Zum Inhalt der Seite

Western Spirits

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Wind of Change III

Auch Colt versuchte den falschen Eindruck zu korrigieren. „Nein, hat sie nicht.“ – „Was dann?“, wollte Robin wissen. „Wir haben darüber nicht geredet. Wir haben gar nicht geredet“, entgegnete er. Es war sicher schwer vorstellbar aber nun mal Fakt. Die beiden Freunde aus Kindertagen brauchten in manchen Situationen keine Worte mehr. „Natürlich habt ihr das nicht!“, fauchte die Lehrerin schnippisch. „Hast du eine eigene Meinung zu dem Thema?“ Sie deutete auf ihren Bauch. Der Lockenkopf verstand die Welt nicht mehr. Warum glaubte sie ihm nicht? „Was soll denn jetzt der Unsinn? Ich wäre doch sonst nicht hier“, beharrte er weiter. „Und das soll ich dir glauben?“, wollte Robin wissen. „Warum denn nicht? Hab ich dich je angelogen?“, fuhr Colt auf. Er war ja nun ganz sicher nicht die Unschuld vom Lande. Sogar Chily hatte er mal versucht anzuschwindeln, aber Robin definitiv nicht. „Im letzten Jahr?“, fragte diese nun und Colt stieg aus. „Wann?“ Verständnislos schaute er sie an. Die Schwangere schüttelte den Kopf. „Bitte geh, Colt“, sagte sie nur und wünschte sich, dieses Gespräch endlich hinter sich zu haben. Doch Colt dachte nicht im Traum daran. „Auf keinen Fall und nicht ohne dich!“, entschied er einigermaßen herrisch. „Ich will aber nicht mit dir mitgehen. Nicht, wenn das so ist“, erklärte sie fest. „Wenn was wie ist?“ Wieder kam er nicht mit. Was stimmte denn nicht? Was war denn los mit ihr? „Du willst doch kein Kind und mich willst du doch so auch nicht. Das ist sinnlos, Colt“, begründete sie ihm und schaute zu Boden. Jetzt war der Kuhhirte ernsthaft verletzt. „Hey, hey. Das ist kein bisschen wahr. Ich will dich sehr wohl und zwar so wie du bist. Was anderes hab ich nie behauptet“, brauste er ungestüm auf. Robin zuckte zusammen. „Das hört sich aber nicht so an und es fühlt sich nicht so an“, flüsterte sie und wich vor ihm zurück. „Also du kommst nicht mit?“ Der Scharfschütze musterte sie. Da fühlte er ein ganz böses Ziehen in seiner Brust. Die Frau, die er über alles liebte, die ein Kind von ihm unter dem Herzen trug, wich vor ihm zurück und weigerte sich wieder zu ihm nach Hause zu kommen. Jetzt schlug sie die Hände vors Gesicht und weinte bitterlich. Das hatte er nicht gewollt. Nein, alles, nur das nicht. Unbeholfen näherte er sich ihr und legte ihr leicht die Arme um die Schulter. „Schatz“, flüsterte er. Wieder wollte sie zurückweichen, war jedoch schon an der Arbeitsplatte und kam nicht weiter. „Tu mir bitte nicht weh“, schluchzte sie. Er zog sie in seine Arme. Wie sie sich in dieser bösen Situation wiederfinden konnten, begriff er nur halb. Er hatte unbedachtes Zeug daher geredet, weder auf die Formulierung noch auf die Tonlage geachtet. So holte man keine Frau zurück. So schlug man sie endgültig in die Flucht. „Niemals“, presste er hervor. „Kannst du es versprechen?“, schniefte sie. Sie wollte nicht glauben, dass diese, sonst so wunderbare, Beziehung in Scherben lag. Oh, was war nur passiert? Er nickte leicht. „Schatz, wenn du schon wirklich gehen willst, dann lass mich dich jetzt noch mal halten“, bat er leise resignierend. „Ich“, schluchzte sie auf, „will gar nicht gehen.“ Nein, Robin wollte unverändert bei ihm sein und dieses, ihr gemeinsames Kind, mit ihm aufziehen. Sie wollte Colt. „Dann bleib einfach“, flüsterte er und hauchte ihr vorsichtig einen Kuss aufs Haar. „Bitte“, kam es inständig aus tiefstem Herzen von ihm. „Solange du uns liebst“, wisperte sie zurück. „Wen soll ich denn sonst noch lieben, außer dir?“, fragte er die Frage, die ihm schon unter den Nägeln brannte. „Deinen Jungen.“ Seinen Jungen? Sie erwartete einen Sohn? Von ihm? Glücklich presste er sie ganz fest an sich. „Du erdrückst mich“, keuchte sie matt. Sofort lockerte er die Umarmung, hielt sie aber dennoch innig. Irgendwie hatte er sie doch wieder bei sich. Das war alles, was zählte.
 

„Siehst du, geht auch ohne dich.“ Fireball tätschelte liebevoll Chilys Arm. „Hoffentlich“, murmelte diese zurück. So sehr sie sich auch darüber freute, dass dieses Problem ausgestanden war, sie ahnte ein weiteres, das sich anbahnte. Noch gab es eine Sache über die Colt mit Robin noch nicht gesprochen hatte. So lange er das nicht tat, würde es immer zwischen ihnen stehen und konnte jeder Zeit für neuen Ärger sorgen. Aber wahrscheinlich sollte das vorläufig noch warten.
 

Es fiel der Hebamme jedoch schwer mit ihrem Wissen hinter den Berg zu halten. Sie fühlte sich in einer Zwickmühle gefangen. Sie durfte und wollte sich nicht in die Beziehung ihres Jugendfreundes einmischen. Doch leider sah sie nur zu gut, dass sein letztes großes Geheimnis eine Gefahr für deren Zukunft darstellte. Vor allem so lange Robin den Eindruck hatte, Colt spräche mit der bunt gesträhnten Blondine darüber und nicht mit seiner Zukünftigen. Das konnte Chily nicht auf sich beruhen lassen und so nutzte sie die nächste Untersuchung um die Schwangere darauf zu stoßen. Sicher würde sie Mittel und Wege finden, damit Colt sich ihr endlich anvertraute. Zum großen Leidwesen der Hebamme verlief diese Untersuchung recht unterkühlt. Es herrschte zwar Freundlichkeit, aber die Freundschaft und die Herzlichkeit fehlten doch. Irgendetwas schien zwischen ihr und der Lehrerin zu stehen und sie wusste genau, was es war.
 

„Sieht gut aus“, befand Chily, nachdem sie die werdende Mutter eingehend untersucht hatte. „Sicher?“, hakte Robin nach und bekleidete sich wieder. „So sicher wie Colt verschwiegen ist, ja“, bestätigte die Hebamme und konnte sich diese Formulierung beim besten Willen nicht länger verkneifen. Nein, dass musste geklärt werden. Das, was zwischen ihr und Robin stand am besten sofort. Und das, was noch zwischen Robin und Colt stand unbedingt vor deren Hochzeit. „Verschwiegen? Was weiß ich nicht“, horchte diese prompt auf. Chily notierte sich etwas in der Krankenakte und legte diese dann beiseite. Sie schaute Robin an. „Bevor ich neuen Regen ins Paradies schicke: Gibt es etwas, das wir zwei klären sollten?“, entschloss sie sich den Stier bei den Hörnern zu packen. „Ich hoffe nicht“, kam es leicht irritiert von der Lehrerin. „Warum kriegst du dann kaum einen Ton raus? Mal ehrlich, die Stimmung ist heute irgendwie frostig und das liegt nicht nur an mir“, erwiderte die bunt gesträhnte Blondine postwendend. Natürlich war ihr das nicht entgangen und Robin senkte nun etwas bedrückt den Blick. „Tut mir leid. Ich bin noch immer nicht übertrieben gut gelaunt“, gab sie dann zu. „Und das liegt daran, dass du vermutest, dass Colt eher mit mir über die Schwangerschaft geredet hat, als mit dir“, las die Hebamme aus ihrem Kopf vor. An der Art, wie sie das tat, und dem leicht energischen Unterton in ihrer Stimme wurde deutlich, dass sie das Problem unbedingt aus der Welt haben wollte. „Dass er überhaupt mehr mit dir redet, als mit mir“, berichtigte Robin leise. Chily schüttelte den Kopf. „Tut er aber nicht. Ich weiß, es ist schwer vorstellbar, aber wir reden über bestimmte Dinge nicht. Wir wissen sie einfach. Schätze das passiert, wenn man so wie Bruder und Schwester aufwächst“, versuchte sie sich zu erklären und hob die Schulten. „Und trotzdem teilt er von seinem Leben mehr mit dir als mit mir. So sollte es aber nicht sein“, fuhr nun die Lehrerin ihrerseits auf. „Eine gemeinsame Kindheit?“ Chily hob die Brauen. Das war alles was sich der Kuhhirte und die Frau des Recken teilten. Die Kindheit, nicht das ganze Leben. Das war ein entscheidender Punkt und Chily war sich dessen vollkommen im Klaren. „Ich weiß, was du meinst und ich gebe dir Recht“, sagte sie dann und schaute der Braut ihres Jungendfreundes offen ins Gesicht. „Ich weiß, dass der Tag kommt, sogar schon sehr bald. Da gibt es nur noch eine Number 1 und zwar dich. Und ich, ich werde Number 2 sein. Aber damit das passieren kann, muss Bullet mit dir über die eine Sache reden, über die er mit mir noch nicht mal richtig schweigen kann“, stellte sie dann fest. Verwundert schaute die Lehrerin sie an „Welche eine Sache meinst du?“, hakte sie nach „Was es ihm wirklich bedeutet hat, seine Eltern zu verlieren. Denn das weiß im Moment nur er selbst am besten“, sprach Chily es aus und sich von der Seele. „Und wie soll ich das anstellen?“, wollte Robin wissen. Sie hatte doch schon so viel versucht und nichts war erfolgreich gewesen. „Fragen und wenn das nichts hilft, sag ihm, dass du gehst, wenn er es nicht tut“, grinste die Hebamme schief. Einen besseren Ratschlag hatte sie nicht parat. „Das wär nicht mal eine Drohung“, seufzte Robin. „Dann wirst du ja dieses Geheimnis endlich lüften und für dich behalten“, bemerkte die Hebamme und räumte die Krankenakte in den entsprechenden Schrank. Dann trat sie an einen anderen Schrank und holte eine mittelgroße Dose hervor. Etwas Zuversicht hatte sie wieder. Robin würde endlich so nah an den Cowboy herankommen, wie es für eine gute Beziehung erforderlich war. Davon war dessen Schulfreundin überzeugt, als sie sich wieder zu der Schwangeren umdrehte. „Ja, das werde ich für mich behalten, vorausgesetzt, er spricht mit mir darüber“, entgegnete die und hatte eindeutig Zweifel daran. „Weißt du, was Colt als erstes gesagt hat, als ich ihn besucht hab?“, fragte Chily, wartete aber keine Antwort ab, sondern fuhr fort. „Kommt sie wieder?“ Sie lächelte mild. „Der kann ohne dich nicht. Absolut lebensunfähig.“ Auch die Lehrerin schmunzelte. „Kein Mann ist ohne Frau lebensfähig. Egal ob Mama oder Ehefrau oder Freundin“, erklärte sie. Chily lehnte sich gegen ihren Schreibtisch und nahm einen Bilderrahmen in die Hand. „Nein, wirklich keiner“, grinste sie ohne den Blick zu heben. Lange schaute sie es liebevoll an, ehe sie es Robin zeigte. „Nicht mal er“, lachte sie dann leicht. Es war ihr Hochzeitsfoto. Robin beneidete die beiden schon ein wenig um dieses wortlose, verstehende Band, das sich zwischen ihnen geknüpft hatte. „Dabei hat er sich lange und standhaft gewehrt, lebensunfähig ohne Frau zu sein“, lachte sie sacht. Chily drückte ihr die Dose in die Hand. „Hier, der verhilft dir zu innerer Balance. Na ja, er unterstützt dich darin“, erklärte sie dann. „Meine Balance ist gut“, schmunzelte die Schwangere, wohlwissend, dass dem nicht so ganz war. „Zumindest um den kleinen Cowboy musst du dir keine Sorgen machen“, grinste Chily. „Dafür hab ich ja dich.“ Robin nahm die Hebamme in den Arm. Da war die Freundschaft wieder, so herzlich, wie sonst auch. „Danke.“ Die bunt gesträhnte Blondine erwiderte die Umarmung. „Und ich hab dich für den großen. Kümmere dich gut um Bullet“, antwortete sie. „Ich zieh ihm die Ohren lang“, schmunzelte Robin. „Wir waren nie Rivalinnen oder so was. Ich hoffe, du hast das nie so gesehen.“ Forschend schaute Chily sie an. Was sie gesagt hatte, lag ihr ernsthaft schwer auf dem Herzen. „Na, ja, doch“, druckste Robin verlegen. „Ernsthaft?“ Unbehaglich verzog die Hebamme das Gesicht. „Aber das ist schon lange her“, versicherte die Lehrerin mit einem unschuldigen Lächeln. „Das wollte ich nie. Ich wollte immer nur, dass Bullet glücklich ist“, entgegnete Chily ehrlich. „Das weiß ich inzwischen.“ Noch einmal nahm die werdende Mutter ihre Freundin in den Arm und verabschiedete sich mit dem Versprechen, Colt gehörig die Ohren lang zu ziehen. Kaum war die Tür hinter ihr zugefallen, schlich Chily von der Praxis aus in die Diele. „Manapi?“, rief sie. „Hier“, ertönte es von irgendwo im Haus. „Wo bist du?“ Aufmerksam lauschend trat sie weiter in das Vorzimmer. „Na, hier!“ bekam sie zur Antwort. Sie folgte seiner Stimme und fand ihn im Arbeitszimmer, wo er über einem Berg Papieren, vermutlich Klausuren, brütete. „Hey.“ Schief lächelnd lehnte sie sich in den Türrahmen und beobachtete ihn dabei. Er schaute auf. „Du folgst meinem Ruf, brave Aiyana“, schmunzelte er. „Was hast du?“, wollte er dann wissen. Sie sah so seltsam still aus, dafür, dass sie aus ihrer Praxis kam. Jetzt kam sie zu ihm herüber und setzte sich auf seinen Schoß. „Wahnsinnig lieb hab ich dich“, antwortete sie und schmiegte sich an ihn. Ein zufriedenes Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Das hoffe ich doch.“ Er lehnte sich zurück, damit sie es bequemer hatte und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Du solltest es wissen“, flüsterte sie an seiner Brust. „Ist Robin schon gegangen?“, fragte er. Er wunderte sich schon etwas, dass sie so anschmiegsam und ruhig war. „Hm ist sie.“ Chilys Arme glitten um seinen Hals und sie zog sich näher an ihn. „Jolene? Was ist los?“, hakte er skeptisch nach. Die beiden hatten sich doch nicht etwa gestritten? Chily hob den Kopf und schaute ihm ins Gesicht. „Nichts“, versicherte sie. „Ich liebe dich. Und diese drei Worte gehören zu den Dingen, die man nie oft genug sagen kann, du alter Skeptiker“, fügte sie lächelnd hinzu und stupfte ihm auf die Nasenspitze. „Okay.“ Saber schob die Skepsis zur Seite und legte seine Arme um seine Angetraute. „Ich liebe dich auch.“ Damit gab er ihr einen zarten Kuss auf die Nase und ließ seine Lippen zu ihrem Mund hinab wandern. Chily erwiderte die Zärtlichkeit gern.
 

