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Starlight Express-Die Abenteuer von Casey Jones & Rusty

Nach Motiven des Musicals
von

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1. Der unheimliche Tunnel

Starlight Express-die Abenteuer des Casey Jones
 

Das Musical Starlight Express hat mich zu dieser Fanfiction inspiriert. Habe schon vor längerer Zeit damit angefangen und sie wegen anderer FFs ruhen lassen, doch ich will versuchen, sie fertig zu schreiben. Es gibt auch schon einen Schluß, aber vom Mittelteil fehlt mir noch einiges.

Einige der Loknamen und Waggonnamen habe ich beibehalten, einige geändert. Also nicht wundern. Genauso ist es mit den Ländern und Städten. Außerdem habe ich neue Characteure dazuerfunden. Einige der Songs habe ich mit eingebaut, sie gehören natürlich nicht mir, sondern dem Komponisten A.L.Webber und anderen. Genauso ist es natürlich mit den Characteuren. Ich habe auch ein wenig von anderen Serien mit eingebracht, einige werden es später bestimmt merken. Aber ich hoffe, sie gefällt trotzdem und ich hoffe auf einige Kommentare.

Und jetzt gehts los.
 

Kapitel 1

Der unheimliche Tunnel
 

Casey Jones, ein Junge von dreizehn Jahren, lebte mit seinem Vater Peter Jones in dem alten stillgelegten Bahnhofsgebäude des kleinen Städtchens Cloverfield. Caseys Mutter war vor drei Jahren nach einer schweren Krankheit gestorben und seitdem lebten Vater und Sohn alleine zusammen.

Der schlanke, aber robuste Junge mit den rotbraunen Haaren und grünen Augen war eher ein Einzelgänger, der keine festen Freunde hatte. Aber das lag nicht daran, das er kein Selbstvertrauen besaß, er konnte einfach in seiner Umgebung keinen Gleichaltrigen finden, der die gleiche große

Leidenschaft mit Ihm und seinem Vater teilte.
 

Diese Leidenschaft gehörte der Eisenbahn. Auf dem Dachboden Ihres Zuhauses hatten beide eine große Modelleisenbahnanlage aufgebaut. Casey verbrachte viele Stunden dort oben und ließ die verschiedensten Zugmodelle fahren. Aber am liebsten hatten beide die Dampflokomotiven.
 

In letzter Zeit widmeten sich Vater und Sohn eines größeren Projektes. Der Restauration einer alten Dampflok und der dazugehörigen vier Wagen. Und anstatt mit gleichaltrigen Kammeraden etwas zu unternehmen, half er lieber seinem Vater im alten Lokschuppen des stillgelegten Bahnhofs. Im Laufe der Zeit hatte Casey dadurch viel besonderes, technisches Wissen erlangt. Er wußte bereits genau, wie eine Dampflok funktionierte und sogar wie man sie bediente. Auch konnte er bereits kleine Reparaturen ausführen und half tatkräftig bei der Restauration mit.
 

Bis vor zehn Jahren war die Nebenstrecke, die in Cloverfield endete, noch von zwei Zügen befahren worden, aber seit das alte Kohlebergwerk stillgelegt worden war und immer weniger Kohle benötigt wurde, war es auch mit der Bahn vorbeigewesen. Seitdem verrotteten die Gleise und im alten Lokschuppen harrten noch eine alte Dampflok und die verbliebenen, noch nicht abgewrackten Wagen aus.

Auf der anderen Seite der Stadt führte eine neue Schnelltrasse vorbei mit einem neuen Bahnhof, der jetzt „Cloverfield West“ hieß und ein hochmodernes Stellwerk besaß.

Peter Jones hatte lange nach Mitinteressenten gesucht, um gemeinsam mit Ihnen die alte Strecke wieder als Museumsbahn zu eröffnen. Denn es gab immer noch Leute, die Gefallen an nostalgischen Bahnfahrten hatten, besonders mit Dampflokomotiven. Schließlich war der Verein der „Interessengemeinschaft der Cloverfielder Bergwerksbahn“ gegründet worden, der heute zwanzig Mitglieder zählte.

Zwar hätte der Bürgermeister der Stadt lieber Gleise und Zug verschrottet gesehen, um das Gelände für den Bau neuer Industrieanlagen zu nutzen, doch das alte Bahngelände stand unter Denkmalschutz.

Seitdem arbeitete der Verein mit Eifer daran, die stillgelegte Nebenstrecke wieder in Betrieb zu nehmen. Noch lag eine Menge Arbeit vor Ihnen. Vor allem mußten die Lokomotive und die Wagen wieder in Ordnung gebracht werden. Und es mußten Interessenten gefunden werden, die mithalfen, das Projekt finanziell zu unterstützen.

Am Wochenende halfen die Vereinsmitglieder und deren Freunde, sonst arbeitete Peter Jones meist alleine im Lokschuppen. Nach der Schule und den Hausaufgaben half natürlich Casey mit Eifer mit. Er konnte es jedesmal kaum erwarten, bis die Schule vorbei war und es wieder nach Hause ging.

Der Junge erinnerte sich genau noch an dem Tag, an dem man die Lok und Wagen zurück nach Cloverfield gebracht hatte. Bis dato waren sie seit der Stillegung im Betriebswerk Callingut gestanden und hatten auf Ihre Verschrottung gewartet. Eine der beiden ursprünglichen Dampfloks war bereits abgewrackt worden, ebenso eine ganze Reihe von Güter -und Personenwagen. Nur noch eine Lok, drei Personen-und ein Güterwagen waren übriggeblieben und konnten vor dem Abwracken gerettet werden.

Aber sie befanden sich bereits in einem schlechten Zustand und nun waren viele Stunden harter Arbeit nötig, um wenigstens diesen einen verbliebenen Zug wieder fahrtüchtig zu machen.

Die alte, rostige Dampflok hatte es Casey und seinem Vater besonders angetan. Der Junge nannte sie liebevoll „Rusty“, wegen Ihrer unzähligen Roststellen. Der Kessel und das innere Rohrsystem war bereits instandgesetzt worden, nun ging es an die Außenverkleidung. Rost entfernen, defekte Teile ersetzen und neu schwarz lackieren. Dies erledigten beide mit Hingabe und viel Liebe zu Ihrem Hobby, nein, es war wirklich schon eine Leidenschaft.

Caseys besonderes Hobby fand bei seinen Schulkameraden allerdings keine große Begeisterung. Die Kinder seines Alters interessierten sich meistens für modernere Dinge, die schnell und aufregend waren. So blieb der aufgeweckte Junge mit seiner Liebe für alte Dampfloks alleine. Doch das machte Ihm nichts aus. So wurden eben die alte Lok und die Waggons im Schuppen daheim seine Freunde.
 

