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My Story of Seasons

von

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Das Taschentuch

„Liebes Tagebuch,

ich wohne jetzt seit ca. einer Woche hier in Eichbaumhausen. Während der letzten Tage habe ich meine Felder bestellt. Es ist wirklich eine Menge Arbeit, aber sie macht mir viel Spaß. Jetzt bin ich an einem guten Punkt, um mir mal wieder ein bisschen die Gegend anzuschauen. Ich will unbedingt mal Fritz auf seiner Farm besuchen. Er war fast jeden Tag hier und hat nach mir gesehen, da sollte ich ihn wirklich auch mal besuchen gehen. Und Raeger habe ich seit meiner Ankunft hier auch nicht viel gesehen.

Und dann ist da ja auch noch das Taschentuch... Ich habe die Arbeit die ganze Zeit als Ausrede benutzt, um mich darum nicht kümmern zu müssen, aber so langsam muss ich der Wahrheit ins Auge blicken und es zurückgeben. Ich hoffe nur, dass ich bei meinem nächsten Versuch dann nicht plötzlich 3 davon habe...“
 

Es ist gerade Mittag als Fynn all ihre Felder gegossen hat. Für heute konnte sie die Arbeit ruhen lassen. Sie geht ins Haus, duscht sich und zieht sich um. Seit 4 Tagen hatte sie nur Arbeitsklamotten angehabt. Zögerlich steckt sie sich die beiden frisch gewaschenen Taschentücher von „K“ in die Tasche. Heute würde sie sie endlich zurück geben!
 

Fynn macht sich langsam auf den Weg den Bergpfad hinunter. In ihrem Kopf geht sie alle möglichen Szenarien durch, wie sie die Taschentücher zurückgeben kann, ohne dass es peinlich wird. Die verzieht das Gesicht. Die Szenarien enden fast immer in ihrem Herzinfarkt. Es muss doch irgendwie gehen, dass sie sich nicht blamiert? Vielleicht sollte sie einfach abwarten, bis sie ihm zufällig im Dorf begegnet? Sie müsste sich nur eine Weile hinter einen Vorsprung hocken und auf den richtigen Moment warten. Vielleicht wenn er gerade aus der Tür kommt. Dann will er bestimmt irgendwo hin und hätte keine Zeit sich lange aufzuhalten? Das wäre doch gut. Fynn verzieht die Augenbrauen. Da sie seinen Tagesablauf nicht kennt, müsste sie sein Haus beobachten. Hm... wenn sie dabei jemand entdeckt, könnte das peinlich werden. Die Leute könnte denken, dass sie ihn stalkt. Und die blonde Frau wohnt doch direkt daneben. Wenn sie das sehen würde, würde sie bestimmt wütend werden. Nein, das ist wohl keine gute Idee.

Fynn könnte natürlich auch einfach klopfen. Er würde sie bestimmt rein lassen, ihr vielleicht einen Tee anbieten. Er ist doch Parfümeur, oder? In seinem Haus duftet es bestimmt wunderbar. Er stellt ihr den Tee hin, lächelt sanft, setzt sich dazu. Der Duft nach Rosen lässt eine romantische Atmosphäre aufkommen. Ihre Hände könnten sich treffen und... in diesem Moment gibt es einen lauten Knall, der Fynn augenblicklich aus ihren Gedanken reißt. Sie blickt auf. In ihrem Tran hat sie wohl einen Haufen Werkzeuge umgeschmissen. Irks, das musste ja mal wieder sein. Kannst du nicht gleichzeitig denken und laufen? Sie bückt sich und fängt widerwillig an die Hacken, Schaufeln und Harken zusammen zu sammeln.

„Was ist hier los?“, tönt eine schrille Frauenstimme hinter ihr. Fynn dreht sich um und sieht auf. Eine junge Frau mit blonden, langen Haaren und einem rosa Kleid steht vor ihr. Ihre Locken kräuseln sich im Wind. Ihre Hände sind in ihre Hüften gestemmt und sie guckt betont streng zu Fynn hinab, die in Mitten der umgeschmissenen Werkzeuge sitzt.

„Ich war in Gedanken und habe aus versehen die Werkzeuge umgeschmissen.“, fängt Fynn an zu erklären. Sie dreht sich wieder zurück und sammelt weiter die Werkzeuge ein. „Kommt nicht wieder vor.“

Die Frau kommt näher und ihr Ton wird schärfer. „Das will ich auch hoffen! Wenn auch nur ein Werkzeug beschädigt ist, dann werde ich das von deinem Lohn abziehen! Ich kann nicht ständig neue Werkzeuge kaufen!“

„Ähm...“, Fynn dreht sich wieder zu der Frau um und ist etwas verdutzt. Die hat wohl einen Sonnenstich. „Das ist ein Missverständnis, ich bin nicht...“

„Ich bin noch nicht fertig!“, unterbricht die Frau Fynn's Erklärung. „Ich bin es leid, dass du immer so schusselig bist. Wassereimer umschmeißen ist eine Sache, das kostet nicht so viel, aber bei Werkzeugen hört der Spaß auf.“ Fynn steht auf und tritt der Frau gegenüber. „Wir sehen uns heute zum ersten Mal.“, versucht Fynn die Frau aufzuklären. Sie zieht die Augenbraue hoch.

„Jede Woche ist es dasselbe.“ Die Frau steigert sich weiter in ihren Anfall rein und scheint Fynn gar nicht zu hören. Fynn schaut sich um. Erst jetzt stellt sie fest, dass sie auf Höhe der Reisfelder steht. Die Reisfelder, die Elise gehören. Auf dem Feld arbeiten Leute, aber keiner hebt auch nur den Kopf. Erstaunlich bei der Lautstärke. Sind die das etwa gewohnt? „Ich wünsche, dass das sofort eingestellt wird. Sonst ersetze ich dich durch eine Kuh. Die gibt wenigstens Milch.“ Fynn kräuselt die Stirn. Du bist der Beweis, das nicht jede Kuh Milch gibt. „Und jetzt zurück an die Arbeit. Ich bezahle dich schließlich nicht für's Rumstehen.“ Fynn verschränkt die Arme vor der Brust. „Du bezahlst mich gar nicht.“, erwidert sie etwas sarkastisch. „Ja, wenn das so weiter geht sicher nicht.“ Die blonde Dame hat sich wieder etwas beruhigt, behält den scharfen Ton jedoch bei. Fynn mustert die Frau. „Du musst wohl Elise sein.“, schlussfolgert sie. „Ja, selbstverständlich Sherlock. Wenn das ein Witz sein soll, kann ich nicht darüber lachen.“ Elise wird zusehens genervter. Fynn kratzt sich etwas ratlos am Kopf, als ein älterer Herr sich den beiden nähert. Er hat eine Kammerdiener artige Uniform an und geht etwas krumm.

„Madame...“, nähert er sich Elise vorsichtig. „Ja, was ist denn?“ Genervt dreht Elise sich zu dem Mann um. „Das ist eine Farmerin aus der Gegend. Sie arbeitet nicht für euch.“ Elise reißt den Kopf zu Fynn herum und reißt entsetzt die Augen auf. Fynn zieht die Augenbrauen hoch und nickt zustimmend. Kurz herrscht Stille. Auf einmal kreischt Elise wieder los: „Und wieso gibst du dich als Mitarbeiterin aus, wenn du gar keine bist?“ Fynn schlägt sich die Hand gegen die Stirn. Sie atmet tief durch und versucht zu lächeln. „Das war wohl ein Missverständnis.“ Kurz herrscht Stille. Auf einmal lacht Elise laut und schrill los und hält sich eine Hand vor den Mund.

„HA HA HA... Na, ich will mal nicht so sein. Freut mich dich kennen zu lernen...äääh...“

„Fynn.“, fügt Fynn ein, die Augen zusammengekniffen von dem Ohren betaubenden Ton ihres Lachens. „Ah ja, Fynn. Ich bin Elise.“

„Ähm... ja.“ Fynn schaut zu dem Kammerdiener, dem das Alles sichtlich unangenehm zu sein scheint. „Aber jetzt musst du leider gehen, denn manche Leute hier müssen arbeiten.“, mit diesen Worten dreht sich Elise um und beaufsichtigt weiter ihre Felder.

Der Kammerdiener dreht sich zu Fynn und verbeugt sich. „Tut mir sehr leid, werte Dame. Frau Elise hat ein gutes Herz, ist aber manchmal etwas... ungeschickt im Umgang mit anderen.“

„Schon in Ordnung.“ Fynn winkt ab. Der Herr verbeugt sich nochmals und eilt Elise hinterher. Fynn schüttelt den Kopf, etwas perplex von der Begegnung eben und setzt ihren Weg Richtung Dorf fort.
 

Wenn ihr Ausflug schon so anfängt, kann das ja Alles nichts werden.

Nach ein paar Minuten kommt sie an eine Kreuzung. Sie bleibt stehen. Links herum geht es ins Dorf, das man bereits sehen kann. Rechts herum geht es über eine Brücke Richtung Fritz' Farm. Fynn dreht sich entschlossen nach links. Das ist der richtige Weg! Sie muss schließlich die Taschentücher zurückgeben. Sie befielt ihrem Fuß nach vorne zu gehen. Einige Sekunden bleibt sie regungslos stehen. Sie fixiert das erste Haus, das man sieht und kneift die Augen zusammen: Muss.... Füße... bewegen! Muss.... ins... Dorf.... Noch immer steht sie auf derselben Stelle. Betont langsam dreht sie ihren Kopf Richtung Brücke. Sie verzieht ihren Mund zur Seite. Fritz wollte sie auch besuchen. Ja, es wäre direkt unhöflich nicht zu ihm zu gehen. Er war doch so freundlich. Da ist es doch das Mindeste bei ihm mal vorbeizuschauen. Und es ist ja auch noch nicht spät, da kann sie auch später noch ins Dorf gehen. Die Taschentücher werden ja nicht schlecht oder so was. Langsam dreht sich auch ihr restlicher Körper Richtung Brücke. Sie will ja schließlich nicht unhöflich zu Fritz sein. Der ist bestimmt schon ganz traurig, weil sie noch nie bei ihm war. Fynn nickt energisch und geht flinken Schrittes Richtung Fritz' Farm.
 

Nach weiteren 10 Minuten kommt sie zu einer Weggabelung. Sowohl links als auch rechts herum scheinen Farmen zu sein. Fynn kratzt sich am Kopf. Aber welche davon gehört Fritz? Am Ende des linken Wegs ist ein hölzernes, leicht dreckiges Schild über dem Weg. Die Schrift ist nicht mehr wirklich leserlich. Dahinter liegen einige Gerätschaften lose auf dem Boden herum. Sie dreht ihren Kopf nach rechts. Hier prangt ein verschnörkeltes, weißes Schild über dem Weg. „Rosenholz – Farm“ steht darauf geschrieben. Dahinter sieht sie mehre, wunderschön angelegte Beete mit Blumen, die in voller Blüte stehen und eine kleine Villa in der Mitte des Grundstücks. Sie zieht eine Augenbraue hoch und dreht ihren Kopf wieder Richtung Holzschild. Nicht schwer zu erraten, welche der Farmen Fritz gehört. Sie folgt dem linken Weg und durchschreitet das Holzschild. Auf der rechten Seite ist ein kleines Holzhaus. Schräg dahinter ist eine kleine Wiese mit zwei Kühen, die neugierig in ihre Richtung schauen. Kurz daneben ist ein kleiner Stall. Rund um das Grundstück sind einige kleine Felder wild verstreut, manche besser, manche schlechter gepflegt. Fritz ist nicht zu sehen. Fynn geht zur Tür und klopft, aber niemand macht auf. Sie dreht am Türknauf und die Tür öffnet sich.

„Fritz?“, ruft sie in den Raum, der sich direkt hinter der Haustür erstreckt. Keine Antwort. Sie tritt ein und steht in einem schuppenartigen Raum. Er ist unaufgeräumt und etwas staubig. Links gehen eine paar Stufen hinauf in einen anderen Raum. Fynn kann einen Tisch und Fritz' Bett sehen. Soll sie wirklich reingehen? Vorsichtig geht sie die Stufen hoch und schaut, ob Fritz da ist. Er ist aber nicht zu sehen. Der Tisch ist aufgeräumt und sauber. Auch Fritz' Bett ist gemacht. Auf seinem Bett liegt ein aufgeschlagenes Buch. Fritz liest? Fynn hätte nicht gedacht, dass er der Typ dafür ist. Sie späht ins Buch, um zu sehen, was er liest.

„... sie ist wirklich hübsch und so witzig. Ich glaube, ich habe mich in sie verliebt...“ Fynn springt zurück und läuft hoch rot an. Au weia, das ist sein Tagebuch. Sie schlägt sich an die Stirn und fängt an sich lautstark zu ärgern. Beschämt eilt sie aus dem Haus. Vor der Tür hält sie inne und drückt sich einen Mittelfinger zwischen die geschlossenen Augen. Wer lässt denn auch sein Tagebuch so offen liegen? Sie schüttelt den Kopf. Dass sie aber auch immer so neugierig sein muss. Lieber unauffällig gehen und so tun, als hätte sie nichts gesehen.
 

Langsam schleicht Fynn den Weg zurück Richtung Dorf. Keine Ausrede mehr, um sich vor dem Zurückgeben der Taschentücher zu drücken. Sie atmet tief durch. Es hilft ja nichts. Dann hat sie es wenigstens hinter sich.

Wie Fritz es ihr gezeigt hatte, biegt sie an der ersten Kreuzung im Dorf rechts ab. Einfach die Treppe runter und... da war schon sein Haus: Das Haus von „K“. Einen Meter vor der Tür bleibt sie stehen und starrt auf die Stufe vor der Tür. Was soll sie sagen? Woher hatte sie das erste Taschentuch? Es hing an einem Busch in der Wildnis. Wie hatte sie es gefunden? Wird er misstrauisch, wenn er das hört? Er soll nicht denken, sie hätte ihn beobachtet... was sie getan hat, aber das muss er ja nicht wissen. Fynn fängt an sich auf der Unterlippe rum zu kauen. Soll sie etwas anderes erzählen? Sich eine Geschichte ausdenken? Nein, das würde bestimmt auffliegen. Sie ist keine gute Lügnerin. Eine entlarvte Lüge wäre vermutlich noch peinlicher als die Wahrheit. Sie seufzt. Also los, ran an den Speck! Sie macht zwei Schritte auf die Tür zu, so dass sie direkt davor steht und starrt mit leerem Blick auf das Holz der Tür, das genau vor ihr ist. Es ist dunkel und riecht angenehm. Ein silberner Türklopfer hängt über ihrem Kopf. Wie ungewöhnlich heutzutage.

Nach einigen Sekunden fängt sie sich, hebt die Hand und klopft. Die Stunde der Wahrheit! Ihr Herz fängt an zu pochen. Eine Schweißperle bildet sich auf ihrer Stirn... keine Antwort. Sie klopft erneut.

Die Schweißperle läuft ihre Schläfe hinab... nach wie vor keine Antwort. Wieso dauert das nur so lange? Ist er etwas nicht da? Sie setzt ihr Ohr auf die Tür und horcht. Fynn hält die Luft an... Nichts zu hören.

„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragt auf einmal eine weibliche Stimme hinter ihr. Fynn zuckt zusammen, reißt den Kopf nach oben und dreht sich ruckartig um. Hinter ihre steht Iris, die blonde Frau, die mit im Unterholz war. Fynn schluckt. Wurde sie gerade dabei erwischt, wie sie an der Tür gehorcht hat? Oh mein Gott, das war ja klar!

Iris schaut Fynn fragend und etwas unsicher an. Sie legt den Kopf leicht zur Seite. Ihre blonden, langen Haare, fallen ihr wellenförmig über die Schulter. Fynn fängt verkrampft an zu lächeln.

„Ich wollte nur zu Klaus, aber er scheint nicht da zu sein.“

Iris horcht auf. „Ja, der ist Mittwochs oft außerhalb der Stadt unterwegs und kommt er spät wieder.“

„Achso, das wusste ich nicht.“ Fynn schiebt sich langsam an Iris vorbei. „Ist ja nicht so, als würde ich ihn stalken oder so. Haha...“ Fynn fängt an zu schwitzen.

„Soll ich ihm etwas ausrichten, wenn ich ihn sehe?“, fragt Iris freundlich. „Ach nein, nicht nötig.“, winkt Fynn ab und geht rückwärts Richtung Treppe. „Ich komme einfach ein andermal wieder.“ Gerade als Fynn sich umdrehen will, stolpert sie über die erste Stufe und gerät ins Taumeln. Im letzten Moment kann sie sich noch fangen und stabilisieren. Schnell springt sie auf und dreht sich nochmal zu Iris.

„Ist Alles in Ordnung?“, fragt diese besorgt.

„Ja ja, Alles gut. Nichts passiert. Also dann.“, Fynn winkt zaghaft und springt schnell die Stufen hinauf. Erst als sie aus dem Dorf raus ist, macht sie Halt und atmet kurz durch. Das war ja mal wieder großartig. Sie wird bestimmt Allen erzählen, dass Fynn an der Tür gehorcht hat. Alle werden sie als Stalker ansehen. Fynn lässt die Schultern hängen. Dass aber auch immer ihr so was passieren muss. Sie fühlt sie Taschentücher in ihrer Hosentasche. Sie sind immer noch da. Für einen Moment hatte sie gehofft, dass sie einfach weg sind und sie sich damit nicht mehr beschäftigen muss. Tja, Pech gehabt. Mit hängenden Schultern fängt Fynn an nach Hause zu schlurfen.

Was für eine Pleite!
 

Fynn schläft sehr schlecht in dieser Nacht. Immerzu sieht sie Iris verwirrtes Gesicht, als Fynn sie fragt, wo Klaus ist. Und genau in dem Moment, als sie es sagen will, fängt hintendran Elise an schrill zu lachen, so dass Fynn nichts verstehen kann.

Es ist 8 Uhr, als Fynn von einem energischen Klopfen an der Tür geweckt wird. Müde blinzelt sie und sieht vor sich ein Tischbein. Etwas benommen und verwirrt, versucht sie sich zu orientieren. Sie dreht ihren Kopf und sieht den Fuß ihres Bettes. Unter ihr befinden sich Holzdielen. Sie ist wohl aus dem Bett gefallen. Ihr Bettzeug liegt frei verteilt um sie herum. Da klopft es wieder an der Tür. Langsam richtet sie sich auf und kratzt sich am Kopf. Verschlafen trottet sie zur Tür. Welcher Idiot klopft denn um diese Uhrzeit? Das kann doch nur Fritz sein! Etwas verstimmt, die Haare total verwuschelt öffnet sie die Tür.

„Oh pardon, ich wusste nicht, dass du noch schläfst.“, sagt eine weiche, männliche Stimme vor der Tür. Fynn blinzelt verschlafen und schaut hoch. Vor ihr steht Klaus, geschniegelt und gebügelt, einen leichten Duft nach Lavendel verströmend. Eine leichte Brise lässt kleine Strähnchen in sein Gesicht fallen.

Fynn ist wie erstarrt.

„Guten Morgen.“, redet er weiter. „Ich wollte gewiss nicht stören. Iris hatte mir gesagt, dass du gestern zu mir wolltest, als ich nicht da war.“ Er macht eine kurze Pause, um Fynn die Möglichkeit zu geben etwas zu sagen. Fynn ist weiterhin zu Stein erstarrt. Als Klaus bemerkt, dass sie wohl nichts erwidern wird, räuspert er sich und fährt fort: „Nun, da du gestern extra den weiten Weg zu mir gemacht hast, dachte ich, es wäre nicht angemessen das ein zweites Mal zu verlangen. Deswegen bin ich hergekommen.“ Klaus fängt an freundlich zu lächeln.

Langsam bewegt Fynn ihre Hand Richtung Tür. Kein anderer Muskel bewegt sich, außer ihrem Arm... Klaus folgt der Bewegung mit den Augen. Fynn's Hand umschließt das Tür-Ende und fängt an die Tür zu bewegen. Gaaaanz langsam schließt sich die Tür. Nachdem sie komplett geschlossen ist, schaut Klaus etwas verdutzt.

Fynn erwacht aus ihrer Schockstarre und springt schnell in ihrem Haus umher, um nicht komplett lächerlich auszusehen: Richtige Sachen anziehen, schnell die Haare kämmen, Zähne putzen... Das muss reichen. Nach 50 Sekunden springt sie wieder zur Tür und reißt sie auf. Klaus hat höflich vor der Tür gewartet, scheint aber noch immer etwas verwirrt.

Als wäre nichts gewesen, fängt Fynn an fröhlich zu reden: „Tut mir sehr leid, ich musste nur schnell etwas Passenderes anziehen.“, etwas gequält lächelt Fynn Klaus an. Sie ist ganz rot und ihr ist plötzlich sehr warm. Klaus nickt und fängt wieder freundlich an zu lächeln. „Aber natürlich. Ich entschuldige mich nochmals für die frühe Störung.“

„Nein, nein! Nicht nötig. Normalerweise bin ich auch viel früher wach und mache.. na ja... so Farmsachen halt.“ Fynn versucht cool die Fassung zu bewahren.

Ein paar peinliche Sekunden des Schweigens vergehen. Sichtlich amüsiert über Fynns Unsicherheit räuspert sich Klaus erneut:„Und was bescherte mir gestern die Ehre deines Besuchs? Kann ich etwas für dich tun?“

Ach ja, da war ja was! „Äh, ja, mehr oder weniger.“ Fynn schaut etwas verwirrt drein: Wo hatte sie die Taschentücher doch gleich? Fynn springt von der Tür weg und sucht sie. Klaus bleibt höflich vor der Tür stehen. Es dauert einen Moment, bis Fynn bemerkt, dass er noch immer vor der Tür steht. „Komm' doch rein!“, ruft sie angestrengt Richtung Tür. Klaus schließt kurz die Augen und kichert fast unmerklich. Dann öffnet er langsam die Tür und tritt in das Wohnzimmer ein. Fynn kramt derweil in ihren Klamotten und achtet nicht weiter auf ihn. In einer ihrer Hosen sind die Taschentücher, so viel weiß sie noch. Der Schreck über den unerwarteten Besuch liegt ihr etwas in den Knochen und erschwert die konzentrierte Suche.

„Ich hab's gleich... Ah da!“, triumphierend hebt Fynn die Tücher in die Höhe. Sie springt herüber zu Klaus, mit einem zufriedenen Grinsen auf dem Gesicht. Sie streckt ihm beide Taschentücher entgegen.

„Ich wollte dir deine Taschentücher wiedergeben. Das eine, das du mir netterweise gegeben hast, als ich... nun ja... etwas angefressen aussah und das andere habe ich... beim Erkunden der Umgebung... auf einer Wiese gefunden. Da sie dieselben Initialen drauf gestickt haben, dachte ich, das gehört dir wohl auch.“

Etwas überrascht nimmt Klaus die Taschentücher entgegen und betrachtet sie. Er hatte wohl nicht mit dem Zweiten gerechnet. Aber vielleicht fällt es ihm ja auch nicht weiter auf. Mit jeder verstreichenden Sekunde, die er nichts sagt, steigen Fynn weitere Schweißperlen auf die Stirn. Verlegen verschränkt sie die Arme hinter dem Rücken und versucht ihm so selbstbewusst wie möglich anzulächeln. Klaus schaut erst die Tücher prüfend an und dann Fynn. Sie ist etwas verunsichert.

„Keine Sorge, ich habe sie gewaschen!“, sagt sie schnell, etwas unsicher darüber warum Klaus so schweigsam ist. Mit einem neutralen Blick wendet er sich schließlich an sie. „Vielen Dank... Nur so aus Neugier: Wo genau hast du das zweite Taschentuch gefunden?“ Fynn wird Feuer rot. Ihr selbstbewusstes Lächeln wird etwas zerknautschter, doch sie versucht sich nichts anmerken zu lassen. „Das? Ach, das war kurz nachdem ich hier angekommen war. Das hing an einem Strauch neben dem Bergpfad zu meinem Haus.“ Eine Schweißperle rinnt ihre Schläfe hinunter. Klaus schließt wieder die Augen und senkt ein wenig den Kopf. Lächelt er?

„Nun, da bin ich ja froh, dass du es zufällig gefunden hast. Da habe ich wohl Glück gehabt.“ Fynn kratzt sich am Hals und versucht weiter zu lächeln. „Ja, so ein Glück aber auch. Das war wirklich purer Zufall.... he he...“

Er hebt den Kopf. Ein zartes Lächeln umspielt seine Lippen. „Dann muss ich mich wohl bei Gelegenheit revanchieren. Besuche mich doch bald mal. Dann bereite ich dir ein persönliches Parfüm zu.“ Er verbeugt sich leicht. „Ich muss mich jetzt auch leider verabschieden, ich habe noch einiges zu tun und möchte dich auch nicht weiter stören.“ Fynn winkt energisch ab. „Stören? Ach was, du störst mich doch nicht!“ Klaus nickt. „Nun gut, das freut mich zu hören. Ich muss mich dennoch verabschieden. Auf Wiedersehen, werte Fynn. Und besuche mich in der Stadt, sobald zu Zeit hast, in Ordnung?“

Klaus geht aus der Tür und bleibt hinter der Schwelle noch einmal kurz stehen. Fynn nickt und geht ebenfalls zur Tür, um sie langsam zu schließen.

„Aber klar doch, mach' ich gern.“ Ihr Grinsen versucht noch immer ihre Unsicherheit zu überspielen. Klaus nickt ihr erneut zu. Schließlich entfernt er sich wieder vom Haus Richtung Bergpfad. Fynn schließt die Tür, lehnt sich an sie und sinkt langsam Richtung Boden. Ihr Gesicht tut weh vom vielen Grinsen. Alles dreht sich und sie japst nach Luft. Wie kann ein Mensch nur so gut riechen?

Sie hatte sich einfach schon wieder zum Affen gemacht. Sie ist sich sicher, dass er keinen guten Eindruck von ihre haben kann. Nur seiner Höflichkeit war es zu verdanken, dass er sie nicht ausgelacht hat. Fynn schlägt frustriert mit der Hand auf den Boden. So ein Mist! Soll sie wirklich nochmal zu ihm gehen? War seine Einladung wirklich ernst gemeint, oder nur aus reiner Höflichkeit ausgesprochen worden? Sie bufft mit dem Kopf ein paar Mal gegen die Tür. Na ja, ist ja auch egal. Sie kann ja nicht sagen, dass sie kommt und es dann nicht machen. Sie wird es also bald herausfinden. Bei dem Gedanken daran ihn zu Hause zu besuchen fängt ihr Herz an zu pochen. Warum war sie bei dem Gedanken an Klaus nur so aufgeregt? Er ist deutlich älter als sie und eigentlich gar nicht ihr Typ. Oder doch? Ist ja auch egal... so wie sie sich heute benommen hatte, braucht sie sich über so was sicher keine Gedanken mehr zu machen.



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