Zum Inhalt der Seite

Asche und Rosen

Luzifer x Rosiel
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Wie eine Puppe

Er vögelte ihn nicht. Er schlug ihm so plötzlich ins Gesicht, dass seine Frisur sich löste und er beinahe das Gleichgewicht verlor.

Der Schlag hallte laut wider und Rosiel riss die Augen auf, mehr vor Überraschung, als vor Schmerz.

"Was hat mich nur geritten, dich hier haben zu wollen?!", knurrte Luzifer bedrohlich und man hörte seiner Stimme an, dass er getrunken hatte. Er beließ es nicht dabei, mit ein paar Schritten war er bei ihm und riss ihm im Haar, "Billiges Flittchen", raunte er, während er seine Kleidung zerriss. "Glaubst du, sie lassen sich täuschen?"

Rosiel sog scharf die Luft ein, empört und entsetzt über diese Grobheit, mit der Luzifer ihn plötzlich vor allen Anwesenden bloß stellte.

Er spürte die Häme Belials und die schaulustigen Blicke der anderen. Er spürte, wie seine halbe Nacktheit verschlungen wurde und das erste mal hasste er es wirklich, dass man ihn so anstarrte.

"Du fühlst dich wohl besonders stark, wenn du vor deinen wertlosen Dienern-"

Eine weitere Ohrfeige, nachdem man ihn grob in die Höhe gerissen hatte, "Maß dir nicht diese Aufmüpfigkeit an, Rosiel, nicht hier. Hier bist du mein und das sollen alle sehen. Sie sollen sehen, dass selbst ein Engel hier unten nichts als Dreck ist. Billiger Dreck, der sich von mir ficken lässt."

Er ließ ihn los und der Engel fiel auf die Knie. Er zitterte vor Zorn über seine Ohnmacht, er fühlte sich mit einem Mal so schwach, beinahe so, als würde die Niedertracht dieses Ortes ihm seine gesamte Kraft schmälern.

"Zu meinen Füßen, ganz so, wie es sich gehört", lallte der Höllenfürst, wandte sich an sein Gefolge, schwang weiterhin große Reden, die Rosiel nicht mehr verstand, er hörte nur mit einem Mal Gelächter, schreckliches Gelächter und er wünschte sich weit fort von hier, doch schließlich tat er etwas, mit dem Luzifer wohl nicht gerechnet hatte.

Als er nämlich spürte, dass der Griff in seinem Haar sich löste, erhob er sich, reckte das Kinn und schenkte allen Anwesenden den überheblichsten Blick, zu dem er noch fähig war, nur um schließlich, ohne auf Luzifers Geschimpfe einzugehen den Saal zu verlassen.
 

Als die schweren Türen hinter ihm zufielen, wäre er beinahe kraftlos zusammengesackt, doch das durfte er sich nicht erlauben. Noch nicht jetzt. Wankend und leicht benommen, denn auch er selbst hatte von dem Wein gekostet, suchte er den Weg zurück in seine Gemächer und da, erst da, gab er seinen schwachen Beinen nach.

Vergrub das Gesicht in den Händen, aber er weinte nicht. Fühlte sich nur so unendlich gedemütigt und das ausgerechnet von demjenigen, der ... Nein, er wagte es nicht auszusprechen.

Er vermisste Katan plötzlich ganz schrecklich.

"Rosiel-sama? Kann ich etwas für Euch tun?"

Der Kopf des Engels schnellte in die Höhe. Natürlich. Der Diener, der hier wartete, bis sein Herr ihn brauchte. Rosiel starrte ihn an. "Hat man euch nicht verboten, mich anzusprechen?"

Der Dämon, welcher in menschlicher Gestalt wohl mittleres Alter gehabt hätte, schenkte ihm einen beinahe freundlichen Blick, dann sagte er schlicht, "Man sagte mir, ich habe mich um Euer Wohl zu sorgen, für die Zeit Eures Aufenthaltes. Das beinhaltet meiner Auffassung nach auch, Euch auf ebenjenes anzusprechen."

Rosiels Mundwinkel zuckten leicht, er rang sich ein schwaches Lächeln ab. "Das einzige, das du jetzt für mich tun kannst, wäre, mich allein zu lassen."

Der Dämon verneigte sich. "Wie Ihr wünscht, Herr."

Dann entfernte er sich.

Rosiel stand auf und ging zu einem Spiegel. Betrachtete sich. Dann schüttelte er den Kopf und griff nach einem Kamm um sich das Haar zu kämmen. Etwas, das er sonst nie selbst tat, aber außer Katan wollte er es plötzlich niemand anderen mehr tun lassen.

Er musste zugeben, manchmal ertrug er Katans absolute Ergebenheit nicht, hatte sich oft eine eigene Meinung, oder vielleicht Widerworte gewünscht, aber jetzt, genau jetzt in dieser einsamen, entwürdigenden Situation sehnte er sich den Cherub herbei, wie kein anderes Wesen.

Die Kleider, die er trug, waren ihm mit einem mal zuwider und er riss sie sich vom Körper und eine kurze Weile stand er nackt da, ehe er sich das Nachtgewand anlegte. Wieder sah er sich im Spiegel an. Wurde sich seiner eigenen Schönheit einmal wieder bewusst und wünschte sich plötzlich, nur einmal unscheinbar zu sein, übersehen zu werden. Seine Gedanken flackerten kurz zu den Menschen.

Er schnaubte abfällig und begab sich dann zu Bett.
 

Lange fand er keinen Schlaf, starrte nur in die Dunkelheit und die Wut, die er in sich trug, wuchs ins Unermessliche. Gleichsam jedoch mischte sich in diese Wut eine gewisse Traurigkeit, welche er nicht abschütteln konnte und so lauschte er mit seinem feinen Gehör auf die dumpfen Geräusche des Festes, welches nach, wie vor weiter seinen Lauf nahm, während er glasig ins Leere starrte.

Es dauerte eine Weile, ehe er der Schritte gewahr wurde, die sich offenbar seinen Gemächern näherten und er ahnte, wer es sein konnte. Diese schweren Schritte, das konnte nur einer sein und als sich wenig später die Tür öffnete, hatte er sich bereits in die entgegengesetzte Richtung gedreht, um ihn nicht ansehen zu müssen.

Dann roch der den Alkohol, vermischt mit dem leichten schwitzigen Muff, den man an sich trug, wenn man einer solchen Feier beiwohnte, und spürte, wie die Decke gelupft wurde.

Dann den schweren Leib, der ihm näher kam und schließlich legte sich einer der kräftigen Arme um ihn, während raue Lippen sein Ohr suchten, "Wieso bist du so schnell verschwunden, mein süßer Engel?"

Rosiel verzog das Gesicht, ob des Alkoholgeruches, der ihm in die Nase stieg. Aber er sagte nichts. Er ließ ihn wissen, dass er nicht schlief und ihm nur nicht antworten wollte.

"Sprichst du jetzt nicht mehr mit mir?", drang die Stimme abermals an sein Ohr und sie klang leicht belustigt dabei. Rosiel presste weiterhin die Lippen aufeinander.

Abrupt ließ Luzifer von ihm ab und fluchte, "Verfluchte Hure", dann erhob er sich und das Gefühl des schweren Körpers neben ihm ließ nach.

Rosiel tat einen tiefen Atemzug, als er merkte, wie er sich entfernte und versuchte, seinen flatterigen Herzschlag zum Stillstand zu bekommen. Er hatte tatsächlich Furcht gehabt, dass Luzifer ihm etwas antun mochte, wenn der Alkohol ihn ohnehin schon so aggressiv machte.
 

Rosiel verließ die nächsten Tage seine Gemächer nicht. Ihm war einfach nicht danach. Und er fühlte sich auf eine unerklärliche Art und Weise nicht gut. Er fühlte sich geschwächt, matt und deprimiert.

Wenn er nach draußen sah, sah er stets nur das fahle Licht, keinen Sonnenschein, keine Vögel ... Niemals hätte er gedacht, dass ausgerechnet ihm als anorganischem so etwas derart abgehen könnte. Er spielte mit dem Gedanken, einfach fort zu gehen. Immerhin war er auch freiwillig wieder hierher gekommen.
 

Luzifer war äußerst übellaunig in den letzten Tagen. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber irgendwie plagte ihn sein Gewissen ein wenig, von dem er nichtmal mehr gewusst hatte, dass es überhaupt vorhanden war. Doch noch etwas anderes war da. Sehnsucht. Sehnsucht nach diesem weichen, weißen Leib, dem sanften Blumenduft, den goldenen Raubtieraugen...

"Verflucht", knurrte er und schlug ein Buch zu, auf welches er versucht hatte sich zu konzentrieren, dann erhob er sich.

Er wollte Rosiel und er konnte sich hier unten verdammtnochmal alles nehmen was er wollte, denn alles hier gehörte ihm.
 

So kam es, dass wenig später die Tür zu den Räumen des Engels aufgestoßen wurde.

Rosiel saß mit angewinkelten Beinen in einem Sessel am Fenster, nur mit einem Morgenmantel bekleidet, und blickte nachdenklich hinaus. Er hob nichtmal den Kopf, als Luzifer eingetreten war. Das verstimmte den Höllenfürsten.

"Ich möchte, dass du weißt, dass ich dein Verhalten nicht weiter dulden werde", sagte er mit kalter Stimme. Keine Reaktion. Langsam trat er näher, spürte schon wieder die Wut in sich hoch kochen.

Rosiel wirkte kränklich, das sah er schon, obgleich er nur sein Profil betrachtete. Wieso wirkte er kränklich? Was stimmte nicht? Was kümmerte es ihn überhaupt?

"Und ferner möchte ich, dass du mir zukünftig weniger Aufmüpfigkeit und mehr Respekt zollst, ich denke nicht, dass das zuviel verlangt sein sollte. Hast du das verstanden?"

Rosiel sprach nicht. Kein Wort.

Da ging er vor ihm in die Hocke und packte grob sein Gesicht mit einer Hand und zog es zu sich.

"Ich fragte, ob du mich verstanden hast?", setzte er noch einmal nachdrücklich hinterher und suchte in Rosiels Augen zu lesen. Doch der Blick wich ihm aus, er erwiderte ihn nicht mal. Er wehrte sich nicht gegen die grobe Berührung und einen Moment kam ihm Rosiel vor, wie eine schwache, willenlose Puppe. Aber das hatte er nun auch nicht gewollt.

"Verdammt, rede mit mir, sag etwas, irgendeine Reaktion, nur ein einziges Wort..."

Nein, nichts. Und da packte Luzifer die Wut, er holte aus und abermals, wie schon so viele Male zuvor traf Rosiel die geballte Kraft seiner flachen Hand mitten im Gesicht, er ruckte im Sessel zur Seite und blieb in einer leicht verkrümmten Haltung, die Haare durch den Schlag wirr vor dem Gesicht, zusammengesunken sitzen, die Hände in die Lehnen gekrallt.

"Na schön!", schrie Luzifer, "Ich brauch dich nicht, nicht deine Schönheit und nicht deine Stimme, ich hab viele, die mir zu Füßen liegen!"

Er war wieder aufgesprungen, atmete schwer vor Zorn und am liebsten hätte er ihn zerfetzt. Verdammt nochmal, wieso sagte er denn kein Wort?

"Du wertloses Stück Scheiße, was bildest du dir eigentlich ein? Was glaubst du, dass du etwas Besonderes für mich warst?"

"Glaubst du denn, du warst etwas für mich?", erfolgte doch nun schließlich hinter dem Haarvorhang die Gegenantwort.

Und ohne, dass er es wollte, traf es ihn. Was? Er war nichts für ihn? Nichts? Das konnte nicht stimmen, nein, er hatte ihn doch entjungfert, er hatte ihn ...

Nun schwieg er ihn wieder an. Rosiel sagte nichts weiter. Doch mit einem Schlag entsann sich Luzifer an die Verletztheit, die in dem Satz mitgeschwungen war.

Verletzt? Er hatte ihn verletzt? Den stolzen und starken Rosiel, der sich von Anfang an nichts von ihm hatte sagen lassen? Der ihm als erster nach sovielen Jahrtausenden die Stirn geboten hatte, trotz des Wissens seiner Überlegenheit?

Plötzlich sah er sich selbst vor ihm auf die Knie sinken und er ergriff eine wohlduftende Haarsträhne und drückte sie, die Augen schließend, gegen sein Gesicht.

"Ich ertrage es nicht, wenn du nicht mit mir redest", hörte er sich schließlich selbst sagen.

Verdammt. Rosiel hatte gewonnen.

"Ich ertrage es nicht, wenn du nicht in meiner Nähe bist. Und ich ertrage es nicht, nicht zu wissen, warum du mir offenbar so zürnst."

Nun sah Rosiel ihn doch an, öffnete die Lippen zu einem Spalt, da er damit nicht gerechnet hatte.

Dann schüttelte er leicht ungläubig den Kopf und als er nun sprach, wurde sich der Hollenfürst erst wirklich bewusst, dass das was er getan hatte, etwas ganz Gravierendes gewesen sein musste.

"Du hast mich zu einem Gespött gemacht. Vor deinen niederen Kreaturen hast du mich bloßgestellt, gedemütigt und vollkommen entwürdigt. Ich bin es nicht gewohnt so behandelt zu werden. Und ich bin der Auffassung, dass ich es auch nicht verdient habe."

Luzifer schwieg eine ganze Weile, dann sagte er, "Ich habe dich verletzt ...?"

"D-das hab ich nicht gesagt, ich ..."

"Was kann ich tun, um dich gnädiger zu stimmen?"

Rosiel drehte den Kopf zur Seite. "Ich bin mir nicht sicher, ob du das überhaupt kannst", sagte er, noch immer beleidigt.

Luzifer lachte leise und ergriff seine Hand, um sie zu küssen, wobei er langsam den Handrücken und den Unterarm hinauf wanderte. "Nun sag es schon, du weißt so gut, wie ich, dass ich dir mit Haut und Haar verfallen bin, ich tue alles, damit du mich nur wieder ansiehst."

Rosiel hob belustigt eine Augenbraue. Na holla, derlei Allüren war er von Luzifer nicht gewohnt. Die Küsse verschafften ihm eine Gänsehaut und affektiert entzog er ihm seinen Arm.

"Nun gut. Dann lass mich gehen."

".... Alles, bis auf das, versteht sich", fügte Luzifer ergänzend hinzu. "Ich kann dich jetzt nicht mehr gehen lassen."

"Dann hol mir meinen Katan hierher und zwar unversehrt. Deine Diener sind absolut unfähig darin, sich um mein Haar und meine Garderobe zu kümmern. Und es widert mich an, wenn sie mich anfassen."

Luzifer erhob sich und nickte. "Ich werde sehen, was ich tun kann."

Er hielt inne und sein Blick glitt abermals über Rosiels derzeit schwach wirkende Erscheinung. Er hob an, etwas zu sagen, ließ es aber dann doch sein. Vielleicht würde es auch schon helfen, diesen seltsamen Leibeigenen Rosiels herzuholen, eine Sache aus Aziluth, die ihn besänftigte.
 

Über seine plötzliche Sanftheit wunderte er sich gerade selbst. Hatte er sich nicht noch geschworen, sich Rosiel einfach nach Belieben zu nehmen? Wurde er wegen dieses Engels etwa tatsächlich noch weich? Was war das für ein Gefühl in seiner Brust? Was war es nur, das sein kaltes, totes Herz so berührte, wenn der Engel in seiner Nähe war?
 