Colt war unglaublich glücklich seine Zukünftige wieder in dem gemeinsamen Haus zu haben. Er versuchte, es sie auch spüren zu lassen. Es gelang ihm auch, obwohl er es recht tollpatschig anstellte. Robin musste darüber schmunzeln. Das war ihr tapsiger, kleiner Cowboy und so liebte sie ihn. Es fiel ihr nicht schwer, über das Gespräch mit Chily zu schweigen. Es war selbst ihr größter Wunsch, dass sich der Kuhhirte ihr anvertraute und mit ihr über seine Eltern sprach. Lange konnte die Lehrerin sein Schweigen nicht mehr ertragen, das wusste sie. Es fehlte einfach das letzte bisschen Offenheit in ihrer Beziehung, um ihm am Altar ein zweifelsfreies, bedenkenloses Ja zu sagen. Drei Tage nach ihrem Besuch bei der Hebamme bot sich ihr eine Gelegenheit, ihn wieder darauf anzusprechen, als Colt reichlich frustriert vom Psychotherapeuten zurückkam. „Der Psychopath sollte sich lieber mal selbst therapieren“, schimpfte er verschnupft, wobei er seine Jacke an der Garderobe verstaute. Die werdende Mutter wusste nun, dass sich diese Sitzung, wie schon die letzte, um Colts Eltern gedreht hatte. Damit war ihr auch klar, dass der Lockenkopf gemauert hatte, was sein Sturschädel so hergab. Jetzt führte ihn sein erster Weg nach oben ins Schlafzimmer. Wie beim letzten Mal. Da hatte er sich darin eine geschlagene Stunde eingeschlossen und auf ihre Frage, was los sei, nicht geantwortet. Er hatte sich in seinen Erinnerungen vergraben. Ohne sie. Wenn sie nicht wollte, dass es sich heute Abend wieder so abspielte, musste sie schnell handeln. Colt schlug schon den Weg nach oben ein. „Ach, Colt“, flüsterte sie liebevoll, woraufhin er prompt stehen blieb und sich in die Arme nehmen ließ. Ihre Fürsorge tat ihm gut. „Was war denn so schlimm?“, fragte sie. Er hauchte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und wand sich leicht aus ihren Armen. Die Gefahr, dass er weich wurde und Dinge Preis gab, die er so hartnäckig für sich behielt, war gerade zu groß. „Über manche Dinge redet man ganz einfach nicht“, antwortete er. Sie entließ ihn nicht aus ihrer Umarmung. „Auch nicht mit mir?“ Unschuldig schaute sie zu ihm auf. „Schatz ... ähm ... du weißt doch alles über mich“, hustete er verlegen. „Dir hab ich doch alles erzählt“, behauptete er, wohlwissend, dass es nicht die ganze Wahrheit war. Er sollte wirklich verschwinden, bevor sie darauf kam, diese Aussage auszuleuchten. „Ich schau mal nach dem Dings in dem Bums“, meinte er dann und wollte die Treppe hinaufsteigen. Sie hielt seine Hand fest. „Hier geblieben, mein Lieber“, forderte sie zärtlich. „Es wäre schön, wenn ich alles über dich wüsste, was ich aber nicht tue.“ – „Oh doch glaub mir. Du kennst mich fast ein bisschen zu gut“, versicherte er. Schließlich wusste sie genau, was er ihr verschwieg. „Hör mal Schatz, ich sollte endlich die Kindersicherungen in der Wohnung anbauen.“ Damit küsste er sie auf die Stirn und wollte sich wiederum von ihr lösen. „Bis unser Kind in diesem Haus etwas unsicher macht, dauert es gut und gerne noch ein Jahr, Cowboy“, wiegelte sie den Vorwand ab, schmiegte sich leicht an ihn und gab ihm ihrerseits einen Kuss auf die Wange. „Wir haben Zeit“, flüsterte sie an sein Ohr. „Komm, lass uns ins Wohnzimmer gehen und reden.“ Warm lächelte sie ihn an. Wie konnte er da Nein sagen? Außerdem sah er eine Möglichkeit das Thema, dass sie anstrebte abzubiegen. „Hm vielleicht keine schlechte Idee. Wie sollen wir denn das Kinderzimmer einrichten? Bitte nicht himmelblau“, entgegnete er und folgte ihr ins Wohnzimmer. „Ich wollte etwas anderes mit dir besprechen“, meinte sie und setzte sich mit ihm auf die Couch. „Ja, du hast Recht. Auf wann sollen wir den neuen Hochzeitstermin verlegen?“, fragte er um noch einmal die Richtung ändern zu können. „Darüber wollt ich auch nicht mit dir sprechen, Colt.“ Robin lehnte sich an ihn. Obwohl, das war ein guter Aufhänger für ihr Anliegen.
 

„Weißt du, ich hab als kleines Mädchen immer davon geträumt, dass mich mein Vater einmal zum Altar führen würde“, begann sie dann. „Ja, ich weiß, das ist leider nicht machbar. Tut mir leid für dich, Schatz.“ Verständnisvoll hauchte Colt ihr einen Kuss auf die Stirn. Er wusste, Robins Abneigung gegen Waffen und Krieg hatte ihren Ursprung darin, dass sie ihren Vater bei einem Outrider-Angriff verloren hatte. Er war als Star Sheriff gegen sie in den Krieg gezogen und nie mehr zurückgekehrt. Die Lehrerin vermisste ihn sehr. „Willst du dich lieber von Saber oder Fireball zum Altar führen lassen?“, fragte Colt deshalb und versuchte, noch einmal ihren Kurs zu ändern. Ihm war bewusst, dass sie eigentlich auf seine Eltern und deren Tod hinsteuerte. „Ich hab immer von einer Familienfeier geträumt“, fuhr sie unabbringbar fort. „Meine Eltern, deine Eltern, Freunde und Verwandte. Geblieben ist uns nicht allzu viel an Familie, findest du nicht?“ Der Lockenkopf schluckte nun hörbar. Jetzt wurde es aber eng für ihn. „Aber da ist ja noch was vorhanden und in absehbarer Zeit wird sie sich auch wieder vergrößern.“ Seine Hand glitt über ihren Bauch, in dem ihr Sohn, als solcher noch lange nicht erkennbar, aber eben heranwuchs. „Ja, wir werden Eltern. Wir treten in die Fußstapfen unserer Eltern, Colt. Und ehrlich gesagt, ich möchte unser Kind aufwachsen sehen“, antwortete sie. „Das werden wir auch“, versicherte er ihr, auch wenn er selbst davon nicht so überzeugt war. „Ich will genauso gut vorbereitet sein wie meine es auf mich waren. Ich werd mal los legen“, behauptete er dann und trat aufs Neue die Flucht an. „Colt.“ Gerade konnte Robin noch seine Hand festhalten und fest umschließen. „Weshalb rennst du immer vor mir weg, wenn ich mit dir über deine Eltern sprechen will?“ Er drehte sich nicht zu ihr um. Sie seufzte leise. „Sieh mal, ich dachte immer, dass mir nichts meinen Vater ersetzen kann. Das kann es auch nicht. Aber ich hab mit der Zeit gelernt, dass das Erbe meines Vaters weiterlebt. Solange ich die Erinnerung an ihn im Herzen trage und sie mit jemandem teile“, erzählte sie dann und hoffte, es würde wirken und ihm helfen, sich ebenfalls ein wenig zu öffnen. Doch der Scharfschütze ließ nur den Kopf hängen. „Ich erinnere mich sehr gut an sie. Reicht dir das?“, murmelte er zurück. Nein, natürlich reichte es ihr nicht, das war ihm klar. Er löste sich von ihr und wollte das Wohnzimmer verlassen. „Aber du teilst deine Erinnerung mit niemandem“, rief sie ihm nach. „Niemand weiß, wie deine Eltern waren, nur du und...“ Sie brach ab und fügte gedanklich „Chily“ hinzu. So wurde das nie etwas. Robin stand auf und trat zu ihm. „Du wirst immer ein Geheimnis vor mir haben. Ich werde einen großen und wichtigen Teil deines Lebens niemals erfahren“, bemerkte sie bekümmert. Er drehte sich noch immer nicht zu ihr um. „Verstehst du es denn nicht? Das sind meine Erinnerungen. Das ist alles, was ich noch habe.“ Ahnte sie nicht, wie sehr sie ihn mit ihrer Hartnäckigkeit aufwühlte? Aber sie schien entschlossen zu sein, ihm ausgerechnete heute sein letztes Geheimnis entreißen zu wollen. Als wäre heute die letzte Chance für ihn, darüber zu reden oder … Oder was? Sie zu verlieren. „Deine und Chilys“, berichtigte sie ihn und verschränkte die Arme vor der Brust. „Mich lässt du dabei außen vor“, schnaubte sie gekränkt. „Vielleicht solltest du mich gleich von allem ausschließen.“ – "Wow, was soll denn das jetzt heißen?“ Überrascht fuhr er zu ihr herum. „In einer Beziehung sollte man alles vom anderen wissen. Das tu ich nicht, Colt. Das werde ich nie, weil du es nicht zulässt“, erklärte sie verletzt. Frustriert warf der Kuhhirte die Arme in die Luft. „Wieso versucht jeder mich da zu psychoanaltüren? Gerade der Psycho vom KOK, Chily hat es auch versucht und du gibst auch nie auf. Hör mal, das ist, wie es ist. Okay? Ich habe meine Erinnerungen und fertig. Und wenn Chily ähnliche hat, dann liegt das daran, dass wir zusammen aufgewachsen sind und sie meine Eltern so gut kennt, wie ich ihre. Aber das ist doch normal“, antwortete er und hoffte, er konnte den Dialog endlich beenden. „Es tut nicht weh, seine Erinnerungen mit jemand zu teilen. Sie werden dadurch auch nicht weniger, Colt. Aber das Vertrauen, das ich dir entgegen bringen kann, wird durch dein Schweigen immer weniger. Wie kann ich jemanden lieben, von dem ich nicht alles weiß? Sag mir, was ich Tim erzählen soll, wenn er nach seinen Großeltern fragt? Ich kann ihm nichts von ihnen sagen, gar nichts.“ So einfach entließ sie ihn nicht daraus. Vor allem, weil ihr irgendetwas sagte, dass sie heute die besten Chancen hatte, das Eis zu brechen.
 

Der Lockenkopf horchte auf. „Tim?“ wiederholte er. Wie sollte er den Namen zuordnen? „Unserem Sohn. Was soll ich ihm sagen, Colt?“, wollte sie ungeduldig wissen. „Unser Sohn soll Tim heißen?“, fragte der Scharfschütze fassungslos. „Ja, Timothy Gary Willcox“, nickte sie. „Ich...“ Sie kam nicht weiter. Colt starrte sie entsetzt an. „Robin…“ Seine Hände begannen zu zittern. Rasch ballte er sie zu Fäusten, um es zu verbergen. „Es war wohl keine gute Idee.“ Unglücklich ließ sie den Kopf hängen. „Ich leg mich eine halbe Stunde hin, Colt.“ Sie konnte ihm wohl nichts mehr Recht machen. Was war nur los in letzter Zeit? Robin wandte sich ab und ging zum Sofa zurück. „Nenn ihn nicht so“, flüsterte Colt ihr nach. „Tu mir das nicht an“, bat er mit zittriger Stimme.
 

… „Willst du echt zum Rodeo? Warum?“ Das dünne Mädchen schaute über das weite Land, wagte nicht den anzusehen, den sie gefragt hatte. Sie ritten langsam neben einander her. Die Sonne bräunte ihre nackten Schenkel, ließ das Fell der Pferde glänzen und wärmte die Reiter. Das Mädchen fror dennoch. Seit er ihr von seinem Vorhaben erzählt hatte, hatte sie geschwiegen. Beinahe eine halbe Stunde trabten die Rosse Seite an Seite bis ihre Reiter wieder zu sprechen anfingen. „Weil ich es kann und weil es mir ganz einfach Spaß macht“, antwortete er. „Außerdem bin ich ja nur diesen Sommer weg“, versuchte er sie zu trösten, als sie den Blick senkte. Aber der kleinen Blonden traten Tränen in die Augen. „Wir waren noch nie getrennt“, antwortete sie kläglich. „Ich weiß. Aber ich muss das tun. Du weiß doch, dass ich schon immer davon geträumt habe. Das ist eine großartige Chance für mich“, verteidigte ihr Begleiter leidenschaftlich seinen Plan. Seine blauen Augen strahlten vor Aufregung. „Chily“, begann er und raufte sich die braunen Locken. „Muss es denn jetzt sein?“, fragte sie kläglich. „Bullet, warum jetzt?“ – „Weil jeder Tag zählt. Darum“, entgegnete er leise. Bedrückt schaute er seine beste Freundin an. Sie verstand ihn, das wusste er. Aber dennoch konnte sie sich nur schwer mit seinem Entschluss abfinden. „Chily, bitte“, begann er von neuem. „Du weißt, ich hab dich lieb, aber …“ – „… aber wenn du bleibst, wirst du es bereuen“, beendete sie seinen Satz und schaute ihn an. Eine Träne stahl sich über ihre Wange. Trotzdem versuchte sie zu lächeln. „Und es ist ja nur für diesen Sommer.“ …
 

… Eine Stunde nach High Noon war das Grab geschlossen worden. Jetzt siebzehn Stunden später, im Morgengrauen des neuen Tages, stand der siebzehnjährige Junge davor. Er hatte seither kein Auge zu gemacht, hatte sich die vergangenen Stunden damit um die Ohren geschlagen in Fotoalben zu blättern und Familienvideos zu schauen. Erinnerungen, die er behalten wollte. An Zeiten, die nie mehr zurückkommen würden. Erinnerungen, die ihm am Ende aus jedem Winkel, in jedem Raum entgegen zu schreien schienen. So lebendig, als wären sie noch nicht Vergangenheit. Es war, als käme seine Mutter die Treppe hinab ins Wohnzimmer, als stünde sein Vater noch immer in der Hausbar, als hörte er sie beide noch reden, lachen. Sie waren da. Er hatte die Hand nach beiden ausgestreckt und beide Male ins Leere gegriffen. Sie waren nicht da. … „Colt“ … „Colt“ … „Colt“ … Nur ein Flüstern. Er hatte in Windeseile seine Tasche gepackt und war aus dem Geisterhaus geflohen. Hier her. Warum, hätte er nicht sagen können. … „Colt“ … „Colt“ … „Colt“ Dieses Wispern schien ihm zu folgen. Nein. Hier war es lauter. Er nahm die Tasche, die achtlos zu seinen Füßen im Gras lag und schulterte sie. Dann drehte er sich ruckartig vom Grab weg und ging. Ging die Hauptstraße entlang … „Colt“ … an den Geschäften vorbei … „Colt“ … passierte die Cafés und Restaurants … „Colt“ … und ließ das Ortseingangsschild hinter sich. … „Pass auf dich auf, Junge.“ … „Bullet!“ … Kein Blick zurück, kein Umwenden, keine Rückkehr, kein Rodeo. Diese verfluchten Outrider. Die aufgehende Sonne warf seinen Schatten weit hinter den Laufenden, blendete ihn, als wollte sie sagen. „Nicht den Weg. Du siehst ihn ja gar nicht.“ Doch er zog den Hut tiefer ins Gesicht und heftete seinen Blick auf seine Füße. Er konnte nicht bleiben. Er konnte nicht.

