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Die Ferne des Himmels

Zurück auf los
von

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Wie wir leben

Ich hatte mich tatsächlich breitschlagen lassen! Ich! Von dieser kleinen, nervigen Kröte. Was hatte er nur an sich, dass ich all diese Dinge tat? Es war doch Jorden, den ich auf den Tod nicht ausstehen konnte. Oder zumindest hatte ich das immer gedacht. In meinem Unterbewusstsein musste irgendwas erwacht sein, oder aber in meinem Oberstübchen stimmte irgendwas nicht. Möglich war auch, dass da irgendwas erstorben war, was ich nur nicht bemerkte.

Jorden bat mich nämlich darum, mit ihm in einem Bett zu schlafen. Hoffentlich erwartete er jetzt nicht, dass ich jetzt mit ihm ne Kuschelparty veranstaltete, oder so. Das Einzige was ich wollte, war einfach nur in Ruhe schlafen. Ob mir das nun vergönnt war stand wieder auf einem ganze anderen Blatt Papier, denn wie ich vor einer Stunde feststellte, hatte Jorden ein kleines Problem, dem er sich auch Nachts entledigen musste. Ich befürchtete bereits, dass ich auch Nachts noch einmal das Vergnügen hatte ihm dabei behilflich zu sein. Schon der Gedanke daran ließ mich ins Schwitzen kommen. Warum hatten meine Eltern auch nur nicht an so eine praktische Haltevorrichtung gedacht? Für den Fall des Alters vorsorgen, oder für plötzliche, unangekündigte Besuche von Rollstuhlfahrern, die allen Anschein nach nicht alleine schlafen konnten. Eventuell, weil sie von einer gewissen Person ihr Leben lang verhätschelt wurden. Doch ich wollte hier nicht zu sehr hineininterpretieren. Irgendwie musste man dem Kleinen das Leben ja so leicht wie möglich machen.
 

Und nun? Nun liege ich in meinem Bett. Wohl bemerkt zum ersten Mal mit einem Jungen neben mir. Mit einem Jungen! Nicht mal mit Billy habe ich je in einem Bett geschlafen.Das war schon eine ziemlich ungewohnte Situation für mich, die mich einfach nicht schlafen ließ. Zwar wusste ich, dass, dass ich im Gegensatz zu Jorden einfach wegrennen konnte, wenn mir danach war, aber irgendwas hielt mich davon ab. Keine Ahnung warum. Musste schon scheiße sein, wenn man so an diese bitteren Tatsachen gefesselt war. Bei einer solchen Konfrontation wurde einem erst richtig bewusst, wie glücklich man sich schätzen konnte gesunde Beine zu haben. Trotzdem war mir nicht so ganz lieb bei der ganzen Sache. Mit meiner Ex hatte ich nie ein Einschlafproblem. Sie beschwerte sich sogar oft morgens bei mir, dass ich einfach eingepennt sei und wir gar nicht mehr richtig kuscheln konnten. Was mich übrigens nicht auch nur die Bohne interessierte. Darüber beschwerte sie sich übrigens auch immer. Was zum Teufel hatte mich nur geritten je mit dieser Frau zusammen gewesen zu sein? Sicher wars der Sex, was das Einzige war, was sie nie kritisierte. Doch Jorden...der schien irgend wie selten etwas zu finden, was er kritisieren konnte. Der fand ab fast allem etwas Positives.

Dieser schlief nun ruhig neben mir. Ziemlich schnell war das passiert. Sicher war er tot müde. Kein Wunder. So ein Wetter ist ja auch sehr ermüdend. Nur ich kann einfach nicht einschlafen. In mir macht sich immer mehr der Drang breit, eine Kippe zu rauchen. Ein Lungenbrötchen, etwas gutes für meine Lunge tun. Ja wohl. Ich bin ja der Hoffnung, dass ich dann besser einschlafen kann. Innerlich bin ich nämlich schon wieder total aufgewühlt und unruhig. Mir ist aufgefallen, dass es besonders intensiv ist, wenn Jorden in meiner Nähe ist.

Das Alles...ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll...
 

Früh am morgen wurde ich aus dem Bett geklingelt. Meine Laune war sofort im Keller. Ein Blick auf den Wecker sagte mir, dass es kurz nach sieben war. Wer wagte es mich so früh zu wecken, nach dieser schlaflosen Nacht, in der Jorden mich mindestens einmal zur Verrichtung seiner Notdurft aus dem Bett gedrängt hatte. Allerdings hatte ich das in diesem Moment schon fast wieder verdrängt.

