie die Ketten lösten -, das von ihnen verursachte Chaos möglichst unerkannt zu verlassen und dann wieder ihrer eigenen Wege, die nach dem bisher Erlebten vorzugsweise in entgegengesetzte Richtungen verliefen, zu gehen. So kam es also, dass sich der Pilotenanwärter einige Zeit später gerade auf dem Weg zu seiner Unterkunft befand - dort konnte er wenigstens nicht erneut in eine solch kindische Schlacht verwickelt werden -, wobei ihm sofort seine Fehleinschätzung der Situation bewusst wurde, als er das ihn penetrant-nervende Gesicht seines Erzfeindes erblickte. Zero jedoch schien nicht auf Streit aus zu sein - Hiead ignorierte die Tatsache gekonnt, dass im Grunde genommen immer er mit den Kleinkriegen anfing - und hüpfte stattdessen gelassen auf ihn zu, drückte ihm einen verdächtig harmlos erscheinenden Erlenmeierkolben mit einer seltsamen dunklen Flüssigkeit und einen Glasstab in die Hand und meinte noch "Rühr mal weiter für mich um", ehe er auch schon wieder um die nächste Ecke und damit aus Hieads Blickfeld verschwunden war. Hiead starrte mit gemischten Gefühlen auf das Glas, dessen Inhalt vom Rumgehoppse Zeros noch leicht hin- und herschwenkte und das in Bodennähe schon langsam zu einem abendhimmel-blau aufzuhellen begann. Er sollte weiterrühren, hatte Zero gesagt. Nun ja... Eigentlich ließ er sich ja nicht - um nicht zu sagen überhaupt nicht - gerne sagen, was er zu tun und zu lassen hatte, vor allem dann, wenn es von jemandem wie Zero Enna kam, aber wer wusste schon, was sonst passieren würde? Er konnte ja schließlich nicht wissen, dass er dank Zero eine tickende Zeitbombe in Händen hielt...

Hiead nahm also das Glasstäbchen zwischen Daumen und Zeigefinger, führte es ins Glas und rührte vorsichtig ein Mal und ein zweites Mal um. Was folgte war eine ohrenbetäubende Explosion und eine Wolke aufsteigenden Rauches, der, als er sich einigermaßen lichtete, einen bedröppelten, über und über dunkelblau gefärbten Hiead zurückließ, der nicht wusste, ob er weinen oder lachen sollte und in Gedanken schon fleißig den perfektesten und ungeheuerlichsten Racheplan schuf. Durch seinen etwas verschwommenen Blick sah er zwei Figuren auf ihn zu rennen, eine in blau, die andere in weiß-rot gekleidet, und beim näheren Hinsehen erkannte er Gareas und Rioroute in ihnen, die ihn teils belustigt, teils durchaus besorgt anstarrten und schließlich die rußgeschwärzten Überreste des Erlenmeierkolbens und den beinahe eingeschmolzenen Glasstab begutachteten.

"Du hast das Zeug doch hoffentlich nicht umgerührt, oder?" fragte Gar, zwischen Entsetzen, dem Drang, sich schreiend vor Lachen auf dem Boden zu rollen und absoluter Faszination hin und her gerissen, und konnte es sich nur schwer verkneifen, laut loszuprusten, jedoch befürchtete er, sich den Groll des Hiead Gner wohl für den Rest seines - fragwürdig hinlänglich seiner Dauer - Lebens aufzuhalsen, weshalb er sich dann doch so gut es eben ging zusammenriss. Rio hatte da, wie nicht anders zu erwarten, weitaus mehr Schwierigkeiten und zitterte schon mit vor den Mund gepresster Hand und Tränen in den Augen, und als Gar vollkommen ernst meinte, Hiead sehe mit seinen grau-weißen Haaren und seiner neuen Hautfarbe in der Tat wie ein Schlumpf aus, konnte er schließlich gar nicht mehr an sich halten, brach in schallendes Gelächter aus und musste sich an Gares Schulter festklammern, da schon die Beine unter seinem Körper wegknickten. Hiead hatte vor in ihm aufkochender Wut das Glas so fest zusammengedrückt, dass es jetzt in seiner Hand zersprang und er dann mit Schamesröte, die seine blaugefärbten Wangen sogar noch überdeckte, an den beiden Piloten vorbei zu den Unterkünften rannte, wo er dann den Rest des Tages damit verbrachte, zu versuchen, sich das chemische Zeug wieder von der Haut zu waschen.
 

