New Sherlock von abgemeldet
(Die Detektivin, die ich liebte)
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Kapitel 1: Wie alles begann...
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Da stand ich nun. Oxford Street 189, direkt an der Kreuzung zur Baker Street.
Ein ungewöhnlich ruhiges Fleckchen Erde, denn es lag mitten in der belebtesten
Einkaufsstraße Londons.
Doch dies war nicht im Mindesten das Seltsamste an diesem Haus, die Bewohnerin
würde sich noch als tausendmal seltsamer herausstellen. Bevor ich mich an die
Haustür heranwagte, betrachtete ich noch einmal die Anzeige, die ich aus einer
Zeitung ausgeschnitten hatte.
ZIMMER ZU VERMIETEN Oxford Street 189b.
Mehr außer der Telefonnummer stand nicht darauf. Ich warf noch einen kurzen
Blick auf den Ford 17M P2, der vor der Garage stand, denn solche Oldtimer sah
man nicht oft in dieser Gegend. Nervös fuhr ich mir durchs Haar, dann klingelte
ich endlich. Kurz darauf hörte ich es schon hinter der Tür schon poltern.
Eine ungestüme, ältere Dame öffnete mir, unschwer zu erkennen war, dass sie
die Haushälterin sein musste.
>>Ah, Sie müssen der Herr sein, der auf die Annonce in der Zeitung geantwortet
hat. Treten Sie ein, sie wird gleich bei Ihnen sein.<<
Die Haushälterin Mrs. Wallace führte mich eine Treppe hinauf zu einer Tür,
hinter der die Wohnräume lagen.
Ich trat ein und sah ein großes Wohnzimmer, von dem aus mehrere Türen in
andere Räume führten. Die Einrichtung wirkte etwas altmodisch und erinnerte an
Biedermeier, nur der Laptop und das Handy, das auf dem Schreibtisch lag, lies
erahnen, dass man sich im 21. Jahrhundert befand.
Plötzlich stürmte ein schwarzer Labrador zu mir und bellte mich an. Aber nach
ein paar Streicheleinheiten stupste der Hund mich an und ich konnte den
Anhänger an seinem Halsband lesen.
>>Miss Marple<< stand darauf.
Ich konnte mir ein kurzes Lachen nicht verkneifen, denn nachdem was ich von
meiner zukünftigen Mitbewohnerin wusste (was zur damaligen Zeit nicht viel
war), musste sie eine große Detektivin sein.
Ein zimmerhohes Bücherregal nahm mein Interesse ein und so lies ich mich in
einen bequemen Sessel fallen, der vor dem Kamin stand, um ein paar Bücher
genauer in Anschein nehmen zu können.
Gerade betrachtete ich den Einband eines Lexikons über tropische Krankheiten,
als sich die Tür öffnete.
Eine gutaussehende Frau Ende zwanzig betrat den Raum, legte den Trenchcoat ab
und begrüßte kurz ihren Hund. Ihre kinnlangen, schwarzen Haare waren zerzaust
und doch wirkte sie mit dem Hosenanzug, den sie trug, sehr vornehm. Etwas
überrascht erhob ich mich aus dem Sessel und die Frau begrüßte mich mit einem
kräftigen Händedruck.
>>Sie sind bestimmt John Watson. Sherly Warren, sehr erfreut.<<
>>Die Freude ist ganz auf meiner Seite<<. Nach ein paar Förmlichkeiten gebot
sie mir mit einer Handbewegung, mich wieder zu setzen. Sie wiederum holte erst
ein silbernes Etui aus ihrer Handtasche und steckte sich eine Zigarette an,
bevor sie sich auf dem Sessel mir gegenüber niederließ. Sherly fixierte mich
mit ihren großen, grauen Augen und nach kurzer Zeit sprach sie
>>Nun Mr. Watson<<
>>Nennen Sie mich ruhig John<< unterbrach ich sie.
>>Tja, würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich Sie nur Watson nenne? Ich
spreche Männer nämlich generell nur mit ihren Nachnamen an, das bewahrt eine
gewisse Förmlichkeit.<<
Leicht verwundert stimmte ich zu ihr zu. Langsam wurde mir klar, dass ich es
hier nicht mit einer gewöhnlichen Frau zu tun hatte.
>>Nun Watson,<< fuhr sie fort
>>Sie schienen am Telefon sehr interessiert an diesem Zimmer zu sein. Gibt es
einen Grund für Ihr Interesse?<<
>>Nun ja, der Weg zum Krankenhaus, indem ich arbeite wäre von hieraus sehr viel
kürzer. Eine eigene Wohnung wäre auch viel zu groß für mich allein.<<
>>Ich bin beeindruckt, Sie sind Arzt?<<
>>Ja, ich arbeite in der Kinderabteilung im Middlesex Hospital, wenn auch nur
als Assistenzarzt << gab ich schüchtern zu.
>>Das Middlesex Hospital liegt in der Tat nicht weit von hier, das wäre ein
großer Vorteil für Sie. Aber sind Sie sich denn auch bewusst, auf was Sie sich
hier einlassen? Ich meine, ich bin keinesfalls eine einfache Mitbewohnerin.<<
Dies machte mich doch etwas neugierig.
>>Was meinen Sie damit?<<
>>Watson, Sie enttäuschen mich. Sie machen sich auf dem Weg hierher und kennen
nicht einmal die phantastischen Gerüchte über mich? Nun, dann werde ich Sie
einmal aufklären...<<
Kapitel 2: Das Schicksal, das verbindet
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>>Tja, wo soll ich anfangen? Seit nun mehr vier Generationen arbeiteten die
Warrens in Berufen, die dem Gesetz dienten. Ein Polizist, ein Staatsanwalt, ein
Richter und ich, die Detektivin. Der Grund dafür lag uns, sozusagen, im Blut.
Meine Ururgrossmutter Odette Warren lernte in ihrer Heimatstadt Paris einen
Detektiven kennen. Er hatte dort einen großen Fall zu lösen, deshalb hielt er
sich für zwei Monate dort auf.<<
>>Und wer war dieser Detektiv?<< unterbrach ich Sherly.
>>Es war kein anderer als der berühmte Sherlock Holmes persönlich. Meine
Ururgrossmutter und er verliebten sich ineinander. Diese Affäre hielt
allerdings nicht allzu lange und so verlies Sherlock meine Vorfahrin als er den
Fall gelöst hatte und kehrte nach London zurück. Doch Odette war, ohne das ihr
Geliebter dies wusste, von ihm schwanger geworden. Als er sie verließ, brach er
ihr das Herz und doch erzählte sie ihm nicht, dass sie sein Kind bekam. Sie zog
meinen Urgroßvater in Paris auf und auch ich wurde in Paris geboren.<<
Als ich dies hörte, kamen mir seltsame Gedanken in den Kopf. Ist das etwa
Schicksal? fragte ich mich. Ich bin Doktor John Watsons direkter Nachkomme. Soll
ich es ihr erzählen?
Ich entschied mich zu schweigen, und Sherly fuhr fort:
>>Als ich das neunzehnte Lebensjahr erreichte beschloss ich, nach London zu
ziehen und dort eine Detektei zu eröffnen. In der ersten Zeit kam ich bei einer
entfernten Verwandten unter, dann fand ich diese Wohnung hier und zog ein.
Natürlich ist eine so große Wohnung wie diese nicht geschaffen, um alleine
darin zu wohnen. Deshalb gab Anzeigen in den verschiedensten Zeitungen auf. Es
meldeten sich zahlreiche Interessenten, doch verschreckte sie wohl die Tatsache,
dass ich Detektivin bin. Sie sind der erste, der sich trotz dieses Wissens
hierher wagte. Also hoffe ich, dass mein Beruf Sie nicht so einschüchtern wird,
wie all die anderen.<<
Ich saß immer noch stumm dar, in Gedanken versunken. Sherly schien diese
Tatsache etwas zu beunruhigen .
>>Watson, geht es Ihnen nicht gut? Soll ich Ihnen ein Glas Wasser bringen?<<
>>Nein, es geht schon, vielen Dank<< sagte ich und fasste mich am Kopf.
>>Es ist nur einfach unglaublich. Das so ein Zufall möglich ist, unfassbar.<<
Ich sah Sherly direkt in ihre großen, grauen Augen.
>>Mein Ururgroßvater war John Watson, der langjährige Gefährte von Sherlock
Holmes! Schon die Leben unserer Vorfahren waren miteinander verbunden! Und nun
werde ich womöglich bei Ihnen einziehen, das ist einfach unglaublich!<<
Sherly lehnte sich wieder entspannt in ihren Lehnsessel zurück
>>Und diese Tatsache macht Ihnen so zu schaffen? Nun, Sie verwundern mich, ich
dachte, Sie würden im Hier und Jetzt leben und sich nicht um Vergangenes
kümmern.<< Als sie mich genau gemustert hatte fuhr sie fort.