Aber um auf das vorige Thema zurück zu kommen. Da konnte es nur eine Antwort geben. Billy war der Einzige Mensch, der sich das trauen würde. Murrend bewegte ich mich aus dem Bett. Ich war noch gar nicht richtig wach, hatte ganz vergessen, das Jorden neben mir schlief. Also stapfte ich murrend durch mein Zimmer und ging die Treppe gemächlich nach unten. Warum sollte ich mich auch beeilen? Er wusste genau, dass ich um diese Zeit nicht der richtige Ansprechpartner für seine irrsinnigen Ideen war. Doch mein Besucher war nicht von der geduldigen Sorte und klingelte wie ein irrer. „Ja, ist ja gut, bin ja gleich da! Nerv nicht. “, murrte ich. Gähnend, am Hinterkopf kratzend, schloss ich die Tür auf und drückte die Türklinke herunter. Doch wer da vor mir stand war nicht Billy, sondern ein ziemlich missgelaunter Will. Der erstach mich schon wieder mit seinen Blicken. Im ersten Moment dachte ich schon er würde darauf warten, dass seine Blicke tatsächlich wirken würden. Zum Glück kam er aber schnell zur Sache. „Wo ist Jorden?“, wollte er wissen. Er wirkte mindestens genauso miesepetrig wie ich und ziemlich unausgeschlafen. Ich brauchte einen Moment, um einen Zusammenhang zu den Dingen die er sagte und meiner Situation zu finden. „Jorden?“, fragte ich dümmlich, Will schnaufte verächtlich. „Ja verdammt Jorden! Sag bloß du bist so daneben, dass du das vergessen hast! Er hat doch heute bei dir übernachtet!“, fuhr er mich ungeduldig an. Stimmte ja. Will war schon immer so, wenn es um Jorden ging. Dann tickte er immer völlig aus, sobald was nicht so lief wie es sollte. Nur Jorden gegenüber nahm er sich immer zusammen. Selbst wenn er laut wurde, wurde er doch nie so ausfallend wie jetzt. Erneut gähnte ich müde. „Ach ja, stimmt ja...der ist oben...der schläft noch.“, murmelte ich mehr, als dass ich redete. Will sah mich an, als fiele ihm in diesem Moment alles aus dem Gesicht. „Oben? Und du lässt ihn einfach so allein, ohne ihn zu wecken?“, knurrte er mich an. Alter! „Jezz krieg dich mal wieder ein. Er hat gepennt und du warst doch der Jenige, der mich wie ein geisteskranker wach geklingelt hat!“, entgegnete ich ihm schlecht gelaunt. „Übrigens siehst du ziemlich scheiße aus...“, fiel mir auf. Will verzog seine Mundwinkel zu seinem schmalen Strich und erwiderte nüchtern, „Kein Wunder, im Gegensatz zu dir, habe ich bis tief in die Nacht gearbeitet und habe natürlich kein Auge zu bekommen.“, erläuterte er. Ich zuckte mit den Schultern. Im Grunde war es mir egal, ob er gut schlief oder nicht. „Also, würdest du mich nun zu Jorden bringen?“, kam er angepisst auf unser voriges Thema zu sprechen. „Oh...der ist oben in meinem Zimmer.“, antwortete ich und bat ihn missmutig herein. Würde Jorden nicht oben in meinem Bett schlafen, wäre ich im Traum nicht darauf gekommen, ihn in dieses Haus, geschweige denn in mein Zimmer zu lassen.

Diese Situation war schon seltsam. Gerade kam ich mir vor wie ein ungeliebter Schwiegersohn, dem man die hysterische Mutter glucke seiner Freundin auf den Hals gehetzt hatte. Diese Mutter glucke, oder in diesem Fall „Bruderglucke“, fand den Weg in mein Zimmer erstaunlich schnell, als hätte er ein Gespür dafür. Schon unheimlich irgendwie. Ich kaum so schnell hinter ihm her, wie er oben war. Als ich in meinem Zimmer angekommen war, hockte er schon vor meinem Bett. „Jorden!“, rieft er besorgt. Der Angesprochene rührte sich und rieb sich die Augen. „Will...was machst du denn hier?“, erwiderte Jorden müde. Will wuschelte ihm liebevoll durch die Haare. Seine schlechte Laune war fast wie weggeblasen. Ob das an Jorden lag? Der Kerl war mir echt ein Rätsel. Denn ich hatte er wartet, dass er Jorden schon ein bisschen zurecht stutzte, aber dazu war er wohl zu müde. Will seufzte, „Na warum wohl,... Ich bin gekommen, um dich abzuholen. Hab dir doch gestern gesagt, dass ich komme sobald meine Schicht zu Ende ist. Leider hat es ein bisschen länger gedauert, weil sie niemanden für die Nacht hatten.“

Da fragte ich mich, was er wohl für einen Job machte, so mitten in der Nacht. Vielleicht als Stripper oder so...aber nein, so was würde der brave Will niemals machen. Dazu war er viel zu anständig. So wie man das beobachten konnte, arbeitete er wohl tatsächlich ziemlich viel. Deshalb wirkte Jorden wohl auch manchmal so verlassen, wenn er von Will redete. Er schien sehr viel allein zu sein. Was das anging, waren wir gar nicht so verschieden. Mit dem Unterschied, dass ich es mir zu einem großen Teil sogar aussuchte. Zwar lag das auch daran, das meine Eltern den Großteil des Jahres irgendwo in der Weltgeschichte herumreisten, aber wenn ich wollte, müsste ich dennoch nicht allein sein. Nur ein Wort genügte und Billy würde sofort bei mir auf der Matte stehen und sicher auch noch einige andere Menschen. Mit den meisten wollte ich je doch eher weniger, oder viel mehr gar nichts zu tun haben, da die Meisten, ekelhafte Heuchler waren. Was so ein großes Haus und reiche Eltern doch für Menschen anzog war doch einfach unfassbar.
 

Jorden war immer noch müde, nickte aber. Mit seinen verwuschelten, hellen Haaren und dem verpeilten Blick, wirkte er fast wie ein niedliches Haustier. Das hieß, wenn ich Haustiere denn niedlich fände. Tat ich aber nicht. Betroffen schaute ich zur Seite. Was dachte ich mir da nur wieder für einen Schwachsinn zusammen?

„Was machst denn für Sachen mitten in der Nacht noch raus zu fahren und das bei dem Wetter, du hättest dir den Tod holen können. Du weißt doch, dass ich mir schreckliche Sorgen mache.“, hielt er ihm erstaunlich ruhig, aber schon streng vor. Komische Mischung. Jorden presste die Lippen auf einander. „Ich weiß doch...Ich wollte was für heute einkaufen, damit ich dich mit einem leckeren Essen überraschen kann...“, murmelte er. Will gewann seine gewohnte Fassung wieder. „Ach, das ist wirklich süß von dir, das weiß ich zu schätzen. Lass und nach Hause gehen ja?“, sagte er so liebevoll beruhigend, wie ich ihn noch nie gehört hatte. Sein Blich war schon immer fast nur auf Jorden gerichtet und er wich ihm so gut wie nie von der Seite. Für Jorden nahm er ziemlich hohe Verantwortung in Kauf. Dabei war er doch selbst noch recht jung, aber was kümmerte mich das? Ich wollte nicht so viel vor mich hin sinnieren, das tat mir eindeutig nicht gut.

„Ja...aber nur unter einer Bedingung...“, unterbrach Jorden meine Gedanken, die auch Will stutzen ließ, „Bedingung?“, sprach dieser meinen Gedanken aus. „Ja! Ich möchte, dass ihr euch vertragt, und... ich würde gern...noch mehr Zeit mit ihm verbringen.“, sprach er das wohl schockierenste aus, dass er je sagte. Was zum Teufel faselte er denn da? So wohl mir, als auch seinem Bruder viel die Kinnlade herunter. „Du willst was?“, harkte er noch mal nach. Jorden nickte. „Du hast mich schon richtig verstanden. Ich weiß, dass ihr euch nicht leiden könnt. Daher möchte ich, dass ihr euch vertragt.“, forderte er und wante seinen Blick dann mir zu. Er wurde ein bisschen rot. „Und...wenn es dir nichts ausmacht, würde ich dich gerne besser kennen lernen...Benjamin...“

Plötzlich war mir, als fiele ich aus allen Wolken...eine Überraschung folgte der Nächsten. Ich hasste Überraschungen...
 

