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Smallville-Expanded - 08

Relationship
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Entscheidungen


 

DREI TAGE ZUVOR...
 

1.
 

ENTSCHEIDUNGEN
 

„Das ist keine Villa, sondern ein Irrenhaus! Ein mondäner Taubenschlag! Hier wimmeln eindeutig zu viele Menschen herum!“

Christian von Falkenhayn stand im großen Salon der Villa, in Metropolis, die ihm seine Tante vererbt hatte und deutete hinüber zum Speiseraum. In komischer Verzweiflung sah er dabei Diane Bennings an, die sich krampfhaft ein Grinsen verbiss.

„Verstehen Sie mich nicht falsch, Diane. Ich habe Alicia und ihre Eltern gerne hier, solange die Schäden an ihrem Haus ausgebessert werden. Der Meteoritenschauer hat in Smallville ein ziemliches Chaos hinterlassen. Mein Vater und seine Verlobte… ich meine, meine Tante Christina, sind auch nicht das Problem. Die Kents waren toll, während sie hier waren, die waren mein geringstes Problem und mit Samantha verstehe ich mich besser denn je. Nach dem Wasserschaden im Haus ihrer Eltern konnte ich schlecht nein sagen, als sie mich temporär um Unterkunft bat.“

„Aber ihre Eltern sind anstrengend“, brachte es Diane Bennings auf den Punkt.

„Gelinde gesagt“, seufzte Christian und warf einen erneuten Blick nach nebenan. „Die halten die gesamte Mannschaft, in dieser Villa, auf Trab. Ich bewundere Sie, Diane, dass Sie die Lage bisher so gelassen überblickt haben und dass Sie verhindern konnten, dass hier das totale Chaos ausbricht.“

„Alles halb so wild. Sie sind das nur nicht gewohnt, Christian.“

Christian sah in die grauen Augen der hageren Frau und grinste schief. Etwas bissig erwiderte er: „Danke, dass Sie es so einfach machen. Ich bin nur gespannt, wer hier wohl noch alles aufkreuzen wird, Diane.“

„Erwarten Sie jemanden?“, kam die ironische Gegenfrage.

„Zum Glück nicht.“ Christian von Falkenhayn sah seine Persönlichen Assistentin fragend an. „Wann, sagten Sie noch gleich, findet mein Treffen mit Fynn Everett Specter, im Falken-Tower statt?“

„Sie beide hatten 10:00 Uhr ausgemacht. Sie haben also noch eine Stunde.“

Christian lächelte fein. „Danke, Diane. An Tagen wie diesen bin ich nochmal so froh, sie an meiner Seite zu haben. Als Fels in der Brandung.“

Die Frau grinste erneut. „Und ich bin froh, Ihr Jobangebot angenommen zu haben. Ich arbeite sehr gerne für Sie.“

Christian nickte mit dem Kopf in Richtung des Esszimmers. „Auch wenn es hier zugeht, wie in einem Taubenschlag?“

„Gerade dann.“ Die Frau zwinkerte ihm unmerklich zu und meinte, mit einem Blick zu Alicia Sterling, die sich ihnen, aus Richtung des Esszimmers näherte: „Ich lasse Sie und Alicia dann mal alleine.“

Der blonde, junge Mann; Besitzer des des drittgrößten Unternehmens der USA, blickte zur Seite und seine Gesichtszüge entspannten sich merklich. Er kam dem Mädchen, in das er sich vor über einem Jahr verliebt hatte, einige Schritte entgegen. Alicia sacht in den Arm nehmend küsste er sie. Wegen des Besuchs in seinem Haus kürzer, als er es gerne gesehen hätte. Er sah sie liebevoll an. Dabei flüsterte er: „Ich wollte, wir wären allein.“

Das dunkelhäutige Mädchen gab ihm einen zärtlichen Nasenstüber und erwiderte, ebenso leise: „Ja und ich kann mir denken warum.“

Sie nahm seine Hand und zog ihn, mit sanfter Gewalt, mit sich. Auf dem Weg zur Terrasse seufzte sie: „Du warst gestern Abend aber erst spät wieder hier.“

Christian seufzte schwach. „Die Jahreshauptversammlung der Aktionäre war eine einzige Qual. Cruciatus. Cruciatus mortis sogar.“

„Ach“, machte Alicia und sah ihren Freund interessiert von der Seite an. „Wird bei dieser Hauptversammlung nicht auch über die Dividende entschieden?“

Christian lächelte schwach. „Ja, und jetzt habe ich, dem Rest der Welt gegenüber, ein noch schlechteres Gewissen, als vor der Versammlung.

Alicia schritt voraus und öffnete die Tür zur Terrasse. An diesem sonnigen, warmen Sommermorgen tat der frische Luftzug gut. Gemeinsam mit Christian ins Freie tretend erkundigte sie sich: „Schlechtes Gewissen? Warum denn das?“

Christian blieb stehen, nahm Alicias Hände in seine und sah sie an. „Nun ja. Obwohl die Dividende, mit zehn Prozent nicht über das Ziel hinaus schießt, liegt sie, bei einem Gewinn von 27 Milliarden Dollar, im letzten Jahr, bei 2,7 Milliarden Dollar insgesamt. Dabei entfallen auf die 62% Aktien, die ich selbst halte, rund 1, 67 Milliarden Dollar. Nach Abzug der Steuern flattern somit dieser Tage rund 1,1 Milliarden Dollar auf mein Konto.“

Alicia machte große Augen. „Wow.“

„Ja, Wow“, machte Christian. „Das schlechte Gewissen rührt daher, dass ich für dieses Geld nicht einen Tag gearbeitet habe. Das gibt mir das Gefühl es nicht verdient zu haben.“

„Aber das ist so nicht korrekt und das weißt du auch“, widersprach ihm Alicia vehement. „Ich glaube, dass du nach deinem Studium so viel Zeit in das Unternehmen stecken wirst, dass dir dann diese Worte dann ziemlich lächerlich vorkommen werden.“

Für einen kurzen Augenblick dachte Christian an seinen Ausflug in die Zukunft. Zwei Tage lang hatte sich sein Bewusstsein im Körper seines 25 Jahre älteren Ichs aufgehalten. Dort hatte er einen kleinen Ausblick darauf erhalten, was sein würde. Diane Bennings hatte ihm dort verraten, dass er hart für das Unternehmen gearbeitet hatte, nach dem Abschluss seines Studiums an der Metropolis Universität.

Seiner Freundin einen zärtlichen Kuss gebend meinte er nach einer Weile. „Vermutlich hast du Recht, mein Engel. Ich bin glücklich darüber, dass ich dich habe. Ich werde übrigens nicht das ganze Geld für mich behalten, sondern die Hälfte davon in Projekte für Bedürftige stecken. Ich werde das Thema nachher noch eingehender mit Mister Specter erörtern, bei unserem Treffen. Er wird mir raten können, welche Projekte in Frage kommen.“

Alicia legte ihren Kopf an die Schulter ihres Freundes. „Na bitte. Die Tatsache, dass du Gutes bewirken kannst und das auch tust, zeigt doch, dass du gar kein schlechtes Gewissen haben musst. Wenn es anders wäre, dann wären wir nicht zusammen.“

Christian drückte sie leicht und genoss ihre Nähe. Erst nach einer Weile fragte er: „Wann brechen deine Eltern und Samanthas Familie wieder nach Smallville auf? Wie ich hörte, machen die Wiederaufbauarbeiten dort große Fortschritte. Ich werde, nach meinem Treffen mit Specter, auch hinfahren um wenigstens etwas mitzuhelfen. Vielleicht habe ich auch deswegen ein schlechtes Gewissen. Weil ich bisher, wegen meiner neuen, geschäftlichen Verbindlichkeiten, dazu kaum gekommen bin.“

„Dieser zweite Meteoritenschauer hat einige Zerstörungen angerichtet“, erwiderte Alicia, ohne auf die Frage des Jungen einzugehen. „Dass dein Haus, wie durch ein Wunder, keinen Kratzer abbekommen hat, ist fast unglaublich. Willst du es wirklich verkaufen?“

Christian gab ein zustimmendes Brummen von sich. „Ja. Nach dem Einbruch, vor drei Wochen, ist mir klar geworden, dass es dort nicht mehr sicher ist, für mich. Ich wollte ohnehin zu Beginn des ersten Semesters, an der Uni von Metropolis, hierher ziehen. Zum Glück hatte ich deinen Verlobungsring bereits hierher gebracht.“

Das Mädchen erinnerte sich, mit einem glücklichen Lächeln, an den Brief und den Ring. „Ja, es wäre wirklich schade um ihn gewesen.“

Christian blickte auf seine Uhr und seufzte leise: „Ich muss in ein paar Minuten aufbrechen, wenn ich nicht zu spät kommen will.“

Meine Eltern und der Collins-Clan werden wohl ebenfalls bald aufbrechen. Heute wollen wir die letzten Arbeiten am Haus selbst abschließen und damit beginnen, die Scheune auf unserem Grundstück wieder zu errichten. Nächste Woche wird die neue Einrichtung geliefert, und dann ist das Haus wieder bezugsfertig.“

„Hey toll. Obwohl Alles längst schon wieder stehen könnte, wenn dein Vater nicht so unglaublich stur wäre. Mich hat gewundert, dass er meine Hilfe, wenigstens in Bezug auf die Säuberung seiner Felder von dem Meteoritengestein, angenommen hat.“

Alicia sah Christian an und meinte ernst: „Du kennst ihn doch. Dabei habe ich ihn fast bekniet deine Hilfe anzunehmen.“

Christian streichelte sanft die Wange seiner Freundin. „Das weiß ich und ich nehme es deinem Vater nicht krumm, dass er meine Hilfe minimieren wollte. Ich kann ihn gut verstehen. Für ihn ist das eine Sache des Prinzips. Ich bin froh, dass er wenigstens meine Einladung annahm, während der Arbeiten am Haus, hier zu wohnen.“

Hand in Hand schritten die beiden zurück zur Villa. Als sie wieder den großen Salon betraten bekamen sie mit, wie Christina Wienholt-Langenhagen rasch an ihnen vorbei lief. Sich die Rechte vor den Mund haltend verschwand sie schnell im Bad.

Etwas perplex sah Christian ihr hinterher und meinte zu Alicia gewandt: „Ob ich mir Sorgen machen sollte, wegen meiner Köchin?“

Ohne wirklich eine Antwort abzuwarten schritt er weiter bis er Diane erkannte, die sich ihnen rasch, aus Richtung der Eingangshalle, näherte. „Christian, Sie haben Besuch.“

Der Junge setzte ein überraschtes Gesicht auf. „Ich erwarte niemanden. Hat der Besuch auch einen Namen?“

„Sehen Sie selbst.“

Gemeinsam mit Alicia begab sich Christian zur Eingangshalle hinüber, wo sich auch Alicias und Samanthas Eltern befanden; im Begriff sich auf den Weg nach Smallville zu machen. Zwischen den Anwesenden hindurch gehend blieb er abrupt stehen, als er im Eingangsbereich der Villa ein hübsches Mädchen in seinem Alter entdeckte. Das lange, goldblonde Haar hatte sie im Nacken mit einer Spange gebändigt. Ihre strahlend blauen Augen sahen ihn begeistert an, als sie, auf Deutsch sagte: „Hasi-Schatzi. Ich mache diesen Sommer Ferien in Amerika und da dachte ich, dass ich mal vorbei schaue und Hallo sage.“

Unangenehm berührt sah Christian von dem blonden Mädchen zu Alicia. Er erklärte schnell, was sie gesagt hatte und fügte dann hinzu: „Alicia, das ist Leonie Kaiser, aus Deutschland. Meine Ex-Freundin.“ Damit wandte er sich an das blonde Mädchen. „Leonie, das ist Alicia Sterling. Meine Freundin.“

Während es auffallend still um ihn herum wurde, deutete Christian auf den Boden und fragte, mit einem etwas unguten Gefühl im Magen: „Warum hast du so viel Gepäck dabei?“
 

* * *
 

Als Alicia mit Christian zum Pickup ihres Vaters schritt, sah sie ihn unwillig von der Seite an und erkundigte sich, mit scharfem Tonfall: „Ich kann nicht glauben, dass du tatsächlich deine Ex-Freundin bei dir wohnen lässt? Wie bist du nur auf diese glorreiche Idee gekommen, Christian?“

Christian, der wusste, wie es um die Gemütslage seiner Freundin bestellt war, wenn sie seinen Namen vollständig aussprach, sah sie fast flehend an. „Was hätte ich denn machen sollen? Sie nach Metropolis, in ein Hotel schicken?“

Kühl erwiderte Alicia: „Ja! Ich habe ja Verständnis dafür, dass ihr noch befreundet seid. Aber bei dir wohnen?“

Verwirrt sah Christian seine Freundin an. „Jetzt warte mal. Ich habe dich gefragt, was du davon hältst und du hast gesagt: Kein Problem.“

„Was hätte ich denn sagen sollen?“, gab Alicia heftig zurück. „Alle Blicke waren in dem Moment auf mich gerichtet. Nicht mir steht es zu, der Buh-Mann zu sein, sondern dir! Außerdem warf ich dir den Blick zu.“

Christian hob erstaunt seine Augenbrauen. „Welchen Blick?“

„Na, du weißt schon. Meinen Blick. Bitte sag mir jetzt nicht, dass du, nach über einem Jahr, immer noch nicht den Blick kennst.“

„Verstehst du denn nicht…“

„Ich möchte jetzt nicht darüber reden“, schnitt ihm Alicia das Wort ab und stieg eilig in den Wagen ihres Vaters, der seinerseits Christian einen langen Blick zuwarf, durch das Seitenfenster des Pickups.

Der Junge sah dem Wagen nach, als er vom Grundstück der Villa zum Tor hinaus rollte. Einen Moment so stehen bleibend wandte er sich endlich ab und begab sich zur Limousine, an der sein Chauffeur bereits auf ihn wartete. In den letzten Monaten hatte er sich angewöhnt, sich standesgemäß zu verhalten. Darum trug er, zu dem Treffen mit Fynn Specter, auch einen dunklen Anzug. Lediglich auf eine Krawatte verzichtete er nach wie vor.

Als Christian von Falkenhayn den Falken-Tower, von den Mitarbeitern zumeist nur Falkenhorst genannt, erreichte und mit dem Lift hinauf zum oberen Stockwerk fuhr, war er froh darüber, dem ganzen Tohuwabohu in seiner Villa für eine Weile entronnen zu sein. Dabei überflog ein Schmunzeln seine Lippen, als er an seinen ersten Besuch hier zurückdachte.

Oben angekommen verließ Christian von Falkenhayn den Lift und schritt rasch in Richtung des Büros des Managers seines Unternehmens. Noch immer fragte er sich gelegentlich, warum seine verstorbene Tante ausgerechnet ihm ihr Lebenswerk hinterlassen hatte. Einem Jungen, den sie so wenig gekannt hatte. Anders, als bei seinem ersten Besuch, kam Leah van Cleef ihm, freundlich lächelnd, entgegen und meinte: „Guten Morgen, Sir. Mister Specter erwartet Sie bereits.“

Christian erwiderte das Lächeln der Frau. „Danke, Misses Van Cleef. Sie sehen, heute Morgen, besonders gut aus.“

„Wer hat ihnen denn diese Art von Schmeicheleien beigebracht?“, gab die Mittdreißigerin zurück, wobei ihn ihre dunklen Augen, über den Rand ihrer Designerbrille hinweg, kritisch musterten. Nichtsdestoweniger fuhr sie sich dabei ein wenig verlegen mit den Fingern durch das kurze, braune Haar.

„Geben Sie meinem Vater die Schuld“, lachte der Junge unbekümmert. „Aber ich meinte es eben wirklich ernst, Misses Van Cleef.“

„Gar nicht schlecht“, spöttelte die Frau und deutete einladend den Gang hinunter. „Aber Sie wollen mich nicht deshalb dabei haben, bei diesem Treffen.“

„Nein“, gab der Junge zu und wurde übergangslos ernst. „Das hat einen anderen Grund. Ich setze nämlich große Hoffnungen in Sie, Misses Van Cleef. Darum möchte ich Sie, ab sofort, in meine Entscheidungen mit einbinden.“

Mit dieser Eröffnung schien die Frau nicht gerechnet zu haben, denn eine leichte Röte überflog ihre Wangen.

Obwohl es dem Jungen gegen den Strich ging, nahm er es hin, dass ihm Leah van Cleef die Tür öffnete und ihn als Ersten eintreten ließ. Es würde noch eine Weile dauern, bis er sich endgültig daran gewöhnt haben würde, dass das nun einmal den geschäftlichen Regeln entsprach. Auch wenn seine Sichtweise auf den Knigge momentan darunter etwas litt.

Fynn Everett Specter erhob sich höflich, als Christian mit seiner Begleiterin in sein Büro eintrat. Auch das gehörte zum guten Ton. Ein paar intensive Gespräche, die Christian in der letzten Zeit mit seinem Vater geführt hatte, half ihm nun etwas dabei, diese Verhaltensmuster einfach zu akzeptieren.

Nachdem Christian von Falkenhayn dem Manager die Hand gereicht hatte, zumindest etwas, das er durchgesetzt hatte, schritten sie gemeinsam zu der gemütlichen Sitzecke.

Nachdem sie Platz genommen hatten, beugte sich Fynn Everett Specter vor. Er blickte ernst, als er das Gespräch eröffnete: „Mister Von Falkenhayn, wir müssen über Ihre Sicherheit reden. Nachdem vor drei Wochen in Ihr Haus, in Smallville, eingebrochen wurde, ist es an der Zeit. Sie haben eine Verpflichtung gegenüber den Aktionären und gleichfalls gegenüber den Mitarbeitern dieser Firma.“

„Das Haus in Smallville werde ich verkaufen“, gab Christian zurück. In Specters Miene änderte sich jedoch kaum etwas.

„Mister Von Falkenhayn: Das Haus in Smallville ist nicht das Problem, sondern Ihre Einstellung zur Sicherheit Ihrer Person. Sie wurden, in diesem Jahr, mit einer Waffe bedroht. Eine gute Freundin wurde dabei angeschossen, wenn meine Informationen richtig sind.“

Mit versteinerter Miene sah der Junge den Manager an. Dabei fragte er sich insgeheim, woher der Mann diese Information hatte. Schließlich sah er zu Leah van Cleef, die ihm unmerklich zu nickte.

Seufzend lehnte sich Christian in seinem Sessel zurück und fragte dann, zu Specter gewandt: „Also, was schlagen Sie vor, Mister Specter.“

„Sie werden in Situationen geraten, in denen Sie vielleicht auf eine Waffe angewiesen sein werden. Darum schlage ich vor, dass Sie ein mehrwöchiges Training bei der Polizei von Metropolis absolvieren. Der Commissioner ist ein guter Freund von mir. Ich habe bereits bei ihm vorgefühlt und er wäre einverstanden. Jedoch…“

Christian bemerkte das Zögern und hakte ein: „Er will etwas dafür?“

Specter schmunzelte unmerklich. „Sie haben es erfasst. Die Ausrüstung der Polizei könnte modernisiert werden.“

„Kostenfaktor?“

Leah van Cleefs Augen weiteten sich unmerklich, bei der knappen Frage des Jungen. Mit amüsiertem Gesichtsausdruck sah sie zu Specter, der von ihr zu Christian sah und antwortete: „Der Spaß kostet die Firma eine halbe Million Dollar.“

Christian schüttelte den Kopf. „Nein, ich werde das aus eigener Tasche bezahlen. Und machen Sie eine runde Million daraus, die Polizei erfüllt immerhin eine wichtige Funktion. Aber Sie können diese Spende natürlich als Werbung für unser Unternehmen nutzen.“

Noch während Specter sein Gegenüber leicht verwundert musterte, räusperte sich Christian etwas verlegen, bevor er fortfuhr: „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir, im Laufe der nächsten Wochen und Monate, bei etwas helfen würden. Ich würde mich nämlich gerne für soziale Projekte engagieren, die ich zu Beginn mit etwa der Hälfte der Dividende, die auf mein Konto fließen wird, unterstützen möchte. Bestimmt haben Sie einen Rat für mich, wo eine finanzielle Unterstützung besonders nötig wäre.“

„Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Mister Von Falkenhayn, dann werde ich mich darum kümmern, Ihnen eine Zusammenstellung zu machen“, warf Leah van Cleef ein. „Habe ich richtig verstanden? Sie sagten die Hälfte?“

Christian nickte. „Ja, wir reden von rund 550 bis 600 Millionen Dollar. Das wäre der finanzielle Rahmen für ein Jahr, Misses Van Cleef. Ich würde mich übrigens sehr freuen, wenn Sie mir dabei zur Hand gingen.“

Specter, der sich etwas zurückgenommen hatte, lächelte fein und fragte dann launig: „Wollen Sie sich für ein öffentliches Amt aufstellen lassen? Denn das wird Ihnen eine sehr positive Presse einbringen. Die Presse wird sich nämlich ganz bestimmt darauf stürzen.“

Christian verzog leicht das Gesicht. „Dafür mache ich es nicht. Mir wäre sogar ganz lieb, wenn es so wenig Presserummel wie möglich gäbe.“

„Dafür kann ich nicht garantieren“, erwiderte Specter. „Bedenken Sie, dass solche Aktionen zumeist schnell Nachahmer finden. Meistens von Leuten, die nicht hinter Ihnen zurückstehen wollen. Oder besser: Von Leuten, die Sie dann noch übertreffen wollen. Und sei es nur deshalb, weil man Ihnen die gute Presse nicht allein überlassen will. Allen voran Luther-Corp, Wayne-Enterprises und Queen-Industries.“

Da trifft es keine Armen“, grollte der Junge. „Und die Menschen, denen das Geld zugute kommt, werden nicht fragen, aus welchen Motiven diese Leute gespendet haben. Wichtig ist, dass sie es tun. Wenn also der Preis dafür ist, dass die Presse herum nervt, dann werde ich das eben in Kauf nehmen.“

So etwas wie Stolz glomm in den Augen von Leah van Cleef auf und spontan meinte sie, zu Christian gewandt: „Wenn ich nicht glücklich verheiratet wäre, dann würde ich mich glatt in Sie verlieben.“

Im nächsten Moment bekam die Frau rote Ohren und fügte kratzig hinzu: „Das habe ich jetzt nicht wirklich gesagt?“

Fynn Everett Specter half ihr, indem er schnell fragte: „Was gesagt?“

Er sah dabei schmunzelnd zu Christian, der anerkennend seine Augenbrauen hob und mit seinem rechten Zeigefinger vielsagend in seine Richtung deutete.

Schnell das Thema wechselnd, damit Leah van Cleefs Verlegenheit nicht zu groß werden konnte, sagte Christian zustimmend zu Specter: „Also gut. Rufen Sie den Commissioner an und sagen Sie ihm, dass sein Erpressungsversuch Erfolg hatte.“

„Mit exakt diesen Worten?“

Christian sah Specter an und lächelte amüsiert. „Das überlasse ich Ihnen.“

Der Junge sah an Specter vorbei aus dem Fenster und war sich nicht bewusst, dass er dabei ein leichtes Seufzen von sich gab.

„Bekümmert Sie etwas?“, erkundigte sich Leah van Cleef bei Christian und erst jetzt wurde er sich des Fauxpas bewusst. Etwas verlegen erklärte er: „Nun, momentan habe ich, wegen des Meteorschauers in Smallville, einige Leute von dort bei mir wohnen, bis die Schäden an deren Häusern behoben sind. Unter anderem meine Freundin und deren Eltern. Dann stand, heute Morgen, überraschend meine Ex-Freundin vor meiner Haustür und fragte mich, ob sie für eine Weile bei mir wohnen kann.“

„Und Sie haben Nein gesagt.“

Christian schwieg, unangenehm berührt, bei dem prüfenden Blick der Frau.

Leah van Cleefs Gesicht erstarrte förmlich, als Christian mit der Antwort zögerte und ihre Stimme wankte bei ihren nächsten Worten. „Sagen Sie mir, dass Sie Nein gesagt haben.“

Noch immer schwieg der Junge, jetzt peinlich berührt, denn ihm fiel die Reaktion seiner Freundin wieder ein, die ganz ähnlich ausgefallen war.

„Wow…!“, machte Leah van Cleef und lehnte sich im Sessel zurück. „Zu Ihrer Information: Eine Ex-Freundin bei sich wohnen zu lassen, während man eine Andere hat, ist so, als würde man mit einer brennenden Fackel in ein Pulvermagazin rennen.“

Etwas ungläubig, weil er dachte, die Frau würde bewusst übertreiben, sah Christian zu Fynn Everett Specter und fragte: „Hey, wie schlimm kann das schon werden? Das ist doch vollkommen harmlos.“

Specter sah den Jungen eindringlich an. „Ihnen ist wirklich nicht bewusst, dass Sie am Rand eines ganz tiefen Abgrunds stehen? Letztlich ist es Ihre Entscheidung, aber wenn Sie sich nicht etwas einfallen lassen, dann sehe ich äußerst schwarz.“

Christian sah wieder zu Leah van Cleef, die ihn, über den Rand ihrer Brille hinweg, missbilligend ansah. Das brachte ihn ins Grübeln und er murmelte: „Ich schätze also, ich werde mich darum kümmern müssen.“

Nach einem Moment riss sich Christian von diesem Problem los und wandte sich zu Specter. „Wenn es von Ihrer Seite sonst nichts mehr gibt, dann würde ich mich gerne noch mit Ihnen über den Umbau von einem der Gästezimmer des Penthouse, zu einem Trainingsraum, unterhalten. Es wäre an der Zeit das auf den Weg zu bringen.“

Specter nickte, während sich Leah van Cleef zurückzog. Nachdem sie gegangen war, gingen er und Christian durch, wie der Umbau bewerkstelligt werden konnte.

Als sie sich schließlich erhoben und sich voneinander verabschiedeten, versicherte Specter dem Jungen: „Ich werde mich zeitnah melden und Sie darüber informieren, wann und wo das Training bei der Polizei von Metropolis startet.“

Als Christian endlich im Lift nach unten fuhr, dachte er an die Worte von Leah van Cleef und Fynn Specter. Wenn sie Recht hatten, dann musste er schnell etwas unternehmen.
 

* * *
 

Christian ließ sich auf dem schnellsten Weg nach Hause fahren. Kaum dass die schwarze Limousine vor der Villa angehalten hatte, sprang Christian, mit einem hastigen: Ich bin gleich wieder bei Ihnen, aus dem Font des Wagens und stürmte ins Haus, ohne auf den befremdlichen Blick seines Chauffeurs zu achten, der ihm normalerweise den Schlag aufzuhalten hatte.

Rasch gab er den Öffnungs-Code für die Haustür ein und betrat das Gebäude. In der Eingangshalle hörte er bereits die helle Stimme seiner Ex-Freundin. Sie schien aus der Küche zu kommen. Offensichtlich unterhielt sich das Mädchen gerade mit der Köchin.

Leonie betrat gleich darauf den Wohnraum und sie strahlte Christian an, als sie ihn erkannte. „Hi. Aber du warst doch noch nicht in Smallville, oder?“

Der Junge druckste etwas herum und sagte endlich: „Äh, nein. Hör mal: Was deinen Aufenthalt hier betrifft...“

Leonie nahm schnell einen Schluck von dem Saft, den sie in ihrer linken Hand hielt und warf rasch ein: „Danke nochmal, Christian. Ich kann dir gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet, hier zu sein.“

Christian kratzte sich verlegen hinter dem Ohr. Er überlegte, wie er es Leonie beibringen sollte und sagte dann gedehnt: „Ja… Es ist nur - Alicia und ich…“

„Oh, ihr seid wundervoll Es ist so erfrischend, zu erleben, wie gefestigt ihr in eurer Beziehung seid. Die meisten Mädchen hätten ein Problem damit, wenn die Ex-Freundin bei ihrem Freund wohnt. Aber nicht Alicia Sterling. Sie versteht es.“

Leonie schien der sarkastische Unterton zu entgehen, als Christian mit ernster Miene meinte: „Ja, Alicia versteht es. Die Sache ist nur, ich…“

Wieder unterbrach Leonie ihren Ex-Freund und sah ihn dabei schuldbewusst an. „Ja, ich weiß. Ich habe , nach unserer Trennung, kaum noch etwas von mir hören lassen. Darum finde ich es um so netter von dir, dass du mich hier wohnen lässt. Das ist so lieb von dir. Das werde ich dir nie vergessen, Christian.“

Leonie sah den Jungen treuherzig und mit glänzenden Augen an, nahm einen weiteren Schluck von ihrem Saft und machte sich dann auf den Weg hinauf ins Gästezimmer.

Wie betäubt vor sich hin starrend murmelte Christian tonlos: „Ich bin mir sicher, Alicia wird das auch nicht vergessen.“

Nach einem Moment riss er sich aus seiner Starre, lief in sein Schlafzimmer um sich umzuziehen und verließ dann betrübt das Haus. Diesmal hatte der Chauffeur Zeit genug, den Wagenschlag für ihn zu öffnen. Als sie beide im Wagen saßen, wies Christian den Fahrer an. „Wir fahren nach Smallville, Jereon.“

Während der Fahrt gingen Christian von Falkenhayn tausend Dinge gleichzeitig durch den Kopf. Einerseits hatte er es nicht übers Herz gebracht, Leonie in ein Hotel zu verfrachten. Andererseits ging ihm das Gespräch mit Fynn Specter nicht aus dem Kopf. Er hatte abschließend dafür plädiert, dass Christian, nach dem Training bei der Polizei, permanent eine Handfeuerwaffe bei sich tragen solle. Etwas, das ihm gewaltiges Unwohlsein bereitete, denn seine verstorbene Mutter war eine scharfe Gegnerin solcher Waffen gewesen, als sie noch gelebt hatte. Von Beruf war sie Krankenschwester gewesen, als sie seinen Vater kennengelernt hatte, was mit dem Tragen, geschweige denn dem Verwenden, von Waffen in keinem sonderlichen Einklang stand.

Nicht zuletzt war da auch noch Alicias Reaktion gewesen. Heute Morgen, nachdem er Leonie in der Villa aufgenommen hatte.

Christian war so in Gedanken beschäftigt, dass er verwundert aufsah, als die Limousine auf den Platz vor seinem kleinen Haus rollte. Es gehörte immer noch ihm und momentan überlegte er, ob er es nicht vielleicht doch noch für eine Weile behalten sollte.

Diesmal wartete Christian, bis der Chauffeur den Wagenschlag für ihn geöffnet hatte, bevor er sich daran machte den Wagen zu verlassen. Christian dankte ihm und wies ihn an, nach Metropolis zurück zu fahren. Er würde mit Alicias Eltern zurückfahren. Oder, falls alle Stricke rissen, hatte er seinen Pickup in der Garage stehen, die zum Haus gehörte.

Er sah sich um, da er schon eine Weile nicht mehr hier gewesen war, atmete tief durch und machte sich dann auf den Weg zur Farm seiner Freundin.



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