>>Watson, ich habe nicht vor, das Leben eines Mannes zu immitieren, der etwa
hundert Jahre vor uns lebte. Es war ganz allein meine Entscheidung den Beruf
eines Detektivs auszuführen und genauso war es Ihre Entscheidung, sich auf
meine Anzeige zu melden. Ich dachte es mir schon, als Sie mir am Telefon Ihren
Namen nannten. Doch dies ist keinesfalls Schicksal oder Ähnliches. Also möchte
ich Sie bitten, sich keine Gedanken mehr deshalb zu machen.<<
Um der Stille zu endweichen, die sich nach der Rede Sherlys gebildet hatte,
fragt ich sie:
>>Wie kommt es, dass Sie einen perfekten londoner Akzent sprechen, wo Sie doch
aus Frankreich stammen?<<
Lächelnd ging Sherly auf meinen Themawechsel ein
>>Wie der Name Warren auf sich schließen lässt, liegen auch meine Wurzeln
eigentlich in England. Deshalb wurden ich und mein Bruder zweisprachig
aufgezogen. Nun,<< sprach sie nach einer Weile
>> Es tut mir Leid, Sie jetzt schon verabschieden zu müssen, doch leider gibt
es da eine unaufschiebbare Sache, um die ich mich kümmern muss. Von mir aus
könnten Sie sofort einziehen, doch wird es wohl einige Zeit dauern, bis all
ihre Habseligkeiten hier eintreffen können. Also wäre es wohl das beste, wenn
Sie mich vorher anrufen könnten, damit ich hier etwas Platz schaffen kann.
Meine Arbeitsgegenstände nehmen in letzter Zeit immer mehr die ganze Wohnung in
Anspruch.<<
Ganz überrascht von Ihrer plötzlichen Zusage fragte ich verwundert >>Ich kann
das Zimmer haben?<<
Sherly grinste mich an
>>Natürlich, ich kenne niemanden, der besser hierher passen würde.<<
Sie zog ihren Trenchcoat an, holte noch ein paar Gegenstände aus der Schublade
das Schreibtischs und auch ich näherte mich der Tür, um mich zu
verabschieden.
Plötzlich kam es mir wieder in den Sinn
>> Wie kamen Sie eigentlich auf den Namen "Miss Marple" für Ihren Hund?<<
>>Nun,<< antwortete Sherly und sperrte die Tür zur Wohnung ab >> Ich fand, es
wäre passend, einen echten Spürhund so zu nennen. <<
So kam es letztendlich zu der ungewöhnlichen Wohngemeinschaft von Sherly und
mir. Zwei Wochen bezog ich schon das Zimmer in ihrer Wohnung und lernte immer
mehr das Leben eines Detektiven kennen.
Kapitel 3: Das letzte Abendmahl
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>>Oh je, ich bin schon viel zu spät dran!<< Ich rannte zur Tür, schnappt mir
einen Regenschirm und wollte gerade Sherly ein Abschiedswort zurufen, als ich
bemerkte, dass sie nicht, wie um diese Zeit gewohnt um diese Zeit am
Frühstückstisch saß. Etwas verwundert schloss ich hinter mir die Haustür und
sperrte zu, denn die Osterandacht würde in weniger als einer viertel Stunde
beginnen. Selbst mich, der sonst nur sehr wenig von der anglikanischen Kirche
hielt, zog es an Feiertagen dorthin.
Draußen angekommen spannte ich schnell meinen Schirm auf, denn seit Tagen hatte
es ununterbrochen geregnet. Ich hielt ein vorbeikommendes Taxi an, und ließ
mich zu der kleinen Kirche im Herzen Londons fahren, in der ich schon oft in
meiner Kindheit gewesen war.
Drinnen hörte man schon den Chor singen, also beeilte ich mich noch einmal und
rannte die Stufen zum Eingang hinauf. Da schon viele Leute sich im hinteren
bereich hingestellt hatten, kam ich unbemerkt hinein und fand glücklicherweise
auch noch einen Platz in der hinteren Reihe. Als ich etwas zur Ruhe gekommen
war, sah ich die Personen in meiner Nähe genauer an.
Vor mir saß eine Frau mit einem seltsam bauschigen Hut auf dem Kopf, Plätze
weiter ein Mann, der wohl die letzte Nacht in einer Kneipe verbracht hatte. Als
ich nach vorne spähte, erkannte ich Inspektor Lupin, er hatte schon in mehreren
Fällen Sherlys Hilfe eingeholt.
Nur die Frau neben mir, ließ ihr Gesicht nicht erkennen. Sie trug einen
schwarzen Mantel und hatte ihre Schiebermütze soweit vorgezogen, dass man
gerade noch die Nasenspitze sehen konnte. Ich setzte meine Lesebrille auf, um
den Text im Gebetsbuch schärfer sehen zu können, doch die Frau behielt mein
volles Interesse.
Man konnte sogar den Eindruck gewinnen, dass sie nicht gesehen werden wollte, -
oder, dass sie schlief! So tief eingesunken saß normalerweise keiner in der
Kirche. Plötzlich rutschte die Schiebermütze ein bisschen zur Seite, und ich
blickte direkt in ein mir nur zu bekanntes Gesicht.
Sherly Warren, die meines Erachtens nach die beste Detektivin in London,
vielleicht sogar in ganz Europa sein musste, schlief unverfroren in der
Osterandacht!
Ich stupste sie ein wenig in die Seite, und schon öffnete sie ihre großen,
grauen Augen.
>>Watson! Um Himmels willen, was machst du denn hier?<< Langsam erkannte sie, wo
sie sich befand
>>Vielen Dank, dass du mich geweckt hast, sonst hätte es wohl zu einer sehr
peinlichen Angelegenheit werden können.<< Ich fragte sie, weshalb sie sich hier
befand, wo sie doch keinerlei Interesse an der Andacht zu haben schien.
>>Die Frau vor dir, die mit dem bauschigen Hut, ist der Grund. Es ist meine
Tante Lucilla, bei der ich bei meiner Ankunft in London Unterschlupf fand. Sie
würde Gott wohl um Donner und Blitze beten, wenn ich mich nicht mal wieder in
der Kirche sehen lassen würde!<<
Die Zeit schien sich nur so dahinzuziehen und während der Predigt des Priesters
schienen Sherlys Augen wieder zuzufallen, doch jedes Mal, wenn sie wieder
einzuschlafen drohte, folgte ein gezielter Hieb von mir an ihre Schulter. Der
Priester bewegte sich auf die erste Reihe zu, da er nun die Hostie austeilen
wollte.
Er war schon mit der Reihe, in der die Privilegierteren saßen fertig, als
plötzlich der Mann, der als erster die Hostie empfing zu spucken und zu würgen
anfing, und dann aus der Bank fiel.
Viele Schaulustige wollten sehen, was da vorne vor sich ging, doch Sherly und
ich rannten durch die Menschenmenge hindurch zu dem Bewusstlosen. Ich rief, dass
jemand einen Krankenwagen rufen soll und versuchte dann erste Hilfe an ihm, doch
ohne Erfolg. Sherly bückte sich über den Mann, hörte sein Herz ab und sagt
>>Er ist tot.<<
Ein Schaudern ging in der ganzen Kirche um, einige ältere Damen schienen der
Ohnmacht nahe zu sein als Inspektor Lupin entsetzt zu uns trat
>>Um Gottes Willen, wie konnte das passieren? Mister Watson, sie sind Arzt, was
sagen sie?<<
Ich betrachtete das Gesicht des toten Mannes und sagte
>>Nun, er kann nicht erstickt sein, seine Gesichtsfarbe zeigt keinerlei
Veränderungen an. Es wäre möglich, dass er einen Herzanfall erlitt, das
würde aber sein Husten und Würgen nicht erklären...<<
>>Nein,<< unterbrach mich Sherly, >>Es gibt keine andere Möglichkeit, es war
eindeutig Mord!<<
>>Aber wie kommen Sie denn darauf?<< fragte Inspektor Lupin Sherly verwirrt.
>>Glauben Sie etwa...?<<
>>Ja,<< unterbrach Sherly ihn und beugte sich wieder über den Leichnam
>>Sehen Sie die kleinen Blässchen oben am Gaumen? Ich würde sagen, dass
irgendjemand die Hostie vergiftet hat!<<.
Diese Aussage überzeugte mich wirklich von den Fähigkeiten meiner
Mitbewohnerin. Sie, die ich vorher noch dösend neben mir in der Andacht sitzen
sah, war nun hellwach und entdeckte kleinste Tatsachen, die selbst ich als Arzt
erst viel später gefunden hätte.
>>Was glaubst du, welches Gift war es?<<
Ich kannte Sherlys Fachwissen über die verschiedenen Giftsorten, und sie hatte
auch sofort eine Vermutung.
>>Meiner Ansicht nach muss es sich um ein geruchloses Gift gehandelt haben, denn
kein Mensch würde eine bitter oder süßlich riechende Hostie annehmen, nicht
einmal von einem Priester. Das grenzt die Möglichkeiten sehr ein, was
natürlich unser Vorteil ist. Es könnte irgend eine Dioxinverbindung gewesen
sein, vielleicht war es aber auch Arsen.<<
Inspektor Lupin durchsuchte nun die Taschen des Opfers und fand darin eine
Geldbörse, einen Ausweis und einen scharlachroten Rosenkranz.
