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Sein Butler - Ein Geständnis

von

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Sebastian nahm den pfeifenden Teekessel vom Herd und öffnete die Porzellankanne. Der herbe Duft von frischem Earl Grey setzte sich in die Luft, als das Wasser auf den Tee traf. Er hatte noch nie verstanden, was die Menschen, insbesondere die Engländer so toll fanden an ein wenig heißem Wasser mit getrockneten Blättern. Und dazu noch sowas widerliches wie Schokolade! Einen Tag Mensch müsste man sein, nur um einmal nachvollziehen zu können, warum…

Der helle Klang einer Glocke riss ihn aus den Gedanken. Das Arbeitszimmer. In sich hineinlächelnd nahm er das Tablett mit dem Afternoon Tea und machte sich auf den Weg. „Junger Herr…“ „Du bist zu spät“, fuhr ihn Ciel bereits an, bevor er überhaupt einen Fuß in den Türrahmen gesetzt hatte. „Entschuldigt, ich hatte…“ „Interessiert mich nicht.“ Unmerklich verkrampften sich die Finger des Butlers um die Ränder des Tabletts. Wie oft hatte er schon darüber nachgedacht, ihm einfach den Hals umzudrehen. Knackte nur einmal laut, dann war es vorbei. Aber auf der anderen Seite würde er damit sein lang gehegtes Festmahl verderben. Die Seele würde dann nur nach Glut und Asche schmecken. Nein, das war es nicht wert! Stattdessen setzte Sebastian ein feines Lächeln auf und servierte. „Der heutige Tee ist eine Sommeredition des Earl Grey aus dem Hause Fortnum and Mason. Dazu eine Schokoladentarte mit Orange, welche sich wunderbar zum Tee ergänzt.“ Ciel reagierte darauf nicht. „Ihr scheint betrübt, Junger Herr“, begann der Butler und goss das durchgezogene Getränk in eine der teuren Porzellantassen. „Geht es dich etwas an?“ „Die freie Zeit tut Euch nicht gut. Der ganze Adel ist in die Sommerhäuser gereist, nur Ihr bleibt hier. Als ob Ihr Euch vor der Gesellschaft drücken wolltet.“ „Ich habe in diesem Haus genug Gesellschaft. Und jetzt halt den Mund. Ich hab zu tun.“ Sebastian stellte die Kanne ab und verbeugte sich. „Wie Ihr wünscht, Junger Herr.“

„…und der König und die Königin lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.“ Leise schloss Sebastian das schwere Buch und blickte in das Bett. Ciel war eingeschlafen. Ganz sachte zog er die Bettdecke höher auf seine Schultern und nahm dann den Kerzenständer vom Nachttisch. „Gute Nacht, Junger Herr…“ Langsam fuhr er mit den Fingern über die weiche Wange. „…träumt schön.“ Er verließ das Zimmer und löschte die Kerzen. Aus der Besenkammer holte er Staubwedel und Poliermaterial für die Fensterscheiben und ging dann in das Arbeitszimmer. Die Sommerhitze hing noch im Raum, weshalb er das Fenster aufriss. Durch den Windstoß, der hereinwehte, wurden die Blätter von dem großen Ebenholztisch überall im Raum verstreut. Sebastian seufzte genervt und begann, alles wieder einzusammeln. Doch bei einem der Briefe stockte er. Die Schrift gehörte eindeutig zu Lizzy, Ciels Verlobten.
 

Mein lieber Ciel,
 

es ist so schade, dass Ihr nicht auch zu Eurer Sommerresidenz gefahren seid. Das Wetter ist herrlich und ich würde gerne mit Euch in der Nähe des Sees spazieren. Ich vermisse Euch so sehr.

Auf meinen letzten Brief mit der Bitte eines Besuchs von Euch habt Ihr nicht reagiert. Vielleicht ist der Brief verloren gegangen, die Boten haben gesagt, dass die Straßen momentan sehr unsicher sind.

Daher habe ich mit meiner Mutter gesprochen und sie erlaubt mir, ein paar Tage zu Euch zu reisen. Ihr fühlt Euch bestimmt furchtbar einsam hinter Eurem Schreibtisch und Ihr werdet dann auch immer so zurückgezogen. Meine Anwesenheit wird Euch in jedem Fall aufheitern!

