Diplomatie im Auftrag seiner Majestät von fastcaranbethrem ================================================================================ Kapitel 21: Mordanschlag ------------------------ Stöhnend drehte sich Aramis auf die Seite und begrub die blonden Locken unter sich. Sie ächzte gequält auf, als ihre lädierte Seite die Matratze berührte und das Körpergewicht ihrer rechten Seite trug. Die schmerzfreiere Alternative hieß auf den Rücken zu liegen, aber so konnte sie nicht schlafen. Es sah nicht gut für sie aus. Vorsichtig verlagerte sie ihre Position und bewegte die Beine. Dabei strich sie über ihre Knie. Wieder ächzte sie. Die Haut am linken Knie war abgeschürft worden, als sie im Dunklen über den Karren stürzte und unliebsame Bekanntschaft mit dem Straßenpflaster schloss. Sie konnte froh sein nur Hautabschürfungen davon getragen zu haben. Nach dem Dreck auf Londons Straßen zu urteilen, kam der nähere Kontakt eine direkte Tetanusgarantie gleich. Es klopfte an der Tür. Eigentlich sollte ein Türklopfen nicht verstohlen klingen, aber dieses brachte es fertig. Sie ging leise auf. Langsam gelang es Aramis die verquollenen Augen zu öffnen. Das helle Sonnenlicht des vorangeschrittenen Tages brannte hell in ihren Lidern. "Monsieur Broussard will Sie sprechen." Bedächtig umrundete Sophie das Bett und kam vor ihrer Herrin zum Stehen. "Ach du Schreck." Sie schlug die Hände über den Kopf zusammen, als sie sah, wie übel Aramis zugerichtet war. Ihre Blessuren und Abschürfungen zeigten alle Schattierungen von Dunkelblau. "Was ist los?" Broussard schob das Mädchen grob beiseite und kam ebenfalls vor ihrem Bett zum Stehen. Gerade noch rechtzeitig, ihren protestierenden Körper ignorierend, drehte sich Aramis auf den Bauch und begrub Seidennachthemd samt Inhalt unter sich. Seine Reaktion entsprach ungefähr der ihren. "Raus aus meinem Schlafzimmer!", knurrte sie gereizt. Sophie eilte davon. "Ich hole Wasser", murmelte sie und stürzte nach draußen. "Habt Euch nicht so, Mädchenjunge!" Broussard wetzte die Messer. "Unter Männer sollte man sich ... oh Verzeihung, ich vergaß, mit wem ich sprach", höhnte er. "Ist das ein Frauennachthemd?" Es fiel ihr schwer mit ihm zu reden. Sie bekam es täglich mit Leuten zu tun, die Kommunikation für ein komplexes Spiel hielten. Bei ihm musste sie auf ein derart niedriges Niveau, dass sie sicher gehen musste, nicht über das Ziel hinauszuschießen. Dieser Mann wollte sich im verbalen Schlamm suhlen, bis es ihm die Poren verstopfte. Dabei konnte Broussard einfach nicht anders. Wenn er Aramis ansah, dann sah er zu seidiges Haar, zu glatte Haut und zu feine Gesichtszüge für einen Mann. Es hatte nichts damit zu tun, dass man über Broussard Aussehen, wollte man freundliche Worte benutzen, sagen konnte es waren alle Körperteile vorhanden. Wem es an Freundlichkeit mangelte, dem standen eine Vielzahl von Worten zur Verfügung. Aramis war einfach ein zu herber genetischer Schlag für die Männerwelt, das Synonym des Stierkämpfers mit wedelndem roten Tuch für den Stier. "Das ist ein ganz normales Nachthemd, Sie Pfeife", erwiderte Aramis und fügte, "Geschlechtslos", hinzu, weil es ihr wichtig erschien. Vorübergehend einen Augenblick der Vernunft annehmend, fragte er wo sie gewesen sei und