New Sherlock von abgemeldet (Die Detektivin, die ich liebte) ================================================================================ Kapitel 6: Sterbender Schwan ---------------------------- Ich saß gerade in meinem Zimmer um ein paar Akten aus dem Krankenhaus zu durchsuchen, als plötzlich jemand an der Tür klopfte und diese auch öffnete. Sherly stand nun im Türrahmen und sah auf mich herab, ich, der an einem Schreibtisch saß, den ich kurz zuvor in mein kleines Zimmer zwischen Bett und Schrank geklemmt hatte. "Oh Watson, ich habe dir doch gesagt, dass du auch gerne meinen Schreibtisch benutzen kannst! Du solltest nicht dein kleines Zimmer in eine zugepferchte Kammer verwandeln." Ich schaute sie beschämt an, da mein Reich wirklich mit Möbeln zugestellt war. Der einst luftige, gemütliche Raum hatte sich durch meine innenarchitektischen Fähigkeiten nicht zum Guten verändert. Neben Kleiderschrank und Bett standen da noch ein winziger Chintz-Sessel, einer stummer Diener und der besagte Schreibtisch. Diesen hatte ich vorige Woche in einem schwedischen Möbelhaus gekauft, da ich mir eingebildet hatte, mehr Arbeit zu Hause zu erledigen. "Nun gut, Sherly" antwortete ich ihr, "ich werde den Schreibtisch wieder verbannen. Aber weshalb bist du hier? Ich dachte, du würdest einen Klienten besuchen." Die Detektivin wischte eine dunkle Strähne aus ihrem Gesicht und sagte "Eigentlich bin ich gekommen, um zu fragen, ob du mich ins Opernhaus begleitest." Ich wurde rot, als ich das hörte. Sherly wollte mit mir ausgehen? Wir kannten uns jetzt seit etwa vier Monaten und noch nie waren wir außergeschäftlich aus gewesen. Ich wollte ihr schon mein Zusagen versprechen, als sie fort fuhr. "Es gab einen Mord während einer Ballettaufführung. Ein Unbekannter hat die Hauptdarstellerin nach Fallen des Vorhangs mit einer Pistole erschossen. Inspektor Lupin hat mir am Telefon noch nicht mehr verraten, also ist es wichtig, dass wir bald aufbrechen." Ich hatte große Schwierigkeiten, meine Enttäuschung zu verbergen. "Oh...in Ordnung, also ich meine, ich werde dich gerne begleiten." Stotterte ich, worauf Sherly lächelte und das Zimmer verließ. Betrübt legte ich die Akten auf einen Stapel und ging ihr nach. Nach kurzer Fahrt im Taxi hatten wir das kleine Opernhaus im Zentrum Londons erreicht. Die zahlreichen Polizeiwägen vor dem alten Gebäude zeigten uns, dass die Ermittlungen in vollem Gange waren. Der Inspektor trat uns mit einer Miene entgegen, die auf Schreckliches schließen lies. "Miss Warren, Dr. Watson, ich freue mich, Sie wieder zu sehen, auch wenn unter betrüblichen Umständen. Ich danke Ihnen, dass Sie meiner Bitte, herzukommen, so schnell gefolgt sind." "Nicht der Rede wert, Inspektor", antwortete Sherly und fragte kurz darauf "Wo befindet sich das Opfer?" "Noch auf der Bühne. Ich hielt die Spurensicherung bis jetzt zurück, damit sie alles untersuchen können. Doch ich habe kaum erfreuliche Nachrichten. Weder die Identität des Täters ist bekannt, noch hat er Spuren hinterlassen. Es ist fast so, als habe niemand ihn bemerkt." Lupin führte uns zur Bühne, wo sich uns ein unglaublich grauenvoller Anblick bot. Eine Frau, noch mit ihrem Kostüm bekleidet lag am Boden in einer riesigen Blutlache. Der ganze Boden war bespritzt und das