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Denn sie wissen, was sie tun…

von Susu-chan
von

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Kapitel 10 - Life

Kapitel 10 – Life
 

„Das ist unser Schiff.“, Shadow zog die weiße Plane herunter und Staub wirbelte auf. Ich hustete und kniff automatisch die Augen zusammen, damit sie nicht anfingen zu tränen.

Als ich sie wieder öffnete, sah ich ein großes Raumschiff vor mir. Es schimmerte metallisch und am Rumpf sah ich das Zeichen von drei gelben Schwänzen.

Anscheinend hatte der Igel sich nicht die Mühe gemacht das Design zu ändern.

„Tails hat ihn Taifun genannt, soweit ich weiß. Ich habe ihn umgebaut, sodass wir damit reisen können. Man kann darin wohnen und ihr könnt euch eure Zimmer selbst aussuchen...Es gibt vier Decks: Im untersten Deck ist die Kapitänskabine, also mein Zimmer. Da habt ihr nichts zu suchen. Das zweite Deck ist die Kommandozentrale, von da aus steuern wir das Schiff und versammeln uns auch im Besprechungsraum. Das dritte Deck ist das Mannschaftsquartier – Da werdet ihr euch die meiste Zeit befinden. Das vierte Deck ist das Maschinendeck...ihr könnt hin, aber ihr werdet nichts anfassen, verstanden?“

Automatisch nickte ich, obwohl die anderen nichts dazu sagten oder taten.

„Wir haben auch eine Kantine und eine Krankenstation...“, sagte Shadow gedehnt „Aber wir haben weder einen Koch, noch eine Ärztin. Von daher werden Raimi und Ciel sich notdürftig darum kümmern...“

„Wenn wir so ein großes Schiff haben...warum holen wir uns nicht eine richtige Mannschaft??“, fragte ich und er runzelte die Stirn.

„Noch mehr Leute...?“

„Ja! Dann wären die Aussichten besser! Ich meine...wenn wir richtige Techniker, Kämpfer, Mediziner und Crewmitglieder hätten – Dann hätten wir mehr Chancen!“, stimmte Sichi begeistert zu.

„Wir wollen nur Splitter sammeln – Nicht eine Exkursion beginnen. Wir brauchen nicht so viele...“, fing der Igel an, aber Pandorra unterbrach ihn schnell.

„Doch, brauchen wir! Raimi ist keine ausgebildete Ärztin und wir sind keine ausgebildeten Kämpfer. Es wäre praktischer, wenn wir richtige Profis hätten...“

„Wozu brauche ich dann euch?“

Bei der Frage zuckte ich zusammen.

Stimmt...

Wenn Shadow „richtige“ Profis einstellen würde...wozu bräuchte er dann uns?

„Marik kann ich noch gebrauchen. Immerhin kann sie den Emeralds widerstehen.“, fuhr Shadow fort und ich sah ihn überrascht an.

Dann war ich plötzlich wichtig? Sonst war ich immer entbehrlich...

„Na ja, wir können doch trotzdem helfen. Du musst ja nicht eine ganze Crew anheuern...aber ein richtiger Mediziner, ein Kämpfer und ein Techniker wären gut...“, meinte Pandorra nachdenklich „Als eine Art Rückversicherung. Ich meine...diese Reise wird sehr gefährlich und es werden viele Hindernisse kommen. Da ist es praktischer eine große Auswahl an Teammitgliedern zu haben, als sich immer nur auf einige verlassen zu müssen. Außerdem...es kann auch sein, dass einige...nicht zurückkommen werden.“

Ich schluckte schwer. Nicht zurückkommen...natürlich wusste ich, dass wir sterben konnten, doch bis jetzt hatte ich diese Tatsache immer verdrängt.

Es war für mich unvorstellbar was sein würde, wenn Sichi, Raimi oder Pandorra sterben würden – Und was wäre, wenn Shadow sterben würde? Ja, er hatte Erfahrung und war ein Überlebenskünstler, doch...was wäre wenn?

Dann könnten wir die Chaos Emeralds nicht mehr benutzen und die ganze Reise wäre umsonst gewesen.

„Also gut. Ich denke darüber nach.“, meinte Shadow schließlich nur zu unseren Vorschlägen und ging die Treppe hoch, die aus dem Raumschiff gefahren war und zu einem recht kleinen Eingang führte.

„Ähm...ist im Inneren die Decke höher?“, wollte Sichi wissen, als er sich bücken musste um überhaupt hineinzukommen.

„Ja.“, erwiderte der Igel bloß knapp und wir betraten die Kommandozentrale des Schiffes.
 

„Wow...“, murmelte ich, als ich die vielen technischen Geräte, Hologramme und Bildschirme sah.

Die Kommandozentrale war ein geräumiger Raum mit einer Holo-Karte, die in der Mitte vor mir schwebte. Sie zeigte die Erde...glaubte ich zumindest...so genau wusste ich es nicht.

„Unser erstes Ziel ist Iron Forest.“, Shadow berührte das Holo und es zoomte an einen Ort heran...der aussah wie...

„Ein Wald!?“, platzte es aus mir heraus und er warf mir einen kurzen, verärgerten Blick zu, ehe er fort fuhr.

„Der Splitter des Emeralds hat das Wachstum der Pflanzen immens gesteigert – Innerhalb weniger Stunden wird alles überwuchert. Dieser Wald befindet sich auf einem anderen Kontinent und ist sehr weit weg...doch der Splitter ist dort sehr groß und stellt eine Bedrohung für die unterirdischen Städte da. Die Wurzeln...“

„Verlaufen soweit unter der Erde, dass sie sogar fast die Stadt überwuchern, stimmt's?“, Ciel sah kurz zum Holo, ehe sie merkte wie der Igel sie anstarrte und sie nervös und entschuldigend lächelte.

„Genau. Früher befand sich im Iron Forest ein Labor...man hat mit dem Splitter Experimente gemacht, doch dann wurden sie von der Natur überrascht und konnten nicht mehr aus dem Labor hinaus – Wahrscheinlich sind dort alle tot.“

„Wie viele Leute waren daran beteiligt?“, wollte ich wissen und er machte eine wegwerfende Handbewegung.

„Das ist egal. Wir müssen uns auf die Splitter konzentrieren, nicht auf Überlebende.“

„Aber wenn wir welche sehen, können wir sie retten, oder?“

„Es ist unmöglich, dass jemand überlebt hat. Das Experiment ist Jahre her und im Labor gab es keine Nahrungsvorräte...“

„Marik mag keine Toten.“, unterbrach Sichi ihn kurzerhand und Shadow hob bloß eine Braue.

Wahrscheinlich würde er gleich sagen, dass niemand Tote mochte...

„Sie wird sehr nervös, wenn sie an Orte kommt an denen Menschen oder Mobianer gestorben sind.“, fügte Raimi noch erklärend hinzu „Manchmal wird sie sogar ohnmächtig davon.“

Shadow starrte mich lange an, ehe er nur meinte: „Das sollte sie in den Griff bekommen. Die ganze Welt ist ein einziger Friedhof geworden.“

Bei diesen Worten schluckte ich bloß schwer.

Ein einziger Friedhof...ja, er hatte Recht.

So viele Leute mussten schon ihr Leben lassen...

„Ihr könnt euch eure Kabinen suchen. Wir treffen uns später im Besprechungsraum.“, sagte der Igel schließlich nur noch und ich merkte, wie sich unsere Gruppe langsam auflöste. Meine Freunde gingen zum Fahrstuhl am Ende des Decks, Shadow ging zu der Luke nebendran und kletterte hinunter...schließlich war ich ganz allein in der Zentrale.

Ich sah zu dem Holo-Planeten vor mir.

Ein einziger Friedhof...

Die ganze Welt war zu einem Friedhof geworden.

Zögerlich streckte ich die Hand zu dem Holo aus.

Das Land war gelblich-braun, das Meer fast schwarz.

Verdreckt, ausgetrocknet, tot.

Als ich die Erde berührte, veränderte sie sich. Das Land würde grün, das Wasser strahlend blau.

Verwirrt runzelte ich die Stirn, ehe ich sie nochmal berührte. Diesmal zoomte das Holo nahe heran, sodass ich die Landschaft sehen konnte: Weißer Sand, blauer Himmel, klares Wasser.

