Zum Inhalt der Seite

Starlight Express: Rusty und Caseys Abentuer 2

Das zweite Lehrjahr
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Weg in die Flammen

Kapitel 12: Der Weg in die Flammen
 

„So, wir sind da.“

Fafnar und Galathea standen am Rand einer steil abfallenden Felswand. Unten erstreckte sich eine Ebene und weit hinten, am Fuß des höchsten Vulkanes der Insel, befand sich ein großer Höhleneingang. Ein altes, wackliges Gleis führte direkt dorthin. Das Gestein rings herum leuchtete in den verschiedensten Rottönen.

„Dort vorne ist der Eingang zur Höhle der ewigen Flammen. Von hier aus musst Du alleine weitergehen.“ erklärte Galathea.

„Und was werde ich dort drin vorfinden?“

„Deine größten Ängste denen Du dich stellen musst!“ knurrte Fafnar.

„Etwa so-ohne jeglichen Schutz?“ antwortete Rusty und wies auf sich.

„Unsere Aufgabe ist fürs Erste erfüllt. Jetzt liegt es an Dir.“

„Also gut. Rusty sei kein Feigling! Du hast schon so viel geschafft! Ach-wenn jetzt doch nur Casey da wäre!“ dachte die Dampflok im Stillen. Sie stieg auf die Gleise und rollte auf ihnen die felsige Rampe hinab in die Senke und dann weiter auf den Höhleneingang zu.
 

Unzählige gezackte Felsen geben dem Eingang die Form eines zähne starrenden Ungeheuermauls.

„Du hast nichts…zu befürchten, Rusty.“ versuchte sich die kleine Dampflok Mut zu machen. Beim Starlight, sie hatte bereits etliche gefährliche Sitouationen gemeistert. Und sie glaubte nicht, das Galathea sie belügen würde. Rusty schluckte und rollte weiter.

Im Innern empfing den Suchenden eine drückende Hitze. Die einzig vorherrschende Farbe hier schien rot zu sein.

„So fühlt es sich wohl im Innern meiner Feuerbüchse an. Wenn ich mittendrin auf den glühenden Kohlen sitzen würde.“ dachte Rusty.

Plötzlich schoss ein rotglühender Drachenkopf aus Flammen aus den Tiefen der Höhle mit aufgerissenem Maul auf Rusty zu! Eine Wand aus brennender Hitze traf die Lok, welche schreiend die Arme vor das Gesicht warf! Es war wie damals, als die Flammen ihn in eine lebende Fackel verwandelt hatten! Von einem Moment auf den Anderen konnte Rusty nicht mehr klar denken. Panisch fuhr er herum und raste über die Gleise zurück. Er fühlte nicht einmal, das die Flammen keinerlei Schmerz an seiner Hülle verursacht hatten, Rusty fühlte nur noch nackte Panik.
 

Fafnar reckte seinen langen, schuppigen Hals und schnaubte: “Das gibt’s doch nicht! Er kommt wieder aus der Höhle und hetzt hierher zurück, als wenn tausend Feuerkobolde hinter Ihm her wären! Der Kleine ist voll in Panik.“
 

Schwer keuchend und schnaufend kam Rusty schließlich vor den beiden Drachen zum Stehen.

„Du bist ja total durch den Wind! Was war denn da drin so schreckliches?“ knurrte Fafnar.

„Ein riesiger Drachenkopf…aus Flammen…er wollte mich verschlingen!“

Der männliche Drache rollte nur genervt mit den Augen.

„Ist ja klar. Die Höhle zeigt Dir deine größten Ängste. Und denen musst Du sich stellen! Wenn Du das nicht tust, wirst Du niemals eine Feuerattacke beherrschen können!“

„Dann verzichte ich lieber darauf! Was brauche ich unbedingt eine Feuerattacke!“ meinte Rusty trotzig. “Ständig muss ich mich für irgendetwas in Gefahr begeben! Langsam reichts mir!“

„Also so einen Feigling wie dich habe ich noch nie erlebt!“ donnerte Fafnar wütend. “Du bist eine Schande für deine anderen Feuerbrüder!“

Rusty machte sich vor Angst ganz klein. Am liebsten wäre er in ein Mauseloch gerollt.

„Fafnar! Sei nicht so hartherzig zu ihm! Er hat eben Angst!“ verteidigte Galathea die verängstigte Dampflok.

Der rote Drache wandte sich schnaubend ab und ließ sich mit einem dumpfen Rumms zu Boden fallen. „Es ist hoffnungslos. Die Angst lähmt sein vernünftiges Handeln!“

Galathea bog ihren langen schlanken Hals zu Rusty herab und legte ihren Kopf auf seine Schulter.

„Du brauchst keine Angst zu haben, kleiner Feuerbruder. Deine Hülle ist gegen Feuer resistent, das habe ich Dir schon erklärt. Du wirst keine Schmerzen fühlen. Und es wird noch besser, wenn Du erst einmal das Ritual durchlaufen hast.“

Rusty legte sich zwischen ihren riesigen Vorderläufen nieder. Galathea beugte ihren Hals schützend um die kleine Lok und bettete ihren Kopf neben ihren Rücken.

„Rusty, die Flammen tun Dir nichts. Du wirst nicht verbrennen, ehrlich. Und das Feuer ist ein wichtiger Teil deines Selbst.“

„Aber die Hitze…“

„Nur der erste Moment ist schlimm. Danach wird sich dein Körper daran gewöhnen. Denk an deine Feuerbüchse! Die Flammen verbrennen doch auch nicht dein Inneres, oder?“

„Äh-nein….“

„Na siehst Du. Wir würden dich auch niemals in diese Höhle lassen, wenn Gefahr für dein Leben bestünde. Du musst es nur wagen, den ersten Schritt zu tun.“
 

Nach einigem Hin und Her und der Überredungskunst von Galathea entschieden sich beide Drachen Rusty bis vor den Höhleneingang zu begleiten.

„Grrmph! Also so was hab ich noch nie erlebt!“ grummelte Fafnar. „Was bringt das schon, rein musst Du sowieso alleine!“
 

Tief im Innern hockte ein roter Feuerkobold auf einem Felsen. Unzählige kleine Flammen züngelten aus seinem Fell, die größte bildete die Spitze seines Haarschopfes. Schwarze große Augen mit roten Schlitzen in der Mitte starrten zum Höhlenausgang hinauf, der lange, schlanke Schwanz mit der flammenden Quaste schwang träge hin und her.

„Phah, was für ein Feigling! Alle anderen Feuerbrüder hatten keine Angst!“ schnaubte er und keckerte leise.

„Er hat leider schlechte Erfahrung mit Feuer gemacht, habe ich von den Drachen gehört.“ bemerkte der Flammendrache mit tiefer Stimme, der neben Ihm schwebte.

„Dann ist er ein hoffnungsloser Fall.“

„Du willst so schnell aufgeben, Flammenhüter?“

Der Kobold überlegte.

„Vielleicht würde…ein kleiner Anreiz helfen. Wir können ja wetten, ob er sich dann in unser Reich traut und gewillt ist die Kammer der ewigen Flammen zu betreten.“

„Ihr wollt also…“

„Das muss der König entscheiden. Ich muss jetzt los. Er wartet auf meinen Bericht.“ erklärte Flammenhüter und sprang geschmeidig von Fels zu Fels. Der Flammendrache verharrte reglos an seinem Platz.

„Ich wünschte, ich könnte Dir helfen, Feuerbruder. Doch das ist mir leider verwehrt. Die Feuerkobolde sind hier die Herren. Du musst deine Angst überwinden und von selbst in unser Reich kommen.“
 

„Flammenhüter, wo ist der Feuerbruder, der mit den Drachen gekommen ist?“ fragte der König der Feuerkobolde. Er hockte im Schneidersitz auf einem erhöhten Felsen einer kleinen Insel, die inmitten eines brodelnden Lavasees lag. Er war ein wenig größer als die Anderen seiner Art und trug einen Stirnreif mit einem dunkelroten Edelstein. Drei goldene Ringe klingelten leise bei jeder Bewegung seines Schwanzes.

„Mein Herrscher, der Feuerbruder fürchtet sich und will die Höhle nicht betreten. Deshalb habe ich gedacht, das vielleicht ein kleiner Anreiz…“

„Ich habe schon verstanden, Flammenhüter. Dann soll es so sein.“ rief der Oberste und hob die Hände empor. Sofort wurden drei Kobolde von einem roten Feuer umgeben und schossen nach oben in Richtung Krateröffnung des Vulkans.

Im nächsten Moment erfüllte ein Grollen den großen Berg. Rusty zuckte erschrocken zusammen.

„Wa-was war das?“

„Ich fürchte, Du hast sie verärgert…“ knurrte Fafnar.

„Wen?“

„Die Hüter.“

„Das kann nicht sein. Wieso sollten die Feuerkobolde verärgert sein?“ meinte Galathea.

„Da!“

Aus dem Vulkankrater schoss eine Dreifach-Flamme, die schnell in die Richtung flog, in der Meister Justus Höhle lag…
 

Zur gleichen Zeit, auf der anderen Seite der Insel…

Meister Justus hob den Kopf.

„Ist etwas, Meister? Sie sehen so-„

Weiter kam Casey nicht, denn plötzlich verdrehte er die Augen und brach zusammen.

„Es geht also los…und dein Lokkumpel traut sich nicht von alleine…tja, sieht aus als müsstest Du ihm ein wenig helfen.“ seufzte der Schlosser, hob den Jungen auf und trug Ihn zu seiner Schlafstätte, wo er Ihn auf der Decke ablegte.

Plötzlich schwebten drei Flammen in die Höhle.

„Ist es so schlimm, das Ihr eine derartige Maßnahme ergreifen müsst?“

Als Antwort ertönte ein mehrfaches Keckern.

„Nun gut, wie ihr meint. Aber seid vorsichtig.“
 

Casey fühlte sich schwerelos. Er öffnete die Augen-und erschrak! Unter sich sah er seinen Körper auf dem Bett liegen, daneben stand Meister Justus.

„Was geschieht mit mir? Wieso bin ich hier oben?-Wa-AAAAH!“

Eine unsichtbare Macht riss Ihn plötzlich von der Stelle, aus der Höhle und durch die Luft. Er flog mit atemberaubender Schnelligkeit über die zerklüfteten Berge der Insel, eingeschlossen in eine Rote Flamme -auf den höchsten Gipfel zu, und durch die Krateröffnung in das Innere des Vulkans! Drückende Hitze empfing Ihn, er schwebte immer tiefer, dem Boden mit der glühenden Lava zu. Bis er plötzlich auf einer großen Felsenplatte zum Halten kam. Gehetzt blickte Casey sich um. Überall loderten Flammen, er war von Ihnen eingeschlossen. Die Hitze raubte Ihm fast die Besinnung, es fiel Ihm schwer zu atmen. Atmen? Erst jetzt bemerkte er, das sein Brustkorb sich nicht mehr hob und senkte. Casey sah an sich herab. Sein Körper wirkte jetzt irgendwie durchsichtig. Und der Junge begann zu verstehen. Sein Körper war in der Höhle bei Meister Justus zurückgeblieben.

„Meine Seele hat meinen Körper verlassen und ist hierhergeflogen! Aber warum?“

„Weil Du hier gebraucht wirst.“ vernahm er plötzlich eine knarrende Stimme, begleitet von einem leisen Keckern.

„Wa-Wer spricht da?“

Erst jetzt erkannte er die kleinen, feuerroten Wesen, die durch die Flammen auf Ihn zukamen. Sie reichten Ihn bis zu den Knien und sahen den Wesen etwas ähnlich, denen er schon einmal begegnet war.

Feuerkobolde, schoss es ihm durch den Kopf.

„Wir konnten nur deine Seele zu uns bringen, dein Körper könnte hier nicht existieren, die Flammen würden Ihn sofort verzehren.“ erklärte der größte der Feuerkobolde. Er musste der Anführer sein, denn er trug eine Kette aus glitzernden Steinen um den Hals, außerdem zierte ein tropfenförmiges dunkelrotes Juwel, eingefasst in einen Stirnreif seine Stirn.

So stelle ich mir die Hölle vor, dachte sich Casey.

„Aber was wollt Ihr von mir?“

„Das wirst Du noch sehen.“

Im nächsten Moment schossen zwei leuchtende Ketten aus dem Boden, umschlangen Caseys Körper und fesselten Ihn an einen pfahlförmigen Felsen.

„Was soll das? Lasst mich wieder frei!-Ruuusty!“
 

Die kleine Dampflok, welche abermals vor dem unheimlichen Höhleneingang angekommen war, zuckte zusammen. War das nicht Caseys Stimme gewesen?

Langsam rollte er wieder in die Höhle und lauschte. Und tatsächlich! Aus dem Inneren drang der Ruf seines Lehrlings zu Ihm.

„Casey! Bist Du da drin?“ schrie Rusty, um das Grollen der Flammen zu übertönen.

„Rusty?-Rusty!!“

„Nicht schon wieder! Wie kommt Casey auf einmal in die Höhle?“

„Ich fürchte, das waren die Hüter.“ seufzte Galathea.

„Was?“

„Sie wollen, dass Du zu Ihnen kommst. Egal wie.“

Rusty stöhnte genervt auf. Jetzt musste er wohl schon wieder den Retter spielen! Langsam reichte es ihm mit den ganzen Aufregungen. Aber er konnte Casey nicht im Stich lassen. Er konnte es einfach nicht. Dazu hatten Beide schon zu viel erlebt. Und ein Ende dieser Erlebnisse war wohl nicht abzusehen.

„Rusty…“

„Cyrill!“

„Die Feuerkobolde haben Caseys Seele zu sich geholt. Wenn Du nicht willst, das er für immer Ihr Gefangener bleibt, musst Du dich Ihrer Prüfung stellen.“

„Na großartig!“

„Wie Galathea es schon sagte. Du brauchst die Flammen nicht zu fürchten. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich war der Erste, der diese Höhle betreten hat.“

Rusty ballte die Fäuste und er ließ einmal geräuschvoll Dampf ab.

„Na schön. Na schön! Wenn Ihr es so wollt Hüter, dann komme ich eben!“ rief die Dampflok in die Höhle „Aber ich tue das einzig und alleine nur wegen Casey! Damit das klar ist!“

„Das ist die richtige Einstellung. Hab Vertrauen, Dir wird nichts passieren.“ lächelte Galathea. Rusty wusste, das er Ihr vertrauen konnte. Das Drachenweibchen würde Ihn niemals belügen, das spürte er. Also nahm er all seinen Mut zusammen und rollte abermals in das rotglühende Licht der Höhle.

„Diesmal bin ich auf diesen Feuerdrachen gefasst…der macht mir keine Angst mehr! Keine Angst….“ knurrte Rusty und sah sich nach allen Seiten um. Und da kam er auch schon brüllend angeschossen. Und die kleine Dampflok antwortete diesmal nicht mit weglaufen-sondern mit einem Wasserstrahl!

„HOOOUUUAAH! Lass das!“ brüllte der Flammendrache und wich zur Seite aus.

„Wusst ichs doch. Du magst Wasser nicht.“

„Ich würde aber hier drinnen sparsam mit deinem Wasser umgehen. Denn hier gibt es keinen Fluss oder keine Quelle.“

„Jetzt wo ich dich so vor mir sehe, bist Du gar nicht so schrecklich, wie am Anfang.“

„Dann hast Du die erste Hürde bereits geschafft.“

Rusty streckte seine Hand aus und berührte vorsichtig die Schnauze des Flammendrachen.

„Galathea hatte recht. Die Flammen verbrennen mich nicht.“ dachte er.
 

Plötzlich erschien ein Feuerkobold vor den Füßen der Dampflok.

„Wuah! Wer bist Du?“

„Wir haben deinen kleinen Lehrling gefangen! Weil er sich unbefugt in unserem Gebiet aufgehalten hat.“

„Was? Casey ist doch bei Meister Justus! Das kann nicht sein!“

„Du hast Ihn doch gehört, oder?“ keckerte Flammenhüter.

„Aber-hier drin kann kein Mensch lange überleben!“

„Das stimmt. Aber Du kannst Ihn wiederhaben-wenn Du die Prüfung bestehst, die wir dir auferlegen werden.“

„Was für eine Prüfung?!“

„Folge diesen Pfad hinunter in unser Reich, dann wirst Du es erfahren.“

Der Feuerkobold verpuffte in einer kleinen Flamme.

„Halt! Warte!“ rief Rusty. “Oh nein….was mach ich jetzt nur…“

„Geh nur, kleiner Feuerbruder.

„Na schön. Wenn Ihr es so wollt… Du kommst nicht mit?“

„Mein Lebensraum ist hier oben. Ich darf in das Reich der Hüter nur mit der Erlaubnis des Königs.“

„Verstehe. Du bist wohl der Wachdrache für hier.“

„Mrh, so könnte man das auch sagen.“

„Hast Du eigentlich auch einen Namen?“

„Ja-Pyro.“

„Ich bin Rusty. Also bis später, Pyro. Vielleicht sieht man sich.“
 

Caseys Körper zuckte unruhig hin und her, Schweiß lief Ihm über das Gesicht. Meister Justus wich nicht von seiner Seite und kühlte die Stirne des Bewusstlosen.

„Das haben die Hüter noch nie getan….na ja, es hatte ja auch noch keine Lok jemals solche Angst, die Höhle der ewigen Flammen zu betreten.“ dachte er.
 

Rusty folgte dem gewunden Pfad immer tiefer in die Höhle hinab.

Rechts und links des Felsenpfades loderte das Inferno. Feuer wohin man sah. Tief unter Ihm brodelte die Lava und immer wieder schossen meterhohe Flammenzungen empor, die ganze Umgebung glühte in einem tiefen Rot.