Gesicht der Tänzerin hatte einen verzweifelten Blick behalten. Ich brauchte einige Zeit, um mich zu beruhigen und den Mut aufzubringen, das Opfer vorsichtig zu untersuchen. "Um Himmels Willen, ein direkter Kopfschuss! Wie konnte der Täter nur so genau zielen?" Auch Sherly beugte sich über die Leiche und betrachtete die Schläfe, die ein deutliches Einschussloch zeigte. Nach einer Weile fragte sie den Inspektor "Wann wurde das Opfer ermordet?" "Um 20:03 Uhr. Das wissen wir so genau, da das Stück um 20:00 Uhr endete und nur noch der Vorhang ein paar mal gehoben wurde, damit die Tänzer sich verbeugen konnten." "Das Stück musste demnach schon um 18:00 Uhr begonnen haben, also eine Frühvorstellung. Wieviele Zeugen gibt es?" "Wir haben genau 47 Zeugen vernommen, alle Aussagen passen zusammen." Antworte Lupin und gab Sherly noch genauere Informationen. "Das Opfer hieß Theresa Donaldson, war 21 Jahre jung und seit drei Jahren in diesem Haus als Tänzerin angestellt. Niemand habe bemerkt, dass sie mit jemandem nicht ausgekommen wäre, geschweige denn Feinde hätte. Also haben wir bis jetzt noch keinen Verdacht, wer der Mörder gewesen sein könnte." "Eine Frage noch, Inspektor, " fragte Sherly höflich, ohne den Blick von der Ermordeten zu wenden "Welches Stück wurde ausgeführt?" "Oh natürlich, ich vergaß Ihnen das zu sagen, Schwanensee war das Stück." "Und das Opfer spielte, wie ich annehme, die Rolle des Schwans?" "Ganz richtig", gab der Inspektor zurück und verabschiedete sich für kurze Zeit. Er habe eine dringliche Angelegenheit zu erledigen, die sich nicht verschieben ließe. So waren Sherly und ich allein auf der Bühne, abgesehen von ein paar Polizisten, die ab und zu wichtige Informationen für die weiteren Ermittlungen suchten. "Ein netter Mensch, dieser Walter Lupin, aber ein entsetzlicher Inspektor. Wie hat er es nur geschafft, in so jungen Jahren befördert zu werden?" sagte meine Mitbewohnerin leise, um die drückende Stille zu durchbrechen. Dann aber gab sie sich wieder ganz dem Schweigen hin, das zeigte, dass sie in einer Phase höchster Konzentration war. Aber nach etwa einer halben Stunde des vergebenen Spurensuchens verließ auch Sherly die Hoffnung. "Mein Freund, ich glaube, wir können uns nun nach Hause begeben. Ich werde mir nur noch schnell eine Liste der Gäste und der Balletttänzer geben lassen und dann machen wir uns auf den Weg. Ruf doch bitte schon mal ein Cab!"(Ja, genau, das ist Englisch und heißt Taxi XD) Auch drei Tage später war kein Ende des Falls in Sicht. Während Sherly gereizt am Schreibtisch brütete, wandte ich mich den schönen Dingen des Lebens zu. Gerade kam ich von einer Partie Schach, die ich im Gentleman's Club mit einem Bekannten gespielt hatte, als meine Mitbewohnerin wütend auf mich zukam. "Unglaublich", fauchte sie, "Du vergnügst dich mit einem Glas Sherry in der Hand in deinem Club und ich arbeite mich hier zu Tode. Nicht einmal diese idiotischen Leute aus dem Opernhaus sind fähig, mir die Informationen zu liefern, die ich brauche!" Sherly schimpfte immer weiter, während ich sie erstaunt anschaute. "Woher weißt du, dass ich Sherry getrunken habe?" fragte ich sie geschockt. Diese Frau wusste einfach alles. "Es ist zwar nicht wichtig, das zu erwähnen, aber wenn du es wünscht! Deine Finger haben es mir gezeigt. Sie zeigen immer noch die Maserung, die nur auf den Sherrygläsern der Gentleman's Club zu sehen sind. Meiner Meinung nach ist diese Gesellschaft sowieso absolut sinnlos, aber du scheinst deinen Spaß gehabt zu haben." Endlich hatte sich Sherly ein wenig beruhigt, während ich mich weiter über die Allwissenheit meiner Mitbewohnerin wunderte. Woher wusste sie nur soviel über meinen Club, wo ihn doch Frauen bekanntermaßen noch nie betreten hatten? Aber da ich wusste, dass Sherly mir solche Geheimnisse nicht offenbaren würde, fragte ich sie lieber über den aktuellen Fall aus. "Hast du immer noch keinen Verdächtigen im Visier?" "Keinen einzigen! Die Polizei tappt noch im absolut Dunklen und auch ich kann keine Spuren entdecken, die mich zum Täter führen würden! Dabei denke ich seit Tagen an nichts anderes mehr! Ach Watson, noch nie habe ich so lange gebraucht, um einen Fall zu lösen! Ich komme einfach nicht weiter!" jammerte die Meisterdetektivin, während sie sich ermüdet auf der Couch niederließ. Sie schloss die Augen, um sich ein wenig zu entspannen, als plötzlich das Telefon klingelte. Ich hob den Hörer ab und hörte die markante Stimme von Inspektor Lupin, der dringlich nach Sherly fragte. Diese sprang sofort auf und riss mir das Telefon aus der Hand. Belustigt legte ich endlich meinen Mantel ab und beobachtete meine Mitbewohnerin, die kurz darauf das Gespräch schon beendet hatte. "Watson!" rief sie "Schnell, wir müssen wieder ins Opernhaus. Ein Mann hat dort ein Geständnis abgelegt!" Verwundert griff ich nach meinem Mantel, den ich Sekunden zuvor an einen Haken gehängt hatte und folgte Sherly nach draußen. Im Opernhaus selbst hatte sich wieder eine Horde von Polizisten angesammelt und wir hatten Mühe, uns bis zum Hauptgeschehen vorzukämpfen. Dort fanden wir einen aufgewühlten Inspektor Lupin, der Sherly kurz das Geschehen erläuterte. "Heute um 20:07 Uhr hat sich Michael Buckley vom Opernhaus aus bei der Polizei gemeldet und gesagt, dass er die Tat begangen haben sollte. Er arbeitet seit sieben Jahren hier als Elektroniker und machte immer einen anständigen Eindruck. Mr. Buckley sitzt bewacht im Büro des Inhabers des Hauses. Dort können Sie in erneut verhören, auch wenn er wohl schon alles gesagt hat." Lupin führte uns still in das Büro, vor dem zwei Polizisten standen um Wache zu halten. Auch ich wollte hier draußen warten, doch Sherly zog auch mich in den Raum. Mr. Buckley saß ruhig vor dem Schreibtisch des Inhabers und gab auch nach unserer Begrüßung keinen Ton von sich. Meine Mitbewohnerin setze sich auf einen großen Drehstuhl, während ich mir weiter hinten einen Platz suchte, um nicht zu stören. Da ich Stift und Papier bereit hatte, konnte ich das Verhör wortgenau wiedergeben. "Also Mister Buckley, mein Name ist Sherly Warren und ich muss Ihnen bezüglich Ihres Geständnisses ein paar Fragen stellen." "A-aber die Polizei hat mich doch schon verhört, ist das denn wirklich nötig?" warf der Mann plötzlich ein. "Wie es scheint sind nicht alle Fragen geklärt, also ist es wohl unausweichlich, dass auch ich ein paar Antworten bekomme. Nun gut, ich nehme an, dass Sie das Opfer kannten?" "Ja, aber ich kannte Miss Donaldson nicht allzu gut. Wir sahen uns nur recht häufig bei der Arbeit. Ich