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Mick St. John's - Life before -

Moonlight
von

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Spätsommer 1944 (Teil 2)

Spätsommer 1944 (Teil 2)
 

Das rote Kreuz prangte auf seinem Arm und zeigte deutlich, dass es sich bei ihm um einen Sanitäter handelte. Sicher. Mick wusste, wie er mit der Waffe umgehen musste, aber ihm war das Leben eines Menschen wichtiger! Jedes Lebewesen war etwas ganz wertvolles, pflegte auch schon sein Vater zu sagen und genau daran hielt sich Mick auch immer.

Gemeinsam mit ihrer siebenköpfigen Truppe saßen die beiden Freunde Ray und Mick in einem Wald in Italien und aßen undefinierbare Lebensmittel aus einer Blechschüssel. Sicher irgendein alter Linseneintopf, denn genauso schmeckte das Zeug!

„Verdammt. Dagegen ist unsere Truppenverpflegung Gormetkost.“, murrte Mick und aß einen weiteren Bissen. Wenigstens machte das Zeug satt. Der Rest der Truppe stimmte mit einem ‚Ja’ zu, aber Ray musste natürlich noch einen draufsetzen. „Reich doch Beschwerde ein.“

Mick lachte auf, als sein bester Freund ohne Umschweife weiter sprach. „Oh warte Mal, wir sind mitten im nichts und kämpfen gegen die Deutschen!“, lachte Ray und kaute auf der ekligen, zähen Pampe herum. Mick spuckte zum wiederholten Mal einen harten Kern oder ähnliches aus.

„Das ist doch kein Nichts. Das ist ein Wald! In Italien!“, erwiderte Mick und lauschte einen Moment den zahlreichen Vogelgeräuschen in diesem kleinen Wäldchen, in dem sie sich befanden. Von weit her ertönten leise Motorengeräusche eines Flugzeugs.

Mit einem Mal schloss Mick seine Augen: „Was würde ich jetzt nicht alles für einen von Lailas Sonntagsbraten geben.“, seufzte Mick mit einem Mal auf und lehnte sich gegen den umgestürzten Holzstamm.

Ray schmunzelte. „Mmmh. Ich meine sie hat nicht nur Lena Turners Beine und das Lachen der Garbo! Sie kocht den Braten so gut, dass selbst ein Rabbi in Versuchung gerät!“ Wieder lachten alle auf und stellten sich gerade nicht nur den Braten vor. Just in diesem Moment durchschnitt ein Knall die Stille. Blut spritze und traf Micks Wange.

Ralph, der rechts von ihm saß sank zur Seite. Eine Kugel hatte seinen Hals durchbohrt. Mick sprang sofort auf.

„Runter!“, schrie Ray auf und sprang hinter dem Baustamm, während sich Mick an die Wundversorgung machte und dabei ein offenes Schussfeld abgab.

Auf einmal rannte Ray mit gezogener Waffe los.

„Nein Ray, bleib stehen!“, schrie Mick, doch da hörte er auch schon die Schüsse.

Abgefeuert von Ray. Dieser sah zu Mick und hob noch kurz seine Schultern an. Ein Deutscher weniger auf Gottes schöner Erde.

„Sichert die Umgebung!“, befahl Rey schroff und lief zu Mick zurück.

„Kannst du ihm helfen?“, war seine Frage, als er bei Mick ankam.

„Ich versuch es...“, murmelte er und streute ein Pulver auf die Wunde, versuchte sie mittels seiner Hände zu verschließen, aber es gelang ihm nicht wirklich. Die rote Flüssigkeit ran zwischen seinen Fingern hindurch und benetzte seine Kleidung.

„Schhh...“, kam von Mike, der einen Finger auf seine Lippen legte. „... hört ihr das? Das klingt ganz nach einem Helikopter.“

Die Männer schwiegen. Nur noch das leise atmen und das Geräusch der Vögel war zu hören. Doch da war noch etwas. Mick presste angespannt die Lippen aufeinander, als er deutlich die Laute des Helikopters ausmachen konnte. Verkrampft versuchte er die Blutung von Ralph zu stillen, während er sich umsah. Immer lauter wurden die Geräusche. Micks Blick wanderte hinab zu Ralph. Er lag mit starrem Ausdruck in den Augen auf den Boden. Jegliche Regung war verschwunden, das Leben war ausgehaucht. Resigniert zog Mick seine Hände beiseite und hob seinen Blick. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und fast hatte er die Sorge, dass jemand das hören könnte, doch dann verschwand der Helikopter. Die Truppe atmete auf.

„Was ist mit Ralphi?“, fragte Ray auf.

Mick schüttelte seinen Kopf und wischte sich das Blut von Ralph von seiner Wange. „Wir müssen ihn zurück zum Lager bringen.“, meinte Mick.

„Nein! Wir vergraben ihn hier. Wir können nicht riskieren mit einer Leiche aufgehalten zu werden.“, schnitt Ray ihm das Wort ab.

„Moment! Was ist mit dem Leitsatz, ‚Wir lassen niemanden zurück’?!“, fragte Mick aufgebracht.

Sein bester Freund schüttelte den Kopf. „Der Satz bezieht sich auf verwundete oder in Gefangenschaft geraten Männer.“, erwiderte Ray.

Beide Freunde sahen sich sekundenlang an. Eine Falte hatte sich auf Micks Zügen gebildet. Die Wut und Entrüstung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. „Das kann doch nicht dein ernst sein ... was sollen wir seiner Familie sagen?“, fragte Mick und sah von einem seiner Truppenmitglieder zum anderen. Alle hielten ihren Blick gesenkt.

„St. John: Ich bin Ihr Vorgesetzter“, fuhr Ray ihn scharf an.

Mick knirschte mit seinen Zähnen. „Jawohl ... SIR!“, knurrte er und beugte sich wieder zu Ralph hinab. Er hatte eine richtige Bestattung verdient! Mit zitternden Fingern schnitt er ihm die Hundemarke vom Hals und machte sich dann daran ihn provisorisch zu begraben. Zwei der Truppenkameraden halfen. Danach schritt Ray auch schon los. „Bewegung!“, fuhr er seine Truppe scharf an. Der junge St. John würdigte ihn keines Blickes, sondern sah einfach nur enttäuscht über das Verhalten seines besten Freundes zu Boden.

„Du weißt, dass ich keine andere Wahl habe. Ich muss zum Besten der Einheit handeln...“, sagte Ray mit einem Mal.

Mick hob seinen Blick. Stechend blaue Augen sahen Ray entgegen. „... und darüber hinaus vergisst du, dass wir alles Menschen sind. Ralph hat eine Familie, die niemals sein Grab besuchen kann. Niemand konnte sich von ihm verabschieden, weil wir ihn hier wie ein Tier zurück lassen. Es stimmt. Der Krieg verändert Menschen, nur hätte ich nie gedacht, dass er deine Prinzipien so schnell verändert.“, sprach Mick und schüttelte energisch seinen Kopf. Er klammerte sich an die Waffe, die er mit sich trug und wanderte durch den Graben.

„Mick...“, murmelte Ray, doch sein Freund schüttelte energisch den Kopf.

„Ich will überhaupt nichts mehr hören. Sir.“, kam kühl über die Lippen von Mick, der mit gesenktem Blick voran schritt.

Sie waren hier mitten in Italien und hatten das erste Stück ihrer eigenen Menschlichkeit begraben.
 

Die Sonne versank hinterm Horizont und hüllte den italienischen Wald in tiefe Dunkelheit. Hier und da leuchteten die Augen einer Eule. Die Soldaten hatten es nicht gewagt ein Feuer zu machen. Mick lauschte dem leisen Rascheln der Blätter und den Lauten der Tiere. Er lag auf dem Boden und immer wenn er sich etwas bewegte knackte ein kleiner Ast unter seinem Leib. Ihm fröstelte etwas, weshalb er seine Jacke etwas enger um sich zog.

Ein paar Stiefel wanderte über den trockenen Waldboden, weshalb Mick blinzelte. Ray ließ sich neben ihm auf den Boden fallen, weshalb sich Mick sogleich schlafend stellte. Er wollte im Moment nicht mit ihm sprechen, denn dazu saß die Entrüstung zu tief.

„Ich weiß, dass du nicht schläfst, Mick...“, murmelte Ray. „In Ordnung, ich hab verstanden, dass du nicht mit mir reden willst, aber das hat mich ja noch nie daran gehindert mit dir zu reden. Ich weiß, dass du es nicht verstehen kannst, wieso ich mich heute so verhalten habe, aber ich muss an euch alle denken. Wäre ich alleine, hätte ich Ralph da nicht liegen lassen, aber ich kann doch nicht die ganze Truppe der Gefahr aussetzen.“, erklärte Ray und lauschte in die Stille. Mick weigerte sich zu reagieren, denn für ihn war das alles ein schrecklicher Fehler.

Demonstrativ drehte er sich zur anderen Seite. Ray seufzte auf.

„Irgendwann wirst du es verstehen, St. John...“, raunte Ray auf und erhob sich dann wieder. Er steckte sich eine Zigarette an und pustete den Rauch in die Luft.

„Was wäre...“, sprach Mick auf einmal. Rays Blick richtete sich sofort wieder auf ihn. „... wenn ich das gewesen wäre? Hättest du mich auch einfach dort zurückgelassen, sodass mich irgendwann die Tiere auffressen?“

Ray befeuchtete seine Lippen und atmete tief durch. Mick lachte kühl und entrüstet auf. „Du hättest mich dort zurück gelassen...“, stellte er nüchtern fest und schüttelte leicht seinen Kopf.

„Mick!“, stieß Ray aus.

„Nein! Ich will nichts mehr hören Ray. Ich werde das niemals für gut heißen. Wenn du so handeln willst, dann ... ist das deine Sache, aber verlange nicht, dass ich dich verstehen muss!“, betonte Mick nochmal ausdrücklich.

Ray schwieg.

Eine schmale Kluft war zwischen ihm und seinem besten Freund entstanden. Schweigend blieb er neben ihm sitzen und versuchte wenigstens ein bisschen Schlaf in dieser Nacht zu finden. Am nächsten Tag wartete schließlich ein langer Marsch auf sie.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Luna-Noir
2012-04-10T18:46:14+00:00 10.04.2012 20:46
Ich mag mir nicht vorstellen wie es ist einen Kameraden, oder vielleicht auch Freund zu begraben :(
Oh nö, dass solche Erfahrungen Menschen derart verändern ist schade, und das es evtl. Beziehungen zwischen Personen verändert noch viel mehr…



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