Er war nervös. Sehr sogar. Plötzlich, mitten in der Nacht hatte man ihn aus dem Schlaf geholt, man hatte ihm zugeflüstert, wenn er seinen Herrn je wieder sehen wolle, dann solle er nun ohne jemanden zu informieren, ohne gesehen zu werden mitkommen. Man würde ihn zu ihm führen.

Als Beweis dafür hatte man ihm eine kleine Locke des sanft schimmernden Haares gezeigt. Der Blumenduft, der sogar von diesem noch ausging, war unverkennbar.

Katan schlug das Herz bis zum Halse. Man hatte ihm die Augen verbunden, wohl, damit er den Weg nicht wiedererkannte und schon bald erkannte er, wohin ihre Reise sie führte.

Es graute ihn, aber jetzt, wo er erst mal von dieser Annahme beseelt war, erschien alles so simpel. Als Rosiel-sama damals das erste mal wieder heimgekehrt war, hatte er diesen Geruch nach Schwefel, nach Rauch und ein bisschen nach Tod an sich gehabt.

Er hatte nicht mehr ... rein gerochen. Und die Träume, die seinen Herrn offenbar heimgesucht hatten. Sie handelten wohl von dort. Soviele Zeichen und er hatte sie alle übersehen. Doch, was hatte man für einen Nutzen? Etwas zog sich in ihm krampfhaft zusammen. Er wusste nicht sehr viel über die Hölle. Aber das was er wusste und was alle anderen wussten war, dass man sich dort unten an jeder Schönheit labte, die man in die Finger bekam, da es dort unten so hässlich war. Sein Herr würde gewiss diesen Glanz bringen, nachdem man sich dort die Finger leckte.

Ein grauenvolles Gefühl brach über ihn herein, seine Hände ballten sich unbewusst zu Fäusten, innerlich fühlte er sich krank vor Sorge um seinen geliebten Herrn und so kam ihm dieser Weg nur noch länger vor.

Bald verlor er das Gefühl über die Zeit. Er konnte sich nur auf seine Sinne verlassen. Es ging wohl tiefer hinab, sie schienen sich ihrem Ziel zu nähern.

Er schluckte.
 

Man stieß ihn grob an. Er musste wohl geschlafen haben. Sie waren am Ziel. Katan ließ es sich gefallen, dass man ihn unsanft vor sich herstieß, solange es ihn nur seinem Herrn näher brachte. Er hörte Stimmen in einer Sprache, die er nicht verstand. Die Sprache der Hölle.

Plötzlich wurde es still, man ließ ihn los und eine Tür schlug hinter ihm zu.

Schritte kamen näher und bald drang eine tiefe Stimme an sein Ohr.

"Du bist also der Cherub, auf den Rosiel so viele Stücke hält ..."

Ein eiskalter Schauer lief ihm über den Rücken, als er diese Stimme hörte. Abermals schluckte er schwer. Er wagte es nicht, das Wort zu erheben.

"Sein treuer ... ergebener Hund." Ein Lachen ertönte, voller Hohn.

Plötzlich spürte er eine Hand, wie sie über seine Schläfe strich, nach unten hin zum Hals, dann von ihm abließ. Schließlich wurde seine Augenbinde gelöst. Und er sah in die schwärzesten Augen, in die er jemals geblickt hatte.

Und plötzlich wusste er, wer es war. Ihm schwindelte leicht und er sank in die Knie, weniger aus der Geste des Respekts heraus, als vor Schwäche und Schwindel über den Unglauben und die Tatsache, dass er tatsächlich vor ihm stand ... ihm ... dem Fürsten der Hölle, dem grausamsten, niederträchtigsten Geschöpf.

Dem, den man aus dem Himmel verstoßen hatte, noch lange vor seiner Zeit und der sich tief unten sein eigenes infernales Imperium erschaffen hatte.

Die Macht war es, die von diesem Wesen ausging, die ihn in die Knie zwang und seine Gedanken konnten und wollten sich einfach nicht ordnen.
 

