Zum Inhalt der Seite

The Queen of Death

Kayako's Secret
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Opa Gorou

Der Weg zu dem Haus des alten Mannes verlief einigermaßen unbeschwert. Ich sah neuerdings schon überall Gespenster, aber diesmal konnte sogar ich auf dem Weg nichts Unheimliches entdecken. Aber was sollte es auch in einem Zug zu entdecken geben?

Nach einer halben Stunde Fußmarsch erreichte ich endlich sein Haus. Aber war es wirklich richtig, zu klingeln? Was war, wenn statt Gorou die Frau darin auf mich lauerte? Möglich war es. Und man konnte nicht vorsichtig genug sein.

Ich überlegte und kam schließlich zu dem Schluss, dass es besser war, zunächst durch die Fenster in die Hütte zu blicken.

Aber ein Blick hinein ließ mich erleichtert aufatmen. Niemand Anderes als sein alten Besitzer befand sich in dem Haus. Ich lief wieder zur Vordertür und ließ den altertümlichen Türklopfer auf das Holz hinabsausen.

Ein Schlurfen war zu hören, dann öffnete Gorou die Tür. Als er mich erblickte, ginste er.

"Na, du bist´s? Ich dachte schon, du besuchst mich gar nicht mehr."

"Wie käme ich denn dazu?"

"Na, das ist schön. Komm doch rein. Bei der Kälte draußen holst du dir noch den bitteren Tod."

Ich trat hinein und ließ mich auf einem kleinen Holzschemel in der Ecke nieder.

"Tasse Tee?"

"Gerne, wenn es keine Umstände macht."

"Aber nicht doch." Der Alte lächelte und stellte einen verrosteten Wasserkessel auf einen Herd, bei dem einen wunderte, dass er überhaupt noch funktionierte.
 

Wenig später saßen wir beide, mit je einer Tasse Tee in der Hand, an einem kleinen Tisch in der Mitte des Raumes.

"So, was führt dich denn zu mir? Du hast dich doch nicht zufällig in diese Gegend verlaufen. Und blass siehst du auch aus. Irgendwelche Probleme?"

Ich seufzte. Vor dem Mann konnte man echt nichts verheimlichen. Aber war ich nicht sogar hergekommen, um von ihm etwas über das Haus zu erfahren?

"Erraten.", murmelte ich.
 

Eine weitere halbe Stunde später hatte ich Gorou meine Geschichte ausführlich berichtet. Er sah nachdenklich aus dem Fenster.

"So. Und nun willst du also von mir wissen, was ich über diesen Fluch weiß. Wieso soll gerade ich was darüber wissen?"

"Ich dachte nur...weil du doch immer gut über so etwas informiert bist."

Er lächelte. "Also gut. Das Haus steht seit genau 16 Jahren leer. Wie du auch schon erfahren hast, hat dort eine Frau, Kayako, mit ihrem Mann und dem elfjährigen Sohn, Toshio, gewohnt. Es lief in der Ehe nicht gut und Kayako liebte schon seit längerer Zeit ihren damaligen Lehrer. Ich glaube aber, dass er diese Gefühle nicht erwidern konnte. Wie dem auch sei, als ihr Mann davon erfuhr, war er außer sich und ermordete in seinem Zorn seine Frau und seinen Sohn. Es heißt, dass seither ein Fluch auf dem Haus liegt und jeder zu Tode kommt, der es betritt."

"Aber warum liegt denn ein Fluch darauf?"

Opa Gorou überlegte lange, bevor er antwortete: "Es heißt, es ist so, wenn eine Person unter großer Wut oder Hass stirbt."

Wieder überlegte er. "Und da gibt es noch was. Aber ich weiß nicht, ob etwas Wahres dran ist. Ein Gerücht, aber wer weiß."

Ich sah ihn erwartungsvoll an. "Was für ein Gerücht?"

Gorou seufzte schwer. "Man behauptet, dass sie auch noch eine Tochter hatte. Aber derartiges wurde nie bewiesen."

"Wie sollte das möglich sein?"

"Nun ja, es hätte ja theoretisch auch sein können, dass sie noch ein uneheliches Kind hatte, vielleicht sogar von ihrem Lehrer."

"Aber hätte ihr Mann dieses Kind dann nicht erst recht umbringen wollen?"

"Vielleicht wusste er bis zum Schluss nichts davon. Wenn Kayako es rechtzeitig in Sicherheit gebracht hat?"

"Gut. Aber man würde doch bemerken, wenn seine Frau schwanger ist, oder vielleicht nicht?"

Opa Gorou sah mich nachdenklich an. "Normalerweise schon. Aber wie gesagt, er schien nicht ein sehr enges Verhältnis zu seiner Frau gehabt zu haben, da kann dann alles möglich sein. Und außerdem – ich habe dir doch gesagt, dass diese Version der Geschichte keineswegs bewiesen ist. Es spricht viel dagegen."