Weit weg von all dem Chaos in der GeoFront, am Rande Neo Tokios, wo das Meer begann, lag ruhig auf dem Wasser eine Schiff riesigen Ausmaßes und von einer Form, wie man es hier selten, beziehungsweise gar nicht zu Gesicht bekam. Letzteres vor allem, da dieses Schiff in der Welt rund um NERV und SEELE und den Second Impact nun einmal nicht existierte, beziehungsweise eigentlich nicht existierte, denn momentan war es ja tatsächlich da.

Die Novice Noah lag nun schon einige Tage im Hafen der High-Tech-Stadt - und plötzlich waren die Engel ziemlich uninteressant für die Bewohner Neo Tokios geworden. Jeden Tag kamen ein paar mehr Schaulustige, die sich um die Plattform scharrten und darauf warteten, dass irgendetwas weltbewegenderes geschah als das penetrante Hin- und Hergeschaukel. Tatsächlich traute sich die Besatzung schon gar nicht mehr an Deck der Novice Noah, aus Angst, sofort von diversen Reportern und Kensuke überfallen zu werden, die alle Tag und Nacht auf einen Schnappschuss warteten. Kensuke war schon wohl bekannt bei der Besatzung, hatte er sich doch tatsächlich an Bord schleichen und seine Nase mal wieder in Angelegenheiten, die ihn nichts angingen, stecken können. Sie hatten ihre liebe Mühe und Not damit gehabt, den Jungen wieder an Deck und schließlich an Land zu zerren, nachdem er sich schon im Inneren des Nanga-Brains befunden und diesen auch fast dazu gebracht hatte, mit einem Senkrechtstart das Deck über ihnen zu durchbrechen.

Noch schwieriger wurde es aber im Laufe der Zeit, die Brains und den Grand bei Laune zu halten. Himes Geschwister, sowie Nanga, Lasse und die restlichen Antibodies hatten ihre liebe Not und taten ihr Bestes, ihre "Kinder" vor allem zu beruhigen, da der Lärm, der von draußen hereinströmte, für sie ungewohnt und beängstigend war. Sie hofften nur, dass die neugierigen Schaulustigen und Reporter nicht irgendwann auf die Idee kamen, einfach die Novice Noah zu stürmen und nicht länger auf ein Ereignis zu warten, das es später wert war, den Enkeln zu erzählen, aber vermutlich ohnehin nicht eintreten würde - was sollte hier schon passieren? Diese ständige Ablenkung wurde von Anoa McCormick mit einem Stirnrunzeln zur Kenntnis genommen und schweigend beobachtet, hatte die Besatzung doch weitaus Wichtigeres zu tun als eine sensationsgeile Meute davon abzubringen, ihr futuristisches Schiff in Schutt und Asche zu legen. Im Moment war die Crew an den Computern einer heißen Spur auf den Fersen, die sich ergeben hatte, als sie aushilfsweise ein paar ungefährliche Daten von NERV zum Zwischenlagern aufgenommen hatten, u.a. auch sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Bruchstücke des Verlaufes, den MAGI von den Tagen der Ankünfte von NERVs Gästen aufgezeichnet hatte - NERV-interne wie auch Informationen von Wetterstationen, Nachrichten, Astronomietürmen usw. Ein sehr gelangweilter Mitarbeiter hatte sich dieser Daten angenommen und sie auseinanderklamüsert und war dabei auf einige sehr interessante Berichte gestoßen. Doch bevor nun erste zaghafte Thesen und fragwürdige Theorien aufgestellt werden konnten hieß es erst einmal, weitere Daten abzuwarten - und die gaffende Meute draußen loszuwerden. Toll wäre dafür natürlich ein Platzregen, gemischt mit hühnereigroßen Hagelkörnern, aber man konnte eben nicht alles haben.

"Ende gut, alles gut?"

Eines schönen Tages im NERV Hauptquartier war das Hämmern und Pochen einiger fleißiger Arbeiter zu vernehmen, die an der Konsole eines Computers mit gleich drei riesigen Terminals stehend ihren unterbezahlten Jobs nachgingen und Schaltkreise und Kabel wieder miteinander verbanden und flickten, welche dank eines Kurzschlusses, verursacht durch einen mysteriösen Stromausfall vor einigen Tagen, zerstört und verschmort waren. Um diese Leute wuselten andere Techniker herum, die mit CDs bewaffnet die geretteten und wieder reparierten Daten MAGIs stetig dem monströsen Speicher des Super-Computers zufügten, um ihn vielleicht in ein paar hundert Jahren endlich wieder in Betrieb nehmen zu können und zur etwas geruhsameren und nicht ganz so manuellen eigentlichen Arbeit eines NERV-Crew-Mitglieds zurückzukehren. Aber bis dahin würden sie wohl noch einige Millionen Male zwischen einem der dutzenden Computer, die mit der Reparatur der Daten beschäftigt waren, und MAGI hin- und her rennen müssen und sich dabei innerlich verfluchen, nicht einen Vertrag über Kilometergeld statt Stundenlohn abgeschlossen zu haben.
 

Maya saß wie immer an ihrem direkt mit MAGI verbundenen Laptop und versuchte stirnrunzelnd, die auf den Computer übertragenen Datenfragmente zu etwas sinnvollerem als heillos durcheinander gemischten Einsen- und Nullen-Clustern zusammenzusetzen, wobei sie sich so gut es eben ging nach den Backup-Dateien, die allein die Festplatte des Laptops - und man konnte davon ausgehen, dass dieser in Sachen up-to-date auf dem neuesten Stand war - fast sprengten, richtete. Im Moment hatte sie ein paar Megabyte des restlichen Verlaufes - weitere Dateien, die sie der Novice Noah später zum durcharbeiten schicken wollte - am Wickel und stellte dabei fest, dass MAGI immer kurz bevor einer der Gäste NERVs diese Welt betreten hatten, einige Fehlfunktionen aufgewiesen hatte, die vom System einzeln aber nicht als schwerwiegend erkannt und gar nicht erst gemeldet worden waren. Zuerst hatte Maya gedacht, es sei nur ein Fehler in ihrer Zusammensetzung gewesen, doch je mehr dieser Fehlermeldungen sie schließlich auch im Backup fand, desto offensichtlicher wurde, dass diese Fehler anscheinend nicht ganz so harmlos gewesen waren, wie ursprünglich angenommen. Der jungen Technikerin war sofort klar, dass es ein Wink des Schicksals gewesen sein musste, dass MAGI in seine Einzelteile zerlegt worden war, da sie diese Ungereimtheit andererseits sicherlich nie entdeckt hätte. Ohne Umschweife baute sie eine Verbindung zur Novice Noah auf und bat ihre dortige Ansprechpartnerin - eine geplagte Technikerin wie sie -, sich das mal näher anzusehen, da sie selbst im Moment einfach zu überlastet war für jegliche weitere Inspektion. Kommandant Ikari und Katsuragi-san, sowie auch Dr. Akagi, die alle drei zurzeit schlauerweise mit Abwesenheit glänzten, würde sie später davon in Kenntnis setzen - ihre eigene Schuld, wenn sie ihre Pflichten als Vorgesetzte nicht wahrnahmen. Aber wer konnte es ihnen schon verübeln, wo sich die beiden Erstgenannten inmitten dieses Computer-fokussierten Problems sicherlich etwas nutzlos vorkamen - was Gendo Ikari natürlich niemals zugegeben hätte, schließlich war er derweil mit "vielen anderen wichtigen Dingen" beschäftigt, - und Dr. Ritsuko Akagi seit einiger Zeit im Inneren des Super-Computers verschwunden war, um dort irgendwelche anscheinend verschmorte Teile der überdimensional großen Festplatte in Ordnung zu bringen, damit all die Arbeit, die sich Maya und ihre Kollegen machten, nicht vollkommen umsonst waren.