Das dünne, zierliche Mädchen schlug die Augen auf und starrte an die Decke. ER war weg. Das spürte sie. Verdammt. Sie warf den Kopf von einer Seite auf die andere. ‚Bullet, bitte nicht.‘ – ‚Doch!‘ In ihren Augen sammelten sich Tränen. ‚Na dann, gute Reise, Bullet.‘ …
 

„Ich wollte dir eine Freude machen.“ Robins unglückliches Wispern holte Colt zurück. „Du kannst unsern Sohn doch nicht einfach nach den beiden benennen. Ausgerechntet die beiden, die ...“ Der Scharfschütze konnte seinen Protest kaum in Worte fassen. Gary Willcox und Timothy Dooley, die beiden Männer, die ihn am stärksten beeinflusst hatten und die er am meisten vermisste. Das fasste er nicht. „Ich meine“, begann er wiederum und brach wiederum ab. Er schniefte unterdrückt. „Ich wollte die Erinnerung an sie weiterleben lassen. Es“, versuchte die Schwangere sich zu rechtfertigen. „Ach, wie ich es mache, mache ich es falsch“, murmelte sie dann entmutigt. Der Scharfschütze schüttelte den gesenkten Kopf. „Papa würde platzen vor Stolz“, brummte er in seinen nicht vorhandenen Bart. Ja, Gary Willcox hätte sie damit die allergrößte Freude gemacht, die sie ihm als Schwiegertochter hätte machen können. Robin horchte auf und schaute ihren Zukünftigen aufmerksam an. Der schniefte noch einmal. „Colt?“ Die Lehrerin trat auf ihn zu und legte ihm vorsichtig die Hand auf die Schulter. “Hör mal, ich wollte dich nicht kränken“, versicherte sie ihm. „Hast du nicht“, gab er leise zurück, wagte aber nicht, sie anzusehen. „Ich hör ihn noch sagen, dass ...“ Colts Stimme versagte unter den unterdrückten Tränen. Aber lange würde er sie nicht zurückhalten können. Nicht mehr. „Was hat er gesagt?“, hakte sie warm nach. „Die einzige Chance, die ich hätte den ganzen Blödsinn, den ich angestellt hab, wieder gut zu machen, sei, meinen Sohn Gary zu nennen. Und ein Mädchen sollte Mabel heißen, nach Mum.“ Colt zog Robin in seine Arme und hielt sich an ihr fest. Jetzt brachen die Tränen hervor, die er sogar vor sich selbst nie zugelassen hatte. Die Tränen für seine Eltern. „Oh, Colt.“ Sie hielt ihn fest und strich ihm sanft über den Rücken. “Er hat gegrinst dabei“, sprudelte es aus dem Lockenkopf hervor. „Aber er wäre wirklich stolz, wenn...“ Wie konnte man unter Tränen, die so lange so vehement zurückgehalten worden waren, vernünftig sprechen. Colt weinte hemmungslos. Robin hätte es wohl nicht geglaubt, hätte man es ihr erzählt. Aber der Damm war endlich gebrochen. „Warum willst du es dann nicht?“, fragte sie leise. „Na, weil es mich ständig an sie erinnern würde und ich irgendwann mit dir oder mit Junior hätte drüber reden müssen.“ Perplex lotste sie ihn zum Sofa und platzierte sich und ihn darauf. Der Kuhhirte schien sich kaum mehr zu beruhigen. „Sie fehlen mir so.“ Colt klammerte sich noch fester an Robin. Wie sehr er sie jetzt brauchte, wie sehr er sie überhaupt brauchte, hatte sie nie zuvor so deutlich gespürt wie in diesem Augenblick. „Das weiß ich, Schatz. Aber du bist nicht alleine“ flüsterte sie mild. Er drückte seinen Kopf in ihre Halsbeuge. „Sie haben gesagt, sie wären immer für mich da. Aber sie konnten nicht“, schniefte er. „Das lag nicht in ihrer Macht, Colt. Aber glaub mir, sie sind immer noch bei dir. Sie sind hier.“ Ihre Hand glitt von seinem Rücken über die Schulter auf sein Herz. „Hier, in dir“, fügte sie dann hinzu. „Und was ist, wenn es irgendwann auch nicht mehr in unserer Macht liegt. Es gibt ja nicht mal mehr einen Dooley, der unseren Kleinen auffängt, bevor er bruchlandet“, schüttete er ihr seine größte Sorge aus.
 

Mit einem Mal verstand sie seine heftige Reaktion, als er erfahren hatte, dass sie ein Kind erwartete. „Aber es gibt einen Saber, einen Fireball, eine Chily und eine April, die auf unseren Zwerg aufpassen würden. Schatz, bitte glaub mir, wenn ich dir sage, dass unsere Kinder jemand haben werden, sollte uns etwas zustoßen“, beruhigte sie ihn. Er löste sich von ihr und versuchte sich wieder zu beruhigen. Er wischte sich über die Augen und musterte sie. „Uns wird aber nichts zustoßen“, meinte sie dann zuversichtlich. „Papa hat immer gesagt, was er am meisten an Mum liebt, ist, dass sie ihn sogar dann noch anlächeln kann, wenn er es am wenigsten verdient und am meisten gebraucht hat. Das konnte sie auch bei mir. Ich wollte immer auch so eine Frau finden“, schniefte er noch einmal. „Hast du diese Frau denn gefunden?“, fragte die Lehrerin vorsichtig. So wie er das sagte, bekam sie Angst, vor allem vor der Antwort. „Nein“, räusperte er sich. „Aber weshalb“, setzte sie verzagt an. Er lächelte leicht. „Weshalb ich dich heiraten will?“, beendete er ihre Frage. „Weil ich in dir noch weit mehr als das gefunden hab“, gab er gleich darauf die Antwort dazu. Liebevoll zog er sie an sich und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. „Colt, du hast keine Ahnung, wie sehr ich dich liebe“, flüsterte sie und erwiderte die Zärtlichkeit. „Und du scheinst immer wieder mal zu vergessen, was du mir bedeutest“, warf er ihr mild vor. „Wenn du es mir so selten zeigst“, rechtfertigte sie sich. „Wie soll ich es dir denn zeigen?“, fragte er naiv. „Na, zeigen halt. Mir einfach öfter sagen, dass du mich liebst oder mich mehr an deinem Leben teilhaben lassen“, antwortete sie lächelnd. Der gute Wille war ja immerhin vorhanden und der Scharfschütze erwies sich als gelehriger Schüler. „Dann zeig ich dir mal was“, nickte er, legte einen Arm um sie aus dem Wohnzimmer die Treppe hinauf. Verwundert stellte sie fest, dass er sie ins Schlafzimmer führte. „Was hast du denn vor?“, wollte sie wissen, konnte sich gerade keinen Reim darauf machen. „Das hier zeigen.“ Damit holte er eine Kiste unter dem Bett hervor und klappte sie auf. „Was ist das?“ Drei Blaster lagen oben auf. „Meine Sicherheitsvorkehrung“, antwortete er und zwinkerte ihr spitzbübisch zu. „Eine Kiste in der das oben aufliegt, machst du sofort wieder zu.“ Sie musste ebenfalls schmunzeln. Da hatte er Recht. Diese Kiste hätte sie nie angerührt. Erstaunlich, wie gut er sie kannte. Jetzt nahm er die Waffen runter und schob sie unters Bett. Dann setzte er sich darauf und bat sie. „Komm her zu mir.“ Gehorsam setzte sie sich zu im. „Was ist das?“ Sie war doch schon sehr gespannt. Die Kiste enthielt die mit Abstand persönlichsten Erinnerungen des Kuhhirten. Einiges davon wusste nicht einmal Chily. Nun zog er ein Fotoalbum hervor und schlug es auf. Das erste Bild verriet, das es das Hochzeitsalbum seiner Eltern war. Erstaunt schaute Robin ihn an. „Deine Mutter war eine hübsche Braut“, murmelte sie und betrachtete die strahlende Frau. „Oh sie war noch weit mehr als das.“ Colt drückte Robin noch einen Kuss aufs Haar, ehe er anfing zu erzählen.
 

Sie sprachen lange über seine Eltern. Tatsächlich fühlte sich Colt seltsam erleichtert. Es tat ihm gut, sich ihr anzuvertrauen und seine Erinnerungen mit ihr zu teilen. In dieser Nacht schlief er tief und fest. Er träumte von etwas, dass er schon fast vergessen hatte.
 

http://www.youtube.com/watch?v=Ieokk3G0NiE&feature=related
 

Die zwei Männer saßen auf der Veranda und unterhielten sich. Gary Willcox strich sich gerade aufmerksam lauschend über den dunklen Schnauzer, während sein Freund, Joel Adams, ihm von dem bevorstehenden Pferdemarkt in einer benachbarten Stadt erzählte. Er schlug dem Lockenkopf vor, Frau und Kinder mitzunehmen, als sie ihn in der Ferne gewahrten. Joel schmunzelte amüsiert.
 

„Die Sonne steht tief, er macht sich bereit,

ich kann seinen Colt glänzen sehn.

Er kommt wegen Chily, er will keinen Streit,

aber ich lass Chily nicht gehn.“
 

Ebenso amüsiert grinste Gary.
 

„Er prahlt überall, dass sie ihn liebt, und dass er sie heute noch holt.

Und jeder, der sich ihm in den Weg stellt, wird noch eine Kerbe im Colt.

Er hielt noch nie viel von Arbeit, er spielt und er gibt kräftig an.

Er lebt mit ner älteren Dame, und sie schafft das Geld für ihn ran.“
 

Jeols blaugrüne Augen blitzen munter, als er aufstand und auf den Ankommenden zu trat. Dessen Augen ruhten wachsam und düster auf ihm. Das helle Hemd war ihm noch eine Nummer zu groß und das Halfter mit der Waffe hing ihm mehr in den Kniekehlen, als an der schmalen Hüfte. Bedächtig schritt er durch das Gras, das fast so hoch was wie er selbst, auf den Mann zu.
 

„Die Sonne steht tief, er macht sich bereit,

ich kann seinen Colt glänzen sehn.

Er kommt wegen Chily, er will keinen Streit,

aber ich lass Chily nicht gehn.“
 

Joel schob den Cowboyhut in den Nacken und grinste. Erwartungsvoll verschränkte er die Arme vor der Brust.
 

„Schlau wie ein Fuchs und schnell wie der Blitz blickt er jeder Gefahr ins Gesicht.

Ich fürchte, er hat gute Chancen, denn er ist viel jünger als ich.

Nun kommt er, die Sonne im Rücken, ganz langsam die Straße herauf.

Sein Schießeisen tief an der Hüfte, die Hand immer nahe am Knauf.

Die Sonne steht tief, er macht sich bereit,

ich kann seinen Colt glänzen sehn.

Er kommt wegen Chily, er will keinen Streit,

aber ich lass Chily nicht gehn.“
 

Jetzt erhob sich Gary und trat zu seinem Freund. Nicht weniger belustigt als der, beobachtete er den jüngeren, der sich vor ihnen aufgebaut hatte, bereit sich zu duellieren. Beide Männer entschieden sich, ihn ernst zu nehmen und beobachteten ihn scharf.
 

„Nun steht er im Garten und zögert, und als er mich sieht, weint er los.

Ich geh zu ihm hin, nehm in auf den Arm und sag: Na, Du bist doch schon groß!

Du bist doch bestimmt schon vier Jahre, und Chily ist gerade erst drei.

Gleich wird es dunkel und Chily muss schlafen, komm nächstes Mal früher vorbei.

Die Sonne geht unter, ich fahr ihn nach Haus,

im Dunkeln weiß er nicht Bescheid.

Und Chily ist wieder in Sicherheit,

wenn auch nur für kurze Zeit.

Und Chily ist wieder in Sicherheit,

wenn auch nur für kurze Zeit.“
 

Gary hob seinen Sohn auf den Arm und trug ihn vom Hof. Kurz schaute er sich noch einmal nach Joel um und zwinkerte ihm verstehend und erheitert zu. Der hob die Hand zum Gruß und betrat das Haus. Er stieg die Treppen hinauf und ging in das Zimmer seiner Tochter. „Aber morgen spiele ich ganz lange mit Bullet“, flüsterte die verschlafen. „Ja, morgen, mein Schatz“, antwortete er leise, deckte sie zu und gab ihr einen Kuss auf die Schläfe.
 

Auf der Ranch der Familie Willcox strich sich Mabel ihr rotblondes Haar über die Schulter zurück und fasste es mit einer Spange zusammen. Dann hob sie ihren Sohn, der sein Duell unausgefochten gelassen hatte, auf ihren Arm. Es war Zeit für den Knirps ins Bett zu gehen. „Mama, werde ich auch mal so ein großer Cowboy, wie Papa?“, fragte der Junge und rieb sich müde die Äugelein. Oh, wie sehr er zu seinem Vater aufschaute. Mabel schmunzelte warm und versicherte ihm.
 

