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Die fetten Jahre sind vorbei

Widerstand ist zwecklos
von

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Tagwerk

Kapitel Eins: Tagwerk
 

Beim ersten Hahnenschrei begann der Tag für sie. Die Stadt, in der sie momentan lebte, würde erst in wenigen Stunden zum Leben erwachen. Bis dahin hatte sie noch ausreichend Zeit und Gelegenheit ihre weitere Route zu planen. Alagaesia war ein sehr großes Land und es zu durchstreifen eine Sisyphusarbeit. Doch vor allem bedeutete dieses unstete Leben eines: Freiheit. Eine Freiheit, die sie sonst niemals hätte. Sie konnte sich frei bewegen, konnte gehen wohin sie wollte, wohin der Wind sie trieb. Ihren Lebensunterhalt, wenn man es denn so nennen konnte, verdiente sie mit Tanz und Gesang. Denn sie war eine Spielfrau. Es war untypisch für die junge Frau, allein unterwegs zu sein. Üblicherweise bildeten die Spielleute Clans in denen sie umherzogen und die Bewohner des Landes erheiterten. Doch Caterina zog die Einsamkeit vor. Andere Menschen konnten gefährlich sein; Vertrauen tödlich.

Die blonde Spielfrau gähnte. Sie hätte noch länger schlafen können, wenn sie gewollt hätte, aber es drängte sie in Bewegung zu sein. Es hielt sie nie lange an einem Ort, weswegen sie schon so früh am Morgen überlegte, wohin sie als nächstes gehen wollte. Schon drei Tage verweilte sie hier in Dras- Leona. Langsam wurde es gefährlich. Die Schergen des Herrschers über Alagaesia machten kurzen Prozess mit Leuten, die ihnen spanisch vorkamen. Und Spielleute gehörten dazu.
 

Außerhalb der Stadtmauern erwachte auch ein junger Mann mit dunklem Haar. Die Sonne schien ihm genau ins Gesicht. Der Boden war hart, das Gras zerdrückt. Er hatte sich ins Unterholz schlafen gelegt, da er nicht gewillt war von Galbatorix’ Häschern noch von gewöhnlichen Strauchdieben den Garaus gemacht zu bekommen. Er gähnte. Irgendwie vermisste er den Komfort eines richtigen Bettes, auch wenn er schon viele Meilen gewandert war und seit Monaten nicht mehr in einem Gasthaus genächtigt hatte. Er reckte sich den Sonnenstrahlen entgegen, die die kühle Morgenluft erwärmten. Es war Hochsommer. Gegen Mittag würde es sehr warm werden, so dass er gut daran tat, seine Wasservorräte aufzufüllen, ehe er loszog.

Entnervt verzog er das hübsche, markante Gesicht, als er gewahr wurde, dass er keinerlei Lebensmittel mehr übrig hatte. In der Gegend um Dras- Leona konnte man schlecht jagen, da es kaum Tiere gab. Dieser widrige Umstand zwang ihn also die Stadt selbst aufzusuchen und dort für sein Auskommen zu sorgen. Sobald er wieder in einer bewaldeteren Gegend war, musste er sich um Nahrung nicht sorgen. Er war ein guter Jäger.

Aber er hasste die Beengtheit der Städte. Und vor allem hasste er die Häscher des Herrschers über dieses Land. Der junge Mann wirkte auf andere Menschen meist zwielichtig. Und so musste er mit Diskriminierung und Beschimpfungen leben. Im Grunde hatte er sich damit abgefunden. Er war ein Einzelgänger. Er legte kaum Wert auf Gesellschaft. Wenn er allein war musste er nur einer Person vertrauen: sich selbst.

Auch mit dem Vertrauen hatte er es nicht so. Das lag vor allem aber an seiner miesen Kindheit, die er am Liebsten ganz weit verdrängte.

‚Ich sollte losgehen, bevor die Stadtwachen beschließen, dass ich ihnen nicht in den Kram passe.’, dachte er bei sich, gestattete sich aber ein kleines Grinsen. Er würde so oder so nach Dras- Leona gelangen.
 