eingelenkt durch die Tatsache, dass sie gewissermaßen zusammenarbeiten musste, antwortete Aramis wahrheitsgetreu. Ohne freilich bestimmte Personen oder Umstände zu erwähnen. Broussard öffnete den Mund. Borussard schloss den Mund. "Im Ernst", entfuhr es ihm, weiß vor Schreck. Irgend etwas trat nach Aramis Gehirn und versuchte ihre Aufmerksamkeit zu wecken. Kurz darauf hatte er seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle. Sie nickte. Sophie kam mit einer Wasserschüssel wieder. "Heydon ist von de Meye ..." Jedes weitere Wort ging von einem ebenso energisch, wie unsanften Lappen unter, der ihr Gesicht bearbeite. "Stillhalten!" Sophie reagierte automatisch. Viel zu spät begriff sie, was sie tat und doch war es zu spät. Sie bearbeitete Aramis, als wollte sie die Haut vom Knochen lösen. Am Ende der schmerzhaften Prozedur, leuchtete Aramis Haut krebsrot, ob vor Scham oder Schmerzen und brannte wie Feuer. Sophie knickste ebenso rot und verschwand. "Haben Sie den Mann getötet?", wollte Broussard wissen. Was denn, dachte Aramis, keine hämischen Bemerkungen, ob Sophie mir vergessen hat die Nase zu putzen oder etwas dergleichen? Was war mit ihm los? Das Etwas, dass ihre Aufmerksamkeit erringen wollte, sprang inzwischen auf und ab. "Fleischwunde", erwiderte sie. "Sie hätten vorher mit mir reden müssen! Jetzt sind sie gewarnt worden und ..." "Sie wissen gar nichts", unterbrach ihn Aramis. "Es war eine Wirtshausschlägerei. Nicht mehr und nicht weniger. So etwas passiert jeden Abend. Jemand pöbelt rum und der Rest haut ihm dafür eine rein. In dem Fall, war ich es", schloss sie mürrisch. "Woher wussten Sie, dass Mr. Heydon ..." Sein Adamsapfel hüpfte aufgeregt auf und ab. "Er hat es mir selbst gesagt." "Nein", unterbrach er sie ungeduldig. "Woher wussten Sie von Mr. Heydon." "Oh, ach das. Das war Zufall." "Und ..." Er hatte einen ziemlich großen Adamsapfel, der immer hektischer wurde. Vielleicht der Ausgleich dafür, dass die Natur für Broussard kein Kinn vorgesehen hatte. "Und was?" "Wie erfuhren Sie davon?" Broussard verfügte wirklich über kein Kinn. Sein Rattengesicht ging übergangslos in den Hals über. Warum fiel ihr das erst jetzt auf? "Berufsgeheimnis, Broussard." "Wissen Sie, dass Sie mit Ihrer Dummheit Ihre Tarnung auf's höchste gefährdet haben." "Was Sie nicht sagen?" Aramis Stimme triefte vor Sarkasmus. "Am Besten ist, wir vergessen die ganze Sache. Sie waren gar nicht dort. Hypothetisch haben Sie den Palast nie verlassen, es gab keine Prügelei und Sie haben Mr. Heydon nie gesehen. Ein imaginäres Treffen fand statt." "Wenn Sie meinen", lenkte Aramis ein und schwieg eine Minute kummervoll. "Jetzt entschuldigen Sie mich. Ich bin von höllischen imaginären Kopfschmerzen geplagt!" Broussard nickte und stürzte aus ihrem Schlafzimmer. Dabei stieß er Sophie beiseite. "Aus dem Weg, du blöde Kuh!" Er rammte die Türfüllung und stolperte über seine eigenen Füße. Krachend fiel die Tür ins Schloss. "Mit dem stimmt doch irgend etwas nicht. Broussard ist ..." Das Mädchen nickte wissend, "ein ekliges, schleimiges ..." "... in der Kindheit zu oft auf den Kopf gefallen, nehme ich an!" Sie nickte. "... ein widerlicher, am Boden kriechender ..." "Was macht er eigentlich hier?" "... Sohn einer räudigen Hündin ..." "Und ich erzählt ihm noch alles. Dafür könnte ich mich in den Hintern beißen!" "Das könnte interessant aussehen. Worüber reden wir eigentlich?" Beide sahen sich fragend an. "Über Broussard!", sagte Aramis und stieg, von plötzlichem Elan durchströmt, aus den warmen Federn. Ihr Elan versiegte je, als sie vor dem Spiegel zum Stehen kam. Mit hängendem Schultern blickte sie in ihr entstelltes Antlitz. Das Mädchen klopfte ihr tröstend auf die Schulter. "Das heilt wieder." Ihr lädiertes Äußeres interessierte Aramis nicht. Die Jahre als Mann hatten ihr eins klargemacht. Der Körper diente lediglich als Kulisse für die Seele. "Ach verdammt ..." Aramis fuhr sich über die Kratzer in ihrem Gesicht. So lange nicht blau geschwollene Augen in die derzeitige Mode gerieten, war sie erneut zum Nichtstun verdammt. Mit einem Gesicht wie das ihre, blieb 'Mann', bessergesagt Frau in ihren eigenen Wänden. Um die Mittagsstunde trug der Wind es durch Gänge von Whitehall. Vom Gewölbe bis zum Speicher füllte es die Ohren seiner Bewohner und nistete sich dort ein. Es war mit Bedacht und genauster Berechnung auf seine Reisen geschickt worden und erfüllte, kaum war es unterwegs, schon die öden Stunden, des von Dekadenz und Langeweile geplagten Adel. Wissbegierig saugten die gesellschaftliche Spitze des Landes an seiner Substenz und presste alles aus ihm heraus, bis ihre Neugier gestillt war. Ein neuer Skandal war zum Leben erwacht. Sogar auf dem Vorplatz standen hohe Würdenträger und redeten mit Händen und Füßen aufeinander ein. Sophie trat zur Tür und klopfte höflich an, um gleich darauf die Tür zu öffnen. "Ja?" Aramis lag im abgedunkeltem Zimmer auf dem Bett, alle Glieder träge ausgestreckt, dass Haar wirr über dem Kopfkissen verteilt. "Es tut mir Leid, Sie mitten in Ihrer Ruhepause zu stören, aber ..." "Schon gut. Und ...? "Es geht um de Meyé." Stille. Die schmale Hand hob sich und wurde zur Faust. "Ja!" "Er erzählt überall herum, dass Sie ein verkleideter Mann sind." "Das kann er nur von einer Person erfahren haben. Ich wusste, dass er falsch ist." "Broussard, Mademoiselle." "Broussard, Sophie. Die Kacke ist echt am Dampfen." "Gut ausgedrückt, Mademoiselle. Der Geruch dürfte niemanden gefallen. Ist de Meye jetzt gewarnt?" "Ja, ganz sicher. Sie werden jetzt vorsichtiger sein, aber die Katze lässt das mausen nicht." "Seht, wie sein Leib ein letztes Mal zuckt, bevor er erkaltet! Ich habe ihm sein Leben genommen. Ein gezielter Schuss und die Entscheidung fiel zwischen Leben und Tot. Das ist die Macht des Jägers, seine Faszination." "Gewiss, Eure Majestät", bestätigte Lord Corday und zügelte sein Pferd. Seine Gesichtszüge blieben unbeweglich, während Karls dunkle Augen funkelten und ein selbstzufriedener Ausdruck sich über die königlichen Züge legte. Corday reizte die Macht des Tötens überhaupt nicht. Er liebte es zu jagend, die kräftigen Muskeln und Sehnen des langgestreckten Pferdekörpers unter seinen Schenkeln zu spüren, im Rausch der Geschwindigkeit dahinzufliegen, den Wind zu fühlen und seinen Körper im schnellen Ritt zu verausgaben. Aber er genoss das Töten nicht. Sie sahen zu, wie die Knechte den toten Fuchs hochhoben und fortschafften. Dunkel färbte das Blut das hellrote Fell. Schnuffelnd umkreisten die Jagdhunde