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Western Spirits

von

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Where the Eagles fly II

Als der Recke seinen Freund losgelassen hatte, verhalf die Kraft einer Druckwelle zu dem Erfolg der Aktion. Gleichzeitig sorgte sie jedoch auch dafür, dass der Recke darunter, und unter der Erschütterung, ins Rutschen geriet und halb mit dem Rücken zum Eingang auf seiner rechten Schulter landete. Der Schotte sah noch eine Welle von Staub und Gesteinsbrocken auf sich zu kommen, doch der Druck verhinderte, dass er die Arme schützend vor das Gesicht heben konnte. Scharfkantige Geschosse schrammten über seinen Anzug und hinterließen lange Kratzer. Er versuchte sein Gesicht zum Boden zu wenden und seinen Kopf zu schützen. Dann umgab Schwärze ihn.
 

Colt rollte aus und riss den Kopf nach oben. „SABER“, brüllte er panisch. Doch statt des Recken sah er nur Staub und Schutt entgegen. Er wartete gerade lange genug, bis sich der größte Teil dieser Wolke gelegt hatte, eilte er zu dem Geröllhaufen und begann zu buddeln. „Saber, verdammt.“ Er riss die Brocken in die Höhe und schleuderte sie weit hinter sich. „Hey, Beerdigung findet hier noch keine statt.“ Zwei Hände griffen neben ihm zu den Steinen. „Wo ist er?“ fragte Patamon ihn. „Das weiß ich doch nicht!“ kreischte er zurück. Wo auch immer die Brüder herkamen, sie sollten nicht fragen, sondern graben. Aber es gab viel Grabungsfläche. „Wo etwa hast du ihn zu letzt gesehen? Mehr dort oder mehr da.“ Taima ließ seinen Finger über den Steinhaufen wandern. „Mehr da!!!“ wies Colt die Stelle aus. „Aiyana Etu, halte durch“, beschwor Patamon und entfernte die Gesteinsbrocken energisch. Dass der Kampflärm verebbte und sich wieder entfernte bemerkten sie nicht. Fieberhaft schaufelten sie nach dem Recken. „Verdammt, der muss doch hier irgendwo sein“, fluchte der Lockenkopf außer sich. „Eine Hand hab ich“, hörte er den Älteren der Brüder rufen. „Mit Arm daran?“ fragte der Jüngere zurück. Patamon schon den Schutt darum herum zur Seite. „Ja, und mit Schulter“, gab er zur Antwort. Nun sprang sein Bruder auf das Geröll, dort, wo die andere Körperhälfte verschüttet sein musste, und warf das Gestein zur Seite. Mit etwas Glück würden sie den Schotten sicher da raus holen können. Recht schnell legten sie, erst den Kopf, dann den Oberkörper des Gesuchten frei. Dennoch erschien es dem Lockenkopf wie eine Ewigkeit. Dann begriff er, dass dieser dunkle Streifen in dem Gesicht seines Freundes kein Schmutz, sondern Blut war. Er funkte Fireball an, er solle sofort mit Ramrod kommen. Unterdessen griffen die beiden Krieger dem Recken unter die Achseln und den Rücken und versuchten ihn aus dem Schutthaufen rauszuziehen. Keines der Beine des Verschütteten war eingeklemmt, weshalb diese Unterfangen erfolgreich war. Sie trugen den Bewusstlosen auf eine freie, kleine Fläche, auf die die letzte Explosion keinen Unrat gespuckt hatte.
 

Von dem Jubel und Freudentaumel, der mit der aufgehenden Sonne über das befreite Pennyrile kam, bekamen die Personen auf Ramrod nichts mit. Fireball und Colt standen am Fußende der Pritsche, auf der der Schotte lag. Patamon und Taima hatten den Bewusstlosen versorgt und es war wohl unter diesen Umständen gut, dass er ohnmächtig war. Sie mussten eine lange Schnittwunde in seinem Gesicht, die eigentlich aus zwei Teilen bestand, reinigen und nähen. Scharfkantiges Gestein hatte die Haut so wie die darunter liegenden Schichten bis auf den Knochen aufgerissen. Die Verletzung reichte etwa von der Mitte des Haaransatzes bis zur Stelle an der die Augenbraue auslief. Von dort begann der andere Riss nur wenige Millimeter daneben und endete unterhalb der Schläfe über dem linken Ohr. „Er könnte ja langsam mal wieder aufwachen“, knurrte Colt ungeduldig, als die Brüder ihr Werk erledigt hatten. Der ältere der beiden schien diese Ansicht zu teilen und stieß den Recken sacht an. „Hey, Aiyana Etu. Mach die Augen auf.“ – „Warum sollte er? Keiner von uns sieht ihr ähnlich, “ meinte Taima. Wie dieser Aussage zum Trotz blinzelte der Recke. „Na endlich, Saber. Man kann dich sonst so schlecht zusammen stauchen, “ begrüßte der Rennfahrer den Erwachten. Brummen war die Antwort. „Er hat wohl einen Kiesel zu viel auf die Rübe gekriegt. Stell dich drauf ein, dass er mir jetzt ähnlicher ist, “ stellte der Cowboy an seinen Hombre gewandt fest. „Dann erschieß mich bitte, “ versetzte der prompt. Halb wach musste Saber grinsen und richtete sich leicht auf. Dann stützte Colt sich auf die Pritsche, beugte sich zu seinem Vorgesetzten und funkelte ihn böse an. „Sag mal, liebst du meine Jolene nicht mehr, oder warum hast du versucht dich begraben zu lassen?“ Nicht nur diese Frage, sondern auch das Ziehen an der genähten Wunde ließen das Schmunzeln verlöschen. Saber presste die Lippen zusammen und verzog schmerzlich das Gesicht. „Fang ja nicht an zu jammern“, gebot Fireball nüchtern. „Bist selber Schuld. Die paar Kratzer sind viel zu wenig Strafe dafür, dass du mich zu einem Boxenstopp verdonnert hast. Hoffentlich reißt deine Süße dir dafür gehörig den Arsch auf. Nichts anderes hast du verdient, “ motzte er ihn dann an. Der Recke legte sich wieder hin und schloss die Augen. Unter den Steinen verschüttet zu liegen, schien eine angenehme Option zu dieser Standpauke zu sein. Patamons Vorschlag, den Blonden ein wenig allein zu lassen und ihm Ruhe zu gönnen, ging einigermaßen ungeachtet unter. Taima lotste seinen Bruder daraufhin nach draußen. Die drei hatten ein Problem mit einander und sollten es allein lösen. Das ging die beiden Krieger nichts an.
 

Kaum hatten sie den Raum verlassen, musste Fireball Colt davon abhalten sich auf Saber zu stürzen. Der Wortschwall, der dem Scharfschützen über die Lippen kam, war schlagkräftig genug. „Bist du eigentlich schwachsinnig? Erst gibst du mir dein Wort, das du für meine beiden da bist, sollte mir was passieren, und dann turnst du in der Mine rum, als wärst du so ganz unwesentlich lebensmüde. Die Aktion da drinnen war nur irre. Das ist verdammt noch mal mein Part, nicht deiner. Hast du auch nur eine Minute daran gedacht, was wäre, wenn es uns beide erwischt hätte? Du hast mir dein Wort gegeben. Wie wolltest du das halten, wenn du als Mus unter der Erde liegst? Man, du musst nicht mehr ganz dicht sein?“ Colt riss sich von Fireball los und schlug mit der Faust gegen die Wand, so sauer war er. Saber hatte sich währende dieser Rede leicht aufgerichtet. Der Kopf schmerzte und er war noch ein wenig benommen. Dennoch hatte er das Gesagte vollkommen aufgenommen. Jetzt sah er den Piloten vor sich, der die Arme vor der Brust verschränkte. „Bilde dir ja nicht ein, dass das schon alles war“, fauchte er, nicht weniger verstimmt als der Kuhhirte. „Man, echt. Wenn da eine Narbe zurück bleibt, “ Er wies auf die Naht. „werde ich mich ewig daran erinnern, dass ich nicht da war, als ihr mich gebraucht hättet. Ich werde jedes Mal, wenn ich dich ansehe, ein schlechtes Gewissen haben. Nur weil du diesen beknackten Befehl gegeben hast und ich mich einfach daran halten musste. Du musstest ihn ja auch so betonen, dass ich mich nicht gewagt hab zu widersprechen. Dabei bist du selber Schuld, wenn deine dich jetzt zu Tode pflegt …“ Hier unterbrach Colt ihn und streute kurz ein. „Wird sie erst, wenn deine Tochter da ist." Der Rennfahrer hob erst überrascht die Brauen, dann gelassen die Schultern. „Hauptsache sie wird. Ich werde ihn persönlich festbinden, wenn er abhauen will. Sie wird schon dafür sorgen, dass es ihm leid tut.“ Jetzt stemmte er die Hände in die Hüften und hatte der Recke geglaubt, er hätte jetzt seine Ruhe, so irrte er. Fireball fuhr fort: „Da wird mir jahrelang eine Predigt gehalten, was Leichtsinn ist und selber einen Dreck besser! Man fasst es nicht.“ Er warf die Arme in die Luft. „Aber wenigstens folgt die Strafe auf dem Fuß. Sie soll dir das Herz brechen, für den Quatsch, den du fabriziert hast.“ Endlich musste er Luft holen und der Getadelte brachte die trockenen Lippen auseinander. „Bringt mich wieder in die Mine und jagt sie noch mal in die Luft“, krächzte er. „Hättest du wohl gern“, schnappte Colt. „Mach ich sofort“, erklärte der Pilot bereitwillig. „Wir haben nur leider keine Sprengsätze mehr.“ Entgeistert fuhr der Scharfschütze zu ihm herum. „WAS? Für den Scheiß willst du ihm noch einen Gefallen tun? Hat er gar nicht verdient, hat er nicht.“ Saber wünschte sich sehr tief unter die Steinlawine zurück, während der Jüngste im Bunde kurz überlegte. „Stimmt. Dann sollten wir ihn lieber Jean-Claude vorwerfen, “ gab er Colt recht. „Ich bitte darum. Schlimmer kann es nicht mehr werden, “ bemerkte der Blonde rau. „Doch, “ widersprach Fireball sofort. „Ich hätte noch ein oder zwei Alternativen anzubieten.“ Interessiert sah der Kuhhirte ihn an. Unterdessen quälte der Schotte sich weiter in die Höhe, ließ die Beine von der Pritsche rutschen und brachte sich langsam, aber erfolgreich in eine sitzende Position. „Alternative Eins: Wir setzen ihn zu unseren drei Mädels, für eine Woche. Alternative Zwei: Er geht statt mir zur Schwangerschaftsgymnastik mit April.“ Bei dem letzten Satz umspielte schon wieder ein leichtes Grinsen seine Lippen. Er war ja viel zu erleichtert darüber, dass Saber einigermaßen unverletzt geborgen worden war, als das er noch länger hätte mit ihm grollen mögen. „Ich wäre für beides“, erklärte Colt trocken. Er schien das nicht so schnell zu verzeihen. Berechtigterweise musste Saber eine weitere Predigt fürchten, weshalb der nun seine Beine auf den Boden setzte und sich hinstellte. Kaum stand er aufrecht, sackte er zusammen. Fireball griff ihm rechtzeitig unter die Arme, ehe er auf den Boden schlagen konnte. „Vorrangig wär ich jetzt dafür, dass du dich wieder hinsetzt“, murmelte er. Der Schotte stützte sich an ihm ab und nahm auf seinem Lager wieder Platz. „Ich will nur von den Predigten weg. Weit weg, “ versicherte er dabei. „Die kriegst du nachher wieder, Säbelschwinger, “ versprach sein Pilot. Saber seufzte unterdrückt. „Krieg ich jetzt bitte etwas gegen die Schmerzen?“ fragte er. „Tut dir die Narbe weh?“ wollte der Cowboy wissen und die Sorge in seiner Stimme ließ sich nicht ableugnen. „Nein, die Ohren“, erwiderte Saber matt, aber staubtrocken.
 