Besonders George Bullbrock nervte Caseys übertriebene Liebe zu dem alten Bergewerkszug.. Er und seine Kumpel, die eine richtige Bande gebildet hatten, gingen in die selbe Klasse wie der Junge und zogen Ihn mehr als einmal wegen seines Hobbys auf.

Aber Casey war das egal. Wenn er im Lokschuppen bei dem alten Dampfross sein konnte, war er der glücklichste Junge. Seinem Vater machte das ein wenig Sorgen. Denn sein Sohn hatte keine Freunde. Einzig die alte, rostige Lok schien er als Freund zu akzeptieren.

Deshalb ermahnte er Ihn öfters, auch einmal nach draußen mit den anderen Kindern spielen zu gehen. Denn ein Junge seines Alters sollte auch mit anderen Kindern Umgang haben.

„Ach, die haben doch immer nur Ihre Action-.Serien im Kopf! Immer nur diese Ballerei und Weltraumhelden!“ maulte Casey. „Und sie finden alte Züge langweilig und doof! Denen gefallen nur die neuen, schnellen, hochmodernen E-Loks, die am neuen Westbahnhof vorbeirauschen!“

„Aber es ist die Zukunft, mein Sohn. Was wir hier tun, gehört der Vergangenheit an. Wir sorgen lediglich dafür, das sie nicht vergessen wird. Warum willst Du z.B. nicht in die Jugend- Fußballgruppe?“

„Langweilig! Außerdem habe ich keine Lust, mir gegen die Schienbeine treten zu lassen!“

Peter Jones seufzte. Für seinen Sohn gab es nun mal nichts anderes als seine Eisenbahn-Welt.

„Na schön. Aber dann gehe wenigstens etwas an die frische Luft! Es ist ein wunderschöner Frühlingstag draußen!“ sagte er.

Seinem Vater zuliebe tat Casey, was er sagte. Also lief er nach draußen und wanderte über das stillgelegte Bahngelände. Dann stieg er die Leiter der alten Wasserzisterne hoch, an welcher Früher die Loks Wasser gefasst hatten. Aber jetzt war sie leer und für den Jungen ein guter Aussichtspunkt. Von hier aus konnte er die ganze Niederung mit der kleinen Stadt überblicken. Und drüben, auf der anderen Seite konnte er bei klarem Wetter die neue Schnellbahntrasse mit dem neuen Bahnhof und dem Stellwerksgebäude erkennen. Die Zukunft. Es stimmte schon. Dampfloks waren in der heutigen, modernen Zeit nicht mehr rentabel. Sie waren lediglich Relikte aus einer längst vergangenen Zeit. Aber Casey schwohr sich, trotz allem die Erinnerung an diese Dampfrösser wachzuhalten. Denn mit Ihnen hatte alles angefangen.
 

Am Abend fand sein Vater Ihm auf dem Dachboden des Bahnhofshauses wieder über seiner Modelleisenbahnanlage. Hier waren alle Lokomotivenarten vertreten: Dieselloks, die modernen E-Loks und natürlich die verschiedensten Dampflokmodelle.

„Casey, es ist schon spät. Laß deine Züge nach Hause fahren und dann marsch ins Bett! Du mußt morgen wieder früh zur Schule!“

„Och Mann! Kann ich nicht noch ein wenig bleiben?“

„Nein, Sohnemann, es ist Zeit fürs Bett. Keine Widerrede!“

„Okay.“ seufzte Casey und stellte den Steuer-Transformator aus. Dann wandte er sich an seine Modellzüge. “Gute Nacht, Jungs. Bis morgen.“
 

Wenig später sah Peter Jones noch einmal bei seinem Sohn vorbei. Der Junge war noch wach, saß in seinem Bett und starrte nachdenklich zum Fenster hinaus. Es war eine sternenklare Nacht. Auch hier, in Caseys Kinderzimmer drehte sich alles nur um eines: Eisenbahnen und Züge. Wehmütig beobachtete Peter Jones eine Weile schweigend seinen Sohn, der Ihm so sehr an seine verstorbene Frau erinnerte. Die grünen Augen, und das rötliche Haar. Er hatte es von Ihr geerbt. Und sein großes Interesse für die Eisenbahn von Ihm selbst.

Wenn Casey vormittags in der Schule war, arbeitete sein Vater im neuen Betriebswerk der Nachbarstadt. Peter Jones Vater und Großvater hatten Ihren Dienst noch auf diesem alten Bahnhof getan, sein Vater war der Vorsteher dieses Bahnhofes bis zu seiner Stillegung gewesen. Seitdem diente er dessen Nachkommen als Wohnstätte, Casey sowie sein Vater waren auf diesem Gelände aufgewachsen.
 

Der hochgewachsene Mann riß sich aus seinen Gedanken und betrat das Zimmer seines Sohnes.

„Du bist noch wach?“fragte er.

„Ich mußte wieder an Mum denken. Und an das Lied, das sie mir immer vor dem Schlafengehen vorgesungen hat.“

„Ach ja...das Lied vom großen Zug der Sterne, dem Starlight Express.“ seufzte Peter Jones.

„Würdest Du es mir vorsingen?“

„Bist Du schon nicht etwas zu alt dafür?“

Casey schüttelte den Kopf.

„Wenn ich es höre, denke ich immer, Mum ist bei mir. Vielleicht fährt sie ja sogar mit dem großen Sternenzug über den nächtlichen Himmel, sieht von dort oben auf uns herab und gibt auf uns acht.“

„Das wäre möglich. Du weißt ja, der Starlight Express nimmt die Seelen aller Loks und Eisenbahnwagen mit sich in den Himmel, wenn sie hier auf der Erde ausgedient haben. Und auch die Seelen derer, die im Leben der Eisenbahn sehr nahe gestanden haben, auf welche Art auch immer. - Na ja, jedenfalls erzählen das die Eisenbahner Ihren Kindern.“

„Wie die Sache mit dem Weihnachtsmann.“

„Genau.“

„Aber es wurde nie gänzlich bewiesen, das es Ihn nicht gibt. Und genauso kann es mit dem großen Sternenzug sein.“

„Wenn du meinst... Auf jedenfall ist es jetzt Zeit zum Schlafen.“ erklärte Caseys Vater. Dann ließ er sich neben dem Bett seines Sohnes nieder und begann leise zu singen:
 

Wird es um dich dunkel

wird es in Dir still

siehst Du ein Licht leuchten in der Ferne

und hörst Du den Nachtzug,

der dich holen will,

dann folgst auch Du dem Zug der Sterne

Starlight Express, Starlight Expess

wo bist Du? Sag es mir

Starlight Express, Starlight Express

ich bitt dich, komm zu mir.
 

Casey hatte sich zurückgelegt und leise mitgesungen. Und als sein Vater geendet hatte, war der Junge eingeschlafen. Leise erhob er sich von seinem Platz und verließ das Kinderzimmer.