In genannte Stadt kam langsam Leben. Auf dem Markt wurden die Stände aufgebaut. Bauersfrauen und Handwerker stellten ihre Ware zur Schau. Die junge Spielfrau beobachtete dieses Treiben voller Ungeduld. Ihre Hand krampfte sich um ihr Tamburin. Erst wenn genügend Menschen anwesend wären, durfte sie es wagen, aus ihrer dunklen Ecke zu kommen. Andererseits würde man ihr unterstellen, eine Diebin zu sein. Und bei aller Liebe, das war sie nicht. Nein, sie stahl nicht, aber sie konnte sehr überzeugend sein, wenn es nötig war. Spielleute hatten eine schlechte Reputation, was vor allem aber Galbatorix’ Schuld war. Er wusste, dass das Bunte Volk sich nicht scheute ihn in Tänzen zu parodieren oder in Liedern kund zu tun, was sie von ihm hielten.

‚Warum brauchen die Städter heute so lange, um zum Markt zu kommen?’, fragte die Spielfrau sich. Eine leichte Brise fuhr durch ihr langes blondes Haar. Ihre Aufmerksamkeit wurde von dem Treiben auf dem Markt abgelenkt, als sie einen jungen Mann erblickte, der sich mit genervtem Gesichtsausdruck über den Platz bewegte. Neugierig folgte sie ihm mit ihren Blicken.

‚Den hab ich hier noch nie gesehen.’
 

Murtagh, so der Name des jungen Mannes, hatte es tatsächlich geschafft, an den Stadtwachen vorbeizukommen, ohne, dass diese einen Aufstand gemacht hätten. Dazu war es vermutlich noch zu früh am Tag gewesen. Jedenfalls schlenderte er missmutig über den Markt. Noch waren zu wenig Menschen da, als dass er hätte wagen können, seinem ersten Gewerbe nachzugehen, welches er je erlernt hatte: das Stehlen. Er war schon lange von zu Hause fort und zu Anfang war Diebstahl sein einziges Überlebensmittel gewesen. Mittlerweile tat er es nur noch äußerst selten, da er die Städte mied und sich in der Wildnis durchaus selbst versorgen konnte.

Plötzlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Der Klang eines Tamburins erklang von irgendwo. Er sah auf. Mitten auf dem Platz stand eine junge Spielfrau und begann mit ihrem Tagwerk. Die Menschen, die nichts zu tun hatten, scharten sich um sie und sahen ihr zu. Auch Murtagh kam nicht umhin, ihr zuzusehen. Ihr geschmeidiger Körper bog sich wie ein Grashalm im Wind. Sie drehte sich, sprang, vollführte Pirouetten. Ihr Blick war völlig entrückt. Dazu schlug sie das Tamburin und das so gekonnt, dass die Bewohner von Dras- Leona nicht anders konnten, als staunen. Murtagh jedoch nutzte die Gelegenheit um sich die ein oder andere Geldbörse anzueignen. Es lief auch so weit ganz gut. Doch ein Stadtbüttel, der das Geschehen aus einer dunklen Ecke überwacht hatte, erwischte den jungen Taugenichts und schlug sofort Alarm.

„Ein Dieb!“, brüllte er, zeigte auf Murtagh und sah dann zu der Spielfrau, die abrupt in ihrem Tanz innegehalten hatte. Die Menschen wandten sich dem Büttel und seinem Opfer zu.

„Er und die Spielfrau sind im Bunde!“, verkündete der Mann, packte Murtagh am Arm und ging schnellen Schrittes auf die junge Frau zu, die völlig perplex drein sah.

„Diebe!“ - „Gesindel!“ erscholl es nun von überall her.

Der Büttel trat auf die Spielfrau zu, holte aus und schlug sie heftig.

„Was fällt dir ein, diese braven Menschen zu hintergehen, indem du sie ablenkst und dein Komplize hier sie dann ausnimmt?“

Jetzt hagelte es Ohrfeigen für die arme Frau, die doch gar nichts mit Murtaghs Diebereien zu tun hatte. Er mochte ein Einzelgänger sein und sich um die Belange anderer nicht scheren. Aber wenn er eines verabscheute, dann war das Ungerechtigkeit.



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