kümmere mich um die Elektronik hier und deshalb sah ich sie manchmal beim Training auf der Bühne." "Wie lang war Miss Donaldson in diesem Opernhaus tätig?" "Nun, ich denke, so ungefähr zwei Jahre. Aber genau kann ich das nicht sagen." "Wie war das Verhältnis zwischen Ihnen beiden?" "Da ich sie nicht unbedingt gut kannte, war ich ihr eigentlich egal. Aber ich hatte von Anfang an eine Abneigung gegen sie." "Hatte das einen bestimmten Grund?" "Eigentlich nicht", der Verhörte schwieg einen Augenblick "Sie war mir einfach zu hochnäsig." "Und deshalb..." "Habe ich sie erschossen, ja." Es fuhr mir ein kalter Schauer über den Rücken, als er das sagte. Keine Reue war in seinem Ton zu hören, nicht einmal ein bisschen Mitgefühl. Sherly aber lies sich davon nicht stören. "Wie und weshalb haben sie Miss Donaldson erschossen?" "Es war genau, nachdem die Aufführung beendet war. Sie stand wie immer hinab lassend auf der Bühne, die anderen Tänzer waren gerade auf die andere Seite des hinteren Bühnenraumes verschwunden. Kurz bevor der Vorhang gehoben werden sollte, habe ich einfach abgedrückt. Die Waffe hatte ich schon seit Jahren, ich trug sie zum Schutz bei mir. Weshalb ich sie erschossen habe, weiß ich selbst nicht. Wahrscheinlich war es ihr Blick, der mir sagte, dass ich ein niederes Wesen wäre und unter ihr stehen würde. Die Verlockung, das nie wieder sehen zu müssen, war einfach zu groß." Sherly schaute Mister Buckley lange an. Der Mann mit dem schütten Haar konnte diesem Blick nicht standhalten und blickte beschämt zu Boden. Nach kurzer Zeit sagte die Detektivin schließlich "Vielen Dank, Mister Buckley, Sie haben mir sehr geholfen." Schnell verließ sie das Büro und auch ich stand auf und ging zur Tür. Nachdem ich diese geschlossen hatte, fragte ich leise "Und Sherly, was denkst du?" Meine Mitbewohnerin lies einige Sekunden verstreichen, bevor sie antwortete "Es kommt mir alles etwas seltsam vor. Die einzelnen Teile scheinen nicht richtig zusammenzupassen." Dann wandte sie sich an Lupin "Inspektor, am besten wird es sein, wenn sie den Verdächtigen in Untersuchungshaft nehmen, ich werde aber noch ein wenig nachforschen." Bevor wir das Opernhaus erneut verließen, zog Sherly einen gefalteten Zettel aus ihrer Jackentasche. Es war eine Liste mit Namen, die mir einigermaßen bekannt schienen. "Dreizehn Balletttänzer, die erst vor kurzem entlassen wurden oder eine andere Stelle annahmen. Vier davon haben kurze Zeit mit dem Opfer zusammengearbeitet, sie sind rot markiert. Hoffentlich finde ich auf diese Weise ein paar Hinweise." Wir gingen weiter den Gang entlang, während ich mir die Namen einprägte: Adriane Miller, Julia Simmons, George Craddock und Cilia Livingstone. Vor einiger Zeit hatte ich hier ein Ballett besucht und wohl ein paar dieser Namen auf dem Aushang gelesen. Berühmt waren diese Tänzer noch lange nicht, doch zeigten sie alle ein gewisses Talent, das ihnen zu Ruhm verhelfen könnte. Plötzlich unterbrach Sherly meinen Gedankengang und fragte "Kümmerst du dich George Craddock und Cilia Livingstone? Dann habe ich genügend Zeit, mich mit den anderen beiden zu unterhalten. Die Telefonnummern stehen daneben, wenn du sie brauchst." So schickte sie mich zu einer nahe gelegenen Telefonzelle, von wo aus ich die Tänzer befragen