In dieser Nacht träumte Casey von Rusty, der alten Dampflok unten im Schuppen und von all den anderen Lokomotiven und Wagen. In seinen Träumen begannen sie lebendig zu werden, zu menschenähnlichen Geschöpfen, die fühlten und dachten wie er...
 

Als sportlicher Ausgleich war der Junge meist auf seinen Inline-Skatern unterwegs. Jeden Morgen fuhr er mit Ihnen zur Schule und wieder nach Hause, wenn es nicht in Strömen regnete oder Schnee lag. Dann fühlte er sich immer selber etwas wie eine Lokomotive.Im Laufe der Zeit hatte er es mit diesen Rollschuhen zu einer Perfektion gebracht, die seine Schulkameraden mehr als Einmal in Erstaunen versetzte. Selbst eine Wiese oder schlechte Straßenverhältnisse schreckten Ihn nicht ab, darauf zu fahren. Blaue Flecken und andere Blessuren, hin und wieder das Resultat seiner Fahrtests, steckte er locker weg, Casey war hart im Nehmen. Selbst mit dem Skateboard oder dem Fahrrad war keiner so wendig und sicher auf den Rädern wie er.

So rauschte er auch an diesem Morgen auf den Schulhof, sehr zum Ärger von Geroge Bullbrock und seiner Gang. Die Bande stand in den Pausen immer in einer Ecke des Hofes zusammen und überlegte, wem sie heute ärgern sollte. Meist war Casey das Opfer.

Gerade als es zum Schulanfang läutete, hatte er in seine normalen Schuhe gewechselt und seine Roller im Rucksack verstaut. Dann ging es in den Unterricht.

Nach der Schule trat Casey so schnell wie möglich den Rückweg an. George und seine Kumpel machten sich sofort mit Ihren Fahrrädern an die Verfolgung, doch er hängte sie im Stadtverkehr ab. Die Burschen hatten das Nachsehen.

„Warte nur, Casey! Wir kriegen dich! Und dann bist Du dran!“ fluchte George.

Nach dem Mittagessen und den Hausaufgaben ging der Junge gutgelaunt in den alten Lokschuppen. Sein Vater entfente gerade den Rost von einem der Treibräder der alten Lok.

„Ich muß gleich nach Callingut fahren, um die Ersatzteile abzuholen, die Morris mir versprochen hat. Das heißt, ich werde erst gegen Abend zurück sein. Treib dich also nicht den ganzen Tag im Lokschuppen herum, hörst Du? Triff dich doch mit deinen Schulkammeraden und unternehmt etwas.“

„Mal sehen. Wenn sie was interessantes vorhaben. Und wenn sie mich dabeihaben wollen.“ antwortete Casey und kletterte in den Führerstand der Lok. Hier betrachtete er faszieniert die vielen Hebel, zog an diesem oder jenem und wischte mit einem Lappen die verstaubte Druckanzeige sauber. Er kannte jedes Detail dieser Lok genau und wußte, wie man sie bediente. Der Junge war sich sogar sicher, das er sie alleine fahren könnte, wenn sie erst wieder betriebsbereit war.

„Casey!“

„Ja, Dad?“ Der Junge streckte seinen Kopf aus dem Führerhaus.

„Ich fahr jetzt los. Bis heute Abend!“

„Bye!“

Und schon verschwand Caseys Kopf wieder im Führerhaus. Wenig später hörte er, wie sein Vater die Tür zum Schuppen schloß. Dann war der Junge alleine.

„So, Rusty, alter Freund, jetzt sind wir ganz unter uns! Oh Mann, ich kann es gar nicht erwarten, bis es soweit ist und Du mit deinen Wagen endlich wieder fahren kannst! Hey, weißt Du, was ich letzte Nacht geträumt habe? In meinen Träumen warst Du, Rusty und alle deine Lokkumpels -jetzt halt dich fest-Menschen! Ihr hattet Rollerblades an den Füßen und wir sind alle miteinander um die Wette gefahren! Rate mal, wer gewonnen hat? Natürlich wir beide! Wir sind allen anderen davongefahren! Sie haben nur deine Rücklichter gesehen! Ja-keiner kann es besser als die Dampflok! Verrückt, nicht wahr? Oh Mann, Rusty, wir wären sicher ein tolles Team! Ich habe mich wohl von Georges Roboter-Geschichten anstecken lassen. Das sind künstliche Lebensformen, Rusty. Manche haben sogar richtige Gefühle!“

Casey lehnte an der Wand des Führerhauses und ließ sich dann auf den Boden nieder. Auf einmal stutzte er. In der gegenüberliegenden Ecke unter einem der Dampfventile glitzerte etwas. Neugierig kroch er auf den Knien näher, streckte seine Hand aus und holte das glitzernde Etwas zu sich. Dann setzte er sich in das Licht und wischte den anhaftenden Schmutz ab.

Es war eine rechteckige, silbern glänzende kleine Plakette mit einem Bild darauf. Einem Bild, das den Jungen in Erstaunen versetzte. Es zeigte eine stilisierte Dampflok, die in einem weiten Bogen zum Himmel hinaufstieg, umrahmt von mehreren Sternen. Geschrieben stand nichts darauf.

„Wow! Das ist echt toll! So stelle ich mir den Starlight-Express vor! Den großen Sternenzug! Ist das etwa deine Plakette, Rusty? Aber wo war sie befestigt? Ich sehe hier nirgendwo eine Stelle mit vier Bohrlöchern! Na, macht nichts. Leihst Du sie mir eine Weile aus? Ich pass auch gut darauf auf!“

Neben dem Eingang des Schuppen befand sich die große Werkbank. Hier lagerte auch das gesammte Werkzeug und die Maschinen. Casey fand eine starke Kordel, die er durch die oberen beiden Bohrlöcher zog und dann die Enden verknotete. Dann hängte er sich die Plakette um den Hals.

„Schau her, Rusty! Steht mir doch auch gut, oder?“ sprach er zu der alten Lok. “Schade, das Du nicht sprechen kannst, so wie in meinem Traum letzte Nacht. Oder menschliche Gestalt annehmen. Oh Mann, wenn Dad mich so hören würde, würde er wohl an meinem Verstand zweifeln! Oder er würde behaupten, ich hätte eine zu lebhafte Phantasie! Und der fiese George würde mich auslachen. Aber auch wenn Du nur eine leblose Ansammlung von Stahl und Nieten bist, Du hörst wenigstens zu und lachst nicht über mich.-So, und jetzt gehe ich noch etwas Rollschuhlaufen. Für morgen ist schon wieder Regen angesagt. Ich will das schöne Wetter ausnutzen. Bis später!“
 

Kurz darauf fuhr Casey die Straße, die zum alten Bahnhof führte, auf seinen Inline-Skates entlang. Dabei sah er immer wieder auf die glänzende Plakette.

