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Dämonisch

von

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Abschluss

Abschluss

Der nächste Tag begann ohne nennenswerte Besonderheiten. Nach einem schnellen Frühstück suchten Naru, Mai und Lin zwar die Klientin auf, konnten aber keine Neuigkeiten in Erfahrung bringen. Die junge Kurtisane, die in den Vorfall verwickelt gewesen war, wachte auf sobald man sie von dem Grundstück hinunter getragen hatte und konnte sich an den gesamten Abend nicht mehr erinnern, während sich der darin verwickelte Freier tatsächlich als ein Profi-Boxer entpuppte. Aber durch den hohen Alkoholkonsum waren auch seine Erinnerungen wenig brauchbar, ganz davon abgesehen, dass er das Bordell so früh wie möglich verließ und sich als nicht bereit erklärte, weiter in die Sache verwickelt zu werden. Tatsächlich waren die einzig vernünftigen Angaben Mais eigene Schilderungen des Vorfalls, was größtenteils Frustration im SPR-Team nach sich zog.
 

Während Naru und Lin noch einmal die Temperaturmessungen des letzten Abends überprüften, war Mai einmal mehr arbeitslos. Stirnrunzelnd und träge starrte sie aus dem Fenster und wünschte sich in ihrer Langeweile, wenigstens einen kleinen Spaziergang machen zu können.

Aber da Naru dank der Vorfälle des letzten Abends schlicht nicht damit einverstanden war, sie ohne Schutz durch das Gebäude laufen zu lassen und Risa und Gene auf den ansässigen Geist angesetzt waren, hatte er nach längerer Zeit wieder den Chef heraushängen lassen und sie dazu verdonnert in seiner Nähe zu bleiben.
 

Das war doch wirklich zum verrückt werden! Da war wenigstens einmal kein Geist hinter ihr her, der sie umbringen wollte, und dann musste sie erst in der Basis bleiben wegen der anwesenden lebenden Personen.
 

„Mai, Tee.“ Wurden ihre Gedanken abrupt unterbrochen. Seuftsend stand sie auf, um Naru das gewünschte Gut zu bringen. Wenigstens eine kurzweilige Ablenkung in dieser zähflüssigen Langeweile. Aber nach der Teezubereitung verfiel sie wieder in diesen wachkomatösen Zustand.
 

Frustriert stöhnend lehnte sie sich an die nächste Wand und starrte zur Decke. Und starrte und starrte- und irgendwann war die Decke einfach weg. Sie blinzelte verwirrt. Sie saß in seltsamer Schwärze- und buchstäblich im Nichts. Sie spürte den Untergrund auf dem sie saß, aber als sie hinabblickte war dort kein Boden. Als würde sie mitten auf einer Glasscheibe über einer endlosen bodenlosen Schlucht sitzen- aber ohne die Ränder zu sehen. Fast wie eine Schlucht, die sich in allen Richtungen ausweitete. Wenn sie versuchte, etwas Genaues zu erkennen, wurde ihr nur schwindlig dabei. Überhaupt war es, als würden an ihren Gelenken ein paar Gewichte hängen. Es wäre wohl ganz schön anstrengend, würde sie versuchen aufzustehen. Sie schüttelte den Kopf und sah wieder nach Oben. So etwas Ähnliches hatte sie schon bei ihren wirren Träumen mit Gene gesehen- nur war er da in einer Art Zwischenreich, zwischen den Lebenden und den Toten gefangen. Nun war er das nicht mehr, was die Frage aufwarf, was genau SIE hier eigentlich tat. Sie hatte bisher immer angenommen, dass sie diese Zwischenwelt nur durch die ungewöhnlich starke Verbindung zwischen den Zwillingsbrüdern erreichen konnte, die sie eben instinktiv aufgespürt hatte.
 

Aber Gene war, wie gesagt, nicht mehr hier.

„Hallo.“ Hörte sie eine schüchterne Stimme neben sich sagen und sie fuhr erschrocken herum.

Neben ihr saß eine junge, durchaus attraktive Frau. Sie hatte lange schwarze Haare und dunkle Augen, außerdem trug sie einen recht edlen Kimono. Und sie saß neben ihr und lächelte sie zaghaft an. Also lächelte Mai, trotz ihrer Verblüffung, ebenso zaghaft zurück und erwiderte die Begrüßung.
 

Dann sagten beide erstmal nichts mehr.

„Ich bin Mai.“ setzte das Mädchen nach einem langen, unangenehmen Schweigen an.

„Und du?“ fragte sie nach einer weiteren Pause, als das fremde Mädchen nicht antwortete. Diese biss sich unangenehm berührt auf ihre Unterlippe.

„Ich weiß es nicht mehr.“ gestand sie geknickt.

„Oh. Das tut mir Leid.“ erwiderte Mai und kam sich wie ein unsensibler Trottel vor.

„Das muss es nicht. Es ist nur ein Name.“ sagte sie sofort und lächelte schwach.

„Hast du mich hier her geholt?“ fragte Mai zaghaft weiter.

„Nein, du bist von alleine gekommen. Allerdings glaube ich, dass du meiner Präsenz gefolgt bist.“

„Aha. Und warum bin ich hier?“

„Ich dachte, das kannst du mir sagen. Schließlich sucht ihr ja nach mir, nicht ich nach euch.“
 

Mai runzelte verwirrt ihre Stirn und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen und den beginnenden Kopfschmerz zu ignorieren.

„Du hast also mitbekommen, dass Risa und Gene versucht haben, Kontakt zu dir aufzunehmen?“ fragte Mai weiter.
 

Der Geist zuckte nur mit den Schultern.

„Sie und die anderen auch, ja. Aber das betrifft mich schon lange nicht mehr. Ich habe die Welt der Lebenden schon so lange verlassen- es gibt kaum etwas, was mich hier noch erreicht.“

„Aber du greifst ein, wenn einer Kurtisane in der aufgehenden Sonne Gefahr droht.“ stellte Mai klar.