„Ganz bestimmt wirst du ganz groß … vielleicht noch größer als die Tür … Und die Ranch mit tausend Cowboys … die gehört dann endlich dir … Und mit deinem großen Colt … bewachst du Kisten voller Gold … Wenn du erst mal Sheriff bist … und das wirst du ganz gewiss.“

Angelockt von dem Gesang seiner wunderschönen Frau trat Gary aus der Küche, in der er eben noch den Geschirrspüler eingeräumt hatte, und folgte ihr die Treppen hinauf. Sein Sohn schmiegte sich an die Schulter seiner Mutter.

„Kleine Cowboys werden groß, … jeder Cowboy fängt so an. … Er ist erst so klein wie du … und dann wird daraus ein Mann. … Kleine Cowboys werden groß, … doch es braucht halt leider Zeit. … Schlaf jetzt ein und träum ganz schnell … dann ist der Weg nicht mehr so weit.“
 

Sie legte ihn behutsam in sein Bett und deckte ihn liebevoll zu. Der Junge drehte sich auf die Seite, so, dass er sie anschauen konnte. Sein Blick glitt zum Fenster.
 

„Keine Angst es ist der Mond … der da durch dein Fenster scheint. … Manchmal schaut er grimmig drein … doch es ist nicht so gemeint. … Er ist neidisch auf dein Pferd … das vor deinem Bettchen steht. … Er will gern reiten so wie du … und ärgert sich das es nicht geht.“
 

Die Hand des Jungen glitt unter der Decke hervor und angelte sich den Zügel des Schaukelpferdes. Er gähnte.
 

„Kleine Cowboys werden groß, … jeder Cowboy fängt so an. … Er ist erst so klein wie du … und dann wird daraus ein Mann. … Kleine Cowboys werden groß, … doch es braucht halt leider Zeit. … Schlaf jetzt ein und träum ganz schnell … dann ist der Weg nicht mehr so weit.“
 

Der Junge blinzelte müde mit den blauen Augen, die er von seiner Mutter hatte.
 

„Sei ganz ruhig und schlaf ein … halt dein Pony ganz fest im Zaum. … Mach die Augen leise zu … und hol dir deinen großen Traum. … Kleine Cowboys werden groß, … jeder Cowboy fängt so an. … Er ist erst so klein wie du … und dann wird daraus ein Mann. … Kleine Cowboys werden groß, … doch es braucht halt leider Zeit. … Schlaf jetzt ein und träum ganz schnell … dann ist der Weg nicht mehr so weit.“

Dem kleinen Jungen waren die Augen zu gefallen. Ruhig und regelmäßig ging sein Atem. Er war schon fast eingeschlafen. Sie strich ihm sanft über die Locken.

„Schlaf jetzt ein und träum ganz schnell … dann ist der Weg nicht mehr so weit.“
 

Mit diesem Versprechen erhob Mabel sich und trat zu ihrem Mann, der im Türrahmen lehnte. Diese Szene konnte er jeden Abend beobachten und jedes Mal ging ihm aufs Neue das Herz dabei auf. Er hatte wirklich eine wunderbare Frau und einen phantastischen Sohn. Jetzt legte er einen Arm um seine Angetraute. „Ich frage mich, wie viel von dem, was du ihm jeden Abend versprichst, wohl in Erfüllung geht“, murmelte er und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich hoffe, alles“, gab sie leise zurück und erwiderte die Umarmung. Garys Lippen tasteten sich nach denen seiner Frau. „Das hoffe ich auch“, flüsterte er und drückte ihr einen innigen Kuss darauf.
 

Wie Colt sich am nächsten Morgen fühlte, hätte er nicht beschreiben können. Irgendwie befreit, irgendwie erleichtert, irgendwie vollkommen und zufrieden. Da war noch ein bisschen mehr Nähe zu Robin, noch mehr Wärme und Liebe für sie und etwas, dass wohl Einheit sein musste. Sie kannte ihn nun besser, als alle anderen, besser als Chily. Aber diese Feststellung war eher eine Wohltat, als das er bereute, nie mit seiner Jugendfreundin über das gesprochen zu haben, was er gestern Abend Robin anvertraut hatte. Das Band zwischen ihm und der Lehrerin war fester, reißfester, geworden. Er drehte sich zu ihr um und betrachtete sie, wie sie schlief. Diese wunderbare Frau, die bald seine sein würde, die seinen Sohn unter ihrem Herzen trug und ihn Timothy Gary nennen würde; er beobachtete sie, wie sie träumte. Die Lippen leicht geöffnet und tief und regelmäßig atmend. Entspannt. Das Haar leicht zerzaust. Seine ganz einfach. Warmherzig, treu, lieb, verständnisvoll und leidenschaftlich: all diese schönen Eigenschaften schien es nur für ihn zu geben. Sie schenkte ihm Geborgenheit und das Gefühl von zu Hause zu sein, von Ruhe und Frieden, einfach nur durch ihre Anwesenheit, durch ihr gleichmäßiges Atmen, wenn sie schlief, durch die Liebe in ihren Augen, wenn sie ihn ansah. Er musste sich wirklich zwingen, sich von ihrem Anblick loszureißen und der Eingebung nachzukommen, ihr mal wieder ein leckeres Frühstück zu zaubern. Der Gedanke an ihr erfreutes Lächeln machte es ihm dann doch leichter.
 

Er schob sich unter der Decke hervor und schlich sich in die Küche. Während er dabei war, Kaffee aufzusetzen, den Tisch zu decken und Blumen darauf zu stellen, fiel ihm wieder ein, was er ihr gestern gesagt hatte, bevor sie schlafen gegangen waren.
 

… "Meine Eltern haben sich immer gewünscht, dass ich aus meinem Leben etwas mache...“, hatte er ihr gesagt. Sie hatte gelächelt. „"Du hast aus deinem Leben bereits etwas gemacht. Du hast für den Frieden gekämpft." Er wusste, dass sie es nicht so gern zu gab, weil es den Beigeschmack von Gefahr, Krieg und Tod hatte, aber sie gestand es auch genau deshalb ein. Es gab keine Gefahr, keinen Krieg und daraus resultierenden Tod mehr. Er hatte seinen Job gut gemacht. „Nein, ich hab Cowboy und Indianer gespielt“, hatte er abwiegelte. „Dass ich wirklich was draus gemacht habe, kann ich noch nicht behaupten.“ Dann hatte er sie in seine Arme gezogen und ihr sanft über den Bauch gestrichen. „Na ja, aber jetzt hab ich mal gut angefangen“, hatte er dann gelächelt. „Ach, Colt, du hast so vielen Menschen das Leben gerettet. Du wirst auch gut weitermachen, das weiß ich“, hatte sie versichert und sich an ihn geschmiegt. „Willst du mich los werden? Die Lebensversicherung lohnt sich aber noch nicht für dich.“ Dabei waren seine Augenbrauen in die Höhe geschossen. Sie hatte leicht den Kopf geschüttelt. Der Kerl konnte einfach nie ernst bleiben. „Ich will damit doch nur sagen, dass ich hinter dir steh, bei allem was du tust“, hatte sie ernst erklärt. Genauso ernst hatte er sie angeschaut. „Steh lieber vor mir, damit ich besser in deinen schönen blauen Augen sehen kann“, hatte er dann gelächelt und ihr einen liebevollen Kuss gegeben. …
 

Jetzt seufzte Colt leicht. Er hatte ein Problem, ging ihm auf. Starsheriff war er keiner mehr. Es war Frieden. Er war beim Rodeo. Noch. Er konnte doch nicht wirklich wieder auf ein Pferd steigen und sich nach möglichst erst acht oder neun Sekunden wieder abwerfen lassen. Das Risiko, dass er sich dabei auch das Genick brechen konnte, war immer da, ganz gleich, wie viel Erfahrung man hatte. Dann wären Robin und Timothy Gary allein. Nein, das Rodeo war kein Weg, den er weiter verfolgen würde. Aber was sollte er dann tun?
 

Ein ähnliches Problem hatte Fireball. Er genoss es zu Hause zu sein und seine Tochter auf den Arm nehmen zu dürfen, wann immer er wollte. Die Art, wie sie ihre Nase hoch zog, wenn es aus ihrer Windel verdächtig roch, war dieselbe, wie die ihrer Mutter. Diese kleinen, dunkelblauen Knopfaugen schienen mehr zu wissen und mehr zu verstehen, als alle anderen es vermochten. Wenn er sie auf dem Arm hatte, während er die Zeitung nach Stellenangeboten durchsah, schien sie zu wissen, dass ihr Vater einfach nicht ausgelastet war und eine Aufgabe brauchte, ebenso sehr wie ihre Liebe. Doch die Zeitung gab nichts her. Keine Firma sagte ihm zu und die, die es taten, schickten seine Bewerbungsunterlagen wieder zurück. Vielen erschien er einfach als zu risikofreudig und sprunghaft. In Aprils Armen fühlte er sich geborgen. Sie gab ihm das Gefühl gebraucht zu werden und tröstete ihn, wenn wieder eine Absage ins Haus flatterte. Für sie war er einfach alles, was er sein wollte.
 

Die Sitzungen beim Therapeuten verliefen recht unterschiedlich. Während der Mann mit dem Rennfahrer beinahe verzweifelte und nur langsam vorankam, weil Fireball sich Fremden gegenüber kaum öffnen konnte, stand es mit Colt und Saber anders. Nachdem der Scharfschütze sich zumindest Robin anvertraut hatte, waren auch die Besprechungen beim Psychologen leichter für ihn. Der Schotte hingegen hatte überhaupt keine Probleme mit dieser Bewährungsauflage. Zwar war dem Psychologen durchaus klar, dass die Angetraute des Recken noch weit mehr wusste, als der ihm erzählte, aber für die Arbeit mit dem Highlander reichte es.
 

Für den Blonden liefen die Dinge so, wie sie laufen sollten. Seine Arbeit füllte ihn aus und zu Hause hatte er die Frau, die ihn glücklich machte. Oft beobachtete er sie, wie sie durch die Küche tanzte, vor sich hin sang, wenn sie als Putzteufel durch das Haus fegte oder behaglich die Augen schloss, wenn er sie liebkoste. Häufig sprachen sie über ihre Arbeitstage oder ihre Freunde. Beide machten sich Gedanken, wie die jungen Familien wohl zu Recht kamen, hatten aber auch die Sicherheit, dass alles in Ordnung war. Noch hatte keiner um die Hilfe der Riders gebeten, aber alle hatten die Gewissheit auf den anderen zählen zu können.
 

Mit einem „Wir kaufen nix“ begrüßte Fireball die vier Gäste, die eines Abends aus heiterem Himmel vor seiner und Aprils Tür standen. „Warum nicht? Was stimmt an Angebot und oder Preis nicht? Komm, lass uns feilschen“, entgegnete Colt munter und ließ die Augenbrauen des Rennfahrers in die Höhe schnellen. Was war denn mit dem los? Hatte der, seit er sich mit Robin ausgesöhnt hatte, zu oft „Das Leben des Brian“ geguckt? Den Mädchen jedoch schien es zu gefallen. Die junge Mutter ging direkt darauf ein. „Ich biete einen arbeitslosen Rennfahrer. Wer will?“, grinste sie. „Kein Bedarf“, wehrte Saber ab. „Aber als Pilot lass ich mir das Geschäft schon eingehen, wenn es denn soweit ist.“ – „Tauschst du ihn gegen einen untalentierten Handwerker?“, unterbreitete Robin schmunzelnd ein Gegenangebot. „Selbst ist die Frau“, schmunzelte April zurück. „Also muss ich in Zukunft mit zwei Schreihälsen zu Recht kommen.“ Grinsend stupste die Lehrerin ihren Zukünftigen an. „Können wir das drinnen klären? Ich muss mal Pipi“, vermeldete die Hebamme und schob sich in die Wohnung ohne auf eine Einladung zu warten. Für sie galt es gerade schnell auf die Toilette zu kommen oder in den Hausflur zu machen und letzteres war nun wirklich keine Option für sie. „Dann mal rein in die gute Stube“, lud Fireball ein und öffnete die Tür weit für die anderen Wartenden. „Aber bitte nicht zu laut“, mahnte er dann. „Charlene schläft also schon“, schlussfolgerte der Recke. „Sehr richtig, und das soll auch so bleiben“, bestätigte April. Es war ein langer Kampf gewesen, die Tochter ins Bett zu bringen. Offenbar hatte sie geahnt, dass Besuch kam und hatte aufbleiben wollen. Jetzt führten die jungen Eltern ihre Freunde ins Wohnzimmer.
 

„Was wollte ihr trinken?“, fragte der Rennfahrer. „Ein kühles Blondes wäre nicht schlecht.“ Colt ließ sich auf das Sofa plumpsen. „Ja, das wäre es wirklich nicht.“ Saber nahm neben ihm Platz. „Darf es ein Kurzer vorher sein?“, bot der Japaner an. „Sozusagen als Vorspeise, denn zu Essen gibt es heute nichts.“ Dafür waren die vier zu überraschend aufgetaucht. „Ein kühles Blondes haben sie ja ohnehin schon“, bemerkte April zwinkernd, als Chily zu ihnen kam. „Die heiße Blondine hab ja ich abgekriegt“, blinzelte der ehemalige Pilot zurück und verschwand in der Küche. Gleich darauf kam er mit dem bestellten Bier und drei Kräuterlikören zurück. „So, drei Mal Bier und drei Mal das harte Zeug für die Ladies.“ Damit wollte er die Getränke verteilen. Chily nahm ihm die drei Gläser für die Frauen ab und bedankte sich schmunzelnd. „Du musst dir den Abend schön saufen?“ Erstaunt hob April die Brauen. „Spricht nicht für die Gastgeber“, fügte sie dann hinzu. „Ich trinke nur für euch mit, so lange du stillst und sie“, sie wies dabei erst auf die Navigatorin, dann auf die Lehrerin, „schwanger ist“, erklärte sie amüsiert. Der Rennfahrer zog den Kopf ein und verschwand wieder in der Küche. Den Fehler musste er wieder gut machen. Jeder wusste, dass es im allgemeinen nicht tragisch war, wenn eine Stillende oder eine Schwangere ein kleines Glas Sekt oder etwas ähnliches mittrank, Chily lehnte es dennoch strikt ab, Frauen in dieser Zeit auf diese Weise zu „vergiften“, wie sie es nannte. Ihre Patientinnen hielten sich zum größten Teil an diese Anweisung. Der Grund lag für die Hebamme einfach darin, dass die Umstände auch so den Körper hinreichend beanspruchten und es nicht erforderlich war, ihn auch noch mit dem Abbau von Alkohol, ganz gleich wie gering die Menge war, zu belasten. „Du wirst dein Haushuhn blau mit heim nehmen, wenn er so weiter macht, Boss“, stichelte Colt und lehnte sich zurück. Robin nahm im Sessel neben ihm Platz. „Ja, langsam hab ich den Verdacht, er will meine Frau abfüllen.“ Nachdenklich aber lächelnd strich sich der Recke übers Kinn „Bedenklich.“ Seine Angetraute setzte sich neben ihn. „Dann ist er heute Abend ja beschäftigt“, behauptete sie etwas großspurig, aber die beiden Herren, bei denen sie saß, wussten, dass sie lange nicht so viel vertrug, wie sie eben vor gab. Ihr Mann nahm ihr zwei der Gläser ab und stellte sie auf den Couchtisch. „Du steigst wohl lieber auf was weniger Hartes um, Jolene“, schlug er leicht mahnend vor. „Die drei hauen mich nicht um, so lange ich sonst nix mehr davon trinke“, meinte sie und nippte an dem Glas in ihrer Hand. „Oder bis du aufstehst“, neckte ihr Jugendfreund prompt. „Wer hat nach der Party damals bei Anthony James den Heimweg mit seinem Mageninhalt verziert?“, konterte sie. „Ich hab es nur wie Hänsel und Gretel gemacht. Nur waren die Brotkrumen schon im Magen. Leider“, gestand er und hob unschuldig die Hände. „Gib ihr die wieder Saber. Fireball, bringe Colt mal noch ein Bier mit. Ich bin gespannt, was wir noch erfahren, wenn die beiden so weiter machen“, lächelte Robin mild.
 