„Haha, aus dem Weg! Hier kommt Rusty, der Starligt Express!“ rief er übermütig. „Keiner kann mich einholen!“

Fröhlich trainierte er seine Fahrkünste und sang dabei immer wieder:“ Woo-woo! Woo-woo! Keiner kann es besser als die Dampflok!“

Casey war so versunken in sein Spiel, das er George und seine Bande fast zu spät bemerkte! Er konnte gerade noch bremsen, sonst wäre er in die fünfköpfige Gruppe hineingerauscht.

„Oh Mann, George! Was wollt Ihr hier?“ fragte Casey.

„Ich habe gerade gehört, was Du da die ganze Zeit singst! Das gefällt mir gar nicht!“ rief der stämmige, Junge drohend. Seine dunkelbraunen Haare waren kurzgetrimmt und standen wie Igelborsten von seinem Kopf ab. Das verlieh ihm ein gefährliches Aussehen, fand er.“Du hast wirklich keinen Respekt vor dem Fortschritt! Keiner kann es besser als die Dampflok...pah! Die heutigen E-Loks und Diesels sind alle zehn mal schneller als diese qualmenden, stinkenden Relikte! Und besser! Du solltest mehr Achtung vor diesen neuen Errungenschaften zeigen! Die Zeit dieser schwarzen Schrotthaufen ist lange vorbei! Deshalb haben sie auch diesen Bahnhof hier stillgelegt und die neue Schnelltrasse gebaut! Das ist Fortschritt, der abgeht! Und mein Vater arbeitet im hochmodernen Stellwerk und steuert alles am Computer! Du weißt ja nicht mal, wie so ein Teil aussieht!“

„Weiß ich doch! Mein Vater hat einen! Und ich kann Ihn ebenfalls bedienen!“

„Trotzdem! Ihr lebt hier abgeschieden in der Vergangenheit und wollt den Fortschritt nicht wahrhaben!“

„Ich habe nichts gegen den Fortschritt! Aber mit den Dampfloks hat alles angefangen!“

„Das war einmal, Du Spinner! Heute gehören diese Schnecken auf den Schrottplatz! Genauso wie diese alte Rostlaube in dem Schuppen da drüben! Ab in die Presse!“

Das ging zu weit! Casey wußte, das George mit dem Fortschritt recht hatte, aber er hatte kein Recht, den alten Rusty und alle anderen Dampfloks zu beleidigen! Lange vor den Diesel- und E-Loks hatten sie immer zuverlässig ihren Dienst versehen und taten es in einigen abgelegenen Regionen dieser Erde noch heute!

„Das nimmst Du zurück!“ rief Casey wütend. George und seine Bande waren zwar zu fünft, doch er hatte keine Angst vor Ihnen. Er vertraute auf seine Schnelligkeit und Fahrkünste mit seinen Inlinern. Bevor sie Ihn erwischen und in die Mangel nehmen könnten, wäre er längst auf und davon.

„Von wegen! Alle stinkenden und rußenden Dampfloks gehören in die Schrottpresse!“ gab George zurück und seine Kumpels stimmten Ihm zu. „Ab in die Presse! Ab in die Presse!“

„Na warte!“ knurrte Casey Er nahm kurz Anlauf, raste auf seinen Rollerskates auf seinen Gegner zu und rempelte Ihn im Vorbeifahren an! George verlor den Halt, kippte auf die Steite und stieß gegen seinen Nebenmann! Da die ganze Bande nebeneinander in einer Reihe stand, entstand ein Domino-Effekt und und alle fünf Jungs kippten mit Ihren Fahrrädern nacheinander wie die jene Spielsteine um, wenn man sie hintereinander aufstellte und den hintersten Stein umkippte. Im Nu lag die ganze Bande fluchend am Boden. Casey hatte mit so einem Ergebnis gar nicht gerechnet und lachte nun über seinen gelungenen Streich!

„Der lacht uns aus!“ rief der dicke Bobby und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Dazu mußte er seinen rechten Fuß aber erst unter seinem Rad hervorbringen.

„Das wirst Du büßen, Casey! Los, Jungs, den machen wir fertig!“ schrie George zornig, der als erster wieder auf die Beine kam.

„Oh-oh.“ murmelte Casey. „Jetzt sind die aber wirklich sauer! Besser, ich verzieh mich!“

Der Junge wendete und fuhr davon.

„Laßt Ihn nicht entkommen!“ hörte er George hinter sich brüllen. Als er zurücksah, merkte er, das drei der fünf Jungs bereits wieder auf Ihren Rädern saßen und sich an seine Verfolgung machten! Und da passierte es: Casey hatte nicht darauf geachtet, das er auf den Bahndamm zufuhr und schon raste er den steilen Hang hinunter auf die Gleise zu! Er versuchte zu bremsen, doch auf dem rutschigen Gras griffen die Bremsklötze nicht! Dazu kam noch, das George und die anderen Jungs, nun wieder vollzählig, Ihn mit Ihren Rädern hart auf den Fersen waren!

„Die sind ja wahnsinnig! Wenn einer mit dem Fahrrad stürzt, kann er sich den Hals brechen! Das gillt auch für mich!“ dachte der Junge.

Fast hatte er die ersten Gleise am Fuß des Hanges erreicht. Davor führte ein kleiner Kiesweg neben den Schienen entlang. Dieser wurde früher vom Wartungspersonal der Strecke begangen.

„Jetzt muß ich schnell reagieren!“ schoß es Casey durch den Kopf. Als er das Ende des Hanges erreicht hatte, fuhr er eine scharfe Rechtskurve, verlagerte seinen ganzen Körper zum Hang hin und es gelang Ihm, auf dem Kiesweg einzuschwenken und abzubremsen! Eine Wolke aus Staub und Kieselsteinchen wirbelte auf.

„Das ist ja nochmal gutgegangen! Wäre ich gegen die Gleise gefahren, hätte ich wohl nen´ Freiflug mit Bruchlandung hingelegt!“ keuchte Casey. Dann sah er nach seinen Verfolgern. George folgte Ihm todesmutig auf seinem Mountainbike, das für solche extremen Gefälle gute Griffigkeit bot, Ihm folgten zwei seiner Freunde. Die übrigen Zwei, der dicke Bobby und Robert, hatten Ihre Räder zur Sicherheit oben gelassen und rutschten auf Ihren Hosenboden hinterher. Sie trauten sich wohl nicht,ein derartiges Gefälle mit dem Fahrrad zu überwinden, offensichtlich waren diese Beiden noch die vernünftigsten von dem ganzen Haufen.