ihre Beute und folgten dem toten Leib. Ein schneller Pfiff rief die gut trainierten Tiere zurück. Erneut blies das Jagdhorn und die Jäger machten sich bereit das nächste Wild zu erlegen. "Majestät?" Charles schloss näher zum König auf. "Charles?" "Ich muss mit Euch reden, Majestät." "Aber sicher Charles, für Euch immer." Die Augen des Königs funkelten zufrieden. Man traf Karl I. kaum umgänglicher an, als auf der Jagt. "Es geht um Comtesse de Mystérieuse." "Comtesse de Mystérieus?" Verwundert forstete der König in seinem Gedächtnis nach, aber Frauen blieben ihm gemeinhin nur kurz in Erinnerung. Leider musste zu dieser Erkenntnis auch seine Gemahlin die Königin gelangen. "Ah, diese Comtesse. Die Französin, ohne Vergangenheit und richtigem Namen." Karl hatte gefunden, was er gesucht hatte. "Mir kamen da ein paar unschöne Gerüchte zu Ohren. Geht es darum, Charles? Ihr interessiert Euch für sie." "Das ist richtig, Eure Majestät", schrie Corday gegen den Wind an, während ihre Reittiere dahinfolgen. "Ist sie nun ein Mann?" fragte der König. "Sie behauptet jedenfalls einen Frau zu sein", erwiderte Corday Der König nickte zögernd. Die allgemeine Aufregung verstörte ihn ein wenig. "Nun", sagte er schließlich, "ich schätze, sie muss es am besten wissen. Was denkt Ihr." "Sie kann unmöglich ein Mann sein, Sire." Der König grinste breit und musterte seinen Freund. "Wahrscheinlich wisst Ihr das ebenfalls am besten." "Nein, Karl, ich kompromittiere sie nicht", erklärte Corday mit Nachdruck. Der König sah in überrascht an. "Nein, mein Freund? Ihr sprecht ja ganz neue Töne. Seit Ihr ernster an der Dame interessiert?" Corday wiegte unbestimmt den Kopf. "Schade, mein Freund, dann hat sich meine nächste Frage erübrigt. Entsagt Ihr in Zukunft dann den leichtlebigen Damen in Eurem Bett und enthaltet uns Eure wertgeschätzte Meinung vor? Ich kann den Gerüchten kein Ende setzen, aber ich werde kundtun, dass wir sie für eine Frau halten." Dankbar nickte Corday. "Ihr könnt nicht zur Comtesse!" Aramis hörte Sophie's aufgeregte Stimme aus dem Nebenzimmer und sah verwundert von ihrem Buch auf. Sie verzog das Gesicht, als sie Corday's Stimme vernahm und sandte ein Stoßgebet zum Himmel. Resigniert klappte sie die Lektüre zu. Der Tag war ungemein friedlich verlaufen. Bisher hatte nichts seinen Verlauf gestört, bis jetzt. Nicht das sie Corday nicht mochte oder unempfindlich auf seine Annäherungen reagierte, aber gebrauchen konnte sie ihn nicht. Zumal sie ihm noch immer jegliche Schuld zuschob, an ihren verpatzten Auftritten. Schließlich war sie als Musketier in geheimer Mission hier und stand an diesem Punkt in ihrem Leben neben jeglicher Romantik. Schon ging die Tür auf und Lord Corday stellte die aufgebrachte Sophie beiseite und betrat schwungvoll ihr Zimmer. Grinsend musterte er die blasser werdenden Spuren in Aramis Gesicht und verbeugte sich galant. "Wie geht es uns, nach unserem Abenteuer? Die letzten Tage sah ich Euch gar nicht", fügte er mit einem süffisantem Lächeln hinzu "Man sagte, Ihr wärt krank." Sie verzog keine Miene. "Ein Erkältung." Und hüstelte leicht. "Er hat mich einfach beiseite gestoßen, Comtesse", ereiferte sich Sophie und versuchte entrüstet auszusehen. Da sie von Natur aus kein sich ereifernder, verdrießlicher Mensch war, ging der Ausdruck in ihrem Gesicht reichlich daneben und erinnerte an einem Kampf mit Hämorriden oder einer Magenverstimmung. Sie suchte nur ein Grund zum Bleiben und machte sich an dem tadellos gemachten Bett zu schaffen. Redete nicht der ganze Hof über die Beiden? Es war wie ein Bühnenstück mit zwei Akteuren. Corday spreizte gerade sein buntes Gefieder, stolzierte über den Hof und warb mit lautem Gackern um sein Weibchen, während diese die Hinterfedern aufstellte und fauchte. In Gedanken setzte sich Sophie in die erste Reihe und holte das Popcorn hervor. "Habt Ihr genug von Abenteuern?" "Noch lange nicht." "Euch war bestimmt nicht bewusst, was Euer Glaubensbekenntnis, in einem Raum voller volltrunkener protestantischer Staubhitzen anrichten konnte?" Oh doch, konnte sie. Sie wusste wozu Männer fähig waren, wenn sie erst einmal in Stimmung gerieten. Darauf hatte sie es ja schließlich angelegt. Aramis seufzte. "Was wollte Ihr, Lord Corday?" "Mich nur nach Eurem Befinden erkundigen." "Warum? Ihr müsstet doch froh sein, mir nicht all zu oft zu begegnen", erwiderte sie bissig. "Ihr scheint Glück gehabt zu haben. Ich sehe nicht den kleinsten Kratzer. Ergreift die Flucht, solange es noch geht! Das nächste Mal könnte schlimmer enden" "Euer Gesicht schien ihnen zu reichen. Wir sind aber scharfzüngig heute? "Was Ihr nicht sagt", erwiderte Sophie innerlich grinsend und saugte am imaginären Strohhalm ihres Trinkbechers. "Ich möchte Euch nur meine Wertschätzung beweisen, Renée." "Spielt nicht mit mir, Sir. Ich schlage zurück." "Ja, dass habe ich gespürt," gab er sichtlich beleidigt zurück und schob die Unterlippe vor. Sie grinste. "Für den Rest des Abends konnte wahrscheinlich keine der Damen Eure Wertschätzung genießen. Sie schmerzte Eure wohl, Eure Wertschätzung? Ich will sie nicht" "Auch das tat weh und ist sehr unfair." "Ihr seid ein großer Junge." Sophie erwarb sich gerade Karten für die Spätvorstellung und lehnte sich zurück mit einer 500g Tafel Schokolade Vollmilchnuss. "Sie ist wirklich bissig heute, Lord Corday. Gebt Obacht!" Beide sahen sie an. Geschäftig senkte sie den Kopf und strich zum wiederholten Mal die faltenlose Decke glatt. "Im Ernst, Renée. Ihr wisst, was sich über Euch erzählt wird und Ihr könnt von Glück reden, dass Euch bei Eurem Ausflug keiner sah. Der König wird dafür sorgen, dass es bei einem Gerücht bleibt, dass schnell vergeht, aber um Gotteswillen, -nehmt endlich Vernunft an!" Mit einem kurzen Nicken verabschiedete sich Corday. Sophie geleitete ihn zur Tür. "Warum versucht Ihr es immer wieder. Sie weißt Euch doch immer wieder ab?", flüsterte sie. Er lächelte schelmisch. "Das ist ja der Reiz an der ganzen Sache. Auch wenn er ab und zu weh tut", räumte er ein und entsann sich deutlich an einen Knietritt im Mondenschein. "Aber seid Ihr es nicht irgendwann leid?" "Ich konnte noch nie Frauen wiederstehen, die im Mondschein über meinem Fensterbrett klettern und einen religiösen Aufstand in einem Gasthaus voll volltrunkener Männer anzetteln," gestand er großzügig und nahm Sophie's schmale Hand in seine. Jugendlicher Schalk blitze in seinen Augen. Das Herz der jungen Zofe brachte er zum höher Schlagen. "Eigentlich mag sie mich. Vielleicht weiß sie es selbst nicht, aber es ist so. Vertrau mir!" Er hauchte einen federleichten Kuss auf ihren Handrücken. "Pass mir gut auf sie auf, bevor sie noch mehr Unsinn treibt. Ich kann nicht überall sein." Lord Corday ist kein schlechter Mensch. Er mochte der Lasterhaftigkeit des Adels verfallen sein, aber unter dem anerzogenen Mantel aus Dekadenz und Hochmut schlug ein gutes Herz mit einem solides Charakter. Als Sophie zurückkehrt, kniete Aramis vor der Reisetruhe und holte in aller Ruhe ihre Degen hervorholte. Beunruhigt sah Sophie wie sie bedächtig die silberne Klinge zu polieren begann, einen beunruhigenden Glanz in ihren Augen. "Keine Gerüchte mehr. Ist das gut?", fragte sie, mit belegter Stimme. Aramis sah auf. "Nicht unbedingt. De Meye wird sich nun etwas anderes einfallen lassen müssen", erklärte sie, mit gefährlicher Ruhe und strich über die Schneide, als sei es ein Sakrament oder eine uralte Zeremonie. "Nun sind wir wirklich in Gefahr, Sophie." "Du machst mir Angst", flüsterte das Mädchen. Der Tag verging und die Nächsten folgten, ohne das etwas geschah. Die Sonne nahm ihren Lauf, die Menschen gingen ihren Betätigungen nach und die Welt vollzog sich dem Wandel der Zeit. Der Musketier in ihr hatte die Oberhand gewonnen. >Das Militär macht richtige Männer aus dir<, damit warb man junge Rekruten. Der jahrelange Dienst in der Garde des Königs hatte sie verändert. Jetzt reagierte der Mann in ihr. Aramis stand äußerlich ganz ruhig vor dem Spiegel und bürstete die blonden Locken. Doch innerlich war sie zum Sprung bereit, wie ein Gepard auf Beutefang. Gemeinhin hatte sie etwa dagegen, wenn man sie aus dem Weg räumen wollte. Die blauen Flecke und blutigen Kratzer waren größtenteils verblasst. Der Rest lag unter Puder und Rouge verborgen. Sie betrachtete ihr nunmehr makelloses Gesicht im Spiegel. Durch die konvexe Form zeigte er mehr vom Zimmer, als normale Spiegel. Im Spiegel bewegte sich etwas. Aramis neigte den Kopf zur Seite und duckte sich. Glas splitterte, als die Kugel die Spiegelfläche traf. Der Knall des Schusses hallte in ihren Ohren wieder. Jenseits der zerbrochenen Fensterscheibe entfernten sich ein Schatten. Sie richtete sich auf, hob den größten Splitter auf und stellte ihn an die Wand. Sophie erschien angsterfüllt am Türrahmen. Sie rührte sich nicht von der Stelle. Sie hatte zuviel Angst, um zu blieben wo sie sich befand - und sie war viel zu entsetzt, um sich zu bewegen. Aramis kämmte vorsichtig einzelne Glassplitter aus Kleidung und Haar. Sie legte in aller Ruhe den Kamm beiseite. "Soll .. soll ich jemand von der Palastwache holen", stotterte Sophie leichenblass. "Ja und richte bitte Madam Victoria aus, dass ich zu ihrem Souper nicht kommen kann, da ich einen Ohnmachtsanfall erlitten habe und mich niederlegen musste. Wenn nicht das, hätte mich sicher Madam Victoria's Souper niedergerafft ... nur ein Scherz", fügte sie rasch hinzu, als Sophie den Tränen nah war. Diese knickste und verschwand. Broussard musste aus dem Weg geräumt werden. Es wurde Zeit, dass es diesem Mistkerl an den Kragen ging. Wenn doch nur endlich eine Antwort aus Frankreich kommen würde. Jede Woche schicke sie einen Brief auf Reisen, aber kein einziger fand zurück zu ihr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)