„Halt die Luft an und zähl bis zehn“, schlug der Rennfahrer vor. „Gib mir noch etwas Mull. Ich glaub, meine Ohren bluten schon.“ Die Benommenheit hielt sich noch in Sabers Kopf. „Glaub mir, wenn deine Ohren bluten würden, hätte der Kopf mehr abgekriegt“, schnaufte der Scharfschütze. In seinem Inneren war er froh, dass dies nicht der Fall war. Das hätte er Chily auf keinen Fall erklären wollen. Für ihn war das Maß nun voll. Es gab zu viele Gefahren für die, die ihm etwas bedeuteten. Immer noch. Der Schotte war das beste Beispiel dafür. „Ich kauf mir die Saftnasen“, erklärte er deshalb entschieden und wandte sich zum Gehen. „Stopp!!!“ Saber brachte genug Kraft auf um dies energisch rufen zu können. Colt beeindruckte es nicht. Er schaute lediglich über seine Schulter zurück. „Ich bestell ihnen schöne Grüße von dir, keine Sorge“, meinte er leicht und wollte weiter. „Muss ich den Vorgesetzten raushängen lassen? Fireball, halt ihn fest.“ Dem Blonden war es verdammt ernst. Er, wie auch seine Freunde, hatte ein Versprechen gegeben und es war einfach Ehrensache, es zu halten. „Ich stoß ihn auch gerne für dich mit dem Kopf gegen die Wand, vielleicht wird er dann vernünftiger“, antwortete der Pilot und baute sich vor den Cowboy auf. „Dein Vorgesetzter bleibt schön da, wo er ist, den will hier keiner sehen, “ knurrte der, verstimmt darüber, dass die beiden ihn aufhalten wollten. Der Rennfahrer zuckte mit den Achseln, warf einen kurzen Blick zu seinem Boss und packte den Kuhhirten am Kragen. „Welche Wand? Die darfst du dir aussuchen, Kumpel, “ informierte er trocken. Saber wies auf ein Stück zwischen dem Türrahmen und einem Regal. „Aber bitte so, dass wir ihn danach noch brauchen können.“ – „Um den Sturschädel mach ich mir keine Sorgen, eher um die arme Wand“, versetzte der Pilot nur und bedachte den Scharfschützen mit einen ernsten Blick. Saber stellte seine Beine wieder auf den Boden und lehnte sich leicht gegen die Pritsche. „Mach es einfach.“ Uninteressiert hob er die Schultern. „Noch hast du die Chance, vernünftig zu werden“, wandte Fireball sich darauf an Colt und schleifte ihn zu der Wand, die Saber vorgeschlagen hatte. „Spinnt ihr eigentlich?“ Der Cowboy riss sich heftig von seinem Hombre los. „Was habt ihr in letzte Zeit bloß, das ihr euch dauernd gegen mich zusammen tut?“ fragte er und blickte vorwurfsvoll von einem zum anderen. Waren sie etwa keine Freunde mehr? Doch. Genau deshalb taten sie es. „Du denkst momentan nur von zwölf bis Mittag! Du kannst nicht einfach losstürmen, verdammt, “ erläuterte der werdende Vater streng. „Das haben wir beide dem vor nicht mal einer Minute auch erzählt, “ erwiderte Colt und deutete mit der Hand auf den Schotten. „Der denkt neuerdings auch nicht mehr.“ Leider hatte er damit nicht so unrecht. Saber straffte die Schultern und winkte leicht ab. „Das ist reine Spekulation!“ Er hatte schließlich seine Predigt dafür kassiert. Vorläufig war ihm das auch genug. Das schlimmste kam noch, wenn er erst mal seiner Jolene gegenüberstand. Das stand mal fest. „Nein, das ist Tatsache“, brauste Colt auf. „Sogar unser Kleiner sieht das schon so. Kann es sein, dass ...“ Er biss sich auf die Lippe. Nein, den Satz durfte er nicht zu Ende bringen, wenn er seinen guten Vorsatz verwirklichen wollte. „Also, wie willst du vorgehen, Boss?“ hakte er deshalb nach. „ Unser Kleiner hat im Gegensatz zu dir dazugelernt“, entgegnete der Gefragte verärgert. „Wie steht es um Pennyrile?“ wollte er dann wissen um sich das Laufende zu bringen. „Gut. Die Phantombubis haben sich erst mal zurück gezogen, “ informierte der Scharfschütze so sachlich er gerade konnte. „Drei Gleiter folgen ihnen um ihre Position ausfindig zu machen, “ ergänzte Fireball die Auskunft. „Gut, sie haben mitgedacht, “ bemerkte Saber zufrieden und überdachte die Angaben kurz. „Wir warten, bis sie die endgültige Position der Outrider ausfindig gemacht haben, dann statten wir ihnen einen Besuch ab, “ meinte er dann. „Diesmal zu dritt, “ bestimmte der Rennfahrer. Noch einmal ließen sie ihn nicht außen vor. Egal, wie viel Ärger er mit seinem Boss bekommen würde, diesmal würde er sich nicht an einen solchen Befehl halten. Das war so sicher, wie das Amen in der Kirche. Colt jedoch entschied anders. „Nö! Der Elf hat was an der Birne und Rudi leuchtet mir zu doll. Das macht der Nikolaus alleine, “ gab er knapp zurück und wandte sich erneut zum Gehen. „Das Angebot mit der Wand steht noch, nicht wahr Fireball!?“ Saber verschränkte die Arme vor der Brust. „Sollte die Wand zu wenig hart sein, schlage ich die Außenhülle von Ramrod vor“, nickte der sogleich zurück. Noch immer stand er Colt im Weg und verschränkte nun die Arme vor der Brust um deutlich zu machen, dass er ihn nicht einfach ziehen lassen würde. „Denkt ja nicht, dass ich jetzt noch meine Füße still halte“, beharrte er auf seiner Entscheidung und sah den Recken mahnend an. Colt schob den Rennfahrer leicht an der Schulter zur Seite. „Sehr beeindruckend, der Zwergenaufstand, “ kommentierte er alles andere als beeindruckt, winkte dem Blonden kurz zu und verabschiedete sich. „Bis bald, ihr zwei Zarten.“ – „Vergiss es, Freundchen!“ Fireball hielt das Handgelenk des Kuhhirten fest, mit dem er ihn zu Seite schieben wollte. „Alleine gehst du nirgends hin!“ befahl er harsch.
 