Der Gerufene kam mit zwei farbenfrohen Cocktails für die Lehrerin und seine Freundin zurück. „Aber jetzt. Tut mir echt leid.“ Mit der Entschuldigung stellte er die Drinks auf dem Tischchen ab. „Bunt und garantiert ohne Alkohol“, versicherte er und wandte sich wieder um, um noch einmal in die Küche zu gehen. „Wenn das so ist, bring ich Sake und Cognac.“ Saber und Chily fuhren auf. „Bloß nicht“, riefen beide erschrocken aus. Das konnte nicht gut gehen, nicht bei der bunt gesträhnten Blondine. April kam mit Knabbereien hinzu. „Lass den guten Cognac ja dort, wo er jetzt ist, Fire“, wies sie den Rennfahrer an. Erleichtert lehnte sich das Ehepaar zurück. Das war knapp. „Bring lieber den Obstler mit“, zwinkerte die Mutter dann. Chily winkte ab. „Trink ich eh nicht.“ – „Was jetzt? Cognac, Schnaps oder doch lieber das kleine Mädchen-Gesöff?“, hakte der Rennfahrer ungeduldig nach, welche Anweisung er nun ausführen sollte. „Lass gut sein, wir sind versorgt“, meinte Chily und schmiegte sich an ihren Mann. „Davon wird man nicht benebelt, Chily. Das endet maximal in, naja, worin sowas halt endet. In Hobbyräumen zum Beispiel“, nutzte der Cowboy den Moment um ein wenig zu spötteln. Die Hebamme tat ihm auch noch den Gefallen und wurde rot. „War da nicht auch jemand im Hobbyraum nebenan?“, wollte der Schotte wissen und linste vom Lockenkopf zur Lehrerin. Die horchte alarmiert auf. „Wovon redet ihr?“, fragte sie vorsichtig und hoffte, dass es sich nicht um die Silvesternacht drehte. „Bei unseren Nachbarn sind nicht nur Raketen hochgegangen“, grinste der Recke vielsagend. Jetzt begann die Schwangere zu leuchten. „Muss ja hochinteressant gewesen sein. Und wir zwei stehen in der Kälte und frieren uns was ab. Tststs.“ Kopfschüttelnd legte der Japaner einen Arm um die Mutter seiner Tochter. „Tja, die einen spielen Billard und die anderen Poker“, versuchte Colt das herunter zu spielen. Saber schloss sich ihm an. „Und wieder andere beobachten die Sterne“, ergänzte er. Als dritte Frau in der Runde leistete April nun den beiden anderen mit dunklerer Gesichtsfarbe Gesellschaft. Der Recke hatte es nicht ahnen können, aber er hatte einen Volltreffer gelandet. Charlene war bei einem Abendspaziergang auf einer Wiese im Park entstanden. „Unsere Frauen sind Ampeln“, stellte der Scharfschütze fest und schaute von einer zur anderen. „Und alle stehen gerade auf Rot.“ Fireball nahm den Arm wieder von April und trat einen Schritt zurück um die drei zu mustern. „Sagen wir einfach, es ist der Alkohol, der ihnen die Farbe ins Gesicht zaubert“, schlug er vor, schaute noch einmal zu Robin und April und ergänzte so unschuldig, wie es unter unterdrücktem Feixen möglich war. „Oh, ihr trinkt ja keinen Alkohol. Was macht euch dann so heiß?“ Den beiden schoss direkt noch etwas mehr Röte ins Gesicht. Chily leerte ihren Kräuterlikör in einem Zug. Das war ja gerade nicht nüchtern zu ertragen, so viel Doppeldeutigkeit. Die Herren im Raum erheiterte es umso mehr. „Ich mach mal das Fenster auf, unseren Mädels scheint irgendwie heiß zu sein“, neckte der Kuhhirte und machte Anstalten aufzustehen. Der Recke hielt ihn zurück. „Das liegt daran, dass es in der Wohnung weder Partykeller noch Sternenhimmel gibt, da hilft auch die frische Luft grad wenig, Cowboy.“ Die Hebamme kippte augenblicklich das zweite und das dritte Glas hinunter. „Kann ich die Flasche haben, Fireball?“, fragte sie dann und verkniff sich ein Schütteln. Sie würde diesen Abend wohl nur alkoholisiert überstehen, so schien es. „Muss schon blöd sein, wenn die Frau immer einen gewissen Level braucht, um ...“, grinste der Angesprochene dem Schwertschwinger zu, sparte es sich aber den Satz auszusprechen, sondern zwinkerte nur verständlich. Das war zu viel für die bunt Gesträhnte. Sie flüchtete in die Küche um sich die Flasche eben selbst zu holen. „... um zu beichten?“, beendete der Schotte den Satz. „Nein, das ist immer sehr aufschlussreich“, meinte er dann. „Aus dem Alter sollte sie raus sein. Außerdem seid ihr verheiratet, da ist das keine Sünde mehr, sondern eheliche Pflicht,“ stellte Colt klar. Dann rutschte er auf dem Sofa vor, spähte nach seiner Jugendfreundin, rückte zu Saber auf und hakte gespielt vertrauensvoll nach: „Erfüllt sie denn ihre ehelichen Pflichten, Säbelschwinger?“ – „Das geht dich einen Scheißdreck an“, rief Chily aus der Küche zurück. Sie kannte doch Colt gut genug um zu wissen, dass er das jetzt fragte. Der Lockenkopf und der Japaner grinsten sich breit an. „Also nein“, stellten sie wie aus einem Mund fest. Saber schüttelte schmunzelnd den Kopf. Egal, was er oder Chily nun sagten, aus der Sache kamen sie nicht mehr heil raus. Colt und Fireball waren in Fahrt und würden jedes Wort zu Ungunsten des Paares verdrehen und sich darüber schlapplachen. Er erhob sich, ging in die Küche und nahm seiner Frau die Flasche aus der Hand. „Das reicht für heute, Jolene“, entschied er mild und führte sie wieder ins Wohnzimmer. „Rohrkrepierer“, funkelte die Hebamme den Scharfschützen an. Der erinnerte sich sofort an das Ereignis, auf das sie das Wort bezog. „Das wäre in dem Fall jedem passiert“, rechtfertigte er sich, verzog aber das Gesicht dabei. „Da würde auch der Oberheld keine Ausnahme machen“, grinste er dann schmutzig. „Das war ja jenseits von Gut und Böse. Jeder andere hätte es vorgezogen auf Handbetrieb umzuschalten,“ erklärte sie einigermaßen empört und Colt wusste, dass die Empörung berechtigt war. Die damals ihrem Namen alle Ehre machende Tausend-Tonnen-Tina verführen zu wollen, war tatsächlich nicht seine beste Idee gewesen. Aber welcher Mann hatte schon gute Ideen, wenn die Hormone mit ihm durchgingen? Die Kombination mit Alkohol war auch keine gute Entschuldigung dafür. Der Recke schaute von Colt zu Chily. „Ansonsten sind das nur Gerüchte, meine Freunde“, meinte er dann. „Die enthalten immer einen Funken Wahrheit“, neckte der Scharfschütze rasch, um sich nicht länger dieser Erinnerung hingeben zu müssen. „Aber ein Gentleman kann trotzdem Abhilfe schaffen“, konterte der Schotte. Erstraunt darüber, dass der edle Schwertschwinger offensichtlich schon genauso verdorben wie der ehemalige Kopfgeldjäger war, schauten sich April und Robin an. „Will ich das jetzt so genau wissen?“, fragte Fireball und hob skeptisch die Brauen. „Hey, Schwertschwinger, das Kamasutra kommt eher aus der Ecke da“, grinsend deutet der Kuhhirte auf den Rennfahrer, „was hat ein Schotte da schon zu bieten?“ Unbeeindruckt hob der Blonde die Schultern. „Oder ein Cowboy?“ Sehr viel mehr konnte die gelockte Spottdrossel ja dann auch nicht vorweisen. „Andere Tricks halt“, lachte der Scharfschütze munter. „Aha, nicht gezinkte Karten, sondern eher Ersatzteile“, stellte Saber noch immer nicht aus der Reserve zu lockend fest. „Ist alles noch Original“, versicherte Colt nun seinerseits. „Fehlen die Batterien oder sogar noch original verpackt?“, stieg der Japaner in den zweideutigen Dialog ein. „Dazu braucht es keine Batterien“, grinste der Scharfschütze und linste auf seinen Hoseninhalt. „Dafür vibriert er auch nicht so schön“, erklärte Robin trocken, erhob sich und verschwand in der Küche. Colt entgleisten die Gesichtszüge, während Saber und Fireball vor Lachen fast vom Sofa fielen. Da war ihm seine Holde ja mächtig in den Rücken gefallen. „Schande, Colt“, prustete der junge Vater. „Aber die allergrößte“, kicherte der Highlander. „Ja, groß trifft es“, nickte Colt und sah eine Chance wieder Oberwasser zu bekommen. Aber da hatte er die Rechnung ohne die Hebamme gemacht. „Nur wenn du von deiner Klappe sprichst. Alles andere nennt man wohl eher Kümmerling.“ Damit folgte sie der Lehrerin. „Auf alle Fälle vergrault es die Frauen scharenweise“, lachte Fireball munter. „Uh, Colt, du hast schlechte, entschuldige, schmächtige Karten“, feixte er. „Wer hat die wohl ausgeteilt?“ April schloss sich den beiden Freundinnen an und verabschiedete sich ebenfalls aus dem Wohnzimmer. Das Gesprächsthema war eindeutig zu Testosteron gefärbt und nicht ihr Fall.
 