"Glaubst du daran?"

"Es spielt keine Rolle, ob ich daran glaube. Was man nun denkt, ist jedem selbst überlassen."

Das machte Sinn.

"Aber es hat noch keiner geschafft, dem Fluch zu entkommen, oder?"

"Nein.", murmelte der alte Mann traurig. "Bisher nicht."

Mein Magen zog sich zusammen. "Das heißt es gibt keinen Ausweg, dass ich überleben kann?„"

"Nein, ich denke nicht.", sagte Gorou, immernoch unglücklich aussehend. "Pass einfach auf dich auf. Aber ich fürchte, früher oder später kriegt sie dich eh´."

Ich schluckte. "Na ja, ich gehe dann mal wieder, danke für den Tee."

"Ich bringe dich noch bis zur Haltestelle.", sagte Opa Gorou und stand auf. "Ich will nicht, dass sie dich gleich in die Finger bekommt und ich auch noch Schuld bin."

Er griff nach seinem Gehstock.
 

Auch der Rückweg bis zum Bahnhof verlief ohne unangenehme Zwischenfälle, was mich allerdings auch wieder wunderte.

Dort angekommen wartete Opa Gorou noch mit mir auf den Zug und verabschiedete sich dann von mir. Im Gehen wandte er sich noch einmal um.

"Sei vorsichtig. Der Zug ist nicht gerade voll."

"Was meinst du damit?"

Er wiegte bedeutungsschwer den Kopf hin und her. "Ich denke, sie würde die Gelegenheit nutzen. Also sei einfach so vorsichtig wie möglich."
 

Der Zug war wirklich nicht gut besetzt. Wahrscheinlich fuhr niemand, der in einer so verlassenen Gegend wohnte, oft in etwas belebtere Gegenden. Nach den ersten vier Haltestellen war niemand mehr im Abteil außer mir, einer alten Dame mit zerfleddertem Hut und zwei Jugendlichen.

Gorous Worte schwirrten mir immer noch im Kopf umher und zu meiner Bestürzung verließen auch die Jugendlichen an der nächsten Haltestelle den Zug.

Immerhin war bis jetzt noch nichts Besonderes passiert. Und ich musste nur noch drei Haltestellen weiter. Meine Hoffnung wuchs.

Im gleichen Moment begannen die Lichter im Abteil zu flackern. Obwohl es draußen eigentlich hellichter Tag war, konnte man jetzt nur noch wenig sehen.

"Was ist das denn?", hörte ich eine quiekende Stimme hinter mir. Das war wohl der außer mir letzte verbleibende Fahrgast.

"K...keine Ahnung!", stotterte ich. Mein Herz raste. "Anscheinend ist das Licht ausgefallen."

"Hm...ich gehe zum Zugführer. Warte am besten hier." Schlurfende Schritte bewegten sich an mir vorbei zur Abteiltür.

"Nein! Warten Sie!" Doch die Frau war schon im nächsten Abteil verschwunden. Ich sprang auf und rannte zur Abteiltür. Sie war verschlossen. Wie war das möglich? Die Oma hatte sie sicherlich nicht abgeschlossen. Aber wer sonst?

Das Licht war jetzt vollends aus. In Panik lief ich zur Verbindungstür am anderen Ende. Doch auf halbem Weg blieb ich keuchend stehen. Die Tür war aufgeglitten. Und herein kam: SIE.

Kayako war nur als schwarze Gestalt wahrzunehmenund machte eben jenes Geräusch. Mir standen die Haare zu Berge. Was sollte ich tun? Sie kam langsam auf mich zu, hatte anscheinend alle Zeit der Welt. Panisch sah ich mich nach einem Ausweg um. Die Ausgangstür. Ich hastete darauf zu. Natürlich auch verschlossen. Da bemerkte ich einen Hebel. Wahrscheinlich diente er dau, die Tür im Notfall zu öffnen. Ich riss daran herum. Zu meiner Überraschung glitt die Tür auf. Der Zug fuhr immer noch, doch das war mir egal. Ich sprang aus dem Zug und landete schmerzhaft auf den Knien. Sofort rappelte ich mich auf und rannte weiter, fort von Kayako und dem Zug. Ich rannte die verbleibende Zugstrecke entlang, ohne einmal zu verschnaufen oder nachzusehen, ob Kayako mir folgte. Die Passanten warfen mir verwunderte Blicke zu, doch auch das störte mich nicht. Ich hielt erst wieder an, als ich vor dem Internat ankam. Noch nie war ich so eine lange Strecke am Stück gerannt und ich fühlte mich, als hätten meine Lungen sich zusammen gezogen.

Ich lief in mein Zimmer, knallte die Tür hinter mir zu und drehte den Schlüssel herum. Dann zog ich die Vorhänge zu und kauerte mich in einer Ecke zusammen. Nie wieder wollte ich ihr begegnen. Aber ich musste wohl.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück