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Herzenswille

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo und herzlich willkommen zu meiner neuen Fanfiction "Herzenswille" und ich wünsche euch allen viel Spaß beim Lesen. ;-) Und natürlich ein liebes Dankeschön an zerocool für das bealesen dieser FF und ich freue mich dass es mit Korrektur so gut geklappt hat. :-)

Liebe Grüße,
Saph_ira Komplett anzeigen

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Wütender Mob

Ein Abend...

 

Es sollte doch ein ganz gewöhnlicher Abend im Sommer werden! Sie wollten doch nur einem obersten General für die Freilassung eines Soldaten danken! Lassalle hatte vorgestern sein Gewehr verkauft und wurde dadurch von der Militärpolizei verhaftet. Ihm hatte die Exekution gedroht. Oscar hatte sich für ihn eingesetzt und den obersten General von seiner Unschuld überzeugt. Nun fuhr sie mit André durch die nächtliche Großstadt Paris in einer Kutsche, um eben diesem General für Lassalle zu danken.

 

Weder Oscar noch André hatten jemals mit einem wütenden Mob gerechnet. Wie aus heiterem Himmel und ohne Erbarmen überfielen sie das prächtige Gefährt. Etwa Hundert Menschen von bürgerlicher Herkunft krochen aus allen Ecken wie Ameisen, umzingelten die Kutsche und zerrten brutal die Insassen heraus. Nur weil die Kutsche einem Adligen gehörte und das einfache Volk die Unterdrückung nicht mehr aushielt - sie hassten den Adel und die Monarchie abgrundtief!

 

„Hört auf! André ist nicht von Adel, bitte verschont ihn!“, schrie Oscar aufgebracht, während die wutentbrannte Menschenmasse sie von ihrem Freund trennte und von ihnen in eine andere Richtung weggeschleppt wurde. Ihr heiser und gleichzeitig flehender Ausruf verlor sich in dem Wirrwarr der hasserfüllten Stimmen. Kein Mensch hörte auf sie. Jeder von ihnen sann nach Rache und war bereit, jeden Adligen zu töten, der ihnen in den Weg kam! In dem Getöse waren ihre brüllenden Stimmen lauter, fordernder und grollender, als die flehentliche Rufe eines Aristokraten.

 

Oscar wurde in der tobenden Menge zu Boden geschlagen. Immer und immer wieder spürte sie Fußtritte und Fäuste an ihrem zierlichen Körper. Sie bedeckte ihren Kopf mit beiden Armen, damit wenigstens dieser nicht so viele Schläge abbekam. Sie war nicht fähig sich zu wehren. Wie denn auch? Es waren einfach zu viele...

 

Oscar glaubte Andrés Stimme in der Ferne wahrgenommen zu haben: Er rief ihren Namen – panisch und verzweifelt. Sie versuchte mit aller Kraft ihm zurückzurufen: „André!“ In dem Moment traf sie hart ein Knüppel in die Seite und sie schnappte heftig nach Luft. „André...“, japste sie erstickt und spürte schon einen Fußtritt in ihrer Mitte. Nach diesem folgten als nächstes Fausthiebe und sie wusste, es würde nicht aufhören, bis sie tot war...

 

 

 

André hatte von Oscar keinen einzigen Laut mehr gehört, seit man sie aus der Kutsche gezerrt hatte. Er war zu weit weg von ihr. Der wütende Mob hatte ihn von ihr getrennt und mit sich fortgespült – so, wie ein tosender Fluss ein Gegenstand mit sich fortspülte. André wehrte sich gegen die Strömung, versuchte zu Oscar zu gelangen und bekam dafür noch mehr Schläge von allen Seiten. „Oscar!“, schrie er verzweifelt - immer und immer wieder. Seine Stimme wurde immer brüchiger und leiser. Er bekam kaum noch Luft zum Atmen. „Oscar...“

 

Die Rettung kam genauso unerwartet, wie der Überfall selbst. In tobender und nach Rache sinnender Menschenmasse vernahm André schwach mehrere Hufschläge von vielen Pferden. Wie aus der Ferne kamen sie auf sie zu. So, als würde eine Armee im vollen Galopp sich nähren. Es wäre schön, wenn es eine königliche Armee wäre! Und dann glaubte André die Stimme des Grafen von Fersen gehört zu haben. Dieser rief suchend nach Oscar. André hörte auf sich zu wehren. „Wenigstens wirst du gerettet, Oscar...“, dachte er bei sich und wurde noch heftiger zusammengeschlagen.

 

 

 

- - -

 

 

 

Oscar hätte bestimmt nie im Leben gedacht, ausgerechnet von dem Mann gerettet zu werden, dem sie zu lieben geglaubt und zu dem sie vor Monaten die Freundschaft beendet hatte. Von Fersen kam mit dreihundert Soldaten aus der königlichen Armee und während die wütenden Menschen sich aufgeschreckt zerstreuten, brachte er Oscar in eine Seitengasse in Sicherheit. Er lehnte sie an die kahle Wand eines Hauses und hielt sie bei den Oberarmen fest, um ihr einen noch sichereren Halt zu gewähren. „Der Spuk ist vorbei, Lady Oscar“, sprach von Fersen dabei auf sie beruhigend ein.

 

Oscar sah ihn so nahe vor sich, wie noch nie zuvor. Nicht einmal als sie mit ihm das einzige Mal vor wenigen Jahren getanzt hatte, war er ihr so nahe wie jetzt. „Von Fersen...“, murmelte sie schwach und dann plötzlich war sie wieder hellwach. „André! Wo ist André?!“ Sie sperrte alle ihren Körperschmerzen aus, ihr Herz schlug aufgebracht und ihre Füße machten schon den Ansatz, um loszurennen.

 

Von Fersen hielt sie noch rechtzeitig von ihrem waghalsigen Versuch ab und drückte sie fester gegen die Wand. „Beruhigt Euch! Ihr dürft Euch jetzt nicht aufregen!“

 

Oscar fühlte sich eingezwängt, in ihr brodelte rasend das Blut und sie begann sich zu wehren. Sie versuchte von Fersen von sich zu stoßen und von ihm Reißaus zu nehmen. „Lasst mich los! Ihr dürft mich nicht aufhalten!“, brüllte sie ihn dabei besinnungslos an: „Mein André ist in Gefahr!“ Und dann erlahmte sie plötzlich. Sie sah von Fersen mit weit aufgerissenen Augen an und glaubte selbst nicht daran, was sie da gerade gesagt hatte.

 

Von Fersen sah sie genauso überrascht an. „Was sagt Ihr da: Mein André ist in Gefahr?“ Er bekam darauf keine Antwort. Oscar starrte ihn perplex an und versuchte bestimmt selbst ihre eigenen Worte zu begreifen. Von Fersen las die Sorge in ihren Augen und verstand auf Anhieb, was Oscar bewegte. „Also gut. Ihr versprecht hier zu bleiben. Ich werde versuchen, Eurem Freund zu helfen.“ Er ließ sie sogleich los und war im nächsten Augenblick fort.

 

Oscar nahm das alles kaum wahr. Sie glitt an der Wand in die Hocke und war wie gelähmt. „Mein André... Du musst leben...“, murmelte sie stockend. War das etwa nur die Sorge um ihren langjährigen Freund aus Kindertagen, die sie bis ins Mark zerfraß und ihr Herz bluten ließ?

Oscar fühlte sich elend und erbärmlich, als sie daran dachte, dass André womöglich umgekommen sein könnte. Nein, das dürfte nicht passieren! Er war ihr wichtig, sehr wichtig sogar! Und sie musste ihm beistehen! Egal, was von Fersen zu ihr gesagt hatte, sie musste André finden, ihn mit eigenen Augen sehen und sich von seinem Zustand selbst vergewissern! In welcher Verfassung André auch sein mochte, aber sie musste zu ihm!

 

Oscar rappelte sich quälend auf die Beine hoch, biss die Zähne zusammen und mit einem Arm an der Wand stützend, setzte sie einen Fuß vor dem anderen. Sie hörte von Fersens Stimme und verharrte für einen kurzen Augenblick. Es hörte sich danach an, als hätte er André gefunden. Oscar spähte vorsichtig um die Ecke der Gasse und versuchte zu erhaschen, aus welchen Richtung sie kam.

 

Etwa eine Straße weiter wurde André in der Tat von dem Grafen gefunden. Der wütende Mob war gerade dabei, ihn an einem improvisatorischen Galgen aufzuhängen. Von Fersen verhinderte das, in dem er seine Pistole mit dem Lauf nach oben abfeuerte und zu den Menschen lauthals brüllte: „Hört auf mich, bevor euch es noch leidtun wird! Mein Name ist Hans Axel von Fersen!“

 

„Graf Hans Axel von Fersen?“, spie einer ungläubig aus dem Knäuel.

 

„Von Fersen? Das ist doch der Liebhaber von Marie Antoinette!“, leuchtete es einem anderen verächtlich ein.

 

Unverständliches Murren und Knurren entstand zwischen den aufgebrachten Menschen. In dem Moment war André ganz vergessen und die Rachegelüste richteten sich jetzt auf den Grafen. „Schnappt ihn euch!“, rief jemand provokativ und der Mob marschierte los.

 

Von Fersen hatte nur darauf gewartet. Er wendete sein Pferd, stieß ihm in die Seiten und galoppierte weg. Die Menschen setzten ihm nach und André blieb somit ganz alleine am Boden kauern. Er versuchte zu begreifen, was gerade vorgefallen war. War von Fersen tatsächlich hier, um ihn zu retten? Aber wieso? Aus welchen Grund? Oder steckte womöglich Oscar dahinter? Wenn dem so war, dann ging es ihr gut!

 

André atmete auf. Sein ganzer Körper schmerzte und brannte höllisch. Aber wenn er daran dachte, dass es Oscar gut ging, dann war sein Pein nicht von Bedeutung. Er versuchte sich hochzurappeln, aber scheiterte. Seine Hände waren mit einem Strick nach hinten gebunden und seine Glieder gehorchten ihm nicht. Dann bemerkte er schemenhaft eine schmale Gestalt, nicht weit vor ihm. Sie stützte sich an einer Hauswand und bewegte sich schleppend auf ihn zu. Trotz der spärlichen Dunkelheit des späten Abends und seiner verschleierten Sehkraft erkannte er sie sofort. „Oscar!“

 

Oscar hatte ihn deutlich gehört und bewegte sich schneller. „André!“, rief sie ihm halblaut zu und stand schon in wenigen Augenblicken vor ihm. „André...“, wiederholte sie mit glasigen Augen und kniete sich zu ihm vor. Sie zückte ihren Dolch und durchtrennte seine Fesseln. André rieb sich die Handgelenke und stöhnte schmerzverzerrt auf - man hatte ihm anscheinend den Arm gebrochen. Wenn es keine gefährliche Situation wäre, dann wären sich die beiden vielleicht in die Arme gefallen. „Wir müssen hier weg.“, sagte Oscar sachlich, obwohl ihre glänzenden Augen eine andere Sprache verrieten. Sie half André beim Aufstehen und da hörten sie wieder Hufklappen von Pferden.

 

„Kommandant de Jarjayes!“, rief dabei eine tiefe Stimme.

 

„Das sind königliche Soldaten!“ Oscar strafte ihren Rücken, unterdrückte gewissenhaft ihre schmerzenden Knochen und antwortete laut und energisch zurück: „Wir sind hier!“

 

Eine Gruppe von sechs Männern auf Pferden erreichten sie und der ranghöhere Offizier von ihnen redete schon schnell weiter: „Kommandant! Wir haben den Befehl bekommen, Euch sicheren Geleits von hier nach Hause zu bringen!“ Er schnippte seinem Kameraden mit dem Finger und dieser übergab ihr die Zügel eines Pferdes. „Beeilt Euch. Der Mob hat sich noch nicht ganz zerstreut.“

 

Oscar dagegen starrte auf das reiterlose Tier. Warum stellte man ihnen nur ein Pferd zur Verfügung? Wusste man denn nicht, dass sie immer in Begleitung ihres Gefährten war? Oder dachte man nicht an ihn, sondern nur an sie, weil sie höheren Standes war?

 

„Oscar...“, hörte sie André hinter sich bestimmend sagen, „Steig auf und bring dich in Sicherheit.“

 

„Nein!“ Oscar drehte sich halb zu ihm um. Wie konnte er so etwas nur in Erwägung ziehen?! So als wäre er nichts wert! „Wenn ich von hier fort reite, dann nur mit dir! Entweder wir beide oder gar keiner von uns!“

 

„Aber Oscar...“, wandte André stockend ein.

 

„Keine Widerrede! Ich lass dich nicht hier zurück! Du reitest bei mir!“ Oscar schenkte ihm ihren altbekannten kühlen Blick, der keine Ausflüchte duldete und begab sich zu dem Pferd. Sie schob einen Fuß in den Steigbügel und saß auf. Sofort meldeten sich heftige Schmerzen, aber sie gab nichts davon Preis. Sie rückte sich etwas nach vorn und herrschte die Soldaten in ihrem befehlshaberischen Ton an: „Helft ihm beim Aufsteigen! Er hat einen gebrochenen Arm!“

 

„Zu Befehl.“ Zwar widerwillig, aber die Soldaten gehorchten ihr.

 

„Wir werden aber langsamer vorankommen, Oscar...“, meinte André, als er hinter ihr mit Hilfe der Soldaten aufgesessen hatte.

 

„Das ist mir gleich!“, knurrte diese und nahm die Zügel an sich: „Halt dich an mir fest und dann wird es schon gehen!“

 

André schlang zögerlich seinen gesunden Arm um ihre Mitte und Oscar trabte das Pferd schon an. Im gestreckten Ritt ließen sie Paris hinter sich und ritten auf das Anwesen zu. So nahe, hatte André Oscar noch nie gespürt. Ihr Becken drückte sich leicht zwischen seinen Schenkeln und ihr Rücken berührte seinen Brustkorb. Ihre goldblonde Haarmähne wehte ihm beinahe ins Gesicht, aber das störte ihn nicht. Er versuchte diese Nähe zu ihr sich einzuprägen. Das war falsch und hoffnungslos, aber für ihn sehr kostbar. Er war froh, dass Oscar lebte. Daran was mit ihm geschehen war, verschwendete er keinen Gedanken.

 

Oscar spürte seinen Körper hinter sich und den festen Druck seines Armes um ihre Mitte - ihr war das aber nicht unangenehm. Ihr wurde sogar etwas wärmer ums Herz, weil er lebte und weil sie ihn nicht verloren hatte. André war kräftiger als sie, das hatte Oscar schon einmal zu spüren bekommen, als er fast über sie hergefallen war - das lag allerdings einige Monate zurück und sie hatte ihm den Vorfall verziehen, aber vergessen konnte sie es trotzdem nicht. Damals hatte André seine Tat sofort bereut und unter Tränen geschworen, dass er so etwas nie wieder tun würde! Und zu allen Überfluss hatte er ihr noch seine Liebe gestanden. Wie vermochte es in ihm jetzt aussehen?! Das war nicht der richtige Moment, eine völlig falsche Situation, um darüber nachzudenken – aber dennoch...

 

„Oscar...“, hörte sie ihn nahe an ihrem Ohr flüstern.

 

„Was ist, André?“ Eine erdrückende Sorge keimte in ihr auf. Ging es ihm noch schlimmer? Vielleicht sollte sie ihr Pferd verlangsamen?

 

„Es tut mir leid...“, flüsterte André erneut halblaut und seine Hand umfasste sie fester um die Mitte, „...dass ich dir nicht helfen konnte...“

 

„Es ist nicht deine Schuld, André.“ Oscar schluckte einen dicken Kloß herunter. Ihr Herz zerriss in Fetzen und dämpfte sogar den körperlichen Schmerz. Wenn André ihr Gesicht sehen könnte, dann hätte er ihre haltlosen Tränen sofort gemerkt. „Halt dich an mir noch fester und fall nicht runter. Wir sind gleich zuhause...“ Sie bemühte sich um einen festen Tonfall und trieb das Pferd schneller an.

 

Bis sie bei dem Anwesen ankamen, versiegten ihr die Tränen und der Gegenwind trocknete die verräterische Nässe auf ihrem Gesicht. Ihr Herz blutete dennoch qualvoll weiter und ihr kam es so vor, als würden scharfe Dolche in ihr Brustkorb erbarmungslos einschneiden...



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  chrizzly
2016-06-07T07:23:32+00:00 07.06.2016 09:23
Toll, toll toll. Ich bin begeistert. Gefällt mir mehr als gut. Ich kann es icht erwarten bis du das nächste kapitel hochlädst. Du hast wieder sehr Bildhaft geschrieben. Ich kann mir das wieder wunderbar vorstellen. Echt Klasse!!!

Ich freue mich wenn es weiter geht. :-D

Kussi
Antwort von:  Saph_ira
07.06.2016 18:16
Danke, danke, danke! Ich freue mich, dass es dir gefällt und werde versuchen jeden zweiten oder dritten Tag ein Kapitel hochzuladen. :-)

Kussi zurück ;-)
Von:  alandatorb
2016-06-06T23:58:32+00:00 07.06.2016 01:58
Abo auch von mir. Fängt gut an. Ich freu mich auf mehr.
Antwort von:  Saph_ira
07.06.2016 18:14
Ein liebes Dankeschön auch dir! :-) Und ich werde versuchen mit dieser FF nicht allzu lange auf sich warten lassen. ;-)
Von:  YngvartheViking86
2016-06-06T22:57:06+00:00 07.06.2016 00:57
Ein genialer Anfang, einer bestimmt genialen FF.
Wird direkt abonniert ;)
LG Chris
Antwort von:  Saph_ira
07.06.2016 17:59
Oh, vielen lieben dank, ich hoffe dass diese FF mir gut gelingt. :-)
Liebe Grüße,
Ira


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