„Ja. Das schon.“ gab das Mädchen zu.

„Warum?“

„Naja… ich kann mich nicht mehr an besonders viel aus meinem Leben erinnern. Aber an meinen Tod erinnere ich mich noch sehr genau- und niemand sollte so sterben wie ich, wenn ich es verhindern kann.“
 

Schon wieder ein Fettnäpfchen- vielleicht sollte sie einfach die Klappe halten und aufwachen.

Die junge Frau beobachtete Mais schuldbewusste Mine mit gewissem Amüsement.

„Willst du mich gar nicht Fragen, wie ich gestorben bin?“ fragte sie, während ihre Mundwinkel verdächtig zuckten.

„Ich… ich weiß nicht… es steht mir nicht zu.“
 

Tatsächlich lachte der Geist leise.

„Ich war eine Kurtisane. Und ich arbeitete in dem Bordell, aus dem aus du mich aufgespürt hast.“ Sie zuckte mit den Schultern, als wäre es die Geschichte einer anderen Person und nicht ihre eigene.

„Ich war jung, dumm und unerfahren. Ein Mann wurde wütend- eine professionelle Kurtisane hätte ihn gewiss unter Kontrolle gehabt, aber ich war einfach nicht geeignet für diese Art von Arbeit. Er schlug mich so lange, bis er meine Seele regelrecht aus meinem Körper hinausgeprügelt hatte.“ schloss sie genau so ungerührt wie zuvor, während Mai entsetzt ihre Hände vor dem Mund zusammenschlug.
 

Beide schwiegen wieder einen Moment, bevor Mai sich dazu aufraffte weiterzusprechen.

„Deswegen versetzt du die Kurtisanen in Tiefschlaf, wenn die Situation anfängt außer Kontrolle zu geraten. Damit niemand so sterben muss wie du.“ flüsterte Mai heiser.

„Ja. Aber weißt du, du kannst dir dein Mitleid sparen. Ich bin losgelöst von meinem früheren Leben. Einzig die Tatsache, dass ich ab und zu in das Geschehen des Bordells eingreife, bindet mich noch an die Welt der Lebenden. Vor allem jetzt wieder, weil in den letzten paar Jahren viele unerfahrene Mädchen hinzugekommen sind, die ebenso ungeeignet sind wie ich es damals war.“
 

Mai nickte verstehend.

„Deshalb fallen sie sofort in Ohnmacht, wenn sie das Gelände wieder betreten. Um sie fern zu halten.“

Wieder lächelte der Geist.

„Genau.“
 

Mai schwieg einen Moment und dachte über das Gespräch nach, während sich der Kopfschmerz mittlerweile schon unangenehm verstärkte. Trotzdem griff sie den Gesprächsfaden wieder auf.

„Weißt du eigentlich, dass das Bordell Probleme hat, wegen der ganzen mysteriösen Ohnmachtsanfälle?“

Der Geist sah einen Moment überrascht auf.

„Nein. Aber das lässt sich wohl schlicht nicht ändern, schließlich kann ich die Frauen nicht einfach sterben lassen.“
 

Mai verkniff sich den Kommentar, dass nicht alle aggressiven Freier eine Kurtisane sofort zu Tode prügeln würde. Ein blaues Auge vielleicht- aber sie war sich relativ sicher, dass Todprügeln wohl nicht so häufig vorkam. Trotzdem versuchte sie Argumente zu finden, die der Geist auch akzeptieren würde- schließlich wollte sie die Kurtisanen ja eigentlich nur beschützen.
 

„Aber du könntest auch einfach die Angreifer in Tiefschlaf versetzen und nicht die Mädchen.“ schlug Mai deshalb vor. Einen Moment entgleisten dem Geist die Gesichtszüge.

„Würde das nicht umso mehr Probleme machen?“

„Nein. Er hat dann eben einfach zu viel Alkohol erwischt und ist eingeschlafen. Immerhin bewirkst du ja auch bei den Mädchen eine Gedächtnislücke.“
 

Ein breites Grinsen schlich sich auf die Züge der jungen Frau.

„Dafür, dass du so naiv wirkst, bist du ziemlich gerissen.“ stellte sie fest.

„Der Umgang mit Naru färbt ja doch irgendwie ab.“ murmelte Mai bei sich, um dann im nächsten Moment rot anzulaufen. Allerdings ignorierte der Geist den letzten Kommentar.

„Es wäre vielleicht eine Möglichkeit. Aber nicht nur, schließlich sollen die Mädchen sich vom Bordell ebenfalls fern halten, da sie nicht dazu geeignet sind.“

Mai seuftste nur leise und rieb sich die Stirn.

„Du kannst sie nicht vor sich selbst retten. Sie würden wahrscheinlich einfach in irgendeinem anderen Bordell anfangen, wo die Bedingungen möglicherweise sogar bei weitem schlechter sind als hier. Und wo kein Geist ihnen zu Hilfe kommt, wenn ihnen die Situation entgleist.“
 

Wieder schwieg die ehemalige Kurtisane und schien nachzudenken.

„Also soll ich sie deiner Meinung nach einfach weiter machen lassen? Obwohl sie unter Umständen eine Gefahr für sich selbst wären?“

„Wie gesagt, eine Gefahr für sich selbst sind sie sowieso. Du kannst dich nur entscheiden, ob du sie in deiner Nähe hältst oder nicht. Außerdem sagtest du, es fehlt an Erfahrung. Das schließt ein, dass sie Zeit zum lernen brauchen. Niemand wird mit Erfahrung geboren.“
 

Die Kurtisane schwieg und betrachtete sie mit einem seltsamen Ausdruck.

„Du bist viel weiser als du wirkst.“ stellte sie schließlich fest.

„Naja… ich habe auch meine lichten Momente.“ schloss Mai leicht grinsend. Vielleicht war sie ja mit Kopfschmerzen klüger als sonst, immerhin hatte der Geist sie innerhalb eines kurzen Abstandes zuerst als gerissen und dann als weise bezeichnet.
 

Auch die Kurtisane lächelte schwach und kam zu einem Entschluss.

„Also gut. Ich werde in Zukunft die Freier einschlafen lassen und nicht die Mädchen. Immerhin hast du in dem Punkt recht, dass sie wahrscheinlich einfach wo anders arbeiten würden.“
 

Mai lächelte zufrieden. Da würde Naru Augen machen, wenn sie ihm auf die Nase band, dass sie ihm den Fall vor seiner Nase völlig ohne seine Hilfe weg-gelöst hatte. Und zwar ohne dass der Geist versucht hatte, sie umzubringen. Schade nur, dass die Kurtisane hier weiterhin in dieser Zwischenwelt sitzen würde…

„Kann ich dir vielleicht noch irgendwie helfen? Dich vielleicht aus dieser Zwischenwelt befreien oder so?“

Zumindest konnte sie es ja einmal versuchen…
 

Die Kurtisane kicherte vergnügt.

„Danke für das Angebot. Aber du scheinst irgendwie anzunehmen, dass ich nicht von alleine hier weg könnte.“

„Oh…ähm… tschuldige.“ stammelte Mai hochrot. Von wegen Weisheit- gerade hatte sie wieder mal bewiesen, dass sie nicht unbedingt die größte Leuchte am Himmel war. Aber Gene hatte doch auch nicht alleine weggekonnt…? Egal… Irgendwie fühlte sie sich gerade ziemlich miserabel. Die Kopfschmerzen waren wirklich ganz schön stark geworden.

„Du hast deine Grenze erreicht. Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann wieder.“ meinte die junge Kurtisane, bevor sie einfach verblasste und die Basis wieder auftauchte- wenn auch ziemlich verschwommen. Und die Welt schien sich außerdem ein wenig zu drehen…
 

Verwirrt blinzeln wollte sie sich aufrichten, aber ihre Glieder klappten unter ihr zusammen. Desorientiert und mit einer offensichtlichen Gedächtnislücke versuchte sie, die Basis wieder klar zu erfassen. Was war gerade noch einmal passiert? Irgendein wirrer Traum… Sie war wohl eingeschlafen- und zwar in einer ziemlich unangenehmen Position, was auch ihren schmerzenden Nacken erklärte. Und die Kopfschmerzen. Himmel, ihr war ziemlich übel. Als hätte sie ein paar Runden auf einer Achterbahn hinter sich. Irgendetwas Wichtiges war passiert… nur was? Wo war sie nocheinmal gewesen…? Irgendetwas mit Dunkelheit. Und ein Gespräch. Mit einem Mal fiel es ihr wieder ein und sie sprang sofort auf, schwache Beine hin oder her.

„Naru! Ich muss dir unbedingt… huch!“

Sie hatte die Drehung des Zimmers unterschätzt und landete unsanft auf dem Boden. Irgendwie zitterte sie auch am ganzen Körper- und dann wurde es wieder schwarz.
 

Als sie das nächste Mal aufwachte, lag sie in einem Bett. Verwirrt starrte sie auf die Zimmerdecke und fragte sich, was da gerade passiert war. Außerdem schmerzte ihr Kopf als hätte sie ihn stundenlang gegen eine Wand geschlagen. Sie schloss die Augen und entschied sich dafür, sich erstmal lieber nicht zu bewegen.
 

„Wie geht es dir?“

Naru?! Wieder besserem Wissen fuhr ihr Kopf herum, was sie sogleich bereute. Stöhnend presste sie eine Hand an ihre Stirn.

„So gut also.“ war sein trockener Kommentar.

„Was ist passiert?“ fragte sie verwirrt.

„Ich hatte gehofft, dass du mir das sagen könntest. Du bist Mal wieder eingeschlafen. Als du aufwachtest, bist du aufgesprungen und hast meinen Namen gerufen. Dann bist du in Ohnmacht gefallen.“

Er runzelte die Stirn.

„Lin meinte, du hast deine Kräfte überanstrengt.“ setzte er nach.
 

Seuftsend massierte Mai ihre schmerzende Stirn.

„Ich habe den Geist getroffen. Aber was daran meine Kräfte überanstrengt, verstehe ich nicht.“

Naru nickte kurz und verstehend. Offensichtlich konnte er mit dieser Information mehr anfangen als sie selbst…

„Wie auch immer, ruh dich erstmal aus. Alles andere können wir auch später besprechen.“

Mai nickte, nur um kurz darauf vor Schmerz zusammen zu zucken. Als Reaktion darauf spürte sie, wie Naru sanft über ihre Stirn strich.

„Schlaf. Ich kann dir aus eigener Erfahrung versichern, dass es dir dann bald besser geht.“

Ein schwaches Lächeln zuckte um ihre Lippen, bevor sie erneut in angenehme Schwärze hinabsank.
 

Als sie das nächste Mal aufwachte, fühle sie sich schon um Welten besser. Die Kopfschmerzen waren verschwunden und das Zimmer blieb die meiste Zeit auf seinem Platz.

Kaum zwei Minuten wach, kam auch schon wieder Naru in das Zimmer.
 

„Morgen. Wie geht es dir?“

„Gut. So ziemlich jedenfalls.“

„Dann kannst du mir ja erzählen, was genau passiert ist.“ meinte er stirnrunzelnd.

„Eigentlich nicht wirklich viel.“
 

Kurz umriss sie die Geschehnisse, während Naru aufmerksam zuhörte und dann wieder verstehend nickte. Anscheinend schien er, im Gegensatz zu ihr, wirklich zu wissen was da passiert war.

„Am Ende bin ich wieder aufgewacht, nur um gleich darauf umzufallen. Aber warum genau hat mich das überanstrengt?“

„Das hat mehrere Gründe. Einer davon war sicherlich, dass du nur am Abend davor einen ausgewachsenen Menschen zum ersten Mal vollständig übernommen hast. Das hat dich geschwächt. So sehr, dass die Reise in die Zwischenwelt dich überanstrengt hat.“

Mai runzelte die Stirn.

„Ich habe oft Gene gesehen. Und das hat mich nie auch nur angestrengt.“

Naru hob nur einen Zeigefinger.
 

„Gut, dann lass mich ausführlicher erklären. Um in die Zwischenwelt zu gelangen folgst du einer Verbindung, einem sogenannten Link. Bei Gene bist du unserer ungewöhnlich starken Verbindung gefolgt, zusätzlich zu der Tatsache, dass ich noch unter den Lebenden weile und er nicht, was den Link zwischen den beiden Ebenen zusätzlich gestärkt hat.

Unser Link ist folglich ungefähr mit einer fünfspurigen Autobahn zu vergleichen. Leicht zu finden und leicht zu folgen.
 

Diesmal aber hattest du kaum einen Link, dem du folgen konntest. Die tote Kurtisane hatte keinen mehr auf der anderen Seite, der einen zu ihr aufstellen konnte. Ein Link zwischen einem lebenden und einem Mal am leben gewesenen Subjekt ist nämlich tausendmal stärker als zwischen einem Objekt und einem Geist.

Der kaum vorhandene Link, dem du gefolgt bist, war zwischen dem Geist und diesem Ort hier. Also Objekt und Subjekt. Noch dazu ist die Kurtisane fast vollständig losgelöst von ihrem früheren Leben, was den Link nochmals geschwächt hat. Wenn der Link zwischen mir und Gene eine fünfspurige Autobahn ist, war dieser hier vielleicht höchstens ein Trampelpfad, der ab und zu Mal im Nichts endet, bevor er ein Stück entfernt wieder auftaucht. Ich würde sagen, das überraschende ist nicht, dass deine Kräfte überanstrengt wurden, sondern dass du überhaupt in der Lage warst, sie soweit einzusetzen.“
 

Mai schwieg verwirrt, während das Zimmer wieder anfing sich zu drehen. Aber eine Frage beschäftigte sie doch noch.

„Warum waren Gene und Risa nicht in der Lage, die Kurtisane zu finden?“

Er zog eine Augenbraue in die Höhe.

„Mai… Im Gegensatz zu dir ist es nahezu unmöglich, diese Zwischenwelt zu betreten oder sie wieder zu verlassen. Und nach belieben schon gar nicht. Nicht jeder platzt so ungehindert hinein und verschwindet wieder wie du. Sogar für Geister ist es unglaublich schwierig bis nahezu unmöglich diese Grenze zu überschreiten.“
 

„Und warum kann ich das dann?“

„Weil du etwas Besonderes bist.“ erwiderte er schlicht.

Sie glotzte ihn verdutzt an.

„Sieh Mal, ich habe mit meinen Fähigkeiten sowohl Dämonen als auch einen Gott zur Strecke gebracht. Und trotz all meiner Fähigkeiten und meinem Link zu Gene konnte ich ihn nicht erreichen. Ich konnte ihn nicht einmal spüren, geschweige denn Kontakt zu ihm aufnehmen, obwohl unser Link sogar stark genug war, um ihn an die Welt der Lebenden zu ketten. Du hingegen wusstest nicht einmal, dass es ihn gibt, und bist einfach so ab und zu Mal in die Zwischenwelt gereist. Bei allem, was mir schon an Paranormalitäten untergekommen ist, so etwas habe selbst ich noch nicht gesehen.“
 

Mai schwieg verblüfft.

„Und ich dachte immer, meine Fähigkeiten währen bestenfalls mittelmäßig.“

Naru schnaubte.

„Ich würde sagen, sie sind jenseits von Mittelmäßig. Diese ganzen Zwischenweltreisen einmal ausgeklammert ist es jenseits von Mittelmäßig, in deinem alter schon so starke Kräfte zu haben, um einen ausgewachsenen Menschen kontrollieren zu können. Die meisten Leute mit PK-LT können gerade Mal Frösche vollständig übernehmen. Es gibt kaum Leute, die höher entwickelte Säugetiere schaffen. Und Menschen dann schon gar nicht.“
 

Unwillkürlich wurde sie rot. Zwar versuche sie, einen halbwegs geistreichen Kommentar von sich zu geben, aber ihr fiel beim besten Willen nicht ein, was sie sagen sollte. Vor allem wenn sie bedachte, von wem die Einschätzung über ihre Fähigkeiten kam. Naru war nun wirklich nicht leicht zu beeindrucken und wenn es um unglaubliche, eigentlich nicht menschenmögliche paranormale Fähigkeiten ging, brauchte er nur in den Spiegel zu sehen.
 

„Nun, unglaubliche Fähigkeiten hin oder her, du hast unseren Fall wohl somit abgeschlossen.“ meinte Naru nach einer kurzen Gesprächspause, in der Mai immer noch verwirrt ihren eigenen Gedanken nachgehangen war.

Das brachte sie wieder in die Realität und sie grinste.

„Stimmt. Und diesmal hab ICH ihn gelöst- ganz allein.“ rieb sie ihm genüsslich unter die Nase.

Naru zog die Augenbrauen zusammen.

„Das finde ich eigentlich auch nur adäquat, in Anbetracht der Tatsache, dass du diesen Fall unbedingt annehmen musstest. Ich dachte, als ich mich dazu entschieden habe hier zu bleiben, habe ich dir klar gemacht, dass wir nurnoch auf deine Träume setzten.“
 

Touche. Er ließ sich wohl nicht so leicht Dinge unter die Nase reiben. Vor allem hatte er- schon wieder- recht. Er war nur hier geblieben, weil er sie nicht alleine auf dem Grundstück hatte zurücklassen wollen. Und das hatte er eigentlich auch klar und deutlich gesagt- weil sie ja weder Kameras aufstellen konnten, noch irgendwelche Aktivitäten verzeichnet wurden. Und nicht einmal er hatte vorgeschlagen, dass sie es mit ihren Träumen versuchte- das hatte sie auch selbst getan. Nein, er hatte ihr davon sogar abgeraten.
 

„Nichts desto Trotz bin ich froh, hier wieder weg zu kommen.“ gestand er ein.

„Akemi ist nett, aber trotzdem bin ich auch froh, dieses Bordell wieder zu verlassen. Irgendwie hab ich mir den Fall anders vorgestellt, als wir ihn angenommen haben.“ stimmte Mai zu.

„Ich dachte, der Klientin würde ein Kimonoladen gehören.“ gab Naru zu.
 

Mai starrte ihn verdutzt an.

„Du auch?“

Auch Naru sah Mai verdutzt an.

„Du hast auch gedacht, dass wir in einem Kimonoladen untersuchen?“ stellte er die Gegenfrage.

„Ja. Weil sie so einen schönen Kimono anhatte…“
 

Sie grinste.

„So was, dass wir mit unseren Gedanken Mal auf einer Wellenlänge waren…“

„Kommt wohl nicht so häufig vor.“
 

Beide wurden durch ein Magenknurren unterbrochen, worauf Mai sofort wieder rot anlief.

„Kannst du aufstehen und essen gehen, oder soll ich dir etwas bringen?“ fragte Naru ungewohnt hilfsbereit- noch dazu ohne sie aufzuziehen.

„Ich glaube, ich kann aufstehen.“ nuschelte sie verlegen.

„Überanstreng dich nicht. Wir haben alle Zeit der Welt- die Klientin hat sich nämlich unendlich oft entschuldigt und uns zugesichert, dass wir so lange bleiben können wie wir wollen, als sie von deinem Zusammenbruch erfahren hat. Weiters hat sie darauf bestanden, einen Arzt zu rufen und die Rechnung zu bezahlen.“

„Oh… das ist… nett. Trotzdem würde ich langsam gerne wieder nach Hause…“

„Ich würde vorschlagen, nach dem Essen. Ich gebe Lin derweil bescheid, dass wir schon Mal das Equipment abbauen- so wenig wie das ist, müssten wir fertig sein, wenn du gegessen hast.“
 

Sie nickte und stand langsam auf, während sie befriedigt feststellte, dass ihre Beine ihr Gewicht ohne nennenswerte Probleme tragen konnte und die Zimmerwände wieder an ihrem Platz blieben.

„Ach, und die Klientin wollte dich noch einmal sehen. Ich bin sicher, dass du auch bei ihr etwas zu Essen bekommst. Währenddessen kannst du sie auch gleich vom Abschluss des Falles informieren. Nachdem du deinen Fall ja -ganz alleine- gelöst hast, kannst du es ihr auch gleich erzählen.“ meinte er mit einem kaum wahrnehmbaren neckischen Grinsen.
 

Bevor Mai irgendwie darauf reagieren konnte, war er auch schon verschwunden. Mit offenem Mund starrte sie ihm hinterher und wusste nicht, ob sie lachen oder schimpfen sollte. Sie entschied sich dann für lachen. Nun… das mit dem unter die Nase reiben hatte ja wirklich nicht gut geklappt. Sie hatte nicht erwartet, dass er die Tatsache so leicht und humorvoll aufnahm- sie sogar mit ihrem Versuch, ihn ein wenig zu ärgern, aufzog.
 

Immer noch kopfschüttelnd zog sie sich schließlich an und machte sich auf den Weg zur Klientin.

Zwar musste sie sich durchfragen, trotzdem saß sie ihr nur wenige Minuten später schon gegenüber, vor einer traditionell japanischen Mahlzeit, die, wenn sie so schmeckte wie sie roch, einfach himmlisch sein musste. Nach dem ersten Bissen stellte sie fest, dass das Essen sogar noch besser schmeckte als es roch. Trotzdem stopfte sie sich lieber nicht allzu voll, da sie nicht wusste wie viel ihr Magen schon vertrug.
 

Was die Klientin anging, hatte Naru Recht gehabt: Sie entschuldigte sich endlos und schien ein furchtbar schlechtes Gewissen zu haben, während Mai ihr möglichstes tat, um ihr zu versichern, dass sie keine Schuld trug und sie ihr nicht böse war.

Um sie abzulenken erzählte sie ihr schließlich vom Abschluss des Falles, was aber nur dazu führte, dass zu den endlosen Entschuldigungen auch Dankbarkeit dazu kam.

„Mai-san, bitte lass mich dir als Zeichen unserer Dankbarkeit ein kleines Geschenk geben.“

„Es ist wirklich nicht nötig…“ setzte Mai an, wurde aber unterbrochen.

„Bitte, es ist mir und den anderen Mädchen wirklich ein Anliegen. Nach all den Unannehmlichkeiten ist das das Mindeste!“
 

Mai seuftste leise und gab den Widerstand auf. Zwar waren das im Vergleich zu ihren anderen Fällen eigentlich nicht wirklich Unannehmlichkeiten- immerhin war sie diesmal in keinen Brunnen gezerrt worden, und ihr war bisher auch nicht der obere Stock des Hauses auf den Kopf gefallen. Mal ganz davon Abgesehen, dass sie nicht von Zombies eingekreist und von Dämonen verfolgt worden, oder von einer Lawine verschüttet worden war… Aber was sollte es. Wenn sie sich besser fühlte, sollte die Klientin ihr doch was schenken.
 

Die Kurtisane machte ein Handzeichen, worauf eines der Mädchen einen Karton brachte.

„Ich hoffe, dass du noch viel Verwendung dafür haben wirst.“ meinte sie mit einer anmutigen Verbeugung, bevor sie den Karton vor Mai ablegte.

Diese starrte ihn unsicher an, bevor sie ihn zu sich zog und den Deckel aufklappte. Und dann blieb ihr der Atem weg. In der Schachtel lag ein purpurroter Kimono, mit einem filigranen Muster aus verschlungenen Blumen und Phönixen aus gold. Dazu ein ebenso kunstvoll gemusterter goldener Obi. Der musste ja ein Vermögen wert sein.

Mehrmals versuchte sie, zum Sprechen anzusetzen, brachte aber keinen Laut hervor.

Erst nach einer Weile konnte sie wieder etwas sagen.

„Das… das ist ein zu wertvolles Geschenk.“ krächzte sie leise.

„Das kann ich nicht annehmen.“
 

Die Kurtisane lächelte schwach.

„Mai-san, dies hier ist ein Nobel-Bordell. Der Kimono ist bei dem, was wir hier einnehmen, ein recht kleines Geschenk.“

Die Tatsache, dass sie diesen phänomenalen Kimono als kleines Geschenk bezeichnete, ließ ihr wieder die Luft wegbleiben.
 

„Möchtest du ihn nicht anprobieren?“

Und wie sie ihn anprobieren wollte! Aber sie konnte doch nicht einfach so…

Die Kurtisane lächelte nur und klatschte einmal, worauf zwei Mädchen ins Zimmer kamen und um sie herum wuselten. Und bevor sie alles bewusst realisiert hatte, stand sie schon in Unterwäsche da, während die Mädchen anfingen sie anzukleiden.

Dabei waren sie so flink, dass Mai nicht einmal zum Rotwerden genügend Zeit blieb.
 

Kurze Zeit später stand sie völlig sprachlos vor einem Spiegel und starrte den Kimono an. So etwas schönes- und teueres- hatte sie mit absoluter Sicherheit noch nie getragen. Das war mindestens doppelt so viel Wert, als alles, was sie in ihrer Wohnung hatte, zusammen. Mehr. Das 10-Fache? Oder gar noch mehr? Jedenfalls gab es diesen Kimono ganz sicher nicht an der Stange.

„Gefällt er dir?“ fragte die Kurtisane neugierig.

Mai schaffte nur ein schwaches nicken. Am liebsten würde sie ihn nie wieder ausziehen- aber dann meldete sich die Vernunft wieder. Das hier war ein Festtags-Kimono. Und deshalb sollte sie ihn wieder ausziehen, bevor sie ihn noch beschädigte. Dieses Kleidungsstück war schlicht und einfach nichts für den Alltag- dafür war er auch viel zu pompös.
 

Eine Weile betrachtete sie ihn noch verträumt, bevor sie sich wieder zaghaft an ihre Klientin wandte.

„Er ist wirklich wunderschön. Aber ich weiß nicht, ob ich so ein teures Geschenk annehmen kann.“

„Er ist nur ein Bruchteil dessen, was wir hier an einem Abend verdienen. Nimm es als Bezahlung für deinen Abend, an dem du hier gearbeitet hast.“

Mai lächelte schwach.

„Wirklich, ich danke Ihnen sehr. Und er ist wirklich schön, aber ich würde ihn jetzt gerne wieder ausziehen. Er ist einfach viel zu prächtig, um ihn im Alltag zu tragen.“

Die Mädchen halfen ihr auch wieder dabei, den Kimono auszuziehen, was sehr viel schneller als das ankleiden ging. Als sie wieder in ihren normalen Sachen vor dem Spiegel stand, fühlte sie sich doch irgendwie wohler. Da hatte sie nicht so viel Angst, etwas kaputt zu machen.
 

Die Kurtisane hingegen lächelte freundlich, während Mai überlegte, wie sie jetzt wohl am Besten den Abschied einleitete, ohne Unhöflich zu wirken. Immerhin war Naru mit dem Equipment wohl schon fertig- wahrscheinlich würde er, da er Mai die Aufklärung überlassen hatte, auch einfach so wieder abfahren… zumindest wäre es möglich.

Die Klientin schien ihren Zwiespalt zu bemerken, da sie ohne Umschweife den ersten Schritt machte.

„Ich würde mich freuen, wenn du uns Mal wieder besuchen kommst. Natürlich tagsüber, ganz ungezwungen.“

„Danke. Ich- ich würde mich auch freuen.“ erwiderte Mai verwirrt.

„Dann ist das hier kein Lebe Wohl, sondern nur ein auf Wiedersehen.“

Mai verbeugte sich und lächelte.

„Auf Widersehen.“
 

Ein leises Klopfen unterbrach ihren Abschied und Akemi kam herein.

„Ach, da hätte ich doch fast etwas Wichtiges vergessen.“ meinte die Klientin augenzwinkernd und ließ die beiden jungen Frauen alleine.

„Ich habe von deinem Freund gehört, dass ihr abreist?“ fragte Akemi.

„Ja, der Fall ist beendet. Jetzt geht es wieder ab nach Hause.“

„Dann komm mich doch Mal besuchen. Ich würde mich wirklich freuen, dich noch einmal zu sehen.“

Mai lächelte.

„Ich denke, dass werde ich wirklich tun.“

Akemi grinste sie breit an, bevor sie sie freundschaftlich umarmte.

„Na dann würde ich sagen, man sieht sich. Dann können wir auch deinen Unterricht fortsetzen.“ setzte sie Augenzwinkernd nach.

„Übrigens soll ich der zwei Dinge ausrichten: Erstens, dein Team ist Abmarschbereit und wartet schon beim Auto auf dich. Zweitens, Tadao Maki, der berühmteste Architekt den Japan zu bieten hat, ist hier und hat nach einer Tanyama Mai gefragt. Willst du ihn treffen?“

„Was? Wieso… ich meine… was will er denn von mir?“

„Er hat ausdrücklich gesagt, dass er nur kurz mit dir sprechen möchte. Außerdem hat er eingeworfen, dass er sich dafür entschuldigt nur sehr wenig Zeit zu haben. Aber er meinte es wäre ihm wirklich ein Anliegen.“

„Meinst du… er ist aber kein…Freier…oder?“

„Wohl nicht. Er wäre dann wohl erst am Abend gekommen, und nicht in der Früh.“

„Aber was will er denn dann von mir?“

„Ich schlage vor, das fragst du ihn selbst.“
 

Zögerlich nickte sie schließlich und hob den Karton mit ihrem neuen Kimono auf, bevor sie Akemi folgte, die sie zu einem nahe gelegenen Zimmer führte.

Verwirrt, wie ein Star-Architekt an ihren Namen kam, wie er herausgefunden hatte wo sie gerade war und was er von ihr wollte, trat sie schließlich in das Zimmer.

Darin saß bereits ein etwas älterer Herr und schaute auf, als sie eintrat. Er hatte einen unglaublich bekümmerten Gesichtsausdruck.

„Tanyama Mai, nicht wahr?“ fragte er leise.

Sie nickte verirrt.

„Bitte, setz dich doch.“

Schweigend tat Mai wie geheißen und setzte sich ihm gegenüber, während der Herr noch einmal tief durchatmete.

„Diese Situation ist nicht leicht für mich. Ich weiß auch nicht, wie ich am Besten anfangen sollte.“ fing er an.
 

Mai schwieg nur, gleichermaßen verwundert wie verwirrt. Sie würde ja den Anfang machen- wenn sie nur die leiseste Ahnung hätte, worum es eigentlich ging. So aber konnte sie nur abwarten.
 

„Nun gut- ich kannte deine Eltern. Beide. Genau genommen war ich recht gut mit deinem Vater befreundet und Junko- nun, genau genommen war Junko meine erste Liebe. Aber das ist nebensächlich. Jedenfalls, deine Eltern und ich haben uns aus den Augen verloren, als ich ins Ausland ging. Ich habe seit Jahren nichts mehr von ihnen gehört. Nur, um gestern von einem guten Freund in dieses- nun ja- Etablisment geschleppt zu werden, und dort ihre einzige Tochter als Prostituierte vorzufinden.“
 

Er schloss die Augen, während Mai ihn erstaunt anglotzte.

„Hätte ich gewusst, dass sie ums Leben gekommen sind und du in solchen Geldnöten steckst, um deinen Körper zu verkaufen- ich schwöre dir, ich hätte dir meine Hilfe schon früher angeboten. So tue ich es wenigstens jetzt. Ich werde dir finanziell so weit unter die Arme greifen, dass du nicht mehr gezwungen bist, als Prostituierte zu arbeiten. Das bin ich deinen Eltern schuldig.“
 

Mai war während des Gesprächs knallrot angelaufen.

„Ich… Maki-san, ich fürchte, das ist ein Missverständnis. Ich arbeite nicht in diesem Bordell.“

Er sah sie verblüfft an.

„Aber ich habe dich gestern gesehen.“
 

Mai biss sich auf die Lippen und überlegte, was sie sagen konnte.

Mit: „Ich arbeite bei einem Geisterjäger, bin nur hier um einen Geist zu vertreiben, der sich als sehr freundlich und kooperationsbereit erwiesen hat“ würde er sie für verrückt halten.

Nun gut- sie konnte es ja umschreiben.

„Mein- mein Arbeitgeber wurde engagiert um seltsame Vorfälle in diesem Bordell zu untersuchen. Ich bin seine Assistentin und habe mich zu Untersuchungszwecken unter die Kurtisanen gemischt, dabei aber nur Getränke serviert. Nachdem ich aber bedrängt wurde, haben wir den Versuch abgebrochen.“

„Du arbeitest also nicht hier.“ versicherte er sich noch einmal.

„Nein.“
 

Er atmete hörbar auf, was Mai doch leicht zum Lächeln brachte.

„Mein Angebot gilt natürlich trotzdem.“ setzte er schnell nach.

„Ich- vielen Dank, wirklich. Aber mit meinem Nebenjob komme ich wirklich gut über die Runden, zusätzlich zu dem Geld, dass ich als Waise erhalte. Ich habe eine nette, kleine, eigene Wohnung und bin zwar nicht reich, aber auch nicht arm. Ich komme schon zurecht, Maki-san.“
 

Er lächelte sie freundlich an.

„Vom Charakter her bist du deinem Vater erstaunlich ähnlich. Nun gut, ich bin wirklich erleichtert, dass sich meine Befürchtungen als falsch erwiesen haben. Ich würde mich trotzdem freuen dich einmal wieder zu sehen- und, falls du Mal wirklich in Schwierigkeiten bist, zögere bitte nicht dich bei mir zu melden.“
 

Er schob ihr eine Visitenkarte zu, die Mai lächelnd annahm.

„Ich danke für ihre Anteilnahme.“ meinte Mai und verbeugte sich.

„Wenn du mich einmal besuchen möchtest- meine Frau und meine beiden Töchter würden sich sicher auch freuen. Sie sind ungefähr in deinem Alter.“

„Eine Frage hätte ich noch, Maki-san.“

„Und die wäre?“

„Wie haben Sie mich erkannt?“

Er lächelte.

„Du bist Junko wie aus dem Gesicht geschnitten. Wirklich, vor allem die Augen hast du von deiner Mutter.“

Sie lächelte schwach.

„Gut, ich hoffe ich höre von dir, Mai-san. Natürlich nur, wenn du möchtest. Leider habe ich im Moment nicht mehr Zeit… ich bin sicher, wir könnten uns sehr viel erzählen.“

„Wahrscheinlich schon, Maki-san.“ nuschelte sie leise.
 

Und mit einer freundlichen Verabschiedung war er verschwunden und ließ eine völlig erstaunte Mai zurück. Da hatte ihr doch eben Mal Japans Star-Architekt Tadao Maki finanzielle Hilfe angeboten. Weil er mit ihren Eltern befreundet gewesen war. Davon hatte sie gar nichts gewusst- nun, es war immer wieder erstaunlich, welche Personen man so in einem Bordell antraf. Vor allem, da er erwähnt hatte, er wäre verheiratet…. Falls sie seine Familie jemals traf, erzählte sie davon besser nichts. Sonst stand wohl der Haussegen ziemlich schief.
 

Immer noch kopfschüttelnd beeilte sie sich, um zu Naru und Lin zu gelangen, damit sie nicht noch länger mit der Nachhausefahrt warten mussten.