„Unheimlich, echt unheimlich….Casey, in was für eine Sache sind wir da bloß wieder reingeraten! Ich hoffe, es ist die Sache wert, nachher Feuerattacken zu beherrschen!“

„He, vorsicht!“

Das leise Keckern ließ Rusty innehalten. Vor Ihm auf dem Pfad hockte ein rundlicher kleiner Feuerkobold und sah ihn mit großen Augen an.

„Oh, entschuldige. Ich hab dich nicht gesehen.“

„Schon gut. Bist Du der Feuerbruder Rusty?“

Die Dampflok nickte.

„Ich bin Flammentänzer. Schon lange hat uns keiner mehr von euch besucht. Als der Letzte hier war, war ich noch sehr jung.“

„Das liegt daran, das es so gut wie keine Dampfloks mehr gibt.“ seufzte Rusty.

„Das ist schade. Sehr schade.“ meinte Flammentänzer.

„Ich suche meinen Lehrling Casey. Weißt Du wo er ist? Kannst Du mich zu Ihm bringen?“

Der rundliche Feuerkobold nickte und fragte dann: „Darf ich mal deine Feuerbüchse sehen?“

„Wie? Na gut.“

Rusty öffnete den Deckel und Flammentänzer hopste hinein.

„Hey, sei vorsichtig-ach, Du bist ja ein Feuerkobold, dir macht das ja nichts aus. Uah, vorsichtig! Du schiebst meine Kohle ganz durcheinander!“

„Du hast es aber nett hier. Hier könnte man sich fast niederlassen.“

„Tja, aber das Feuer brennt nicht ununterbrochen. Nur meine Lebensflamme ganz hinten.“

Flammentänzer krabbelte über die glühenden Kohlen bis vor die hinterste Kammer.

„Hey-hihi, das kitzelt!“

Rusty kratzte sich nervös über den Bauch.

Flammentänzer hatte indes das hintere Ende der Feuerbüchse erreicht. Mit großen Augen besah sich der junge Feuerkobold Rustys Lebensflamme.

„Du hast eine sehr schöne und reine Lebensflamme.“

„Echt? Ich dachte, alle Flammen wären gleich.“

„Oh nein. Jede Flamme ist anders. In Form und in den Farben. Wir Feuerkobolde kennen uns da aus.“

„Na klar.“ seufzte Rusty und hob die Augenbrauen. „Also, wie kommen wir zu Casey?“

„Folge einfach weiter diesem Pfad. Er führt uns direkt in unser Reich.“

Flammentänzer krabbelte wieder nach vorne und lugte aus der halb geöffneten Klappe der Feuerbüchse ins Freie.
 

Je tiefer es in den Berg ging, desto mehr hatte Rusty den Eindruck, das die Hitze immer mehr zunahm. Er erinnerte sich daran, wie Digger Ihm einmal erzählt hatte, das tief unter der Erde das Gestein flüssig war, Wissenschaftler von Elektanis hatten dies bei Ihren Forschungen herausgefunden und nutzten sogar diese geothermische Wärme.

„Wir sind gleich da. Siehst Du da vorne die Insel im großen Lavasee?“ sprach Flammentänzer.

Halb lief, halb rollte Rusty den steinigen Pfad zur Insel herab. Zwischen den Felsen tauchten nach und nach immer mehr Feuerkobolde auf, immer öfters war ihr charakteristisches Keckern zu hören.

In der Mitte der Insel erkannte Rusty jetzt einen felsigen Pfeiler-und daran war Casey mit einer leuchtenden Kette gefesselt.

„Casey!“

„Rusty! –Dem Starlight sei Dank!“

Etwas schlitternd kam die kleine Dampflok auf der Insel zum Stehen.

„So, hier bin ich. Lasst Casey sofort frei! Ich werde die Bedingungen erfüllen, die Ihr mir stellt.“

„Du hast also den Mut gefunden, hierherzukommen.“

„Ich kann meinen Lehrling nicht im Stich lassen. Aber ich finde es fies, das Ihr ihn einfach entführt habt!“

„Wir mussten eben zu einer Spezial-Maßnahme greifen.“

„Nur damit ich herkomme? Na toll!-Casey? Geht es Dir gut? Du wirkst so…irgendwie durchsichtig.“

Flammentänzer sprang aus der Feuerbüchse und sagte:“ Das kommt daher, das nur seine Seele hier ist.“

„Ach ja, Cyrill hat es mir ja gesagt.“

„Cyrill spricht zu Dir?“

„Ja, manchmal.“

Ein Raunen ging durch die anwesenden Feuerkobolde.

„Dann ist er dein spiritueller Führer auf deinen Reisen.“ bemerkte Flammenhüter.

Rusty sah seinem Lehrling an, das die Hitze Ihm immer mehr zu schaffen machte.

„Ihr, Feuerkobolde! Schickt Casey sofort zu Meister Justus zurück! Die Hitze bekommt Ihm nicht!“

„Unser Feuerbruder hat recht.“ nickte Flammentänzer.

„Nun gut. Du hast den Weg hierher gefunden und das wollten wir ja. Er kann wieder in seinen Körper zurück.“ brummte der König und hob eine Hand. Sofort fielen die Ketten ab.

„PYRO!!“ rief er laut.

Sekunden später kam der Flammendrache angeflogen.

„Bringe die Seele des jungen Lehrlings zurück.“

„Wie Ihr wünscht, Hoheit.“ nickte das Wesen aus Flammen. „Steig auf, junger Lehrling.“

Casey tat wie Ihm geheißen, tatsächlich fand er auf dem Rücken von Pyro Halt.

„Danke, Rusty. Du bist ein echter Freund.“ lächelte Casey, bevor er mit dem Flammendrachen emporstieg und auf den Ausgang auf dem Gipfel zusteuerte.

„Mach Dir keine Sorgen. Seine Seele ist wieder auf den Rückweg in seinen Körper.“ erklärte Flammentänzer.
 

Schneller als er dachte, befand sich Casey wieder vor dem Eingang zur Höhle von Meister Justus.

„Schwebe jetzt einfach in die Höhle. Deine Seele findet von alleine wieder zu deinem Körper.“

„Okay-woah, ja, Du hast recht! Leb wohl, Pyro und danke!“ rief Casey, als er von einer unsichtbaren Macht in Richtung Höhleninneres gezogen wurde.

Und wenige Augenblicke später schlug er die Augen auf-und fuhr auf seinem Lager hoch.

„Casey! Dem Starlight sei Dank! Da bist Du ja wieder!“

„Mann, das war echt abgefahren, Meister Justus! Ich war tief im Krater des großen Vulkans im Zentrum der Insel! Ich bin Rusty begegnet! Er hatte zuerst Angst, die Höhle zu betreten, doch wegen mir ist er gekommen. Allerdings war etwas verstimmt, das die Feuerkobolde mich als Lockvogel benutzt haben.“

„Daran siehst Du, das man die Hüter der ewigen Flammen nicht verärgern darf.“

„Aber jetzt hab ich einen schrecklichen Durst!“ sagte Casey und stand langsam auf.
 

„Flammentänzer, da Du bereits mit unserem Feuerbruder Freundschaft geschlossen hast, wirst Du ihm auf dem Pfad der Findung zur Seite stehen.“ erklärte unterdessen der König der Feuerkobolde.

„Ja, eure Hoheit.“

„Geht es jetzt mit dieser Prüfung los?“ wollte Rusty wissen.

„Dein Vertrauen in das Feuer ist durch jenen schrecklichen Unfall von damals gestört. Das muss wieder in Ordnung gebracht werden. Und dazu musst Du den Pfad der Findung beschreiten, um dieses Vertrauen wieder zu erneuern und um dein Feuer besser nutzen zu können. Und dazu brauchst Du keine Hilfsmittel, nur deine Kohle.“

„Also gut.“

Rusty spürte, das die Hitze um Ihn herum Ihn immer weniger belastete. Vielleicht konnten ihm die Feuerkobolde wirklich den richtigen Umgang mit Feuer lehren. Er wusste nun, das er niemals den Spiritus hätte verwenden dürfen. Es gab nun mal Dinge, die für eine Dampflok tabu waren.

„Siehst Du den gewundenen Weg dort? Den müssen wir folgen.“ erklärte Flammentänzer.

„In Ordnung. Bin gespannt, was mich erwartet.“ meinte Rusty.
 

Also verließen die Beiden wieder die Felseninsel und stiegen langsam neben dem großen Lavasee noch tiefer in den Krater hinab. Rusty fragte sich, was Ihm am Ende dieses Weges

„Kohle! Die liegt hier einfach so herum! Ein Paradies für uns Dampfloks. Wenn nur nicht dieses ganze vulkanische Feuer wäre.“
 

Plötzlich erfüllte ein schauriges Heulen die Luft.

„UAH! Was ist das?“

„Ah, das ist die Seele des Tyrannen Sydar.“

„Was? Der Tyrann, der von Cyrill besiegt wurde?“

„Genau. Wegen seiner bösen Taten wurde seine Seele hierher verbannt. Siehst Du diese vergitterte Höhle? Dahinter sitzt er seine Strafe ab. Erst wenn wenn er diese verbüßt hat, kommt seine Seele wieder frei und kann ins Jenseits. Aber das wird noch eine Weile dauern, hat mein großer Bruder gesagt…“

„Also hier möchte ich nicht für Ewigkeiten festsitzen…“ murmelte Rusty.

„Es kommen auch nur wirklich böse Seelen hierher.“

Rusty beeilte sich, außer Hörweite des klagenden Jammerns zu kommen, Flammentänzer hopste hinter Ihm her.

„Das geht ja immer tiefer hinunter! Wenn das so weitergeht landen wir noch im Kern dieser Welt..“ dachte die kleine Dampflok unbehaglich. „Außerdem spüre ich, das mein Wasservorrat langsam zur Neige geht. So langsam müssten wir mal am Ziel ankommen. Und wie ich lebend wieder hier herauskommen soll, ohne Wasser, ist mir ein Rätsel…“
 

Der Pfad endete schließlich am Rand einer großen und tiefen Grube. Ein helles gelbes Licht drang nach oben, Rusty konnte kaum hineinsehen. Es war, als blicke er direkt in die Sonne. Er wandte seinen Blick zur Seite und fragte Feuertänzer: “Und wie soll es nun weitergehen?“

„Da unten findest Du die Antwort.“

„WAS?-Hör mal, das da unten ist warscheinlich der heißeste Punkt des ganzen Vulkans, wenn nicht sogar der Kern dieser Welt. Da unten kann keiner überleben! Ich würde in Sekunden zusammenschmelzen! Du glaubst doch nicht, das ich da runterspringe oder so!“ rief die Dampflok aufgebracht. Dabei machte sie einen unachtsamen Seitenschritt zu nahe an den Rand der Grube, das poröse Gestein brach weg und Rusty verlor den Halt! Wild ruderte er mit den Armen, drehte sich, kippte nach hinten weg-und stürzte mit einem gellenden Schrei in die Tiefe!

Flammentänzer hatte sich mit einem Satz an die Öffnung der Feuerbüchse geklammert und fiel nun mit der kleinen Dampflok in die scheinbar bodenlose Tiefe.

Aber der Aufprall kam nicht. Statt dessen verlangsamte sich Rustys Fall, bis er plötzlich ruckartig zum Stehen kam. Die kleine Dampflok hielt die Augen zusammengekniffen.

„Rusty…“ rief plötzlich leise jemand seinen Namen.

„Flammentänzer?“

„Mach die Augen auf.“

Langsam schlug die kleine Dampflok die Augen auf. Um ihn herum sah er nur ein goldenes Licht. Und vor Ihm schwebte Flammentänzer.

„Wo-wo sind wir hier? Bin ich jetzt auf den Weg zum Starlight Express?“

Der rundliche Feuerkobold gluckste.

„Aber nein, kleiner Feuerbruder. Wir sind genau da, wo vor Dir auch all die anderen Dampfloks gewesen sind, die sich dieser Prüfung unterzogen haben.

„Heißt das, die sind alle freiwillig in dieses Loch gesprungen?“

Flammentänzer nickte. Aber keiner hat jemals so gezögert wie Du. Sie hatten alle Vertrauen in sich selbst und wussten, dass Ihnen nichts geschehen würde.“

„I-ist das etwa…“

„Ja, Du bist im Kern dieser Welt. Wo das Feuer geboren wird.“

Rusty riss die Augen auf und sah sich erstaunt um. Er schien irgendwo in diesem goldenen Licht zu schweben, kleine goldene Flammen züngelten an seinem Körper entlang, verbrannten Ihn aber nicht. Es war fast, als streichelten sie Ihn sanft im Vorrübergleiten.

„Hier wird das Feuer geboren?“

Der Feuerkobold nickte.

„Ich dachte…es wäre eine einzig und alles verzehrende Hölle….“

„Für manche ist es das. Aber diejenigen die unter dem Schutz der Drachen und Feuerkobolde stehen, haben nichts zu befürchten. Du bist genauso ein Wesen des Feuers wie ich.“

„Was? Ich?“

„Natürlich auf andere Weise. Aber Du wurdest aus Feuer geboren, als man deine Hülle aus glühendem Metall erschuf und Feuer gibt Dir die Energie um zu funktionieren.“ erklärte Flammentänzer.

„Ich glaube, ich fange an, die Zusammenhänge zu verstehen. Feuer ist nötig, damit Metall und Stahl entstehen kann. Ohne dies geht es nicht.“

„Das ist richtig. Und jetzt verstehst Du sicher auch, warum Du keine Angst vor dem Feuer haben musst-vorausgesetzt, Du setzt es richtig ein.“

Rusty nickte und ließ seinen Blick wieder schweifen. Das goldene Licht verbreitete in seinem Innern eine angenehme Ruhe, er fühlte sich entspannt und schwerelos-und froh. Nein, er brauchte Feuer wirklich nicht zu fürchten.

„Das…das ist phantastisch…“

Rusty verspürte nun keine Angst mehr.

„Hehe, Greaseball würde hier keine drei Sekunden bestehen.“ gluckste er.

„Greaseball?“

„Er ist ein Diesel.“

„Oh, ich verstehe.“

„Und nun schließe die Augen und konzentriere dich. Konzentriere dich auf deine innere Energiequelle.“

Plötzlich konnte er eine bekannte Stimme in seinen Gedanken hören.

„Feuer ist Kraft-und Wärme. Selbst die Sonne ist pures Feuer. Ein brennender Feuerball, ohne den diese und andere Welten nicht existieren könnten.“ erklärte der König der Feuerkobolde.

„Ja, ich sehe es...“ murmelte Rusty. Vor seinen geschlossenen Augen erschienen in seinen Gedanken Bilder.

„Komm mit auf eine Reise in die Vergangenheit, als die Menschen gerade gelernt hatten, auf zwei Beinen zu gehen. -- Das erste Feuer kam vom Himmel-“ ein Blitz zuckte aus den Wolken und schlug in die Grassteppe ein. „Und aus der Erde.“ Ein Vulkan schleuderte glühende Brocken heraus, die gleichfalls im Gras landeten, das sich entzündete.

„Die Menschen erkannten schon bald, welchen Nutzen das Feuer brachte. Ohne das Feuer hätten sie warscheinlich die immer kälter werdenden Perioden nicht überlebt. Und es bot auch Schutz vor wilden Tieren. “

„Aber die Menschen benutzen das Feuer auch um zu zerstören.“

„Das stimmt, es wurde auch für zerstörerische Zwecke benutzt, das ist wahr. Doch das ist nur die eine Seite. Ohne das Feuer wären die Menschen heute nicht das , was sie sind. Viele Erfindungen, unter anderem auch ihr Dampfloks, hätten ohne Feuer nicht realisiert werden können. Verstehst Du, Rusty? Feuer ist die Kraft, die dich und deine Brüder und Schwestern vorantreibt. Denke immer daran. Du brauchst nur das reine Feuer, mehr nicht.“

„Ich habe verstanden, großer Feuerkönig.“

„Du kannst diese Kraft jederzeit nutzen.“
 

„Ja. Die treibende Kraft.“

Plötzlich wurden Rustys Augen wieder pupillenlos er überkreuzte die Arme vor der Brust und stieß sie dann wieder von sich. Gleichzeitig verdunkelte sich sein Körper, aber die Leitungen, die Ihn durchliefen, färbten sich golden wie das Licht um Ihn herum. Im nächsten Moment erlosch der Zustand wieder.

„Was-war denn das?“

„Du kannst in den Starlight-Zustand gehen! Das konnte bisher nur der legendäre Cyrill!“

„War ich etwa schon wieder in diesem Zustand? Ich…ich kann das einfach nicht steuern…aber-ich fühl mich jetzt irgendwie anders…“

„Bereit für Feuerattacken?“

„Ja.“ nickte Rusty lächelnd.

„Dann ist deine Findung nun beendet. - PYRO!“ rief Flammentänzer laut.

Im nächsten Moment schoß der Flammendrache von oben herab und nahm Rusty auf seinen Rücken.

„Meine Aufgabe ist nun erfüllt. Alles Gute, kleiner Feuerbruder.“ erklärte Flammentänzer.

„Leb wohl, kleiner Freund.“ lächelte Rusty. „Und danke für deine Hilfe.“

In atemberaubender Geschwindigkeit brachte Pyro Rusty aus den Tiefen des Vulkanes wieder an die Oberfläche und bis vor die Höhle.

„Fuuh, danke, Kumpel. Ohne deine Hilfe hätte ich es wohl nicht zurückgeschafft. Mein Wasser ist fast alle.“

„Deshalb bin ich ja da. Alles Gute, kleiner Feuerbruder.“

„Danke, für alles.“ murmelte Rusty, als sich der Flammendrache langsam auflöste.
 

„Seht Ihr, Hoheit, auf meinen kleinen Bruder kann man sich verlassen.“ lächelte Flammenhüter.