>>So,<< sprach der Inspektor
>>bei dem Mann handelte es sich um Edgar Stoner, er war unverheiratet und
dreiundfünfzig Jahre alt.<<
Plötzlich bemerkte ich in der Menschenmenge, die sich um uns versammelt hatte
eine junge Frau, die herzzerreißend weinte.
>>Onkel Edgar,<< schluchzte sie, >>Wer kann das nur getan haben?<<
>>Watson,<< flüsterte Sherly mir zu, >>kümmere dich um die Dame und tröste
sie. Vielleicht bekommst du irgendetwas Aufschlussreiches aus ihr heraus,
während ich den Pater befrage.<<.
Ich trat zu der hübschen Frau, und führte sie zu einer leeren Sitzbank.
>>Also war der Verstorbene ihr Onkel?<< fragte ich.
>>Ja,<< sagte sie, während sie sich die Tränen mit einem Taschentuch, das ich
ihr gereicht hatte, wegwischte
>>Mein einziger. Er war der Bruder meines verstorbenen Vaters und kümmerte sich
immer um mich. Für ihn war ich wohl so etwas wie die Tochter, die er nie
hatte.<< Langsam kam sie wieder zur Fassung.
>>Vielen Dank für das Taschentuch, ich habe mich ja nicht einmal vorgestellt.
Mein Name ist Theresa Stoner. Onkel Edgar und ich, wir beide lebten allein in
seinem Haus. Er hatte sehr viele Freunde, auch wenn er manchmal etwas stur war.
Ich kann mir einfach nicht erklären, wer dies getan haben soll.<<.
Ich erinnerte mich an die Worte von Sherly und wollte unbedingt ein paar
Informationen.
>>War ihr Onkel ein vermögender Mann?<< fragte ich sie.
>>Wie kommen sie denn darauf?<< entgegnete sie mir erschrocken.
>>Oh,<< stammelte ich. Ich hatte nur kurz meine detektivischen Fähigkeiten
erprobt und hatte wohl Recht gehabt
>>Sein teurer Anzug und die Tatsache, dass er in der ersten Reihe mit der
höheren Gemeinschaft saß, ließen darauf schließen.<<.
Nach dieser Erklärung antwortete sie wieder etwas ruhiger
>>Ja, mein Onkel besaß ein großes Vermögen und außerdem einen Sitz auf dem
Land. Aber er spendete einen Großteil davon an Hilfsorganisationen oder an
diese Kirche. Er hatte auch ein freundschaftliches Verhalten zu Priester Poe.
Onkel Edgar war ein sehr religiöser Mann, es verpasste keinen Gottesdienst am
Sonntag.<<
Nach strategischer Überlegung fragte ich Miss Stoner, ob sie ihrem Onkel den
Rosenkranz geschenkt hatte, den wir in seiner Jackettasche gefunden hatte, was
sie sofort bejahte. Ich hielt es für besser, mich nun mit der echten
Meisterdetektivin zu beraten und ging zum Hochaltar, wo sie sich gerade mit
Inspektor Lupin unterhielt.
>>Gut gemacht, mein lieber Watson,<< ließ sie verlauten, als ich ihr die
Informationen von Miss Stoner überbrachte.
>>Ich habe mich gerade mit Priester Poe unterhalten und herausbekommen, dass die
Hostien sich immer in einem Schließfach im Altar befinden, und dass niemand
außer ihm und dem Kirchendiener einen Schlüssel dazu besitzen. Ich habe das
Fach untersucht und ein paar sehr aufschlussreiche Kratzer am Schloss entdeckt.
Nun können wir unsere Überlegung weiterführen, dass der Täter das Fach
aufgebrochen und eine Hostie mit Gift versehen hat.<<.
>>Aber Sherly, wie wusste der Täter, dass Mister Stoner die vergiftete Hostie
bekommen würde?<<.
>>Nun, hast du nicht bemerkt, dass der Priester erst an das Opfer austeilte?
Wahrscheinlich hatte er kürzlich eine hohe Spende an die Kirche überwiesen,
und so war ihm diese Ehre zuteil. Außerdem habe ich herausgefunden, dass
Priester Poe immer die Hostien, die sich einem Kelch befinden, immer in einen
Stapel ordnet, um sie besser greifen zu können. Ergo musste sich der Täter
dessen bewusst gewesen sein. Also, ich mache mich auf die Suche nach dem
Kirchendiener, ich habe noch ein paar wichtige Fragen an ihn.<<.
Dieser befand sich inmitten der Menschenmenge, denn er war, wie er sagte, aus
dem kleinen Raum, in dem er dem Priester immer zur Hand ging, gelaufen, als er
die entsetzten Schrei der Frauen gehört hatte. Er stellte sich als Allan
Chesterton vor und erklärte Sherly ausführlich, welche Dienste er in der
Kirche verrichtete.
>>Ich helfe dem Priester immer beim Anziehen seiner Kutte, kümmere mich um das
Anzünden der Kerzen und schließe immer die Türen ab.<<.
>>So ist das,<< Sherly klang sehr interessiert
>>Welche Türen schließen sie denn ab?<< .>>Nun ja, die Tür zur Kammer, in der
sich der Schrank mit den Kutten des Paters befinden und das Schließfach im
Hochaltar. Den Haupteingang zur Kirch lasse ich, auf Geheiß von Pater Poe
offen, denn er will bedürftigen Schäfchen eine Unterkunft gewähren.<<.
Sherly und ich entfernten uns nach kurzer Zeit wieder von Mister Chesterton und
sahen der Spurensuche, die gerade eingetroffen war, bei der Arbeit zu.
>>Watson, ist dir an diesem Herren etwas seltsam vorgekommen?<< fragte mich
Sherly ernst.
>>Also ich würde sagen, dass er ein sehr verlässlicher, glaubwürdiger Mann
ist.<<.
>>Ja, es scheint so, doch irgendetwas kam mir an diesem Herren verdächtigt vor.
Seine Hose hat keine Falten.<<. Nun konnte ich mir ein Lachen nicht mehr
verkneifen
>>Aber Sherly, du willst doch dem armen Mister Chesterton doch nicht vorwerfen,
dass seine Hose zu glatt ist.<<. >>Nein, das will ich nicht,<< gab sie grübelnd
zurück
>>Aber welcher Junggeselle bügelt seine Hosen so faltenfrei? Nicht einmal du,
mein lieber Watson, der du stets auf Sauberkeit und Ordnung achtest, bekommst
die Falten deiner Hosen ohne die Hilfe unserer Haushälterin so heraus.<<.
Mir kam das Grübeln über so eine Nichtigkeit sehr komisch vor
>>Vielleicht ist er ja verheiratet, er ist doch schon über dreißig.<<.
Sherly verneinte dies und gab sofort zurück, dass er keinen Ehering trüge.
>>Also muss Mister Chesterton eine häusliche Freundin haben, die ihm jeden Tag
die Wäsche in Ordnung hält.<<.
Wieder einmal hatte Sherly aus einer Kleinigkeit heraus eine wichtige Tatsache
herausgefunden. Sie beobachte sehr genau die junge Miss Stoner, die
seltsamerweise immer wieder hilflose Blicke an Mister Chesterton richtete.
Ein Herr von der Spurensuche hatte Neuigkeiten für uns.
>>Wir haben Spuren von Schuhabdrücken vor dem Altar gefunden, von denen wir
wissen, dass sie nicht Priester Poe oder einem der Ministranten gehört.
Außerdem fanden wir noch dies hier...<<
Er hielt eine kleine rote Kugel in der Hand, die mir seltsam bekannt vorkam.
>>Wir fanden sie in der Nähe der kleinen Kammer.<<.
Nun schien Sherly ein Licht aufzugehen. Sie begutachtete noch einmal den
Rosenkranz, den wir bei der Leiche gefunden hatten.
>>Absolut identisch, aber dieser hier ist intakt.<< murmelte sie. >>So,<< sprach
sie nun zu Inspektor Lupin,
>>Die Leiche kann abtransportiert werden, ich habe alle Beweise gesammelt und
herausgefunden, wer Mister Stoner vergiftet hat.<<
Plötzlich war es in der gesamten Kirche still.
>>Wie, jetzt schon, << stammelte Lupin >>Aber wie?<<.
>>Ganz einfach,<< gab Sherly zurück,
>>Ich habe alle Einzelheiten beachtet und kombiniert. Die eigentliche Tat wurde
schon gestern Nacht verübt. Alles lässt darauf deuten, dass ein Fremder die
unverschlossene Kirche betrat, das Fach im Hochaltar mit einem kleinen
Schraubenzieher aufbrach und die erste Hostie, die oben auf dem Stapel lag
vergiftete. Aber wie wusste der Täter, dass das Opfer nun die vergiftete Hostie
bekommen würde? Es musste also eine Person gewesen sein, die über alles, was
in der Kirche vor sich ging Bescheid wusste, denn sonst hätte sie nicht
gewusst, dass Pater Poe die Hostien schon am Tag zuvor stapelt, damit er sie
besser verteilen kann. Wer könnte dies also besser wissen als Mister Allan
Chesterton?<<.
Ein Murmeln ging in der Kirche um und Chesterton antwortete zornig
>>Aber wieso sollte ich das Fach aufbrechen, wo ich doch den Schlüssel habe?