Und während sie im Auto saß, drehte sie sich noch einmal um, nur um zuzusehen, wie die aufgehende Sonne hinter der nächsten Biegung verschwand. Vielleicht würde sie Akemis Angebot, sie einmal besuchen zu kommen, sogar annehmen. Doch, sie hatte die junge Kurtisane irgendwie ins Herz geschlossen. Allerdings nahm sie sich fest vor, nie wieder über Nacht zu bleiben.

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Soo, das wars mit dem Fall im Bordell. Bleibt nur die Frage, was wohl mit Tadao Maki weiter passiert... :P

Hoffe das Kapitel hat gefallen, obwohl diesmal eigentlich null Spannung drin war- aber es ist nun Mal nicht jeder Fall den sie annehmen lebensgefährlich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Kirika88
2011-07-04T23:10:32+00:00 05.07.2011 01:10
*sich auf zehenspitzen rein schleicht...* O,O" !!! Ohje... du hast mich erwischt... ^^" Dann muss ich ja jetzt nicht mehr leise sein xD

ICH HABS ENDLICH GESCHAFFT!!! ICH BIN HIER ANGEKOMMEN UND DARF NUN AUCH MEIN SENF ABGEBEN xD

Ein großes Sorry erst mal, dass ich so lange Zeit nicht dazu gekommen bin, mir dein neues Kapitel zur Gemüte zu ziehen! Und gleich noch ein weiteres Sorry, weil ich hier gerade so ein "Theater" abzieh... T.T
Aber das schlechte Gewissen plagt mich <.<"

Nun aber zum eigentlichen Teil:

Was soll ich groß sagen? Was ich gleich sagen werde, kannst du dir bestimmt schon denken ;-) ES war wieder ein echt SUPER Kapitel!
Warum? Einfach weil du es geschrieben hast xD Nein im ernst.
Auch wenn diesmal nicht viel Spannung dabei war, hat es dennoch großen Spass gemacht zu lesen! Da du echt sehr gut schreibst liest sich das bei dir immer schön flüssig. Und du bringst Mais Gedanken und ihren Charakter immer gut rüber! Der Humor fehlte bis jetzt noch nie! :-)
Ich musst ja lachen am Ende, als das mit dem Architekten kam xDD
Diese Szene konnte man sich auch wieder sehr gut vorstellen.

Also ich bin gespannt wie du weiter machen wirst! :-)
Ich freu mich schon! ^^ Ganz liebe Grüße, Kiri

Kleine Belohnung für dich -> http://i430.photobucket.com/albums/qq23/RAIDERSBABY_2008/CUTE%20ANIME/sushi.jpg?t=1277923850
Von: LostChild666
2011-05-24T07:29:37+00:00 24.05.2011 09:29
Ein doch sehr spannendes kapitel, mit vielen neuen Charakteren und Überraschungen. Ja, das sieht aus, als wäre all das noch lange nicht zuende und ich kann nur sehr viel spekulieren. Aber vielleicht ist Maki-san ja bald schon ihr neuer Klient? Ich lasse mich einmal überraschen.

Sprachlich wirst du merklich besser, das kann ich nur wederholen. Man merkt, dass du langsam übung hast und ich freue mich schon sehr auf dein nächstes Kapitel. Immerhin macht es besonders jetzt spaß, wo Ausdruck, Sprache und Inhalt reifer sind, die Geschichte zu lesen.

Eines noch: "wachkomatösen" - ich finde deine Wortfielfalt toll. Du benutzt keine gewöhnlichen standartausdrücke, sondern umschreibst und benutzt sehr viele Synonyme - etwas, das nicht nur dem Leser beim lesen Spaß macht, sondern auch der geschichte einen ganz besonderen Klang - eben deine Note - gibt. Damit bleibt es zwar nach wie vor "Ghost Hunt", aber es hat einen Teil deines Stils inne, ohne dabei nicht mehr "Ghost Hunt" zu sein.

ich freue mich auf weitere kapitel von dir und hoffe (trotz allem), dass deine nächsten kapitel wieder etwas mehr Exorzismus und Action verlangen, vielleicht kein Kampf bis aufs Blut, aber doch etwas gefährlicher als dieser Fall - denn wie wir wissen ist nicht jeder Geist gleich so nett und kooperativ. ;)

LG,
lostChild666
Von:  CCgirl
2011-05-21T20:53:56+00:00 21.05.2011 22:53
tolles kapi ^^
hat mir sehr sehr gefallen
kleine Mai wird gross, hat den fall ganz aleinne gelöst xD
eingach supper

warte gespannt auf den nächsten fall :3
Von: abgemeldet
2011-05-07T20:12:12+00:00 07.05.2011 22:12
pam pam paaaaaaaaaaaaaaaaam 3. :DDD
wirklich gutes kappi ^.^weiter so :DD hat mmir sehr gefallen :3
bin voll gespannt wie es mit maki-san weiter geht :D
außerdem schließe ich mich miki15 an was naru und mai angeht ^.~
gaaaaaaaaaaaaaaaaaanz libe grüßeeeeeeeeeee
yuuki0 <333
Von: abgemeldet
2011-05-03T17:34:06+00:00 03.05.2011 19:34
Wow ich bin zweite:P
Na wie immer sehr gute arbeit ich mag deinen schreibstill:)
Der Fall ist zu Ende ich bin gespannt was es so weiter passiert:P
Und ich bin fuer mehr spannung zwischen Naru und Mai...ich meine enie romantische...
Mach so weiter!!!
deine miki15
Von:  -salira-eki-
2011-04-30T17:18:32+00:00 30.04.2011 19:18
Boah das kapi war mega \(^o^)/
das hast du supi gemacht, besonders die Aufklärung des Falls war sehr gut, nicht zu kurz aber abschliessend und einleuchtend ^^
aber ich wüsste zu gerne was Tadao Maki in Zukunft noch mit Mai zu tun hat o.ô
das wird noch sehr interessant
ich freu mich schon auf das nächste kapi
mach so toll weiter

mega knuddealttacke
deine sali
p.s. erste ^v°


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