Er lachte abermals und das Geräusch drang unangenehm, wie eine Totenglocke an sein Ohr.

"Er nannte dich Katan, richtig?" Dann fuhr er fort, weil er es mehr zu sich selbst gesagt hatte, "Katan, ich kann in deine Gedanken sehen, du hast sie mir gerade so herrlich offenbart", raunte er, "Ich habe dich aus einem einzigen Grund hierher gebracht und der lautet sicher nicht, dir einen Gefallen zu tun, also ... Wenn du tatsächlich auf die Idee kommen solltest, deinen Herrn hier wegbringen zu wollen, oder dergleichen, dann werde ich keine Skrupel haben, dich in Stücke zu reißen."

Katan starrte weiterhin auf den Boden, unfähig, sich zu rühren, während die Worte Luzifers an sein Ohr drangen.

“Hast du das verstanden?”

Katan nickte, was hätte er auch widersprechen sollen.

Luzifer wandte sich ab von ihm und sagte dann zu einer Person, von der Katan nicht einmal gemerkt hatte, dass sie im Raum war, “Er kann ihn haben, bring ihn meinetwegen zu ihm.”
 

Man führte ihn einen Gang entlang und der Weg kam ihm unendlich lang vor, aber er bemerkte durchaus, dass sie sich in einem besonders luxuriösen Bereich des Palastes befanden. Vor einer hohen massiven Tür blieben sie stehen und der andere Diener, der ihn begleitet hatte - nicht, ohne ihm immer wieder skeptische Blicke zuzuwerfen - klopfte kurz respektvoll, nur um die Tür dann zu öffnen.

“Geh hinein, dein Herr erwartet dich sicher bereits.” Damit ließ er ihn alleine stehen und Katan fühlte sich plötzlich zittrig, als er in den Raum trat.
 

Und dann sah er ihn. Er saß in einem, mit rotem Samt überzogenen Sessel und hatte wohl etwas geruht.

Rosiels Gesicht nahm einen überraschten Ausdruck an. “Katan ...”, formten seine Lippen lautlos und er erhob sich, um ihm entgegenzukommen. Katan merkte sofort, dass sein Herr schwach wirkte, so eilte er sich, ihm näher zu kommen, um ihn zu stützen und im nächsten Moment fiel er ihm in die Arme, kraftlos, hilfesuchend und er schlang seine Arme um die schmalen Hüften, da er ansonsten in sich zusammen gefallen wäre.

Er spürte, wie der Körper seines Herrn zuckte und er fühlte sich sterbenselend, da es so selten vorkam, dass Rosiel-sama einmal weinte. Es schnitt ihm in die Seele.

Er merkte, wie er ihm langsam entglitt und so sank er mit ihm zu Boden, sodass er ihn, auf den Knien sitzend stützen konnte, während sein Herr ihm immer noch kraftlos in den Armen lag. Und er fragte nicht nach. Wie er es fast nie tat. Er wartete, wartete, bis Rosiel von selbst zu ihm sprach.

Wenig später verebbte das Zittern, Rosiel löste sich minimal, nur um ihn ansehen zu können. Die goldenen Augen, die ihm ansonsten mit ihrer Wildheit den Atem geraubt hatten, schwammen in Kummer.

Was hatte man seinem Herrn hier unten nur angetan?

“Katan, du bist hier ...”, flüsterte er kraftlos und strich ihm zitternd mit den Fingerspitzen über die Wangen, beinahe so, als hielte er es für eine Illusion, als könne er es noch nicht fassen.

Katan fing eine der Hände ein und schloss seine eigene darum, schloss einen kurzen Moment die Augen, öffnete sie dann wieder und hauchte einen keuschen Kuss auf den Handrücken.

“Mein Platz ist an Eurer Seite. Was soll ich in Aziluth, wenn Ihr hier unten seid?”

Das rührte den Engel und er brachte sogar ein aufrichtiges Lächeln zustande. “Katan, du hättest es dort oben ohne mich besser und trotzdem bleibst du bei mir? Du musst wahnsinnig sein.”

Katan äußerte sich dazu nicht. Wahnsinnig ja, das war er vielleicht. Oder...

"Ihr wisst, wie sehr ich Euch verehre", sagte er schließlich unterwürfig. "Bitte, kommt, steht auf, der Boden ist sehr kalt."

Daraufhin umschlang er ihn unaufgefordert, sodass er ihn hochheben konnte und Rosiel ließ seinen Kopf gegen seine Schulter kippen.

"Lass mich nicht los...", sagte er leise und Katan war es nur zu Recht.

Seinen Herrn weiterhin umschlungen haltend nahm er auf einem Diwan platz, insgeheim diese Nähe genießend, die Rosiel ihm auf diese Art schenkte.

Zu gerne hätte er ihm nun eine zärtliche Geste geschenkt, das streichen einer Strähne aus dem Gesicht oder die hauchfeine Berührung der Wange mit den Fingerspitzen. Aber das nahm er sich nicht heraus, denn sie waren keine Liebenden.

Ein Stich ging durch sein Herz. Und sie würden es niemals sein.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Wolkenfee
2013-07-21T09:33:37+00:00 21.07.2013 11:33
Hallo!

Ich mochte das Kapitel wieder sehr. Luzifers Verhalten ist interessant, man merkt deutlich, dass er Rosiel verfallen ist, aber das eigentlich noch immer nicht so recht wahrhaben will. Dass er jetzt tatsächlich nachgegeben hat, kann ich eigentlich nicht glauben, das ist wahrscheinlich mehr so eine Ruhe vor dem Sturm. Ich finde es allerdings interessant, zu sehen, dass er aufgibt, weil Rosiel ihm eben keine Widerworte mehr gibt. Der Gedanke, dass er eben keine willenlose Puppe will, gefällt mir.
Dass Katan jetzt da ist, ist allerdings auch eher nicht hilfreich, zumindest nicht für Luzifer, für Rosiel vermutlich schon.
Ich bin gespannt wie sich die Situation weiter entwickelt.

Zwei kleinere Dinge hab ich noch:

Über "wie die Decke gelupft wurde" musste ich etwas lachen, weil "gelupft" ein Wort ist, dass ich zwar kenne, aber in meinem Umfeld nicht verwendet wird, und das für auch eher umgangssprachlich ist. Für dich ist es wahrscheinlich ein ganz normales Wort, aber ich fand es komisch.

Und dann noch "fluchte, "Verfluchte Hure"": Die Wiederholung ist etwas unschön, vielleicht ersetzt du eins von beiden, meine Vorschläge wären entweder "schimpfte, "Verfluchte Hure"" oder "fluchte, "Verdammte Hure"", oder was dir halt noch anderes einfällt.

LG, Fee
RE- ✖✐✖

PS: Tut mir ehrlich Leid, dass es so lange gedauert hat!!
Von: abgemeldet
2011-08-22T09:47:36+00:00 22.08.2011 11:47
Ich finde es ja wirklich sehr beeindruckend, wie Luzifer so drauf ist.
Normalerweise würde man ihm ja eine völlige Emotionslosigkeit zurechnen. So als Überwesen, das alles bekommen kann, wenn es nur mal mit den Fingern schnipst.
Doch gegenüber Rosiel ist er sich wohl selbst nicht mehr ganz sicher, wie er sich verhalten soll und das lässt schon verdammt tief blicken.
Sehr interessant...
Bin gespannt, wie er sich letztlich entscheiden wird. Rosiel verfallen sein oder ihn abgrundtief hassen dafür...

Dass Katan jetzt mit von der Partie ist, kann irgendwie nicht gut gehen.
o.o
Wenn Luzifer sich erstmal der Vertrautheit bewusst wird, die zwischen den beiden herrscht - gefallen wird ihm das sicher nicht. Ahjeee...
Hach ja... jezze kann ich endlich sagen - schreib weiter! =D


Zurück