„Vorwärts, Jungs! Gleich haben wir den Mistkerl!“ feuerte George seine Kumpel an. Casey hastete weiter den Kiesweg entlang, Die feinen Steinchen machten das Vorwärtskommen schwieriger, da sie sich immer wieder an den Gummirollen festsetzten. Aber er wußte, was Ihn erwartete, wenn Sie Ihn erwischten! Prügel von zehn Fäusten! Casey konnte sich zwar zur Wehr setzten, doch gegen die fünf stinksauren Jungs würde er alleine nicht ankommen!
 

Zur gleichen Zeit, auf einer anderen Welt, in vielleicht einer anderen Dimension...

Rusty hetzte keuchend und schnaufend über die Wiese, die Räder seines Fahrgestells pflügten durch das Gras. Seine Verfolger holten immer mehr auf, er wußte, wenn er nicht bald ein Versteck finden würde, würden Ihn die anderen erwischen. Eine Verfolgung mit diesem Tempo hielt er nicht lange durch...
 

Schließlich hörte der Kiesweg auf und wurde zu einem Pfad aus festgetretener Erde. Dazu ging es leicht bergab und Casey konnte seinen Lauf beschleunigen. Die drei Verfolger auf Ihren Fahrrädern waren Ihm noch immer hart auf den Fersen. Robert trabte hinterher, nur Bobby war etwas zurückgefallen. Rennen war eben nicht seine Stärke.

„Bleib endlich stehen, Du entkommst uns ja doch nicht!“ brüllte George.

„Damit Ihr mich verkloppen könnt? Fünf gegen Einen? Vergiß es!“ rief Casey und nahm mehr Anlauf, um noch schneller zu werden. Das leicht abschüssige Terrain machte es Ihm leichter, war aber auch für seine Verfolger von Vorteil. Als er genug Schwung hatte, ging Casey in die Hocke und ließ sich rollen. Mit atemberaubendem Tempo ging es vorwärts. Dabei suchten die Augen des Jungen nach einem möglichen Vesteck. Denn langsam begann Ihm die Puste auszugehen. Als er zurücksah, stellte er fest, das sich der Abstand zwischen Ihn und seinen Verfolgern etwas vergrößert hatte. Dabei bemerkte er nicht das Hindernis, das nun vor Ihm auftauchte: Ein Tunnel, in dem zwei Gleise verschwanden, dessen Eingang aber mit Brettern bis oben hin vernagelt war! Casey bemerkte zu spät, das es vor Ihm nicht mehr weiterging! Verdammt, daran hatte er nicht mehr gedacht, das der alte Tunnel vernagelt worden war, denn er kam nur selten so weit hinaus auf das Gleis. Der Tunnel war aus Sicherheitsgründen an beiden Enden zugenagelt worden, mit den Restaurationsarbeiten wollte man nächsten Monat beginnen. Casey versuchte zu bremsen, doch er hatte bereits zu viel Schwung. Mit einem Aufschrei riß er die Hände vor das Gesicht und rauschte im nächsten Moment krachend durch die morsche Bretterwand!
 

Inzwischen sah es auch für Rusty nicht gut aus. Seine Verfolger hatten Ihn fast eingeholt und nahmen Ihn von zwei Seiten in die Zange! Sechs schwarzgraue Gestalten schlossen immer enger zu Ihm auf und zwei liefen kurz darauf auf gleicher Höhe mit Ihm! Sie waren ebenfalls auf Rollschuhen unterwegs, mit raumgreifenden Schritten hielten sie mühelos sein Tempo. Plötzlich stellte er mit Entsetzen fest, das vor Ihm das flache Ufer eines breiten Flusses begann! Da vorne ging es also nicht weiter! Er musste sofort anhalten, sonst landete er noch im Wasser!

Plötzlich sprürte er einen heftigen Stoß in seinem Rücken! Rusty verlor den Halt und stürzte bäuchlings in den weichen Uferschlamm! Da lag er nun keuchend und konnte sich nicht mehr rühren.

„Wir haben Ihn!“ vernahm er die triumphierenden Rufe seiner Verfolger.
 

Kurze Zeit später hatten auch George und seine Jungs den Eingang des Tunnels erreicht. Hier schöpften alle zuerst einmal kurz Atem. Dann spähte der Anführer durch das entstandene Loch in der Bretterwand. Doch er konnte außer schwarzer Dunkelheit nichts erkennen.

„Kannst Du Ihn sehen?“ fragte Roger.

„Nein. Vielleicht ist er bereits tiefer hineingelaufen.“

„Sollen wir Ihm etwa da hinein folgen?“ fragte Bobby. Als George die verunsicherten Gesichter seiner Kumpel bemerkte, wurde er wütend.

„Was ist? Habt Ihr etwa Angst?“ fragte er drohend.

„Mein Dad hat mir erzählt, das es da drinnen spuken soll!“

„Genau. Meine Oma hat gesagt, das vier Jahre, bevor die Strecke stillgelegt wurde, ein Arbeiter im Tunnel bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen ist! Seitdem spukt sein Geist im Tunnel!“ stimmte Roger Bobby zu.

„Mann, ich hätte nicht gedacht, das Ihr solche Memmen seid! Geister gibt’s nicht! Das haben die euch nur erzählt, damit wir von dem Tunnel fernbleiben! Also los jetzt! Hat einer von euch eine Taschenlampe dabei?“ rief George ärgerlich.

Seine Jungs verneinten.

„Dann macht das Loch größer, damit mehr Licht ins Innere fällt!“
 

Das Krachen der Bretter, die die Jungen von außen lostraten, riß Casey aus seiner Benommenheit. Er war etwa zehn Meter hinter der Bretterwand neben dem rechten Gleis zu Boden gestürzt. Wie durch ein Wunder war er unverletzt geblieben, bis auf ein paar blaue Flecken. Aber bei denen würde es nicht bleiben, wenn er George und den anderen Vier in die Hände fiel!

„Mann, sind die sauer auf mich! Wenn die mich haben, blüht mir was!“ dachte er. Langsam bekam er es mit der Angst zu tun. Also erhob er sich schnell wieder und lief weiter in die Dunkelheit hinein.

„Da läuft er, George!“

„Ich seh´s, Henry! Jetzt bist Du fällig!“

Mit lautem Gejohle stürzte die Bande in den dunklen Tunnel. Casey versetzte Ihre Enschlossenheit mehr und mehr in Angst. Gaben diese Burschen denn niemals auf? Vielleicht fand er hier in der Dunkelheit irgendeinen versteckten Winkel, wo er sich verbergen konnte und seine Verfolger Ihn übersehen würden...
 

Caseys Verfolger kamen immer näher. Und dem Jungen blieb nur noch die Flucht nach vorne. Während er rannte, begann auf einmal die silbern glänzende Metallplakette, die er noch immer um den Hals trug, und auf seiner Brust hin -und hertanzte, zu glitzern, obwohl es im Tunnel kein Licht gab.

