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Was wenn (What if)


 

Kapitel 9

Was wenn (What if)

What if I got it wrong

And no poem or song

Could put right what I got wrong

Or make you feel I belong.

What if you should decide

That you don't want me there by your side

That you don't want me there in your life.

(Coldplay - What if)
 


 


 

»Nein – ich –«

Er fuhr sich nervös durch sein rotblondes Haar.

»Warum – hast du mir nichts gesagt?«

»Ich –«

»Du weißt doch, dass ich für dich –«

»Das ist nicht deine Sache, Johannes!«, fuhr er mir aufgebracht über den Mund.

Plötzlich hörten wir, wie jemand die Tür aufschloss. Ich sah, wie sich in seiner Mimik Entsetzen ausbreitete.

»Du solltest gehen. Ich bringe dich zur Tür.«

»Und – was ist jetzt? Wegen uns, meine ich –«

Er schüttelte den Kopf.
 

Liebe trägt Masken. So wie wir jeden Tag Masken tragen. Manche davon tragen wir, um uns selbst, manche, um andere zu schützen. Manchmal sehen wir nicht durch die Masken hindurch und werden getäuscht. Ich hätte niemals gedacht, dass hinter seinem Lächeln Qual steckte und hinter dem Funkeln in seinen Augen, Scham.
 

Wochenlang hatte ich ihn nicht mehr gesehen, als plötzlich eine SMS meinen Magen Purzelbäume schlagen ließ.

Hoffnung spülte durch meine Adern und ich grinste, als ich seine Nachricht las.

»15 Uhr. Unser Café.«
 

Ich hätte ihm gerne gesagt, dass es egal war, was andere über uns dachten, dass ihre Worte Schall und Rauch waren, dass nur wir zählten. Vielleicht habe ich es ihm gesagt, ein Mal oder zwei Mal. Aber ich musste schnell erkannt haben, dass es nicht stimmte.

Ich wollte mir einreden, dass er es aus Liebe zu mir tat. Aber ich wusste, da war auch die Furcht vor den anderen.
 

Der Winter zog mit eiskalten Schritten über die Stadt und ließ meine Lippen klamm werden. Ich wartete vor dem Café, weil ich drinnen nicht stillsitzen konnte. Als ich ihn von Weitem kommen sah, tränkte Beklemmung meine Arme und Beine. Ich wusste nicht, wohin mit meinen Händen und ich trippelte von dem einen auf den anderen Fuß.

Vor mir sah ich sein Lächeln und das Funkeln in seinen Augen. Wie er mit seiner Hand durch das rote Haar fuhr und mich mit einem Blick in den Bann zog. Wie er mit der Gummibärchen-Tüte raschelte und mir wortlos gestattete hineinzugreifen. Seine Lippen, wenn wir uns küssten und der Gedanke, dass es uns egal war, was andere dachten.

Was, wenn wir gegen die Welt –?
 

Es stand so vieles zwischen uns. Was, wenn wir es aussprechen würden?

»Johannes«, begann er und es klang nach Abschied, obwohl wir uns nicht einmal begrüßt hatten. »Es tut mir leid, dass ich mich erst vor ein paar Tagen gemeldet habe. Aber –«

»Lass uns doch reingehen. Es ist verdammt kalt hier«, warf ich dazwischen. Ich wollte sein Aber nicht hören. Er nickte, als wäre er für Widerstand zu müde. Ich bemerkte die dunklen Augenringe und wie sich seine Sommersprossen noch stärker von seiner blassen Haut abhoben. Er wirkte kränklich.

Wir saßen uns gegenüber, als würden wir uns kaum kennen. Dabei kannten wir uns zu gut und wussten, was der andere sagen wollte. Es tat weh, als mir mit einem Schlag bewusst wurde, dass das Vergangenheit war. Sein Blick war ernst und keiner wusste so recht, was wir sagen sollten. Ich wünschte mir, wir könnten einen dummen Scherz machen und diese drückende Stille verscheuchen, uns ansehen und einfach loslachen – wie früher.

»Mein Vater und ich haben Anzeige erstattet«, berichtete er, »wegen dieser ganzen – Mobbing-Sache

Ich rührte in meiner heißen Schokolade und nickte der Tasse zu. Was, wenn ich es sagen würde?

»Ich wünschte mir, es wäre anders gekommen«, murmelte er und ich sah, wie seine Hand über meiner schwebte, nur einen Moment, aber er berührte sie nicht, als würde er sich wieder besinnen und zog sie zurück.
 

»Wir könnten es schaffen«, behauptete ich und die Worte stolperten aus meinem Mund, als hätte ich sie zu lange zurückgehalten. Ich erstarrte und wünschte mir, ich hätte es nicht gesagt. Nicht zu ihm. Gerade als ich meine Worte relativieren wollte, stimmte er mir vage zu.

»Ja, vielleicht. Aber was würde es uns kosten?«

Ich wollte sagen, dass ich jeden Preis bezahlen würde.

Aber das wäre gelogen.

Stille breitete sich aus und ich sah, wie etwas über sein Gesicht huschte – Müdigkeit und Schmerz. Oder Reue und Trauer. Ich war mir nicht sicher. Vielleicht sah ich auch nur das, was ich gerne sehen wollte. Ich wollte gerne glauben, dass es ihm ebenso weh tat wie mir. Dass nicht nur ich an seiner Gegenwart hing wie ein Ertrinkender. Gleichzeitig ertrank ich in seiner Präsenz. Er schluckte und suchte meinen Blick, ich wollte ihm ausweichen und ich wollte in ihm versinken. Wir hakten unsere Blicke ineinander, als gäbe es nur uns. Als wäre es egal, was die anderen dachten.
 

»Wir ziehen um«, flüsterte er. Ich spürte den Aufprall seiner Worte in meinem Inneren wie Schläge in meinen Magen.

»Was? Wieso?«, hauchte ich, räusperte mich und schöpfte nach Luft.

»Mein Vater lässt sich versetzen. Er meint, ich sollte auf eine angemessene Schule gehen und mich dort angemessen verhalten.«

Und dann legte er doch seine Finger auf meine. Ich wollte sie wegziehen, ihn anschreien und meiner Wut, meiner Enttäuschung, meiner Angst Platz machen. Ich tat es nicht. Ich starrte auf unsere Finger und schwieg, weil ich befürchtete, dass ich die Kontrolle verlieren würde, sollte ich ihn ansehen.

»Es tut mir leid, Johannes.«
 

Als ich zu Hause meinen Ranzen in die nächstbeste Ecke schleuderte, fühlte ich ein Loch in meinem Magen. Nichts, das mit Hunger zu tun hätte. Ich ging in mein Zimmer, als würde ich auf Watte gehen. In meinem Kopf herrschte Leere. Ich war plötzlich müde und ausgelaugt, legte mich in mein Bett, obwohl ich noch Schuhe anhatte. Mein Blick fiel auf den Nachttisch. Mit angehaltenem Atem streckte ich mich nach dem Bild aus und betrachtete es eine Weile.

Es war Sommer dort in dem Foto. Wir saßen am Weiher. Sommerferien. Die Sonne brannte auf uns hinunter und das Wasser umspülte unsere Beine.

Er hatte gesagt, dass sie uns niemals zerstören würden.

Was, wenn ich gewusst hätte, dass Versprechen gebrochen werden würden?

Er grinste mich an. Das Bild ein wenig unscharf, weil er unbedingt uns beide hat drauf haben wollen.

»Du weißt, dass ich dich liebe, oder?«, hatte er mir gesagt. Obwohl es der Form nach eine Frage war, hatte es wie ein Versprechen geklungen. »Ich stehe zu dir.«
 

Erst als es Tropfen für Tropfen feuchter wurde, bemerkte ich, dass ich weinte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So. Das war das letzte Kapitel dieser Geschichte.
Es wird noch einen kurzen Epilog geben.

Diese Geschichte hätte ich noch ewig ziehen können. Vieles hätte ich vertiefen können (Johannes Beziehung mit seiner Mutter, seiner Freundin, den anderen aus der Schule, wie es nach der Prügelattacke mit den Angreifern weitergegangen ist, die Reaktion der Schulleitung, die Beziehung seines Freundes und dessen Vater etc. pp.), aber ich wollte nicht, dass dieses Projekt epische Ausmaße annimmt. Denn ich denke, in der Kürze liegt hier die Würze. ; )

Ich danke allen Lesern dafür, dieses Projekt verfolgt zu haben.
Den Kommentatoren danke ich besonders herzlich. Danke, dass ihr euch die Zeit und die Worte genommen habt, mir hier etwas zukommen zu lassen!

Für alle, die es interessiert: Ich arbeite an einem neuen Projekt [Eigene Serie], das allerdings länger werden soll.
Es geht erneut in die Richtung Shounen-Ai, aber mit Sci-Fi/Mystery-Elementen.

Ich würde mich freuen, wenn ihr mich auch dort begleitet.

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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  _Risa_
2014-12-18T11:47:48+00:00 18.12.2014 12:47
Oh wow, ein sehr trauriges Ende :( auf den Epilog bin ich noch gespannt.
Irgendwie ist es schade, dass du die anderen Beziehungen nicht mehr erfahren. Wenn er 16 ist, dürft er theoretisch seinem Vater den Mittelfinger zeigen und zB bei Johannes einziehen, da seine Eltern ja nichts gegen die Beziehung zu haben scheinen.
*seufz* das ist ein so melancholisches Ende, dass es so kommen musste… ;_; und dass wir uns wieder von den beiden verabschieden müssen, schade.
Fazit: sehr schöne Story, gut geschrieben und berührend. :)

LG ^^
Antwort von:  Jaelaki
18.12.2014 15:58
Hallöchen,

es freut mich sehr, dass bisher alle Leser – die sich hier gemeldet haben – gerne mehr erfahren würden, egal ob über den weiteren Verlauf, die Protagonisten oder die anderen Charaktere. ; )
Aber dieses Projekt sollte nur ein kurzes sein. Deswegen muss irgendwann der Abschied sein. Vielleicht kommt irgendwann mal ein Spin-Off hierzu, aber zuerst kommt meine längere OF »Zwischen Hölle und Dir« an die Reihe.

Danke dir für die konstruktiven Kommentare!

Gruß,
Jaelaki
Von:  May_Be
2014-12-17T21:05:55+00:00 17.12.2014 22:05
Hey ^^ Sry dass mein Kommi so spät kommt .___."
Also... XD Das es ein trauriges Ende nehmen wird, hab ich mir ja schon gedacht v_v Trotzdem finde ich, dass genau das ein passender Schlussteil ist. Ich hätte das den Charakteren nicht so recht abgekauft, wenn sie es doch noch mal miteinander versucht hätten.
Als ich dieses Kapitel gelesen habe, habe ich geahnt, dass der eine wahrscheinlich umziehen wird. Viele Optionen gibt es ja nicht. Somit war der Abschluss der Beziehung noch deutlicher hervorgehoben worden.

Zu deinem Schreibstil: Ich finde, du schreibst sehr klar und verständlich. Die Metaphern baust du sehr geschickt ein. Das finde ich besonders schön, weil man damit nicht so überhäuft wird.

Bleibt nur noch zu sagen, ich freu mich auf den Epilog :) und auf weitere Werke!

Ganz liebe Grüße
May_Be
Antwort von:  Jaelaki
17.12.2014 22:27
Hallöchen! Überhaupt kein Problem. Ich freue mich schon, wenn ihr mir überhaupt etwas da lasst. ; )

Ja, ein trauriges Ende hat meiner Meinung nach dann auch besser gepasst - obwohl ich mit dem Gedanken gespielt habe, es doch anders enden zu lassen bzw. ein sogar schlimmeres Ende war anfangs eigentlich geplant.

Och, er hätte nicht unbedingt umziehen müssen, denke ich. Aber es passte zu der Einstellung des Vaters.
Es war auch geplant, dass er sich umbringt. Die Idee habe ich dann aber verworfen.

Vielen Dank! : )

Der Epilog wartet bereits in der Freischaltung.
Mein neuer OF ist bereits online - zumindest der Prolog.
Zwischen Hölle und Dir heißt es.

Grüße zurück,
Jaelaki
Antwort von:  May_Be
17.12.2014 22:31
Ich bin froh, dass keiner sich umgebracht hat o.o das wäre zu krass.

Ich schau mir deine neue Story mal an :D Es hörte sich schon so spannend an, als ich las: »Ich werde dir jetzt dein Leben retten. Irgendwann wirst du mir das erstatten.« und "Doch am Ende bleibt die Frage:
»Warum tötest du mich nicht auch, du Mörder?«" uaahh *__* bin gespannt!
Antwort von:  Jaelaki
17.12.2014 22:41
Ja, sowas ist wirklich sehr krass. Aber die Idee war die ursprüngliche, die mich zu dieser Geschichte gebracht hat. Ich habe einiges über Selbstmord aufgrund Mobbing gelesen. Deswegen dann die Geschichte hier.

Das freut mich! ; )

Gruß,
Jaelaki
Von:  Inojin
2014-12-14T13:09:19+00:00 14.12.2014 14:09
Oh man, so traurig. Aber wundervoll, das ist eine tolle geschichte. Ich denke, ich würde es noch 100 mal wiederholen!
Antwort von:  Jaelaki
16.12.2014 00:23
Hallöchen!
Vielen Dank, Inojin!
Aber was würdest du noch 100 Mal wiederholen? : )

Gruß,
Jaelaki
Antwort von:  Inojin
16.12.2014 10:32
Zu sagen, dass es eine wundervolle geschichte ist. Wenn auch sehr traurig.
Antwort von:  Jaelaki
17.12.2014 22:22
Achso!
Das freut mich! : )

Jaelaki
Von:  jyorie
2014-12-14T10:16:17+00:00 14.12.2014 11:16
Hey ( ˘▽˘)っ♨

Das ist schlimm, wenn man die Hoffnung eigentlich nie aufgiebt, da immer noch gefühle sind und bei dem Treffen man wieder einen kleinen Funken Hoffnung erhält, ob es vielleicht doch noch eine Zukunft geben wird?! Und dann diese Enttäuschung. – Umzug – da zerbricht doch alles. *seuftz* Und dann zuhause das Bild und die Erinnerungen an das Versprechen das ein Mensch nie halten kann. (Mein Uropa hat bei seiner Hochzeit seiner Frau gesagt, „das einzige was ich dir versprechen kann sind Blut und Tränen“ .. und dann kamen tatsächlich die Kriegsjahre) Manchmal echt traurig, wie wenig man sich sicher sein kann auf der Suche nach Glück. ... Vielleicht gibt es ja hier ein Happyend, man sieht sich ja immer zwei mal im leben. Bin gespannt wie deine Geschcihte enden wird.

CuCu, Jyorie

Antwort von:  Jaelaki
16.12.2014 00:22
Hallöchen!

Ja, Beziehungen sind manchmal ganz schön hart ... vor allem natürlich, wenn Krieg o. Ä. das Ganze noch schwerer macht.

Also das hier war offiziell das Ende. Es folgt nur noch ein kurzer Epilog. : )
Vielleicht schreibe ich aber tatsächlich hierzu ein Spin-Off - nach dem Motto: zehn Jahre später?! ; D
Mal sehen.
Erst einmal kommt jetzt meine OF (Original Fiction) mit dem Titel Zwischen Hölle und Dir.
Der Prolog müsste bald online sein. ; )

Grüße,
Jaelaki
Antwort von:  jyorie
16.12.2014 06:23
das wäre cool mit dem Spinn-Off. :)
Antwort von:  Jaelaki
17.12.2014 22:42
Ja, eine interessante Idee.
Aber jetzt möchte ich mich erst einmal einer anderen widmen.
Mehr Mystery, mehr Tiefe bei den Charakteren, längere Geschichte. ; )

Gruß,
Jaelaki


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