Saber löste sich von seiner Liegestatt. „Bitte hier her mit ihm. Ich möchte ihm mal was in Ruhe erklären, “ sagte er und wies einladend mit der Hand auf die Pritsche. „Das wollen wir doch mal sehen.“ Der ehemalige Kopfgeldjäger hatte nicht vor sich von seinem Vorhaben abbringen zu lassen und er war seinem kleinen Hombre kräftemäßig doch überlegen. Mit der freien Hand griff er nun nach dem Handgelenk des werdenden Vater und drückte es so derb zusammen, dass er der unweigerlich den Cowboy loslassen musste. Überrascht von der Grobheit rieb er sich die schmerzende Stelle. „Bei dir ist wohl neuerdings nur noch Stroh im Kopf, was?“ So kannte er seinen Kumpel gar nicht. „Du bist neuerdings wohl taub. Ich sagte, ich gehe, “ erklärte Colt und verdrängte rasch, dass er Fireball härter angegangen war, als gut für einen Freundschaft war. Wiederum machte er einen Schritt auf die Tür zu und wiederum stellte sich der Rennfahrer ihm in den Weg. „Nicht alleine, herrgott noch mal! Willst du dich umbringen?“ fuhr er ihn an. „Das kannst du auch einfacher haben!“ fügte er dann böse hinzu. „Allerdings.“ Saber war mit wenigen Schritten bei den zweien und zog Colt, der damit nicht gerechnet hatte, die Beine weg. Ehe der Scharfschütze es richtig begriff fand er sich bäuchlings auf der Pritsche wieder. Es hatte Saber zwar doch noch angestrengt, aber er war nicht bereit, länger dem Theater hier zuzusehen, damit am Schluss die Freundschaft unter ihnen irreparabel in die Brüche ging. „ Jetzt hörst du mir mal bitte gut zu“, raunte er dem Liegenden ins Ohr. „Ich habe Robin versprochen, dass ich dich heil zurück bringe. Jolene hab ich ebenfalls mein Wort gegeben. Da ich die beiden zufällig mag, und nicht möchte, dass sie unglücklich sind, WERDE ich dich heil zurück bringen. Wenn es bedeutet, dass ich dich gefesselt und geknebelt in der Verwahrzelle lassen muss, dann auch so. Du hast die Wahl. Ruhe in der Zelle oder Teamabreit.“ Dabei brachte er seinen Oberkörper auf den des Kuhhirten, damit er sich nicht so einfach aus dieser Lage befreien konnte. Denn natürlich widersetzte er sich. „Und ich hab Chily versprochen, auf dich aufzupassen! Das werd ich auch tun, “ brummte er unwirsch. „Ich hab ihr versprochen, ohne Kratzer heim zu kommen. Wen von uns beiden tötet sie unter diesen Umständen wohl zu erst?“ konterte der Recke. „Mich natürlich, weil ich nicht auf dich aufgepasst hab, “ presste Colt hervor, dem diese Wendung überhaupt nicht gefiel. Er versuchte, den Recken abzuwerfen, doch so wie er grad lag, war das nicht zu schaffen. Sein Blick fiel auf den Piloten. „Und April macht uns die Hölle heiß, wenn wir den schnellsten Papi nicht heil heimbringen“ fuhr Colt fauchend fort. „Ich werde also weder dich noch ihn da mitnehmen! Ende der Diskussion.“ Langsam kam der nun zur Pritsche rüber und zückte die Handschellen. „Boss, ich glaub, deine Überlebenschancen sind da besser“, meinte er gelassen und legte dem Scharfschützen die Fesseln an. „Deine Jolene wird ihn hier töten, eben weil er nicht richtig auf dich aufgepasst hat. Aber du wirst es überleben.“ Saber richtete sich nun auf und beide zogen den aufs schwerste verstimmten Kuhhirten auf die Beine. „Weil, Narben sind erotisch“, ergänzte Fireball noch, dann führten sie den Fluchenden in Richtung der Verwahrzelle. Colt ließ sich nicht so ohne weiteres dahin dirigieren. Immer wieder bremste er und stemmte sich gegen den Rennfahrer, der ihm daraufhin schubste, statt zu schieben. „Nicht böse sein, Colt“, meinte Saber versöhnlich. „Robin sieht in einem Brautkleid sicher umwerfend aus. Das solltest du sicher mal gesehen haben, “ setzte er fast heiter hinzu. „Glaub mir Kumpel, irgendwann bist du uns dankbar dafür, “ versicherte auch der Pilot belustigt. „Wenn mich Jolene und April unter die Erde befördert haben, nachdem sie mich zu Tode gefoltert haben, weil ihr bei dem Scheiß drauf gegangen seit? Meinst du den Zeitpunkt?“ grollte der Kuhhirte wütend, doch es änderte nichts daran, dass er unablässig näher zur Zelle kam. „Wir gehen nicht drauf. Kannst du dich endlich wieder beruhigen. Das ist doch einfach nicht wahr, wie du dich aufführst.“ Fireball schüttelte den Kopf. So hatte er Colt noch nie erlebt. Allerdings stand noch nie so viel auf dem Spiel für Colt, wie es augenblicklich der Fall war. Saber öffnete die Zellentür. Colt wurde hinein geschoben und die Tür wieder verriegelt. „Wir beide gucken uns mal die Sattelmodule an“, schlug er dabei vor, als sei es das Normalste auf der Welt, so mit dem Scharfschützen zu verfahren. „Da muss ja irgendwas sein, das uns verraten hat, sonst wäre der Plan nicht so gut aufgegangen und die Outrider nicht so schnell bei der Mine gewesen, wie ich es erwartet hatte.“ Dann wies er noch mal zu Colt in die Zelle. „Was der da zetert ist übrigens übersetzt von Colt nach deutsch: Ich liebe euch und kann den Gedanken nicht ertragen, dass euch was passiert.“ Damit hatte er den Nagel sehr präzise auf den Kopf getroffen und drehte sich, zufrieden mit dem verblüfften Gesicht des Tobenden, zur Kommandozentrale. Fireball folgte ihm auf dem Fuße. „Mir ist trotzdem lieber, wenn er die Klappe hält“, maulte er dabei. „Gleich ist Ruhe“, versprach der Recke. Die Tür öffnete sich, die beiden betraten den Raum und die Tür schloss nach ihnen. „Hörst du das? Ah, endlich Ruhe, “ schmunzelte der Pilot.
 