Ich habe von einem kleinen Empfang im Hause Blotts gehört (Ihr wisst schon, der Bekannte meines Vaters, dessen Schwägerin). Es sollen exotische Künstler kommen und Tänze aus Indien, China und sogar Südamerika zeigen! Und man darf auch selbst tanzen! Ich wäre glücklich, wenn Ihr mich diesen Abend als mein Verlobter begleiten würdet. Anreisen werde ich am 29. Juli gegen Abend, der Empfang findet am Abend darauf statt. Mutter möchte nicht, dass ich nachts reise.

Ich freue mich auf Eure Gesellschaft.
 

In Liebe

Lizzy
 

Sebastian faltete das Papier zusammen und musste lächeln. „Ihr versucht auch immer wieder, Eure Verlobte abzuwimmeln und zu ignorieren, wenn sie Euch zu etwas einlädt. Geschweige denn, dass ich Bescheid weiß, dass sie kommt.“ Er legte den metallenen Briefbeschwerer auf die Papiere und räumte die Schreibsachen weg. „Und lernt doch endlich mal, wenigstens ein bisschen Ordnung zu halten.“
 

Sebastian legte die angekommenen Briefe auf den Arbeitstisch. „Wann hattet Ihr vor, mich vom Besuch Eurer Verlobten zu unterrichten?“ Ciel schnaubte und nahm die geöffneten Umschläge näher zu sich. „Ich werde morgen Abend nach London fahren.“ „Eure Verlobte sitzen zu lassen, zeugt überhaupt nicht vom guten Ton, Junger Herr. Sie macht sich extra für Euch aus der Sommerresidenz ihrer Familie auf den Weg zu Euch.“ „Ich habe sie nicht darum gebeten.“ Er zog den ersten Brief aus dem Umschlag und entfaltete ihn. „Und wie gedenkt Ihr dann, Eure Abwesenheit zu erklären?“, fragte Sebastian weiter. „Lass dir was einfallen.“ „Ich denke mehr und mehr, dass Ihr nur flüchtet, weil sie mit Euch tanzen gehen möchte.“ Der Butler sah, wie die Finger des jungen Earls unmerklich verkrampften. Ein Treffer ins Schwarze. „Wenn Ihr möchtet, kann ich Euch für heute noch eine Tanzlehrerin be…“ „Ich kann tanzen.“ Sebastian musste sich ein lautes Lachen verkneifen und lächelte stattdessen nur leicht. „Junger Herr…manche Leute sagen, dass auch Einbildung letztlich eine Form von Bildung ist.“ Ciel schoss hoch und packte ihn am Frack. „DU hast den Mund hier zu halten! Du hast meine Wünsche zu erfüllen und nicht meinen Moralapostel zu spielen!“ Sebastian kam so nah an das Gesicht, dass Ciel den kalten Atem spüren konnte. „Dann beweist mir doch das Gegenteil“, hauchte er ihm zu und der Earl spürte die Gänsehaut seinen Rücken runterwandern, „Ihr spuckt große Töne, bevor ihr auch nur einen einzigen Takt getanzt habt. Wisst Ihr, was das klügste Tier ist?“ Ciel starrte ihn nur an. „Die Henne“, ergänzte der Butler, „Sie schreit erst ‚hier‘, wenn sie das von ihr angepeilte Resultat erzielt hat. Nicht vorher, wie die Menschen. Und wenn Ihr jetzt so gütig wärt und mich loslassen würdet, dann könnte ich Vorbereitungen treffen, dass Ihr euch nicht ganz so blamiert, wenn Euch Eure Verlobte auffordert.“ Schnaubend ließ er Sebastian los und setzte sich wieder auf den edlen Stuhl hinter dem Tisch. „Wie kommst du darauf, mich mit so etwas Einfältigem wie einem Huhn zu vergleichen?“, knurrte er und zog einen weiteren Brief vom Stapel. „Nicht ich, Junger Herr“, lächelte der Butler und ging zur Türe, „Abraham Lincoln.“

„Ihr solltet Eure Verlobte mit etwas überraschen“, meinte Sebastian und überprüfte das Grammophon, „Wenn Ihr sie schon auf einen Ball mit exotischen Tänzen begleitet, dann solltet Ihr nicht unbedingt einen Walzer tanzen.“ „Ich kann das, ich brauche keine Stunden. Vor allem nicht von jemandem wie…dir.“ „Ihr wolltet nicht, dass ich Euch eine Tanzlehrerin bestelle, also müsst Ihr jetzt mit mir Vorlieb nehmen. Geschweige denn, dass Eure Verlobte begeistert davon wäre, dass Ihr diesen Tanz mit einer Frau einübt.“ Der Butler setzte die Nadel auf die Platte im Grammophon und die ersten Klänge waren zu hören. „Was ist das denn?!“ „Das, Junger Herr, ist eine Musik aus Südamerika.“ „Da gibt es doch keinen Takt! Wie soll man denn darauf tanzen?!“ „Er ist nicht so offensichtlich wie beim Walzer. Es ist Tango. Und dieser Tanz soll nicht edel aussehen, sondern leidenschaftlich.“

„Leidenschaftlich?“ Der Butler kam zu ihm. „Tango wird enger getanzt als der Walzer. Er erfordert auch eine andere Grundhaltung. Ich werde für Euch die Position Eurer Verlobten einnehmen.“ „Ich habe dir schon mal gesagt, dass du verdammt nochmal zu groß bist! Und ich brauch keine Tanzstunden, ich werde mich da irgendwie…durchmogeln. Es gibt genug Gründe, einem Tanz zu entgehen.“ Sebastian lächelte leicht. Typisch dieser Junge. Manchmal dumm wie Brot und stur wie ein Ziegenbock. „Beim Tango legt Ihr die Hand nicht hinten auf das Schulterblatt, sondern auf den unteren Rücken der Dame. Dadurch könnt Ihr sie beim Tanzen besser halten.“ Ciel schnaubte abfällig. „Als ob sie sich nicht selbst halten könnte.“ „Als Gentleman der alten Schule solltet Ihr einer Dame immer ein Gefühl der absoluten Sicherheit in Euren Armen geben. Besonders wenn es sich dabei um Eure Verlobte handelt. Nehmt nun die Tanzhaltung ein, dann kann ich Euch die Schrittfolge zeigen.“ „Ich hab weitaus Besseres zu tun, als diesen Kinderkram“, knurrte Ciel, bot dem Butler aber die Hand zum Tanzen an. Sebastian merkte, wie verkrampft der Earl dastand und die Haltung einnahm. „Die Hand am Rücken tiefer“, korrigierte der Butler, „Die Dame tanzt nahe bei Euch, im Gegensatz zum Walzer müsst Ihr sie hier äußerst präzise führen.“ „Hab ja sonst nichts Besseres zu tun.“ Sebastian lächelte auf den Kommentar lediglich und legte die Handkante auf den Rücken seines Herrn. „Wieso…“ „Wie ich bereits sagte: Der Tango erfordert eine andere Haltung, als der Walzer. Auch bei der Dame.“ Ciel knurrte vor Missachtung. „Der traditionelle Schritt im Tango besteht aus zwei Langschritten, zwei Kurzschritten, einem folgenden Langschritt und zwei weiteren…“ „UND DAS SOLL ICH MIR MERKEN?!?!“ Ciel stieß seinen Butler weg. „Ich hab keine Zeit für diesen Kinderkram! Soll sie doch alleine hingehen, wenn sie unbedingt Gesellschaft haben will!“ Sebastian zwang sich ein leichtes Lächeln auf und zupfte an seinen Handschuhen. Nicht die Geduld verlieren…einfach lächeln und weitermachen. Auch wenn diesem kleinen Kackbratzen eher der Hintern versohlt gehörte, nein…tief durchatmen und Miene wahren. „Vielleicht fällt es euch etwas einfacher, wenn Ihr mich fürs Erste die Rolle des Herrn tanzen lasst“, meinte er und trat wieder näher an den Earl heran, „Tango ist ein tiefgründiger Tanz, bei dem Ihr nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen denken solltet. Wenn davon in Eurer Brust noch etwas übrig sein sollte.“ „Deine Zunge ist heute extrem lose, Sebastian. Vielleicht sollte ich sie besser rausschneiden.“ „Ich bitte um Verzeihung, Junger Herr.“ „Mach einfach.“ Der Butler trat vor ihn. „Wie ich bereits sagte, die Führungshand kommt weiter unten hin…“ Er legte die Hand so auf den Rücken, dass die langen Finger schon beinahe auf dem Beckenknochen lagen. „…und der Tango wird leidenschaftlich getanzt.