Ich hätte doch nur unnötig Spuren hinterlassen!<<.
>>Ja, dies wäre absolut sinnlos gewesen, aber so haben sie den Verdacht auf
eine unbekannte Person gelenkt. Die Spuren und die Kratzer am Schließfach waren
ihre volle Absicht, doch etwas haben sie unbeabsichtigt hinterlassen.<<
Sherly trat nahe an Mister Chesterton heran und hielt ihm die kleine rote Kugel
unter die Nase, worauf Chesterton schrecklich bleich wurde.
>>Die hier, haben sie verloren, da ihr Rosenkranz, den Miss Stoner Ihnen
geschenkt hatte an diesem Tag kaputt ging und sich unzählige solcher Kugeln nun
in ihrer Tasche befanden. Es ist übrigens der Rosenkranz, von dem Mister Stoner
auch einen geschenkt bekommen hatte.<<
>>Wie kommen Sie darauf, dass Miss Stoner mir einen Rosenkranz schenken würde?
Ich kenne sie ja kaum!<<. Sherly ging nun ein wenig im Kreis herum.
>>Miss Stoner hat doch selbst gesagt, dass sie ihrem Onkel diesen Rosenkranz
geschenkt hatte. Ein sturer, alter Mann, der es wohl niemals hätte dulden
wollen, dass seine liebe Nichte ihn verließ, um Sie zu heiraten. Das war ihr
Motiv, deshalb haben Sie ihn umgebracht, weil er der Hochzeit zwischen ihnen
beiden im Weg stand.<<. Chesterton hatte einen zornigen Gesichtsausdruck und
ballte eine Faust.
>>Wie oft soll ich Ihnen noch sagen, dass ich mit Theresa nichts zu tun
habe?!?<<.
Geschockt hielt er sich die Hand vor den Mund.
>>Theresa?, << gab Sherly spottend zurück
>>Sie nennen sie beim Vornamen, wenn sie sich kaum kennen? Nun ja, etwas anderes
brachte mich darauf. Erst einmal haben sie ein äußerst gepflegtest Äußeres
für einen Junggesellen, wie ich meinem Helfer Watson schon erklärte. Und
seltsamerweise hatte Miss Stoner einen schuldbewussten Blick, wenn sie Ihnen in
die Augen sah, wahrscheinlich hatte sie längst herausgefunden, dass Sie der
Täter waren. Außerdem fand ich eine äußerst eindeutige Inschrift auf der
Rückseite des Jesus auf dem Rosenkranz von Mister Stoner.
"Zur Versöhnung von euch beiden"
steht dort.
Und ich bin mir sicher, dass auf dem Überbleibsel Ihres Rosenkranzes das Selbe
steht!<< Jeder in der Kirche blickte in diesem Augenblick auf Chestertons
Gesicht. Er stand geschockt da, wusste selbst, dass er diesen Beweisen nicht
mehr entgehen konnte und nach langem Schweigen sagte er
>>Ja, ich war es. Aber ich habe es nur für dich getan Theresa! Und ich bereue
es nicht, ich wollte doch nur in Frieden mit dir leben können. Wer konnte schon
ahnen, dass dein Geschenk mich verraten würde?<<
Tränen standen Chesterton und Miss Stoner im Gesicht, als sie sich ansahen.
Während Inspektor Lupin ihm die Handschellen anlegte, umarmte sie ihn ein
letztes Mal und sagte >>Ich werde auf dich warten, egal wie lange es dauern
mag.<<
>>Ein romantisches, wenn auch trauriges Ende, findest du nicht auch?<< fragte
ich Sherly, als wir auf dem Weg nach Hause waren. >>Töricht, würde ich sagen.
Liebe ist einer der häufigsten Gründe für Mord, doch immer wieder frage ich
mich, ob es das wert ist.<<.
>>Wenn man die beiden so sah, war es doch klar, dass er keinen anderen Ausweg
fand. Mich wundert aber eher, wieso der Rosenkranz seiner Geliebten genau an
diesem Tag gerissen ist. Vielleicht war es ja ein Zeichen Gottes?<<. >>Nun
interpretierst du zu viel hinein, mein lieber Watson.<< sagte Sherly und
lächelte mich an. >>Vielleicht hast du Recht...<< gab ich zurück, lehnte
meinen Kopf in den Nacken und betrachtete den wolkendurchzogenen Himmel, aus dem
sich nun ein kleiner Sonnenstrahl zeigte.
Kapitel 4: Blutroter Schnee
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Da seit Wochen keine Aufträge mehr bei Sherly ankamen, versuchte sie ihrer
Beschäftigungslosigkeit mittels eines kleinen Ausfluges zu entfliehen. Sie
verfügte über einen riesigen Bekanntenkreis und deshalb nutzte sie ihre
Bekanntschaften, um für ein paar Tage in Schottland unterzukommen
Ein alter Freund von ihrem College lud sie freundlicherweise gleich in sein
riesiges Anwesen in Glasgow ein. Natürlich bestand Sherly darauf, dass ich sie
begleitete, doch meine Arbeit im Krankenhaus nahm mich derzeit so in Anspruch,
dass ich ihr erst zwei Tage später folgen konnte.
Sofort nach Beendigung meiner Frühschicht machte ich mich auf schnellstem Weg
in die Oxford Street, um dort meinen gepackten Koffer zu holen und mich sofort
auf zum Bahnhof zu machen.
Der Zug, der mich nach Glasgow bringen sollte, stand schon bereit, deshalb
suchte ich mir schnellstmöglich ein freies Abteil und ließ mich darin nieder.
Die Stunden bis zur Ankunft schienen wie im Flug zu vergehen, da ich in ein
interessanter Buch über die Wirkung von Placebo vertieft war.
In Glasgow angekommen, erblickte ich Sherly schon auf einer Sitzbank, sie hatte
sich trotz Schnee und Kälte darauf gesetzt und las ein Buch.
Noch bevor ich bei ihr angekommen war, sah ich einen Mann um die Dreißig, der
sie ansprach, nach einem kurzem Wortwechsel aber schnell wieder das Weite
suchte.
Ohne Zweifel hatte der Fremde versucht, Sherly zu einem Kaffee einzuladen, oder
ihr wenigstens ihre Telefonnummer zu entlocken, aber weshalb war er so schnell
wieder gegangen?
Meine Mitbewohnerin war ohne Zweifel eine gutaussehende Frau und wurde oft von
alleinstehenden Männern angesprochen, doch als ich Sherly näher kam, konnte
ich den Grund für die Flucht des Fremden erahnen.
Der Titel des Buches, in das Sherly so vertieft war lautete "Der Beginn der
Leichenstarre und wie er sich verzögern lässt".
Kein sehr schmeichelhafter Buchtitel, doch viel eher war es wohl die bissige
Antwort von Sherly gewesen, die den Mann verschreckte, denn sie machte einen
höchst belustigten Eindruck.
Nachdem wir uns begrüßt hatten, musterte sie mich kurz und sagte dann
<> wendete
sie sich an den Butler,
<>
Der Butler überlegte kurz und sagte dann <<Übers Dach! Von dort aus würde man
ihn wohl am besten erreichen können. Während Mister Fletcher uns den Weg
zeigte, fragte ich ihn, wer der gehängte Mann denn sei.
<>.
Mister Fletchers Gesicht wurde noch blasser als zuvor, also ersparte ich ihm
vorerst noch die Fragen über das Opfer. Wir erreichten die Dachstube, in dem
alte Möbel und verstaubte Kisten standen.
<> Der
Butler öffnete das Fenster, dass sich an der Dachschräge befand und half
Sherly hinauszusteigen. Kaum als sie auf dem Dach stand, setzte ich an um ihr zu
folgen, doch sie hielt mich zurück
<>
Verwundert fragte ich sie, was denn los sei.
<>
Nach ungefähr einer halben Stunde trafen Vetreter der schottischen Polizei und
der Krankenwagen ein, der aber nichts mehr für das Opfer tun konnte. Sherly
erklärte Kommissar Stout den Sachverhalt und mit ein paar Kollegen konnte er
den toten Mister Weyermoor bergen. Die Leiche wurde gründlich untersucht, ich
selbst legte noch eine ärztliche Erklärung ab
<>
<> warf Sherly ein, <>
<> fuhr ich fort, <>.
Sherly untersuchte noch die Stelle, an dem wir das Hausmädchen Miss Milton
gefunden hatten und entdeckte Erstaunliches. Neben den Fußspuren, die die
Polizei hinterlassen hatte und denen, die von uns selbst stammten konnte man
drei einzelne Blutflecken erkennen.
<> fragte sie mich plötzlich, <>.
Ich hatte die Leiche gründlich untersucht und keine offenen Wunden gefunden,
also verneinte ich dies.
<>.
Kommissar befragte noch die Bediensteten im Haus, ob sie irgendetwas Seltsames
mitbekommen hätten, doch jeder verneinte dies. Plötzlich erschien ein junger
Mann, der noch Mantel und Handschuhe trug, und blickte schockiert auf die Leiche
<> wandte er sich an den Butler,
<>. Mister Fletcher erklärte ihm alles,
was während seiner Abwesenheit passiert war, worauf der Mann seine Tränen
nicht mehr zurückhalten konnte. Nach einer kurzen Zeit fragte Kommissar Stout
den Mann <>.