Auch Saber grinste leicht, aber die Schmerzen an der frischen Naht ließen ihn gleich wieder ernst werden. „Genieß die Stille“, meinte er leicht und ging zum Feuerleitstand. „wenn wir zurück müssen, kann es sein, er wird noch lauter. Dass er das mal kapiert, glaub ich weniger.“ Dabei fuhr er den Computer hoch. „Das muss bei dem genetisch bedingt sein“, überlegte der Pilot, nahm in seinem Modul Platz und tat es dem Schotten gleich. „Und dir geht es wirklich gut?“ hakte er nach und betrachtete seinen Vorgesetzten eingehend. „Ich fühl mich ein wenig wie Frankensteins Monster“, gestand der und starrte auf den Monitor. „Ich hoffe das geht vorbei, wenn die Fäden erst wieder gezogen sind. Aber sonst, alles klar. Und du?“ fuhr er fort um dieses Gefühl zu ignorieren. Er hatte noch nicht in einen Spiegel gesehen, aber so wie sich die Wunde anfühlte, musste sie ihn ganz schön entstellen. „Gut, bis ich dich ansehe“, erwiderte Fireball und bestätigte diese Theorie. „Muss ich jetzt befürchten, dass Jolene mich verlässt, weil ich so verunstaltet bin?“ grinste der Blonde. „Von mir aus kann sie dich noch ein bisschen mehr entstellen, dann ist das wenigstens nicht mehr meine Schuld“, rang sich auch der Rennfahrer zu einem Grinsen durch. Sein Boss erhob sich und wechselte zu seiner eigentlichen Satteleinheit um auch dort die Systeme hoch zu fahren. „Wieso sollte es deine Schuld sein?“ wollte er wisse. „Stimmt, eigentlich bist du selbst schuld“, brummte der Gefragte unzufrieden. Ob er wollte oder nicht, es würde seine Zeit brauchen um sich keine Vorwürfe zu machen. „Ganz genau. Es war mein Befehl. Mach dir bitte keine Gedanken. Schlussendlich ist das nur ein Kratzer, “ erklärte der Schotte so neutral wie möglich und ergänzte: „Ein etwas größerer, aber das entscheidende ist, ich lebe NOCH.“ Zumindest so lange bis Chily ihn in die Finger bekam, dann durfte er sicher das Zeitliche segnen. Im nächsten Moment fiel ihm etwas auf dem Monitor auf. Er legte die Stirn in Falten. „Was gefunden, Oberheld?“ Fireball stand auf und kam zu ihm, während Saber rasch auf den Tasten herum hämmerte. Neugierig blickte er auf dessen Bildschirm. „Hast du auch eine unbenannte Verknüpfung?“ fragte der zurück. „Zumindest hätt ich keine gesehen“, gab der Pilot zur Auskunft. „Im Explorer, in den Readme-Dateien, die eh keiner liest?“ bohrte der Blonde weiter. „Die hab ich tatsächlich nicht gelesen“, erklärte der Jüngere und kehrte zu seinem Sitz zurück. Er prüfte die genannte Datei. „Ups.“ Jetzt wusste Saber, dass die Verbindung vorhanden war. „Die wenigstens lesen sie, deswegen ist die Verknüpfung dort gelandet, wenn du sie auch hast. Da fällt sie nämlich am wenigsten auf, “ informierte er sachlich, durchquerte die Brücke erneut und untersuchte Colts Computer noch einmal, mit dem die Verbindung hergestellt wurde. „Das hat Suzie ganz clever gemacht. Ganz besonders dafür, dass sie technisch ja nicht so viel wie du oder unsere gute Mandy drauf hat,“ kommentierte er ironisch. „Dafür ist sie aber ein ganz besonders falsches Miststück“, befand Fireball. „Und zuverlässig. Sonst wäre der Plan ja nicht so gut aufgegangen.“ Saber lehnte sich im Sattel zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Prompt runzelte er noch mal die Stirn. „Fire, so aufs grate wohl. Prüf mal, ob ihr Sender noch aktiv ist.“ Der hob erstaunt die Brauen und tat, wie ihm aufgetragen. „Der dürfte ihr hoffentlich noch nicht aufgefallen sein“, überlegte er laut. „Außerdem müssen wir hoffen, dass sie nicht das Schuhwerk gewechselt hat.“ Saber nickte bestätigend. „Sie ist sicher in ihrer Uniform inhaftiert worden. Wahrscheinlich, dass sie den Sender noch hat. Und sie ist für Jean-Claude womöglich noch sehr nützlich. Wer weiß, wozu.“ Äußerte er seine Gedankengänge. „Bingo, ich hab sie“, jubelte der Pilot von der Navigation her und der Recke kam zu ihm herüber. Je länger Fireball auf den Bildschirm starrte, desto besorgter wurde sein Gesicht. „Ich hab ein ganz mieses Gefühl“, murmelte er und ein Blick genügte dem Schotten um zu verstehen, wieso. Der Sender in Suzies Schuh war noch aktiv, bewegte sich aber aus der Richtung des Königreiches Jarr wieder nach Tucson-City. Das konnte nur bedeuten, dass Suzie sich eine oder drei Geiseln geholt hatte. Davon mussten sie ausgehen. Wie auch immer sie herausgefunden hatte, dass die Mädchen dort waren, und wie immer sie es angestellt hatte, sie in ihre Gewalt zu bekommen – Saber musste davon ausgehen, dass dies geschehen war. „Das muss gar nichts heißen, Kleiner“, behauptete er dann. „Was auch immer sie dort gewollt hat, wenn sie keine Hilfe hatte, war sie sicher nicht erfolgreich.“ Man konnte zumindest versuchen, sich das einzureden. „Sie hatte bestimmt Hilfe. Wie sollte sie sonst aus einer Zelle im Oberkommando kommen?“ wollte der werdende Vater wissen. „Aber sie hat ganz sicher nicht April“, beharrte der Recke um ihn nicht zu beunruhigen. „Das kann schon sein. Aber Chily und Robin waren auch dort. Suzie ist nicht blöd, Saber, “ entgegnete der. Einen Moment lang war der Blonde erstaunt, über die Sachlichkeit, die der Rennfahrer dabei an den Tag legte. Offenbar war er doch um einiges reifer geworden in der letzten Zeit. Was so ein Kind, oder die Vorfreude darauf, so alles verändern konnte. Dennoch schien es dem Schotten nicht logisch, dass es April getroffen hatte. Colt hatte nur zwei sehr wunde Punkte und die hießen Chily und Robin. „Robin. Sie hat sich Robin geholt.“ Davon war der Recke überzeugt. Chily Intuition würde sie davor bewahren, in eine solche Falle zu tappen. Aber Robins Gefühl war da weniger stark ausgeprägt und damit das Risiko für sie höher. „Sag das bloß nicht Colt!“ Fireball schluckte hart bei dem Gedanken an dessen Reaktion. „Sie verkrümelt sich in Richtung Tucson City“, meinte er dann mit Blick auf den Monitor. „Ob sie dort ein Versteck hat?“ Wieder nickte der Gefragte. „Möglich. Aber sie wird nicht direkt dahin gehen. Das wäre zu offensichtlich zu mal sie sicher verfolgt wird. Wir müssten wissen, wo das Versteck ist. Wenn wir vor ihr da sind, erwischen wir sie kalt, “ grübelte er laut. „Okay.“ Der Rennfahrer lehnte sich zurück. „Dann lass uns mal nachdenken. Welche Orte waren die letzte Zeit irgendwie wichtig für die Outrider? Außer Pennyrile.“ – „Die TC-West-Tankstelle“, schoss Saber prompt hervor und sein Pilot sah ihn erstaunt an. „Eine Tankstelle? Wieso ausgerechnet eine alte Tankstelle?“ hakte er nach. „Weil es schon eine Weile her ist, dass sie dort aktiv waren. Und als sie dort aktiv waren, haben sie Dooley getötet, “ antwortete Saber nüchtern. „Das ist ein Argument.“ Der Japaner kletterte aus dem Sitz. „Hast du einen Plan von der Tankstelle, so rein zufällig vielleicht?“ Fragend schaute er seinen Boss an. Der ließ den Kopf sinken. „Jolene hat mal erzählt, dass sie sich früher oft an der Tankstelle getroffen haben“ entgegnete er. „Die ganze Clique. Das heißt, wir sollten Colt fragen.“ Keine angenehme Vorstellung, wenn man bedachte in welcher Laune sie den Kuhhirten zurück gelassen hatten. „Das überlass ich dir.“ Der Kleine grinste schief und deutete einladend auf die Tür. „Nach dir, Boss.“ Der Blonde schmunzelte leicht. „Aber gern doch, mein Angsthäschen.“ Damit ging er zur Tür. Die fuhr auf. „Das Karnickel verteilt dir gleich ein paar hinter die Löffel“, neckte der Pilot noch fröhlich blieb aber ebenso wie sein Vorgesetzter in der Tür stehen.
 

Überraschenderweise war es still. Colt tobte nicht lautstark, wie erwartet. „Ich glaub, Colt ist ausgebrochen“, vermutete Saber, als sie auf die Zelle zu gingen. „Nö. Schmollt nur, “ bemerkte Fireball nach kurzem Hineinspähen in die selbige. Der hob nun den Kopf. Sein Hut rutschte in den Nacken. „Ich schmolle nicht. Hättest du wohl gern, Mümmelmännchen, “ grinste er schief und erhob sich. „Wieder alles normal?“ fragte Saber trocken. „Bei mir? War da jemals was normal?“ Colt schlenderte auf die Zellentür zu. „Also, wobei soll ich euch denn mit meinen Ortskenntnissen helfen. Wenn ihr die nicht brauchen würdet, wärt ihr ja noch nicht hier.“ Die beiden davor tauschten einen erstaunten Blick. „Wie gut kennst du die TC-West-Tankstelle?“ wollte Fireball dann wissen. „Die steht noch? So oft wie wir da gewütet haben, hätte ich erwartet, dass sie in Trümmern liegt. Warum fragt ihr nach der?“ Colt musterte den Schotten eingehend bei diesen Worten. Als der dem Blick auswich, fiel dem Cowboy wieder ein, dass dort Dooley ermordet aufgefunden worden war. „Der Verkaufsraum und die Zapfsäulen eignen sich nicht als Versteck. Man sieht zu viel und es gibt dort keinen Keller. Der ist unter dem Lagerhaus. Da haben sie früher den Sprit rein gefüllt und entsprechend ist er mit den Säulen verbunden. Lass ihr mich jetzt raus?“ Immerhin hatte er ruhig und sachlich geantwortet und zeigte keinerlei Allüren. Saber öffnete die Tür und nahm Colt die Handschellen ab. Prompt fuhr der herum, packte den Blonden am Kragen und zog ihn nah zu sich. „Wir kommen ALLE heil zurück. Nur dass das klar ist.“ Damit ließ er ihn wieder los. Saber hatte ihn verstanden. Es hieß nichts weiter, als das einer auf den anderen Acht geben würde. Es war, sozusagen, Colts Bedingung für eine vernünftige Teamarbeit. Der Recke nickte leicht.
 

So entmündigt und in die Ecke gestellt zu werden, hatte Colt gar nicht gefallen. Im ersten Moment war ein reichlich unflätiger Wortschwall aus seinem Mund gekommen, nachdem sich die Tür zur Kommandozentrale hinter seinen Freunden geschlossen hatte. Es war ganz sicher gut gewesen, dass sie in nicht gehört hatten. Rasend vor Zorn hatte er seinen Kopf gegen die Wand gestoßen und die Augen geschlossen um den Schmerz an der Stelle besser ignorieren zu können. Kaum hatten sich seine Lider gesenkt, hatte er Hinuns warmen, väterlich mahnenden Blick vor sich. Der klärte den Verstand des Hitzkopfes sofort. Dieses Gefühl vermittelte er also seinen Freunden. Oh man. Jede Geduld neigte sich einmal dem Ende. So also zeigten sie es ihm. Wie fies. Das wollte er nicht. Das war nie seine Absicht gewesen. Das war die Kur, die er gebraucht hatte. Nein, so einen Unsinn würde er nie wieder anstellen. Das musste er sich nicht vornehmen. Die Wandlung vollzog sich mit der Einsicht in ihm.
 