*
 

Billy war mindestens genauso überrascht wie ich, als ich ihm in der großen Pause von dem Ereignissen am Wochenende erzählte. Zunächst wollte er mir nicht glauben, bemerkte aber schnell, dass ich keine Witze machte. Im Großen und Ganzen war ich so oder so gern großer Witzereißer. Wozu auch, so was erschien mir eher sinnlos. Sarkasmus lag mir viel eher. Es half mir zumindest einigermaßen der Welt, in der ich lebte, zurecht zu kommen. „Ich nehme an, dass er es von Anfang an gewusst haben musste. Immerhin war er doch auch nicht sehr überrascht, als er gesehen hat, wie du mit deinen Gegnern umgegangen bist.“, erläuterte er mir ziemlich logisch, als er mit mir über meine kleinen Abenteuer mit Jorden am Wochenende rätselte. Ich sollte ein Tagebuch darüber führen, über all die Dinge, die ich in letzter Zeit so erlebte, seid ich Jorden wieder begegnet war. Das würde sicher niemals an Spannung verlieren und jeder würde es lesen wollen. Ganz bestimmt sogar. Einfach der Wahnsinn. Ohne weiter auf das Gesagte einzugehen, ging er weiter im Text. „Und was hast du ihm geantwortet, als er sagte, er wolle dich näher kennen lernen?“, fragte er neugierig. Neugierde war so was wie Billys Berufung. Im Löchern war er schließlich einsame Spitze. Wenn man es ganz genau nähme und dass was ich hier sagte tatsächlich passierte, sähe ich schon längst wie ein Schweizer Käse aus. Also seufzte ich tief, legte mein Gesicht in meine Handfläche, und stützte meinen Ellenbogen auf der Tischplatte. „Tja, ich schätze, dass ich nicht nein sagen konnte.“, antwortete ich mürrisch und unzufrieden. Ich war unzufrieden mit mir selbst und mit meiner Situation. In letzter Zeit war ich wirklich inkonsequent.

Billy allerdings grinste ziemlich breit. „Ah, Benji, Benji, so kenne ich dich ja gar nicht. Aber irgendwie musste es ja so weit kommen. Ist bestimmt die Strafe für deine vergangenen Schandtaten.“, witzelte er. War ja klar, dass so was kommen musste. Ich verzog genervt die Mundwinkel. „Jetzt guck nicht so. So schrecklich ist es nun auch wieder nicht. Jorden ist doch ganz nett.“, das traf es nicht wirklich. Nett war eigentlich der kleine Bruder von Arschloch und Jorden war keineswegs ein Arschloch. Zu meinem Leidwesen. Denn dann würde es mir sicher leichter fallen ihn einfach zu ignorieren. „Hmm und außerdem ist er doch ganz schön mutig zu sagen, dass er will, dass du dich mit seinem Bruder verträgst. Ihm muss etwas an dir liegen, wenn er darauf solchen Wert legt. Immerhin ist sein Bruder sein Ein und Alles.“, erinnerte er mich an diese unwiderlegbare Sache. Billy trank einen Schluck von seiner Wasserflasche und lehnte sich entspannt zurück. Er schien im Gegensatz zu mir zufrieden mit sich selbst und seiner Welt zu sein. Manchmal fragte ich mich, wie er diese Welt genau betrachtete. Seine Art und Weise musste ziemlich positiv sein. Obwohl ich hier und da das Gefühl hatte, dass er mit seinem Kopf in den Wolken hing, wusste ich dass er darüber hinaus niemals zu hoch schwebte oder die Realität vergaß. Er kam immer wieder auf den Boden Tatsachen zurück. Jorden war ähnlich, aber anders. Jorden war verletzlicher, berührbarer und irgendwie auch stark. So stark, dass er mich einfach mit riss, wie kein anderer Mensch. War das was Gutes, oder was Schlechtes? Ich konnte es nicht richtig einschätzen. Vielleicht hatte ich mich aber auch einfach nur verändert...In einigen Momenten fühlte ich mich bedrängt, gereizt...ein anders Mal...staunte ich...

Manchmal stellte ich mir vor, dass jeder Mensch auf eine ganz bestimmte Weise lebte und sich somit seine eigene Welt erschuf. Jeder versuchte sein Leben irgendwie zu meistern und sich einen Weg zu schaffen, darin überleben. So wie ich, so wie Billy, ...so wie auch Jorden.

Doch wollte ich in Jordens Welt mitgerissen werden? Innerlich sträubte ich mich vehement dagegen. Denn ich wollte keine Schwäche zeigen. Nein! So schwach war ich nicht!
 

Stur und miesepetrig starrte ich an Billy vorbei aus dem Fenster. Der Himmel war auch heute wieder fern...
 

*
 

Einige Tage Später.
 

„Seht mal, den hats wieder mal erwischt.“, „Kein Wunder, der lässt sich ja auch alles gefallen. Nie sagt er etwas.“, hörte ich das Lästern meiner Mitschüler. Ein Blick in den Flur, den Billy und ich gerade betraten, zeigte uns eine Ansammlung von Mitschülern, die sich mal wieder über unser beliebtestes Mobbing-opfer ausließen. Das Schikanieren schwächerer Mitschüler, war an jeder Schule so was wie ein steinernes Gesetz, an das sich die Meisten hielten, weil die meisten Menschen feige waren. Wie hieß es doch so schön: Jeder war sich selbst der Nächste.

Nach einigen Schritten auf die Menge zu, konnten wir genauer sehen, um wen es sich handelte. Natürlich war es Akira, der eingeschüchtert zu Boden sah und nervös an seinem Pullover nestelte. So weit ich mich erinnern konnte, wurde er fast jeden Tag Opfer solcher Schikanen. Seine Kleidung war ganz nass und an seinem Gesicht tropfte auch etwas herunter. Seine Lippen presste er fest auf einander. Glücklich war was anderes. Aber auf der anderen Seite tat er tatsächlich nie etwas dagegen. Er sagte nie auch nur einen Ton und ließ es einfach geschehen, war klein und schwächlich. So wie auch neulich beim Sport. Eine perfekte Zielscheibe, kein besonders guter Überlebenskünstler. Immer wieder prasselte das Gerade auf ihn nieder, immer wieder schubsten und bedrängten sie ihn. Ich konnte sehen, wie sich in seinen Augen etwas widerspiegelte. Furcht und ...etwas noch ganz Anderes. „Benjamin...wir sollten etwas tun.“, meinte Billy plötzlich, der sich in Bewegung setzte. Ich hielt ihn am Arm fest. „Warte,...“, Billy sah mich fassungslos an. „Ich weiß ja, dass du ihn auch nicht gut leiden kannst, aber findest du nicht, dass...“, mit meiner Hand unterbrach ich Billy, der mich immer noch böse anstarrte. Selbst habe ich noch nie besonders viel von Akira gehalten. Nun, ich gehörte ja auch zu denen, die ich gerne quälten, doch etwas sagte mir, dass er heute irgendwie anders wirkte und ich behielt recht.

Im nächsten Moment schaute Akira plötzlich auf und schubste die Jungs weg, die ihn bedrängten und ihn natürlich auch gleich erzürnt ansahen. „Hört auf! Lass mich in Ruhe, ich habe euch nichts getan!“, fasste er all seinen Mut zusammen. Wieder folgte ein Getuschel. „Habt ihr das gesehen? Der hat sich gewehrt.“, „Au wei, das wird er sicher noch bereuen.“, tuschelten sie, um uns herum. „Stimmt, das werden die Jungs nicht auf sich sitzen lassen. Schließlich kann ihn keiner leiden.“, was auch stimmte. Billy sah mich ernst an, „Benjamin, wir sollten jetzt wirklich was machen!“, bestand er nun und setzte erneut an, als die Jungs sich wieder an ihm zu schaffen machten und ihn erneut herum schubsten. Aber sehr weit kam er nicht, denn da tauchte ein Mädchen auf, dass die Jungs mit den richtigen Griffen in die Knie zwang. „Lasst das! Akira hat euch doch gesagt, dass ihr ihn in Ruhe lassen sollt. Wie ignorant seid ihr eigentlich?“, schrie Yui, die sich in das Gerangel einmischte und sich schützend vor Akira stellte. Mutig war sie ja, das musste man ihr lassen. „Hey, was...“, „Lass gut sein..., die ist total irre. Nicht normal, lass uns gehen.“, beschwichtigte einer der Jungs, einen anderen und sie zogen plötzlich ab. Der Eine gab Akira noch einen verächtlichen Blick. Dieser schaute sie nicht an, sondern wand sich ab. Das Getümmel lichtete sich wieder, doch ein Rest blieb gaffend stehen. Yui stemmte die Hände in die Hüften. „Was glotzt ihr so!? Jetzt haut schon ab!“, schimpfte sie laut und auch der Rest lichtete sich. Jedoch nicht ohne weiteres Getuschel.

„Ist das nicht diese Yui?“, flüsterte ein Mädchen, „Ja, dass ist sie. Das ist die, die so unverschämt war sich an Benjamin ran zu machen.“, Empörung machte sich breit, „Echt? Davon hab ich auch schon gehört, ob sie mit Akira auch was anfängt?“, verwunderte, ungläubige Gesichter, und kichern. „Ha,ha von mir aus kann sie den haben...solang sie die Finger von Benjamin lässt.“
 

Als ob mich eine von diesen Tussen interessieren würde. Die bekamen ja nicht mal mit, das ich überhaupt da war. Yui presste die Lippen auf einander, man konnte ihr ansehen, dass ihr dieses Geplapper, nahe ging. Sie schnappte sich Akiras Handgelenk und zog ihn mit sich, in eine der Gänge. Dieses Mädchen...

„Oh man, Akira kann einem echt leid tun, aber sag mal...woher wusstest du das? Woher wusstest du, dass Akira sich wehren wird?“, flüsterte Billy mir zu. Ein Schulter zucken. „Nennen wir es einfach Intuition.“, antwortete ich nur. „Intuition? Das war sicher nicht der einzige Grund. Benji, ich werde das Gefühl nicht los, dass du Menschen analysieren kannst. Das ist echt gruselig.“, erläuterte er mir. Wieder ein Schulter zucken. Darüber, wollte ich mich nicht weiter auslassen. Nicht jetzt. Es gab ganz andere Dinge, über die ich mich verlor. Über Jorden zum Beispiel. Auch als er weg war, konnte ich kaum schlafen. Bin Mittendrin immer wieder aufgewacht, weil ich geträumt habe, er würde wieder neben mir liegen. Eine Horrorvorstellung.

Billy seufzte. „Ich versteh schon, du hast keine Lust darüber zu reden was? Aber ich hoffe dir ist klar, dass auch deine Beliebtheit noch ein echtes Problem werden könnte.“, machte Billy mich aus heiterem Himmel aufmerksam. Der hatte einfach das Thema gewechselt. Ich verstand den Zusammenhang nicht wirklich. „Ja, das weiß ich doch, jetzt nerv doch nicht ständig damit.“, murrte ich. „Schon gut, schon gut, ich halt ja die Klappe.“, meinte Billy gelassen. Darüber war ich ganz glücklich. Mir war nicht sehr nach Reden zu mute. Schon gar nicht über dieses leidige Thema. Es war doch immer dasselbe. Für den heutigen Tag hatte ich nur noch eine Hoffnung. Das das Schultag schnell endete und ich bald nach Hause kam.
 

In der Tat, das war wirklich alles was ich gerade wollte. Nach Hause, eine rauchen und mich hinlegen. Vor mich hin sinnieren. Dieser Welt entfliehen und einfach alles um mich herum vergessen. Wie so oft. Klang sicher nicht sehr erfüllend. Doch das war meine Art und Weise mit dieser Welt klar zu kommen und in ihr zu leben. Wenn man es nüchtern betrachtete, war es wohl eine Art Flucht aus der Realität. Meine Füße klebten noch zu sehr auf dem Boden und ließen sich nicht fortbewegen. An Ort und Stelle würde ich verweilen, bis...etwas passierte, was mich veränderte. Mir Kraft verlieh. Denn meistens fühlte ich mich ausgemergelt, kraftlos. Kein Wunder bei meiner Lebensweise. Tief in meinem Inneren war mir das schon lange klar. Auch wusste ich, dass nicht viel passieren würde, wenn ich nicht auch selbst etwas dafür tat. Etwas in Bewegung setzte. Aber war nicht schon etwas in mein Leben getreten, was mich irgendwie verändert hatte...wollte ich überhaupt darüber nachdenken? Und wie würde es werden, wenn ich es nur zuließe...Mein Kopf war voller Fragen. Fragen, die lange unbeantwortet blieben und deren Antwort ich lange nicht wissen wollte.
 

„Benji, hast du Lust nach der Schule noch was zu machen? Ich hab ein neues Game.“, schlug Billy vor. Ich knurrte leise. „Nein!“, „Ohh, warum denn nicht? Du hast mich wohl gar nicht mehr lieb.“, jammerte er. „Ganz recht, eher friert die Hölle zu!“, Billy grinste breit und lachte schließlich. Sehr witzig...
 

Leben,...in einer Welt in der, der Himmel doch so fern war, wie nichts anderes...



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