Der Fremde hatte sich wieder gefasst und antwortete
<>.
<> warf Sherly ein und Mister Fletcher führte
uns in das Büro des Verstorbenen, an dem er sich wahrscheinlich das letzte Mal
aufgehalten hatte.
Mister Weyermoor junior setzte sich auf den Lehnsessel, der am Schreibtisch
stand und der Butler brachte Sherly, Kommissar Stout und mir Stühle, auf denen
wir ebenfalls Platz nahmen. Der Kommissar stellte sofort ein paar wichtige
Fragen, darunter auch, was Mister Weyermoor in der Zwischenzeit gemacht hat, als
sein Vater ermordet wurde.
<>.
Daraufhin schilderte er uns noch sein Verhältnis zu seinem Vater, das ich hier
überspringen werde. Sherly wirkte während der ganzen Unterhaltung wie in
Gedanken versunken, als Mister Weyermoor sich aber aus dem Zimmer begab, um mit
den Dienstboten zu reden, sprang sie plötzlich auf und untersuchte das Büro.
Danach öffnete sie das Fenster und überprüfte alles sehr sorgfältig. Da ich
Sherly nicht bei ihren Untersuchungen stören wollte, begab ich mich zur Tür,
aber gerade, als ich diese öffnete, sagte sie plötzlich
<>
Ich ging zum Fenster, blickte nach draußen und wendete mich dann verwundert an
Sherly, die dringlich auf die Haken deutete, an denen normalerweise die
Blumenkästen befestigt sind.
<>. Ich tat, wie mir geheißen und
plötzlich fielen mir ein paar Fäden auf, die noch an den Haken hingen
<> sagte ich zu
meiner Mitbewohnerin, worauf ihr hübsches Gesicht ein glückliches Lächeln
aufwies <>
Ich suchte das ganze Haus ab, angefangen beim Dachboden arbeitete ich mich zur
Küche hinunter. Schon etwas entmutig durchsuchte ich die Wandschränke, als mir
plötzlich eine alte Kiste auffiel, die weit nach hinten geschoben wurde, wo man
sie kaum sah. Ich öffnete sie, und als sich die Staubwolke legte entdeckte ich
das gesuchte Seil. Stolz auf meinen Fund, begab ich mich wieder in den ersten
Stock, in dem auch das Büro lag.
Sherly untersuchte sofort das Seil und murmelte Sachen wie
<> erhob sie endlich ihre Stimme wieder,
<>.
Ich tat, wie mir geheißen und führte den verwirrten Kommissar und Mister
Weyermoor herein. <>
lies Kommissar Stout verlauten, wurde aber von Sherly unterbrochen
<>.
<> fragte der Inspektor erstaunt.
<> sagte Sherly schmunzelnd und führte uns dann an das
Fenster, um mit ihrem Vortrag zu beginnen.
<> fuhr
sie fort,
<>
Alle starrten überrascht auf den Sohn des Opfers.
Dieser machte einen schockierten Eindruck, fasste sich aber wieder und gab
Sherly die Antwort
<>.
Sherly lies sich keineswegs von ihrer Theorie abbringen und zündete sich
lässig einen Zigarette an
<>.
Alles war ruhig, jeder wartete auf die Reaktion von Mister Weyermoor.
Dieser hatte sein Gesicht gesenkt und blickte auf seine verhüllten Hände.
Langsam zog er am Handschuh seiner rechten Hand aus und zeigte uns seine
Handfläche. Vertrocknetes Blut klebte noch an der frischen Wunde, die
Gewebsflüssigkeit, die austrat, zeigte mir, dass die Verletzung erst vor kurzem
zu Bluten aufgehört hatte. Schuldbewusst blickte er Sherly in die Augen und
sagte
<>
<>
Sherly zog an ihrer Zigarette und blies den Rauch in die Höhe.
Mister Weyermoor lies sich Zeit mit seiner Antwort, begann aber dann zu sprechen
<>
Sherly und ich befanden uns auf dem Rückweg nach London, als sie plötzlich
laut seufzte <>.
Ich lächelte, denn Sherlys Gesicht nahm einen Ausdruck von Müdigkeit an, den
ich noch nie an ihr gesehen hatte. <>.
<> gab sie mir zur Antwort, <>
----------
Hoffentlich kann man die Erklärung mit dem Seil verstehen, ich habs schon im
Kleinformat ausprobiert, müsste eigentlich funktionieren. Aber glaubt jetzt
bloß nicht, dass ich mein Meerschweinchen aufgehängt habe (nein, nein, liebe
Rosie *knuddel*).
Freu mich immer über eure Kommentare,
bye,
chibizakuro
Kapitel 5: Vergangenheit
------------------------
Die Scheiben des Spiegels im Badezimmer waren schon ganz beschlagen, als Sherly
das Handtuch, dass sie um den Körper geschlungen hatte, fallen lies und sich in
das heiße Badewasser legte. Der Stress, der seit Tagen auf ihren Schultern
ruhte, schien von ihr herab zu fallen und sie schloss entspannt die Augen. Hier
fand sie die Ruhe, die ihr nirgends sonst gewährt wurde. Sherly hatte sich ein
richtiges Paradies im Badezimmer eingerichtet: neben ihr auf dem Badewannenrand
stand ein Aschenbecher, ein Feuerzeug und eine Schachtel Zigaretten bereit.
Außerdem lag ein sehr altes Buch dort, dass wohl schon sehr viel durchgemacht
hatte. Sie griff nach dem Feuerzeug und einer Zigarette, zündete sie an und zog
daran. Sie gab ein freudiges Stöhnen von sich, dann wendete sie sich dem Buch
zu. Es hatte einen roten Ledereinband, die goldene Schriftzug, "Diary" war schon
verblasst, doch noch gut lesbar. Auf der ersten Seite fand sich der Name der
Person, der dieses Tagebuch einst gehört hatte: Odette Warren. Sherly begann zu
lesen.
25. Februar 1878
Liebes Tagebuch,
mir scheint, als hätte sich am heutigen Tag mein Schicksal verändert. Ich
lernte einen Mann kennen, der vielleicht mein Leben beeinflussen wird.
Ich war gerade auf dem Weg in die Bibliothek, und wollte gerade die Treppen zum
Eingang besteigen, als ich auf dem glatten Boden ausrutschte. Ich verlor das
Gleichgewicht, doch als ich nach hinten zu fallen glaubte, fassten mich zwei
starke Hände von hinten und ich landete sanft an der Brust eines Mannes. Ganz
beschämt von meinem Missgeschick bedankte ich mich bei dem Herrn, doch dieser
sagte "Sie wollen doch auch in die Bibliothek, nicht wahr? Bitte begleiten Sie
mich doch." Ich nahm das Angebot des Mannes an und er verriet mir gleich seinen
Namen: Sherlock Holmes. Mir war, als hätte ich diesen Namen schon in der
Zeitung gelesen, doch dies schien mir in diesem Moment nicht wichtig. Während
er sich Bücher über Chemie aus den Regalen holte und ich mir "Ein
Sommernachtstraum" durchlas, stellte er mir leise Fragen über mein Leben. Ich
wiederum erfuhr nur wenig über seine Tätigkeiten, zum Beispiel, dass er
fünfzehn Jahre älter als ich ist und normalerweise in London lebt. Es schien
mir unschicklich, weiter danach zu fragen, auch wenn es mich sehr interessierte.
Später lud er mich in ein nobles Cafe ein, wo wir uns weiter unterhielten.
Während er seinen Earl Grey Tee trank, beobachte ich sein Gesicht ganz genau.
Seine grauen Augen hatten etwas Mystisches an sich, seine Stirn zeigte schon
etliche Falten. Allmählich erzählte er mehr von seinem Leben, blieb aber
dennoch sehr ungenau, was seinen Beruf anging. Hoffentlich finde ich mehr über
ihn heraus, denn er lud mich für morgen zum Theater ein.
Sherly überging ein paar Seiten des Tagebuchs, als suche sie nach einer
bestimmten Stelle. Die Niederschriften ließen genau darauf schließen, dass
sich zwischen Odette und Sherlock eine zarte Liebe entwickelte.
3. März 1878
Ich schwebe wie auf Wolken. Sherlock und ich haben uns zum ersten Mal geküsst.
Wir standen vor meiner Haustür, die Schneeflocken hatten schon eine weiße
Schicht auf seinen schwarzen Haaren gebildet, als er sich zu mir niederbeugte
und sanft meine Lippen küsste. Langsam bin ich mir sicher, dass ich mit diesem
Mann mein ganzes Leben verbringen möchte. (...)
Wieder ein paar Seiten weiter schien der Höhepunkt dieser Liebe erreicht.
29. März 1878
Sherlock hat um meine Hand angehalten. Auch wenn wir uns erst seit knapp einem
Monat kennen, hat er mir einen silbernen Ring mit einem Amethyst an den Finger
gesteckt. Vor Glück bin ich ihm um den Hals gefallen, denn ich weiß, er wird
mich glücklich machen. Auf die Frage, wo wir beide dann leben sollten,
antwortete er, dass er mich nach London holen wird. (...)
17. April 1878
Mein Geliebter wird nach London zurückkehren. Er hat mir endlich gestanden,
dass er als Detektiv arbeitet und den Fall, weshalb er nach Paris kam, gelöst
habe. Mir kamen die Tränen, als er sagte, dass er mich in ein paar Monaten nach
London bringen würde. Ich weiß nicht, wie ich diese lange Zeit überstehen
werde. Auf die Frage, wieso ich ihm nicht schon jetzt folgen könne sagte er
nur, dass er erst sein Leben in Ordnung bringen müsse. Er klang sehr traurig,
als er dies sagte. Deshalb konnte ich ihm auch nicht die freudige Botschaft
mitteilen, dass ich sein Kind unter meinem Herzen trage. Ich werde es ihm
gestehen, wenn die Zeit reif ist. (...)
22. Januar 1879
Ich halte nun den Sohn meines geliebten Sherlocks in den Händen, von dem er
immer noch nichts weiß. Ich gab ihm den stolzen Namen Henry und hoffe, dass ich
endlich eine Nachricht seines Vaters erhalte. Denn ich will ihm nicht per Brief
die Nachricht seines Sohnes mitteilen. Täglich sehe ich in den Briefkasten und
hoffe auf einen Brief meines Geliebten. Ich bete zu Gott, dass es ihm gut geht
und dass er bald seine Familie nach London holt. (...)
Ein halbes Jahr später traf ein Brief von Sherlock Holmes ein, er ist auf die
letzte Seite des Tagebuches eingeklebt.
Geliebte Odette,
mit Bedauern muss ich dir mitteilen, dass ich dich nicht nach London holen kann.
Es tut mir Leid, dich so lang warten lassen zu haben. Auch wenn ich dich von
tiefsten Herzen liebe, im Innersten weiß ich doch, dass ich dir nie ein
sicheres Leben an meiner Seite bieten könnte. Ich bitte dich, nimm den Ring ab,
den ich dir einst schenkte und finde einen Mann, der dir das geben kann, dass
ich nicht vermag.
In ewiger Treue,
dein Sherlock Holmes.
Als dieser Brief ankam, war Odette Warren schon, wie es schien, an gebrochenem
Herzen gestorben. Sherlys Urgroßvater Henry wurde bei entfernten Verwandten
aufgezogen, doch dieses Tagebuch wurde ihm vermacht, damit er immer von seiner
Herkunft wusste.
Sherly schlug gerade das Buch zu, als es an der Tür klopfte. "Sherly?" es war
Watsons Stimme, die Sherly aus der melancholischen Stimmung holte. "Es tut mir
Leid, dich stören zu müssen, aber ein gewisser Duke Blunt ist am Telefon. Er
sagt, er habe einen neuen Fall für dich."
"Sag ihm, dass ich gleich für ihn da bin." Etwas genervt stieg Sherly aus der
Badewanne, trocknete sich sorgfältig ab und zog sich wieder an. Sie würde wohl
später den Gedanken aus der Vergangenheit nachgehen müssen.
---------
Oh je, liegt es daran, dass ich so lange nicht weitergeschrieben habe, oder
warum ist der Teil so schlecht geworden *schluchz*. Hab mir nämlich die Sache
zwischen Odette und Sherlock viel dramatischer vorgestellt.
Also, richtet nicht zu hart über mich^^
bye,
euer kleines Wolfsmädel
Kapitel 6: Sterbender Schwan
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Ich saß gerade in meinem Zimmer um ein paar Akten aus dem Krankenhaus zu
durchsuchen, als plötzlich jemand an der Tür klopfte und diese auch öffnete.
Sherly stand nun im Türrahmen und sah auf mich herab, ich, der an einem
Schreibtisch saß, den ich kurz zuvor in mein kleines Zimmer zwischen Bett und
Schrank geklemmt hatte.
"Oh Watson, ich habe dir doch gesagt, dass du auch gerne meinen Schreibtisch
benutzen kannst! Du solltest nicht dein kleines Zimmer in eine zugepferchte
Kammer verwandeln."
Ich schaute sie beschämt an, da mein Reich wirklich mit Möbeln zugestellt war.
Der einst luftige, gemütliche Raum hatte sich durch meine innenarchitektischen
Fähigkeiten nicht zum Guten verändert. Neben Kleiderschrank und Bett standen
da noch ein winziger Chintz-Sessel, einer stummer Diener und der besagte
Schreibtisch. Diesen hatte ich vorige Woche in einem schwedischen Möbelhaus
gekauft, da ich mir eingebildet hatte, mehr Arbeit zu Hause zu erledigen.
"Nun gut, Sherly" antwortete ich ihr, "ich werde den Schreibtisch wieder
verbannen. Aber weshalb bist du hier? Ich dachte, du würdest einen Klienten
besuchen."
Die Detektivin wischte eine dunkle Strähne aus ihrem Gesicht und sagte
"Eigentlich bin ich gekommen, um zu fragen, ob du mich ins Opernhaus
begleitest."
Ich wurde rot, als ich das hörte. Sherly wollte mit mir ausgehen? Wir kannten
uns jetzt seit etwa vier Monaten und noch nie waren wir außergeschäftlich aus
gewesen. Ich wollte ihr schon mein Zusagen versprechen, als sie fort fuhr.
"Es gab einen Mord während einer Ballettaufführung. Ein Unbekannter hat die
Hauptdarstellerin nach Fallen des Vorhangs mit einer Pistole erschossen.
Inspektor Lupin hat mir am Telefon noch nicht mehr verraten, also ist es
wichtig, dass wir bald aufbrechen."
Ich hatte große Schwierigkeiten, meine Enttäuschung zu verbergen.
"Oh...in Ordnung, also ich meine, ich werde dich gerne begleiten." Stotterte
ich, worauf Sherly lächelte und das Zimmer verließ. Betrübt legte ich die
Akten auf einen Stapel und ging ihr nach.
Nach kurzer Fahrt im Taxi hatten wir das kleine Opernhaus im Zentrum Londons
erreicht. Die zahlreichen Polizeiwägen vor dem alten Gebäude zeigten uns, dass
die Ermittlungen in vollem Gange waren. Der Inspektor trat uns mit einer Miene
entgegen, die auf Schreckliches schließen lies.
"Miss Warren, Dr. Watson, ich freue mich, Sie wieder zu sehen, auch wenn unter
betrüblichen Umständen. Ich danke Ihnen, dass Sie meiner Bitte, herzukommen,
so schnell gefolgt sind."
"Nicht der Rede wert, Inspektor", antwortete Sherly und fragte kurz darauf "Wo
befindet sich das Opfer?"
"Noch auf der Bühne. Ich hielt die Spurensicherung bis jetzt zurück, damit sie
alles untersuchen können. Doch ich habe kaum erfreuliche Nachrichten. Weder die
Identität des Täters ist bekannt, noch hat er Spuren hinterlassen. Es ist fast
so, als habe niemand ihn bemerkt."
Lupin führte uns zur Bühne, wo sich uns ein unglaublich grauenvoller Anblick
bot. Eine Frau, noch mit ihrem Kostüm bekleidet lag am Boden in einer riesigen
Blutlache. Der ganze Boden war bespritzt und das Gesicht der Tänzerin hatte
einen verzweifelten Blick behalten. Ich brauchte einige Zeit, um mich zu
beruhigen und den Mut aufzubringen, das Opfer vorsichtig zu untersuchen. "Um
Himmels Willen, ein direkter Kopfschuss! Wie konnte der Täter nur so genau
zielen?"
Auch Sherly beugte sich über die Leiche und betrachtete die Schläfe, die ein
deutliches Einschussloch zeigte.
Nach einer Weile fragte sie den Inspektor "Wann wurde das Opfer ermordet?"
"Um 20:03 Uhr. Das wissen wir so genau, da das Stück um 20:00 Uhr endete und
nur noch der Vorhang ein paar mal gehoben wurde, damit die Tänzer sich
verbeugen konnten."
"Das Stück musste demnach schon um 18:00 Uhr begonnen haben, also eine
Frühvorstellung. Wieviele Zeugen gibt es?"
"Wir haben genau 47 Zeugen vernommen, alle Aussagen passen zusammen." Antworte
Lupin und gab Sherly noch genauere Informationen.
"Das Opfer hieß Theresa Donaldson, war 21 Jahre jung und seit drei Jahren in
diesem Haus als Tänzerin angestellt. Niemand habe bemerkt, dass sie mit
jemandem nicht ausgekommen wäre, geschweige denn Feinde hätte. Also haben wir
bis jetzt noch keinen Verdacht, wer der Mörder gewesen sein könnte."
"Eine Frage noch, Inspektor, " fragte Sherly höflich, ohne den Blick von der
Ermordeten zu wenden "Welches Stück wurde ausgeführt?"
"Oh natürlich, ich vergaß Ihnen das zu sagen, Schwanensee war das Stück."
"Und das Opfer spielte, wie ich annehme, die Rolle des Schwans?"