Etwas angewidert verzog Robin das Gesicht. Jean-Claude, der Outrider-Kommandant, löste seine Lippen von Suzies. Die große Blondine war ihm tatsächlich verfallen. Bis eben hatte die Lehrerin das nicht für möglich gehalten, doch die Art, wie die Verräterin ihm nun nachschmachtete, als er zu einem Wrangler hinüber marschierte, zeigte das deutlich an. Allerdings hatte dieser Kuss, den Robin eben beobachtet hatte, für sie nichts mit Liebe zu tun. Jean-Claude hatte ihn gegeben, weil man es eben tat. Für die Zukünftige des Scharfschützen lag in dieser Geste weder Zärtlichkeit noch sonst ein Gefühl. Suzie war jedoch blind. Sie schob Jeans Verhalten auf das im Allgemeinen kühlere Wesen der Outrider. Dem Grünhaarigen jedoch war völlig gleich, was sie dachte. Sie war ihm nützlich und wenn er sie küssen musste damit sie seinen Befehlen gehorchte, dann tat er es eben. Seine Augen, sein Herz, sein Wesen, er blieb kalt dabei. Unweigerlich schüttelte Robin den Kopf. Und dafür hatte Suzie sie verraten? Kaum zu glauben. Verächtlich wandte sie sich ab. Wie konnte Aprils frühere Freundin nur so dumm sein? Merkte sei denn wirklich nicht, dass ihre Zuneigung unerwidert blieb? Colts ungestüme Küsse, als er sich von seiner Braut verabschiedet hatte, prickelten ihr wieder auf dem Mund. Sie erinnerte sich an die Leidenschaft und das Feuer. Ohne Zeugen in der Nähe wäre ihm noch eine andere Möglichkeit eingefallen sich von ihr zu trennen. Er kannte kein Halten mehr, wenn es darum ging ihr zu zeigen, was er fühlte. Ihr wilder, kleiner Lockenkopf, er fehlte ihr. Aber deshalb war sie nicht hier.
 

Die Handschellen an ihren Handgelenken erinnerten sie daran, dass sie als Zielschiebe für ihn und als Schutzschild für den Feind dienen sollte. Jemand kam auf sie zu. Robin bemühte sich einigermaßen gleichgültig zu wirken. Zum einen um ihre Angst nicht zu zeigen. Zum anderen um sie so vor sich selbst ableugnen und hemmen zu können. Suzies Hand legte sich auf ihre Schulter. „Wie geht es dir?“ fragte sie und die Lehrerin war doch erstaunt von dem freundlichen Tonfall. Beinahe so, als täte der Verräterin leid, was sie getan hatte. Statt einer Antwort hielt sie der Fragestellerin die gebundenen Hände unter die Nase. Ein unausgesprochenes „Was denkst du wohl“ lag in dieser Geste. Suzie seufzte. „Ich sagte doch schon, hätten Chily und Colt nicht auf die Mine bestanden, hätte es einen anderen Weg gegeben“, rechtfertigte sie sich. „Wie naiv bist du eigentlich?“ platzte die Lehrerin heraus. Sie hatte nicht ein Wort mit der Hochgewachsenen wechseln wollen, aber jetzt konnte sie den Mund doch nicht halten. „Schiebe den beiden nicht die Verantwortung für deine Taten zu. Du warst es, die Mandy getötet und uns verraten hat. Du hast April, eine deiner besten Freundinnen, die obendrein schwanger ist, mit einer Waffe bedroht. Du warst es, die Saber erschießen wollte und es auch getan hätte, hätte Chily es nicht verhindert. Wie kannst du nur so tun, als sei all das nichts weiter, als ein notwendiges Übel, “ schnaubte sie verständnislos. „Und das alles für einen Mann, der zu Gefühlen, noch weniger zu Liebe, nicht in der Lage ist? Ich hatte dich für klüger gehalten.“ Jedes Wort war ein Treffer, war die Wahrheit. Suzies Gesicht verdüsterte und erkaltete bei jedem davon mehr. „Du hast keine Ahnung“, behauptete sie frostig und wandte sich ab. Dass ihre Liebe nicht auf Gegenseitigkeit beruhte, wollte sie ganz einfach nicht hören. Nicht nach allem, was sie bereitwillig dafür geopfert hatte. Unsanft griff sie nach Robins Handschellen und zerrte ihre Gefangene zu einem Gleiter. „Wir haben gleich noch eine Verabredung mit deinem Zukünftigen und seinen Freunden“, erklärte sie und half ihr grob ins Cockpit.
 

Die Sonne über der TC-West Tankstelle strahlte, wie es sich am ersten Tag nach einer gelungenen Rettungsaktion gehörte. Die satten Herbstfarben der Landschaft leuchteten stärker und wärmer, auch wenn die Luft der Jahreszeit entsprechend kühl war. Es schien, als wäre die Welt nur still und schön. Kindlich ahnungslos freute sie sich der Dinge, die sie hervorgebracht hatte und wusste nichts von dem, was unter der Oberfläche vor sich ging.
 

„Man, hoffentlich geht das gut“, ließ sich der Jüngste der drei vernehmen, als sie im Dunkel des Raumes ihre Vorbereitungen für den Härtefall abgeschlossen hatten. „Vorläufig schon“, antwortete der Mittlere von ihnen. „Und ansonsten sind wir doch Sonntagskinder.“ – „Ich bin an einem Dienstag geboren“, bemerkte der älteste trocken. „Dann freut es mich, dich gekannt zu haben“, versetzte der Mittlere und grinste in die Finsternis.
 

Der erste Gleiter, der landete, war der des Outrider-Kommandanten. Ihm folgte sein Auftraggeber und vier Wrangler, dann Suzie und ihre Gefangene. Jean Claude wartete, bis sein Gefolge zu ihm aufgeschlossen hatte, dann betrat er mit den Männern die Halle, während die Hochgewachsene Robin aus dem Cockpit half. Soweit draußen, weg von der Stadt, schöpfte niemand Verdacht, blieb ihre Anwesenheit unbemerkt. Unsanft riss die Verräterin die Braut des Scharfschützen aus dem Sitz und auf den festen Boden. Robin rappelte sich auf und schaute auf die Füße des ehemaligen weiblichen Starsheriffs, die auf der Tragfläche stand. Dann passierte alles, ohne dass sie darüber nachdachte und so, als würde ein Film in Zeitlupe laufen. Suzie schloss das Verdeck des Gleiters und hatte ihr den Rücken zu gewandt. Sie stand nicht sehr sicher, weshalb Robins Hände vorschossen, ein Fußgelenk griffen und es von der Tragfläche rissen. Die große Blonde verlor den Halt und prallte hart auf der Tragfläche auf, wäre beinahe Kopfüber hinunter gefallen. Sie schnappte erschrocken nach Luft und griff haltsuchend an die Kante. Robin sah dies nicht mehr. Sie flüchtete. Sie musste schnell ein Versteck finden und der Verkaufsraum der alten Tankstelle schien ihr dafür ganz passend. Suzie rappelte sich auf und sprang vom Flügel. Sie sah ihre Gefangene in einer Tür verschwinden und wollte sie eben wieder einfangen, als eines der Phantomwesen aus dem Lagerraum trat. „Jean sagt, du sollst deinen Hintern endlich rein bewegen.“ – „Sag ihm, es geht grad nicht“, antwortete sie. „Er sagt, ohne Diskussion.“ Diese Aussage ließ Suzie gehorchen. Sie verzog unzufrieden das Gesicht und folgte dem Outrider.
 