Colt lehnte sich zurück. „So viel zum Thema gentlemanlike“, kommentierte er und sah den Schotten an. Der nahm einen Schluck von seinem Bier und hob nur die Schultern. An der Flucht der drei Frauen war er schließlich nicht allein Schuld. „Hey, Mädels, kommt wieder zurück. Ist doch nur Spaß“, rief der Rennfahrer ihnen nach. Dann trank er ebenfalls noch einen Schluck. Es folgte keine Reaktion, also machte auch er es sich bequem und schaute seine beiden Mitstreiter an. „Na, gut. Können wir mal in Ruhe über die wichtigen Sachen im Leben reden“, grinste er. „Ich dachte, das hätten wir“, merkte Colt trocken. „Das waren deine Nebensächlichkeiten“, korrigierte Saber nüchtern. „Und, was willst du noch lernen, Kleiner?“, wandte der sich schulterzuckend an den Rennfahrer. „Was willst du mir schon noch groß beibringen können, Viehtreiber?“, hakte der Angesprochene nach. „Wie man sich als Arbeitsloser die Zeit totschlägt. Zum Beispiel.“ Aufmerksam horchte der Recke auf. Darüber hatten sie noch nicht gesprochen. „Wann kam der Geistesblitz zu kündigen?“, hakte er beim Rennfahrer nach. „So zwei Wochen vor dem Geburtstermin“, gab der Japaner zur Antwort und hob die Schultern. Na schön, dann hatte er diesen Job eben aufgegeben. Was war schon dabei? Immerhin war es doch riskant, Rennfahrer zu sein und seine beiden Frauen brauchten ihn. Er hatte nicht schlecht getauscht, fand er. „Wir sollten dir öfter eins auf den Hinterkopf gönnen, das scheint wirklich die Denkfähigkeit zu erhöhen“, stichelte Colt, staunte aber doch sehr. Dafür, dass es für den Rennfahrer mal alles bedeutet hatte, ging er doch recht gelassen damit um. „Und was wirst du jetzt machen?“, fragte er dann ernst. „Ich bin Vater. Reicht doch erst mal“, gab Fireball zurück. Nun, zumindest war es das, was er sich einzureden versuchte. „Glücklicher Papa, wie es scheint.“ Saber fiel durchaus auf, dass dem nicht so war. „Wann willst du Ehemann werden?“, wollte er dann wissen. Irgendwelche ernsthaften Pläne musste der Kleine doch gemacht haben. Nun fuhr der auf. Irgendwie war er in ein Verhör geraten, glaubte er. „Ich hab eine Familie“, stellte er etwas erschrocken fest. „Dafür braucht man doch nicht unbedingt einen Trauschein.“ Der Scharfschütze lachte keck. „Ha! Der hat eiskalte Füße.“ Saber schüttelte den Kopf. Das war nicht der Zeitpunkt um aufs Neue in albernes Geplänkel zu verfallen. Es ging immerhin um die Zukunft dieser Familie. Tatsächlich spielte der Name dabei eine weniger wichtige Rolle, als das Einkommen. So eine Familie wollte schließlich ernährt werden. „Der hat auch keinen Job“, erinnerte er den Lockenkopf und wandte sich an den Wuschelkopf. „Ernsthaft, Fireball. Niemand streitet ab, dass du deine Tochter liebst, aber du bist kein Hausmann“, bemerkte er dann. Der nickte bestätigend. „Du hast auch sicher die Stellenangebote durchforstet“, hakte der Schotte weiter nach. „Nö.“ Ironisch zog der junge Vater das Wort lang. „Was glaubst du denn? Durchforstet schon, aber nix gefunden“, gab er dann etwas verstimmt Auskunft. Der Recke nickte verstehend und schaute zum Scharfschützen. „Und du hast das gleiche Problem, sehe ich das richtig?“, mutmaßte er. Wenn der kleine Hitzkopf Vernunft annahm, weil er Vater geworden war, bestand bei einem Hallodri wie Colt durchaus auch eine Chance. „Ich muss erst mal das Haus kindersicher machen. Naja, bei meiner Begabung dauert es halt ein bisschen länger“, entgegnete der und verriet damit, dass er wohl noch nicht allzu weit mit seinen Überlegungen zu diesem Punkt gekommen war. „Und das Rodeo?“, bohrte Saber sofort nach. „Zu sprunghaft geworden. Ich will bei meiner Robin sein“, kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen. Nun, wenigstens das war entschieden. Erstaunlich, was Kinder schon bewirken konnten, wenn sie noch nicht mal da waren. „Und was hast du dann vor?“, ließ sich der Highlander dennoch nicht davon abbringen, weiter nachzuforschen. Colt hob die Schultern und machte ein ratloses Gesicht. „Das ist die Frage, auf die ich noch keine Antwort habe.“ – „Die Frage ist, was du so kannst außer Viecher zusammen zu treiben“, berichtigte Fireball mit einem leichten Zwinkern. „Ach, ich kann eine ganze Menge. Ich bin ein Organisationstalent, kann gut mit Menschen, auch mit Rennsemmeln, und ich hab Humor“, wusste der Kuhhirte sofort aufzuzählen. „Wenn du so fragst, Fireball, was kannst du außer Rennen fahren?“, schoss Saber seine nächste, nicht so unwesentliche Frage hervor. „An und für sich bin ich ja ein erstklassiger Chauffeur“, grinste der Angesprochene. „Aber, die Zeiten sind vorbei. Also kann ich nur von mir behaupten, dass ich einen guten Riecher fürs Geschäft hab, gesellig bin und endlich mal wieder eine berufliche Herausforderung brauch“, erwiderte er. Und das konnte er auch getrost behaupten. Dass der Pleitegeier im Hause Hikari Eagle noch nicht Einzug erhalten hatte, lag überwiegend daran, dass der Wuschelkopf sein Geld gut angelegt hatte und etwas davon verstand zu wirtschaften. Er hatte in den Verhandlungen mit seinen Vorgesetzten im Motorsport eine Menge Erfahrungen sammeln können, die er seither zwar nur im privaten Bereich hatte nutzen können, aber wenn er es recht überdachte, sicher auch auf beruflicher Ebene erfolgreich anwenden konnte. „Aber ihr habt es beide nicht so mit Vorgesetzten“, ergänzte der Recke die Liste ihrer Eigenschaften. Sie waren ja gelegentlich recht aufmüpfig während des Falles um Pennyrile gewesen. „Ein bisschen mehr sein eigener Chef sein, hätte schon was für sich“, musste da der Rennfahrer zugeben. „Tja“, schmunzelte der Schotte und schaute an seinen Beinen hinunter. „Wenn ich schönere Beine hätte, hättet ihr wohl mehr auf mich gehört.“ Der Rennfahrer winkte lässig ab. „Ich wette, in den richtigen Strümpfen hast du auch tolle Stelzen“, grinste er dann. „Ja, wobei Fire eher die Figur für die Dessous hätte, als wir zwei“, bestätigte Colt keck. „Ach deshalb wollte Jolene ihn mal in ein Cheerleader- Outfit stecken“, kapierte der Schotte und schlug sich leicht mit der Hand gegen die Stirn. Den Japaner musternd strich sich der Scharfschütze übers Kinn. „Ja, mit so rosa Pumps“ Er meinte die Pompoms, dass wussten seine Freunde. „könnt ich ihn mir gut vorstellen“, grinste er dann. Der Rennfahrer lehnte sich zurück. „Rosa?“ Skeptisch hob er die Brauen. „Passt aber so gar nicht zu meinen Augen“, bemerkte er dann ernst. Der Blonde und der Lockenkopf schauten sich einen Momentlang überrascht an, dann prusteten sie los und wären vor Lachen fast vom Sofa gefallen. Zumindest hingen sie verdächtig absturzgefährdet darauf. „Von mir aus auch rot, aber dafür will ich dann einen Spagat sehen“, japste der Kuhhirte. „Gern, wenn du den vormachst“, grinste der Japaner zurück. „Ihr solltet euch zusammentun und eine Akrobaten-Nummer einstudieren“, scherzte der Blonde.
 

„Wir uns zusammen tun? Nur wenn wir einen Ort finden, wo er in seinen Buggys rumkurven kann und ich wenigstens einen elektrischen Bullen zum reiten hab“, entgegnete Colt grinsend. „Am Stadtrand gibt es eine nette Gokartbahn mit einem Restaurant, steht schon seit Jahren leer. Leider. Die Gaststätte war so riesig, da würden drei von deiner Sorte Bullen reinpassen“, meinte Fireball und erntete ein Grinsen von dem Scharfschützen. „Und wie viele von deinen Seifenkisten? Dann machen wir da einen Laden auf“, unkte er. „Genug“ war die Antwort. Wie es oft mit solchen verrückten Ideen war, spann der junge Vater diese weiter. „Eine echte Marktlücke wär das dann, wenn wir auch noch Sushi und Westernschmaus anbieten würden.“
 

Der Schotte schaute von einem zum anderen. Die waren ja dabei etwas zu planen, ohne dass es ihnen bewusst wurde. Er lehnte sich zurück und hörte aufmerksam zu.
 

„Na, dann musst du den Futtertempel aber in zwei Bereiche aufteilen. Mischen kann man so eine Deko nicht“, behauptete der Kuhhirte postwendend. „Und ob ich das kann“, widersprach der Wuschelkopf. „Ich mal deinem Bullen Schlitzaugen auf, das kommt sicher gut“, spielte er mit dem Japaner-Klischee. „Da muss ja jeder Bulle ausschlagen und bocken“, schmunzelte Colt. „Ja, oder wenn deine talentfreien Finger an die Mechanik kommen“, warf der Recke dazwischen. Das hatte er nicht unterdrücken können. Fireball lachte munter. „Meine Güte, kannst du dir das vorstellen?“, fragte er den Lockenkopf. „Wir zwei zeigen der multikulturellen Stadt Yuma mal, was Multikulti wirklich heißt!“ Der grinste breit. „Ja, und ich weiß auch schon wie wir den Laden nennen: WEast“, schlug er vor, womit er die Worte West und East kombinierte. „Du hast sie echt nicht alle, Cowboy.“ Fireball lachte noch mehr. Obwohl, so richtig hatte er selbst sie auch nicht mehr alle. „Oder noch besser“, unterbreitete der Scharfschütze einen neuen Vorschlag. „No Risk No Fun. Man braucht schon Mut um sich auf sowas einzulassen“, begründete er dann.
 

Saber nickte leicht vor sich hin. Die Idee gefiel ihm. Das Ganze könnte sogar klappen, dachte er, während er das gedanklich auswertete. Ja, das war wirklich keine schlechte Sache.
 

Auch Fireball überlegte. „NoRiNoFu“, meinte er dann. „Klingt doch gar nicht mal so übel und etwas asiatischer.“ Colt hob die Schultern. „Ich such jedenfalls die Bedienungen aus“, lachte er. „Und der Koch ist dir wurscht, oder was? Wenn es nicht schmeckt, hat die Bedienung nicht lange Gäste zum bedienen“, ließ der Japaner den Manager in sich zum Vorschein kommen. „Den darfst du aussuchen“, gestattete Colt ihm großzügig. „Mach ich doch glatt. Testesser bin ich ohnehin ein guter“, erwiderte der junge Vater. „Wir sollten den Geizhals mit einbeziehen“, überlegte der Cowboy laut und deutete auf den Recken. „Da ist im Notfall wenigstens noch was zu holen“, fügte er feixend hinzu. Abwehrend hob der die Hände und schaute die beiden an. Denen schien noch das letzte bisschen Überzeugung zu fehlen, um den Plan in die Tat umzusetzen. Das würde er ihnen liefern. „Ich komm gern als Gast, aber Geld steck ich keins rein und Arbeit schon gleich drei Mal nicht“, versicherte er. Die beiden Energiebündel sahen ihn überrascht an, dann je den anderen. „Er traut es uns nicht zu“, stellte Colt schlicht fest. „Dann sollten wir ihn eines Besseren belehren“, meinte der Rennfahrer und schlug in die Hand, die der Lockenkopf ihm anbot. „Dann zeig ich dir morgen Vormittag mal, wo das Schmuckstück genau liegt.“ Damit war es eine beschlossene Sache.
 

Die Mädchen hatten unterdessen die Küche betreten. „Unfassbar.“ Kopfschüttelnd stellte Robin ihren Cocktail auf der Theke ab. „MÄNNER. Große Klappe …“, begann Chily beim Eintreten. „... nichts dahinter“, beendete April, wobei sie ihr folgte. „Leg sie auf die richtige Couch und sie kriegen keinen Ton raus“, fügte die Navigatorin hinzu. „Ach, deiner auch?“, schmunzelte die Lehrerin. „Das Schweigen der Lämmer“, schnaubte die Gefragte zurück. „Eher das schwarze Schaf. Lämmchen ist meiner keins, aber garantiert nicht.“ Robin lehnte sich an die Anrichte und schaute zu der Hebamme. „Wie geht es Saber damit?“, fragte sie. „Das ist nicht mehr der Mann, den ich kennen gelernt habe. Zumindest nicht in dem Punkt“, erwiderte diese. Ihre beiden Freundinnen wussten, was sie meinte. Der Recke war offener geworden und mauerte sich schon lange nicht mehr so eisern ein, wie einst. „Wenigstens einer scheint was gelernt zu haben.“ April seufzte. Das konnte sie leider nicht über den Vater ihrer Tochter behaupten. Die Lehrerin nickte verstehend. „Stimmt. Hab ich vorher noch gedacht, Colt wäre schweigsam, so hat er mich nach der ersten Sitzung eines Besseren belehrt. Da war jede Leiche gesprächiger“, klagte sie. „Soll das heißen, er hat dir noch nicht von seinen Eltern erzählt?“, wollte Chily überrascht wissen. Das war doch wohl hoffentlich jetzt nicht wahr. „Doch“, räumte die Schwangere ein, „aber erst spät und ohne Sitzung beim Psychodoc.“ Zufrieden mit dieser Auskunft lehnte sich die Hebamme an die Tür des Kühlschrankes und nahm einen Schluck von ihrem Drink. „Hätte ich unsere Plaudertasche gar nicht zu getraut, dass er mal was nicht erzählt“, staunte die junge Mutter. „Er hat so vieles nicht erzählt, April. Aber deiner ist da ja auch nicht besser.“ Auch Robin trank noch etwas von ihrem Cocktail. Fireball hatte wirklich etwas leckeres damit zusammen gemischt. „Amen“, bestätigte die und schüttelte über diesen Umstand alles andere als erfreut den Kopf. Überrascht hob die Lehrerin die Brauen. Das war ja wirklich ein Volltreffer gewesen. „Er kommt mit dem Tod von Mandy nicht klar. Egal, wie gut er sich mit Chily versteht“, erklärte April bedrückt. In dem Punkt machte ihr Freund ihr wirklich Sorgen, ganz besonders deshalb, weil sie nicht wusste, wie sie an ihn herankam. „Das ist mir auch schon aufgefallen. Also, ich meine, dass er sich mit Chily gut versteht“, erwiderte die Schwangere. „Die Sache mit Mandy belastet Fireball wohl mehr, als man merken würde“, stellte sie dann fest. „Allerdings“, nickte April die neuerliche Bestätigung. Die bunt gesträhnte Blondine nahm noch einen weiteren Schluck. Nichts von dem, was sie gerade hörte, überraschte sie. Das alles hatte sie schon die ganze Zeit über gespürt. „ Ich hoffe bloß, du bist auf mich nicht so eifersüchtig, wie auf sie“, meinte sie dann mit leichtem Unbehagen. Es war schon schlimm genug, dass Robin so empfunden hatte, da sollte April sich nicht anschließen. „Wie könnte ich?“, lächelte die Navigatorin zurück, trotzdem erkannte Chily die Notlüge darin und schluckte beklommen. Ernst fuhr die junge Mutter nun fort. „Manchmal glaub ich, er schiebt alles zur Seite, als hätte es Mandy nie gegeben, oder wär das alles nie passiert. Es ist grad schwierig mit ihm, vor allem, wenn er vom Doc kommt. Eine Katastrophe.“ Bedeutungsvoll schaute sie zur Lehrerin. Das, was diese einmal mit erlebt hatte, war noch die zensierte Vorstellung gewesen. „Tja, ich schätze, ich habe ein ähnliches Kaliber daheim“, seufzte Robin. „So lange sich die beiden dagegen wehren, wird es wohl auch nicht besser werden“, stellte Chily fest und nahm noch einen Schluck. „Da hilft wohl nur die Devise: Augen zu und durch“, meinte April und widmete sich auch mal ihrem Glas. „Und Geduld“, ergänzte die bunt gesträhnte Blondine. „Amen.“ Robin und April waren für sie sehr zu bedauern. Es war nicht leicht, wenn man gern für den Partner da sein wollte, der es aber nicht zuließ. Sie war doch sehr erleichtert, dass ihr Mann sich in diesem Punkt doch gründlich gewandelt hatte. „Es ist schon unglaublich“, meinte sie nun. „Da sitzen die drei zusammen, reden einen Testosteronunsinn daher, tun sonst wie groß oder hart und sind in Wahrheit alles Weichspüler“, schmunzelte sie dann um die bekümmerten Gesichter der beiden Blondinen zu vertreiben. Es wirkte.
 