„Verdammt, Rusty! Ich wünschte, Du wärest jetzt bei mir! Als großer, starker Freund, der mich vor diesen Schlägertypen beschützt! Rusty...“

Mit diesem innigen Wunsch im Herzen lief Casey noch einen Schritt-dann hatte er plötzlich keinen Boden mehr unter den Füßen und stürzte mit einem Aufschrei in die Tiefe...

Als George und seine Bande wenige Augenblicke später den Platz erreichten, war keine Öffnung im Boden zu sehen.

„Habt Ihr das gehört? Da hat doch einer geschrien!“ rief Robert erschrocken.

„Ja, das war Casey! -Hey, Casey! Wo steckst Du?“ rief Bobby.

„Vielleicht ist Ihm was passiert! In der Dunkelheit sieht man ja nicht, wohin man läuft! -George! Wir sollten wieder zurück gehen und die Polizei oder die Feuerwehr holen! Vielleicht ist da vorne ein Loch oder so was im Boden und Casey ist da reingestürzt!“

„Spinnst Du, Rick? Was glaubst Du, was dann los wäre! Los, wir verschwinden! Und wenn jemand uns nach Casey fragt, wir haben nur gesehen, wie er in Richtung des alten Tunnels lief, mehr nicht! Ist das klar?“

„Ja, Boß.“ nickten die anderen Jungen. Dann eilten alle Fünf nach draußen und ließen die Frage nach Caseys Verbleib im Dunkel des alten Tunnels zurück...
 

Rusty wurde an den Füßen vom Flußufer weggeschleift und auf die Füße gezerrt. Inzwischen war zu den sechs Gestalten eine Siebte hinzugekommen. Sie überragte die anderen um einen Kopf und baute sich nun vor Rusty auf. Da sie das helle Sonnenlicht im Rücken hatten, waren Ihre Konturen nur als dunkle Schatten zu sehen.

„Rusty-Boy, wir müssen ein ernstes Wort miteinander reden!“ sagte sie mit einer Stimme, in der Hochmut und Verachtung für seinen Gegenüber mitschwangen.

„Schon wieder, Greaseball?“

„Man hat mir geflüstert, Du hättest wieder das Lied gesungen! Jenes Lied, von dem ich Dir gesagt habe, das ich es nie wieder hören wollte!“

„Keiner kann es besser als die Dampflok?“

„Yeah, Kleiner! Du hast wohl noch immer nicht genügend Respekt vor Diesel, was?“

„Doch, Graseball, das habe ich! Ihr seid ja leider viel schneller und stärker als ich.“ meinte Rusty kleinlaut.

„Wer´s glaubt, wird seelig, Baby! Und dann heute morgen: Du hast mit deinem riesen Dampfstoß und deinem Rußstaub meine Frisur ruiniert! Und als dich dann nach getaner Arbeit meine Jungs zu einer Unterredung abholen wollten, bist Du einfach getürmt und wir mussten dich bis hierher vor die Stadt verfolgen! Das war nicht sehr nett, Rusty!“ erklärte Graseball mit gespielter Freundlichkeit und hob mahnend den Zeigefinger.

„Hey, das war keine Absicht! Ich musste den Dampf ablassen! Die Güterwagen waren ziemlich schwehr und mein Kessel hatte zu viel Druck! Er wäre geplatzt, hätte ich nicht den Druck verringert!“

„Das wäre kein großer Verlust gewesen!“ meinte Greaseball höhnisch. Die Übrigen lachten.

Rusty ignorierte diese Beleidigung und rief: „Rußstaub fliegt immer, wenn ich unterwegs bin! Außerdem sind deine Haare eh schwarz! Was kann ich dafür, das Du gerade vorbeikommen musstest und in die Dampfwolke geraten bist!“

Greaseballs Miene verhärtete sich.

„Eine ganze Menge!“ rief er und versetzte Rusty einen derben Stoß! Der taumelte zurück, gegen einen von Greaseballs Kumpanen, und dieser versetzte Ihm einen Stoß in den Rücken! Rusty verlor das Gleichgewicht und fiel wieder bäuchlings zu Boden.

„Ich hätte entgleisen und mir Beulen in meine Chromhülle holen können! Oder Schlimmeres!“

fuhr Graseball mit drohendem Unterton fort. Gleichzeitig spürte Rusty, wie sich etwas schwehr auf seinen Rücken setzte und Ihn am Boden festnagelte.

„Gar nichts wäre Dir passiert! Die Wolke hat sich doch gleich wieder verzo-aaah!“

Graseballs Hand legte sich auf Rustys Hinterkopf und drückte sein Gesicht in den feuchten Dreck.

„Der Fall ist klar, Boys! Er hat immer noch nicht gelernt, genügend Respekt vor uns zu haben! Aber den bringen wir Ihm jetzt bei!“

„Aaah! Hört auf!“ keuchte Rusty, als sein Gegner summend seinen Kopf mit beiden Händen ergriff und grob hin-und herdrehte, dann flehte er leise: „Starlight Express! Bitte, wenn Du irgendwo da draußen bist, hilf mir! Ich brauche dich! Die nehmen mich sonst auseinander!“

Plötzlich begann für alle unbemerkt, eine kleine Plakette an Rustys Hals zu glitzern...
 

Wie lange Casey fiel, wußte er nicht. Aber er hoffte, das sein Fall bald zu Ende sein möge und er eine weiche Landung hatte. Denn er fürchtete sich schrecklich. Dann aber entdeckte er das Glitzern der Plakette.

„Willst Du mich irgendwo hinführen? Wohin geht meine Reise?“ fragte er seinen Talisman leise. Plötzlich entdeckte er unter sich einen Lichtschein, der sich rasch vergrößerte und näherkam. Und Casey stürzte auf dieses Licht zu!
 

„Bitte! Hör auf!“ flehte Rusty. Graseball saß immer noch auf seinem Rücken und hielt Ihn am Boden. Dabei wirkte beinahe sein ganzes Gewicht auf den armen Rusty ein.

„Du brichst mir mein Rückgrat mit deinem Tonnengewicht!“ klagte er.

„So was hast Du doch gar nicht, Du rostiger Teekessel!“ höhnte einer der Anwesenden.

Plötzlich erfüllte ein Donnergrollen die Luft. Alle sahen nach oben.

Im nächsten Moment wurde die ganze Gruppe von einem hellen Licht am Himmel geblendet!

„Aah! Was ist das? Für heute war doch kein Gewitter angemeldet!“ fluchte einer von Graseballs Kumpel.

„Du hast doch wohl nicht etwa Angst, Steel?“ scherzte sein Nebenmann.

„Gleich kriegst Du Angst, Copper!“ knurrte die schwarz-gelbe Gestalt und drohte mit seiner rechten Faust.