Drinnen, in der staubigen Halle, schaute Jean-Claude sich um. Sein Auftraggeber stand in einer dunklen Ecke und beobachtete die Szene vor ihm. Der Outrider-Kommandant vergewisserte sich eben, dass sie wirklich die einzigen hier waren und gab dem Wrangler, der ihm am nächsten stand ein Zeichen, die Tür im Boden, welche in den Keller führte zu öffnen. Kaum hatte der diesen Befehl ausgeführt, wurde er zurück gestoßen. Aus der Tür kamen drei Gestalten, die eigentlich nicht hier sein durften. „Hey, Kumpel! Bleifrei oder Super?“ Colt baute sich vor den Phantomwesen auf. „Luftdruck prüfen?“ Fireball stellte sich neben ihn. „Scheiben waschen?“ Saber ließ die Tür zu fallen und trat auf die andere Seite des Scharfschützen. „Ja, bitte“, antwortete der Wrangler, den Colt zurück gestoßen hatte, dämlich. Offenbar hatte sein Oberstübchen einen Schaden davon getragen. „Halt das Maul“, fuhr Jean-Claude ihn an, doch im nächsten Moment phantomisierte sich dieser Outrider. „Und? Gibt es jetzt wieder den vollen Durchblick?“ fragte der Recke mit einem unschuldigen Grinsen. Die Überraschung war gelungen. Auch wenn an der Miene des Kommandanten nichts zu erkennen war, er überlegte dennoch rasch, wie er diese unerwartete Situation zu seinen Gunsten nutzen konnte. So schlecht erschien es ihm nicht, dass die drei hier waren. Dann würde er sie eben gleich beseitigen. Er hatte schließlich ein gutes Druckmittel gegen sie. Dann kam es halt früher zum Einsatz, als ursprünglich geplant. Da störte nicht mal die vorzeitige Abreise des Soldaten in die Phantomzone. „Das war noch nie die Stärke von unserem guten Colt“, erklärte er herablassend. „ Sonst hätte er einige Dinge anders gemacht.“ Die Starsheriffs strafften unwillkürlich die Schultern. Es war so weit, dass spürten sie. Es würde hier enden. „Du hättest auch mal einige Dinge anders machen sollen, Schnuckiputz“, ließ der Rennfahrer sich vernehmen. „Ich habe alles im Griff. Ihr solltet wissen, dass ihr verloren habt. Ich habe ein gutes Argument für eure sofortige Kapitulation.“ Nein, das Überraschungsmoment beeindruckte den Grünhaarigen kein Stück. Aber nicht weniger als er, waren seine Gegner von ihrem Triumpf überzeugt. „Kapitelwas? In dem Kapitel ist der letzte Satz schon geschrieben, “ grinste der Kuhhirte munter, „und hey, es gibt ein Happy End für uns.“ Mit kaltem Lächeln musterte Jean-Claude ihn. „Da sind wir anderer Meinung. Nicht wahr, Susan?“ Er hob die rechte Hand und winkte die Gerufene hinter sich nach vorn. „Susan?“ Erstaunt hob der Scharfschütze die Brauen. Von wem redete der Typ? Er hatte erwartet, Suzie hier anzutreffen, nachdem die aus der Inhaftierungszelle im KOK geflohen war. Dass der Outrider-Kommandant sich nicht die Mühe machte, sich den Namen der Verräterin zu merken, ging ihm auf, als jene Erwartete an dessen Seite trat. „Hallo Colt. Schöne Grüße von Robin.“ Die Hochgewachsen positionierte sich neben ihrem Angebeteten. Jetzt grinste auch der Pilot etwas abschätzig. „Oh Susanna“, sang er leicht und zielte mit seinem Blaster auf sie. Die zog prompt ihren und nahm den Kopf des Cowboys ins Visier. „Schlechte Idee. Der würde mir folgen, “ meinte sie kühl. „Was würde wohl Robin dazu sagen?“ grinste der Kommandant böse. „Für einen von uns, geht ihr alle. Denkt nicht mal dran, eine falsche Bewegung zu machen.“ Um diese Aussage zu unterstreichen, richtete der Blonde seine Waffe auf ihn. Jean-Claude hob die Schultern. „Geh unseren Gast holen, Sybil. Die drei scheinen zu glauben, dass wir es nicht ernst meinen, “ befahl er der Verräterin. „Also spätestens jetzt würd ich mich fragen, in wen du dich verguckt hast, Baby.“ Colt musste sich schadenfrohes Lachen verkneifen. Deutlicher konnte nicht gezeigt werden, dass die Liebe, von der Suzie gesprochen hatte, als sie gestellt worden war, eine einseitige Sache war. Jetzt schaute die ihren Liebsten etwas betreten an. „Sie ist ... ähm ... verhindert, “ gestand sie. Der riss die Augen auf. „Verhindert? Wo ist die verdammte Braut?“ fuhr er sie an. „Draußen“, murmelte die große Blonde vage. Immer hin war es nur halb gelogen. Robin musste noch irgendwo auf dem Gelände sein. Es war unwahrscheinlich, dass sie in die Stadt lief, da es auf der Straße dorthin keinerlei Deckungsmöglichkeiten für sie gab. Folglich musste sie Schutz hier auf der Tankstelle suchen und somit würde Suzie sie auch bald finden. „Dann hol sie!“ zischte Jean sie nun an und sie schlich erschrocken zur Tür. „Okay, Jean, “ hauchte sie ergeben und wollte eben raus schlüpfen, als der Wrangler, der sie in den Lagerraum gerufen hatte, verwundert fragte. „Ist die nicht abgehauen?“ War das zu fassen? Die hohle Phantombirne hatte gesehen, dass ihre Gefangene entkommen war und hatte sich dennoch stur an den Befehl des Kommandanten gehalten. Wie dämlich waren diese Wrangler eigentlich? Und dann verpfiff er sie auch noch. „Sie ist was?“ brüllte Jean-Claude ungehalten über diese Inkompetenz. „Wie dämlich bist du?“ Blicke wie Pfeile trafen auf Suzie. „Jean, das wäre nicht passiert, hätte er nicht gestört“, verteidigte sie sich und wies auf den Outrider, der sie gerade verpetzt hatte. „Sieh zu, dass du sie findest!“ Ihre Ausflüchte interessierten den Grünhaarigen nicht. Suzie tat wie ihr geheißen und schloss die Tür von außen. Drei Starsheriffs unterdrückten das Lachen. Das war ja kaum ernst zu nehmen, was hier ablief. Das ganze war eine Farce. Beinahe meinten sie mitten in einer Slapstick-Comedy zu stecken. Das war ja einfach nicht wahr. Aber die Erfahrung hatte auch gelehrt, dass solche Situationen schnell umschlagen und bitterer, viel mehr tödlicher, Ernst werden konnten. Die Phantomwesen waren schließlich dafür bekannt in den Reihen ihrer Untergebenen zwar Schwachköpfe zu haben, dafür aber von cleveren und grausamen Befehlshabern kommandiert zu werden. Das Hauptproblem dieser Führung bestand darin, dass diese stupiden Handlanger nicht flexibel genug auf Unvorhergesehenes reagieren konnten. Dafür zu sorgen, fiel in den Aufgabenbereich der Führungsköpfe.
 

Aus dem Schatten und dem Hintergrund löste sich nun der Auftraggeber Jean-Claudes. „Ich hab dir gesagt, die taugt nichts“, kritisierte er kühl und ruhig. Noch brachte ihn die Lage nicht aus der Fassung. „Okay, meine Herren! Könnten wir unsere Aufmerksamkeit nun wieder wichtigeren Dingen zuwenden?“ zog der Recke die Aufmerksamkeit wieder auf den Grund ihrer Anwesenheit hier zurück. „Wie viel wichtiger als Pennyrile denn noch? Es geht schließlich bei allem nur darum.“ Unweigerlich runzelten die Drei dabei die Stirn. Irgendwoher kam ihnen die Stimme bekannt vor. „Für uns geht es eher um was anderes. Ihr werdet keine Freude an Pennyrile haben, “ erwiderte Fireball. „Was soll das heißen?“ Jetzt trat er endgültig aus dem Schatten. Die Starsheriffs erkannten ihn sofort. William Maddox. Gut, er war nicht mehr so beleibt wie früher, hatte etwas Gewicht verloren, aber immer noch eine kräftige Statur. Außerdem trug er, wohl zu Tarnungszwecken, ein Toupet auf seiner Halbglatze. Allerdings konnte man hier eindeutig über Geschmack streiten. Der Anblick dieser unnatürlichen Lockenpracht brachte die Jungs, trotz der ernsten Lage, unweigerlich zum Lachen. „Oh mein Gott, “ prustete der Blonde. „Was ist denn mit dir passiert?“ Auch Colt hätte sich kringeln können. „Den Pudel solltest du wieder runternehmen, Onkelchen“, erklärte er fröhlich. Es war nicht möglich ernst zu bleiben. Maddox sah einfach nur grotesk aus und fühlte sich zu Recht veralbert. „ Mit Onkelchen liegst du gar nicht falsch“, erwiderte der verspottete scharf und ungehalten über diese Reaktion. „Natürlich nicht. Bin ja nicht so ein Dunkelmützchen wie du, “ entgegnete der Kuhhirte noch immer heiter. Jean-Claude rollte genervt die Augen. „Jetzt bring es endlich zu Ende“, verlangte er energisch. Das Ganze wurde schließlich langsam aber sicher nur blamabel.
 

„Deine Puppe hält den Verkehr auf“, blaffte der zurück. „Hätte sie die kleine Verlobte meines Neffen nicht entkommen lassen, wären die Dinge längst geklärt.“ Dann wandte er sich wieder an den Scharfschützen. „Und hätte dein Großvater, der feine Herr, mich als Sohn anerkannt, wären die Dinge noch ein bisschen anders gelaufen“, schnaubte er verächtlich. „Aber nun spielt es keine Rolle mehr. „Wenn ich erst weiß, wo diese kleine Schlampe die Unterlagen versteckt hat, ist sie und der Kleine hier, erledigt. Es gibt gar nichts, was ihr daran ändern könntet. Es sei denn ihr wollt gern noch mehr Leben dafür opfern.“ Mit einer frostigen Miene wandte er sich an Fireball. „Willst du das, Papa?“ fragte er höhnisch. Sabers Gesichtsausdruck hatte sich bei Maddox Worten geändert. Es war klar, dass der von der Hebamme gesprochen hatte und niemand bezeichnete seine Jolene als Schlampe. Genauso finster blickte der Rennfahrer drein. Wie kam der dazu seine Familie zu bedrohen? „Das einzige, was wir hier noch opfern werden, sind Zeit und Munition! Du wirst niemandem mehr Schaden zufügen, “ schnappte er heftig. „Bleib ruhig. Der blufft. Gar nichts haben sie gegen uns. Nicht mal Robin, “ mahnte der Recke überzeugt und brachte Colt zum ersten Mal auf die Idee, dass es sich nicht um leere Worte gehandelt hatte, sondern Robin möglicherweise wirklich in der Hand von Jean-Claude war. „Meine Robin?“ hakte er nach und hob die Brauen. Doch Zeit sich lange darüber zu wundern blieb ihm nicht. Der Outrider-Kommandant klärte entschieden alle Zweifel. „Wessen sonst, du Blitzmerker?“ Kaum hatte er die Gegenfrage ausgesprochen, zielte er auf den Cowboy und schoss so unvermittelt, dass Saber den Kuhhirten nur knapp aus der Schusslinie ziehen konnte. „Wenn du so weitermachst, ist sie es nicht mehr lange, Kumpel“, meinte er sachlich. Doch weitere Debatten folgten nicht. Die Sprache, die nun gesprochen wurde, war eine eigene. Maddox schoss die marode Raumdecke in Trümmer, die auf den Rennfahrer niederprasselten. Der verfehlte seinen Kontrahenten daher um einiges, als er das Feuer erwidern wollte. Schützend hob er die Arme über den Kopf und zog den selbigen ein um sich einigermaßen zu schützen. Maddox feuerte weiter auf die Stelle. „Wie hast du nur so lange überlebt?“ lachte er böse, wich aber ein Stück hinter zwei Wranglers in Deckung. Die beiden nahmen den Rennfahrer noch unter Beschuss.
 