„Du hat deine Sache gut gemacht, Flammentänzer.“ nickte der König der Feuerkobolde dem rundlichen Untergebenen zu, welcher neben seinem ältern Bruder stand.

„Danke, Hoheit.“ lächelte der Jüngere etwas verlegen.
 

Bevor Rusty die Höhle verließ, starrte er nachdenklich auf seine Hände.

„Es ist tatsächlich nichts passiert. Nicht eine Brandverletzung. Wenn ich da damals an meine armen Haare und meine Hülle denke…ich hab mich zwei Wochen nicht vor die Tür getraut.“ seufzte er leise. Dann lächelte er. „Casey wird staunen, wenn ich Ihm erzähle, wo ich war.“
 

Dann trat die kleine Dampflok langsam nach draußen.

Fafnar und Galathea hoben ihre Köpfe, als sie die Bewegung am Höhleneingang wahrnahmen.

„Rusty! Ich sehe an deinem Gesicht, das Du erfolgreich warst.“ sagte Zweitgenannte.

Die Lok nickte.

„Die Feuerkobolde konnten mich eines Besseren belehren. Ich war im Kern dieser Welt um das zu erfahren. Jetzt weiß ich, dass das Feuer keine Gefahr mehr für mich ist, wenn man es richtig einsetzt. Feuer zerstört nicht nur, es ist auch Leben-es erzeugt Energie für uns Dampfloks.“

Rusty konzentrierte sich, atmete tief ein und als er mit geöffneten Mund wieder ausatmete, schoss eine Flammenkugel heraus!

„Er hat es geschafft! Er hat seine erste Feuerattacke gelernt!“ freute sich Galathea.

„Woah! Es klappt wirklich! Und ich habe keine Angst mehr, es zu tun! Sie ist weg! Casey und Meister Justus werden Augen machen!“

Fafnar grunzte zufrieden und verzog nun das erste Mal, seit er Rusty begegnet war, das zähnestarrende Maul zu einem Lächeln.

„Und nun komm, es wird Zeit, zurückzukehren. Steig auf.“ brummte er.

„Ich soll auf deinen Rücken steigen? Aber ich wiege über sechs Tonnen!“

„Hab keine Angst! Ich bin der Stärkste von allen! Was glaubst Du, wer dich von dem Riff hierhergeflogen hat?“ lachte Fafnar.

„Das warst Du?“

Der rote Drache nickte.

„Das glaubt mir Keiner daheim.“

Rusty kletterte auf die Schultern des roten Drachen und hielt sich an eine der Schuppen des Halses fest. Fafnar breitete seine riesigen Schwingen aus, zwei schnelle Schritte, er stieß sich kraftvoll ab und erhob sich in die Luft. Galathea folgte.

„Wie wäre es, wenn wir zusammen eine Feuerattacke versuchen?“ fragte Fafnar, als sie auf das Meer hinausschwenkten.

„Uh-wir beide? Also gut. Aber lach mich nicht aus, wenn ich es versiebe.“

„Schon gut. Das wirst Du nicht.-Bereit, Rusty?“

„Bereit.“ nickte die kleine Lok.

Beide holten Luft und als sie ausatmeten, schoss je eine längliche Flamme aus Maul und Mund Und dann verschmolzen die beiden Flammenzungen nach einigen Metern zu einer Großen.
 

„Wow! Jetzt bist Du wirklich Ihr kleiner Feuerbruder!“

Rusty und der Drache wandten Ihre Köpfe. Egidia schloss zu Ihnen auf und sie trug jemanden auf Ihrem Rücken.

„Casey! Du hast es gesehen?“ rief die kleine Dampflok.

„Ich wusste, das Du es schaffen würdest.“

„Die Feuerkobolde haben mir dabei geholfen.-Aber, wo kommt Ihr beide denn so schnell her?“

„Egidia hat bemerkt, das Ihr auf dem Rückweg wart und hat mich abgeholt.“
 

„Das Grundprinzip hat er jetzt kapiert. Jetzt muss er seine Technik nur noch verfeinern.“ meinte Galathea.

„Kennst Du jemanden, der ihm dabei helfen könnte?“

„Mmmm....in Edo gibt es einen Meister der Elemente, habe ich gehört. Er könnte ihm noch mehr beibringen.“

„Edo? Das liegt auch auf unserer Reise.“ sagte Casey. „Meister der Elemente. Hört sich sehr interessant an.“
 

Wieder zurück bei Meister Justus, führte Rusty noch einmal seine Feuerattacke vor. Danach musste er heftig husten.

„Tut mir leid, aber mein Wasser ist alle.“ krächzte die Dampflok. Dann rollte er hinunter an den nahen See und füllte erst einmal seinen Tank auf.

„Wir bringen euch morgen zurück auf das vorgelagerte Riff und geben dann das Zeichen, das Ihr abgeholt und zurück auf das Festland gebracht werdet.“ erklärte Fafnar.

„Alles klar.“ nickte Casey.

Schließlich kehrte Rusty zurück.

„Na? Wassertank voll?“ grinste der Lehrling. Sein Lokpartner nickte.

„Und noch etwas Wichtiges. Feuerattacken verbrauchen die meiste Energie. Wende sie also nicht zu oft hintereinander an, sonst ist dein Feuer zu schnell heruntergebrannt und dein Wassertank schneller leer.“ erklärte Meister Justus.

„Danke für den Tip.“

„Ich habe hier noch etwas für dich.“

Rusty hockte sich nieder und der Schlosser holte ein breites, elastisches Band hervor. Dieses zog er der Lok nun über die Stirn.

„Passt perfekt.“

„Ein neues Stirnband?“

„Das bekommen alle Loks von mir, die hier waren.“

„Das habe ich selber noch nicht geshen. Zeig mal her, Rusty.“

Vorne befand sich eine Metallplakette, in die das Symbol einer Flamme eingraviert war.

„Sieht cool aus.“

„Vor einigen Jahren war sogar einmal eine E-Lok aus Elektanis hier zu Besuch. Sie bekam von mir eines mit einem Blitzsymbol auf der Plakette.“

„Wir treffen uns dann morgen früh unten am Strand.“ erklärte Fafnar.