“ Mit einem Ruck zog er Ciel zu sich, sodass dieser gegen seinen Oberkörper fiel. „Sebastian…“ „Als Herr des Tanzes beginnt Ihr mit dem linken Fuß. Die Dame setzt den rechten nach hinten.“ „Bist du wahn…“ „Schhhht…“ Ciel spürte den kalten Atem seines Butlers auf dem Gesicht und sah ihm in die blutroten Augen. „…Ihr sucht nur Ausreden, um Euch vor dem Tanzen zu drücken und mit Imponiergehabe durch die Gesellschaft zu spazieren. Ohne Euren angeborenen Titel und Euren Rang innerhalb der adeligen Gesellschaften, wäret Ihr nichts. Ich habe Euch heute schon einmal gesagt, dass sich selbst Hennen klüger verhalten, als Ihr es tut. Also zeigt wenigstens einmal in Eurem Leben das Engagement, etwas zu lernen, bevor Ihr damit prahlt, es zu können. Rechter Fuß nach hinten.“ Ciel stolperte mit den Schritten mehr mit, als dass es in irgendeiner Weise nach einem edlen, geschweige denn leidenschaftlichen Tanz aussah. „Lang, lang…kurz, kurz, lang…und kurz, kurz, lang…“ Sebastian hatte noch nie jemanden schlechter einen Tango tanzen sehen, wie sein Junger Herr ihn da gerade aufs Parkett legte. Aber innerlich riss er sich zusammen und lächelte. „Ein wenig fließender, Junger Herr, und es sieht bereits ganz passabel aus. Für Eure Verhältnisse.“ „DU VERDAMMTER…“ Auf einmal riss Sebastian ihn zur Seite und Ciel rutschte mit den Absätzen seiner Schuhe vom Boden weg. Der Butler hielt ihn nur noch mit der rechten Hand im Rücken. Sein Magen verdrehte sich, als der Dämon sich zu ihm heruntersenkte. „Wisst Ihr, Ihr könnt gerne denken von mir, was auch immer Ihr wollt, Junger Herr“, flüsterte er Ciel ins Gesicht, „Mir ist Euer Status, Euer Reichtum oder Euer Einfluss egal. Ihr habt mich gerufen, Ihr seid einen Vertrag mit mir eingegangen, ich diene Euch, bis zu dem Tag, an dem Ihr über den Totenfluss ins Jenseits treiben werdet. Nur werdet Ihr dort niemals ankommen, weil Eure Seele mir gehört. Und es liegt in meiner Hand, ob Ihr noch einige Zeit hier auf dem Boden dieser Erde wandelt, oder ob es einige…unglückliche Umstände und Zufälle gibt.“ Ciel sah ihm direkt in die blutroten Augen. Sein Herz schlug ihm inzwischen im Hals. „Das wagst du nicht.“ „Ich habe es Euch heute schon einmal gesagt. Die Henne ist das klügste Geschöpf im Tierreich. Sie gackert erst, NACHDEM das Ei gelegt ist.“ „Ich bin kein Tier. Ich zähle nicht dazu.“ Sebastian lächelte gefährlich. „Ihr solltet Euren Lehrern besser zuhören. Laut Charles Darwin ist der Mensch nichts weiter als eine Weiterentwicklung der Affenspezies, unabhängig von einem göttlichen Akt der Schöpfung. Also seid Ihr nichts anderes, als ein Tier, das sich selbst einen Geist und Intelligenz zuschreibt.“ „Und du?“ „Wer weiß schon, was ich bin? Ich bin einfach nur ein teuflisch guter Butler. EUER teuflisch guter Butler.“ Ganz sachte legte Ciel seine Hand auf Sebastians Schulter. Unmerklich fühlte er nach den Armmuskeln, die ihn in der Schräglage hielten. „Genau…du gehörst mir. Mir allein. Und ich kann mit dir machen, was auch immer ich will.“ Sebastian lächelte leicht und kam noch näher, sodass Ciel seinen Geruch wahrnehmen konnte. Der Duft von Rosen und von Schwefel. „Wie weit…geht der Vertrag zwischen dir und mir?“ „Wie weit wollt Ihr ihn denn gehen lassen?“ Doch Ciel riss sich von ihm los und wich zurück. „Ich hab noch zu tun! Deine komischen Tanzstunden sind hier beendet! Jetzt sofort!“ Der Butler verbeugte sich. „Wie Ihr wünscht.“ Der Earl rauschte aus dem Saal und knallte die Türe so laut zu, dass es überall widerhallte. „Ihr verleugnet es noch immer, Junger Herr…wie kindisch von Euch…“
 

Sebastian brachte gerade das polierte Tafelsilber in Richtung des Speisezimmers, als es am Portal des Herrenhauses klopfte. Ein wenig verwundert ging er zur Türe, denn eigentlich erwarteten sie keinen Besuch. Er öffnete. „Lady Elizabeth“, meinte er erstaunt, „Wir hatten Euch erst morgen Abend erwartet.“ Das Mädchen lächelte, während Paula, ihre Bedienstete, die Koffer von der Kutsche lud. „Die Bekannte meiner Mutter ist diesen Sommer nach Paris gereist, weshalb sich unsere Reise verschoben hat.“ „Tretet ein, ich werde im Salon sofort einen frischen Tee bereitstellen und den Jungen Herrn über Eure Ankunft informieren.“ Sie warf sich ihm um den Hals. „Danke, Sebastian.“ „Bitte, nehmt doch im Salon so lange Platz und erholt Euch von Eurer Reise.“ Sie ließ ihn los und ging in den großen Salon, während er Paula noch die Koffer abnahm. Anschließend setzte er das Teewasser auf und machte sich auf den Weg zum Arbeitszimmer des Earls. Ciel selbst schien aber gerade eher Mikado mit seinen Schreibfedern zu spielen, als zu arbeiten. „Junger Herr, Eure Verlobte ist eingetroffen.“ Eine der Federn fiel auf den Boden. „Lizzy? Aber sie hatte sich erst morgen angekündigt!“ „Die Reisezeit hat sich aufgrund eines unerwarteten Geschehnisses verringert. Sie wartet nun unten im Salon.“ Der Earl ließ seine Stirn auf den Tisch sinken. „Das darf doch alles nicht wahr sein…“ „Wenn Ihr wünscht, sage ich Ihr auch, dass Ihr zu beschäftigt seid, nachdem Ihr erst morgen mit ihrer Ankunft gerechnet habt.“ „Es hat doch sowieso keinen Zweck. Nachher steht sie sonst noch in meinem Schlafzimmer.“ Stöhnend lehnte er den Kopf nach hinten gegen den Stuhl. „Warum müssen Frauen immer nur so verdammt anstrengend sein?“ „Was soll ich Lady Elizabeth ausrichten?“ „Sag ihr, dass ich gleich da sein werde. Dann gibt sie hoffentlich heute noch Ruhe.“ „Natürlich, Junger Herr.“ „Ach, und Sebastian!“, hielt er seinen Butler noch auf, als dieser fast aus der Türe war, „Versuch, ihr diesen dämlichen Tanzempfang auszureden.“ Der Bedienstete lächelte leicht. „Wie Ihr wünscht.“
 

„Ohhhhhh!“ Lizzy lächelte, als sie den Garten erblickte. „Ihr habt aber viele Rosen pflanzen lassen dieses Jahr, Ciel“, meinte sie und hakte sich bei ihrem Verlobten leicht ein, „Es gefällt mir wirklich sehr.“ „Das freut mich. Wenn es Euch gefällt.“ „Wisst Ihr…ich war sehr traurig, als ich gehört hatte, dass Ihr nicht auf Euren Sommersitz fahrt. Er ist so herrlich am Meer gelegen, ich hätte Euch dort so gerne besucht.“ „Es war…die Arbeit.“ Ihr Lächeln wurde traurig. „Wisst Ihr…manchmal habe ich das Gefühl, dass Ihr…gar nicht mehr Teil dieser Welt sein möchtet. Ihr zieht Euch zurück, bleibt in Eurem Anwesen und widmet Euch nur Euren Geschäften. Und…mich stimmt das sehr traurig, Ciel. Ihr seid so einsam und jeden meiner Besuche muss ich bei Euch ankündigen.“ „Lizzy, ich habe auch Termine, welche ich einhalten muss.“ „Manchmal habe ich aber auch das Gefühl…dass Ihr besonders meinen Besuch nicht schätzt.“ „Nein, es ist immer…eine Freude, Euch hier zu haben. Eine ganz besondere Freu…“ „Die Schmetterlinge, Ciel!“ Sie rannte den Weg nach vorne. „…de.“
 

Am nächsten Abend…
 

„Nun, Junger Herr, wie war…“ „FRAG NICHT“, keifte Ciel ihn an und riss sich die Krawatte beinahe ab. „Lasst mich.“ Der Butler öffnete den Knoten und knöpfte das Hemd auf. „Es war reine Zeitverschwendung“, knurrte der Earl und Sebastian öffnete die Schnallen, die die Strümpfe festhielten. Er zog die Kleidung aus und Ciel stieg in das heiße Badewasser. „Eure Verlobte sah sehr glücklich aus, als Ihr zurückkamt.“ „Schön, wenn sie ihren Spaß hatte. Außer dass der Viscount von Druitt der Meinung war, einen Tanz aus Indien aufzuführen, der deutlich die Grenzen guten Geschmacks überschritten hat. Wie er sich seit Jahren im Adelsstand halten kann mit seinen Eskapaden…und Soma und Agni bin ich gerade noch aus dem Weg gegangen. Ansonsten hätten die sich hier auch noch eingenistet wie Ratten.“ Sebastian öffnete den Knoten der Augenklappe und zog sie aus den Haaren. „Dennoch war es wichtig, Eure Verlobte zu diesem Anlass zu begleiten.“ „Es ist weitaus zu viel Zeit, die sie mich kostet. Ihre ständigen Besuche, ihre Wünsche, ihre Feste und Empfänge…“ Der Butler begann sachte, den Rücken zu waschen. „Eines Tages wird sie Euch dieses Haus mit Euren Kindern füllen. Ohne sie wird dieses Haus untergehen und der Name Phantomhive wird nur noch ein kläglicher Rest in einem Geschichtsbuch sein.“ Ciel drehte sich um und sah seinen Butler an. „Stellst du dich gerade auf ihre Seite?“ „Nein, Junger Herr. Das würde mir nie einfallen.“ Er musste lange gähnen und der Butler lächelte. „Ich habe Euch bereits das Bett fertig gemacht.“ Der Earl lehnte sich in der Badewanne zurück und genoss das heiße Wasser, während Sebastian die warmen Handtücher von der Seite zog und für ihn ausbreitete. Ganz langsam stand er auf und stieg auf das Handtuch, wo der Butler ihn abtrocknete und ihm die Nachtwäsche anzog. „Sebastian?“ „Ja, Junger Herr.“ „Was ist Liebe?“ Er war überrascht von der Frage und öffnete die Türe für ihn. „Junger Herr…ich würde Liebe als ein menschliches Gefühl beschreiben, welches zwischen Menschen entsteht und Ihnen...ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gibt.“ Sebastian schlug die Bettdecke zurück, doch der Earl trat ans Fenster und sah über die monderhellten Bäume. „Sicherheit und Geborgenheit…“ „Jedoch ist die Definition eines Gefühls ein schwieriges Unterfangen, da man es hierfür dieses von allen anderen Gefühlen abgrenzen müsste. Und das funktioniert bei der menschlichen Seele nicht.“ Ciel sah in der Spiegelung des Fensters Sebastian an. „Und was,

wenn man…diese…Sicherheit nicht bei einer Frau findet?“ Er sah das Lächeln seines Butlers über seiner Schulter. „Wenn man es nicht bei einer Frau findet…“ Die Hand legte sich auf seine vom Nachthemd freigelassene Schulter und die roten Augen begannen in der Reflexion zu glühen. „…dann könnt Ihr es genauso bei einem Mann finden. Auch wenn es Euch…in der edlen Gesellschaft das Genick brechen sollte. Vielleicht in einer fernen Zukunft wird es sich ändern, doch…Ihr lebt jetzt.“ Der Earl atmete tief durch. „Der Tanz von vorgestern…würdest du ihn…mir noch einmal beibringen?“ „Wenn Ihr das wünscht, Junger Herr. Doch Ihr solltet schlafen gehen. Der Abend hat Euch sehr erschöpft, Ihr wollt Eurer Verlobten morgen doch nicht mit Ringen unter den Augen begegnen.“ Er wandte sich ab vom Fenster und stieg in das große Bett. Sebastian warf ihm die Bettdecke über und schloss anschließend die Vorhänge. „Sebastian?“ „Ja, Junger Herr?“ „Wie weit geht der Vertrag zwischen dir und mir?“ Der Butler lächelte im Licht des Kerzenleuchters. „Er beinhaltet Eure Vorstellungen, Junger Herr. Ich gehöre Euch. Bis zu dem Tag, an dem Eure Seele mir gehört.“ „Ich weiß nicht, wie man es vollführt.“ Die Hände sanken in der Matratze ein und Sebastian senkte sein Gesicht. „Es ist ganz einfach, Junger Herr“, flüsterte er, „Es ist ein Sich-Treiben-Lassen auf dem Ozean des inneren Herzens. Eures Herzens.“ Ciel sah seinen Butler an. „Empfindest du…Liebe?“ Auf diese Frage lächelte Sebastian. „Könnte ich diese Frage nicht sogar an Euch richten?“ „Halt den Mund. Und mach.“ „Wie Ihr wünscht…“ Der Earl schloss die Augen, als sich der Schatten über ihn senkte. „…Junger Herr.“ Er zuckte, als die kalten Lippen auf seine trafen. Die Gänsehaut lief über seinen ganzen Körper und ein Kribbeln machte sich in seinem Magen breit. Doch bevor er sich in die Gedanken, woher das rührte, vertiefen konnte, glitten die Lippen von seinen herunter. Der Geschmack von Rosenwasser blieb auf seiner Zunge. „Gute Nacht, Junger Herr.“ Ciel öffnete die Augen und sah, wie der Butler sich mit dem Kerzenleuchter zur Türe aufmachte. „Sebastian.“ „Ja, Junger Herr?“ „Du hattest Unrecht.“ Er drehte sich im Türrahmen um und sah den Earl an. „Die Henne ist nicht das klügste Geschöpf im Tierreich“, ergänzte dieser und drehte sich zur Tür, „Denn am Ende ist sie trotz ihrer Klugheit immer wehrlos gegenüber einem Wachhund.“ Sebastian schmunzelte. „Natürlich, Junger Herr.“ Er schloss die Türe hinter sich und lief den Gang hinunter, gefolgt vom Klang seiner Schuhabsätze in der Dunkelheit. Er löschte alle Kerzen des Leuchters in seiner Hand bis auf die mittlere. Beinahe fasziniert betrachtete er, wie die Kerzenflamme gegen die Windstöße ankämpfte. „Am Ende ist ein Wachhund nichts gegen einen Dämon, Junge Herr“, lächelte er und drückte den letzten Docht aus, wodurch alles in Dunkelheit getaucht wurde,

„Gar nichts.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  CruelLamia
2018-03-12T16:25:41+00:00 12.03.2018 17:25
Hallo itachi-girl,

habe gerade deinen OS gelesen. Dein Schreibstil gefällt mir sehr gut und ich habe die Story mit Begeisterung gelesen.
Ich finde, du hast Sebastian sehr gut getroffen. Allerdings finde ich Ciel ein bisschen zu "verzogenes Balg", wenn du verstehst, was ich meine.
Er wirkt in Manga und Anime viel älter als er tatsächlich ist. Das trifft es hier leider noch nicht ganz, aber du bist auf einem guten Weg.

Ich werde bei Gelegenheit schauen, ob ich noch aktuellere FFs von dir finde. 😃

Habe noch eine Frage und hoffe, dass du sie mir beantworten wirst. Ich habe den Schluss nicht ganz verstanden. 😓
Hat Sebastian nun Gefühle für Ciel oder macht er sich einen Spaß daraus? Oder muss ich das ganz anders interpretieren?

Hoffe auf deine Antwort.
Bis bald.

LG Lamia 🐱


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