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Western Spirits

von

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Stand up for your right

Stand up for your right
 

In den folgenden beiden Tagen genossen sie die Festtagsstimmung. Den ersten Weihnachtsfeiertag verbrachten die Freunde bei den werdenden Eltern. Den zweiten im Hause Rider gemeinsam mit Eduard und Mary. Als diese, wie Mütter eben sind, sich danach erkundigte, wann sie denn Enkel erwarten dürfe, glitten die entsetzten Blicke der jungen Eheleute erst zu April, deren Bauch der Auslöser für die Frage war, dann wieder zu seinen Eltern zurück. Saber und Chily schluckten leicht. Alle starrten sie an. Colt und Fireball unterdrückten ihre Schadenfreude bis die Hebamme einigermaßen trocken antwortete: „Nicht so lange ich die Pille nehme“, dann lachten sie laut.
 

Doch schon am nächsten Morgen wurden sie recht unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Um neun Uhr dreißig stand die Eröffnung der Verhandlung: Das Neue Grenzland gegen Captain Rider, S.a.D. Willcox und S.a.D Hikari, auf der Tagesordnung.
 

Deshalb saßen die drei nun in ihrer Uniform am Tisch der Verteidigung neben Steeker, ebenfalls uniformiert. In dem hohen Raum mit dem Schwarzmarmorboden, den verglasten Wänden an den Seiten und der Mahagonifront mit dem Wappen des Neuen Grenzlandes unter der der Richtertischstand, fühlte man sich wie ein kleiner Sünder. Der Raum in seinen klaren, strengen Linien gebot Respekt, oder eher Demut. An der linken Fensterwand, die den Blick nach außen zuließ, aber keinen ins Innere gestattet, nahmen auf der Bank die Mitglieder des Beraterstabes Platz und schauten streng musternd zum Tisch der Verteidigung vor ihnen. Der Saal war in der Mitte durch einen Gang geteilt und hatte eine meterhohe Mahagonibegrenzung, die die Hauptakteure der Verhandlung von den Beiwohnenden trennte. Ein Türchen gewährte bei Notwendigkeit Zutritt auf diese fragwürdige Bühne. Neben diesem Türchen und rechts von der Verteidigung saßen der Ankläger Lieutenant Haywood und sein Hauptzeuge William Maddox unbeeindruckt von allem um sich herum.
 

Hinter dieser Absperrung auf Seiten der Verteidigung hatten April, Robin, Chily und Sabers Eltern Platz genommen. Die Schwangere hatte ein dunkles, formell wirkendes Umstandsoutfit an, das sie mit ihrer Uniformjacke komplettiert hatte. Die Uniform vollständig zu tragen erlaubte der runde Bauch nicht, über den sie immer wieder strich. Charlene schien zu spüren, dass sich ihre Mutter in einer unangenehmen Situation befand und strampelte unbehaglich, zeitweise recht heftig in ihr. Robins Blick ruhte auf dem Rücken des Scharfschützen. ‚Hoffentlich geht das gut, ‘ dachte sie besorgt. Chily griff nach der Hand der Lehrerin und drückte sie beruhigend. Die Hebamme stieß der Raum ab. Die blankpolierten, schweren Tische, der Boden, die Bänke – einfach alles darin wirkten kalt und distanziert. Trotzdem tastete sich ihre andere Hand nach den Fingern ihrer Schwiegermutter an ihrer linken Seite und umschloss auch diese aufbauend. „Das stehen wir durch“, redete sie sich gedanklich ein und versuchte dies wenigstens auf Robin und Mary zu übertragen.
 

„Erheben Sie sich.“ Der vorsitzende Colonel betrat den Raum. Alle standen auf und setzten sich, als er am Richtertisch Platz genommen hatte. „Das Neue Grenzland gegen Captain Rider und die Starsheriffs Außer Dienst Willcox und Hikari“, wurde verkündet. Unweigerlich strafften die Genannten die Schultern. Der Gerichtsdiener trug die Anklage neutral vor. „Worauf plädiert die Anklage?“ fragte der Vorsitzende danach. Haywood erhob sich. „Sir, auf Schuldig“, gab er knapp zur Antwort. Das war zu erwarten gewesen. Der Colonel nickte. Sein Blick glitt zu Steeker. „Und die Verteidigung?“ Woody stand auf. „Auf Nicht Schuldig im Sinne der Anklage des Vorsatzes, “ erwiderte er. Auch das war abzusehen gewesen. Ein weiteres Nicken des Vorsitzenden forderte zum Beginn der Hauptverhandlung auf. Haywood tat dies und führte dem Beraterstab das Verbrechen vor Augen. Mag sein, dass die getötete Suzie DeMartin ein abtrünniger Starsheriff war, doch die Chance, sie zu rehabilitieren war vertan, weil die Beklagten ihrer Ermordung tatenlos beigewohnt hatten. Tatenlos aufgrund persönlicher Differenzen. Haywoods markantes, breites Gesicht verzog sich abwertend. Er war deutlich überzeugt, dass die Freunde schuldig waren und drei Jahre Gefängnis, die Höchststrafe für diesen Fall, noch zu milde wäre. In seinem Eröffnungsplädoyer war immer wieder von Rache, Heimtücke und Grausamkeit die Rede und er fragte, ob man dieses Vergehen nicht hätte als Mord oder die Anstiftung dazu hätte ahnden sollen. Etwas zu langatmig, wies er darauf hin, wie persönlich der Fall und wie niederträchtig daher die Beweggründe der Beklagten waren.
 

Auf Seiten der Verteidigung stieg allen die Galle hoch. Düster funkelten Colt und Fireball den Redner an, während Saber in sich hinein horchte um herauszufinden, wie nahe der Staatsanwalt der Wahrheit kam. Aber so einfach, wie Haywood tat, war das alles nicht gewesen.
 

Jetzt kam Steeker zu Wort. Er sprach von Freundschaft und Verrat, von Enttäuschung und Menschlichkeit, von psychischer Belastung und verständlicher Sorge um die, die einem nahe standen. Er hielt sich kurz und legte die Entscheidung darüber deutlich in die Hände der Jury, wo Haywood ihnen vorweggenommen hatte, was sie denken sollten.
 

In den maskenhaften Gesichtern der fünf war jedoch nicht zu erkennen, was sie wirklich dachten. Es war unklar, ob Steeker oder Haywood sie mehr überzeugt hatten. Letztere fuhr nun durch sein weißblondes Harr und begann nach Aufforderung das Verfahren aufzunehmen. Er rief Maddox in den Vernehmungsstuhl und ließ den berichten. Leider. Das Blondinen-Trio schüttelte die gesenkten Köpfe. Was Maddox da gerade erzählte, war in ihren Augen Müll. Wie konnte man zulassen, dass ein Mensch ungestraft so haarsträubende Lügen erzählte? Und Haywood? Er war der Feind. Ganz klar. Nur schwer, wenn überhaupt, würde er von seiner Ansicht abzubringen sein. Wenn ihn niemand aufhielt, würde er die Jungs knallhart und gnadenlos ans Messer liefern. Das stand fest.
 

Im Moment stellte der Staatsanwalt kurze, knappe Fragen und ließ seinen zweifelhaften Hauptzeugen ausreichend Gelegenheit Saber, Colt und Fireball in ein schlechtes Licht zurück. Nur allzu deutlich zeichnete der ein Bild, bei dem die drei äußerst zufrieden über Suzies Ableben schienen. Es fehlte nur noch die Behauptung, sie hätten Jean-Claude zu dem guten Schuss beglückwünscht. Steeker nahm die Möglichkeit zum Kreuzverhör wahr und fragte, ob Maddox gute Sicht gehabt hätte. Der bejahte. Dann wollte Steeker wissen: „Wie viele unschuldige Menschen mussten wegen Ihrer Geschäfte mit den Outridern schon sterben?“ Haywood erhob sofort Einspruch wegen Irrelevanz für diese Verhandlung. Der Vorsitz gab ihm Recht. Dennoch war Woody zufrieden. Einspruch hin oder her, er hatte den Stab daran erinnert, wer der Hauptzeuge der Anklage war und damit, wie fragwürdig dessen Aussagen waren.
 

Dann wurde der Form halber noch der Arzt vernommen, der Suzies Leichnam obduziert hatte. Haywood ließ noch einmal für das Protokoll feststellen, dass sie mit einem Schuss durch den Kopf getötet worden war. Dann fragte er, ob es Anzeichen von Misshandlung bei ihr gegeben hatte, als Hinweis darauf, dass sie möglicherweise nicht ganz so freiwillig bei Jean-Claude geblieben war. Der Arzt verneinte Eifrig hakte Haywood noch einmal nach, ob es irgendwelche Anzeichen von Gewaltanwendung gegeben hatte. Der Fachkundige fragte zurück: „Außer dem Leichnam?“ Steeker konnte im Kreuzverhör nur nachhaken, ob festgestellt werden konnte, aus was für einer Waffe geschossen worden war und bekam die Bestätigung, dass diese nicht den drei Beschuldigten zugeordnet werden konnte. So konnte deren Verteidiger zumindest eine Mordanklage abwenden, die der Staatsanwalt bei der Eröffnung als Option gestellt hatte. Mehr allerdings konnte Woody an dieser Stelle nicht für sie tun.
 

Die Sitzung wurde unterbrochen. Saber, Colt und Fireball wurden in einen Raum geführt, der während dieser Zeit für die Beklagten vorgesehen war. Steeker trat zu den Frauen und fand aufbauende Worte für sie. Die Beweisaufnahme würde alles entscheiden. Ganz gleich wie düster es im Augenblick aussah, entschieden war noch gar nichts.
 

Diesen Zuspruch hätten auch die drei Jungs gebraucht. Doch leider hatten sie ihn nicht. Fireball hatte nur noch einen kurzen Blick auf den vollen Bauch seiner Freundin werfen können, Saber und Colt mit Unbehagen gesehen, wie Steeker je eine Hand auf Robins und auf Chilys Schulter gelegt hatte. Jetzt hatte jeder von ihnen etwas, was sie zusätzlich zu dem undefinierbaren Verlauf der Sitzung so richtig martern konnte. Fünf Minuten lang versuchte der Rennfahrer sich vorzustellen, wie seine Tochter wohl aussehen würde, während seine Freunde versuchten die wüstesten Vorstellungen von Woody und der Lehrerin, beziehungsweisen von Woody und der Hebamme, aus ihren Köpfen zu verbannen. Fünf Minuten konnten verdammt lang sein.
 