„Alles klar. Wir werden pünktlich sein.“ nickte Meister Justus.

„Galathea…“

„Ja, Rusty?“

Das Weibchen wandte seinen Kopf.

„Danke für deine Geduld.“

„Gern geschehen, kleiner Feuerbruder.“
 

Wenig später waren alle Drei in der Werkstatt versammelt.

„Deine Komponenten sind nun alle aufgearbeitet und fertig.“

„Endlich! Ich bin froh, wenn ich wieder in meiner Hülle stecke.“ seufzte die Dampflok.

„Fangen wird von unten an.“ erklärte Meister Justus und rollte einen Wagen herbei, in dem sich die Teile befanden.

Als Rusty sein Oberteil wieder aufgesetzt bekam, fühlte es sich anders an.“

„Seltsam...fühlt sich an, wie...Leder...“

„Das ist Drachenhaut, Kumpel. Während Du unterwegs warst, haben ich und Meister Justus eine dünne Schicht aufgebracht. Weißt Du, manchmal streifen Drachen ihre alte Haut ab, wenn sie ihnen zu eng geworden ist. Und diese Haut kann für viele nützliche Dinge verwendet werden. Wir waren an einem speziellen Ort, wo Drachen sich häuten und haben dort diese Häute gesammelt.“ erzählte Casey.

„Schlangen häuten sich auch. Digger hat mir das mal mit einer Fleckenotter gezeigt. Von denen leben Einige im verlassenen Teil des Bahngeländes. Sie sind aber harmlos.“ bemerkte Rusty.

„Genau. Sie sind ja auch mit den Drachen verwandt. Auf jeden Fall ist so eine Haut ein guter Feuerschutz für Außen. Du brauchst also keine Angst mehr zu haben, anzukokeln.“ grinste der Lehrling.

„Apropos ankokeln: Für dich habe ich auch noch ein kleines Abschiedsgeschenk, weil Du so fleißig mitgeholfen hast, Casey. Hier.“

Justus reichte dem Jungen eine flache Schachtel aus Holz. Oben im Deckel war das Bild eines Drachen eingeschnitzt.

„Wow! Danke! Die ist echt toll!“

„Schau aber erst einmal, was drin ist.“

Casey klappte den Deckel auf. Im Innern lagen zwei olivgrüne Lederhandschuhe.

„Oooh, sieh nur Rusty! Haben sie die selbst gemacht?“

Justus nickte. „Und das sind keine normalen Arbeitshandschuhe. Diese sind aus Drachenhaut gefertigt.“

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll...“

„Es freut mich, das sie Dir gefallen. Sie sind übrigends absolut feuerfest. Was natürlich nicht heißen soll, das Du damit ins Feuer greifen sollst. Aber sie sind sehr widerstandsfähig.“ lächelte der Meister. „Ich denke, sie passen Dir.“

„Mal sehen...hm..noch ein wenig groß, aber ich wachse ja noch. In ein-zwei Jahren sitzen sie dann perfekt.“

„Nun siehst Du, was ich in den langen Winterabenden mache.“

„Wirklich kunstvolle Dinge.“ lächelte Casey.
 

„Und Du bist nun auch wieder komplett.“ lächelte Meister Justus und zog die letzte Schraube fest.

„Ich danke Ihnen, Meister. – Puh, ist schon ein Unterschied ohne die ganzen Aufsätze. Das merke ich jetzt.“
 

Am nächsten Morgen folgte der Abschied. Meister Justus begleitete die Beiden zum Strand wo bereits Fafnar und Galthea warteten. Auch Egidia war anwesend.

„Alles Gute, kleiner Feuerbruder. Und auch für eure weitere Reise, junger Lehrling.“

„Danke, Egidia. Lass Opa Sidonius von uns grüßen.“ lächelte Casey.

„Das werde ich.“ nickte das Drachenweibchen.
 

„Gute Reise!“ rief Meister Justus und winkte.

Casey blickte der langsam im Nebel versinkenden Insel nach. Wieder einmal war ein aufregendes Abenteuer zu Ende gegangen.

„Dinah und Dustin werden Augen machen, wenn sie hören, was wir alles erlebt haben!“ lächelte er. „Ich freue mich, sie wiederzusehen.“
 

Auf dem flachen Felsenriff hieß es dann endgültig Abschied nehmen.

„Wir werden dem Fischer ein Signal senden. Er wird euch dann bald abholen.“

„Alles Gute für eure weitere Reise. Und vergiss nicht, was Du bei uns gelernt hast, Rusty.“

„Das werde ich bestimmt nicht, Fafnar.“

„Lebt wohl.“ rief Galathea zum Abschied. Beide Drachen erhoben sich wieder in die Lüfte und flogen zur Insel zurück. Es dauerte nicht lange und eine rote Feuerzunge schoss hoch über Rusty und Caseys Köpfe hinweg. Und noch Eine.
 

Zur gleichen Zeit begann auf dem Pier vor Francoises Haus ein struppiger Briard aufgeregt zu bellen.

„Ist es wieder soweit, Pascal, mon ami?“ fragte der alte Fischer und stapfte auf den Steg.

„Rwoff!“bellte der Hund aufgeregt.

„Dann wollen wir die Beiden mal wieder abholen.“
 

Als die Sonne langsam hinter dem Horizont versank, näherte sich der Kutter von Francouise der Küste.

„Da sind sie!“ rief Dinah, welche mit Dustin und Pascal auf dem Steg wartete.
 

„Rusty! Ich kann Dinah und Dustin sehen!“

Die Dampflok hatte wieder stöhnend den Ladebaum umklammert. Casey seufzte. Seine Angst vor schwankenden Schiffen hatte er nicht verloren.

„Ich will nur wieder auf festen Boden!“ jammerte Rusty. “Sind wir bald da?“

„Ja, Du großer Held.“

Casey schüttelte lächelnd den Kopf, während er am Bug stand und der Kutter langsam seinen Heimathafen ansteuerte.
 

Fortsetzung folgt…



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück