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Cas - Die Geschichte eines Irken

...der aus dem Kollektiv ausgegliedert wurde
von

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Zuhause

Zuhause
 

Ich hatte nur kurz die Besinnung verloren, denn als ich die Augen wieder öffnete, erkannte ich die schemenhaften Umrisse von Segg, der gerade abwägte, ob diese schlamm- und blutbesudelte Kreatur wirklich ich war.

„Cas! Bist du das?“ Ich lachte, was sich anhörte, als ob ein Stöpsel aus einem verstopften Abfluss gezogen wird.

„Nein“, krächzte ich, „Es ist der Allergrößte höchstpersönlich. Inkognito.“

„Du bist es! Was ist passiert?“ Segg wurde von einer zweiten Gestalt weggedrängt, die sich nun zu mir herab beugte.

„Bist du verletzt?“, fragte Khan, wartete aber gar nicht auf meine Antwort, sondern zog mich ein Stück über den Boden und lehnte mich an eine Wand. Ich wollte protestieren angesichts dieser unwürdigen Behandlung, sog aber nur die Luft zwischen den Zähnen ein, als mein Rücken auf schmerzhafte Weise gegen den Widerstand stieß.

Sterne tanzten vor meinen Augen. Ich sah zu, wie sie mir aufmunternd zublinkten und mich einluden, mich auszuruhen. Ich hatte noch nie nachvollziehen können, warum andere Wesen Schlaf brauchten. Stundenlang lagen sie unkonstruktiv da und sabberten vor sich hin, während die Zeit an ihnen vorüber zog. Khan verschlief ein Drittel des Tages, das war sogar noch mehr, als Segg benötigte. Er hatte mir mal erklärt, dass der Körper diese Phase brauche, um das Erlebte zu verarbeiten und sich von den Aktivitäten zu erhole, neue Kraft zu schöpfen. Ich hatte seine Worte wohl verstanden, aber nicht nachvollziehen können. Was für ein schwacher Körper, der sich so oft erholen muss...

„Cas!“ Ich brummte unwirsch. Kann ich nicht einmal nur nachdenken... Ich genoss es, so sanft in diesem Gedankenstrom vor sich hin zu dümpeln...war das Schlaf?

„Cas! Jetzt mach endlich die Augen auf!“ Jäh traf mich etwas Kaltes im Gesicht.

„Segg! Du Schwachkopf, ich wäre auch so aufgewacht!“ Immernoch leicht benommen sah ich an mir herunter. Ich erkannte mich kaum wieder, so schmutzig war ich.

„Das glaube ich kaum.“, murmelte Segg und kippte einen weiteren Eimer Wasser über mir aus.

„Ich bin wach!! Ja, ich bin wach! Du weißt doch, dass ich Wasser nicht ab kann!“ Ich hatte mir zwar einen Wasserschutz besorgt, aber der hielt nie lange und ich spürte es bereits auf meiner Haut zischen. Ich keuchte.

„Du bist so von stinkendem Schlamm bedeckt, dass man nicht mehr feststellen kann, ob du ein Insektenbau oder ein Lebewesen bist! Wir müssen dich einweichen, wenn du keinen Wert darauf legst, dass wir den eingetrockneten Schlamm mitsamt deiner Haut abziehen!“

Ich knirschte nur mit den Zähnen und ließ es über mich ergehen, den Schmutz von meinem Gesicht abtragen zu lassen.

Schweigend saß ich da, während ich nur am Rande meines Bewusstseins wahrnahm, wie Segg und Khan sich unterhielten. Ich lauschte dem Klang ihrer Stimmen und kam zu dem Schluss, dass die beiden eigentlich ganz in Ordnung waren. Ich blinzelte träge und geriet in einen Zustand, den ich von den Nächten kannte, in denen Khan seine Geschichten erzählte. Ich erinnerte mich an eine der faszinierendsten davon, die er erzählt hatte, als wir nicht hinaus gehen konnten, weil alle vier Monde von Leta am Himmel standen und sich mit ihnen auch einige Kraturen auf der Oberfläche zeigten, die sonst tief in den verlassenen Gebäuden des alten Planeten verborgen lebten. Die Geschichte handelte von einem kleinen, blauen Planeten, auf dem die verschiedensten Lebewesen nebeneinander existierten, die nur ihre Heimat kannten und sich nie an den Kriegen der Galaxien beteiligten. Die Geschichte war im Grunde nicht mehr als eine Ortsbeschreibung, aber das Interessante an ihr war, dass sie Eindrücke von Dingen vermittelte, die es eigentlich gar nicht gab: Ruhe und Natürlichkeit. Es mag sein, dass es sie irgendwo in diesen Weiten gab, mir wren sie jedoch noch nie begegnet. Meine Produktion verlief alles andere als natürlich, meine ursprüngliche Persönlichkeit war bereits in meinen Pak einprogrammiert gewesen und Ruhe- naja, Ruhe gehört nicht gerade zu der ohnehin auf das Wesentliche beschränkten Gefühlspalette eines Irken. Als ich noch dem Kollektiv gehörte, hatte ich einmal einen Eroberer getroffen, Grace, sie hatte mir die Augen geöffnet und gezeigt, dass- „AAAH!“ Ein Schmerz, als ob ich durchbohrt werden würde, durchfuhr meinen Körper und bündelte sich in meiner Kehle, wo er sich mit einem Schrei entlud.

„Ganz ruhig. Cas. Beruhige dich, Cas!“ Ich öffnete schwer atmend die Augen und blickte in die verschwommen wirkenden Gesichter meiner Pfleger. Ich zitterte unkontrolliert. Khan legte beruhigend seine Hand auf meinen Arm, unwirsch schlug ich sie weg. Als sich mein Blick wieder etwas klärte, setzte ich mich vorsichtig auf und stellte erleichtert fest, dass die Schlammschicht herunter war. Ich war zwar immernoch extrem dreckig, aber ich konnte mich wieder bewegen, ohne dass etwas von mir abbröckelte. Ich nickte Khan dankend zu. Dieser bedachte mich mit einem besorgten Blick, der mich unwillkürlich mit den Antennen zucken ließ. Oder eher dem, was davon übrig war.

„Du bist verwundet. Was ist passiert?“

„Ich...wurde entdeckt.“

„Diese verruchten Kreaturen!“, fuhr Segg auf, „Ständig zeigen sie auf irgendwelche Leute und behaupten, es wären Irken und erst nachdem sie ihn tot geschlagen haben, schauen sie nach, ob es wirklich einer ist!“ Ich wollte soeben leise entgegnen, dass sie bei mir richtig gelegen hatten, doch Khan las die Antwort bereits von meinen Augen ab:

„Sie haben aber nicht das Recht, ihren Frust an einem beliebigen Wesen auszulassen, Irke oder nicht!“

„Deine Moralpredigten sind auf diesem Planeten völlig unbrauchbar. Wenn-“

„Ich halte es für angebracht, das später auszudiskutieren...“ Khan wedelte unbestimmt mit seinen Händen, die überflüssig viele Finger hatten. „Erzähl weiter. Haben sie dich erwischt?“

Segg schnaubte. „Dann wäre er ja wohl kaum noch am Leben!“

„Nein, ich...konnte durch die Seitengasse-“

„Dich hat Jemand auf der Hauptstraße enttarnt?!“ Ich nickte und er verbarg resignierend sein Gesicht in den Krallen. „Warum wagst du dich da überhaupt noch hin?!“

„Segg!“ Khan stieß ihn an.

„Als ich vor ihnen weglief, traf mich einer mit...einem Laser oder Feuerball- ich bin einfach weiter gerannt, bis ich umgefallen bin...“

„Dieser Irke ist echt unglaublich!“, rief Segg, doch konnte ich nicht direkt beurteilen, ob dies positiv oder negativ gemeint war.

„Ich hatte mich verirrt und habe die meiste Zeit, in der ich weg war, versucht, den Weg zu finden.“ Plötzlich fiel mir etwas ein: „Ich habe Tuga-Kraut gefunden!“

„Du hast was?!“, fragten Segg und Khan zugleich. Vorsichtig holte ich die nunmehr etwas lädierte Pflanze aus den Überresten meiner Kleidung. Khan nahm sie sogleich aus meiner Hand, so, als würde sie aus iorakischem Laugna bestehen, zupfte ein paar Blätter davon ab und drückte mich zurück auf die Liege. Ich spürte ihn eine Weile an meiner Verletzung herumfuhrwerken. Jedem Anderen hätte ich dafür den Brustkorb zerschnitten, doch ich wusste, dass Khan etwas davon verstand, Wunden zu behandeln. Einen Moment später fühlte ich den Schmerz auf wunderbare Weise schwächer werden, bis er zu einem dumpfen Pochen abgeklungen war.

„So.“, sagte Khan zufrieden, „Das dürfte erst einmal für einige Zeit helfen. Bis dahin solltest du dich wirklich schonen.“

Ich seufzte, schloss die Augen- und schonte mich.



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