Währenddessen hatte Jean-Claude sich auf Saber gestürzt, doch der ließ sich nicht so einfach ausbooten.
 

Colt, der den dritten Outrider in seine Dimension zurück geschickt hatte, knöpfte sich nun Maddox vor. So einfach würde er ihn nicht entkommen lassen. Aber sein Halbonkel empfing ihn mit einem Schlag unter die Gürtellinie. „Du dreckige Ratte, “ zischte der Kuhhirte und presste die Zähne zusammen. Mit einem Tritt wurde er auf die Trümmer geschickt, unter denen Fireball sich hervor zu graben versuchte. Im letzten Augenblick wich Colt dem nachgeschickten Schuss aus.
 

Der grünhaarige Kommandant der Phantomwesen war ein hartnäckiger Widersacher. Saber verlor im Kampf gegen ihn den Blaster und bekam einen schmerzhaften Schlag auf die frische Naht. Dennoch gelang es dem Blonden ihn von sich zu stoßen und das Schwert zu ziehen. Kampfbereit richtete er auf ihn.
 

Als Jean-Claude zurücktaumelte, stieß er gegen seinen Auftraggeber und Maddox zweiter Schuss glitt noch weiter an dem Cowboy vorbei, als der erste. Jetzt richteten die beiden ihre Blaster auf Colt. „Rühr dich nicht, Cowboy. Oder du wirst deine Robin nie wieder sehen, “ drohte der Kommandant. Die beiden Wranglers visierten Saber und Fireball an, der sich gerade weit genug aus den Trümmern geschaufelt hatte um gesehen zu werden. Seine Hand mit der Schusswaffe steckte noch zwischen zwei Balken und wollte nicht so leicht aus dieser Umklammerung gelöst werden. Einen Moment lang verharrten alle in ihren Positionen und maßen ihre Gegner und die Lage. Jeder von ihnen war bis zum äußersten gespannt. Irgendetwas daran, verriet deutlich, dass heute hier über Pennyrile entschieden wurde. Es lag in der Luft, es war in die Wände gemauert, in den Boden gestampft und floss durch jede kleine Blutader. Der Fall würde hier enden. Wer immer sich als nächstes rührte, würde darüber entscheiden, wie.
 

Die Tür ging auf und Suzie trat herein. Ohne Robin. Für den Bruchteil von Sekunden murrte jeder innerlich über die unpassende Störung um gleich darauf etwas zu entspannen und wieder in neuer, fiebriger Erwartung zu verharren. Jean-Claude blickte auf die Eingetretene. „Wo ist sie, Simone?“ wollte er unzufrieden wissen. „Nicht da“, ließ sich die Verräterin kleinlaut vernehmen. Wo immer die Lehrerin sich vor ihr verborgen hatte, sie hatte es gut getan. „Erkläre!“ forderte der grünhaarige Outrider-Kommandant drohend. Instinktiv zog die Hochgewachsene den Kopf ein. „Sie ist nicht da. Weg, “ antwortete sie verunsichert. Dass Jean kühl war und hart zu anderen, die in seinem Dienst standen, wusste sie. Dass er auch ihr gegenüber oft recht distanziert war, nahm sie hin. Doch dieser Ton, dieser Blick und dieser Gesichtsausdruck ließen sie schlimmes ahnen. Er schaute sie an, wie jeden anderen Wrangler auch und bei denen kannte er keine Gnade. „Wie konnte das passieren?“ hakte er nun sachlich nach. Jeder, der ihn kannte, wusste, dass dies ein Zeichen dafür war, dass man knapp davor war schwer in Ungunst zu fallen. „Unsere Mädels sind nicht so blöd, wie ihr tut“, murmelte Colt halblaut. Seine Braut konnte nicht als Druckmittel gegen sie vorgeführt werden. Das ließ ihn hoffen, hoffen, dass sie in Sicherheit war. Aber Suzie durfte nicht hoffen. Jean-Claude richtete seine Waffe auf sie. Erschrocken fuhr sie gegen die Tür zurück, als wäre die Halt oder Schutz. Der Grünhaarige rollte die Augen. „Hätte ich gewusst, dass du so unfähig bist, hätte ich dich damals verrotten lassen“, erklärte er eisig. „Es ist nicht meine Schuld“, versuchte sich die Blondine zu verteidigen und schaute mit erschrockenen Augen auf den Lauf, der sie anvisierte. „Ach nein? Du hattest die Verantwortung für sie.“ Der Kommandant entsicherte die Waffe. „Ich kann Inkompetenz nicht leiden, Sandra“, klärte er sie über einen Fakt auf, den sie wusste. Sie zuckte zusammen. Das konnte er nicht ernst meinen. „Nein, Jean, bitte nicht.“ Die Mündung war das einzige, auf das sich die Verräterin noch konzentrieren konnte und je länge sie dies tat, desto mehr weiteten sich ihre Augen und desto mehr Angst um ihr Leben bekam sie. „Ihr seid wirklich lächerlich“, bemerkte Jean-Claude halb amüsiert und feuerte die Waffe ab. Der Schuss schlug knapp an Suzies Kopf vorbei in die Wand. Keuchend öffnete sie die Augen, die sie im ersten Moment geschlossen hatte. „Nenn mir einen guten Grund, warum nicht“, verlangte Jean zufrieden mit ihrer Reaktion. Wenn er auch nicht wusste, was Spaß war, aber das eben würde er so bezeichnen. „Das ganze hat einen guten Spruch bei uns Menschen: Liebe macht blind, “ kommentierte Saber trocken. „In Suzies Fall auch noch blöd, “ ergänzte Colt und Fireball fügte hinzu: „Und zu einem Überläufer. Sie sollte sich mal mit Jesse zusammensetzen.“ Suzie schaute die drei an. Nein, auf Unterstützung von ihnen durfte sie wohl nicht hoffen. Es war ihre eigene Schuld. Sie wusste es. „Der ist längst tot. Das kann sie also im Jenseits nachholen, “ erklärte Jean-Claude und Suzie schaute ihn wieder an. Ihre Blicke trafen sich. „Dir fällt also auch kein vernünftiger Grund ein“, stellte er kaltlächelnd fest. Suzie schluckte leicht. Sie hatte nur noch diese eine Karte. Sie musste versuchen sie aus zu spielen. „Wir gehören zusammen, Jean“, beschwor sie ihn zitternd. „Was tun wir?“ Der Grünhaarige lachte, als gäbe es keinen besseren Witz im Universum. „Du und ich“, flüsterte sie halb. „Wir sind füreinander bestimmt.“ Es musste einfach so sein. „Bestimmt nicht“, berichtigte Jean, lächelte ihr noch einmal ein Lächeln zu bei dem sie fast erfror. So sollte es also sein. „Sorry, Sue.“ Ein Schuss knallte durch die Halle. Suzie hatte die Augen geschlossen. Die Eintrittswunde lag genau dazwischen. Ihr Körper sank an der Wand zusammen, zog eine rote Spur über die Wand. In dem Gesicht der Verräterin war ein schmerzlich liebevolles Lächeln, so, als würde sie nun bis in alle Ewigkeit bedauern, was geschehen war.
 

Gänzlich unbeeindruckt von dieser Szene beschwerte sich Maddox: „Warum hat das jetzt noch so lange gedauert?“ – „Ich hinterfrage gern“, erklärte Jean-Claude kühl und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Starsheriffs. Die waren zwar nicht wirklich erstaunt, aber doch erschrocken über die Kaltblütigkeit, die der an den Tag gelegt hatte. Wieso hatten sie eigentlich nicht reagiert und eingegriffen? Nachdem der erste Schuss in die Wand gegangen war, war klar, dass der zweite für Suzie bestimmt war. Was hatte sie gelähmt, dass sie nichts dagegen unternommen hatten? Der Gedanke an Genugtuung und gerechte Strafe? Die Wut auf die Verräterin, die sie nach allen Vorfällen am liebsten selbst erschossen hätten? Keiner von ihnen konnte ableugnen, dass sie diesen Gedanken nicht für den Bruchteil einer Sekunde gehegt hatten. Waren sie deshalb tatenlos geblieben? Fragen dieser Art würden sie ganz sicher noch beantworten müssen. In den Berichten würde es auffallen und diese heraufbeschwören. Ganz sicher. „Du quälst gerne“, stellte Saber fest. Der Angesprochene hob die Schultern. „Von mir aus. Im Moment frag ich mich, ob diese kleine Hebamme wohl genauso leicht zu haben ist, “ provozierte er dann herablassend. „ Du lässt deine grünlichen Stinkegriffel schön bei dir, “ brauste Colt sofort auf und der Schotte pflichtete ihm gedanklich bei. „Keine Angst. Werd ich. Wenn sie mir vorher erzählt, wo die Akten sind, “ erhielt er zynisch grinsend zur Antwort. „Sie wird dir gar nichts mehr sagen, weil du gleich übertrittst, “ bellte der Scharfschütze ungehalten. Aber das rührte den Outrider-Kommandanten nicht. „Vor dir? Nach dir? Oder mit Quasimodo?“ Er wies leicht auf den Blonden, der leicht bei diesem Namen zusammen zuckte und ihn mit einem düsteren Blick quittierte. Der Rennfahrer, auf den seid Suzie Rückkehr niemand mehr geachtet hatte, hatte seine Hand endlich aus den Balken hervorziehen können. Fest schlossen seine Finger sich um den Griff seines Blasters. „Entschieden vor uns, Freundchen“, beantwortete er Jean-Claudes Frage und schoss. Zwar wich der aus und versuchte auf den Recken zu zielen, doch Fireball hatte ihn zu genau und zu unvermittelt getroffen. Jean-Claude verschwand zurück in die Phantomzone. „Versager“, schnaubte Maddox verächtlich und visierte den Kuhhirten an. Gleichzeitig eröffneten die verbliebenen beiden Wranglers das Feuer.
 