Unterdessen ging Steeker noch einmal seine Vernehmungstaktik durch. Haywoods Wirkung auf seine Schützlinge war denkbar ungünstig. Der schien sie nur durch seine Anwesenheit zur Weißglut zu treiben. Das konnte schwer nach hinten los gehen. Ein unbedachtes Wort konnte die feinsäuberliche, gewissenhafte Vorbereitung des Verteidigers ruinieren. Dann musste er sich rasch etwas einfallen lassen um das wieder gerade zu biegen. Aber das, was er von den drei Beklagten und deren Partnerinnen gesehen und erlebt hatte, dürfte dabei wirklich dienlich sein.
 

Gespannt war die richtige Beschreibung für die Stimmung unter den Frauen und den Eltern des Recken. Keiner sprach. Eduard und Mary waren froh, dass ihre Schwiegertochter sie auf dem Laufenden gehalten und ihnen überhaupt erst von dieser Anklage erzählt hatte. Saber hätte es ihnen verschwiegen, um sie nicht zu beunruhigen. Doch Chily wusste, dass die beiden in sein Leben einbezogen sein und ganz besonders in dieser Situation zu ihm stehen wollten. Er brauchte die beiden im Saal, als Beistand. Auch das wusste sie.
 

Endlich wurde die Verhandlung fortgesetzt. Die Delinquenten wurden hereingeführt. Colt sah, wie Steeker noch etwas zu Robin sagte, bevor er an den Tisch der Verteidigung und zu seinen Schützlingen trat. Gedanklich seufzte der Kuhhirte. Da hatte er eine Zukünftige, die nicht sah, dass der Herr Verteidiger ihr den Hof machte. Wenn der Cowboy wirklich inhaftiert wurde, wie lange blieb sie dann noch blind? Er konnte schlecht seine Jugendfreundin als Wachhund auf seine Braut setzen. Erstens war sie Hebamme und konnte sich über Mangel an Arbeit nicht beklagen. Zweitens würde sie sicher selbst genug damit zu tun haben, sich lästige Verehrer vom Leib zu halten, wenn die Jungs hinter schwedische Gardinen kamen. Und drittens würde sie ihm bei so einer Bitte nur einen Vogel zeigen und ihm sagen, dass er Robin vertrauen solle. Seufzend setzte sich Colt zu seinen Freunden.
 

Der Vorsitzende trat mit dem Beraterstab ein und erteilte Lieutenant Haywood das Wort. Der rief umgehend Saber in den Vernehmungsstand und begann mit der Beweisaufnahme. „Wie wir gehört haben, haben Sie Ihre Pflichten in diesem Fall grob vernachlässigt, Captain Rider“, legte er streng los und musterte den Schotten. Der saß sachlich auf dem Stuhl und antwortete ruhig. „Ich habe ihn nicht anders gehandhabt, als alle anderen zuvor.“ Das stimmte auch so weit, wenn man das unwesentliche Detail ausließ, dass er diesmal die Betroffene anschließend geehelicht hatte. „Ich glaube nicht, dass andere Starsheriffs dabei zugesehen hätten wie ein unschuldiger Mensch erschossen wird, Captain“, stellte der Staatsanwalt reichlich überspitzt fest. Der Gefragte schluckte überrascht. „Einspruch. Wertung, “ rief Steeker dazwischen. „Stattgegeben, “ nickte der vorsitzende Colonel. „Mister Maddox hat die Szenerie in der Tankstelle sehr bildlich beschrieben. Schildern Sie uns Ihre Sicht der Dinge, Captain Rider, “ fuhr der Weißblonde fort. Saber gewann die kurzzeitig verschwunden Fassung wieder. Sachlich schilderte er und wiederholte im Grunde, was Maddox vor der Pause ausgesagt hatte. Nur über den Schuss auf Suzie erklärte er: „Wir waren wie gelähmt.“ Haywoods Brauen zogen sich missbilligend in die Höhe. „Wie oft haben Sie solche Situationen schon miterlebt, Captain?“ fragte er streng. „Eine solche? Noch nie, “ erwiderte der Schotte wahrheitsgemäß. Einen derart persönlichen Fall hatte er noch nie gehabt. Keiner von ihnen. „Captain, Sie arbeiten schon einige Jahre im Oberkommando, daher bin ich mir sicher, dass Sie mit Jean-Claude schon öfter das Vergnügen hatten. Und ich bezweifle, dass der seine Gewohnheiten von heute auf morgen ändert. Geiselnahmen und Morddrohungen sind die Regel in Ihrem Job, “ stellte der Staatsanwalt fest. „Das ist richtig. Das ist unser Job, “ bestätigte Saber mit leiser Beklemmung. „Trotzdem waren wir noch nie in einer solchen Situation, “ betonte er dann. Ihm schwante nichts Gutes bei der Art von Haywoods Interview. „War dieser Fall zu persönlich?“ bohrte der sogleich, als wüsste er genau, wo er die Schwachstelle des Highlanders finden konnte. „Für einige von uns ...,“ wich der aus. Verstehend nickte der Fragensteller. „Für Mister Willcox vielleicht? Wie ich gelesen habe, “ bezog er sich auf die Akten, „war dessen Freundin in diesem Fall nicht unwesentlich involviert.“ – „Ja.“ – „Das erklärt, weshalb Mister Wilcox gezögert hat. Aber weshalb haben Sie gezögert?“ schoss der Lieutenant seinen nächsten giftigen Pfeil ab. „Einspruch. Das ist eine Vermutung. Mehr nicht,“ protestierte Steeker sofort. „Dann bestätigen oder widerlegen Sie diese Vermutung“, forderte der Vorsitzende ihn streng auf und wandte sich dann an den weißblonden Anwalt. „Fortfahren.“ Der triumphierte innerlich. „Captain Rider, ist Ihre Frau nicht besagte Freundin von Mister Wilcox?“ Dem Schotten schoss dunkles Rot ins Gesicht. ‚Treffer! Versenkt, ‘ dachte er unbehaglich und presste ein einigermaßen festes „Ja, Sir“ hervor. „Nun, da haben wir Ihre persönliche Verbundenheit zu diesem Fall.“ Der Triumph war nun deutlich aus Haywood herauszuhören. „Aus den Akten geht hervor, dass Misses Rider von Suzie DeMartin bedroht und mehr noch, angeschossen wurde“, bemerkte er dann fast beiläufig. Saber wurde abwechselnd heiß und kalt. Wo sollte das hinführen? Kaum merklich nickte er, bemüht darum, die distanzierte Fassade aufrecht zu erhalten. „Ist es nicht so, dass Miss DeMartin eigentlich eine gute Freundin von Ihrem Team war. Bis zu dieser, nennen wir es, Indiskretion?“ hakte der Anwalt nun nach. „Ja, das ist richtig. Wir waren gute Freunde und haben uns auch im Job unterstützt.“ Na bitte, da war sie ja endlich wieder, Sabers Kontenance. „Sie waren. Das kann ich zwar verstehen, dennoch ist es kein Grund, tatenlos zuzusehen, wie sie erschossen wurde, “ erklärte Haywood streng, so dass es keinen Widerspruch duldete. „Einspruch. Unterstellung. Wir wissen noch nicht genug, um das beurteilen zu können, “ unterbrach Woody erneut. Der Colonel zögerte, wog ab und entschied dann: „Stattgegeben.“ Haywood jubelte gedanklich noch mehr. „Darf ich Captain Rider befragen?“ Steeker war aufgestanden und zwei Schritte zum Richterpult getreten. „Bitte. Nur zu, “ nickte der Vorsitzende während die Gegenpartei sich gelassen im Stuhl zurücklehnte.
 

„Als Jolene Rider, damals noch Adams, angeschossen wurde. Wie ist das abgelaufen? Schildern sie uns bitte die Situation.“ Woodys Aufforderung gab dem Recken die Möglichkeit wieder sachlich und gefasst zu reagieren, gut zu überlegen um sicher durch dies alles zu kommen. Haywood hatte ihn mehrmals kalt erwischt. Das musste der Schotte revidieren. Er schilderte recht nüchtern den Hergang und endete mit den Worten: „Suzie wollte eigentlich mich erschießen. Der Schuss war für mich bestimmt.“
 

Chily hatte das Gefühl, Misses Rider bräche ihr gleich die Finger, so fest drückte Sabers Mutter ihr die Hand, als sie dies hörte. Die Hebamme war bereit gewesen für ihren Sohn zu sterben. Über alle Maßen erstaunt betrachtete sie deren Profil. Aber alles, was Mary darin erkennen konnte, war Selbstverständlichkeit. Als sei es das Normalste der Welt so etwas zu tun.
 