Schon am nächsten Tag kam die Nachricht vom Bord der Novice Noah, dass alle Daten - alte wie neue -, die Maya geschickte hatte, sorgfältig ausgewertet und analysiert worden waren. Captain McCormick überbrachte persönlich die Botschaft, dass ihre Techniker anhand der Fehlerberichte MAGIs und der schon vorher erhaltenen Verläufe rekonstruieren konnten, unter welchen Umständen genau die jeweiligen Protagonisten aus ihren Dimensionen gerissen und in diese transportiert worden waren. McCormick sprach von einer Art Virus, der sich anscheinend im machtvollen System MAGIs festgesetzt und mit dessen fast unbeschränkten Möglichkeiten eine Art Störung im Raum-Zeit-Kontinuum verursachte, die schließlich zu den kurzzeitigen Verschmelzungen der Dimensionen führte. Und obwohl diese Erklärung total fiktiv und nicht einmal annähernd glaubwürdig, weil einfach doch selbst für die Verhältnisse dieser Story zu phantastisch, war, war nicht daran zu denken, dass Kommandant Ikari auch nur eine Sekunde an deren Wahrheitsgehalt zweifelte - denn, wieder einmal, war auf dem Papier ja schließlich alles möglich. Vielleicht sah er hierin auch einfach nur die Chance, die ungeliebten Gäste Schrägstrich Nervensägen NERVs endlich loszuwerden, da sie ihm sowieso schon Kopf und Kragen gegenüber SEELE und dazu eine ganze Stange Geld gekostet hatten. Er sandte sofort eine Handvoll seiner Mitarbeiter aus sämtliche, nicht in diese Welt gehörenden Anwesenden zusammenzusuchen und ihnen davon zu berichten, dass möglicherweise ein Weg gefunden worden war, wie sie wieder zurück in ihre Welten kamen, obwohl McCormick noch gar nichts dergleichen hatte verlauten lassen. Ikari unterlag allerdings auch nicht der Annahme, sie hätte sich bei ihm persönlich gemeldet, träfe dies doch zu, sondern nahm viel eher an, dass sie sich um eine Absprache bemühte, nach der sie einen Weg finden wollte, alle betroffenen Personen und die dazugehörigen Mechas irgendwie auf ihr Schiff zu bekommen.

Eine halbe Stunde später hatten alle gepackt - nicht, dass es viel zum Packen gegeben hätte - und waren bereit zum Gehen; für Sir Hellsing ging es allerdings noch immer zu langsam. Wieder einmal war die Kommandozentrale als Treffpunkt gewählt worden, und so war diese jetzt zum bersten überfüllt mit denen, die gingen, und denen, die Lebewohl sagen wollten, wobei eigentlich nur Gabriel wirklich traurig über den Abschied war, da er zwei bestimmte Piloten trotz der kurzen Zeit des Beisammenseins wirklich ins Herz geschlossen hatte. So war die ganze Zeremonie auch kurz und schmerzlos verlaufen - die einen froh, endlich wieder ungestört ihren nicht immer ganz klaren Machenschaffen nachgehen zu können, die anderen, endlich wieder einmal aus diesem Loch herauszukommen. Sir Hellsing und Alucard, die nun nicht mehr den Drang verspürten, weiterhin zu bleiben und still zu beobachten, machten sich dank des Letzteren Fähigkeit, auf Wunsch jedwegigen Ort aufzusuchen, nach dem ihm begehrte, sofort auf den Weg, wollten Dr. Akagi jedoch nicht versprechen, ab und zu mal auf einen Plausch vorbeizukommen, obwohl Ritsuko beteuerte, Alucards Sarg für diesen Fall unbedingt aufzubewahren. Integral ergriff nur widerwillig Alucards Arm, den er ihr ganz Gentlemen zuvorkommend hinreichte, und nickte noch einmal knapp, bevor sich die beiden einer Illusion gleich auflösten und zu guter Letzt vollkommen vom Antlitz dieser Dimension verschwanden.
 

Langsam aber sicher schien der Geräuschepegel der Schaulustigen, der vom Land hinüber zur Novice Noah schwappte, auf dessen Deck sich einige Gestalten postiert hatten und damit ein regelrechtes Chaos an Blitzgewitter und schreienden Leuten verursachten, die mit mit "Arche Noah"-bedruckten Fähnchen aus einem extra dafür geöffneten Fanstand ein paar Meter weiter wedelten, die trommelfellschadende Dezibelgrenze deutlich überschritten, weshalb die Crew ein Stoßgebet zum Himmel schickte, als die Alarmanlage der Stadt losging und einen Engel-Angriff meldete. Rein aus Gewohnheit ließen die Bewohner Neo Tokios sofort alles stehen und liegen und versuchten, sich an den Standort des nächstgelegenen Geo-Shelters zu erinnern, stoppten allerdings schon nach kurzer Zeit, da es schon irgendwie verdächtig war, dass ausgerechnet jetzt, nachdem lange kein Angriff mehr stattgefunden hatte und sich auf dem mysteriösen Schiff etwas tat, die Sirenen losgingen. Doch wie zum Beweis schoss in diesem Moment eine Plattform aus einem der beschrifteten Einstiegluken mit dem violetten Evangelion an seinem Ambilical Cable nur wenige Meter entfernt aus dem Boden und begann auch sofort in westlicher Richtung davonzumarschieren, als würde er sich seinem Feind entgegenstellen wollen, was die Menschen um ihn herum nun doch überzeugte, sich schleunigst in Sicherheit zu begeben - natürlich nicht, ohne zuvor noch ein paar hübsche Fotos sowohl von der Novice Noah als auch vom Evangelion geschossen zu haben.

In dem Moment, in dem auch der letzte Bunker geschlossen war und man damit ziemlich sicher sein konnte, dass die Straßen Neo Tokios, bis auf ein paar potentielle Selbstmörder vielleicht, komplett entvölkert waren schossen ein halbes Dutzend Kampfroboter über die gleiche Luke wie zuvor EVA-01 aus den Tiefen der Erde empor, im Falle der Ingrids Sherazade und die beiden Pro-Ings tragend, und steuerten das Deck der Novice Noah an. Major Katsuragi fuhr kurze Zeit später mit ihrem Wagen vor, die restlichen drei Gaianer im Schlepptau. Sie kamen gerade noch rechtzeitig, um Shinji in seinem EVA über die Plattform wieder ins HQ abtauchen und noch einmal kurz mit der riesigen Hand den Leuten auf dem Schiff winken zu sehen, ehe sich die Luke mit einer symbolischen Endgültigkeit über seinem Kopf schloss.
 

Einige Zeit und chaosreiche Organisationsversuche später befanden sich die "Außerirdischen" mit Nerven, die wie Drahtseile bis zum Zerreißen gespannt waren, um einen Bildschirm gescharrt an Bord des Schiffes und schauten sich eine Simulation dessen an, von dem die Techniker der Novice Noah glaubten, dass es die Anleitung für eine Dimensionsreise war und womit sie zurück nach Hause gelangen wollten. Die Ansprechpartnerin Mayas zeigte ihnen das digitale Tor zu vermeintlichen anderen Dimensionen und bestätigte auch ganz optimistisch, dieses öffnen zu können. Alles, was sie die letzten Tage über getan hatte, war, ein Programm zu schreiben, das sämtliche Umweltbedingungen, die zu den Zeitpunkten, an denen sich in dieser Welt Dimensionsrisse geöffnet hatten, vorgaukelte und selbiges mit Erlaubnis von oberster Ebene in MAGI einspeisen lassen. Der Computer war mittlerweile wieder so weit zum Laufen gebracht worden, dass er wie sonst auch die gesamte Stadt unter seiner Kontrolle hatte, um nicht zu sagen vielleicht sogar die ganze Welt, denn wer wusste schon, ob MAGI nicht eine eigene künstliche Intelligenz besaß und ganz von selbst die Löcher im Raum und das damit verbundene aufkommende Chaos im NERV HQ angerichtet hatte. Andere Verschwörungstheoretiker gaben auch einfach den Engeln die Schuld. Alles, was jetzt noch zu tun blieb, war, das Programm zu starten.