„Mann, war doch nur´n Scherz!“
 

So schnell wie das helle Licht gekommen war, so schnell war es auch wieder verschwunden.

„Also das Wetter heutzutage...na, Rusty? Du hast wohl gedacht, dein Starlight Express würde Dir zu Hilfe kommen! Wir alle wissen, das Du noch an dieses Kindermärchen für kleine Loks glaubst! Wirklich erbärmlich!“ höhnte Greaseball und lächelte böse. „Und nun, mein lieber Rusty, werden wir-GAAAH!!“

Er konnte den Satz nicht mehr zu Ende sprechen, denn im selben Moment landete Etwas direkt auf seinem Kopf und plättete seine Frisur! Es war Casey, der mit seinem Hinterteil von Graseballs Kopf abgeprallt war und nun unsanft im Gras landete! Gleichzeitig verlosch das Glitzern auf den beiden Plaketten, als hätten sie Ihren Dienst erfüllt.

„Auuah! Mann, war das hart!“ klagte er und rieb sich seine schmerzenden vier Buchstaben. Als er wieder seinen Blick hob, glaubte er, seinen Augen nicht zu trauen!

Vor Ihm befanden sich sechs seltsam aussehende Gestalten, die eine noch merkwürdigere Gestalt im Halbkreis umringten. Auf den ersten Blick sahen sie wie Menschen aus. Doch sie waren äußerst merkwürdig gekleidet. Die ersten sechs trugen schwarz-rote oder schwarz-gelbe Overalls mit Arm-und Knieschützern und seltsame, eckige Helme auf dem Kopf, die nur die Augen freiließen. Obenauf waren je zwei Scheinwerfer angebracht. Auf den Schultern entdeckte er kastenartige Aufbauten, man könnte diese Gestalten am ehesten für Tiefseetaucher halten. Und sie sahen alle fast glieich aus. Aber an den Füßen trugen sie Schuhe mit Rollen! Keine Inline-Skates, wie Casey sie an den Füßen hatte, sondern noch die altmodische Variante mit vier Rädern und einem Stopper vorne an den Spitzen.
 

Auf der Wiese war es totenstill geworden und die Gruppe starrte den Neuankömmling überrascht an.

Selbst Rusty hob für einen Moment den Kopf um nachzusehen, was seine Peiniger so aus dem Konzept geworfen hatte.

„Hey! Wo kommt der denn auf einmal her, Big „G“ ? Was ist das denn für ein Wicht?“ rief schließlich der Schwarzgelbe, der sich Steel nannte und deutete auf Casey.

Greaseball, der von seinen Anhängern und Fans gerne Big „G“ genannt wurde, drehte sich in Richtung des Jungen. Er war sicher gut über zwei Meter groß, wenn er ersteinmal stand und trug einen Einteiler, der Casey an eine glänzende Rüsung erinnerte. An eine Rüstung mit Chrom und Messingbeschlägen, die in der Sonne glänzten. Er bot wirklich einen imposanten und stolzen Eindruck. Und auch er trug diese Rollschuhe. Allerdings keinen Helm, sondern eine übergroße Haartolle, an der er jetzt verärgert herumzupfte.

„Es ist mir egal, wer er ist und woher er kommt! Tatsache ist, das er mir meine Frisur ruiniert hat!“ grollte Graseball und versuchte, seine Haartolle wieder in Ordnung zu bringen, die Casey bei seinem Aufprall geplättet hatte. “Und Ihr wißt, Boys, was passiert, wenn einer meiner Frisur so etwas antut..“

Die hühnenhafte Gestalt warf dem Jungen einen eisigen Blick zu!
 

„Lauf weg, Junge!“ ächzte auf einmal jemand zu Greaseballs Füßen. Casey senkte seinen Blick und entdeckte den Achten dieser seltsamen Gruppe. Sein Einteiler war ein buntes Fleckenmuster aus rostrot und schwarz, auch er trug keinen Helm, sondern nur ein rot-gelb-schwarzes Stirnband das die Strähnen seines schulterlangen, braunen Haares aus dem Gesicht hielt. Hinten auf seinem Rücken befand sich eine Art rechteckiger Tornister, vorne auf der Brust war eine seltsame Vorrichtung zu erkennen, die den Jungen an die Kesselklappe einer Dampflok erinnerte. An den Ellenbogenschützern ragten kleine Nachbildungen von Puffern heraus, ebenso am unteren Ende des rechteckigen Tornisters. Auch die Knie waren mit Schützern versehen und als Grundausstattung bei allen Loks vorhanden. Und an den Unterarmen bemerkte Casey drei stilisierte silberfarbene Räder, das dritte bedeckte den mit Handschuhen geschützen Handrücken.

Mit gequältem Blick sah das fremdartige Wesen zu Casey hinüber, ein jugendliches, sanftes Gesicht. Und als die Augen der beiden sich trafen, durchfuhr dem Jungen die Erkenntnis wie ein Blitz!

„Rusty!“ rief er. Sein Traum schien wahr geworden zu sein! Zu Füßen dieses großtuerischen, glänzenden Typen lag sein Freund, den er sich so dringend gewünscht hatte! Eine Lok, eine Dampflok in menschlicher Gestalt! Es gab keinen Zweifel, denn Casey bemerkte deutlich den Geruch von Rauch, Kohle und Öl, wie bei der alten Dampflok, die Zuhause im alten Schuppen stand. Und all die anderen Anwesenden erinnerten Ihn ebenfalls an Lokomotiven!

„Das sind die Loks aus meinen Träumen! Bin ich vielleicht ohmächtig und träume das alles nur?-Aber ein schmerzender Hintern und Gras, das ich fühle und rieche, kann wohl doch kein Traum sein! Ich fasse es nicht! Meine Träume sind zum Leben erwacht! Es scheint wirklich eine Welt zu geben, wo Lokomotiven wie Menschen aussehen! Und ich bin mittendrin! Wow!“ dachte Casey und blickte sich mit großen Augen um. Es war ein faszinierendes Erlebnis für den Jungen, seine Traumwesen nun plötzlich real vor sich zu sehen. Aber es schien, als sei Casey vom Regen in die Traufe gekommen, denn hier gab es ebenfalls Ärger! Und er steckte mittendrin!

„Oh Mann! Erst George und seine Bande, und jetzt auch noch diese Lok-Typen, die den armen Rusty quälen! Was für ein Tag!“ dachte er.

Greaseball erhob sich und machte einen Schritt auf Casey zu! Der Junge wollte noch ausweichen, doch es war zu spät. Er wurde hinten am Kragen gepackt und hochgehoben.

„Sieht aus wie ein Mensch. Aber er hat Räder an den Füßen wie wir! Die sind ja hintereinander angeordnet, statt nebeneinader! So was verrücktes! Damit kann man doch nicht fahren!“

„Klar kann man das, Schmalzlocke! Laß mich runter, dann zeig ich´s Dir! Ich bin der schnellste Inline-Skater in meiner Stadt! Und Du bist nichts weiter als eine Protz-Lok!“

„Hey, wie redest Du mit Big „G“? Er ist die stärkste und die schnellste Lok!“ rief Copper ärgerlich.

„So wie Du riechst, fährst Du auf Diesel, nicht wahr? Da wo ich herkomme, gehören Dieselloks schon zum alten Eisen!“ rief Casey und staunte, wie viel Mut er besaß, sogar einem fast-zwei-Meter Diesel zu trozten!

„Also das muß ich mir nicht gefallen lassen, Du elender Wurm! Kein Mensch wagt es so mit mir zu reden!“ rief Greaseball zornig und mit einem Schwung schleuderte er den Jungen ins Gras zurück. “Aus meiner Stadt bist Du nicht, deshalb lasse ich dich laufen! Aber laß dich bloß nicht auf meinem Bahnhof blicken!“
 

Rusty hatte die Ablenkung genutzt, um wieder auf die Beine zu kommen. Aber schon war der Diesel wieder zur Stelle und stieß Ihn um!

„Langsam, Rusty! Wir sind noch nicht fertig!“

„HEY! Laßt Ihn in Ruhe! Sieben gegen Einen! Findet Ihr das fair?“ rief Casey erbost, lief auf den am Boden liegenden zu und stellte sich schützend vor Ihn! Hier war sein lang gewünschter Freund, der Hilfe brauchte und das gab dem Jungen den Mut, sich für Ihn einzusetzen.

„Du bist ja immer noch da!“

„Ich habe keine Angst vor Dir, Schmalzlocke! Was hat Rusty Dir getan?“

„Dieser Rosteimer hat mich beleidigt und mich beinahe zum Entgleisen gebracht! Aber das geht dich nichts an, also verschwinde endlich! Das ist eine Sache zwischen uns Lokomotiven!“

„Und ob es mich was angeht! Rusty ist mein Freund!“

„Dieser alte Rosteimer? Der Dampfer? Keiner hat heute mehr eine Dampflok zum Freund! Und schon gar nicht so einen roststichigen Teekessel, wie den da!“

„Oh doch! Rusty hat mich! Und er ist eine Dampflok, kein Kochgeschirr!“

Greaseball und die anderen begannen schallend zu lachen. Der Gedemütige warf Casey einen dankbaren, aber auch besorgten Blick zu.

„Du solltest wirklich besser verschwinden, Junge!“ riet er Ihm abermals. Doch Casey ignorierte seinen Rat. Er wußte, das das, was er tat, richtig war.

„Ich wette, Du hast wegen deiner Verrücktheit sicher keine Freunde unter deinesgleichen!“ höhnte eine weitere der schwarzen Dieselloks mit Namen Lead.

„Das stimmt.“ entgegnete Casey kleinlaut. Doch dann wurde sie sofort wieder fester.„Aber es ist mir egal! Ich stehe zu Rusty!“

„Dann wird es uns ein Vergnügen sein, dich ebenfalls plattzumachen!“ grinste Greaseball und baute sich vor den Beiden auf.

„Hey, Big „G“! Vergiß nicht das Rennen gegen Krokodil, den angereisten Herausforderer aus Emmental !“ fiel plötzlich Steel ein.

„Du liebe Zeit! Natürlich, ich muß mich vorbereiten!-Okay, Boys, die beiden gehören euch! Viel Spaß, aber treibt es nicht zu toll, sonst gibt’s Ärger mit dem Bahnhofsvorsteher! Und wir wollen es uns doch nicht mit dem großen Boß verderben.“

„Klar, Boß!“

„Also, bis später! Und beeilt euch, Ihr wollt doch schließlich sehen, wie ich wieder als Sieger hervorgehe!“

„Oh Mann! Einbildung ist auch ne´ Bildung!“ bemerkte Casey angewiedert. „Der Kerl ist so schmierig wie der Treibstoff, mit dem er läuft!“

Als Greaseball sich entfernt hatte, schlossen seine Kumpane den Kreis um Rusty und Casey. Der Junge konnte deutlich das hämische Grinsen unter den Visieren Ihrer Helme sehen. Er stand da, hatte die Hände zu Fäusten geballt und starrte herausfordernd in die Runde. Äußerlich mochte er selbstsicher wirken, aber innerlich bebte er doch vor Angst. Was konnte er alleine gegen diese ausgewachsenen Dieselloks ausrichten? Und diese Angst spürte Rusty. Und die Hoffnung, das er Casey beistehen würde. Nein, er konnte nicht zulassen, das diese Kerle dem Jungen, der so plötzlich aus heiterem Himmel aufgetaucht war, etwas antaten! Die Sitouation war ziemlich brenzlig!

„Hey, Jungs! Laßt den Kleinen in Ruhe! Ich bin es, den Ihr wollt!“ rief er.

„Sieh mal einer an! So mutig auf einmal?“ höhnte eine weitere Diesellok aus dem Sextett mit Namen Brass.

„Ihr kriegt ne´Menge Ärger, wenn Ihr einem Menschenkind etwas antut!“

„Natürlich!“ nickte Lead und witzelte mit überdrehter Stimme: “Hilfe, man wird uns verschrotten!“

Alle sechs brachen in schallendes Gelächter aus. Während Rusty versuchte, das unvermeidliche herauszuzögern, tastete seine rechte Hand nach etwas in Höhe seiner Brust. Im Nächsten Moment ertasteten seine Finger das gesuchte Objekt. Schnell zog er es hervor und setzte es an den Mund!

Sekunden später durchschnitt ein gellender Pfiff die Stille! Alle sechs Gegner schrien gepeinigt auf und pressten Ihre Hände auf die Stellen Ihrer Helme, worunter die Ohren lagen.

„Aaah! Meine Ohren!! Tut das weeh!!“ jammerten sie

„Nichts wie weg!“ schrie Copper, als abermals dieses penetrante Geräusch erscholl! Auch Casey klingelten die Ohren und er presste seine Hände dagegen.

„Wir sprechen uns noch, Rusty!“ knurrte Steel und mit schmerzenden Trommelfellen suchten Graseballs Handlanger das Weite.

„Hey, Rusty, das war echt toll!“ rief Casey. „Mir hätte es fast meine Trommelfelle zerfetzt! Aber es hat gewirkt! Die hauen ab!“

Rusty aber lag keuchend auf der Seite und schnappte nach Luft.

„Oh Mann, Dir scheint die Puste ausgegangen zu sein!“

„Tut-mir ...leid, aber...ich ...habe -eigentlich...nicht die ...Kraft ..dafür!“

Im nächsten Moment klappte Rusty entgültig zusammen und fiel in Ohnmacht.
 

(Fortsetzung folgt...)



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