„Ist es richtig, dass Sie zu diesem Zeitpunkt schon tiefere Gefühle für Ihr jetzige Frau hegten?“ wollte Verteidiger Steeker nun vom Schotten wissen. Saber nickte unbehaglich. „Aber sie haben nichts unternommen, als sie sich in die Schussbahn warf?“ bohrte der Lieutenant weiter. „Wie hätte ich sollen? Ich habe nicht damit gerechnet, “ entgegnete der Recke, etwas erstaunt über eine solche Frage. „Womit haben Sie nicht gerechnet?“ legte der Befrager den Finger auf diesen Punkt. „Erst mal nicht mit dem Schuss. Das hätte ich Suzie nicht zugetraut. Und auch nicht, dass Jolene sich dazwischen wirft. Es blieb keine Zeit mehr zu reagieren.“ Auch der Schwarzhaarige war zufrieden. Darauf wollte er hinaus und beweisen, dass es Momente gab, in denen man sich in den beteiligten Personen verschätzen und nicht so handeln konnte wie sonst. „Eine mutige Frau.“ Anerkennend schaute er zu Chily im Saal, dann wieder zu Saber. „Wann haben Sie geheiratet?“ wollte er wissen. „Vor ein paar Wochen.“ Der Schotte blieb verwundert, auch wenn er äußerlich ruhig wirkte. „Also NACHDEM der Fall abgeschlossen und Sie den entsprechenden Bericht vorgelegt hatten?“ bohrte Steeker. „Ja, Sir, das ist korrekt, “ gab der Säbelschwinger zur Antwort. „Was wollen Sie damit bezwecken?“ unterbrach Haywood jetzt. „Nun es scheint doch so, als wäre diese eine, sagen wir, ziemlich herzliche Bindung, bei der beide sicher sind, was sie wollen. Oft genug liest man von Blitzhochzeiten, die zwei, drei oder vier Wochen nach dem Kennenlernen stattgefunden haben. Ich habe den Eindruck, dass dies eine vergleichbare Beziehung ist, dennoch kam die Ehe erst zu Stande, NACHDEM der Fall abgeschlossen wurde. Das ist für mich ein Beweis, dass Captain Rider sehr gut im Stande ist, sachbezogen zu agieren und sich nicht von seinen Gefühlen hinreißen lässt, “ erläuterte Woody. „Es ändert nicht daran, dass die Tötung von Miss DeMartin nicht verhindert wurde, “ schnappte Haywood. „Lieutenant, keiner meiner Mandanten bestreitet die Unterlassung. Wir wehren uns gegen den Vorwurf des Vorsatzes. Hier liegt ein minder schwerer Fall vor, “ betonte der Verteidiger. „Ich bin überzeugt, dass die Sachlage so ist, wie Eingangs geschildert. Die Unterlassung erfolgte auf Grund niederer Beweggründe, niederer Motivation wie Rache und Genugtuung.“ – „Genug.“ Harsch unterbrach der Vorsitzende den anbahnenden Streit der Rechtanwälte. „Sie scheinen beide zu vergessen, dass dies zu entscheiden Aufgabe der ehrenwerten Jury und meine ist. Lieutenant Steeker, haben sie noch Fragen an Captain Rider?“ Der Gefragte schüttelte den Kopf. „Nicht im Augenblick.“ Der strenge Blick des Colonels richtete sich auf den Staatsanwalt. „Lieutenant Haywood? Und Sie?“ Der tat respektvoll. „Nein Sir, Vorläufig nicht. Ich behalte mir aber vor ihn zu einem anderen Zeitpunkt erneut auf zu rufen, “ entgegnete er. Etwas zu lang schaute er dabei auf Saber und Steeker und kritzelte dann etwas auf seinen Notizblock. Der Colonel nickte. „Dann sind Sie aus dem Vernehmungsstand entlassen, Captain Rider.“ Der stand auf und kehrte an seinen Platz zurück. Erleichtert zumindest den ersten Teil hinter sich zu haben.
 

„Lieutenant Haywood, rufen Sie den nächsten zur Befragung“, ordnete der Vorsitzende an. „Ja, Sir. Ich rufe S.a.D. Colt Willcox.“ Er hatte nicht die Absicht wertvolle Zeit zu vertrödeln, sondern wollte die drei so schnell wie möglich zur Verurteilung führen und damit zu ihrer verdienten Strafe. Mit der Art, wie Colt sich nun in den Verhörstuhl fläzte, erkannte der Staatsanwalt, welche Art Mensch er vor sich hatte. Das würde leicht. „Mister Willcox, beschreiben Sie uns bitte Ihr Verhältnis zu Misses Rider“, begann er unverfänglich. „Wie beschreiben? Das ist meine Chily-Schote. Wir sind zusammen aufgewachsen, “ erhielt er lapidar zur Auskunft. „Das heißt, sie haben eine sehr enge Bindung zu einander, “ stellte der Weißblonde fest. „Klar. Es gibt so gut wie nichts, dass ich nicht über sie weiß, “ entgegnete der Scharfschütze und fragte sich, worauf der komische Vogel von Paragraphenreiter hinaus wollte. Als hätte er das ausgesprochen, fragte der weiter: „Hatten Sie ein intimes Verhältnis zu ihr in Ihrer Jugend?“
 

Chily schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. Das hatte ja kommen müssen.
 

April presste die Lippen zusammen. ‚Oh Gott.‘
 

Robin seufzte unterdrückt. Da konnte Colt ja nur ausrasten. Seine Jugendfreundin war heilig und wenn er auch sonst ein Sünder war, vor ihr hatte sogar er halt gemacht.
 

Am Tisch der Verteidigung begannen Saber und Fireball in einem Anflug von Galgenhumor den Countdown runter zu zählen, bis Colt ausflippte.
 

„Mit Chily? Sind Sie verrückt? Im Leben nicht, “ rief der ehrlich entsetzt aus. „Aber Sie sagten, Sie hätten eine enge Beziehung und kennen sie sehr gut, “ gab Haywood unbeeindruckt zurück. „Ja, aber ich hab nicht mit ihr … Karten gespielt. Man muss ja nicht jede Frau,“ Colt suchte nach einer anderen, netten Umschreibung, aber ihm fiel keine ein. Deshalb ballte er die eine Hand zur Faust und ließ sie gegen die Handfläche der anderen sausen. „… um sie zu kennen.“ Hatte Haywood es sich doch gedacht. Das Verhör würde schnell dorthin führen, wo er wollte. „Verstehe. Sie würden alles für sie tun, nehme ich an, “ bemerkte er. „Ja, logo, “ parierte der Cowboy sofort. „Für sie morden?“ fragte der Rechtsanwalt langsam. Jetzt schoss der Scharfschütze heftig in die Höhe. „Ticken Sie noch richtig?“ brauste er ungehalten auf. „Setzen Sie sich und achten Sie auf Ihren Ton“, mahnte der Vorsitzende ihn streng. Widerwillig gehorchte Colt und murrte ihn an. „Vielleicht überlegt sich der Hans da mal, was er hier fragt.“ Dann wandte er sich an den Weißblonden. „Ums klar zu machen. Ich lieb meine Chily, als wenn sie meine Schwester wäre. Selbiges gilt für die,“ Dabei wies er von Saber zu Fireball und auf April. „und für sie,“ Jetzt zeigte er auf Robin. „sowieso. Aber eher würde ich sterben, als dass ich so eine Verräterin wie Suzie kill. Das ist DIE doch gar nicht wert, “ schnaubte er wütend. „Sehr aufschlussreich, “ gestand der Staatsanwalt ihm kühl zu. „Dann haben Sie auch keinen Grund deren Ermordung zu verhindern. Das ist sie ja auch nicht wert, “ schlussfolgerte er. Colt wollte aufs Neue auffahren, presste aber den Kiefer zusammen und drückte die Handflächen fest gegen einander. Steeker hatte ihn vor solchen Fragen gewarnt. Jeder Ausbruch, vor allem die respektlosen, wie Colt eben einen geliefert hatte, waren ihr Nachteil. So was missfiel dem Beraterstab. „Wenn jemand Ihre Freunde bedroht und terrorisiert, sie anschießt und tötet“, begann er langsam und mit bebender Stimme. „wie fähig sind Sie dann noch vernünftig zu handeln?“ – „Keine Fragen mehr,“ unterbrach Haywood ihn rasch, damit es noch nach einem indirekten Schuldeingeständnis aussah.
 

Aber sofort schaltete Steeker und forderte den Kuhhirten auf: „Sprechen Sie weiter Mister Willcox.“ – „Sowieso“, knurrte der, kaum die Unterbrechung beachtend, geschweige denn hinnehmend. „Jeder, der ein Herz in der Brust hat, schaltet auch mal den Verstand aus. Egal ob es richtig ist oder nicht. Das ist es nämlich, was uns von den Outridern unterscheidet, “ erklärte er dann fest. Steeker nickte und nahm nun seinerseits das Verhör auf. „Wie persönlich war der Fall für Sie, Mr. Willcox?“ fragte er. Colt legte seine Hände auf den Tisch, an dem er nun saß und zählte deutlich sichtbar an den Fingern ab. „Erst wird Dooley kalt gemacht, ohne den ich jetzt nicht hier wäre. Dann wird meine Chily bedroht wegen einer Mine, die meinen und ihren Eltern gehört und die in einem Gebiet liegt, auf dem ein Irokesen-Stamm lebt, dessen Häuptling Chilys und mein Patenonkel ist. Außerdem wird meine Prinzessin,“ wieder deutete er auf April, „ als Schutzschild genommen, was den Mini-Prinzen,“ und nun wieder wies er auf den Rennfahrer, um jeden Zweifel auszuschließen, von wem er sprach, „zum flippen bringt. Was ja logisch ist, ist ja sein Kind. Hab ich schon erwähnt, dass Chily angeschossen wurde, einer meiner Irokesen-Freunde im Koma lag und nicht zu vergessen, dass meine Robin entführt wurde? Last but not least: Der ganze Scheiß wegen meinem Halbonkel,“ jetzt deutete er auf William Maddox am Tisch der Anklage und fragte: „Wie viel persönlicher geht es denn noch?“ Steeker beobachtete im Augenwinkel die Mitglieder des Beraterstabes, die dieser Aufzählung sehr aufmerksam zu gehört hatten. „Kaum noch. Danke Mr. Willcox. Ich habe keine Fragen mehr, “ schloss Woody nun sein Kreuzverhör etwas vorzeitiger als ursprünglich geplant. Aber es war ja auch nicht geplant gewesen, dass der Scharfschütze so ausrastete, also hatte der Verteidiger improvisieren müssen. Er brauchte die Aussage des Lockenkopfes um zu beweisen, dass ein minder schwerer Fall von Unterlassung vorlag. Noch immer bebend und sich zur Ruhe zwingend nahm Colt wieder neben Saber Platz. Der nickte ihm leicht zu. Das war gut so. Der Cowboy hatte die Selbstbeherrschung weitgehend selbst zurück erlangt. Saber hatte nicht einen Ton sagen müssen. Früher hätte er drei Stunden predigen müssen. Colt hatte sich wirklich verändert.
 