konnte. Aber leider hatte George Craddock keinen nahen Kontakt zum Opfer gehabt und Miss Livingstone das Land vor drei Wochen verlassen. Also kehrte ich ohne aufschlussreiche Informationen zum Opernhaus zurück. Dort fand ich Sherly, die noch immer mit dem Handy telefonierte. Sie beendete das Gespräch sehr schnell und schnappte sich schnell ihre Jacke. "Watson, besser hätte es nicht laufen können. Ich habe mich mit Adriane Miller unterhalten und erfahren, dass Julia Simmons wegen der Toten entlassen wurde! Die beiden hatten große Schwierigkeiten miteinander und da das Opfer mehr Talent aufwies als Miss Simmons, verlor diese ihre Stelle. Wir werden sie aufsuchen, bestimmt wird uns das viel über das Opfer sagen." Nach kurzer Zeit mit dem Taxi kamen wir in der Chatwin Street an. Als dort ankamen wurde uns aber von der Haushälterin berichtet, dass Miss Simmons schon vor einem Monat zu ihrem Freund gezogen war. Sherly bat die alte Frau um die neue Adresse und bekam diese auch nach längerem Verhör ausgewiesen. Wieder folgte eine Taxifahrt, diesmal in ein entferntes Wohngebiet im Westen Londons. Meine Mitbewohnerin zog den faltigen Zettel aus der Tasche und sagte "Das Haus da drüben muss es sein. Wir müssen es im dritten Stock probieren." Schnell war die Wohnung gefunden und der Name verriet uns, dass ein William Bramson hier lebte. Doch als uns auch nach längerem Klopfen niemand öffnete, wurde ich ungeduldig. "Sollen w..." fing ich an zu fragen, als Sherly mich mit einem Zischen unterbrach und einen Finger auf die Lippen legte. Sie horchte die Tür ab und sagte kurz darauf "Jemand befindet sich dort drinnen, am besten öffne ich das Schloss hiermit." Sie hielt mir einen kleinen Dietrich unter die Nase und ich wunderte mich über ihre unkonventionellen Methoden. Mit schlechtem Gewissen beobachtete ich, wie die Meisterdetektivin das Schloss bearbeitete und dann die Tür öffnete. Leise betraten wir die Wohnung und gingen in die Küche, von wo ein Schluchzen zu hören war. Dort befand sich eine junge Frau, die auf dem Boden saß und weinte und bei unserem Anblick zusammenschreckte. "Was wollen sie hier?" fragte sie verstört. "Verlassen Sie sofort unsere Wohnung!" "Keine Sorge, wir sind nur hier, um sie zu einem Todesfall zu befragen." Antwortete Sherly leise, wobei die Augen der Frau, von der ich wusste, dass sie Julia Simmons war, voller Angst weiteten. Schnell warf sie sich schützend vor eine Tür, die zum Schlafzimmer führte. "Nein, nein!" schrie sie "Lassen sie uns in Ruhe!" Von ihrem seltsamen Verhalten misstrauisch gemacht, hielt ich ihre Hände fest, damit Sherly die Tür öffnen konnte. Vom Schreien von Miss Simmons abgelenkt, bemerkte ich erst kurze Zeit später den süßlich Geruch von Verwesung und den entsetzten Gesichtsausdruck meiner Mitbewohnerin. Ein Mann, um die dreißig, hing aufgehängt an der Decke, und das wohl schon seit Tagen. Sherly berührte den Leichnam an der Hand und flüsterte "Schon erkaltet und längst steif. Watson, " rief sie mir zu "Bitte verständige die Polizei, ein Notarzt kann hier nichts mehr machen." Ich wartete keine Sekunde und rief schnell die Polizei, die keine zehn Minuten auf sich warten lies. In dieser Zeit versuchte Sherly, etwas aus Miss Simmons herauszubekommen. Diese hatte sich ein wenig beruhigt, weinte aber so erbärmlich, dass man fast kein Wort verstehen konnte. "Ich schwöre, ich habe ihn nicht umgebracht!" schluchzte sie "Letzte Woche kam ich wieder in unsere Wohnung, und da hing er. Er hat sich selbst getötet!" Sie brauchte einige Zeit, bis sie wieder richtig sprechen konnte und fuhr dann fort. "Dieses Schwein! Sehen Sie, was er mir zurückgelassen hat!" Miss Simmons reichte Sherly ein Stück Papier, auf dem gekritzelt stand "Ich habe es für Theresa Donaldson getan, die Frau, die ich liebte!" Wieder ergriff die weinende Frau das Wort "Diese Verdammte... Sie hat ihn nicht einmal geliebt! Und aus unerwiderter Liebe hat er sich erhängt! Dabei hatte er doch mich, wieso hat er das nur getan?" Mit einem Taschentuch wischte sie sich die nicht enden zu wollenden Tränen ab. Weshalb sie so viel erzählte, weiß ich bis heute nicht, vielleicht wollte sie einfach ihre Seele erleichtern. "Ich arbeitete als Ballerina im Opernhaus und tanzte im selben Stück wie Theresa. William war ihr Manager, doch als sie vor zwei Monaten die Verbindung zu ihm trennte, nahm er mich unter seine Fittiche. Ich habe ihn wirklich geliebt, auch wenn er immer nur noch Augen für sie hatte. Ich wusste es die ganze Zeit aber wollte es einfach nicht wahrhaben. Immer wieder traf er sich mit ihr und versuchte sie zu überzeugen, wieder zu ihm zurückzukehren. Aber Theresa hat ihn angeekelt zurückgestoßen und gesagt, er solle sie endlich in Ruhe lassen. Dieses Miststück! Kurz zuvor hatte sie meine Stelle im Ballett auf dem Gewissen und dann brachte sie auch noch meinen Freund zur Verzweiflung. Als ich eines Abends vom Einkaufen zurückkam, habe ich ihn hier gefunden, aufgehängt und schon tot! Ich brachte es einfach nicht übers Herz, die Polizei zu rufen und schmiedete einen Plan. Die Teuflin sollte büßen, was sie mir angetan hatte! Nach der Uraufführung von "Schwanensee" habe ich sie dann erschossen. All das Blut, das ihren Körper hinunterströmte, das werde ich nie vergessen. Wie glücklich mich das machte!" Zwischen ihren Schluchzen lies sie ein schauderhaftes Lachen aufkommen. "Nur dieser Idiot von Buckley hat mich gesehen. Aber ich konnte ihn für mich gewinnen, da er schon seit Jahren in mich verliebt ist. Er hat gesagt, dass er mich auf jeden Fall beschützen wird." Wieder lachte sie, doch nach der kurzen Pause, die sie eingelegt hatte, klang ihre Stimme belegt und rau "Mein Leben habe ich für William aufgegeben, dabei hat er mich nicht einmal geliebt! Wie dumm ich nur war." Während sie wieder mit den Tränen kämpfte, war die Polizei schon angekommen. Erst als ihr die Handschellen angelegt wurden und sie hinausgeführt wurde, blickte sie ein letztes Mal zurück. Zurück auf den Mann, der ihr Leben zerstört hatte. Eine Woche später kämpften wir immer noch mit dem Geschehenen. Sherly war inzwischen bei zwei Schachteln Zigaretten am Tag angekommen und überhörte meine Predigten von Lungenkrebs schon ganz. Dass bald der Prozess um Julia Simmons beginnen würde, hatte sie in eine schwermütige Stimmung gebracht, aus der sie nicht so schnell herauskommen würde. Doch gerade mit diesem Fall, an dem sie so lange zu kämpfen gehabt hatte, wurde sie eine der berühmtesten Detektive in ganz London. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)