"Aber wer weiß, wo wir dann landen?" war ihr berechtigter Einspruch, als Gareas die Technikerin galant dazu aufforderte, dies doch auch zu tun, er wollte schließlich schnellstmöglich nach Hause und Rio hatte schon wieder Kohldampf, was er auch ungefähr alle 7 Sekunden lautstark verkündete, ob die anderen es nun hören wollten oder nicht. "Wir gehören doch nicht alle in die gleiche Welt."

"Vielleicht weiß es ja von selbst, wo wer hin muss?"

"Vielleicht?!"

"Einen Versuch ist's wert. Oder haben Sie eine bessere Idee?" Die junge Frau seufzte aus Mangel an schlagkräftigen Argumenten - also Integral wäre das nie passiert, die hätte stets mit ein paar schießwütigen aufwarten könnten… - ergeben und drückte schließlich mit einem letzten zweifelnden Blick auf die zustimmend nickende McCormick die Enter-Taste. Prompt wurden sie in einen aus dem Nichts direkt neben dem Schiff auftauchenden monströsen Strudel ähnlich denen aus der Cornflakes-Werbung gezogen, laut kreischend und mit eindeutigen Schwindelgefühlen wild durcheinander gewirbelt, und kamen nach einigen Sekunden auch schon wieder abrupt zum stehen, anscheinend auf hartem Untergrund, was die ohnehin leidgeprüften Darsteller jetzt auch noch unsanft auf den (Hosen-)Boden beförderte. Als sie sich schließlich entknotet und ihre blauen Flecken versorgt hatten und dann kollektiv an Deck traten fanden sie sich auch tatsächlich auf einer großen grünen Wiese gestrandet - was vielen von ihnen jedoch arg zu denken gab, zumal sie ja auch immer noch zusammen waren. Ein verdammt schlechtes Zeichen.

Vor ihnen stand ein riesiger Mecha, von weißer und blauer Farbe, und mit der Größe eines Brains, an einigen Stellen etwas breiter gebaut als ein Evangelion und nicht so elegant wie seine paralleldimensionären Kumpanen. Am auffallendsten waren wahrscheinlich die komischen Dinger an seinem Kopf, die aussahen wie Gänseflügel und dementsprechend aus Federn bestanden, was allgemein die Frage aufbrachte, ob man wohl gedachte, mit Hilfe dieser mickrigen Staubwedel den Mecha in die Lüfte zu bekommen. Von irgendwoher erklang eine Stimme, die einen ihnen fremden Namen rief und sie damit von dem Roboter ablenkte. Fußgetrappel wurde laut, ein Kreischen ertönte, von irgendwoher tappte aus unerfindlichen Gründen der violette EVA umher, Chaos brach aus; und abermals fanden sich unsere geplagten Protagonisten in einer ihnen fremden Welt mit neuen psychopathischen Einwohnern wieder...

...Und wo war eigentlich Zero...?
 

Bleibt also nur noch zu sagen: Waidmanns heil!
 

~Owari~
 

Nachträglich möchte ich noch RahXephon © Bones anführen; Gabriel und die obskure Krankenschwester ausdrücklich meinem Besitz unterstellen und all denjenigen danken, die bis hierhin gelesen haben. Ich weiß das wirklich zu schätzen.