„Rufen Sie den Nächsten zur Befragung auf, Lieutenant Haywood“, verlangte der Vorsitzende nun. „Sir, ich rufe S.a.D. Shinji Hikari.“ Haywood blieb vor seinem Tisch stehen. Das Widerstreben des Gerufenen, verriet ihm, dass der sicher auch aus der Haut fahren würde, wenn er nur die richtigen Fragen stellte. Unbehaglich setzte Fireball sich und schaute auf den Staatsanwalt. Er durfte sich von ihm nicht reizen lassen. Der würde unbarmherzig genau auf die Schwachstellen des werdenden Vaters los gehen. Flüchtig blickte er zu April. Er wollte bei ihr sein, sie nicht verlassen müssen und mit ihr Charlene aufziehen. Haywood war der Blick nicht entgangen. „Wie stehen Sie zu Misses Rider?“ fragte er dann verständlicherweise, da die nicht so unwesentlich in den Fall involviert war. „ Chily?“ Der Rennfahrer schaute auf sie. „Sie ist unsere Hebamme und eine gute Freundin.“ Das konnte er getrost behaupten. Es stimmte, auch wenn er und sie sich gelegentlich in die Wolle bekamen. Sie söhnten sich schließlich auch schnell wieder aus. „Hebamme“, nickte der Weißblonde. „Wie lange noch bis zur Geburt?“ wollte er dann wissen. „Etwa noch vier Wochen“, erwiderte Fireball. „Schön. Junge oder Mädchen?“ Haywood warf einen kurzen Blick zu der Schwangeren im Saal. Da war doch auch schon der Schwachpunkt. „Mädchen“, antwortete der Japaner. Ihm wurde noch unwohler. Was hatte das mit dem Fall zu tun? „Haben Sie sich schon auf einen Namen geeinigt? Ist das Zimmer vorbereitet?“ Das Gesicht des Staatsanwaltes war undurchschaubar. Fireball spürte, dass er verdammt aufpassen musste, sonst würde es ihm genauso wie Colt gehen und er würde ausrasten. „Ja und ja“, ließ er sich vernehmen. „Hm. Nach Ihrem Alter zu urteilen Ihr erstes Kind. Sehe ich das richtig?“ wollte der Ankläger nun wissen. „Ein Hellseher.“ Wann kam der endlich zum Punkt. Zunächst tat er bescheiden. „Menschenkenner, wenn überhaupt.“ Er trat einen Schritt auf den Vernehmungstisch zu. „Dann sind Sie sicher sehr aufgeregt.“ – „Jetzt hab ich die Zeit dazu, ja“, entgegnete Fireball wahrheitsgemäß. Immerhin hatten ihn die Ereignisse während des Falles um Pennyrile doch sehr in Atem gehalten. „Vorher war es etwas schwieriger, schon klar. Sie mussten viel um dieses Kind fürchten, so weit ich aus den Akten weiß, “ bereitete Haywood nun seinen Tiefschlag vor. „Hn.“ Der Pilot biss sich auf die Lippen. Es hatte ihn mehr Nerven gekostet, als er tatsächlich hatte, aber das konnte er ja schlecht zugeben. „Tja, es dürfte einen nicht so recht kalt lassen. Haben Sie sich deshalb zwischenzeitlich mit Starcaptain Yamato getröstet, als Miss Eagle zur Kur war?“ Fireball riss die Augen auf. „WAS?“ rief er geschockt. „Ich wiederhole die Frage“, meinte Haywood unbeeindruckt. „Hatten Sie eine Affäre mit Starcaptain Yamato, während Ihre schwangere Freundin Miss Eagle zur Kur war?“ Er betonte die Frage besonders um zu zeigen, wie wenig er davon hielt. „Ich weiß ja nicht, wo Sie sich den Kopf gestoßen haben, aber offensichtlich war das für Ihre grauen Zellen nicht förderlich. Nein, habe ich nicht, “ schnaubte Fireball düster und war genau da gelandet, wo der Staatsanwalt ihn haben wollte. „Aus privaten Aufzeichnungen, von Starsheriff DeMartin geht hervor, dass sie Sie und Starcaptain Yamato gesehen hat. In der Hausbar der jetzigen Misses Rider.“ Dabei nahm er ein kopiertes Blatt vom Tisch und hielt es dem Rennfahrer vor die Nase. „In flagranti sozusagen“, ergänzte er. Der Japaner riss ihm den Zettel aus der Hand und zerknüllte ihn. „Schon mal dran gedacht, dass unser gute Suzie gelogen hat?“ fauchte er. „Das Zerknüllen von Beweismitteln wird Sie nicht retten“, erinnerte Haywood ihn und triumphierte innerlich. „Ich gehe davon aus, dass es wegen diesem One-Night-Stand auch Streit zwischen Ihnen und Miss Eagle gegeben hat?“ fuhr er fort. „Ich hatte wegen Suzie schon genug Ärger mit April und jetzt fangen Sie auch noch damit an. Da war niemals was!“ begehrte der Japaner aufs tiefste in seiner Ehre gekränkt auf. Gerade noch konnte er die unglückliche Formulierung von Da war nix, da ist nix und da wird nie was sein unterdrücken. Es würde nämlich tatsächlich nie mehr etwas gehen, weil Mandarin tot war und dies wiederum wäre nur eine weitere Angriffsfläche für Haywood gewesen, wenn er sich nicht ohnehin von selbst auf diesen Punkt einschießen würde. „Sie brauchen Miss DeMartin nicht um Ihrer Freundin untreu zu werden“, nickte der nun. Das lief ja wirklich gut. „Dafür müsste ich zuerst mal untreu werden“, parierte der auch noch sofort. „Ach, sie wollte Sie nicht genau wegen Untreue, nicht genau aus diesem Grund verlassen? Da hat Ihnen Miss DeMartin ja reichlich Ärger eingebrockt.“ Der Unterton in der Stimme des Weißblonden trieb den Rennfahrer noch weite auf die Palme. Jetzt schaute er zu April und krallte die Hände fast in den Tisch. „Hat sie. Wegen nix und wieder nix, “ knurrte er. Deutlich flackerte ihm wieder vor Augen, wie April aus der Kur zurückgekehrt war und angefangen hatte, die Koffer zu packen. Sie hatte ihn wirklich verlassen wollen. Sein Herz zog sich schmerzhaft bei dieser Erinnerung zusammen. „Sie gehen sehr gelassen damit um.“ Haywoods Brauen schoben sich ironisch belustigt nach oben. „Fassen wir das zusammen. Sie hatten eine Bettgeschichte mit Miss Yamato, von der sowohl Miss DeMartin und ihre Freundin Miss Eagle erfahren haben. Letztere wollte Sie sogar verlassen. Sie haben wohl bis heute eine unglaubliche Wut auf Miss DeMartin, “ schlussfolgerte er und deutete auf die Finger des Piloten. „Eher auf Sie, weil Sie so einen Schwachsinn verzapfen! Mandy war meine beste Freundin. Nicht mehr und nicht weniger. Die Frau, die ich liebe, sitzt da hinten und trägt unser Kind unter ihrem Herzen. Suzie hat alles in Gefahr gebracht, was mir jemals lieb und teuer war, “ rief der nun völlig ungehalten. April lächelte zärtlich, als er diese Worte so in alle Welt hinausschrie. „Das nennt man wohl, eine Mordswut haben“, stellte der Weißblonde kühl fest. „Einspruch. Lieutenant Haywood spekuliert.“ Steeker hatte leider nicht vorher die Möglichkeit gehabt wirkungsvoll einzugreifen. Erst jetzt würde der Vorsitz dieses Verhör abwürgen.
 

Und tatsächlich nickte der Colonel. „Das war eine Befragung an der zulässigen Grenze des guten Geschmacks Lieutenant. Deshalb erteile ich nun Lieutenant Steeker das Wort.“ Haywood war zwar noch nicht fertig mit dem Japaner, beugte sich aber dennoch dem Vorsitzenden. Was anderes konnte er kaum tun. „Mister Hikari, wie haben eigentlich die werdenden Großeltern auf die Schwangerschaft von Miss Eagle reagiert?“ schoss Woody gleich eine Frage hervor, um den ungünstigen Eindruck, den der Rennfahrer erweckt hatte, gleich zu verbessern. „Es sind nur noch meine Mutter und Aprils Vater da, die sich darauf freuen können“, entgegnete er und senkte die Augen. Der nächste Schwachpunkt, verdammt. Hoffentlich endete das bald. „Verstehe. Und wie reagierte Ihr Freundeskreis?“ Der ruhige Ton Steekers brachte den Rennfahrer wieder zur Räson. „Überrascht.“ Er staunte über sich selbst. Das war eine ehrliche und noch dazu nette Antwort, wenn man bedachte, wie sie sich teilweise in die Wolle bekommen hatten. „Mister Hikari, Sie sind, wenn ich richtig informiert bin, der Sohn von Captain Shinji Hikari?“ wollte der Verteidiger nun wissen. Diese Tatsache dem Beraterstab ins Gedächtnis zu holen, konnte nicht schlecht sein, wenn man daran dachte, wie aufopfernd der sich für das Neue Grenzland eingesetzt hatte. Der Japaner nickte nur. „Dann wissen Sie leider viel zu gut, was das bedeutet mit nur einem Elternteil aufzuwachsen. Man sagt oft, dass in solchen Fällen die Freunde eine Art Ersatzfamilie werden. Trifft das auf Sie auch zu?“ lenkte Steeker ihn weiter in die Richtung, in die er ihn haben wollte. „Ja. Meine Freunde sind eine Familie für mich, “ gestand der. „Zu der auch Miss DeMartin und Starcaptain Yamato gehörten?“ bohrte Woody weiter. „Eigentlich schon, ja.“ – „Eigentlich zieht die Aussage in Zweifel“, bemerkte der Rechtsanwalt, „Was hat die Änderung bewirkt?“ Fireball hob den Kopf wieder. „Mandy und Suzie haben zu unserem Freundeskreis gehört. Ich hab den beiden so viel Vertrauen entgegengebracht, wie Saber oder auch Colt. Suzie hat mit allen Mitteln versucht, einen Keil zwischen mich und April zu treiben und hat uns alle hintergangen. Nach allem, was vorgefallen ist, würde ich nicht mehr behaupten, Suzie noch eine Freundin genannt zu haben.“ Er schaffte diese Aussage zu treffen, ohne erneut die Fassung zu verlieren, die er sich gerade stückchenweise wieder zusammen suchte. „Was ist mit Starcaptain Yamato?“ hakte Steeker nach. Es tat ihm leid, dass tun zu müssen, aber es war nun mal wichtig. „Mandy ist gestorben“, flüsterte der Rennfahrer. „Durch wessen Schuld?“ Woody schonte ihn nicht. Auch Haywood nicht. „Wenn Sie sich mit der Antwort eines weiteren Vergehens schuldig machen, dürfen Sie auch schweigen“, warf er ein. „Suzie“, brachte der Pilot hervor und warf einen bitterbösen Blick zum Staatsanwalt. Was erlaubte der sich da für eine Unterstellung? „Das belegt auch der Bericht“, fuhr Steeker ungeachtet des Zwischenrufes fort und schnappte sich eine Mappe von seinem Tisch. Diese hielt er in die Höhe. „Falls Ihnen das entgangen ist, Lieutenant Haywood, “ kommentierte er dann doch dessen Unterbrechung und wandte sich dann gleich wieder an seinen Schützling. „An dem Abend, als Miss DeMartin gestellt wurde, kam es, laut diesem Schriftstück, zu drei Ereignissen, die Sie nicht unbeeindruckt gelassen haben dürften. Welche waren das bitte?“ – „Suzie hat Mandarin ermordet, Chily angeschossen und meine schwangere Freundin als Schutzschild für ihre Flucht benützt“, zählte der daraufhin auf. „Und sie versuchte zu fliehen. Wer hat das verhindert?“ Bei dieser Frage brachte Steeker die Mappe wieder zum Tisch. „Colt und ich“, antwortete Fireball erstaunt, „Saber blieb bei Chily, die ja verletzt wurde.“ – „Aha. Sie haben sie verhaftet. Ihr Vorgesetzter hätte weder etwas gesehen, noch Sie zurück halten können, “ fasste er zusammen und kam zu der wesentlichsten Frage seiner Vernehmung. „Warum haben Sie sie nicht gleich da erschossen?“ Dem Rennfahrer entgleisten sämtliche Gesichtszüge, so geschockt war er von der Frage. „Sehe ich so aus, als könnte ich das?“ fragte er fassungslos zurück und schien tatsächlich gerade unfähig seinen vollen Namen zu nennen. Steeker unterdrückte ein Grinsen. Perfekt. Wer so auf diese Frage reagierte konnte kaum vorsätzlich gehandelt haben. „Danke, Mr. Hikari. Keine weiteren Fragen, “ entließ er den Piloten aus dem Befragungsstand.
 