Und Menschen, die friedlich mit den Mobianern im Sand lagen.

Kinder, ob menschlich oder mobianisch, die im Meer planschten und lachten. Eltern, die sich gegenseitig im Sand eingruben oder einfach nur die Wärme der Sonne genossen.

War das die Erde?

So schön...so friedlich...konnte sie das wirklich sein?

Kinder, die lachten...es war lange her, seit ich mal ein Kinderlachen gehört habe.

Und es ist schon lange her, dass ich selbst mal gelacht habe.

Aber auf diesem Holo...ich berührte einen anderen Punkt auf dem Erdball und es zoomte wieder.

Grünes Gras, Menschen, die mit Tieren spielten und dabei mit Mobianern redeten.

Menschen und Mobianer.

Sie haben in Frieden gelebt und Harmoniert. Sie haben sich gegenseitig geholfen, sich respektiert, sich gemocht.

Und das alles...

Weg.

Auf einen Schlag.

Plötzlich gab es keine lachenden Kinder mehr. Keine glücklichen Eltern. Keine vereinte Gemeinschaft von Menschen und Mobianern.

Das alles wurde ersetzt.

Gegen Angst. Rassenfeindlichkeit. Wut. Hass.

Vor hundert Jahren als Eggman angriff.

Ich fragte mich, wie viele Familien er zerstört hatte.

Wie viele Kinder ihren Vater verloren hatten im Krieg. Wie viel Unschuld man verloren hatte.

Wie viele gestorben waren.

Vor hundert Jahren wäre ich nicht das einzige Kind gewesen, das seine Eltern nicht mehr wiedergesehen hätte.

Stunden später saß ich immer noch vor dem Holo und starrte die Videoszenen an. Spulte immer wieder zurück, nur um nochmal die Kinder Lachen zu hören.

Kinder sollten nicht in dieser Welt aufwachsen. Sie sollten spielen und unschuldig sein, sie sollten nicht den Anblick vom Tod ertragen müssen. Vor allem nicht den ihrer eigenen Eltern.

„Warst du die ganze Zeit hier?“, hörte ich plötzlich eine bekannte Stimme und drehte ruckartig den Kopf herum.

Shadow kletterte aus seiner Luke und schloss diese hinter sich, ehe er zu mir kam und zu dem Holo sah.

„Entschuldige“, murmelte ich „Ich wollte bloß...“

„Das sind alles alte Aufnahmen. Die meisten sind von Überwachungskameras...es ist eine Erinnerung.“, meinte er bloß und ich sah ihn verwundert an.

„Erinnerung?“

„Ein Anflug von Sentimentalität.“

„Sentimentalität!?“

Shadow sah mich gereizt an.

„Wenn du das jemandem erzählst, bist du tot.“

Ich fragte mich, ob er das bloß als Scherz meinte, doch sein Blick war todernst, weswegen ich nur hastig nickte.

„Entschuldige...ich dachte nur...“

„Dass ich keine Gefühle habe?“

„Öhm...so direkt wollte ich es nicht sagen...“

Er schüttelte bloß leicht den Kopf und ich bekam Gewissensbisse.

„Also...ich glaube nicht, dass du keine Gefühle hast...ich dachte nur...na ja...du wirkst nicht wie jemand, der offen über seine Gefühle spricht“, versuchte ich noch die Kurve zu bekommen und er musterte mich kurz, ehe er erwiderte:

„So wird man nun mal, wenn man unsterblich ist.“

„Ernsthaft?“

„Ja. Es ist...schwer. Wenn du alles und jeden an dich ranlässt...mit jedem Mitleid hast...es macht dich nur verwundbar. Deswegen schottest du dich von allem ab.“

Ich überlegte lange. Dann fragte ich nur:

„Aber immerhin musst du keine Angst vor dem Tod haben.“

„Angst vor dem Tod?“

„Ich weiß, du kennst das nicht...“, murmelte ich bloß und wurde etwas lauter „Aber ich zum Beispiel habe jeden Tag Angst...Angst, dass ich sterbe, verstehst du? Ich...ich werde noch ganz verrückt...ständig sehe ich Dinge, die nicht da sind...ich habe einfach solche Angst...“

„Du hast keine Angst vor dem Tod.“, behauptete Shadow knapp und ich sah überrascht hoch.

„Du hast Angst vor dem Leben.“

Bei dem Satz zuckte ich zusammen.

Angst vor dem Leben?

„Warum sollte ich Angst vor dem Leben haben?“, fragte ich verwirrt.

Der Igel blickte kurz zu dem Holo, ehe er irgendwo in die Ferne starrte und antwortete: „Die meisten würden gerne für immer die Augen schließen und nie wieder in dieser Hölle aufwachen. Jeder Tag ist ein Kampf und ein Albtraum. Du siehst Freunde sterben, Familie, Geliebte...mit der Gewissheit, dass du sie wiedersehen wirst.“

Ich öffnete den Mund um zu widersprechen – Doch dann hielt ich inne.

Man sieht alle, die man liebt, sterben. Aber...man könnte sie vielleicht irgendwann wiedersehen.

Jeder Tag war ein Kampf und Albtraum.

Ich starrte Shadow lange an.

Die ganzen Narben, das fehlende Ohr...die stolze Haltung, die einsame Aura...

„Hast du Angst vor dem Leben?“, fragte ich einfach.

Der Igel zeigte zum ersten Mal den Anflug eines – wenn auch melancholischen – Lächelns.

„Unsterblich zu sein, heißt auch, für immer mit sich selbst leben zu können.“
 

Nach dem Gespräch hatte Shadow mich auf das Maschinendeck geschickt. Hier gab es einen Beobachtungsraum, er hatte gemeint, dass ich da meine Kabine einrichten sollte.

Zögerlich schritt ich zu der großen Tür, die sich sofort automatisch und geräuschlos öffnete. Ich betrat den großen und dunklen Raum und schaltete das Licht an.

Das erste, was ich sah, war ein Holo in Form der Erde, welches neben dem Bett schwebte. Dann das Bücherregal am anderen Ende des großen Zimmers und...

„Blumen...“, flüsterte ich ungläubig, als ich sie auf dem Nachttisch stehen sah.

Vorsichtig nahm ich den Topf in die Hand und strich sanft über die grünen Blätter.

Die Blüte war schneeweiß und wunderschön.

Woher hatte Shadow diese Blume? Und die Bücher?

Und das Bett?

Er hatte doch nicht wissen können, dass ich hier hinkommen würde. Dass er das geplant und extra für mich alles geholt hatte, bezweifelte ich stark.

Wer dieses Zimmer wohl vor mir bewohnt hatte?

Ich strich über das Bücherregal.

Kein Staub. Shadow musste dieses Zimmer wirklich gepflegt haben...sonst wäre die Blume auch schon längst gestorben.
 

„Sieh mal, Papa! Das hab ich ganz allein gemalt, schön, oder?“

„Ja, es ist wirklich schön...wo willst du es hin hängen?“

„Ich weiß nicht...da drüben über mein Bett? Darf ich, Papa?“

„Natürlich, Kleines. Ich hole nur noch einen Nagel.“
 

Meine Hand zuckte vor dem Bild über dem Bett zurück.

Was war das gerade?

Diese Stimmen...

Bildete ich mir nur wieder Dinge ein?
 

„Ich habe die Bücher gelesen, Papa. Darf ich dir jetzt bei deiner Arbeit helfen?“

„Das ist sehr gefährlich, Maria. Bleib bitte einfach im Schiff, okay?“

„Aber ich will auch mal raus! Ich will die Welt sehen, weißt du?“

„Es gibt nichts zu sehen, Maria. Die Welt ist tot.“
 

Ohne wirklich zu wissen warum, griff ich in das Bücherregal. Ich zog einen dickeren Atlas heraus und öffnete es.

Etwas Kleines segelte aus dem Buch und landete vor mir auf dem Boden.

Ich hob es auf und drehte das Foto um.

Es zeigte Shadow und...

„Mein Gott“, flüsterte ich und starrte die kleine Figur neben ihm an.

„Das glaube ich nicht...“



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