„Blöd nur, dass es unsere sind. Wir haben sie an der Backe und werden sie nicht mehr los, die Helden des Neuen Grenzlands“, lachte April. „Pantoffelhelden“, korrigierte die Lehrerin sie ebenfalls kichernd. „Ich frag mich nur, was die grad sonst noch quatschen?“ Die junge Mutter linste ins Wohnzimmer. Die Schwangere tat es ihr gleich. Gerade deuteten Colt und Fireball auf den Schotten. „Spekulieren wohl drauf, wann Saber Papa wird, so wie es aussieht“, schlussfolgerte die Lehrerin grinsend. „Na, da sind sie dann wirklich den ganzen Abend beschäftigt“, bemerkte Chily und nippte wieder an ihrem Drink. „Ich sehe schon die ersten Wetten diesbezüglich laufen.“ Damit wandte sich die Navigatorin wieder zu ihren Freundinnen in die Küche um. „Wie man an uns sieht, schlägt es sowieso immer dann zu, wenn man es nicht erwartet. Wetten also völlig zwecklos“, meinte Robin und lächelte die Hebamme an. „Vor allem haben Saber und ich schon vier große Kinder“, grinste diese breit und zwinkerte den beiden Blondinen zu. „Selbst eingebrockt. Da gibt es mal gar kein Mitleid“, kam es von denen wie aus einem Mund zurück. „Aha, hab ich sozusagen adoptiert, als ich ihn geheiratet hab“, stellte die bunt gesträhnte Blondine dann scheinbar leicht erschrocken fest. „Ja, eindeutig“, nickte April. „Na, das hätte ich vorher wissen müssen.“ Auf den Schrecken leerte die Hebamme ihr Glas auf einen Zug. „Stand ganz dick im Ehevertrag. Punkt I Ziffer I Absatz I. Wer mich heiratet, bekommt auch den Rest der Star Sheriffs sowie dessen Partner, anvertraut“, informierte Robin sie trocken. „Oh. Na, wer lesen kann, ist echt klar im Vorteil“, lachte die Angetraute und daher Betroffene munter. „Ich weiß gar nicht, was du hast. Für Saber und vor allem für uns war es ein echter Gewinn“, neckte April sie leicht. „Beruhigend. Für mich auch“, lächelte die bunt gesträhnte und füllte ihr Glas aufs Neue. Sie würde mit einem Schwips nach Hause gehen, das wusste sie, aber es hielt sie nicht davon ab noch einen weiteren Kräuterlikör zu trinken. Dass Saber es ihr aktuell nicht verbieten konnte, kam ihr gelegen. „Mit uns wird es niemals langweilig“, nannte Robin ihr ein gutes Argument für diese unfreiwillige Adoption. „Das war ohne Kinder so und wird mit auch nicht besser“, fügte April hinzu und warf wieder einen Blick ins Wohnzimmer. „Nein, mit den Kids niemals“, schmunzelte sie dann „Amen“, ließ Chily sich vernehmen und trank noch etwas. „Die werden nie erwachsen“, stellte die Navigatorin kopfschüttelnd fest. „Wie schaffen die es nur immer wieder, das Neue Grenzland zu beschützen?“ Da konnte sie ja glatt Jesse Blue verstehen, wie sie sich schockiert eingestehen musste. Aber das hielt nicht lange an. „Na, du weißt doch, Kinder haben besondere Schutzengel“, erklärte Chily ihr das Phänomen und Robin ergänzte dies. „Und mehr Glück als Verstand.“ Die drei schmunzelten sich an. „Dann ist es gut, dass sie nie erwachsen werden“, meinte die junge Mutter und schob die Hebamme zur Tür. „Wir sollten sie zur Vernunft bringen, bevor sie noch irgendeinen Blödsinn aushecken können. Was meint ihr?“, schlug sie dabei vor. Die Geschobene nickte. „Hoffentlich ist es nicht schon zu spät“, unkte Robin und folge.
 

Die drei Frauen kamen gerade rechtzeitig zurück um Zeugen einer höchst seltsam klingenden Konversation zu werden. Eben erklärte Fireball entschieden, aber grinsend: „Eins sag ich dir, Kuhtreiber. Fifty fifty, so wie es sich gehört.“ Wie das zu dem zuvor gehörten testosterongefärbten Schlagabtausch passte, konnten sich die Vertreterinnen der holden Weiblichkeit nicht erklären. Ihre Augenbrauen schossen ungläubig in die Höhe und Fragezeichen prangten auf ihren Gesichtern. „Ich hoffe, ihr teilt das Bier“, brachte Chily schließlich hervor und wies auf die Flaschen auf dem Tisch. „Das texanische Bier, das wir in unserer Kneipe zapfen, ja. Und vor allem die Kohle, die da abfallen wird“, erklärte Colt sofort und unbeachtet der Tatsache, dass keine der drei wissen konnte, worum es dabei genau ging. „Bitte?“, ließen sich die Frauen im Chor vernehmen. Der Rennfahrer deutete keck auf den Schotten und behauptete, an dessen Angetraute gewandt, ganz unschuldig: „Der ist Schuld!“ Chily entgleisten einen Augenblick lang verständnislos die Gesichtszüge. Sie leerte ihr Glas in einem Zug und entschied dann. „Ich geh noch einen trinken. Die Welt ist nicht in Ordnung, wenn mein Mann für so was Seltsames verantwortlich ist.“ Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand wiederum in der Küche. Saber sprang auf und ging ihr hinter her. „Schatz, seit wann vertraust du auf Aussagen eines halbwahnsinnigen Rennfahrers in Frührente?“, rief er dabei, schmunzelte aber. So ganz Unrecht hatte sie ja damit nicht.
 

„Okay. Erklärung bitte, Colt“, verlangte Robin, als die beiden verschwunden waren, und schaute ihren Zukünftigen gespannt an. „Matchbox und ich haben uns Arbeit gesucht. Einen Haufen Arbeit“, erhielt sie freudestrahlend, aber noch immer zusammenhangslos zur Antwort. „Ein bisschen genauer bitte?“, hakte sie deshalb nach. Nicht weniger begeistert startete nun der Rennfahrer einen Erklärungsversuch. „Colt und ich gehen unter die Küchenchefs.“ – „Und hinter die Bar. so à la "Cocktail“ Die beiden saßen so breit grinsend vor ihren Freundinnen, wie kleine Jungs nach einer großen, abenteuerlichen Entdeckungstour. Wie sollten die junge Mutter und die Schwangere da folgen können. „Ihr werdet Tellerwäscher?“, missdeutete die Navigatorin. „Ich weiß ja nicht, wie das mit Fireball ist, aber Colt ist den Job ganz schnell wieder los, so viel wie er dabei zerdeppern würde. Er wird kein Tellerwäscher und damit auch kein Millionär“, meinte die Lehrerin skeptisch. „Ich werd nix zerdeppern, weil ich keine Teller rumschubsen werde. Dafür hat man heutzutage Personal“, versicherte der Lockenkopf verschmitzt. „Du nennst mich doch nicht etwa dein Hausmädchen?“ Robins Brauen schoben sich tadelnd nach oben. „Nein, Schatz“, korrigierte der Scharfschütze schnell. „Aber im Restaurant, da haben wir dann Personal. So nette Schankmädels halt.“ Unverändert ungläubig konnten die beiden Frauen nur noch mal nachhaken. „Schankmädels? Restaurant?“ Sie hatten eindeutig etwas verpasst. „Mal bitte von Anfang an, ich komm kein bisschen mit.“ Ungeduldig und streng verschränkte Robin die Arme vor der Brust und schaute die beiden an, wie sie es als Lehrerin tat, wenn ihr die Rabauken auf der Nase herumtanzen wollten. „Okay, noch mal zum Mitschreiben und Mitdenken“, begann der Japaner nun und sortierte seine eigenen Gedanken dabei noch mal. „Also, Colt und ich werden uns selbständig machen, vorausgesetzt, das mit dem Areal haut so hin, wie wir uns das vorstellen. Wir hatten die Idee, ein kleines Restaurant hier in Yuma aufzumachen, mit ein bisschen WildWest-Flair und Asialook. Nebenbei eine kleine GoKartBahn...“ Colt ergänzte sofort. „ …ein paar elektrische Bullen.“ Dann wandte er sich an seinen zukünftigen Geschäftskollegen. „Dart und Billard wäre auch nicht schlecht. Müsste man sehen, wie es rein passt“, ergänzte er die vorangegangenen Ideen und meinte dann wieder zu ihren Freundinnen. „Die Speisekarte wird jedenfalls schön gemischt von Ost nach West gehen.“ – „In 80 Happen um die Welt“, grinste Fireball. „Ja, das hatte ich auch schon gedacht. Ernsthaft. Und die Gerichte sollten wir entsprechend benennen. Orientexpress das darf exotisch und scharf sein“, schaltete der Cowboy sofort. „Halt, Moment mal. Haltet ihr das wirklich für eine gute Idee? Ihr versteht doch beide nichts vom Kochen“, hakte Robin skeptisch nach, bevor der Vater ihres Ungeborenen in einem Strudel an Ideen davon schwimmen konnte. „Na, dafür stellen wir uns ja auch Leute ein. Wir wissen, wie es schmecken muss und suchen uns den raus, der das auch so hinbekommt. Schöne Beine zum Bedienen im Minirock haben wir auch nicht, da werden wir uns auch entsprechende Angestellte zulegen müssen“, meinte er mit einer leichten Selbstverständlichkeit. April unterdrückte ein Grinsen, als sie in Robins Augen ein eifersüchtiges Funkeln gewahrte, und versuchte das Thema etwas abzubiegen. „Ich hab Fires Beine schon in Shorts gesehen. Das kann man dem Rest der Welt getrost ersparen“, schmunzelte sie und schlug den Bogen davon weg. „Wie habt ihr euch das gedacht, wenn man mal neugieriger Weise nachfragen darf? Ich mein, die Geschäftsidee ist nicht so übel, es gibt in ganz Yuma kein Restaurant, das Küche von überall anbietet.“ Da hatten die beiden eine echte Marktlücke gefunden. Das konnte was werden. „Tja, bis jetzt haben wir nur grobe Vorstellungen davon. Alles steht und fällt im Grunde mit dem Objekt unserer Begierde“, erläuterte der Rennfahrer, froh darüber, dass April wohl mit der Idee einverstanden war. „Willst du mitkommen und es dir ansehen?“, fragte er sie deshalb. „Der Kleine wird dann die Buchhaltung übernehmen, in Mathe war er ja gut“, lachte Colt. „Ja, wenn er sonst schon nichts konnte“, grinste die junge Mutter zurück. „Bis zehn zählen geht grad noch, das reicht vollkommen“, stieg Fireball auf die Neckereien ein und hielt seine Hände in die Höhe.
 

„Und was wirst du tun, Colt? Die Bedienungen auf Tauglichkeit prüfen? Wenn sie schnell genug vor dir flüchten können, können sie auch den ganzen Tag rumlaufen und Gäste bedienen. Oder wie sieht der Eignungstest aus?“, bohrte Robin von Eifersucht geplagt nach. „ Na, eigentlich wollt ich schauen, wie vollgestapelt das Tablett sein kann, bis sie es nicht mehr von der Küche bis zum Gast heil schaffen. Im Ernst jetzt, Schatz. Ich kann gut mit Leuten. Ich kann mir das gut vorstellen, hinter der Bar zu stehen und Guavensaft auszugeben“, antwortete er aufrichtig und konnte in dem Moment nicht ganz nachvollziehen, was in seine Braut gefahren war. „Du kannst vor allem gut mit jeder Frau“, schnappte die prompt und setzte sich auf den Sessel, der am weitesten von dem Scharfschützen entfernt stand. Dort grummelte sie vor sich hin, wie viele Frauen, die in absehbarer Zeit fülliger werden würden und sich Sorgen um ihre Attraktivität für ihren Partner machten. Colts bisherige Schwäche für das schöne Geschlecht war da nur Salz auf der Wunde. Die Hebamme hatte sie davor gewarnt, dass sie so empfinden konnte, aber das half nicht, dieses Gefühl einzudämmen. Dafür half Charlene, die wohl etwas von der Geburtshelferin abbekommen hatte und sich entschied jetzt durchs Babyphone zu brüllen. „Ich geh schon“, sagte April und auch der Rennfahrer stand auf. „Ich geh schon, Süße“, meinte er gleichzeitig. Das Paar lächelte sich an und ging gemeinsam nach dem Töchterchen sehen. Es war ein wenig so, als hätte die Kleine bewusst geschrien, damit Colt und Robin ungestört den Disput beenden konnten, ehe er wirklich aufkam.
 

Der Scharfschütze rutschte langsam, aber stetig zu seiner Herzdame auf, um sich dann auf die Armlehne des Sessels zu setzen und sie mit großen Augen unschuldig anzusehen. „Schatz?“, ließ er sich bittend und klagend zu gleich vernehmen. Sie wandte sich jedoch ab und zeigte ihm sprichwörtlich die kalte Schulter. „Och, Robin.“ Er legte ihr sanft die Hand auf jene Schulter und schmiegte sich so nah er konnte an sie. „Du musst mich lieb haben, schon vergessen? Du willst mich heiraten“, erinnerte er sie leise. „Ich bekomme auch deinen Sohn, das scheint dich auch nicht davon abzuhalten, dich weiter umzuschauen“, gab sie schmollend zurück. „Ich schau mich doch gar nicht um. Das dumme Geschwätz.“ Er küsste sie sanft in den Nacken. „Das Schönste“ Wieder hauchte er ihr einen Kuss auf die Stelle. „das Beste“ Ein weitere Kuss kam hinzu. „und das Liebste“ Und noch einer. „hab ich doch schon längst gefunden“, versicherte er ihr so. Weil diese Zärtlichkeit angenehm kribbelte, zog Robin den Kopf in den Nacken. „Und wie lange weißt du das, wenn ich wie ein Hefekloß aussehe und vor deiner Nase so eine kleine Barbie-Puppe rumtanzt?“, wollte sie wissen. „Jeden Atemzug lang“, schwor er aufrichtig. „Denkst du, ich weiß nicht, was du für ein Schwerenöter bist“, versetzte sie noch immer eifersüchtig. „War“, berichtigte er sofort. „Das bin ich nicht mehr. Nicht mehr, seit ich dich kenne“, murmelte er an ihre Schulter und hauchte ihr noch einen Kuss darauf. „Ach, dass soll ich dir glauben.“ Robins Zweifel rührten nicht wirklich daher, dass sie in ihrer Beziehung zu Colt je Grund zur Eifersucht gehabt hätte, sondern mehr daher, dass sie wie jede, biologisch gesehene, Nestbauerin sicher stellen wollte, dass das Nest für den Nachwuchs bereit war. Dazu gehörte ganz dringend ein zuverlässiger Partner. April hatte ähnlich verursachte Momente gehabt, wie Colt mitbekommen hatte. Deshalb drehte er die Schwangere nun behutsam zu sich herum und schaute sie warm an. „Sieh mich an, Robin. Wie könnte ich eine andere Frau auch nur ansehen, wenn ich meinen Schatz zuhause habe? Ich würde nicht mal auf den Gedanken kommen, würde ich nicht“, versicherte er. Er musste ihr diese Bedenken nehmen. „Du hast in den Momenten gedacht?“, fragte sie schnippisch zurück. Getroffen senkte er den Kopf. Ihre Vorwürfe galten seiner wenig rühmlichen Vergangenheit zu dem Thema. „Lass mich nicht auflaufen, Robin. Dann gehe ich auf Grund“, bat er leise. „Niemand, und ich meine wirklich niemand, bedeutet mir so viel, wie du es tust. Du und der kleine Cowboy in dir“, betonte er noch einmal ehrlich, aber sie schien ihm nicht zu glauben. Leise seufzend ließ er die Hände sinken. Was sollte er noch tun? Er hatte ihr ja mit seiner ersten Reaktion auf die Schwangerschaft nicht gerade Sicherheit gegeben. So unberechtigt war ihr Verhalten ja gar nicht. Aber sie wurde milder. „Meinst du das ernst?“, wollte sie zaghaft wissen. „Natürlich mein ich das ernst, sonst würde ich das nicht sagen“, erwiderte er leidenschaftlich und zog einen Schmollmund. „Colt, ich weiß schon ziemlich gut, wie du früher warst und mir fällt es manchmal schwer zu glauben, dass du dich geändert hast. Besonders jetzt.“ Sie wies leicht auf ihren Bauch. „Ich hab Angst, dass ...“, brach sie dann aber ab und schluckte das „du mich verlässt“ hinunter. Colt verstand auch so. „Du brauchst keine Angst zu haben. Das wird niemals passieren. Niemals.“ Sanft zog er sie an sich, ließ sie ihren Kopf an seine Schulter lehnen und strich ihr sacht über den Bauch. Darin wuchs sein Sohn heran. Die Lehrerin schmiegte sich an ihn. „Ich schaff das nicht ohne dich“, flüsterte sie. „Das musst du auch nicht. Ich bin da, bei dir und Klein-Timmy.“ Er drückte ihr einen Kuss aufs Haar. „Ob Tim wohl noch einen Struppi braucht?“, überlegte er dann laut mit der Ernsthaftigkeit, die nur er haben konnte, und die anderen in solchen Momenten weniger ernst erschien. Deshalb hob sie jetzt leicht irritiert den Kopf. „Was meinst du damit?“ – „Na, Tim und Struppi, der Hund, Liebling“, antwortete er mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre es das Leichteste seiner teilweise recht sprunghaften Logik zu folgen. Wieder strich er über ihren Bauch. „Vielleicht legen wir uns später mal einen Hund zu, damit Tim mit ihm spielen kann?“, meinte er dann. „Das ist eine gute Idee, finde ich. Wenn er reiten lernen will, bringen ihm Saber und Chily das sicher gern bei“, stieg sie auf die Idee ein. „Weil der Papa das nicht kann, oder wie?“ Entrüstet deutete er auf sich. „Aber die beiden haben die Pferde“, wandte Robin ein. „Die kann man sich auch mal leihen, ne Stunde oder zwei, drei...“, wiegelte er sofort ab. Die Lehrerin musste lachen. „Oh, Cowboy.“ – „Bist selbst schuld. Du wolltest mich. Du hast mich gekriegt. Also beschwer dich nicht“, grinste er verschmitzt zurück. „Werd ich nicht so lange du bleibst.“ Diesmal gab sie ihm einen sachten Kuss. „Dann wirst du dich nie beschweren. Hach, die Welt ist schön“, stellte er munter fest. Bevor er noch mehr solcher Feststellungen treffen konnte, versiegelte sie ihm den Mund mit einem warmen, langen Kuss.
 

Weder Saber noch Chily hatten irgendetwas davon mitbekommen, was sich im Wohnzimmer abgespielt hatte. Gleich nach seiner Ankunft in der Küche hatte der Recke ihr das Glas aus der Hand genommen und amüsiert schmunzelnd festgestellt. „Du hast einen Schwips, Jolene.“ Sie kicherte leicht und sah ihm zu, wie er es weit von ihr auf die Anrichte stellte. „Ja“, bestätigte sie, „und du hast es nicht verhindert.“ Er trat wieder zu ihr. „Wie denn, wenn du lieber mit den anderen beiden in der Küche tratscht?“, wollte er wissen. „Den testosterongesteuerten Dialog konnte man ja nicht nüchtern ertragen“, rechtfertigte sie sich halbherzig. „Ach nein?“ Er zog sie in seine Arme und schmiegte sich an sie. Sein Blick dabei verriet ihr genau, was er vorhatte. Sie schob ihn von sich und tat entsetzt. „Mister Rider, was geht denn schon wieder in Ihrem Kopf vor?“ Aber er ließ sich nicht schieben. „Das, was mir immer in den Sinn kommt, wenn ich meine bezaubernde Frau ansehe“, antwortete er. Tatsächlich ging ihm auf, dass ihre Vorliebe für Röcke oder Kleider, unabhängig zu welcher Jahreszeit, ihm gerade mehr als gelegen kam. Sanft ließ er seine Hand unter den Saum des Rockes gleiten, den sie gerade trug. „Das soll an mir liegen? Wohl eher hat dich das Gespräch mit den beiden andern Knilchen wieder drauf gebracht. Du musst niemand beweisen, dass bei uns alles läuft wie es soll. Abgesehen von mir“, wies sie ihn darauf hin. „Ich möchte auch niemandem etwas beweisen, mein Schatz. Ich will ganz einfach die schönste Nebensache der Welt mit dir genießen“, meinte er leicht und fuhr, wie zum Beweis dafür, den oberen Saum ihres Höschens nach. „Hier? Hatten wir da nicht eine Absprache?“ hakte sie nach. Er lächelte so charmant wie unschuldig. Seine Finger glitten beiläufig über den Stoff. „Hatten wir?“, tat er ahnungslos. „Hatten wir.“ Das wusste sie genau. Da sie ihn aber nicht wegschieben konnte, konnte sie nur ausweichen indem sie sich auf die Anrichte setzte. Er nutzte die Chance sofort und schob sich zwischen ihre Beine. „Ich kann mich an keine erinnern. Du musst dich geirrt haben, Schatz“, behauptete er. Dass er sich nicht erinnern konnte, oder wollte, glaubte sie ihm sofort, so zielstrebig, wie seine Hand aufs Neue unter ihren Rock fuhr. „Aber ganz sicher nicht. Ich will mich nicht auch noch von Fire und April einer solchen Schandtat“ Das Wort betonte sie allerdings zweideutig „überführen lassen. Außerdem ist die Tür noch offen“, grinste sie. Er stieß die Tür mit dem Fuß zu. „Jetzt nicht mehr. Und die beiden müssen diesbezüglich ganz kleine Brötchen backen und sollten nicht zu weit ausholen“, entgegnete er schmunzelnd. „Du bist unmöglich.“ Noch einmal versuchte sie ihn von sich zu schieben. Erfolglos. „Du hast mich geheiratet, dein Pech“, erklärte er, hob die Schultern und strich zart mit den Händen über ihre Oberschenkel. „Ich habe einen Mann geheiratet, der sich lieber eingemauert hat und sich kaum geöffnet hat. Jetzt allerdings hab ich einen Mann, vor dem ich mich in Acht nehmen muss, damit er mich nicht plättet, mit dem, was er fühlt“, bemerkte sie, wobei es nicht so klang, als hätte sie etwas dagegen so geplättet zu werden. „Und es gibt nur einen Grund für diese Gefühle, Jolene“, antwortete der Schotte, küsste sie erst auf die Stirn, dann auf die Nasenspitze und schließlich auf den Mund. „Sitzt der gerade vor dir?“, fragte sie. „Nein, nebenan“, gab er trocken zurück. Was für eine Frage. „Dann geh rüber“, benutzte sie diese Antwort, um ein letztes Mal und deutlich halbherziger als zuvor, ihn von sich zu drücken. Aber auch diesmal für nichts. „Ich bleib viel lieber bei dir“, erklärte er und presste ihre Taille an seine. „Weil?“, bohrte sie. „Ich dich liebe?“, fragte er zurück, als könne es daran wirklich Zweifel geben. „Tust du das?“, wollte sie wissen. „Aus tiefsten Herzen und jeden Augenblick ein bisschen mehr“, murmelte er und strich mit seinen Lippen über ihre Schulter. „Bereust du irgendwas?“, fragte sie, wobei sie ihn näher zu sich zog und ihm tief in die Augen schaute. „Nichts, gar nichts“, raunte er zurück und bekam dafür einen sanften, innigen Kuss. Seine Hände fuhren nun unter ihr Shirt. „Ich liebe dich“, flüsterte er ihr ins Ohr und knabberte sanft ihr Ohrläppchen an. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals. „Und ich liebe dich“, wisperte sie zurück. Er verstand diese Einladung. „Mein kleiner, beschwipster Schatz“, schmunzelte Saber und schob ihr Shirt weiter nach oben. „Sei froh, sonst hätte ich mehr Bedenken“, lächelte sie zurück und half ihm beim Ausziehen des Oberteils.
 

Lag es daran, dass sie ihr Treiben und die dazugehörige Geräuschkulisse durch heiße Küsse auf ein Minimum reduzierten, oder an der gut abdichtenden Küchentür? Lag es daran, dass alle Personen in der Wohnung zu sehr anderweitig beschäftigt waren und Charlene nur eine volle Windel hatte, die ihr den Schlaf raubte, oder daran, dass das Malheur auf Colts Billard-Tisch sie hatte diesbezüglich vorsichtiger werden lassen? Wie auch immer, es blieb unbemerkt, was sich zwischen Saber und Chily abspielte. Nur in einem hatte der Rennfahrer Recht behalten. Diesmal hatte die Hebamme ein gewisses Level gebraucht, um sich darauf einzulassen. Aber das kam dem Recken diesmal sehr gelegen. Er drückte seiner Angetrauten einen langen, innigen Kuss auf, ehe sie zu den anderen ins Wohnzimmer zurückkehrten. Colt kam nicht dazu, das zu kommentieren, weil auch April und Fireball sich wieder zu ihnen setzten und die Navigatorin das Gesprächsthema von zuvor aufgriff. „Erklärt mir das mal genauer, Jungs“, begann sie. „Was genau willst du denn wissen?“, hakte ihr Freund nach. „Wie du die Buchhaltung manipulieren willst, Turbo?“, neckte sie ihn leicht. Der Gefragte runzelte die Brauen. „Na, erst mal steht und fällt doch alles, mit dem Areal. Wir brauchen gar nicht anfangen, wenn das nicht hinhaut. Vorher brauch ich auch noch keine Kostenübersicht machen“, antwortete er. „Und wenn das mit dem Areal hinhaut, ist sowieso vorher Kreativität gefragt. Und handwerkliches Geschick. Bevor du da investierst, wird erst mal durchgerechnet, wie viel wir von dir brauchen, Prinzessin“, fügte der Scharfschütze halb ernst, halb scherzend hinzu. „Man kann Colt ja schon ein zwei Sachen da machen lassen, solange es nichts mit Elektrik zu tun hat“, nickte der Rennfahrer, „Aber wir brauchen sicher noch einiges Inventar. Die Bullen, die Karts, Möbel fürs Bistro und das Geschirr“, zählte er dann auf. Tatsächlich konnte er aber noch nicht die geforderten, genauen Auskünfte geben, weil seine Gedanken aktuell noch nicht so weit gereift waren. Colt und er hatten diesen Plan ja schließlich erst an diesem Abend gefasst. Der Kuhhirte brüskierte sich grinsend über die Aussage seines künftigen Geschäftspartners: „Soll das heißen, ich kann nichts?“ Dabei hielt er ihm drohend die Faust unter die Nase. Der Japaner schmunzelte leicht. „Den Türsteher brauchen wir wohl nicht mehr einstellen“, parierte er den Spaß, wurde dann aber ernst, als er kurz gedanklich überschlug, worauf sie sich da wirklich einlassen wollten. „Da kommt einiges auf uns zu“, bemerkte er leicht. „Bürdet ihr euch da nicht zu viel auf? Keiner von euch hat jemals ein Geschäft geführt“, bekundete nun auch Robin nicht so unberechtigte Zweifel. „Das wird sich doch noch herausstellen, Schatz. Traust du uns denn gar nichts zu?“ Der Lockenkopf strich ihr leicht über die Schulter. Es lag nicht in seiner Natur, manche Dinge als zu realistisch zu sehen, obwohl es manchmal besser wäre. In diesem Fall ging er recht frohgemut und optimistisch an die Sache und dachte nicht wirklich an die Konsequenzen, die das haben konnte, falls das Unterfangen scheiterte. Fireball war ihm da einen Schritt voraus. „Das Risiko ist gering, da wir das Private aus der Haftung raushalten werden“, konnte er deshalb die junge Lehrerin beruhigen. „Hoffentlich klappt das Besser, als Privates von Ramrod fernzuhalten“, lächelte die junge Mutter milde. „Sonst sehe ich leider schwarz für euch zwei.“ Unauffällig schluckte der Pilot des Friedenswächters. Auch das waren nicht unbegründete Bedenken. „Verlass dich drauf. Ich riskier doch nicht Charlenes Zukunft, nur weil ich mich mit dem Verrückten da einlasse“, versicherte er April und deutete grinsend auf den Cowboy. Der brachte es dann auf den Punkt. „Warum schießt ihr beiden Löcher in unsere Pläne, wenn wir noch nicht mal wissen, ob wir die überhaupt umsetzen können?“, fragte er. Es war schwer einen eben erst gefassten Plan zu verteidigen, wenn man ihn noch nicht mal richtig gefasst hatte und Fireball war bei den Fragen der beiden Frauen doch etwas unbehaglich zu Mute geworden. „Vielleicht solltet ihr noch mal darüber schlafen“, schlug Chily nun vor und löste so die ganze Debatte vorläufig auf, denn ihr Jugendfreund stieg sofort darauf ein. „Gute Idee“, meinte er und erhob sich. Robin, Saber und die Hebamme folgten seinem Beispiel und verabschiedeten sich von den jungen Eltern. Die Idee wollte überdacht werden. Das lag auf der Hand. Zu diesen Überlegungen war es auch notwendig, sich das betreffende Objekt anzusehen, so verabredeten sich der Rennfahrer und der Scharfschütze für den nächsten Tag.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Turbofreak
2009-04-18T16:44:58+00:00 18.04.2009 18:44
So, Sister *Vorschlaghammerschwing*

Da sieht man mal, wie schnell aus einer Schnapsidee eine Bieridee wird ^^, und Schuld ist nur Saber. Dass die Mädels sich da gerne was schöntrinken würden, kann ich verstehen.

Nein, im Ernst: Das Kapitel war wieder eins A-Spitze, ganz großes Kino. Ich plädiere ja jetzt schon dafür, dass Hollywood - nö, streich Hollywood, die können nix - dass dir Asia Media die Geschichte abkauft und verfilmt.

Freu mich schon auf mehr erheiternde, nachdenklich stimmende und unterhaltsame Stunden mit den vieren - äh sechsen plus Nachwuchs halt ^^.
Von:  Misano
2009-04-18T10:25:31+00:00 18.04.2009 12:25
Colt und Fireball als Gaststättenwirte. Tja, wer nix wird, wird Wirt! *ggg*
Ich finde die Idee jedenfalls witzig und die Szene mit Chily und Saber in der Küche ist heiß! ^^


Zurück