Es folgte eine weitere Unterbrechung von fünf Minuten. Nach drei Befragungen und der darin enthaltenen Informationsfülle war es ganz einfach notwendig. Trotzdem würden sie den ganzen Tag hier verbringen. Das KOK wollte so schnell wie möglich zu einem Urteil kommen und die Sache abhaken, bevor es an die Öffentlichkeit drang und dort Staub aufwirbelte. Diese Pause schien noch länger zu dauern, als die davor. Während die Jungs unzufrieden über ihre Anhörung waren und ihnen im Nachhinein die besseren Antworten einfielen, konnten ihre Mädchen es kaum erwarten zu Wort zu kommen. Diesem aufgeblasenen Haywood wollten sie schon erzählen, wie gut ihre Männer waren. So einfach ließen sie sich nicht von ihnen trennen.
 

Für die ungeduldige Schwangere war es ein Segen, dass der weißblonde Lieutenant sie nach der Pause als nächste in den Befragungsstand rief. Der konnte was erleben. Gedanklich fragte sie sich, welche Foltermethoden für ihn wohl die schlimmsten wären, kam dann aber zu dem Schluss, dass es nichts nützen würde, ihm das Herz aus der Brust zu kratzen, da er ihrer Ansicht nach nicht über dieses Organ verfügte. Sein höfliches „Fühlen Sie sich wohl, Miss Eagle?“ quittierte sie mit einem ironisch freundlichen Lächeln. „In Ihrer Gegenwart? Es geht.“ Das war schließlich eine ehrliche Antwort. „Die letzten Monate waren aufregend für Sie, nicht wahr?“ wollte Haywood dann wissen. Sie nickte knapp. „Das kann ich verstehen. Ihre - ich nehme an – doch etwas überraschende - Schwangerschaft, die Ereignisse in Tucson-City und zu allem Überfluss ein Freund, der - sagen wir - seinen väterlichen Pflichten nicht nachkommt, “ zählte er auf. „Wenn Sie sich besser informiert hätten, wären Sie überrascht, wie falsch Sie mit ihrer letzten Aussage liegen, “ unterbrach sie ihn frostig. Der Mann war bei ihr in nicht wieder gut zu machende Ungnade gefallen. Wie kam er überhaupt dazu, derart anmaßend über Fireball zu reden? „Ich bin sehr gut informiert, Miss Eagle, “ versicherte der Staatsanwalt. Ihm war klar, dass er nur bissige Antworten zu erwarten hatte. „Wie war denn Ihr Verhältnis zu Starcaptain Yamato und Miss DeMartin?“ hielt er sich fallbezogen. „Gut, bis Suzie versucht hat einen Keil zwischen mich und Fireball zu treiben, Mandy getötet und mir einen geladenen Blaster an die Stirn gehalten hat“, entgegnete die Schwangere sehr neutral. „Das erklärt das Verhältnis zu Miss DeMartin. Aber nicht das zu Starcaptain Yamato. Ich nehme an, Sie konnten Starcaptain Yamato aufgrund dieser Vorfälle nicht besonders gut leiden, “ fuhr der Weißblonde fort ihre Schwachstellen auszuloten. Doch sie hatte nicht vor ihm eine zu liefern. Er wollte ihr Eifersucht unterstellen? Nun gut, das war sie gewesen. Sie war von jeher eifersüchtig auf Mandarin gewesen, aber das musste sie ja nicht zugeben. „Was für Vorfälle meinen Sie? Meine Schwangerschaft und die darauf begründeten Gemütsschwankungen, denen so ziemlich jede Frau mehr oder weniger unterliegt?“ fragte sie mit einer gewissen Selbstverständlichkeit zurück, dass es völlig glaubhaft war. „Oh.“ Süffisant lächelte der Befrager. „Lassen sich diverse andere Eifersuchtsanfälle Starcaptain Yamato gegenüber in den Vorjahren auch mit Gemütsschwankungen erklären?“ hakte er prompt nach. „Sagt Ihnen PMS etwas?“ gab die Blondine schlagfertig zurück. Beeindruckend, das gestand Haywood ihr gedanklich zu. Aber es würde ihr nichts nützen. „Ich nehme an, aus Ihnen und Starcaptain Yamato wären niemals Freunde geworden. Sie haben sich also - ich nenne es mal - kollegial ihr gegenüber verhalten. Es gab immerhin keinen Grund auf sie eifersüchtig zu sein, “ fuhr er mit besonderer Betonung auf den letzten Satz fort und streute dabei gleich Zweifel. „Sie sind aufgrund Ihrer Schwangerschaft von diesem Fall abgezogen worden, aber dennoch waren sie ständig involviert. Ist das richtig?“ – „Meine Hebamme ist darin involviert“, stellte April klar. Jetzt tat der Staatsanwalt erstaunt. „Ihre Freunde auch, Miss Eagle, “ bemerkte er. „Fällt Ihnen was auf?“ fragte sie schnippisch zurück. Das tat es. Ihm war etwas aufgefallen. Nur nicht das, was ihm ihrer Meinung nach hätte auffallen sollen. „Ja. Ihr Freund hätte Sie da so gut als möglich raushalten sollen, hätte er an Ihre“, Er deutete auf den runden Bauch der Navigatorin. „Situation gedacht. So weit ich das aus den Berichten lesen konnte, wurden Sie entführt und hätten das kleine Mädchen beinahe verloren.“ April krauste unwillig die Stirn. „Ich bin schwanger“, betonte sie fest, „Dieser Umstand entmündigt mich nicht. Ich bin immer noch selbständig in der Lage zu entscheiden, was ich will. Und nirgendwo war ich sicherer als bei Fireball.“ Sie schaute zu dem Vater ihres Kindes, dann zu Colt, Saber und Robin. „Oder bei meinen Freunden.“ Jetzt ruhten ihre Augen auf der Hebamme. „Mit der wunderbaren Hebamme und ehemaligen Sanitäterin in der Nähe.“ Bewusst hatte sie die Fachkenntnisse der letzt genannten erwähnt, um deutlich zu machen, dass sie in kompetenten Händen gewesen war. Nur einen Moment lang hob Haywood die Brauen. „Ansichtssache“, meinte er dann trocken. „Miss Eagle, sehen Sie sich die drei Männer an und dann sagen Sie mir, dass keiner von ihnen ein persönliches Motiv hatte, Miss DeMartin sterben zu lassen“, fuhr er mit der Befragung fort. „Ein Motiv für eine Tat zu haben, heißt noch lange nicht sie auch auszuführen. Sonst hätte ich Sie vorhin schon ... Sie verstehen?“ Sie lächelte süß und kühl zugleich. „Das schieben wir auf Ihre Schwangerschaft, nicht wahr?“ quittierte der Weißblonde mit einem freundlichen Schmunzeln und nahm ihrem Konter so den Wind aus den Segeln. „Nur, weil sie es nicht selbst getan haben, heißt das nicht, dass diese Motive in den Hintergrund rücken. Sonst hätten Sie Miss DeMartin geholfen, “ setzte er dann fort. „Einspruch. Spekulation, “ unterbrach Steeker sofort.
 

„Stattgegeben, “ nickte der Vorsitzende und gestattete dem Verteidiger das Kreuzverhör. „Wann, Miss Eagle, in dieser Zeit haben Sie ernsthaft in Erwägung gezogen sich aus dem Fall um Pennyrile herauszuhalten?“ wollte der wissen. „Nach meiner Entführung und nur auf das dringende Anraten meiner Hebamme. An ihre Empfehlung habe ich mich gehalten und bin auf die Kur gegangen, “ antwortete sie der Wahrheit entsprechend. „Und wann in dieser Zeit hat der Vater ihres Kindes, oder Mr. Willcox, oder Captain Rider verlauten lassen, dass einer von ihnen Miss DeMartins Tod wünsche?“ bohrte Woody weiter. Im Gegensatz zu der Befragung von Colt und Fireball, die er hatte improvisieren müssen, passte diese nun wieder in das von ihm zuvor entworfene Konzept. „Gar nicht. Keiner von ihnen, “ erwiderte die Blondine. „Keiner?“ hakte der Rechtsanwalt nach. „Nein, keiner, “ betonte sie noch einmal ausdrücklich.“ Steeker nickte. Zeit, wieder unauffällig ein paar Bonuspunkte zu sammeln. „Sie kennen die drei sehr gut und sehr lange aus Ihrer gemeinsamen Zeit auf dem Ramrod-Friedenswächter. Ist einem von ihnen Vorsatz zur Unterlassung zuzutrauen?“ – „Einspruch. Das zielt auf die persönliche Meinung ab, “ fuhr Haywood augenblicklich auf. „Richtig. Danach frage ich, “ erläuterte Steeker unbeeindruckt. Der vorsitzende Colonel wiegte grüblerisch den Kopf und entschied dann:„Antworten Sie, Miss Eagle.“ – „Nein, niemals“, erklärte sie souverän. „Danke, Miss Eagle. Keine weiteren Fragen.“ Woody kehrte an seinen Tisch zurück. Haywood trat vor seinen. „Miss Eagle, eins noch. Hatten Sie während Ihrer Dienstzeit auf Ramrod bereits eine Liaison mit Mr. Hikari?“ Am Tisch der Verteidigung sogen alle scharf Luft ein. Das hatte ja kommen müssen. Steeker wandte sich dem Verhör zu. Die Schwangere war blass geworden. Ihr „Nein“ klang leider nicht fest genug, was daran lag, dass sie mit einer solchen, für sie absurden Frage nicht gerechnet hatte. „Sie stehen unter Wahrheitspflicht“, erinnerte Haywood sie streng.
 

Hinter der Absperrung sprang Chily alarmiert auf. Eine Schwangere, die Farbe verliert, war immer Grund zur Besorgnis. „Lassen Sie sie endlich in Ruhe. Das ist ja nicht mehr zumutbar, “ begehrte sie laut auf. „Misses Rider: Ich muss doch bitten. Setzen Sie sich, “ mahnte der Vorsitzende, aber sie dachte gar nicht daran. „Bei allem Respekt. Sie ist schwanger. Sie sagten selbst, dass er sich hart an der Grenze bewegt mit seinen Fragen, “ warf sie ein. „Da gebe ich Ihnen Recht, Misses Rider, aber diese Frage möchte ich gern beantwortet haben, “ entgegnete er. Zwangsläufig musste sich die Hebamme setzen. Es gefiel ihr nicht, aber was blieb ihr übrig. Sie durfte weder den Colonel noch den Beraterstab gegen sich aufbringen, wenn sie deren Entscheidung nicht negativ beeinflussen wollte. Dass sie genau dies mit ihrem Zwischenruf getan hatte, war ihr nicht bewusst. Immerhin konnte man es jetzt so auslegen, dass es etwas zu vertuschen gab.
 

Der Vorsitzende wandte sich nun an die Navigatorin. „Miss Eagle?“ forderte er die Antwort auf die Frage. Die hatte ihre Fassung zurück. „Nein, hatten wir nicht“, erwiderte sie sicher. „Ein Blick in die Dienstzeugnisse der beiden hätte dafür genügt, Lieutenant Haywood. Die beiden mögen, wie man sich unschwer vorstellen kann, Gefühle für einander gehegt haben, aber es gibt keinen Hinweis darauf, dass sie sich nicht an die Regeln gehalten hätten, “ informierte er und kritisierte dadurch diese unzumutbare Frage. „Wo sollte der auftauchen, wenn sie die Tochter von Commander Eagle ist?“ fragte der Staatsanwalt seinen Gegenspieler schnippisch. „Das ist ungebührlich“, empörte der sich aufrichtig erschrocken. Zum ersten und einzigen Mal in dieser Verhandlung war seine Reaktion keine Berechnung. „Aber nicht unrealistisch. Ich habe genau deshalb Zweifel an der objektiven Meinung von Miss Eagle, “ erläuterte Haywood ungerührt. „Glauben Sie wirklich, ich würde meinen Vater in eine solche Situation bringen?“ fuhr April ihn an. „Gerade weil ich seine Tochter bin, ist das lächerlich“, erklärte sie ruhig und so würdevoll, dass die Berater anerkennend nickten. „Danke, Miss Eagle. Sie können sich setzen. Ich denke die Frage ist hinreichend beantwortet, “ entließ der Colonel die Schwangere nun aus dem Befragungsstand.
 

Haywood rief sogleich Robin hinein: „Miss Johnson, ich darf Sie bitten? Auch von Ihnen hätten wir gerne ein paar Antworten.“ Steif nahm diese Platz. Sie war nicht weniger aufgewühlt als April oder Chily, schwitzte genauso Blut und Wasser und wähnte die Jungs schon hinter Schloss und Riegel. Die Anhörung verlief so ausgeglichen, dass es nicht vorhersehbar war, wie sie ausgehen würde. „Sie sind die Verlobte von Mister Wilcox, richtig?“ begann Haywood nun. Die Lehrerin nickte. „Ich nehme an, Sie werden demnächst heiraten, Miss Johnson und dass Ihr Verhältnis zu S.a.D. Wilcox ein sehr inniges ist. Wie stehen Sie zu den anderen?“ Zielsicher hatte er ihre Schwachstelle freigelegt. Noch schneller als bei dem Scharfschützen. Das konnte nur daneben gehen. Robin fühlte es. „Ja, wir werden heiraten, sobald das alles hier vorüber ist und unsere Freunde,“ sie nickte leicht in die Richtung der Verteidigung, „werden dabei sein.“ Wenn es doch nur schon alles vorüber wäre. „Also sind sie auch Ihre Freunde“ fasste Haywood zusammen und erkundigte sich dann: „Gehörten Miss DeMartin und Starcaptain Yamato auch zu Ihrem Freundeskreis?“ – „Ich hab sie erst kennen gelernt, als sie zur Unterstützung gerufen wurden“, wich die Lehrerin aus. „Und wie sehr mochten Sie die beiden Damen nun? Waren sie sympathisch oder hegten Sie, so wie Miss Eagle auch, eine gewisse Eifersucht auf eine der beiden Damen?“ bohrte der Weißblonde glatt noch mal nach. „Ich kannte beide kaum“, umging sie auch diese Frage so gut sie konnte. Sie wollte ihm ganz sicher nicht auf die Nase binden, wie wenig sie Suzie hatte leiden können, weil sie nicht nur mal mit ihrem Zukünftigen angebandelt hatte, sondern auch permanent Zwist gestreut hatte. Wie heftig war die Hebamme wegen der Verräterin ausgerastet und was für einen fiesen Streit hatte sie anschließend mit Saber deshalb gehabt. Oder Robin selbst mit Colt. Suzie hatte es meisterlich hinbekommen, dass zwischen allen die Fetzen geflogen waren. „Aber einen Eindruck von ihnen müssen Sie doch gehabt haben, Miss Johnson“, ließ der Staatsanwalt nicht ab. „Einen Eindruck haben und eine Meinung sind zwei verschiedene Angelegenheiten“, definierte Robin und wich wiederum vor der gewünschten Aussage zurück. „Dann schildern Sie uns das bitte“, verlangte Haywood. Langsam ging ihm auf, dass sie nichts aussagen würde, um niemanden hinein zu reißen. So aufgewühlt wie sie war, würde sie etwas Unbedachtes antworten und die Angelegenheit unbeabsichtigt verschlimmern. Es war abzusehen, dass sie sich bald auf ihr Recht zu schweigen berief. „Sie kamen an, sie sagten Hallo, sie wurden in ihre Bereiche unterwiesen und lebten mit uns in der Zeit“, berichtete sie nun, ohne wirklich Informationen preiszugeben. „Wie war das Zusammenleben?“ hakte Haywood nach. „Kann ich schwer sagen. Colt war zu dem Zeitpunkt aus dem Krankenhaus entlassen worden und ich habe mich vor allem darauf konzentriert, dass er wieder gesund wird, “ schilderte sie. „Ah ja, ihr Verlobter ist verunglückt. Verständlich, dass Sie sich vorrangig um ihn gekümmert haben. Durch Ihre Entführung hatte Mister Wilcox große Wut auf Miss DeMartin. Hat er deswegen nicht eingegriffen?“ Noch gab der Ankläger nicht auf. „Ich konnte Miss DeMartin entkommen und habe mich in der Nähe vor ihr versteckt gehalten. Außerdem wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ich entführt worden war, “ berichtigte Robin ihn. Aber die Ruhe, die sie dabei reflektierte, kostete sie unglaubliche Anstrengung. „Hat er mit Ihnen mal darüber gesprochen, dass er Miss DeMartin in irgendeiner Weise etwas Böses wollte? Wie wir ja schon gehört haben, hätte er - genau wie Mister Hikari und Captain Rider - allen Grund dazu gehabt.“ Haywood musterte sie genau. „Wie Sie schon gehört haben, ein Motiv allein reicht nicht aus.“ Ihr gelang sogar ein Lächeln. „Ansonsten, nein, er hat nicht mal über sie geschimpft“, antwortete sie. „Und wie wir heute schon von Mister Wilcox selbst gehört haben, Miss DeMartin hätte noch mehr verdient als das“, interpretierte er in die Aussage des Scharfschützen hinein. „Er sagte wortwörtlich: Das ist DIE doch gar nicht wert.“ Dabei ahmte die Braut ihren Zukünftigen sogar recht überzeugend nach. Woher sie in dem Moment die Kraft dazu nahm, wusste sie nicht. „Wenn Sie zitieren, dann bitte richtig. Außerdem sagte er, dass er eher sterben würde, als jemanden zu töten, “ fügte sie dann noch sicher hinzu. „Er hat niemanden getötet, aber er hat dabei zugesehen und es geschehen lassen. Das geht aus den Berichten eindeutig hervor. Ihr Zukünftiger steht damit aber nicht alleine da. Captain Rider und Mister Hikari haben es ebenfalls nicht für wert gehalten, einzuschreiten. Das ist Fakt.“ Mit etwas Selbstbewusstsein parierte sie. „Nein, das ist das, was Sie daraus machen wollen. Keiner von den dreien würde das, was Sie ihnen unterstellen, wirklich tun.“ Der Weißblonde wies weit in den Saal. „Das haben sie schon getan, Miss Johnson. Das muss ich den dreien nicht mehr unterstellen, “ bemerkte er dabei. „Sie können Ihre Anschuldigungen doch gar nicht beweisen, sonst würden Sie Ihre Fragen anders stellen. Haben Sie keine vernünftige Argumentation parat, “ schnaubte sie entrüstet. „Na ja, kein Wunder, wenn man sich einzig auf die Aussagen eines Outrider-Freundes und Kriegsgewinnlers wie William Maddox stützt.“ Die Lehrerin sah immer mehr ihre Felle davon schwimmen. Sie schien nichts sagen zu können, nein, niemand schien etwas sagen zu können, dass die drei entlastete. Wenn dass so weiter ging, würde sie Colt nie heiraten. Jetzt streute Haywood auch noch Salz in diese Wunde. „Man hört Ihnen an, wie empört Sie darüber sind, Miss Johnson. Und glauben Sie mir, auch Ihre Argumentation ist nicht besser. Wäre doch schade, wenn Ihre Hochzeit ins Wasser fallen würde, nur wegen einer vorsätzlich unterlassenen Hilfeleistung Ihres Zukünftigen.“ Die Ruhe in seiner Stimme ließ nichts Gutes vermuten. „Sie greifen an. Sie fragen nicht. Warum soll ich noch ein Wort sagen?“ Sie sah keine Chance mehr, ihren Kuhhirten und seine Freunde zu verteidigen. Nicht so lange dieser Staatsanwalt jede Aussage so verdrehte. Wie sollte da jemand erkennen, was wahr war und was nicht.
 

„Ihre Zeugin, Herr Kollege“, übergab der nun Steeker das Verhör mit einen fiesen Grinsen. „S.a.D. Willcox wusste nicht, dass Sie entführt worden waren?“ hakte der nach. „Nein. Das hat er nicht gewusst, “ bestätigte sie. „Dann hatte er also kein Motiv?“ fragte Woody und musterte die Blonde aufmerksam. „Nein“, presste sie hervor. So nützte sie ihm nichts. Sie war beim besten Willen nicht in der Verfassung eine brauchbare Aussage zu treffen. Ihre Angst um Colt hemmte sie. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sie aus dem Befragungsstand zu entlassen. „Danke, Miss Johnson.“
 

Colt schaute seiner geliebten Lehrerin nach, wie sie wieder unter den Beiwohnenden Platz nahm. Es tat ihm leid, dass er sie in diese Lage gebracht hatte. Es tat ihm leid, dass es sie so quälte und er nichts daran ändern konnte.
 

„Dann hätte ich ganz gerne Misses Rider als nächstes im Zeugenstand“, berief der Staatsanwalt diese nun ein. Die setzte sich und erklärte ungefragt. „Bevor Sie sich blamieren. Ich hatte nie Sex mit Colt, auch nicht mit Fireball, April, Robin, Suzie oder Mandy und ich erwarte von keinem ein Kind.“ Unwillkürlich wich der Lieutenant einen Schritt zurück. „Schon gut, Misses Rider, fahren Sie Ihre Krallen wieder ein“, beruhigte er sie halb und fing mit der ersten Fraga an. „Wie gut kannten Sie die verstorbene Miss DeMartin?“ – „Kaum.“ – „Aber die drei Herren sind Ihnen bekannt, oder?“ Haywood versuchte sie zu durchschauen. „Vage. Am wenigsten den, den ich geheiratet hab, “ konterte sie die Frage. Die war ihr schlichtweg zu dumm gewesen. „Misses Rider. Bleiben Sie sachlich, “ mahnte er sie. „Stellen Sie vernünftige Fragen, “ parierte sie postwendend. Was für ein Biest. Wenn das mal nicht ihr wunder Punkt war. „Der Fall war vor allem für Captain Rider persönlich. Immerhin wurde seine Frau bedroht und auch angeschossen, soweit ich mich erinnere. Misses Rider, hätte man Captain Rider Ihrer Meinung nach nicht von diesem Fall abziehen müssen? Entschuldigung, hätte man nicht alle von diesem Fall abziehen müssen?“ wollte er dann wissen. „Gibt es eine Möglichkeit die Frage zu beantworten, ohne dass Sie mir anschließend das Wort im Mund umdrehen?“ fragte sie zurück. „Ja, beantworten Sie sie ehrlich“, entgegnete er streng und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Skeptisch zuckte ihre linke Braue in die Höhe, wie immer, wenn sie jemandem nicht glaubte, was er sagte. „Sind Sie sicher, dass Ihnen die Bedeutung dieses Wortes bekannt ist?“ – „Misses Rider!“ mahnte sie jetzt auch der Vorsitzende. „Ja Sir, ich weiß, antworten Sie auf die Frage“, seufzte sie leicht und wandte sich dann an den Staatsanwalt. „Für mich persönlich, war nichts beruhigender, als alle in der Nähe zu haben und Saber und ich waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht verheiratet“, gab sie dann Auskunft. „Trotzdem war die persönliche Bindung an diesen Fall zu viel, wie mir scheint. Es stand für die drei zu viel auf dem Spiel. Und zu allem Unglück war es eine ehemalige Freundin der vier gewesen, die sie an die Outrider verraten wollte. Glauben Sie nicht, Misses Rider, dass die Enttäuschung darüber so tief saß, dass keiner eingreifen wollte?“ Bei der Frage betonte er „wollte“ stark. „Das ist Unsinn.“ Unwirsch verzog sie das Gesicht. Der redete ja einen Stuss zusammen. „Von wollen kann ja nun wirklich keine Rede sein. Die drei sind zu sehr von dem, was sie als Starsheriffs tun überzeugt, als dass sie vorsätzlich etwas Unrechtes tun würden. Und sie können alle, sogar Bullet, trennen, zwischen dem, was gesetzlich richtig ist und was einem persönlich als richtig erscheint, “ sagte sie. „Sind Sie sich da sicher?“, bohrte der Weißblonde. „Wäre ich sonst hier? Wenn Sie für einen Cent Menschenkenntnis hätten, wüssten Sie, wen sie mit den dreien angeklagt haben und wie falsch das ist.“ Am liebsten hätte sie ihm für seine Dreistigkeit eine runter gehauen. „Das ist Ihre persönliche Meinung. Wie die Strafe für die drei aussehen wird, entscheidet letztendlich der Richter. Die Anklage wurde zu Recht erhoben, wir wollen doch keine Tatsachen verdrehen, Misses Rider, “ ermahnte er sie spöttisch. Gedanklich klatschte sie ihm noch mal eine. „Das ausgerechnet von Ihnen. Sie tun doch die ganze Zeit nichts anderes, “ versetzte sie böse. „Ich versuche, Unstimmigkeiten und Hinweise zu finden. Nichts anderes, Misses Rider,“ rechtfertigte er sich sachlich. Ihr Räuspern verriet, dass sie auch das nicht glaubte. Aber sie nickte. Sollte er mal suchen. Es gab ja nichts zu finden. „Hat sich Captain Rider während des Falles verändert, Misses Rider? Hat sich in seinem Verhalten was geändert, nachdem er herausgefunden hat, wer hinter den Drohungen und den Anschlägen steckte?“ startete Haywood nun zum zweiten Mal in das Verhör. „Ja, er hat sich verändert, aber nicht in Bezug auf den Fall. Er blieb sachlich, objektiv und faktenbezogen, “ antwortete sie brav. „Wie hat er sich dann verändert, Misses Rider?“ hakte der Staatsanwalt nach. „In anderer Hinsicht eben. Das gehört aber nicht hierher, “ wiegelte sie diese Auskunft ab. Da gab es ein paar Dinge über den Recken, die sie hier nicht ausbreiten wollte. „Sie irren sich, Misses Rider. Das gehört hier her, “ beharrte der Lieutenant. „Nur wenn es für irgendjemand hier genauso interessant ist, ob Sie schon mal homosexuelle Phantasien hatten, “ schnappte sie und er konnte wohl froh sein, dass sie ihn nicht gebissen hatte. „Misses Rider!“ Haywood schoss nun Röte ins Gesicht. Schwer zu sagen, ob vor Zorn oder vor Scham.
 

„Hüten Sie Ihre Zunge, Misses Rider und antworten Sie bitte“, forderte der Colonel streng. Sie drehte sich zu ihm. „Es gehört aber nicht hierher“, versicherte sie. Oder sollte sie allen Ernstes erzählen, wie sich der Schotte verzweifelt auf dem Bootssteg an sie geklammert hatte? Das wäre ihm sehr peinlich. Das wäre es schon, wenn sie es seinen Freunden erzählt hätte, noch mehr in einer solchen Anhörung. Es würde dem Weißblonden nur Gelegenheit geben, ihn auseinander zu nehmen, bis von ihrem Mann nichts mehr übrig war. So schaltete sie auf stur, als Haywood nun erläuterte: „Sie irren sich. Die Privatperson Captain Rider hat damit sehr wohl etwas zu tun. Schließlich zählen Freundschaften zum privaten Kreis und darum geht es schließlich. Hat Captain Rider die Hinrichtung von Miss DeMartin nicht verhindert, weil er von der ehemals guten Freundin verraten worden war?“ – „Aber was zwischen ihm und mir war und ist, wenn wir allein waren, ist nicht Thema, deshalb werde ich Ihnen auf die erste Frage nicht antworten“, ließ sie ihn gegen eine Mauer laufen. „Und zur zweiten. Saber war immer noch sachlich, als sie Suzie verhört hatten. Fireball war es auch und als Bullet die Sachlichkeit ein wenig verloren hat, hat Saber dafür gesorgt, dass es in dem richtigen Rahmen bleibt.“ Mehr würde er dazu nicht aus ihr herausbekommen. „Ich will Ihnen das glauben, Misses Rider. Ihre Zeugin, Herr Kollege.“ Haywood trat an seinen Tisch. „Einen Scheiß wollen Sie“, brummte sie missmutig vor sich hin. „Misses Rider. Noch so eine Bemerkung und Sie müssen das Urteil draußen abwarten, “ warnte der vorsitzende Colonel einigermaßen ungehalten. So etwas hatte er noch nie erlebt. Bevor es dazu kam, presste sie die Lippen zusammen. „Jolene, bitte zeig dich kooperativ“, mahnte auch ihr Mann nun. „Tu ich doch. Ich habe schließlich geantwortet und sitzen kann er auch noch, “ murrte sie zurück. „Jolene.“ Streng und warm zugleich schaute ihr Mann sie an. „Ja, ich bin brav“, gab sie sich geschlagen, auch wenn es ihr nicht so recht passte.
 

Immerhin war es nun an Steeker zu fragen. Also los. „Misses Rider. Ihren Worten entnehme ich, dass Captain Rider gut zwischen Beruf und privat trennen kann. Konnte er das auch, wenn es um Miss DeMartin ging?“, begann er. „Ja, das konnte er. Das kann er immer. Ich glaube nicht, dass es noch jemanden gibt, der das so gut kann wie er, “ erwiderte sie. „Auch, wenn Miss DeMartin sowohl Kollegin als auch Freundin war? Konnte Captain Rider immer noch seine Pflicht tun?“ musste der Verteidiger ergründen. „Ja“, gab sie knapp zurück und ergänzte einem Impuls folgend, „Sehen Sie, ich mochte sie nicht. Ich hab ihr nicht vertraut und es gab mehr als eine Auseinandersetzung zwischen ihr und mir. Und was glauben Sie, wer dafür von ihm eins aufs Dach gekriegt hat?“ Woody nickte. „Captain Rider hat versucht zu vermitteln und Sie angehalten, objektiv zu bleiben, nicht wahr?“ verstand er. „Ja. Uns beide, wohlgemerkt. Sie hatte sich zu benehmen, wie man es von einem Gast erwarten kann und ich musste mich mit meinem Misstrauen zurückhalten, so lange es nur mein Gefühl war und nicht zu beweisen, “ führte sie aus. „Waren alle so objektiv, wie Captain Rider?“ wollte der Rechtsanwalt wissen und dankte dem Schotten gedanklich, dass er sie zur Räson gebracht hatte, sonst wäre sie auch keine Hilfe. „Hm. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass Colt es auch immer war. Aber er hat sich definitiv darum bemüht und wenn er es nicht war, dann hatte es nicht so sehr was mit Suzie zu tun, sondern damit, dass er verletzt war und uns nicht beschützen konnte. Also, uns, die ihm am Herzen liegen, “ beantwortete sie auch diese Frage wahrheitsgemäß. „Dieser Fall hat alle drei, also S.a.D. Wilcox, S.a.D Hikari und Captain Rider, an ihre Grenzen gebracht. Glauben Sie, es war zu viel für Sie?“ Gut, er fragte nach ihrer Meinung, aber das war nicht verboten und konnte mit der richtigen Antwort zum Ziel führen. „Allerdings“, schoss sie hervor, dass es keinen Zweifel ließ. Steeker nickte. Die Richtung stimmte schon mal. „Inwiefern?“ lotste er sie nun auf die Zielgerade. „Vom Gefühl her, wissen Sie. Ich hatte eine heftige Diskussion mit Little Daddy, weil Little Mama“ Damit jeder wusste, von wem sie sprach, wies sie dabei auf Fireball und April. „fast das Kind verloren hätte. Das war ganz einfach nicht mehr schön. Ich meine, ich weiß, er war außer sich vor Sorge, aber der Streit war eben nicht ohne. Bullet ist schon von Geburt an um mich besorgt und möchte mich am liebsten in Watte packen, damit mir nichts passiert. Gut, den Job hat er jetzt Saber übergeben, aber dafür setzt er das bei Robin fort. Und Saber, na ja, bei ihm liefen die Fäden zusammen. Folglich hat er alles abgekriegt.“ Ihre Gedanken glitten zu dem Steg zurück, als er sich so an sie geklammert hatte, nachdem er sich mit Fireball auf der Veranda so heftig gestritten hatte. Saber hatte sogar geweint. „Also ist auch die Freundschaft untereinander an ihre Grenzen gelangt“, stellte Steeker fest. „Ja, ist sie“, nickte die Hebamme. „Ich schließe daraus, dass die drei einiges zu verarbeiten haben. Würden Sie sagen, dass ihnen das bisher gelungen ist?“ erkundigte sich der dunkelhaarige Lieutenant weiter. „Da kann ich nur für Saber sprechen und der ist dabei.“ Gedanklich fügte sie ein „Mehr oder Weniger“ an. „Danke, Misses Rider.“ Dann sprach Steeker an den Vorsitzenden und den Beraterstab gewandt. „Sie sehen, durch die Bank zeichnet sich das Bild ab, dass Captain Rider und sein Team emotional nicht mehr in der Lage waren, einzugreifen und die Tötung zu verhindern“, fasste er zusammen.
 

Der Colonel nickte. „Kreuzverhör, Lieutenant. Haywood?“ Der nickte leicht. Ein undefinierbares Lächeln trat auf sein Gesicht, als er aufstand und wieder zu Chily trat. „Misses Rider. Wie beurteilen Sie die Unterlassung durch die drei?“ – „Bitte?“ – „Ich formuliere es anderes. Glauben Sie, war es eine Kurzschlussreaktion der drei, nicht einzugreifen?“ fragte er und klang einigermaßen harmlos. „Nach dem Streit, dem Gezicke, den Ängsten, dem Stress - der ganzen zermürbenden Situation, da kommt, wenn, dann nur das in Frage, “ entgegnete sie. Ihr schwante nichts Gutes. Da musste noch etwas kommen. Nur was? Sie rechnete doch schon mit allem. Aber so, wie Haywood da stand, offenbar doch nicht. Der hatte noch einen Tiefschlag in petto. „Simpel zusammengefasst: Sie waren überfordert, “ schlussfolgerte er. „Emotional ja, “ bestätigte sie, damit sie auch ganz sicher richtig verstanden wurde. „Misses Rider, wer hat, nachdem Starcaptain Yamato tot aufgefunden wurde, den ungefähren Todeszeitpunkt angegeben?“ wollte Haywood nun wissen. „Das war ich“, gab sie zu. „Aber Sie sind Hebamme“, bemerkte er. „Inzwischen ja. Zuvor habe ich aber die Ausbildung zum Sanitäter gemacht und in diesem Job auch gearbeitet. Im medizinischen Bereich spielt Blut mit all seinen Eigenschaften eine sehr wichtige Rolle und jeder von uns kann beim Anblick einer Blutlache anhand der Gerinnung eine zuverlässige Aussage treffen, “ blieb sie noch souverän. „Klar, “ nickte er so, dass deutlich war, dass er es anzweifelte. „Warum haben Sie gewechselt?“ Chily staunte über diese Frage. „Aus persönlichen Gründen“ erwiderte sie. „Weil Sie nicht fähig waren, einen Menschen zu retten?“ schoss der Weißblonde nun seinen Giftpfeil ab. Hatte sie es doch gewusst. Verdammt. Sie fuhr in dem Stuhl vor, konnte sich gerade noch so weit beherrschen nicht aufzuspringen und über den Tisch zu langen. „Hallo? Ich habe nicht versagt, falls Sie mir das unterstellen wollen. Ich habe nur einmal eine Frau im RTW gehabt, die auf dem Weg ins Krankenhaus entbunden hat. Das war alles, “ fauchte sie. „Es war einfach ein wunderbares Gefühl. Das Kind, die Mutter, der Vater, das Glück, “ erklärte sie dann wieder sanfter. „Und noch ein Beweis für Ihre Emotionalität, zusätzlich zu dem, was sie durch Ihr Verhalten schon geliefert haben. Leicht vorstellbar, wie Ihnen der Druck dieses Falles zugesetzt haben muss. Sind Sie sicher, dass sie nicht Captain Rider oder einem der beiden S.a.D.s vermittelt haben, dass sie Miss DeMartins Ableben wünschen. Sie mochten sie ohnehin nicht und die drei würden für Sie oder Miss Johnson oder Miss Eagle doch alles tun, wenn ich das richtig sehe, “ stellte Haywood fest. Jetzt schoss Chily in die Höhe. Ein mahnender Blick des Schotten ließ sie sich wieder setzen. Sie zwang sich sichtlich zur Ruhe. „Ich mochte Suzie nicht, aber das ist schlichtweg Schwachsinn, bei allem Respekt. Keine von uns würde einen der Drei um so etwas bitten, weil das unmenschlich ist. In solch einen Gewissenskonflikt würde und hat keine von uns einen von ihnen gebracht und das alles nagt an ihrem Gewissen, “ erklärte sie dann mit leichten Beben in der Stimme. „Na, wenigstens etwas. Danke, das reicht mir.“ Haywood wandte sich ab. Chily seufzte leicht. Haywood hatte ihre Kompetenz und damit ihre Glaubwürdigkeit in Frage gestellt. Da dürfte ihre Aussage kaum einen Pfifferling wert sein. Verdammt noch mal. „Kann ich gehen?“ fragte sie den Vorsitzenden. „Nehmen Sie bitte wieder Platz“, nickte der.
 

Seine Augen richteten sich kurz auf Haywood und William Maddox, dann wanderten sie zu Steeker, Saber, Fireball und Colt. Hinter jedem saß die Partnerin um ihnen den Rücken zu stärken. Offensichtlich. Einen Fall wie diesen hatte er noch nie geleitet, schoss es ihm durch den Sinn. Vorläufig entließ er die Anwesenden in die Pause. Weitere Minuten des Martyriums die nie enden wollten, so schien es.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Turbofreak
2008-12-27T17:59:11+00:00 27.12.2008 18:59
Süße, da ist dir eine ganz fiese Schöpfung gelungen. Du solltest dir Haywood patentieren lassen und an das meistbietende Filmstudio verkaufen *g*

*haddufeingemacht* lob ich dich doch glatt mal wieder... Nö, deine Geschichte entwickelt sich prächtig, die Charaktere blühen auf und sind nur zu menschlich... etwas, was Helden in amerikanischen Trickserien zu oft fehlt... Unsere Vier sind Menschen und das ist auch gut so, kann man sich ja besser mit identifiezieren...

Hätte nie gedacht, dass sich die Ff hier so entwickeln würde... Mann, als du mir das erste Kapitel gezeigt hast, dachte ich dass wir das bald mal abgefrühstückt haben... und was haben wir bisher? Mord und Totschlag, Verrat, Angst um die Liebsten, Krieg und Verlust... klasse einfach, Sister

Fühl dich ganz fest gedrückt von mir
Knuddel
Niki
Von:  Misano
2008-12-27T15:33:36+00:00 27.12.2008 16:33
Hab' ich eigentlich schon gesagt, dass Haywood ein richtiges Ar... ist?

Naja, jetzt habe ich's und dieser Typ ist dir wirklich so richtig fies und gemein gelungen!!!
Ich musste so mitleiden, die Armen!


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