Im Nachhinein betrachtet hat sich aus dem anfänglichen Mecha-Auflauf doch eine eher plotlose Fanfic entwickelt, ich schätze, da kann man einfach nichts gegen machen, wenn Sammy und ich gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Ansonsten habe ich versucht, zu retten, was denn eben noch zu retten war von dem Originaltext, auch wenn es immer noch alles sehr undurchdacht und -recherchiert wirkt... Auch dem Finale merkt man an, dass da nach einem Jahr Arbeit einfach die Luft raus war. Naja, letzten Endes ist es eben doch eine Story, die von den Kommentaren Sammys und meiner Wenigkeit lebte, weshalb sie jetzt, da ich die alle gelöscht habe, etwas fad ist. Um es mit Sams Worten zu auszudrücken: Life's a bitch.



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Kommentare zu dieser Fanfic (28)
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Von:  DarkDragon
2006-10-22T12:04:13+00:00 22.10.2006 14:04
Die Story war witzig, sodass ich mich einmal verschluckt habe vor lachen. Außerdem hatte sie eine witzige formelierung und ließ sich schnell lesen.
Von:  SignorUebelst
2006-10-17T18:00:52+00:00 17.10.2006 20:00
coole story war auf jeden fall lustig obwohl ich mit brain powerd und diesen gaianern, wenn es nicht die gleichen sind, hiessen nicht viel anfangen konnt, aber das kommt wohl ehr davon das ich die serien bzw manga dieser beinden nicht kenne. ^^
Von:  DarkDragon
2006-07-24T11:48:57+00:00 24.07.2006 13:48
Ich fand deine FF wirklich gut und witzig.
Ich bin über CFG auf deine FF gestoßen, kenne aber auch alle anderen Serien, wenn auch von Brain Powerd nur die ersten beiden Manga.
Von:  Nostradamus_MB
2004-12-23T15:03:38+00:00 23.12.2004 16:03
So, ich fange mal ganz ungewohnt an und bedanke mich erstmal für den netten Kommentar.
Dieses Kapitel hat mich doch mehrfacher Sicht überrascht. Zum einen gab es natürlich wieder einmal viel Humor, aber es gab auch viel Action.
Schreib einfach weiter, wie du siehst kommen ja schon ein paar Kommis zusammen ^^

nos / michel
Von: abgemeldet
2004-10-09T18:00:16+00:00 09.10.2004 20:00
Ich hab mal nee frage:
werden Engel wie Tabris auch auftauchen?
Von:  das-schrecken
2004-10-08T21:11:19+00:00 08.10.2004 23:11
Ich habe mir dieses Kapitel durchgelesen und die anderen nur so überflogen. Na ja war ein Fehler habe manche Personen nicht gekannt. Aber ich fand es trozdem geil.
Vorallen Dingen wegen Integra. Die tut mir richtig Leid, mussten Integras schlechte Laune ertragen. Das geilste war wie Zero meinte das sie eine Frau wäre *lach*
Gruß
Von:  Nostradamus_MB
2004-10-08T01:23:56+00:00 08.10.2004 03:23
dabei war doch silber in der komandozentrale! misatos kette ist doch aus silber und dazu noch ein kreuz.

so um mal zum eingentlichen kommentar zu kommen, das kapitel hier ist noch verwirrender als die vorigen, aber hat doch auch ein bissle mehr humor.

schreib einfach weiter

nos / michel
Von:  Waaghboss
2004-10-07T21:18:17+00:00 07.10.2004 23:18
gebe ich meinen senf auch dazu
Mir gefällt sie echt gut nur eins stört mich
nämlich Wo das vierte Kapitel bleibt?
Da es elf Kommis sind schuldest du uns jetzt elf Kapitel.
Von:  Maniak
2004-09-17T18:53:21+00:00 17.09.2004 20:53
Mein Kommi, wo bleibt das vierte Kapitel?
Von:  Beccy-chan
2004-08-18T21:16:23+00:00 18.08.2004 23:16
das war wieder so cool! *gg* auch wenn ich nicht so der VoE Fan bin ^^" aber mach schnell weiter!!
be blessed!
Beccy


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