"Ganz richtig", gab der Inspektor zurück und verabschiedete sich für kurze
Zeit. Er habe eine dringliche Angelegenheit zu erledigen, die sich nicht
verschieben ließe. So waren Sherly und ich allein auf der Bühne, abgesehen von
ein paar Polizisten, die ab und zu wichtige Informationen für die weiteren
Ermittlungen suchten. "Ein netter Mensch, dieser Walter Lupin, aber ein
entsetzlicher Inspektor. Wie hat er es nur geschafft, in so jungen Jahren
befördert zu werden?" sagte meine Mitbewohnerin leise, um die drückende Stille
zu durchbrechen. Dann aber gab sie sich wieder ganz dem Schweigen hin, das
zeigte, dass sie in einer Phase höchster Konzentration war. Aber nach etwa
einer halben Stunde des vergebenen Spurensuchens verließ auch Sherly die
Hoffnung.
"Mein Freund, ich glaube, wir können uns nun nach Hause begeben. Ich werde mir
nur noch schnell eine Liste der Gäste und der Balletttänzer geben lassen und
dann machen wir uns auf den Weg. Ruf doch bitte schon mal ein Cab!"(Ja, genau,
das ist Englisch und heißt Taxi XD)
Auch drei Tage später war kein Ende des Falls in Sicht. Während Sherly
gereizt am Schreibtisch brütete, wandte ich mich den schönen Dingen des Lebens
zu. Gerade kam ich von einer Partie Schach, die ich im Gentleman's Club mit
einem Bekannten gespielt hatte, als meine Mitbewohnerin wütend auf mich zukam.
"Unglaublich", fauchte sie, "Du vergnügst dich mit einem Glas Sherry in der
Hand in deinem Club und ich arbeite mich hier zu Tode. Nicht einmal diese
idiotischen Leute aus dem Opernhaus sind fähig, mir die Informationen zu
liefern, die ich brauche!"
Sherly schimpfte immer weiter, während ich sie erstaunt anschaute.
"Woher weißt du, dass ich Sherry getrunken habe?" fragte ich sie geschockt.
Diese Frau wusste einfach alles.
"Es ist zwar nicht wichtig, das zu erwähnen, aber wenn du es wünscht! Deine
Finger haben es mir gezeigt. Sie zeigen immer noch die Maserung, die nur auf den
Sherrygläsern der Gentleman's Club zu sehen sind. Meiner Meinung nach ist diese
Gesellschaft sowieso absolut sinnlos, aber du scheinst deinen Spaß gehabt zu
haben."
Endlich hatte sich Sherly ein wenig beruhigt, während ich mich weiter über die
Allwissenheit meiner Mitbewohnerin wunderte. Woher wusste sie nur soviel über
meinen Club, wo ihn doch Frauen bekanntermaßen noch nie betreten hatten? Aber
da ich wusste, dass Sherly mir solche Geheimnisse nicht offenbaren würde,
fragte ich sie lieber über den aktuellen Fall aus.
"Hast du immer noch keinen Verdächtigen im Visier?"
"Keinen einzigen! Die Polizei tappt noch im absolut Dunklen und auch ich kann
keine Spuren entdecken, die mich zum Täter führen würden! Dabei denke ich
seit Tagen an nichts anderes mehr! Ach Watson, noch nie habe ich so lange
gebraucht, um einen Fall zu lösen! Ich komme einfach nicht weiter!" jammerte
die Meisterdetektivin, während sie sich ermüdet auf der Couch niederließ. Sie
schloss die Augen, um sich ein wenig zu entspannen, als plötzlich das Telefon
klingelte. Ich hob den Hörer ab und hörte die markante Stimme von Inspektor
Lupin, der dringlich nach Sherly fragte. Diese sprang sofort auf und riss mir
das Telefon aus der Hand. Belustigt legte ich endlich meinen Mantel ab und
beobachtete meine Mitbewohnerin, die kurz darauf das Gespräch schon beendet
hatte.
"Watson!" rief sie "Schnell, wir müssen wieder ins Opernhaus. Ein Mann hat dort
ein Geständnis abgelegt!"
Verwundert griff ich nach meinem Mantel, den ich Sekunden zuvor an einen Haken
gehängt hatte und folgte Sherly nach draußen.
Im Opernhaus selbst hatte sich wieder eine Horde von Polizisten angesammelt und
wir hatten Mühe, uns bis zum Hauptgeschehen vorzukämpfen.
Dort fanden wir einen aufgewühlten Inspektor Lupin, der Sherly kurz das
Geschehen erläuterte.
"Heute um 20:07 Uhr hat sich Michael Buckley vom Opernhaus aus bei der Polizei
gemeldet und gesagt, dass er die Tat begangen haben sollte. Er arbeitet seit
sieben Jahren hier als Elektroniker und machte immer einen anständigen
Eindruck. Mr. Buckley sitzt bewacht im Büro des Inhabers des Hauses. Dort
können Sie in erneut verhören, auch wenn er wohl schon alles gesagt hat."
Lupin führte uns still in das Büro, vor dem zwei Polizisten standen um Wache
zu halten. Auch ich wollte hier draußen warten, doch Sherly zog auch mich in
den Raum. Mr. Buckley saß ruhig vor dem Schreibtisch des Inhabers und gab auch
nach unserer Begrüßung keinen Ton von sich. Meine Mitbewohnerin setze sich auf
einen großen Drehstuhl, während ich mir weiter hinten einen Platz suchte, um
nicht zu stören. Da ich Stift und Papier bereit hatte, konnte ich das Verhör
wortgenau wiedergeben.
"Also Mister Buckley, mein Name ist Sherly Warren und ich muss Ihnen bezüglich
Ihres Geständnisses ein paar Fragen stellen."
"A-aber die Polizei hat mich doch schon verhört, ist das denn wirklich nötig?"
warf der Mann plötzlich ein.
"Wie es scheint sind nicht alle Fragen geklärt, also ist es wohl
unausweichlich, dass auch ich ein paar Antworten bekomme. Nun gut, ich nehme an,
dass Sie das Opfer kannten?"
"Ja, aber ich kannte Miss Donaldson nicht allzu gut. Wir sahen uns nur recht
häufig bei der Arbeit. Ich kümmere mich um die Elektronik hier und deshalb sah
ich sie manchmal beim Training auf der Bühne."
"Wie lang war Miss Donaldson in diesem Opernhaus tätig?"
"Nun, ich denke, so ungefähr zwei Jahre. Aber genau kann ich das nicht sagen."
"Wie war das Verhältnis zwischen Ihnen beiden?"
"Da ich sie nicht unbedingt gut kannte, war ich ihr eigentlich egal. Aber ich
hatte von Anfang an eine Abneigung gegen sie."
"Hatte das einen bestimmten Grund?"
"Eigentlich nicht", der Verhörte schwieg einen Augenblick "Sie war mir einfach
zu hochnäsig."
"Und deshalb..."
"Habe ich sie erschossen, ja."
Es fuhr mir ein kalter Schauer über den Rücken, als er das sagte. Keine Reue
war in seinem Ton zu hören, nicht einmal ein bisschen Mitgefühl. Sherly aber
lies sich davon nicht stören.
"Wie und weshalb haben sie Miss Donaldson erschossen?"
"Es war genau, nachdem die Aufführung beendet war. Sie stand wie immer hinab
lassend auf der Bühne, die anderen Tänzer waren gerade auf die andere Seite
des hinteren Bühnenraumes verschwunden. Kurz bevor der Vorhang gehoben werden
sollte, habe ich einfach abgedrückt. Die Waffe hatte ich schon seit Jahren, ich
trug sie zum Schutz bei mir. Weshalb ich sie erschossen habe, weiß ich selbst
nicht. Wahrscheinlich war es ihr Blick, der mir sagte, dass ich ein niederes
Wesen wäre und unter ihr stehen würde. Die Verlockung, das nie wieder sehen zu
müssen, war einfach zu groß."
Sherly schaute Mister Buckley lange an. Der Mann mit dem schütten Haar konnte
diesem Blick nicht standhalten und blickte beschämt zu Boden. Nach kurzer Zeit
sagte die Detektivin schließlich "Vielen Dank, Mister Buckley, Sie haben mir
sehr geholfen."
Schnell verließ sie das Büro und auch ich stand auf und ging zur Tür. Nachdem
ich diese geschlossen hatte, fragte ich leise "Und Sherly, was denkst du?"
Meine Mitbewohnerin lies einige Sekunden verstreichen, bevor sie antwortete "Es
kommt mir alles etwas seltsam vor. Die einzelnen Teile scheinen nicht richtig
zusammenzupassen."
Dann wandte sie sich an Lupin "Inspektor, am besten wird es sein, wenn sie den
Verdächtigen in Untersuchungshaft nehmen, ich werde aber noch ein wenig
nachforschen."
Bevor wir das Opernhaus erneut verließen, zog Sherly einen gefalteten Zettel
aus ihrer Jackentasche. Es war eine Liste mit Namen, die mir einigermaßen
bekannt schienen.
"Dreizehn Balletttänzer, die erst vor kurzem entlassen wurden oder eine andere
Stelle annahmen. Vier davon haben kurze Zeit mit dem Opfer zusammengearbeitet,
sie sind rot markiert. Hoffentlich finde ich auf diese Weise ein paar
Hinweise."
Wir gingen weiter den Gang entlang, während ich mir die Namen einprägte:
Adriane Miller, Julia Simmons, George Craddock und Cilia Livingstone.
Vor einiger Zeit hatte ich hier ein Ballett besucht und wohl ein paar dieser
Namen auf dem Aushang gelesen. Berühmt waren diese Tänzer noch lange nicht,
doch zeigten sie alle ein gewisses Talent, das ihnen zu Ruhm verhelfen könnte.
Plötzlich unterbrach Sherly meinen Gedankengang und fragte "Kümmerst du dich
George Craddock und Cilia Livingstone? Dann habe ich genügend Zeit, mich mit
den anderen beiden zu unterhalten. Die Telefonnummern stehen daneben, wenn du
sie brauchst."
So schickte sie mich zu einer nahe gelegenen Telefonzelle, von wo aus ich die
Tänzer befragen konnte. Aber leider hatte George Craddock keinen nahen Kontakt
zum Opfer gehabt und Miss Livingstone das Land vor drei Wochen verlassen. Also
kehrte ich ohne aufschlussreiche Informationen zum Opernhaus zurück. Dort fand
ich Sherly, die noch immer mit dem Handy telefonierte. Sie beendete das
Gespräch sehr schnell und schnappte sich schnell ihre Jacke.
"Watson, besser hätte es nicht laufen können. Ich habe mich mit Adriane Miller
unterhalten und erfahren, dass Julia Simmons wegen der Toten entlassen wurde!
Die beiden hatten große Schwierigkeiten miteinander und da das Opfer mehr
Talent aufwies als Miss Simmons, verlor diese ihre Stelle. Wir werden sie
aufsuchen, bestimmt wird uns das viel über das Opfer sagen."
Nach kurzer Zeit mit dem Taxi kamen wir in der Chatwin Street an. Als dort
ankamen wurde uns aber von der Haushälterin berichtet, dass Miss Simmons schon
vor einem Monat zu ihrem Freund gezogen war. Sherly bat die alte Frau um die
neue Adresse und bekam diese auch nach längerem Verhör ausgewiesen. Wieder
folgte eine Taxifahrt, diesmal in ein entferntes Wohngebiet im Westen Londons.
Meine Mitbewohnerin zog den faltigen Zettel aus der Tasche und sagte "Das Haus
da drüben muss es sein. Wir müssen es im dritten Stock probieren." Schnell war
die Wohnung gefunden und der Name verriet uns, dass ein William Bramson hier
lebte. Doch als uns auch nach längerem Klopfen niemand öffnete, wurde ich
ungeduldig.
"Sollen w..." fing ich an zu fragen, als Sherly mich mit einem Zischen
unterbrach und einen Finger auf die Lippen legte. Sie horchte die Tür ab und
sagte kurz darauf "Jemand befindet sich dort drinnen, am besten öffne ich das
Schloss hiermit." Sie hielt mir einen kleinen Dietrich unter die Nase und ich
wunderte mich über ihre unkonventionellen Methoden. Mit schlechtem Gewissen
beobachtete ich, wie die Meisterdetektivin das Schloss bearbeitete und dann die
Tür öffnete. Leise betraten wir die Wohnung und gingen in die Küche, von wo
ein Schluchzen zu hören war. Dort befand sich eine junge Frau, die auf dem
Boden saß und weinte und bei unserem Anblick zusammenschreckte. "Was wollen sie
hier?" fragte sie verstört. "Verlassen Sie sofort unsere Wohnung!"
"Keine Sorge, wir sind nur hier, um sie zu einem Todesfall zu befragen."
Antwortete Sherly leise, wobei die Augen der Frau, von der ich wusste, dass sie
Julia Simmons war, voller Angst weiteten. Schnell warf sie sich schützend vor
eine Tür, die zum Schlafzimmer führte.
"Nein, nein!" schrie sie "Lassen sie uns in Ruhe!"
Von ihrem seltsamen Verhalten misstrauisch gemacht, hielt ich ihre Hände fest,
damit Sherly die Tür öffnen konnte. Vom Schreien von Miss Simmons abgelenkt,
bemerkte ich erst kurze Zeit später den süßlich Geruch von Verwesung und den
entsetzten Gesichtsausdruck meiner Mitbewohnerin. Ein Mann, um die dreißig,
hing aufgehängt an der Decke, und das wohl schon seit Tagen. Sherly berührte
den Leichnam an der Hand und flüsterte "Schon erkaltet und längst steif.
Watson, " rief sie mir zu "Bitte verständige die Polizei, ein Notarzt kann hier
nichts mehr machen."
Ich wartete keine Sekunde und rief schnell die Polizei, die keine zehn Minuten
auf sich warten lies. In dieser Zeit versuchte Sherly, etwas aus Miss Simmons
herauszubekommen. Diese hatte sich ein wenig beruhigt, weinte aber so
erbärmlich, dass man fast kein Wort verstehen konnte.
"Ich schwöre, ich habe ihn nicht umgebracht!" schluchzte sie "Letzte Woche kam
ich wieder in unsere Wohnung, und da hing er. Er hat sich selbst getötet!" Sie
brauchte einige Zeit, bis sie wieder richtig sprechen konnte und fuhr dann fort.
"Dieses Schwein! Sehen Sie, was er mir zurückgelassen hat!" Miss Simmons
reichte Sherly ein Stück Papier, auf dem gekritzelt stand "Ich habe es für
Theresa Donaldson getan, die Frau, die ich liebte!"
Wieder ergriff die weinende Frau das Wort "Diese Verdammte... Sie hat ihn nicht
einmal geliebt! Und aus unerwiderter Liebe hat er sich erhängt! Dabei hatte er
doch mich, wieso hat er das nur getan?" Mit einem Taschentuch wischte sie sich
die nicht enden zu wollenden Tränen ab. Weshalb sie so viel erzählte, weiß
ich bis heute nicht, vielleicht wollte sie einfach ihre Seele erleichtern.
"Ich arbeitete als Ballerina im Opernhaus und tanzte im selben Stück wie
Theresa. William war ihr Manager, doch als sie vor zwei Monaten die Verbindung
zu ihm trennte, nahm er mich unter seine Fittiche. Ich habe ihn wirklich
geliebt, auch wenn er immer nur noch Augen für sie hatte. Ich wusste es die
ganze Zeit aber wollte es einfach nicht wahrhaben. Immer wieder traf er sich mit
ihr und versuchte sie zu überzeugen, wieder zu ihm zurückzukehren. Aber
Theresa hat ihn angeekelt zurückgestoßen und gesagt, er solle sie endlich in
Ruhe lassen. Dieses Miststück! Kurz zuvor hatte sie meine Stelle im Ballett auf
dem Gewissen und dann brachte sie auch noch meinen Freund zur Verzweiflung. Als
ich eines Abends vom Einkaufen zurückkam, habe ich ihn hier gefunden,
aufgehängt und schon tot! Ich brachte es einfach nicht übers Herz, die Polizei
zu rufen und schmiedete einen Plan. Die Teuflin sollte büßen, was sie mir
angetan hatte! Nach der Uraufführung von "Schwanensee" habe ich sie dann
erschossen. All das Blut, das ihren Körper hinunterströmte, das werde ich nie
vergessen. Wie glücklich mich das machte!" Zwischen ihren Schluchzen lies sie
ein schauderhaftes Lachen aufkommen. "Nur dieser Idiot von Buckley hat mich
gesehen. Aber ich konnte ihn für mich gewinnen, da er schon seit Jahren in mich
verliebt ist. Er hat gesagt, dass er mich auf jeden Fall beschützen wird."
Wieder lachte sie, doch nach der kurzen Pause, die sie eingelegt hatte, klang
ihre Stimme belegt und rau "Mein Leben habe ich für William aufgegeben, dabei
hat er mich nicht einmal geliebt! Wie dumm ich nur war."
Während sie wieder mit den Tränen kämpfte, war die Polizei schon angekommen.
Erst als ihr die Handschellen angelegt wurden und sie hinausgeführt wurde,
blickte sie ein letztes Mal zurück. Zurück auf den Mann, der ihr Leben
zerstört hatte.
Eine Woche später kämpften wir immer noch mit dem Geschehenen. Sherly war
inzwischen bei zwei Schachteln Zigaretten am Tag angekommen und überhörte
meine Predigten von Lungenkrebs schon ganz. Dass bald der Prozess um Julia
Simmons beginnen würde, hatte sie in eine schwermütige Stimmung gebracht, aus
der sie nicht so schnell herauskommen würde. Doch gerade mit diesem Fall, an
dem sie so lange zu kämpfen gehabt hatte, wurde sie eine der berühmtesten
Detektive in ganz London.
Kapitel 7: Ende
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So, hiermit schließe ich New Sherlock (vorläufig) ab.
Eine seit Ewigkeiten andauernde Inspirationslosigkeit zwingt mich leider dazu.
Dabei ist New Sherlock meine allererste Story gewesen.
Aber nicht traurig sein, vielleicht kann ich Sherly und Watson noch ein
glorreiches Ende verschaffen.
bye,
eure chibi_zakuro
PS: Das letzte Kapitel wurde gestrichen, da ich mich einfach nicht damit
anfreunden konnte (Wie könnte ich Shery nur besoffen werden lassen?).
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