Fireball musste in Deckung gehen. Unter seinen raschen Bewegungen geriet der Trümmerhaufen ins Wanken und verschüttete ihn beinahe wieder.
 

Sabers Klinge blitzte auf. Die Phantomwesen hatten kaum Zeit darauf zu reagieren. Vier vollendet ausgeführte Hiebe brauchte der Schotte um sie stückchenweise in ihre Dimension zu schicken.
 

Colt wich Maddox Schuss aus. Es war Zeit, dass zu beenden. Zweimal feuerte der Scharfschütze zurück. Mit dem ersten Treffer verlor Maddox seine Waffe. Unter dem zweiten brach er fluchend in die Knie. „Scheiße!“ Colt trat auf ihn zu, ließ seinen Blaster um den Finger rotieren, ehe er ihn ins Halfter zurück steckte und meinte unbeeindruckt. „Ich würde es als zertrümmerte Kniescheibe bezeichnen. Aber ich bin auch kein Sanitäter.“
 

Unter dem Schutt rappelte der werdende Vater sich auf. „Könnte mir mal jemand...?“ begann er und griff nach der Hand seines Vorgesetzten, der sie ihm schon zu Hilfe reichte. „Häschen in der Grube“, grinste der schief. „Verkneif es dir.“ Fireball verdrehte die Augen. Für Witzeleien hatte er grad keinen Sinn. Schließlich schien es an Fügung oder Schicksal, oder was auch immer zu grenzen, dass Colts Halbonkel sich entschieden hatte, den Japaner unter Dreck zu begraben, statt zu töten. Es war ihm selbst etwas zu nah an dem Unglück seines Vaters. Der Pilot klopfte sich den Staub ab. „Besser, als Frankensteins Monster zu sein“, erklärte der Schotte brummig. „Ach was, der kleine Schönheitsfehler.“ Jetzt streckte Fireball sich. „Alles halb so wild.“ Jetzt konnte er nachvollziehen, wie fit Saber wirklich sein musste. Er konnte förmlich spüren, wo sich die blauen Flecken bildeten. „Wild?“ Der Blonde horchte auf und warf einen Blick zu Colt. Der hockte über dem schwarzen Schaf seiner Familie und verpasste ihm gerade den zweiten Schlag. „Erotisch, wenn du mich fragst“, bemerkte er dabei „Lass ihn mal los und sag mir, ob du und Jolene da einer Meinung seid.“ Um sicher zu gehen, dass der Cowboy auch tat, was er gesagt hatte, griff Saber nach dessen Schulter. Mit einem letzten Stoß erhob sich Colt. „Das musst du sie schon selber fragen, Säbelschwinger.“ Er klopfte sich die Hände an einander ab und drehte sich zu seinem Boss um. Ganz wohl war dem bei dem Gedanken daran nicht, dass er mit dieser Naht der Hebamme gegenüber treten musste. „Fire, funke mal bitte die Einheit an und warte hier auf sie“, ordnete er schnell an, um sich jetzt nicht darüber den Kopf zerbrechen zu müssen. „Und wir suchen Robin“, fügte er hinzu und schob den Scharfschützen an der Schulter zur Tür. „Bin ich schon wieder auf das Abstellgleis geschoben worden, oder was?“ brummte der Rennfahrer und tat, was ihm aufgetragen worden war. „Abstellgleis. Du kannst es dir doch beim Warten gemütlich machen.“ Damit war Colt aus der Tür. Saber folgte ihm.
 

Sie überquerten den Hof und liefen in den Verkaufsraum. Colt rief immer wieder den Namen seiner Liebsten. Sie musste doch hier irgendwo sein. Sein Kopf flog wild suchend herum, daher sah er nicht, wie sie sich vorsichtig unter der Verkaufstheke hervorschob. „Colt?“ Sie hatte ihn rufen wollen, doch die Aufregung, die in ihr tobte, erlaubte nur ein Flüstern. Saber hörte es und stieß den Freund an, der sonst in die andere Richtung gelaufen wäre. Hinter der Theke erhob sich die Lehrerin. „Bullet?“ Obwohl sie kaum lauter gesprochen hatte, fuhr sein Kopf in diese Richtung. Dann folgte sein Körper. Ein paar lange Schritte, ein schwungvoller Satz und er war hinter dem Tresen bei ihr. „Number 1.“ Ungestüm zog er sie ihn seine Arme und drückte ihr einen glühenden, langen Kuss auf die Lippen. Mit seinen Händen fuhr er über ihren Körper um sicher zu gehen, dass ihr auch wirklich nichts fehlte. Ja, das war sie. Seine Robin. Mit Haut und Haaren. Er hob sie hoch, presste sie fest an sich und murmelte erleichtert: „Ich hab dich wieder“ in ihre Halsbeuge. Sie schmiegte sich ihrerseits an ihn, legte Arme um seinen Hals, störte sich nicht daran, dass sie noch Handschellen trug. Sie war da, wo sie sein wollte. Bei ihrem Colt. Sie war einfach nur glücklich und unendlich erleichtert, dass die Sache nun ausgestanden war. In dem Moment, als er sich in die Arme zog, wollte sie nur ihn nur fühlen lassen, wie sehr sie ihn vermisst hatte. Der Cowboy beschränkte sich nicht mehr damit, seine Küsse auf ihren Mund zu platzieren, sondern verteilte sie mittlerweile auch über ihren Hals und auf ihre Schulter. Dass Saber etwas von „Ich leiste Matchbox auf dem Abstellgleis Gesellschaft“ sagte, bekam der Scharfschütze gar nicht mit. Er setzte seine Zukünftige lieber auf ein Warenregal und schob ihr Oberteil hinauf. Jetzt musste sich der Schotte beeilen, sonst würde er Dinge sehen, die ihn nichts angingen. Colt kannte eben keine Hemmungen mehr, wenn es darum ging, seiner Robin zu zeigen, was er fühlte. „Meins“, hauchte er heiß und ließ der Aussage entsprechende Taten folgen.
 

Fireball hatte Maddox an einen Haken in der Wand gekettet, sodass für den eine Flucht nun ganz sicher nicht mehr möglich war. Es wäre ohnehin schwierig für den Halbonkel des Scharfschützen gewesen mit einer zertrümmerten Kniescheibe zu entkommen. Gemeinsam mit dem Recken kontrollierte der Rennfahrer dann, ob sich noch weitere Phantomwesen im Gebiet der Tankstelle aufhielten und entschärften den Sprengsatz, der, als Notfallplan, an den halbvollen Tankkesseln angebracht war. Die gerufene Einheit der Starsheriffs, die von der Irokesen-Siedlung kam, erreichte die Tankstelle mit dem Verfolgungsschiff des Königreiches Jarr. Gemeinsam nahmen sie den Gefangenen in Gewahrsam und bargen Suzie. Nach dem Chily den Kronprinzen aus dem Schlaf gerissen hatte, und der den bewusstlosen Chauffeur Sole und den bewusstlosen Bodyguard Robins entdeckt hatte, hatte er sofort die Fahndung des unbekannten Gleiters aufgenommen, der ihn vom Hof fort nach Pennyrile geführt hatte. Dort traf Roland auf die Starsheriffs und Robin und war froh darüber, sie unversehrt vorzufinden. Saber bat ihn, sie wieder in seine Obhut zu nehmen, da die Jungs noch Bericht an Commander Eagle erstatten mussten. Einen Tag würde es noch dauern, bis sie ihre Herzdamen endlich wieder sehen würden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Misano
2008-10-28T21:05:54+00:00 28.10.2008 22:05
Erste!^^ (Wenn in der Zwischenzeit nicht jemand anders gepostet hat)
Wow, was ein Kapitelende! Quasimodo! Mann, was muss Saber entstellt sein... das wird ja eine Herausforderung für das junge Glück werden!(Nein, Collie, ich guck nicht in dein Hirn, ich kombiniere nur ;-)

Simone, Susan, werweißich, das fand ich auch genial und dann der Schock vom Lachen zum Entsetzen, da stehen die einfach da und lassen ihn schießen OO Das war hart, aber auch sehr gut, wie du es erklärt hast.
Da fehlt ja jetzt eigentlich nur noch das wahrscheinlich sich etwas länger gestaltende Happy End, oder?


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