Zum Inhalt der Seite

Abenddämmerung

Inu no Taishō / Inu no Kami
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ahornblatt

Abenddämmerung

- Ahornblatt -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria, Kais_Aiko

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.
 

Vorwort:

Herzlich Willkommen zu einer Reise in den Osten und Westen des alten Japans, welche den Stolz zweier Hundedämonen gehörig auf den Prüfstand stellen wird. Manchmal braucht die Liebe eintausend Sommer, um zu wachsen, und eine weitere Abenddämmerung, um zu erblühen ...

- - - - - - -
 

Erste Dekade des Augusts, westliches Japan
 

1
 

Der Herbst kehrte ein, trieb die roten Ahornblätter von den Bäumen und ließ sie knisternd zu Boden gleiten. Lerchen trällerten hier und da, und gewaltige Krähen sprangen in den Ästen, als wollten sie den harschen Wind mit ihrem Flügelschlag beeindrucken.

Nun, sie hatte erbärmlichere Gärten gesehen. Für einen Abend ließ es sich an diesem Platz gut aushalten, ehe sie im Gefolge ihres Vaters und einer ermüdenden Prozession in den Osten zurückkehren musste. Sie war nicht erpicht auf diese Reise gewesen, doch das Wort einer Hundedämonin bedeutete verhärmten Generälen nichts. So hatte sie wie jede Frau ihr Schicksal stumm ertragen.

Eines Tages jedoch ... konnte sich all das ändern.

Sie musste nur den interessantesten Fürsten beeindrucken, der ihren Weg kreuzte, aber noch war sie zu jung, zu unerfahren.

Ihre Mutter hielt sie mit strengem Blick unter ihren Fittichen und weigerte sich, ihr all das zu verraten, was einen Mann für immer an sie binden konnte. Dabei hatte sie durchaus Andeutungen fallen lassen, gelächelt und ihren Fächer dazu genutzt, ihr verschmitzt auf den Handrücken zu schlagen. Ohne ihren beißenden Spott hätte sie fast erheitert wirken können.

Oh, was für ein Gedanke!

Vor derlei sollte sie sich lieber hüten. Die alte Fürstin des Ostens war nicht gnädiger als der Winter. Ihre Blicke glichen den eisigen Böen, die der Natur Tod und Verderben brachten, seit ihre letzte Hoffnung auf die Geburt eines Erben erstickt worden war. Ihre Befehle würde noch ein Jahrhundert für sie bindend sein.

Aber dann konnte sie auf ihre eigene Ehe hoffen - ein glücklicher Tag, dafür würde sie mit den bescheidenen Mitteln einer jungen Frau schon sorgen. Auch ihrem Vater konnte es nur recht sein, wenn es ihr gelang, einen mächtigen Verbündeten für seine Kriegslisten zu gewinnen. Sein Zorn darüber, dass der erste, handverlesene Bewerber jüngst von Pantherdämonen erschlagen worden war, hatte einem halben Dutzend Vasallen den Kopf von den Schultern getrennt.

Nun, sie konnte nicht behaupten, über den Verlust ihres möglichen Gatten allzu unglücklich zu sein. Er hatte sie als Welpe geängstigt, grau und aschfahl wie er gewesen war.

Und sich so einem unterwerfen?

Nein, nein. Sie hatte einige Tage angemessen bedrückt ausgesehen, doch zu mehr gab es keinen Grund. Zumal, nicht hier: Ihre Hofdamen umgaben sie plaudernd. Sie kicherten und schnatterten wie die Gänse der Menschen auf den ersten Stufen der Gärten. Weitläufiges Grün, umrahmt vom Rot und Gold der Ahornbäume.

Die Residenz des Westens füllte sich ebenfalls hartnäckig mit Leben. Diener huschten über jahrtausendealtes Holz, das mit allerlei Verzierungen versehen war, und sie hatte schon manchen Namen der Herrschaften aufschnappen können. Sogar ein Flohgeist hatte sich hektisch über die mit Reisig bestückten Dächer davongemacht - Himmel, wie exotisch! Ihre verehrte Amme Yori war sich sicher darin gewesen, in ihm den Berater ihres Gastgebers erkannt zu haben.

Wie kam man nur auf solch einen Gedanken?

Wahrscheinlich galten die Hundedämonen dieser Ländereien deshalb als sonderbar, aber das wagte natürlich niemand auszusprechen. Der alte Inu no Taishou war ein grausamer, verschlagener Dämon, der Drohungen und Einschüchterungen wie eine zweite Haut auf dem Leib trug.

Gut, dass sie als Fürstentochter kein Recht dazu besaß, in dessen Empfangszimmer zu knien, und zwischen Maulbeerwein und rauem Gelächter den Prahlereien der Männer zu lauschen.

Hier war es ihr doch lieber. In weniger als einhundert Jahren würde sie weniger Glück besitzen. Dann musste sie aufmerksamer sein und zwischen ranghohen Dämonen bestehen. Heute gab es allerdings keine unangenehmen Überraschungen oder Gefahren für sie. Die Zeit war ihr Freund und das wusste sie durchaus zu schätzen.

Zufrieden strich sich die Hundeyoukai über den glatten und makellosen Überkimono, der betörend wie das aufziehende Morgenrot schimmerte: Spinnenseide war kostbar, und die kleinen Bambuswedel-Stickereien mussten ins beste Licht gerückt sein.

Jedoch ... auf einmal verstummten die Gespräche um sie herum.

Huch?

"Seht doch!", murmelte die Hofdame Fumi entzückt, die sich neben der Amme Yori als Erste fing. Im Gegensatz zu der alten Kinderfrau trug sie ihr Haar in Schlaufen und nahm mit einer einzigen Geste die Aufmerksamkeit aller gefangen. Ihre Hand flatterte wie ein aufgeregter Singvogel, als sie auf den kleinen, weißhaarigen Dämon deutete, der vor ihnen im Gras stand und das Kinn reckte. "Wer hätte das erwartet? Ist er nicht mutig, wie er unsere Herrin mustert? So keck war nicht einmal der erste General des hiesigen Fürsten, und ich sage euch, der trug sein Fell sogar auf den Zähnen!"

Das einsetzende Gekicher sprach für sich. Nur Yoris Augen schmälerten sich beim Anblick des roten Seidenobis scharf, ehe sie keuchte: "Das muss sein Sohn sein!"

"Der des Generals?", fragte Fumi heiter neben ihr. "Dann sieht er besser aus als sein Vater. Wie viele Jahrhunderte mag er zählen? Er ist doch sehr klein. Zwei?"

"Sei keine Närrin, Fumi. Das ist der zukünftige Inu no Taishou!"

Die Jüngere wurde blass, und prompt verneigten sich die anwesenden Frauen wie in einer Welle, befürchtete man doch eine Strafe. Ihnen allen war bewusst gewesen, dass der Sohn des Fürsten bei ihrer Ankunft geschlafen hatte - so war das üblich für junge Dämonen, die ihre Kräfte noch nicht kontrollieren konnten. Ihn nun an den Hakama-Hosen mit Dreck und Staub bedeckt zu sehen, die blitzförmigen Streifen auf den Wangen mit Erde beschmiert: Das schlug alle Erwartungen. Gästen trat man so verschmutzt nicht gegenüber, doch für eine Zurechtweisung konnte er trotzdem sorgen. Sie fürchteten nun über Stunden im Eiswasser baden zu müssen oder sich von dämonischen Energien den Rücken zerreißen zu lassen.

Ungehorsam, gar Respektlosigkeit, war ein sicherer Weg in den Tod.

Eine Weile geschah nichts.

Schweigen lag in den Baumkronen des mächtigen Ahorns über ihnen, bis die Fürstentochter blinzelnd ihren Blick hob und die Witterung prüfte.

Nein, zornig war er nicht, nur still.

Beruhigt straffte sie die Schultern, auf denen federweiche Pelze im Herbstwind tanzten, dann drehte sie sittsam die Fußspitzen nach innen und kniete als Erste aufrecht.

Sie konnte sich wahrlich nicht daran erinnern, wann ein Welpe sie zuletzt behelligt hatte. Für gewöhnlich schlug fremder Nachwuchs einen großen Bogen um ihre dick wattierten Säume und ahnte, dass sie keine Spiele und Neckereien schätzte. Doch dieser hier ...

Verwirrend.

Er reichte ihr kaum bis zur Hüfte, aber seine goldenen Augen verhießen Mut. Nun, in fünf oder sechs Jahrhunderten würde sie es nicht mehr wagen können, ihn anzusprechen. Glich er erst ihrem Alter, wäre er längst ein Mann. "Was führt Euch zu uns, mein Fürst?"

Seine Miene weichte auf wie der Morgennebel. "Seid Ihr die Tochter, die Vater erwähnte? Unser unverhoffter Gast?"

Der erstaunte Blick der Hundedämonin sprach für sich. Obwohl es sich nicht ziemte, zog sie die Stirn mit dem Sichelmond darauf in Falten. "Das kann ich kaum leugnen", erwiderte sie seicht. "Wir wurden einander noch nicht vorgestellt, fürchte ich."

Ein großes Pech, wie sie nun erkannte. Es war kein ranghoher, alter Dämon da, der das stellvertretend tun-

"Ich bin Isamu. Und Ihr?"

Was?

"N... Noriko." Sie konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie Fumi bereits die Lippen zu einem Kichern verzog, doch die war klug genug, sich keinen Fingerbreit aus ihrer ehrfürchtigen Haltung zu lösen. Besser, sie bügelte das aus. Kinder waren sehr aufmerksam und allmählich glaubte sie, man könne sie auf diese Weise testen - und wenn sie nicht Acht gab, auch nachhaltig blamieren. "Ich bin die jüngste Tochter meines Vaters, des Fürsten des Ostens, und-"

"Ihr seid wunderschön." Angetan neigte der junge Dämon den Kopf, während sein Lächeln mühelos die blitzförmigen Male über seine Wangenknochen schob. Der Ausdruck erreichte seine Augen, die glänzten und funkelten, als könne er sich keine klügere Bemerkung vorstellen. "Wenn ich erwachsen bin", verkündete er unbekümmert, "brauche ich eine Braut. Ich hoffe, dass sie genauso anmutig sein wird wie Ihr. Leider seid Ihr bereits zu alt, aber Vaters Berater Myouga wird mich schon nicht im Stich lassen. Nun muss ich aber gehen. Mein Schwertmeister wartet und die Pflichten eines zukünftigen Fürsten dürfen nicht ruhen!"

Kühn verneigte er sich, dann ging er gediegenen Schrittes fort und zottelte sich noch im Gehen eine der schneeweißen Haarsträhnen im Zopf zurecht. Falls er spürte, dass sich die Hofdamen wieder aufrichteten und vielsagende Blicke tauschten, ließ er sich das nicht anmerken.

Einzig Noriko blieb sprachlos und mit offenen Lippen knien, und bettete die Hände in den Schoß. Dann sah sie zu ihrer Kinderfrau Yori. "Wurde... wurde ich gerade von einem Welpen abgewiesen?"

"Ich fürchte ja, Herrin."

Fumi neigte sich belustigt vor, sodass die duftenden Gräser und Halme leise raschelten. "Aber es war die bezauberndste Abweisung, die man je von einem Mann gehört hat!"

"In der Tat", stimmte die Fürstentochter zu, ehe sie ihre kribbelnden Fingerspitzen in die Ärmelaufschläge zurückzog und die gerundeten Schultern wieder den üblichen Traditionen unterwarf.

Was für ein eigenartiger Morgen.

- - - - - -
 

Keine Sorge: In Kapitel #2, "Birkenrinde", sehen sie sich wieder. Wie alt werden sie da wohl sein?

Birkenrinde

Abenddämmerung

- Birkenrinde -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

2
 

Als sich der Sommer sechshundert Jahre später dem Ende zuneigte, wurden die Blätter golden und raschelten knisternd im Wind. Die Tage wichen den Nächten, noch ehe die ersten Papierschiffchen auf den Teichen tanzten und friedlich über seichte Wellen hinwegtrudelten. In jedem Jahrhundert ehrten die Dämonen der westlichen Residenz damit die Toten, doch niemand achtete auf die Karpfenmäuler, die neugierig an den zart bemalten Booten zupften. Dann verschwanden auch die Fische in die Tiefen und verspürten weder Hunger, noch Eifer. Grillen zirpten zwischen welkem Schilf und Glühwürmchen zogen ihre Kreise über den Schirmchen und Flämmchen.

Seufzend entließ Isamu die Luft aus den Lungen, dann stützte er das Kinn auf die Hand und warf einen langen, geduldigen Blick auf den Flohgeist.

Myouga saß wie er mit untergeschlagenen Beinen im Gras. Sein Saugrüssel zuckte bei jedem Wort, während seine Hand wie die eines Generals von links nach rechts wischte. "Konzentriert Euch auf Eure Schritte, junger Herr. Das ist das Wichtigste! Zupft nicht an den Falten des Obis, lasst Eure Hände ruhig auf den Oberschenkeln liegen und vor allem", sein Blick wurde scharf wie die Klinge eines Schwertes, "sprecht nicht wieder heimlich mit den Damen! Euer verehrter Vater, der Fürst, wird mich in kleine Häppchen schneiden, wenn er es erfährt. Und wir wissen beide-"

"-dass er seine Augen und Ohren überall hat. Ja, mein Freund, das ist mir wohlbekannt. Eines hast du allerdings vergessen."

"Huh?"

Der Weißhaarige hob feierlich an: "Recke abweisend dein Kinn vor unseren Gästen, um weder als weich, noch als gutherzig und schon gar nicht als nachgiebig zu gelten. So etwa!"

"J-junger Herr!", empörte sich der daumennagelgroße Wicht, während Isamu das Gesicht zum Nachthimmel drehte und düster knurrte. "Macht Euch nicht auch noch lustig über meine Ratschläge! Haltet Ihr das alles für ein Spiel?!"

"Wie könnte ich?", erwiderte der Jüngere verschmitzt, bevor er den Blick wieder senkte. "Ohne dich, Myouga, wüsste ich kaum, was ich einmal anders machen könnte, sobald ich der Inu no Taishou geworden bin."

"Oh bitte, junger Herr!", flehte der Flohgeist, während er dem auf die Beine kommenden Hundedämon mit zwei Sprüngen beikam und unter einem dritten, mächtigen Satz in dessen weichem Schulterfell landete. Rasch strich Myouga dort die weißen Härchen auseinander, doch er benötigte all seine Balance, um nicht wieder herunterzupurzeln: Warum nur musste sein Schützling es immer so eilig haben? Nie saß er still, und falls er es tat, dann nur bei den alten Dienerinnen seiner Mutter, die ihn mit nachsichtiger Strenge behandelten. Zum Haareausrupfen war das! "Ihr könnt doch keine jahrtausendealten Traditionen umwerfen!"

"Ich kann", raunte Isamu amüsiert, "und ich werde."

"Nein, ich verbiete es!"

"Du bist mein Berater, Myouga, und ich sollte dich daran erinnern, dass dies außerhalb deiner Fähigkeiten liegt."

"Ja ..." Verflixt! Das wusste er auch, aber belehren ließ er sich deshalb noch lange nicht. Einen Trumpf besaß er - und den spielte er mit einem kecken, besserwisserischen Schnauben aus: "Ohne Braut werdet Ihr kein Fürst! Auch das ist Tradition, nicht wahr?"

"Eine lästige, wie ich hinzufügen möchte."

"Ihr habt trotzdem keine."

"Ich wünsche auch keine."

"Seid doch nicht so stur!", entfuhr es Myouga, während der hochgewachsene Hundedämon gediegenen Schrittes an Magnolienbäumen, Federfarn und wildem Klee vorbeiging. In der Luft lag der Geruch von Regen, aber das Gewitter wollte der Floh sehen, das dem zukünftigen Fürsten die Flausen auswusch. "Ihr zählt erst achthundert Winter, aber wenn Ihr so weiter macht, kostet Ihr mich Nerven, als wärt Ihr wieder halb so alt und hättet erkannt, dass Euch die Geliebten Eures Vaters bereits mit gezierten Worten umschmeicheln!"

"Ich habe sie nie angerührt, Myouga, trotz deiner Befürchtungen. Soll ich es heute Nacht ändern?"

"Nein!", bellte der Floh entsetzt, bevor er sich über die kreidebleichen Wangen rieb und mit Augen so groß wie Sakeschälchen zu ihm sah. "Bitte, kein solcher Scherz, solange ich am Leben bin! Euer Vater würde das kaum dulden, Euch bestrafen und der Hofdame die Untreue bitter heimzahlen. Ihr wisst doch, was dem letzten Kriegsherren geschah. Sagt mir, dass Ihr das nicht vergessen habt!"

Isamus heiteres Lächeln erstarb auf seinen Lippen, als wäre die Sonne hinter den Baumkronen und der Linie des Horizonts verschwunden. Es hingen keine schönen Erinnerungen daran, denn sein Vater hatte beiden jeden Knochen einzeln brechen lassen und ihr instinktiver Versuch, sich mit Youki zu schützen, war mitleidserregend gewesen. Niemand übertraf die Kräfte des Inu no Taishou, der die Schwünge seines Schwertes mit einer Genauigkeit ausführen konnte, die ein Reiskorn zehnfach spaltete.

Und dann war er nicht einmal aufgewärmt.

"Sei unbesorgt", versicherte er. "Ich habe kein Interesse an Vaters Damen." Kurz hob der junge Fürstensohn den Kopf, hinauf zu den Sternen, die wie ein Teppich über den weitläufigen Gärten der Residenz funkelten und glitzerten. Eine Stickerei hätte kaum schöner und betörender sein können - verrückt, nicht wahr? Dabei hatte er für die kostbaren Muster nicht einmal etwas übrig, aber die Stille der Nacht wusste er zu schätzen. "Myouga?"

"Ja?"

"Ich frage mich ..."

"Ja?", hakte der Floh auffordernd ein. Was spukte ihm denn nun schon wieder im Kopf herum? Konnte es zur Abwechslung einmal etwas Gutes sein? Herrje. Beinahe wäre er als langjähriger Berater des Hauses der Versuchung erlegen, darüber zu seufzen und kleine Kringel und Zöpfe in das Schulterfell zu flechten.

So viele Welpen hatten seinen Weg gekreuzt, aber wie der zukünftige Herr der Hunde benahm sich niemand. Die meisten in seinem Alter eilten den gefütterten Säumen der Dämoninnen hinterher, doch ihm genügte hin und wieder ein Lächeln, das gegen jede Erziehung verstieß: Sanft und ruhig, als könne er Gestein zu Sand zerbröseln lassen. Dazwischen füllte ihn das harte Schwertkampftraining aus, das er im Morgengrauen mit Feuereifer und wilden Sprüngen verfolgte, als könne er den Tag nicht erwarten, eine mächtigere Klinge zu verdienen. Seinem jungen Herrn waren inzwischen so viele, gute Schneiden zerbrochen, dass der Schmied der Residenz längst aufgehört hatte, die Stücken zu zählen.

Nur für dumm brauchte er ihn, Myouga, nicht zu halten. Für die anmutigen Gesten einer Frau interessierte er sich nämlich trotzdem. Als Berater war er nur höflich genug, nicht darüber zu plaudern, mit wem sich der zukünftige Fürst vor einunddreißig Wintern näher unterhalten hatte - der Umstand ihn damals schwach werden zu sehen, genügte völlig! Wer das tat, konnte auch zur Ehe motiviert werden. Bedauerlich nur, dass er verpasst hatte, weshalb sich das Techtelmechtel einige Jahre darauf wieder entzweite. Solches Wissen war stets nützlich, um herauszufinden, welche Eigenschaften er bei einer Braut schätzen könnte: Ach, wenn er nur von selbst eine wählen würde! Die Dämonin, die ihn damals erweicht hatte, war kurz darauf in die Ehe übergetreten, und er als Berater zögerte bis heute, sie näher zu allem zu befragen. Die Zwei unterhielten sich noch immer höflich miteinander, das konnte böse ins Auge gehen.

Hmpf! Wie ärgerlich!

Mürrisch blies Myouga die Wangen auf, dann räusperte er sich und klang wieder seidenweich. "Ihr wolltet etwas sagen, junger Herr."

"Vater lud zwei Töchter ein, um sie mir aufzudrängen?"

"Drei, doch nur zwei kommen als Braut infrage", berichtigte Myouga. "Ihre Väter sind ausgesprochen mächtig und verfügen über viele Männer, die in Schlachten um Ehre und Gebiete feilschen, dass man keinen von ihnen zum Feind gebrauchen kann. Da die alten Verträge bald auslaufen, wäre es klug, wenn Ihr wenigstens eine der wohlerzogenen Damen in Betracht ziehen würdet."

Der Weißhaarige hob beide Brauen, als könne er keinen absurderen Gedanken hegen. Und warum sollte Vater sich die Mühe machen, eine dritte Frau zu begrüßen, die ihm nicht nützte? Nein, besser er hielt seine Neugierde im Zaum und beschränkte sich auf das Wesentliche. "Kennst du sie persönlich?", wollte er wissen.

Myouga starrte ihn vollkommen sprachlos an. Dann begannen seine Fingerspitzen zu zittern. "Unmöglich! Ich habe Euch vorhin alles berichtet, was ich über die Vorschläge unseres Fürsten zu sagen wusste! War das etwa vergebene Müh?!"

"Kaum, mein Freund, doch das war nicht meine Frage. Ich möchte wissen, ob du ihnen begegnet bist. Gerüchten und den Worten eines Dienstboten kann man nur schwerlich glauben, ehe man sich nicht mit eigenen Augen von der Wahrheit überzeugt hat. Waren das nicht deine Worte?"

Der Floh biss sich entrüstet auf die Lippen, bis sie schlohweiß hervortraten. Im Gegensatz zu der nachtschwarzen Umgebung, die weder ihm, noch dem Hundedämon etwas ausmachte, sah es bereits aus, als habe er eine zornige Totenmaske aufgesetzt.

"Schon wieder dieser Trick!", schimpfte er. "Ihr wisst, dass ich das ganz anders gemeint habe und damals von Kriegslisten sprach. Von heiratsfähigen Dämoninnen, denen man auf den Fangzahn fühlen soll, war nie die Rede. Dennoch dreht Ihr mir alles im Munde herum!"

"Ich bin untröstlich über das Missverständnis", lächelte Isamu voller Schalk. "Nun, kennst du dennoch eine der Damen?"

"Natürlich." Trotzig verschränkte Myouga die vier Floharme vor der Brust, bevor er die Lippen verzog. "Ihr kennt selbst eine von ihnen, und ich hoffe um Euretwillen, dass Ihr sie dieses Mal etwas freundlicher behandelt. Ohne Eure Jugend hättet Ihr sie damals tödlich beleidigt und uns eine Fehde ins Haus geholt!"

"Tatsächlich?"

"Oh nein! Kommt mir nicht so!" Diese überraschte Miene, bei der sein junger Herr den Kopf zur Seite neigte, sah er oft genug. Aber dieses Mal würde er ihr nicht auf den Leim gehen! "Ihr wisst genau, wen ich meine. Die Fürstentochter des Ostens wird nur zwei Nächte zu Gast sein, ehe ihr Vater weiterzieht. Vermasselt es kein zweites Mal, auch wenn ihre Aufwartung nichts mit einer Brautschau zu tun hat!"

Isamu schmälerte die Brauen, ehe er auf dem duftenden, knisternden Gras innehielt und dem Gedanken nachhing, der ihn hinterrücks gepackt und mit dem Geruch wilden Honigs erfüllt hatte. Der Osten, natürlich. "Noriko", dämmerte es ihm überrascht. "So hieß sie doch, nicht wahr?"

"Ich wünschte, dass Ihr Euch an alles, was man Euch erzählt, so gut erinnern würdet wie an ihren Namen", moserte Myouga in das Schulterfell hinein.

"Jeder Anfang ist schwer", lächelte er. "Und ich werde sie kein zweites Mal zu alt nennen, sei unbesorgt. Darauf gebe ich dir sogar mein Wort!"
 

3
 

"Herrin", flüsterte es neben ihr, "der nimmt den Mund ganz schön voll." Fumis Augen funkelten verschwörerisch, ehe sie ein Schlag auf die Schulter zusammenfahren ließ und sie empört den Kopf nach hinten drehte. Ihr perlweißer Kimono war nicht so aufwendig bestickt wie Yoris, aber er knisterte, als wäre er siebenmal schwerer. "Himmel! Warum bist du nur immer so garstig, sobald ich unsere zukünftige Fürstin unterhalte? Es ist doch die Wahrheit!"

"Du bist schwatzhaft", schalt die Ältere. "Das ist der erste General des Inu no Taishou und es interessiert niemanden, ob er in seiner Begrüßung übertreibt. Er ist ein Mann und weiß, was er tut!"

"Und deshalb schlägst du mich mit deinem Fächer?"

"Du hast völlig recht, meine Liebe. Wie ungehörig von mir." Yori lächelte kühl wie das Frühlicht, das sich nahe der Torbögen in dem Tau auf den Spinnennetzen und Grasbüscheln spiegelte. "Ich werde das nächste Mal meine Klauen benutzen, ehe du uns alle ins Verlegenheit bringst."

"Wie bitte?" Fumis Gesicht wurde bleich, aber zu ihrem Glück wandte sich die Amme wieder den anderen Hofdamen zu, die wie die Woge eines Meeres in Bewegung gerieten. Die Wachen der westlichen Residenz gaben soeben den Weg frei, doch von denen hielt es niemand für nötig, den üppigen Seidenstoffen mehr Beachtung zu schenken als den Männern in Waffen, die vorneweg schritten.

Dem Fürsten des Ostens, der an der Spitze lief, war das nur recht. Seine grimmige Miene, die in den Mundwinkeln steif, feindselig und finster verankert schien, mündete nur in einem kühlen Schulterblick, als müsse er besonders die Frauen zur Eile antreiben.

Noriko senkte instinktiv den Blick. Sie kannte ihren Platz, auch wenn sie Fumi noch immer nicht aus den Augen ließ. "Ich sollte dich für deine Feststellung rügen", flüsterte sie, "aber mir fällt kein Grund ein, dir darin zu widersprechen. Hüten wir wohl besser beide unsere Zungen."

Die junge Hofdame grinste prompt, ehe sie sich über den ziependen und kribbelnden Nacken rieb und die Erscheinung ihrer jungen Herrin musterte. Noriko-sama hatte bereits vor sechshundert Jahren eine schlichte Schönheit im Kimono gezeigt, doch dieses Mal war die Spinnenseide weit prächtiger verziert. Blau und weiß erstrahlten die Stickereien, ja, schwangen sich wie lebendig geworden über den bepelzten Säumen zu Kranichen empor.

Der Fürst hatte ihr ein verschwenderisches Geschenk gemacht, um ihren Stand zu betonen. Er war höchstpersönlich in den Wäldern des Ostens unterwegs gewesen, um ein ganzes Nest mit diesen abscheulichen, riesigen Spinnen auszuräuchern und den Weberinnen mit der Beute mehr Arbeit zu bescheren, als diese in einem Mondumlauf bewältigen konnten.

Doch die Großzügigkeit trog: In ihm schwelte unsäglicher Zorn, denn ihm war auch der zweite, erhoffte Schwiegersohn von Pantherdämonen in Fetzen gerissen worden. Sogar Fumi wusste darum, dass es kein gutes Licht auf einen Fürsten warf, wenn er seine einzige Tochter nur an Männer übergeben wollte, die wie die Fliegen starben. Sie hatten alle seinen Ärger darüber zu spüren bekommen.

"Herrin", mahnte sie ernst, "haltet den Kopf höher. Der Fürst wird es nicht gutheißen, wenn Ihr unseren Gastgebern nicht das Gefühl gebt, aufsehen zu müssen."

Noriko gehorchte stumm, obwohl sich die mit Perlmutt geschmückten Haarnadeln aus Schildpatt dadurch unangenehm stechend bemerkbar machten. Die kerzengrade Haltung war ihr weder lieb, noch teuer, aber sie war kein Mensch - und kannte keine Klage. Die Zierde unterstrich ihren Rang, ihr heiratsfähiges Alter: Sie hatte Erwartungen zu erfüllen.

Der Wind frischte auf, als sie umringt von ihren Hofdamen durch die Torbögen schritt und von wunderbaren Gerüchen empfangen wurde. Holzrauch und Wachs, verblühter Iris und Raureif, der mit der Morgensonne um jede rotgoldene Blattader feilschte. Die westliche Residenz hatte sich herausgeputzt, und in den Gängen und auf den Sandböden tummelten sich eifrige Diener des Hauses.

Ein mehr als würdiger Empfang.

Noriko wusste dank eines abgehetzten Boten, dass der Inu no Taishou im Laufe des Tages noch weitere Gäste erwartete, aber ihr Vater war niemand, der sich erst als Zweiter einzureihen pflegte. Die halbe Nacht hatte er sie und sein Gefolge zur Eile angetrieben - und sie musste sich schon sehr irren, wenn ihn der Anblick des Herrn der Hunde nicht endlich gnädiger stimmte.

Ihr bescherte die Gegenwart indes ein unangenehmes Zwiebeln auf der Haut. Der Boden kochte unter dem Youki des Fürsten, je dichter sie kam. Die Luft flimmerte wie im Fieber. Der Inu no Taishou selbst schien darauf jedoch nichts zu geben.

Der alte Daiyoukai stand unbeeindruckt auf der obersten Stufe der Residenz, die goldenen Augen verengt und kaum breiter als die mondsichelförmigen Zeichen auf seinen Wangen. Zu beiden Seiten lauerte je ein halbes Dutzend Berater und Generäle, einer grätiger als der andere. Kampferfahren waren sie allesamt, denn der Westen schätzte seit zwei Jahrtausenden nur Verträge, die auf Blut, Ruhm oder Gefälligkeiten gründeten.

Ja, man konnte wohl von Glück sagen, dass es keine Fehde zwischen ihnen gab. Im Osten munkelte man überall, dass sie friedfertige Schreiber schon beim ersten, falschen Pinselstrich in Stücke rissen und Frauen, die kinderlos blieben, rasch verstießen.

Nun, dennoch war es eine Ehre hier zu sein.

Noriko sah ihrem Vater dabei zu, wie er an breitschultrigen, finsteren Wachen vorbei trat und sich weder von dem blutroten Brokatobi, noch dem Brustpanzer oder den Schwertern des Inu no Taishou schrecken ließ.

Raue Worte wurden gewechselt, dann genickt. Ein Handwink des Hausherrn folgte, der die Schatten hinter ihm teilte, und Dienerinnen hasteten auf einmal wie die Spatzen zu den Papiertüren, um sie lautlos aufzuschieben.

Grundgütiger, was für ein Schauspiel. Im Norden war ihr all das erspart geblieben, da gaben sie nichts auf große Gesten und Ehre.

Noriko zog den Atem zwischen die Lippen, während sie den Fürsten mit ihren Blicken folgte und die Sekunden zählte, bis auch die Berater ins Innere der Residenz folgen würden. Die vielen Lagen ihres Kimonos drückten ihre Schultern nieder und sie war jung, ihre Geduld mehr als begrenzt. Erst als ein Ratgeber, der hager wie ein Habicht aussah, seinen Platz verließ, bemerkte sie etwas Interessantes.

Ah.

Wer hätte das gedacht?

Der junge Hundedämon mit dem hochgebundenen Zopf, der nahe eines mannsdicken Holzbalkens gestanden hatte, war schwer zu verwechseln: Die blitzförmigen Streifen auf seinen Wangen verrieten ihn. Das Übrige tat sein unterdrücktes Gähnen, das er hinter einer Hand erstickte. Immerhin kaschierte er sein Verhalten erstaunlich gut. In einer fließenden Bewegung griff er zum Haarband, zog es sich zurecht und glitt so ruhig wie eine Papierlaterne im Wasser hinter den älteren Dämonen her.

Offenbar hatte der Sohn des Fürsten noch immer keine Manieren gelernt. Erst nannte er sie zu alt, nun schien er gelangweilt von ihrem Vater.

Wie aufmüpfig.

Gut, dass sie nicht hier war, um ihm die Ehe anzutragen. Einen solchen Fang als Ehemann würde sie teuer bezahlen, denn das brachte sie nur von einem Käfig in den anderen. Überdies fiel ihr kein Grund ein, jemanden zu wählen, dessen Vater etliche Geliebte sein Eigen nannte. Auch dieses Gerücht gab es im Osten und sie glaubte nicht daran, dass jemand verrückt genug wäre, in diesem Fall eine Lüge zu verbreiten. Und sagte man nicht, der Apfel fiele nicht weit vom Stamm?

Nun, da hatte sie auf einen Schlag genug Gründe beisammen, ihn für ungeeignet zu halten.

Norikos Stolz rebellierte bereits, wenn sie auch nur daran dachte, bloß die zweite Wahl zu sein. Nie und nimmer würde sie das dulden: Vaters Ansichten gefielen ihr in dieser Hinsicht besser. Wer sich zwischen Dämoninnen aufteilte, lief bloß Gefahr, dabei übertölpelt zu werden.

Nein, sie interessierte sich nur für eines an diesem Ort: Die Fürstin des Westens. Sie wollte sehen, wie diese sprach und die Hand zu den Lippen hob, um zu verstehen, wie eine Frau einen mächtigen Mann an sich band.

Bedauerlicherweise hatte die Gefährtin des Inu no Taishou sie bei ihrem letzten Besuch nicht empfangen und auch jetzt war sie nirgendwo zu erblicken, doch das verwunderte Noriko wenig. Ehefrauen beschäftigten sich tagein, tagaus damit, für die Abendstunden hergerichtet zu sein, um dann hochrangige Gäste oder den eigenen Mann mit ihrer kokettierenden Sprache zu erfreuen. Eine Ausnahme machte man vorher nur für die eigenen Welpen - keine fremden, so wie sie es damals mit ihren siebenhundert Jahren noch gewesen war.

Aber heute war sie alt genug und bereit zu heiraten. Möglicherweise weckte das etwas Interesse bei der Hausherrin, sobald ihr eine Dienerin von einem klugen Wort und guter Erziehung berichtete. Dann würde sich eines zum anderen gesellen, und sie konnte die Gelegenheit nutzen.

"Herrin?", raunte Fumi neugierig. "Warum lächelt Ihr?"

"Es ist nichts", versicherte Noriko außerordentlich guter Stimmung. "Ich dachte nur daran, wie angenehm es ist, an diesem Ort zu sein. Hast du den Sohn des Fürsten bemerkt?"

Fumi stieß einen Laut aus, der zart wie das Zwitschern eines Singvogels klang, aber ehe sich Yori zu ihr umdrehen konnte, bedeckte sie die Lippen mit ihrem aufgeschlagenen Fächer. "Mit Verlaub, es fiel mir äußerst schwer, ihn gerade zu ignorieren. Er hat Euch die Hälfte der Zeit angesehen, während Euer Vater den Inu no Taishou begrüßte."

"Er hat-"

Was?

Und dann gähnte er, bevor er kehrtmachte?

Norikos Lippen wurden unter der offensichtlichen Beleidigung dünn, bis der Strich ihres Mundes fast völlig verschwunden schien, aber Fumi bemerkte davon entweder nichts oder verschwieg es aufgrund ihres niederen Ranges.

Nun gut.

Sie hatte nicht eintausenddreihundert Sommer dahingehen sehen, um sich das gefallen zu lassen.

- - - - - - - - - -
 

Oh, was heckt sie aus? Ideen? Ihr erfahrt es in Kapitel #3, "Magnolienblüte I".

Magnolienblüte I

Abenddämmerung

- Magnolienblüte I -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

4
 

"Ich kann es nicht glauben", flüsterte Myouga, ehe er die Hand zur Faust ballte und diese drohend zum Ohr des Hundedämons hob. "Ihr gähnt, während Euer Vater keine fünf Mannslängen entfernt den Gang hinabschreitet? Wollt Ihr ihn oder seinen Gast erzürnen?"

"Kaum, aber wenn du noch lauter sprichst, alter Freund, hören sie dich. Wir sollten es wie meine verehrte Mutter halten und Fehltritte totschweigen, ehe es uns zum Nachteil gereicht."

"Wie bitte?"

Das ... das war doch ...

Empört schnaufte der Flohgeist, bevor er die vier Arme vor der Brust verschränkte und die Augen zu winzigen Schlitzen zusammenkniff. Obwohl er wie der Fürst persönlich im Schulterfell des Jungspundes saß, hätte man ihn ebenso gut in einen hölzernen Bottich voller Regenwasser tunken können. Diese Unverfrorenheit! Er sah haargenau, dass der Sohn des alten Inu no Taishou ein Lächeln in seinen Mundwinkeln barg. Hielt er ihn für blind? Für lebensmüde genug, einfach seine Zeit abzusitzen, bis einer der Hundedämonen aufmerksam wurde und wie ein Sturm über sie hinwegfegte? Nichts da!

Er hatte nur einen Hals, und der war bereits durch die Flausen der letzten Jahrhunderte strapaziert.

Noch während Myouga aus den Augenwinkeln heraus beobachtete, wie Dienerinnen die ersten Papiertüren vor Isamu wieder aufschoben und sich dann ehrfürchtig mit der Stirn bis zu den schwarz glänzenden Nachtigallböden verneigten, lehnte er sich vor. "Sollte der Fürst des Ostens Euch bemerkt haben, könnt Ihr Euch allein aus diesem Sumpf ziehen. Diese Beleidigung werde ich nicht für Euch zerstreuen!"

"Selbstverständlich nicht", erwiderte der Weißhaarige lächelnd. "Ich würde es auch nicht wagen, danach zu fragen."

"Schön!" Trotzig verzog Myouga das Gesicht, aber die Heiterkeit seines Schützlings war kaum von der Hand zu weisen. Dieser verstohlene Glanz in seinen Augen, dazu die Art, wie er sich erneut die Strähnen von der Schulter strich und das Schulterfell in Bewegung geriet: Wenn in dieser Miene Bedauern und Reue verborgen lag, sah er sich nicht im Stande diese zu erkennen!

Nun, wenigstens ein Trost blieb ihm als Berater.

Die letzte Schiebetür glitt auf, und dahinter entspann sich ein prächtiges Empfangszimmer, das mit Chrysanthemengestecken und dem vertrauten Geruch von kühlem Reiswein aufwartete. Kein Welpe würde an der schweren Luft Gefallen finden, aber die Herrschaften taten es - nicht zuletzt, weil es die Tradition verlangte. Es galt für alle Anwesenden als äußerst unschicklich, die Nase über die kunstvoll arrangierten Blumenzweige zu rümpfen und niemand beabsichtigte, derart verfrüht Schwäche zu zeigen.

In dieser Umgebung konnte nicht einmal der Sohn des Inu no Taishou etwas-

Um Himmels Willen!

"Bleibt stehen!", zischte Myouga blass, ehe der junge Hund die erste Bambusmatte betreten konnte. Sogar die Dienerin, die höflich daneben kniete, musste kurz den Atem anhalten. Eiligst rundete sie die Schultern, bis sie unsichtbar wie ein

Maulbeerblatt am Boden kauerte und vorgab, die geflüsterte Schelte nicht hören zu können. "Wo habt Ihr nur Euren Kopf? Ihr müsst auf die Tochter unseres Gastes warten. Es ist Tradition im Osten, dass der älteste Sohn sie stumm zu ihrem Vater geleitet."

"Stumm?"

"Ja", ereiferte sich Myouga. "Das bedeutet, Ihr behandelt sie wie gutaussehende Luft und Ihr Vater wird dem Westen wohlgesonnen sein. Ich habe den gestrigen Tag von nichts anderem geredet!"

Isamus Augenbraue wölbte sich skeptisch, aber er verzichtete darauf, den kleinen Flohgeist darauf aufmerksam zu machen, dass er die Hälfte der Zeit im Gras gelegen und allerlei Dinge gezählt hatte: Vorüberziehende Wolken, rote Blätter, goldene Blätter, die Harztropfen an verwitterten Baumstümpfen ...

Nun, dennoch war Myougas Einwurf nicht der schlechteste: Vaters erste Gäste waren nicht hier, um ihm die Ehe anzutragen, daher würde er sich mit dieser Höflichkeit keinen Strick knüpfen. Er hatte die Fürstentochter ohnehin beobachtet, und vor Jahrhunderten kurz gesprochen. Äußerst rebellisch von ihm, das wusste er inzwischen.

Bedauerlich, dass die spätere Brautschau unter den wachsamen Augen alter Dämonen stattfand - die letzte hatte er vor vielen Monden nur unzufrieden über sich ergehen lassen müssen. Es reizte ihn wenig, seine spätere Frau anhand ihres makellosen Schweigens auswählen zu dürfen. Vielleicht wäre es angebrachter, später eine Teezeremonie vorzuschlagen. In diesem Fall hätte er wenigstens ein Schälchen auf der flachen Hand und etwas zu tun.

Aber eines nach dem anderen.

Ruhig trat Isamu einen Schritt zurück, und die alte Dienerin zu seinen Füßen schien äußerst dankbar darüber, dass er sich besann: Niemand wollte in der Nähe knien, wenn der Inu no Taishou das Verhalten seines Sohnes als beschämend einstufte. Zum Glück saß der Fürst bereits mit gekreuzten Beinen neben seinem Gast auf bestickten Damastkissen - und

war mehr als vertieft darin, mit dem jüngsten Kampf gegen Schlangendämonen nahe einer Felsklamm zu prahlen.

Das Übliche also.

Isamu kannte die Geschichte. Er war selbst dabei gewesen und die hinterlistigen Biester hatten ihm ein halbes Dutzend Narben geschlagen. Von einer Fürstentochter brauchte er Blessuren wohl kaum erwarten, daher neigte er den Kopf und sah den dämmrigen Gang zurück, auf dem nun das Rascheln von Seidenlagen erklang. Sogar Myouga hörte auf, grimmig ins Nichts zu starren, und reckte den Hals.
 

5
 

Auch das noch.

Man wartete auf sie, und Noriko hätte blind sein müssen, um die im Halbschatten liegenden Züge des zukünftigen Inu no Taishou nicht ausmachen zu können. Zugegeben, damit hatte sie nicht gerechnet. Die wenigsten jungen Männer achteten in ihrem Heim darauf, sich den Gepflogenheiten des Ostens anzupassen - für gewöhnlich hielt man die eigenen Regeln höher als jede Himmelslaterne.

Nun, wahrscheinlich wollte er nur Vater beeindrucken. Sie ein weiteres Mal zu brüskieren, würde ihm schlecht bekommen und wenn sie es nüchtern betrachtete, war die Gelegenheit mehr als günstig, ihm den ersten Fehltritt zu vergelten. Unter den Augen alter Männer konnte sie ihn nicht mehr ansprechen, aber hier ... Perfekt.

Flankiert von ihrer Amme Yori und der verschmitzt dahinschreitenden Fumi hielt Noriko ihr Kinn höher als zuvor. In der Totenstille hörte sie die schweren Stoffe knistern, das leise Schrammen ihrer Getas. Glücklicherweise konnte sie darauf verzichten, den Fuß allzu aufwendig aufzusetzen und die Schulter zu drehen, sobald sie ihr Schuhwerk auf die Kante stellte und in einer seidigen Bewegung vorwärts schob - dieser Gang gebührte einem erhofften Ehemann, keinem jüngeren Welpen.

Fumi hob als Letzte an ihrer Seite ihren aufgeklappten Fächer und erstickte ein Kichern. "Er sieht überrascht aus, nicht? Man hätte ihm wohl sagen sollen, dass wir keine Eile kennen. Wäre es anders, müssten wir die Männer in der Fremde noch länger im gleichen Raum ertragen."

Yoris Blick auf der anderen Seite schien schlagartig Eis und Gestein zersplittern zu können. "Wo hast du nur deine Einfalt her?", zischte sie hinter ihrem eigenen Fächer, der mit Silberfäden und Apfelblüten verziert worden war. "Dort zu warten, ist eine Ehre für unsere Herrin und kein Grund ihn zu verspotten."

"Wahrscheinlich hat es ihm auch nur sein Berater zugeflüstert. Ich hörte, Flohgeister sollen energischer sein als drei Ammen zugleich."

"Fumi! Sei still und halt dich zurück", warnte Yori, bevor sie ihren eigenen Schritt in einem eleganten Schlenker dämpfte und in mehr als höflicher Entfernung stehen blieb. Auch die jüngere Hofdame tat es ihr prompt gleich, denn sie wussten beide, dass es niemand von ihnen wagen konnte, vor einem Fürsten oder dessen Söhnen zu stehen - die Ausnahmen konnte man an einer Hand abzählen und dann blieben immer noch zwei Finger übrig.

Noriko atmete indes die feuchte Luft des Herbstes ein, die sich in dem Gang aufgebauscht hatte und von Holzrauch und Sake erfüllt war. Als sie die letzten Meter überbrückte, strafften sich ihre Schultern wie von selbst, doch trotz allem überragte er sie um einen ganzen, ärgerlichen Kopf. Nein, sogar anderthalb.

Und er lächelte! Dieser Hund! Wie unpassend, aber die schmale Linie ihrer Lippen weichte er damit nicht auf.

Noriko blieb kühl und vornehm, senkte in traditioneller Anerkennung vor seinem Rang den Blick - und erkannte, als sie wieder emporsah, dass sie um ein Haar zu zeitig mit dem Gedanken gespielt hätte, den nächsten Schritt zu setzen. Er hatte sich weder bewegt, noch war er vorangegangen und so konnte sie schlecht seinem Schatten folgen.

Nun gut.

Blieb sie also stehen. Was hatte sie auch für eine Wahl?

"Verehrteste? Es ist lange her."

Oh, das hätte sie sich denken können. Er sprach sie an, im Gegensatz zu jedem anderen Dämon. "Sechs unscheinbare Jahrhunderte, nicht wahr? Ihr seid älter geworden", bemerkte Noriko spitz, während sie sittsam ihre Fingerspitzen in den stahlblauen Ärmelschleppen verborgen hielt.

Hätte sie gewusst, dass sein Kimono an der Schulter dasselbe Stahlblau zeigte, hätte sie sich mit Händen und Füßen gegen Vaters Geschenk zur Wehr gesetzt - und verloren. Tze. Das brachte dem zukünftigen Inu no Taishou noch weniger Achtung ein. Aber ihre Stimme blieb davon unberührt: "Euer Ehrgeiz und Eure Taten kamen mir bereits zu Ohren. Meine Hofdamen redeten auf der Reise von nichts anderem. Es erschien mir doch äußerst ehrenhaft, dass Ihr sieben ruchlose Mottendämonen auf einen Streich erschlagen könnt."

"Motten?" Isamu hob überrascht eine Augenbraue. Die waren klein und flink, kein Gegner für ihn und wenn er es nicht besser wüsste ... nun, wie auch immer. "Ich muss Euch enttäuschen. Derlei Getier meidet mich bereits seit Jahrhunderten."

"Oh", formte die Fürstentochter seidenweich mit ihren Lippen. "Ich verstehe so wenig von gefährlichen Schlachten, verzeiht." So leicht konnte sie es ihm also nicht heimzahlen und mit gleicher Münze vergelten. Hmpf! "Dann müssen es wohl die großen, weißen Ochsen gewesen sein, die kaum ein Daiyoukai bezwingen kann?"

"Nein", korrigierte er unter einem heiteren Atemzug. "Es waren Eidechsen. An mehr als zwei von ihnen wage ich mich jedoch nicht heran. Wie steht es um Euch? Ich hörte einen Boten sagen, Ihr wärt giftig genug, um eine Spinnendämonin niederzuringen, doch das erschien mir in Anbetracht unseres letzten Treffens noch sehr abenteuerlich. Ich muss gestehen, die Seide, die Ihr nun tragt, beflügelt alle Gerüchte."

Wie bitte? "Ihr haltet mich für eine Spinne?"

"So sehr wie Ihr in mir jemanden seht, der Motten erschlägt."

Norikos Brust weitete sich unter einem Atemzug, der sogar die besäumten Pelze auf ihren Schultern in Bewegung brachte. Dann schürzte sie die Lippen und verneigte sich. "Ich werde Euch nicht wieder mit solchen Vermutungen behelligen."

"Das wäre bedauerlich", erwiderte Isamu ruhig, ehe er ihr - trotz Myougas händeringendem Versuch ihm den Mund durch stummes Fluchen zu verbieten - die Hand reichte. "Ich hielt sie für unterhaltsamer, als jedes gezierte Schweigen. Mir fehlt wohl noch das rechte Alter und eine aufgezwungene Ehefrau, um derlei schätzen zu lernen."

"Nun", beherrschte Noriko sich, bevor sie mit stolz gerecktem Kinn ihre Fingerspitzen hergab, "die Eure dürfte mehr als glücklich sein, sobald Ihr sie wählt. Sie würde Euch auf jede erdenkliche Weise die Ehre vergelten und einen gesunden Sohn zur Welt bringen, noch ehe das erste Jahrhundert vorübergegangen ist."

"Und dann, Verehrteste? Was folgt nach der Pflicht?"

- - - - - - -
 

Das wüssten wir auch gern. Im nächsten Kapitel, "Magnolienblüte II", lüftet es sich!

Magnolienblüte II

Abenddämmerung

- Magnolienblüte II -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

6
 

Noriko sah ihn an - durchaus erstaunt, dass eine solch eigenartige Frage seine Lippen verließ. Um seine Mundwinkel tanzte kein Schalk mehr, sondern ruhiger Ernst, der wie warmer Honig in ihre Gedanken floss und sie sprachlos machte. Nie hätte sie es gewagt, einen Mann oder auch nur ihren Vater mit derartigen Worten zu behelligen! Welche Strafe würde das auch nach sich ziehen?

Im besten Fall durfte sie einen ganzen Sommer kniend auf Bambusmatten zubringen, während man ihr tagein, tagaus Eiswasser in den Nacken schüttete und die Fingerkuppen blutig schlug. Danach würde sie jede einzelne Tradition, jedes rechte Wort und jedes Gebaren gegenüber einem Mann tausendfach auf Maulbeerpergamenten pinseln müssen, bis ihr der Fehler ausgetrieben wäre. Und der Fürst des Ostens kannte keine Gnade, schonte niemanden. Sie tat gut daran, ihre Stimme zu dämpfen und sich nicht vom weithin vernehmbaren Gelächter ihres Vaters in die Irre führen zu lassen: Wenn er wollte, hörte er eine Grille zirpen, die in einem ausgehöhlten Baumstamm saß!

Dummerweise konnte sie dem zukünftigen Inu no Taishou keine Antwort verweigern - nicht neben einer Dienerin. Das fiele alles auf sie zurück, nein, sogar auf den ganzen Osten. "Ich fürchte", begann Noriko daher dezent, "dass Euch das Eure Ehefrau beantworten muss."

"In diesem Fall sollte ich wohl hoffen, dass sie auch wagt, das Wort an mich zu richten."

"Von sich aus?" Die Lippen der Fürstentochter wurden dünn, ehe sich Amüsement in ihre Mundwinkel stahl. "Das wäre doch sehr abenteuerlich, findet Ihr nicht?"

"Ihr tut es", korrigierte er sanft.

"Erst nach Eurer Begrüßung, Verehrtester. Ich bin nicht töricht genug, um Euren Rang zu vergessen", erwiderte sie und lenkte den Blick bedächtig in das Innere des Empfangszimmers. Noriko fand, dass dies klüger war, als weiter das Funkeln seiner goldenen Augen oder gar die rotwangige Miene des Flohgeists zu betrachten. Dieser Berater der Fürstenfamilie, Myouga, schien bereits außer sich und grub sogar die kleinen Fäuste ins Schulterfell seines Herrn. Dennoch brannte unter ihren Nägeln das Bedürfnis, Isamu zu fragen, was er sich von der Ehe erhoffte. Vielleicht konnte sie seine Antwort nutzen, um die Aufmerksamkeit eines mächtigeren Dämons auf sich zu ziehen, obwohl sie daran zweifelte, dass ein Halbwüchsiger von achthundert Jahren dabei ein guter Ratgeber war.

Glücklicherweise beendete Isamu den Spuk mit einem Räuspern, ehe ihr der Gedanke zu Kopfe steigen konnte. Bestimmt fasste er ihre Fingerspitzen fester und setzte den ersten Schritt.

Erstaunlich.

Er besaß ja doch Manieren.

Ohne den Mund zu verziehen, folgte Noriko ihm und falls es ihn verwunderte, dass sich ihr Gang auf einmal weicher abzeichnete, bezog er das hoffentlich nicht auf sich. Sie kippte ihren Fuß nicht, um diesen in einem ruhigen Halbkreis vorwärts zu stoßen und sein Gefallen zu erregen - sie tat es einzig und allein für Vater, der unverhofft zu ihnen sah. Und die dunklen, zu schmalen Schlitzen gepressten Augen, warnten sie davor, sich an diesem Ort gehen zu lassen.
 

7
 

Beinahe.

Die stahlblaue Seide raschelte leise, als sich Noriko unter dem erdrückenden Gewicht des Kimonos endlich auf eines der Damastkissen knien konnte. Spinnenfäden waren unfassbar schwer, doch die Heimtücke lag darin begraben, dass sie stets Falten nährten. Sogar ihre Pelze lagen manchmal in Windungen da, als seien sie hässliche Schlangendämonen - aber dieses Mal hatte sie Acht gegeben.

Nichts an ihr sah beschämend aus.

Ein letztes Mal prüfte Noriko noch durch eine verborgene Drehung ihres Handgelenks, ob der Seidenkrepp in ihren Ärmeln verrutscht war - dann fühlte sie sich gewappnet und beruhigt. Nicht auszudenken, was man von ihr auch halten musste, sollte etwas unter den wattierten Säumen aufblitzen. An diesem Ort war immerhin alles makellos: Von den Rollbildern an den Wänden, bis hin zu den goldverbrämten und mit Silberfäden bestickten Teppichen, auf denen die Taten des Inu no Taisho angepriesen wurden.

Wenn sie es klug anstellte, würde man sie sogar mit der Schönheit dieser Arbeiten vergleichen. Sie war nicht grundlos seit Jahrhunderten mit den traditionellen Künsten einer Fürstentochter vertraut: Ihre Finger- und Fußknöchel hatten lange Zeit nur Schmerz gekannt, weil Mutter sie beständig dazu anhielt, aufzustehen und wieder niederzusinken. Es musste anmutig aussehen, distanziert und doch so sittsam, als könne sie in einem einzigen Wimpernschlag wieder aus den Gedanken eines Mannes verschwunden sein.

Nur an einem schien das abzuperlen: Isamu. Der Hundedämon zog sich ein weiteres Kissen dichter und setzte sich eine Armeslänge entfernt vor ihr hin, die Schultern so entspannt, als sei er längst der Inu no Taishou. Was ... was fiel ihm ein!

War die freie Platzwahl hier Sitte? Unmöglich! Warum hatte Yori sie nicht vorgewarnt? Ihre Amme wurde es doch sonst nicht müde, ihr allerlei Besonderheiten ihrer Gastgeber einzutrichtern, bis in ihr der Wunsch keimte, sie möge doch einfach von einem Bärenyoukai gefressen werden. Doch das Gesicht ihres Vaters mit den sonnengegerbten Mundwinkeln schien zufrieden. Sogar die scharf gezackte Narbe über seiner rechten Augenbraue wirkte gelöst.

Gefiel ihm das Verhalten etwa?

Empört sah Noriko von dem alten Dämon zu Isamu, dann mahlten ihre Fänge klammheimlich aufeinander. Langsam dämmerte ihr das Vorgehen dieses Jungspundes: Erst gähnte er vor Langeweile, dann vertrieb er sich die Zeit damit, sie mit seiner Frage ins Schwimmen zu bringen, und nun nutzte er ihre Nähe, um ein gutes Verhältnis vorzutäuschen und sich Vaters Anerkennung zu verdienen.

So viel zu ihrem Versuch, ihm die Unhöflichkeit heimzuzahlen! Der war wohl mit allen Wassern gewaschen!

Die Fürstentochter senkte den Blick, um Isamu nicht vor Ärger mit einer der Quasten des aufwendig bestickten Damastkissens zu erdrosseln. Oder nein, besser! Ihm wurde soeben eines der rot verzierten Sakeschälchen gereicht: Das wäre gerade gut genug, um sein Fell der Farbe anzupassen, die sich auf ihren Wangen einnisten wol-

Huch?

Er hielt sie ihr hin?

Das hatte noch nie ein Mann getan. War das auch Tradition in der westlichen Residenz? Eine zweite, die sie nicht kannte?

Wachsam musterte Noriko die große, schlanke Hand, auf deren Knöcheln sich eine weiße Linie abzeichnete. Es sah aus wie ein verblasster Schnitt, aber sie war sich nicht sicher, ob dafür die Klinge eines Schwertes oder sein Übermut verantwortlich sein musste.

Nun, sie hatte auch nicht vor zu fragen.

Mit durchgedrückten Schultern nahm die Fürstentochter ihm das Schälchen ab und achtete mit einer Verbissenheit auf ihre Ärmelschleppen, als beabsichtigte sie, diese nötigenfalls mit ihren Zähnen festzuhalten. Isamu hob eine Augenbraue, doch es war der alte Inu no Taishou, der sein Gespräch über die Drachendämonen des Nordens rau lachend unterbrach.

"Takeru, deine Tochter scheint mir sehr geschickt. Sie bannt sogar meinen Blick!"

"In der Tat", stimmte der Fürst des Ostens zu, während er lauernd an seinem Maulbeerwein nippte. "Ich habe bereits einige vielversprechende Angebote für sie erhalten, obwohl sich auch Narren darunter befanden, die annahmen, ich würde ihre Ländereien dank eines versiegelten Pergaments vorerst verschonen."

"Lächerlich", bekräftigte der Inu no Taishou, ehe er sich mit dem Handrücken über den Mund fuhr. "Als ob Waffenstillstand ein erstrebenswertes Ziel wäre, solange man sich alles mit dem Blut anderer Dämonen erkaufen kann. Macht verdient sich nicht durch Zimperlichkeit, und starke Söhne werden nicht geboren, weil die Väter sich erbärmlich am Boden zusammenrotten! Eines muss ich jedoch wissen." Der alte Hund neigte sich vor, und die Rüstungsplatten auf seiner Schulter knirschten unheilvoll. "Hättest du sie Isamu anvertraut, wäre der Junge nur ein wenig älter?"

"Nein."

Die Stille, die sich über das Empfangszimmer legte und die Chrysanthemen- und Wildrosensträucher erstickte, hätte kaum ein Höllenschwert zerschneiden können.

Sogar Noriko hielt den Atem an, denn die Beleidigung war offensichtlich, und das Kieferknacken des Herrn der Hunde klang so bedrohlich wie Felsgestein, das von einer Klippe absplitterte und donnernd in die Tiefe fuhr.

"Nein? Du wagst es?"

"Nicht ohne die Chance zu nutzen, seinen Vater zuvor zu einem Schwertkampf zu fordern! Toga, du rauer Hund, dein Welpe würde sich kaum von Panthern erschlagen und zerreißen lassen. Wir könnten uns das Vergnügen wohl leisten, auf diese Weise zu prüfen, wer dem anderen überlegen ist und die Kinder sich selbst überlassen. Stell dir nur unseren Enkel vor", knurrte der Fürst des Ostens und spreizte die Klauen auf seinem Oberschenkel, als beabsichtige er, ihn in Stücke zu schneiden. "Seine Talente wären mannigfaltig."

"Mit unserem Blut in den Adern würde er derjenige sein, der perfekt tötet!"

"Sesshoumaru! Das ist ein Name. Ich sage dir, diese Idee gefällt mir."

Was?

Noriko starrte ihren Vater unter dichten Wimpern hinweg an, als sei dieser plötzlich von allen guten Geistern verlassen und erlaube sich einen Scherz. Aber weder die erneut von Dienerinnen befüllten Sakeschälchen, noch das herbe Gelächter, das nahtlos in eine Kriegslist hoch oben in den Bergen überging, beruhigten sie. Wie auch?

Eine Ehe! Noch dazu mit diesem Welpen?

Norikos Unterarme befiel eine Gänsehaut, die sich bis zu ihrem Nacken stahl und dort zu ihrem Verdruss eine erniedrigende Hitze entfachte.

Zugegeben, der Westen war überaus mächtig und er hatte sich in den letzten Jahrhunderten wie eine Feuersbrunst durch fremde Ländereien gefressen, doch das kam überhaupt nicht infrage! Sie trachtete nach Freiheit, nicht danach, in den Haushalt eines Verbündeten ihres Vaters einzuheiraten. Die Männer, mit denen er auskam, dachten doch alle gleich. Ehe es soweit kam, mussten ihre Schliche Früchte getragen haben. Sie brauchte einen Gefährten, der stärker, klüger und zum Fürchten schien - nur das wären reizvolle Eigenschaften für einen Schwiegersohn des Fürsten der östlichen Ländereien.

Dass sich Isamu ausgerechnet diesen Moment auswählte, um sich zu ihr zu neigen, ließ all ihre Befürchtungen übereinanderschlagen. Eiligst nahm sie sich zusammen, glättete ihre Miene und hielt das rotbemalte Sakeschälchen etwas höher.

"Verehrteste?"

"Teuerster?"

Gediegen strich sein Blick über ihr Haar und die Lippen, die bis eben noch verkniffen ausgesehen hatten. Dann bettete Isamu das Kinn auf die Hand, wissend, dass sich Myouga in seinem Schulterfell bereits fast den Hals ausrenkte, um ihm das 'Nein! Seid still!' ins Ohr kieksen zu können. Wie so oft völlig nutzlos, denn er nahm sich selten Widerspruch zu Herzen. Doch er hörte zu, an jedem Tag und in jeder Nacht, ehe er eine Entscheidung fällte. "Würde Euch der Name gefallen?"

Nein!

Jetzt nicht mehr, aber sie musste sich beherrschen und senkte den Blick auf die mit Seidenstücken eingefassten Bambusmatten. "Es liegt wohl an einem Ehemann, einen Sohn anzuerkennen und mit diesem Wort zu ehren - nicht an mir, daher seht mir mein Schweigen nach."

"Das bedeutet, ja."

Nein, tat es nicht. Himmel, warum konnte er sich nicht einfach mit einem der Lacktablette unterhalten? Sie waren mit Bambuswedeln verziert, trugen Wolken und wilde, reißende Hundedämonen. Genügte das nicht? "Teuerster", säuselte Noriko bemüht um Eleganz, "der Vater eines solchen Welpen müsste überaus mächtig sein, nicht wahr?"

"Und die Mutter listig genug, um ihn zu reizen."

"Ich bitte Euch. Wer sollte sich derlei anmaßen?"

"Meine Braut", erwiderte er ruhig, bevor sich auf Isamus Zügen ein unbestimmtes Lächeln einfand. Es machte ihn älter, als er war, doch unter den Augen des Inu no Taishou konnte man sich kaum erwachsen genug gebärden. "Würdet Ihr mir den Gefallen erweisen und mich in Mutters Gärten begleiten? Ich hätte einige Fragen an Euch, aber seid unbesorgt: Ich beabsichtige nicht, Euch zu der meinen zu machen."

- - - - - - -
 

Sehr charmant! Das wird sie in Kapitel #5, "Eichenholz", bestimmt freuen. Oder?

Eichenholz

Abenddämmerung

- Eichenholz -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

8
 

Innerhalb eines Wimpernschlags veränderte sich alles im Empfangszimmer. Die Klänge der Shamisen verstummten, die Rollbilder begannen zu knistern und die Wildrosenblüten wurden unter dem auflodernden Youki des östlichen Fürsten kohlrabenschwarz. Die Dienerinnen wichen entsetzt in die Schatten zurück, noch ehe der alte Hund Isamu anstarrte und ein bestialisches Knurren ausstieß.

"Ein Spaziergang, sagst du? Mit meinem Welpen?" Die Luft geriet brütend heiß, während er seine Klauen auf die gespreizten Oberschenkel stützte und finster wie der Tod die Fänge bleckte. Dass ein winziger, schwarzer Punkt von Isamus Schulter floh, interessierte ihn nicht im Geringsten. "Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich dir ihre Hand in Aussicht gestellt hätte, Junge. Dennoch bittest du sie in die Gärten! Noriko."

"Vater?" Ihr gefror der Atem, als sein Blick ihren Hals streifte. Geistesgegenwärtig neigte Noriko den Kopf, aber innerlich verwünschte sie sich und den ganzen Westen. Dieser vermaledeite Welpe! Nun durfte sie dessen lebensmüden Vorschlag ausbaden, als ob sie erpicht darauf gewesen wäre, neben ihm Blütendolden und Grashalme zu zählen!

"Warum zögerst du, Tochter?"

Wie bitte?

"Ich habe dich etwas gefragt. Antworte!"

"Ich ... ich nahm an, dass es mir nicht zusteht, über die Bitte nachzudenken", versuchte sie ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, doch das entlockte ihrem Vater nur ein dunkles, abfälliges Zischen. Dann begann der Laut urplötzlich abzuebben und ein heiseres, abgehacktes Bellen entkam seiner Kehle. Er ... er lachte?

"Hast du das gehört, Toga?"

"Selbstverständlich. Jedes Wort davon."

"Dass ich das noch erleben darf. Hätten unsere Ehefrauen damals solchen Anstand gezeigt, wären wir heute noch ohne Welpen. Diese Kinder! Wenigstens besitzt dein Sohn mehr Mumm in den Knochen als andere in seinem Alter. Nun, er wird schon sehen, was er davon hat. Noriko? Deine Hofdamen sollen euch begleiten. Ich erwarte euch vor den ersten Strahlen der Mittagssonne zurück. Und jetzt geh mir aus den Augen!" Hochmütig streckte er sich und winkte sie fort.

Norikos Instinkt riet ihr prompt dazu, aufzuspringen, bevor er ihr eine Strafe androhen konnte, gegen die ein Bad in einem zugefrorenen Teich erholsam ausfallen würde, sollte sie ihm nicht endlich gehorchen. Aber ihre Erfahrung mit seinen Launen ließ sie im letzten Moment zweifeln.

War ... war das vielleicht ein Scherz? Wartete er nur darauf, dass sie aufstand, um sie für ihr einfältiges Gebaren mit Spott und Hohn zu überhäufen?

Doch nein, weder er noch der Inu no Taishou entschärften ihre Mienen - und sie beleidigte beide mit ihrer Unsicherheit.

Es war ihr Glück, dass Isamu in diesem Augenblick die Hand auf ihren Arm legte, als hätte er seine Erziehung wieder entdeckt. Ohne seinen Blick von den alten Herren zu nehmen, erhob er sich als Erster und reckte das Kinn.

"Ihr seid ebenfalls einverstanden, Vater?"

"Du stündest nicht mehr auf deinen Beinen, wenn ich etwas dagegen hätte", erwiderte der Inu no Taishou lauernd, bevor er erneut das Schälchen an die Lippen setzte und sich nach dem ersten Schluck über die Fangzähne leckte. "Eines solltest du allerdings wissen."

"Ja?"

"Ich werde später die Narben in deinem Gesicht zählen, die sie dir für deine unpassenden Fragen schlägt. Falls du mit mehr als einer zurückkehrst, bist du wohl noch grüner hinter deinen Ohren, als ich immer dachte." Die Pupillen des Daiyoukais weiteten sich belustigt, aber Isamu war klug genug, ihn nicht auf die eigenen Kerben und verblassten Schnittwunden über den Wangenknochen anzusprechen. Er war mutig, nicht dumm.

"Ich danke Euch, Vater."

"Tze. Gib lieber auf das zarte Pflänzchen Acht. Ihr Schwiegervater wird eines Tages mit ihrer Schönheit prahlen wollen und den Morgen nicht erwarten können, an dem sie einem Erben das Leben schenkt." Der Inu no Taishou knurrte, dann starrte er zurück zum Fürsten des Osten, ohne auf dessen Miene auch nur einen Pfifferling zu geben. "Jetzt fahr schon fort, Takeru! Ich will wissen, auf welche Weise du dem selbstgefälligen Pack das Herz aus der Brust gerissen hast, nachdem sie deine Noriko schmähten."

Isamu überging das Geplänkel, das sich daraufhin boshaft vor seiner Nase entspann. Den Wink hätte er auch als tauber Dämon von ihren Lippen ablesen können. Für wie lebensmüde hielt man ihn? Er beabsichtigte gewiss nicht, die Tochter eines Gastes zu verstimmen und sich mit deren Vater zu messen.

Kopfschüttelnd verstärkte er den Griff um Norikos Arm, dann schenkte er ihr ein mildes Lächeln und zog sie auf die Beine.

Ihre Seidenlagen knisterten verräterisch - aber es war ihr Herz, das ihr mit einem Mal bis zum Halse schlug.

Vor Wut.

Dieser ... dieser unverschämte Sohn eines Fürsten! Ein Spaziergang? Ihr Vater war außer sich gewesen und hätte ihm unter gewöhnlichen Umständen den Brustkorb öffnen müssen, doch nun lenkte er ein? Als Fürst? Verscheuchte sie, sein eigen Fleisch und Blut, statt ihnen vor Zorn weiter das Youki unter die Klauen zu schieben?

Noriko besaß keine Worte für all das, was sie Isamu dafür bis ans Lebensende wünschte, aber sie konnte kaum mehr tun, als zur Seite zu treten und ihr bemaltes Schälchen an eine der aufspringenden Dienerinnen zu übergeben. Dann schwenkte ihr Blick vorbei an Rollbildern und Lackkästchen, bis sie den jungen Hundedämon nur noch aus den Augenwinkeln heraus betrachten musste.

Nun gut! Er glaubte, über sie bestimmen zu können? Schön! Den Fangzahn würde sie ihm ziehen.

"Teuerster?", hob sie an.

"Verehrteste?"

"Ihr geht voran?"

"Kaum. Ich halte es für angemessener, mich weiterhin den Gepflogenheiten des Ostens anzupassen."

Auch das noch. Blieb ihr denn nichts erspart?

Noriko hielt ihm die Fingerspitzen hin, aber es wunderte sie selbst, woher sie die Selbstbeherrschung nahm, ihm für sein warmes Lächeln nicht einfach die Klauen über das Gesicht zu ziehen. Stattdessen dämpfte sie ihre Stimme, bis sie sich sicher sein konnte, ihn nicht mehr anzufauchen. "Gibt es ... nun, Motten und Eidechsen in den Gärten?"

"Wie bitte?" Isamus Augenbrauen wanderten erstaunt empor, dann begriff er die Anspielung auf ihr letztes Gespräch.

So so. Sie war wohl nicht allzu erfreut über seinen Vorschlag und wollte ihn necken.

Aber das Spiel spielte man immer noch zu zweit.

"Ich muss Euch enttäuschen, meine Liebe. Diese überaus tödlichen Geschöpfe verließen nach der letzten Schlacht das Unterholz, doch mit etwas Glück", raunte er und lehnte sich tiefer, "können wir noch das Frühlicht des Tages sehen, das sich in den Spinnennetzen spiegelt. Ihre Weberin ist überaus bezaubernd."

Ihre Lippen wurden so blass wie ihre Wangen. "Bezaubernd?"

"In der Tat. Sollte ich mich um Ihre Zufriedenheit bemühen? Was glaubt Ihr?"

"Ist sie giftig?"

"Über die Maßen sogar."

"Warum fragt Ihr dann nicht den Berater Eures Vaters um Rat?"

"Myouga ist fort", antwortete er, bevor der Schalk auf seinen Zügen ausbrach. "Aber ich würde ohnehin nicht auf ihn hören. Wenn ich bitten darf?"
 

9
 

Als die Papiertür geöffnet wurde und über die Holzschiene schrammte, breitete sich erneut der süße Duft der Blüten im Gang aus. Yori und Fumi blinzelten träge, ehe sie beim Anblick der kostbaren Seidenstoffe auf einen Schlag kreidebleich wurden. Grundgütiger!

Erschrocken warfen sie sich wie eine heranschlagende Welle zu Boden. Beide konnten sich glücklich schätzen, dass ihnen nicht der Fürst des Ostens entgegentrat - aber dessen Youki hätten sie auch im Tiefschlaf gespürt. Bei den Welpen war das in diesem Alter fast unmöglich: Der junge Isamu musste seine Präsenz noch im Zaum halten, um seine Kräfte zu schonen, und Noriko unterdrückte grundsätzlich ihre Energien in der Nähe Fremder.

Was nützte einem da die eigene Erfahrung und der Drang stets auf der Hut sein zu müssen?

In der Nähe des Empfangszimmers übertünchten die wilden Gerüche von Holzrauch und Chrysanthemen jede Witterung und auf das vertraute Kratzen von Norikos Getas konnten sie sich kaum verlassen. Hinter der Papierwand klapperten die Schälchen, und das Knurren der Daiyoukai ging nahtlos darin über, sich den Maulbeerwein in die Kehlen zu schütten, ehe die nächste Kriegslist die Zungen lockerte.

Es war ein Lärm, dem nur neugierige, junge Hofdamen Beachtung schenkten. Die älteren prüften nur dann und wann die Luft, während sie sich völlig auf die Dienerin nahe der Schiebetür verließen.

Argh! Wozu kniete die dort überhaupt?

Sie hätte die Welpen durch einen scharfen Atemzug verraten müssen! Stattdessen gestattete sie, dass der Sohn des Hausherrn eigenmächtig die Papierwand berührte! Oh, das würde gleich eine saftige Strafe geben - erst für die kleine Dämonin, dann für sie selbst.

Yori und Fumi tauschten einen Blick, ehe sie schluckten, als seien sie die Zierfische eines Teichs - dann warteten sie auf das Donnerwetter. Eine Weile geschah nichts.

Kein Schritt vorwärts, kein Knurren.

Stille.

Bald krochen weitere Gedanken über die Nachtigallböden, mit denen sie sich von der inneren Unruhe ablenken wollten.

Was ... was taten die Welpen überhaupt hier?

War es der Befehl des Inu no Taishou gewesen? Hatte ihr eigener Herr deshalb sein Youki aufflammen lassen?

Für gewöhnlich stritten sich der Fürst des Ostens und der Gastgeber doch nur in jahrtausendealter Tradition, ehe sie sich grollend wieder versöhnten - und es waren auch die beiden, die zuerst die Räumlichkeiten verließen, bevor sich zwei unverheiratete Welpen auch nur überlegen durften, aufzustehen! Ach, wie dumm von ihnen, das alles für gegeben zu nehmen.

Unglücklich senkten Yori und Fumi die Stirn noch tiefer auf das dunkle Holz, während über ihnen ein junger, kaum achthundert Jahre alter Hundedämon den Kopf neigte.
 

10
 

Erstaunlich.

Isamus Blick wanderte ohne Eile von der ergrauten zur rothaarigen Dämonin. Es faszinierte ihn doch immer wieder, wie schnell die Hofdamen ihre Fächer in die Ärmelschleppen stecken und die blanken Finger auf die Dielen pressen konnten. Vor vier Jahrhunderten hatte er sich bei Mutters Favoritinnen sogar einen Spaß erlaubt und war ein Dutzend Mal über die Schwelle und zurückgetreten, um über deren Hast zu kichern - aber nachdem man ihn knurrend am Ohr gepackt hatte, war ihm das nie wieder eingefallen.

Nie wieder.

Mutters Klauen waren nicht gerade das, was man auf der eigenen Haut spüren wollte, bevor sie einem die Leviten las - und er fragte sich nicht zum ersten Mal, warum sich sein Vater überhaupt noch zu ihr legte.

Nun, wie auch immer. Es war im Osten gewiss nicht weniger unhöflich als im Westen, ewig am selben Fleck zu verweilen und Maulaffen feilzuhalten. "Verehrteste?"

"Teuerster?"

"Eure Hofdamen erscheinen mir etwas blass", erwähnte er. "Ich hoffe, sie erwarten nicht, dass ich sie anspreche und darum bitte, mit uns zu kommen."

"Ihr seid der zukünftige Fürst", bemerkte Noriko verwirrt. Sollte sie das etwa tun? Als Frau? "Es ist Euer Recht, wenn ich das bemerken darf."

"Heute nicht. Sie gehören zu Euch, nicht zu mir und ich sehe keinen Grund, Euch zu übergehen."

Oh Himmel!

Was war er nur für ein Dämon? Und warum bestand er nicht wenigstens darauf, zuerst die Dienerin an der Tür mit einem unterkühlten Blick zu schelten, ehe er bei ihren Hofdamen eine Strafe aus ihrem Munde erwartete? Er hatte Yoris und Fumis Patzer weit vor ihr bemerkt, da er die Papierwand unbedingt selbst aufschieben musste - aber dann dämmerte es ihr.

Natürlich.

Der Welpe zeigte sich großzügig, um sie einzulullen! Auf den Erfolg konnte er allerdings lange warten. Wenn sie sich an seinem höflichen Schweigen erfreute, dann nur aus dem Grunde, dass er so weitaus besser zu ertragen war! "Ich danke Euch", versicherte sie trotzdem gehorsam. "Ich weiß es zu schätzen, dass Ihr mir das Wort überlasst."

"Tatsächlich?"

Sie nickte. Das war leichter, als zuzugeben, dass sein Schmunzeln an ihrem Geduldsfaden zupfte. "Yori?"

"Herrin?"

"Der verehrte Sohn unseres Gastgebers lud mich auf einen Spaziergang durch die Gärten der Residenz ein. Folgt uns. Vater wünscht, dass wir bis zur Mittagsstunde zurück sind. Eure üblichen Pflichten können bis dahin warten."

"Sehr wohl, Herrin." Yoris vom Alter gezeichnete, faltige Stirn berührte vor Erleichterung die glatt geschmirgelte Holzdiehle, dann atmete sie aus. Sie waren wirklich ohne Strafe davon gekommen - ungeheuerlich. Aber besser, sie lobte den Tag nicht vor dem Abend. Fumi musste in den kommenden Stunden nur einmal hanebüchen kichern und um ihre Hälse würde es schlechter denn je bestellt sein.

Fürstensöhne - zumal in diesem Alter - langweilten sich schnell. Von Spaziergängen hielten sie noch weniger. Wie war es nur zu diesem Arrangement gekommen? Hatte ihre kleine, unschuldige Noriko ihr Geschick bewiesen und dem jungen Erben den Kopf verdreht?

Nein, der schien eher amüsiert, als hingerissen. Es wäre auch sehr vermessen von ihm, wegen plumper Gefühle den Fürsten des Ostens um einen Spaziergang zu bitten. Also, nein.

Dennoch glitt der Blick der Amme wachsam in die Höhe - senkte sich jedoch geistesgegenwärtig wieder, als sie das angespannte Gesicht ihres Schützlings erhaschte.

"Teuerster?"

"Verehrteste?"

Noriko ersparte sich das Seufzen, weil sie das aufblitzende Schmunzeln Isamus nicht würdigen wollte. Stattdessen hoffte sie darauf, endlich an seiner Seite vorwärts gehen zu können, aber natürlich bewegte er sich keinen Fingerbreit. Oh, dieser Welpe!

Wollte er sich nun über eines der prächtigen Rollbilder unterhalten, das links von ihr einen weißen Hundedämon inmitten einer Meute wilder, zähnefletschender Wölfe zeigte?

"Möchtet Ihr mir nicht verraten, woran Ihr denkt?", erkundigte sich die Fürstentochter mühsam beherrscht.

"Ich dachte schon, Ihr fragt nie. Ihr habt den Namen Eurer zweiten Hofdame noch nicht erwähnt", stellte Isamu heiter fest, weil es Noriko gelang, den Atem in die Lungen zu ziehen und gleichzeitig die Nasenflügel beben zu lassen. Alle Achtung. Sie schien tatsächlich verärgert über seine Gegenwart zu sein. Dabei war ein Spaziergang weitaus erbaulicher, als den ermüdenden Kriegslisten alter Männer zu lauschen. Und ... amüsanter war es auch in ihrer Nähe.

"Sie heißt Fumi, mein Fürst."

"Ihr klingt, als ob Ihr den Namen nicht schätzen würdet."

Irrtum. Ihn konnte sie nicht ausstehen. "Verzeiht, aber die Reise muss mich ermüdet haben. Ich halte jede meiner Hofdamen für mehr als angemessen."

"Sie müssen viel über Euch berichten können."

"Nur, wenn Ihr Euch für die Pflichten einer Fürstentochter begeistern wollt."

"Das tue ich bereits. Sie können kaum langweiliger sein als die meinen." Interessiert betrachtete er Noriko aus den Augenwinkeln, doch der Zug um ihre Mundwinkel verhärtete sich, bevor sie sich in eine Wolke des Schweigens hüllte. "Nun, das dürfte ein erfrischender Spaziergang werden", neckte Isamu sie, als er den ersten Schritt setzte und den Teufel tat, darüber ihre Hand wieder freizugeben.

Myouga hätte ihm ruhig erzählen können, dass Vaters Gast nicht mehr so sanft und unscheinbar auftrat, wie beim letzten Besuch. Auf seiner ersten Brautschau hatte er bereits nach zehn Atemzügen mehr Honig um die Fangzähne geschmiert bekommen, als er in einem ganzen Mondumlauf vertilgen konnte! In Reis war Norikos Verhalten daher kaum aufzuwiegen. Sie hielt so wenig davon, ihn zwitschernd und tirilierend zu umschwärmen, dass ihre kühle Höflichkeit beinahe an einer Beleidigung kratzte. Aber nur beinahe.

"Ihr werdet die Gärten mögen", versprach er versöhnlich.

"Ja."

Vor allem, wenn sie diese wieder verlassen durfte.

Harsch verdunkelte sich das Gold in Norikos Augen, dann legte sie ihre freie Hand auf den Pelz über ihren Schultern und begann fieberhaft zu überlegen, wie sie dieses lästige Geplänkel zu ihrem Vorteil nutzen konnte.

Der Abstand zu ihren Hofdamen wuchs rasch, obwohl es ihr lieber gewesen wäre, wenn sich Yori und Fumi auf das lange Fell Isamus gesetzt hätten und wie kleine Papierschiffe hinterhertrudelten. Mit ihnen konnte sie plaudern, aber was war an ihm schon bemerkenswert?

Zugegeben, sie hatte noch nie zuvor gesehen, dass sich die Felle eines Hundedämons bereits in solch jungen Jahren teilen konnten. Es schimmerte bereits jetzt an beiden Enden schneeweiß und umspielte seine Schultern mit derselben Leichtigkeit, die auch sein Lächeln ... oh, bei allem, was ihr heilig war!

Musste er sie denn immer noch betrachten, als würde er sie dem nächsten Schwert entreißen wollen? Diese Heuchelei! Hoffentlich war ihr späterer Gefährte einmal ernster, grimmiger. Sollte er am Ende wie Isamu sein, könnte sie keinen Tag beginnen, ohne ein dumpfes Pochen hinter ihren Schläfen zu spüren. Ja, er war wirklich unerträglich.

Und er hielt ihre Hand während jeder einzelnen Stufe aus Holz, über die der bepelzte Saum ihres Kimonos glitt. Wenig später verschwanden die dunklen Gänge aus ihrem Verstand und wurden zum sorgsam gerechten Sand des Innenhofes, ehe der Geruch von duftenden Gräsern und Morgentau ihre Sinne erfüllte.

Vielleicht war das sogar das Schlimmste an der westlichen Residenz: Trotz des furchteinflößenden Inu no Taishou und dessen Erben schien es ein wunderbarer Ort, um zu atmen und einen Welpen aufzuziehen.

Sesshoumaru.

Was hatten sich ihre Väter nur dabei gedacht, darüber zu scherzen? Dieser Name war zu schön und zu gefährlich, um seiner zu spotten.

Dann sah Noriko die ersten rotgoldenen Büsche, Ahornbäume und Farne, und tauchte ein in eine Welt, in der das Zwitschern von Meisen mit umherhuschenden Libellen wetteiferte.

"Wir könnten uns später am Teich unter den Magnolien niederlassen", brach Isamu die Stille, während er einen Käfer am Boden beobachtete. Unbeirrbar krabbelte der über eine Blattnarbe hinweg, bis ihn aus dem Nichts eine gescheckte Spinne ansprang - und triumphierend die Beute zurück in ein Erdloch zog. "Nun", lächelte er charmant und genoss ihre Neugierde, "es könnte dort sicherer sein als hier."

"Hofft Ihr das, mein Fürst?"

"Sucht Ihr denn niemanden, der Euch beschützt, meine Liebe?"

Davor wie ein Käfer zu enden? "Ich dachte, es ist der Mann, der sich dazu entscheidet, eine Dämonin vor Unheil zu bewahren."

"Möglich", erwiderte Isamu und hielt im Schritt inne, um darauf zu warten, dass sie einem versteckten, glatten Stein im Laub auswich. Mit den schweren Getas war das nicht allzu einfach, doch ihr Stolz schien jede Schwierigkeit auszugleichen. "Aber wisst Ihr, was ich dennoch glaube? Einen solchen Entschluß fällt man nur, wenn sich vorher beide darin einig sind, einander zu schätzen. Es braucht mehr als Höflichkeit und Interesse, um jemandem zu vertrauen, der Klauen und Fänge besitzt." Oder Gift, aber das behielt er wohlwollend für sich. "Würdet Ihr mir einen Rat geben, solange Eure Hofdamen den Abstand wahren?"

- - - - - - -
 

Wird sie? In Kapitel #6, "Weidenzweig", geht es weiter!

Weidenzweig

Abenddämmerung

- Weidenzweig -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

11
 

Noriko legte den Kopf zurück, denn anders war es ihr kaum möglich, zu ihm aufzusehen. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich das Frühlicht des Tages, das durch die raureifbedeckten Ahornzweige schlich und einen blauen, unscheinbaren Himmel ankündigte.

Ungewöhnlich.

Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass ein Mann jemals Wert auf ihre Meinung gelegt hätte. Natürlich, auch ihr Vater pflegte sie von Zeit zu Zeit zu behelligen, doch damit prüfte er nur ihr Geschick. Nie und nimmer hätte es sich der mächtige Fürst des Ostens gefallen lassen, dass sie geschwätzig oder einfältig daherkam, während er seine Verbündeten heimsuchte.

Die Schlangendämonen im Südosten waren hinterlistig, die großen Wolfsyoukai im Norden unberechenbar und rabiat. Auf deren Fragen perlend zu antworten, verwirrte die Männer erst, bevor sie dergleichen mit Desinteresse straften: Die vielen verstreut lebenden Hundefamilien, die ihre Gebiete mit Klauen und Fangzähnen verteidigten, waren da aus einem weitaus härterem Holz geschnitzt.

Aber so wie Isamu benahm sich keiner. Nun, keiner jedenfalls, den sie kannte. In den letzten sechs - nein, fünf! - Jahrhunderten hatte sie erst zwei Handvoll Erben kennengelernt. Womöglich war sie gut darin beraten, auf den Fürstensohn des Westens einzugehen. Jeder Kniff, der sie einem grausameren, herzloseren Gatten näherbringen konnte, wollte im Vorfeld perfektioniert sein.

"Was mag den zukünftigen Inu no Taishou beschäftigen?", erkundigte sie sich.

"Vieles", erwiderte Isamu, ehe er sie über rotgoldenes Laub führte und einige Zweige mit der Hand höher hielt, damit ihre kunstvoll aufgesteckte Frisur sich darin nicht verfangen konnte. "Eines liegt mir jedoch besonders am Herzen. Es wäre mir angenehm, wenn Ihr mir verratet, woran ich Gutmütigkeit in den Zügen einer Frau erkennen kann."

Gutmütigkeit?

Was für ein lächerliches, unnützes Gebaren. Doch halt! Er hatte bisher nichts Anderes getan, außer sich bei ihrem Vater einzuschmeicheln und ihr eine Hand zu reichen, nachdem er sie zuvor in ganze Schlammlöcher voller Blamagen stieß - das Spielchen durchschaute sie. Was für eine gerissene Frage!

"Ihr wollt wissen, ob eine Dämonin geeignet ist, Euren Welpen zu tragen? Ist es das?"

"Nein, nicht im Geringsten." Er lächelte still in sich hinein. "Versteht mich nicht falsch. Ich nehme an, dass sich die meisten Frauen eher für ihre Söhne und Töchter in ein Schwert stürzen würden, als für ihren Gefährten. Eine Ehefrau zu wählen, die sich nur für meine Titel und einen Welpen interessiert, reizt mich jedoch wenig. Erinnert Euch: Ich erwarte mehr von einer Ehe als die Pflicht. Ihr scheint mir klug genug, das eine vom anderen unterscheiden zu können. Nun? Haltet Ihr Gutmütigkeit nicht für eine angenehme Eigenschaft, um an meiner Seite Jahrtausende auszuhalten?"

Aufmerksam streifte sein Blick ihre Lippen, die dank der Färberdistelpaste in einem zarten Rosenholz glänzten - hätten sie sich nicht längst dünn und schmal verzogen. "Ihr habt Geduld vergessen, mein Fürst." Säckeweise Geduld! Mehr, als ein Dämon in Reis tragen konnte!

"Ja, auch das", bestätigte er amüsiert. "Dicht gefolgt von unübersehbarem Stolz und Hartnäckigkeit. Aber das beantwortet nicht meine Frage."

"Nein", atmete Noriko aus, bevor sich ihre Gedanken zu den Ahornbäumen und Magnolien ausstreckten, die duftend und rauschend im Wind tanzten. Die Luft war angenehm kühl, kribbelte auf ihrer Haut und übertünchte das Gefühl, das seine warmen Fingerspitzen auf ihrer Hand verursachten. "Bedauerlicherweise", fuhr sie dann fort, "kann ich Euch kaum helfen. Die Eigenschaft, nach der Ihr sucht, ist so selten wie eine unversehrte Hyazinthe im Schneesturm. Es erscheint mir lächerlich, sich als Erbe in Gefahr zu begeben, nur um herauszufinden, ob es Eure gutmütige Zukünftige rühren wird."

Isamu schnalzte belustigt mit der Zunge, während er sich der Vorstellung hingab, Myouga säße bei einer solchen Finte auf seiner Schulter. Der arme Berater wäre von solch einem Einfall nicht begeistert - nein, das konnte er ihm nicht antun. "Würdet Ihr mich retten, Verehrteste?"

"Hofft Ihr das?"

"Ein wenig", gestand er ein, bevor sich seine Brust unter einem leisen Lachen hob und senkte. "Der Feind, der Euch in die Quere kommt, hätte ein schlechtes Los gezogen. Womöglich verfehlt Ihr ihn mit dem Schwert, doch Eure Worte würden seinen Stolz in kleine Häppchen schneiden. Stellt Euch nur vor, um wie vieles besser es den Männern ergangen wäre, denen Ihr versprochen wart, hätten sie Euch bei sich gewusst."

Wie bitte?

Wofür hielt er sie?

Schwatzhaft? Wehrlos?

Tze, das war doch allerhand! Überhaupt, was scherten ihn die beiden Hundedämonen, die sich Vater für sie ausgesucht hatte? Der eine war finster gewesen, der andere jähzornig und überheblich. Nichts davon hatte ihnen genutzt, als die Panther ihre hinterhältigen Überfälle in die Tat umsetzten. Ihr stand gewiss nicht der Sinn danach, sich bedauernd über deren Tode zu äußern.

Aber gut, sie kannte ihre Pflichten. Als Fürstentochter konnte sie es sich nicht leisten zu schweigen. Es fiele nur auf ihren Vater zurück - einmal mehr. Huh! "Teuerster?"

"Verehrteste?"

"Glaubt Ihr, mein zukünftiger Gefährte wird sich glücklicheren Umständen gegenüber sehen, als jene Youkai, deren Verluste mich völlig betrübt zurückließen?"

"Ihr habt um sie getrauert?", fragte er erstaunt.

"Selbstverständlich." Das hatte man von ihr auch in der Nähe der fremden Boten erwartet, obwohl es ihr nach einigen Sonnenumläufen äußerst lästig gefallen war, sich die Seidentücher weiterhin gegen die Wangen zu tupfen. "Würdet Ihr nicht dasselbe empfinden, sobald Euch ein Feind die Braut zerreißt?"

"Es wäre mir ein Bedürfnis, ihren Tod zu vergelten", gestand er stirnrunzelnd ein. "Allerdings hätte das wenig mit Trauer zu tun. Ich kann ihr Sterben bedauern und die zurückbleibenden Familien, aber das ist nicht das, was Ihr meint." Während Norikos Getas in anmutigen Bahnen durch Gräser und federweiche Moosbetten schnitten, neigte er den Kopf. "Ich hatte bisher nicht das Vergnügen, jene Frauen besser kennenzulernen, die Vater mir empfahl. Wie sollte ich eine Braut vermissen, die in meiner Nähe nur den Fächer schwenkte und den Tee in einem Holzgefäß schaumig schlug?"

Noriko schürzte ihre Lippen, bis sie den süßen Geschmack von Färberdistelsaft und Reispuder auf der Zunge wiederfand - und die Geste so rasch unterband, dass sie instinktiv nach ihren Hofdamen sah. Das war in seiner Gegenwart nicht allzu höflich, doch Fumi und Yori würden später jedes Detail ihres Verhaltens dem alten Fürsten des Ostens berichten müssen: So loyal sie auch waren, keine von ihnen durfte es riskieren, ihn zum Narren zu halten und etwas zu vergessen. Er hatte anderen Dämoninnen für weniger die Haut von den Knochen geschält.

Aber nein, die beiden schienen vollkommen darin vertieft, hinter ihren Fächern zu tuscheln. Unter ihren Füßen flogen zarte, grüne Halme und raschelndes Laub dahin, und Noriko hätte zu gern gewusst, worüber-

"Darf ich Euch um etwas anderes bitten, Noriko?"

Huh?

Ihr Blick wanderte zurück. Auch wenn sich die mit Perlmutt geschmückten Nadeln aus Schildpatt unangenehm in ihr Bewusstsein zurückstahlen, nahm sie Isamus nachsichtiges Lächeln gefangen.

"Würdet Ihr mir dabei helfen, später zwischen den Damen eine Wahl zu treffen?"

Was? "Wollt Ihr mir Schwierigkeiten bereiten?" Schon wieder?

"Schwierigkeiten?"

Oh, dieser Hund! Er brauchte nicht vorzugeben, dass ihm das bisher ferngelegen hatte! Nahm er an, sie wäre nicht ganz gescheit und würde über dieses erstaunlich leicht dahinplätschernde Gespräch alles andere vergessen? Sein Gähnen etwa? Seinen Erfolg bei ihrem Vater? "Ich könnte mir alles verderben, wenn ich Euch jene Braut empfehle, die Euch trotz aller Hingabe keine Söhne zu schenken vermag."

"Sagtet Ihr nicht, ich hätte innerhalb des ersten Jahrhunderts dieses Vergnügen?"

"Ich könnte mich täuschen."

"Ich verstehe. Ihr befürchtet, dass ich Eurer Familie bei einem falschen Rat eine Fehde antrage. Ist es das?" Isamu zog die Luft in die Lungen, ehe er mit ihr den Pfad einschlug, der sie vorbei an alten Zedern führte und an dessen Ende die vertraute Witterung von Rohrbinsen, Schachtelhalmen und Karpfen wartete. "In diesem Fall kann ich Euch beruhigen. Ich habe nicht versprochen, dass ich Eure Wahl auch zu der meinen machen würde. Ich entscheide selbst. Es wäre mir nur angenehm, beide Dämoninnen mit Euren Augen zu sehen und Eure Worte in Zukunft berücksichtigen zu können. Von meiner Mutter oder ihren Hofdamen kann ich solche Offenheit kaum erwarten, und Myouga ... nun, er bemüht sich auf seine Weise. Glücklicherweise habe ich es nicht eilig mit der Ehe. Das hatte ich nie."

"Oh."

"Werdet Ihr meiner Bitte nachkommen? Ich werde es Euch und Eurem Vater nicht vergessen, gleich wie hart und unversöhnlich Eure Entscheidung fallen mag."

Sein Lächeln gedieh so warm, dass Noriko um ein Haar vergessen hätte, ihre Miene kühl und beherrscht zu halten - und im nächsten Moment ärgerte sie sich darüber, wie verführerisch dieses Angebot klang. Er hatte es gut verschleiert, aber in Wahrheit bot er ihr einen Gefallen unter Dämonen an: Half sie ihm, half er eines Tages ihr. Es war ein praktischer Handel, der sich hinter Gefühlen versteckte.

Doch konnte sie von einem achthundertjährigen Fürstensohn erwarten, dass er es sich nicht irgendwann anders überlegte? Das wäre für Dämonen typisch ...

Ach, verflixt!

So wie sein Vater, der Inu no Taishou, gestrickt war, schlug ihr das Herz bei dem bloßen Gedanken an unehrenhaftes Verhalten bis zum Hals. Nein, nein. Der Herr der Hunde hatte stets zu seinen Versprechen gestanden und jeden Youkai wie eine Reispflanze aus dem Saatbeet gerissen, der ihm nicht Gleiches mit Gleichem vergalt. Vater schätzte ihn deshalb über die Maßen, obwohl er sich eher die Zunge herausreißen würde, als dies vor dem Hausherrn auszusprechen. In den vergangenen Jahrhunderten hatten sie viele Pläne geschmiedet, und ihre gegenseitigen Gefälligkeiten in Blut und Knochen ausgezahlt.

Sagte man nicht, der Apfel fiel nicht weit vom Stamm? Wahrscheinlich waren Isamu und der Herr der Hunde in diesem Punkt aus demselben Holz geschnitzt. Oder?

Und war es nicht klüger, den Sohn dieses Fürsten im Auge behalten zu können? Am Ende wollte er nur seine Späße mit ihr treiben oder reagierte vergnatzt darauf, wie sie seine Forderung erfüllte. So konnte sie ihm nicht nur das Gähnen heimzahlen, mit dem er sie erbost hatte, sondern sich selbst einen Vorteil sichern. Er gab ihr sein Wort!

"Nun, ich werde darüber nachdenken", eröffnete sie würdevoll, bevor ihre freie Hand einen Teil der Seidenlagen raffte, auf denen sich in weiß und stahlblau die Kraniche in ihren aufwendigsten Stickereien reckten. "Jedoch, nur unter einer Bedingung."

"Ich wähle nicht Euch?"

Sie schenkte ihm ein Lächeln, das bis in den letzten Winkel ihrer Lippen gefror. "Es wäre vermessen, Euch in diesem Punkt bevormunden zu wollen, mein Fürst."

"Vielleicht. Ich wollte es nur erwähnt haben, ehe Ihr meine Bitte für eine Finte haltet und glaubt, ich würde Euch vor jeder anderen Frau den Vorzug geben."

"Wie reizend von Euch. Wäre ich nicht bereits vor Jahrhunderten zu alt für Euch gewesen, müsste ich glauben, ich wäre als Eure Ehefrau aus triftigeren Gründen ungeeignet."

"Noriko."

Er hielt inne, und als er mit der zweiten Hand die ihre griff, rutschte ihr Herz ungebeten bis in die Zehenspitzen, während ihre Instinkte vor Verwirrung Purzelbäume schlugen. Ihr wurde klar, was sie soeben von sich gegeben hatte - und schlimmer noch, wie es für ihre Hofdamen aussehen musste, als er einen halben Schritt auf sie zutrat und unter dem Knistern der Baumwipfel die Stimme dämpfte.

"Es liegt nicht in meiner Absicht, Euch zu beleidigen", versicherte er ernst. "Ich bevorzuge es nur, die Umstände beim Namen zu nennen. Das ist alles. Ihr seid die erste Dämonin, die mein Vater als Gast zu uns bat, welche mir nicht nach dem Mund redet. So wenig ich Euch kenne, meine Liebe, aber eines könnt Ihr kaum leugnen: Ob es Euer Alter oder Euer Charakter ist, Ihr unterscheidet Euch von den übrigen Frauen des Westens auf die beste Weise. Was wäre ich für ein Narr, das zu verkennen? Es würde mich nicht einmal wundern, wenn Ihr den Namen Sesshoumaru nur deshalb mögt, weil er so ungewöhnlich ist wie Ihr selbst. Schlagt meine Bitte aus und ich werde kein Wort darüber verlieren, doch haltet mich nicht für unhöflicher, als ich es bin. Ich will Euch nichts Schlechtes. Nun? Wie lautet Eure Bedingung, um mir zu helfen?"

- - - - - - -
 

Ja, wie? Und was sagen die Hofdamen dazu? Hat er ihre aufgesetzte Trauer eigentlich durchschaut? Erfahrt es in Kapitel #6, "Schachtelhalm"!

Schachtelhalm

Abenddämmerung

- Schachtelhalm -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

12
 

Dieser ... dieser Welpe!

Ihr war das Blut in die Wangen gestiegen, als gäbe es kein Morgen mehr, und sogar ihr Youki hatte sich wie ein dünner Regenschleier über ihre Haut geschoben, um nun ihre Pelze schwanken zu lassen. Die Härchen wogten von links nach rechts, kräuselten sich unter dem unverhofften Kompliment, den Hundedämoninnen des Westens das Wasser reichen zu können. Hätte er ihre Schönheit hervorgehoben, so wie zuvor der Inu no Taishou, wäre ihr das nicht weniger schmeichelhaft erschienen.

Herrgott!

Sie durfte nicht nachlässig werden.

Entschieden entzog Noriko ihm die Fingerspitzen, bevor sie vor ihm zurückwich und das federweiche Gras über die Säume ihres Kimonos raschelte. Abstand war das Gesündeste für ihr Herz, daran gab es nichts zu rütteln. Sollte er sich doch seine Nähe bei seinen Bräuten zusammenklauben - auf ihre brauchte er nicht zu setzen!

"Meine Bedingung ist nicht schwer zu erfüllen", hob die Hundedämonin auffallend kühl an. "Ich wünsche nicht mehr, als Eure verehrte Mutter an diesem Abend zu sehen. Sie soll von außerordentlicher Eleganz und Erhabenheit sein. Ist dem nicht so?"

"Meine Mutter?" Hätten es Isamus Augenbrauen vermocht, wären sie vor Erstaunen bis zu seinem Haarband hinaufgewandert. "Ist Euch nichts Besseres eingefallen?"

"Wie bitte?"

"Verzeiht, Verehrteste", fing er sich unter einem entschuldigenden Lächeln. "Ich hatte etwas Anderes erwartet. Ihr habt mich überrascht, das ist alles." Isamu schüttelte jungenhaft den Kopf, bevor er dem Wind nachspürte, der sich in den rauschenden Wipfeln der Magnolienbäume verfing und an den Stämmen hinabfloss, bis er die feinen Gräser am Boden umspielte. In der Nähe des Karpfenteichs wichen die Halme rasch Rohrbinsen und Schilfwerk, welches über den Sommer so dicht gewachsen war, dass es ihn von Jahr zu Jahr erstaunte. Nun, sie schlug in dieselbe Kerbe. "Darf ich fragen, was Ihr Euch davon erhofft?"

Fragte er das wirklich?

Ruhe vor ihm, einen mächtigen Ehemann - aber sie wollte nicht so unverschämt klingen wie er. Der zukünftige Inu no Taishou musste schon sehr leichtgläubig sein, wenn er darauf hoffte, dass sie ihre Motive vor ihm bloßlegte, um anschließend dabei zuzusehen, wie er ihr aus jedem einzelnen einen Strick knüpfte. "Warum ratet Ihr nicht, mein Fürst?", hakte Noriko spitz ein.

"Ein Spiel also? Ich verstehe. Offenbar fällt es Euch nicht schwer, mich beschäftigt zu halten", erwähnte er zufrieden, bevor er sich von ihr abwandte. "Bedauerlicherweise denke ich nicht oft darüber nach, warum meine Mutter für andere Dämonen oder gar Fürstentöchter von Interesse sein könnte."

"Das Schicksal eines Sohnes."

"Nein, nicht im Geringsten", widersprach er, und die kleinen Wellen, welche rotgoldene Blätter ans Ufer zurückbrachten, schlugen genauso hoch wie sein Lächeln. "Ihr tut mir Unrecht, Noriko, solltet Ihr mich für gleichgültig gegenüber meinen verehrten Eltern halten."

"Was ist es dann?"

"Seht her." Geduldig ging er zwei Armeslängen von ihr entfernt in die Knie. Seine Klaue streifte eine Pflanze, deren Stängel lang und schmal verliefen, bis sie in mehrere Zweige und violette Blütenblätter auffächerten. Obgleich die übrigen Blumen längst verblüht waren, hielt sie sich hartnäckig auf dem feuchten Boden. "Ich bin oft an diesem Ort, müsst Ihr wissen, daher kann ich nur wenig entdecken, dass mir bisher entging. Für Euch ist es jedoch der erste Besuch. Ihr werdet diese Hyazinthe mit anderen Augen betrachten als ich."

"Iris", hauchte Noriko widerspenstig.

"Huh?"

"Es sind die Dolden einer Iris, keine Hyazinthen, mein Fürst."

"Oh." Unangenehm berührt, da sie ihm die schöne Weisheit mit einem Satz in Scherben geschlagen hatte, kratzte sich Isamu am Nasenflügel. Die Ähnlichkeit zu einem Welpen, gegen dessen Unaufmerksamkeit ein kleiner Flohgeist seit Jahrhunderten ankämpfte, war unverkennbar - aber dass sie die Lippen schürzte, statt ihn zu schelten, nahm er dennoch wohlwollend wahr. "Ich vermute", fuhr er fort und erhob sich wieder räuspernd, "Ihr wollt von meiner Mutter hören, wie es ihr gelang, einen Ehemann zu finden, der ihr Wort achtet?"

Was?

Wollte er sich über sie lustig machen? Sie testen?

Die Ehe des Inu no Taishou und dessen Gattin schürte viele Gerüchte im Osten, doch sie hatte nie davon gehört, dass der mächtige, kaltherzige Fürst auch nur eine Wimper seiner Gefährtin schätzte. Das Maß für das Geschick dieser Frau, ihn trotz seiner Geliebten an sich gebunden zu wissen, verriet sich allein dadurch, dass der Herr des Westens seit vielen Jahrtausenden davon absah, sie zu verstoßen. Fußte das tatsächlich darauf, dass er ihr mit Vorliebe zuhörte? Sie schätzte? "Das ist doch verrückt", entschied Noriko.

"Nun, das ist eine Heirat immer, meine Liebe. Ein kluger Flohgeist verriet mir einst, dass sie viel Arbeit erfordere, um gut zu werden. Da ich nicht zur Halbherzigkeit neige, meide ich sie." Milde verzog er den Mund, während er Noriko weiter aus den Augenwinkeln beobachtete. Sie hatte die Fingerspitzen grazil in die bestickten Ärmelschleppen zurückgezogen und einen Blick auf ihre bepelzten Säume geworfen, aber sie blieb äußerst aufmerksam.

Es wäre ihm nicht eingefallen, ihren Verstand in diesen Momenten zu unterschätzen - oder sich selbst einfältiger zu geben, als er war.

"Ihr habt mir bisher nicht zugestimmt", rief er bedächtig in Erinnerung, während eine Libelle über ihn hinweghuschte. "Ich nehme an, dass Ihr meine Mutter daher aus einem anderen Grunde zu sehen wünscht. Doch eines will mir nicht in den Kopf: Warum ausgerechnet diese Bitte? Ihr hättet so viel mehr von mir verlangen können. Seidenballen und Broschen, Bildrollen und Sandelholzkämme, ja, sogar die Leber eines uralten Ochsendämons. Was sollte Euch ihre Gegenwart bedeuten? Treibt Euch die Neugierde an?"

Die erwartungsvolle Stille, die seine Worte nach sich zogen, plätscherte ohne ihr Nicken dahin. Noriko tat nicht mehr, als das Kinn zu heben und aus funkelnden, goldenen Augen zu ihm zu sehen. "Ihr wolltet raten, mein Fürst", erwiderte sie seicht. "Weshalb sollte ich Euch den Spaß durch eine frühe Antwort verderben?"

"Ihr mögt Eure Geheimnisse sehr."

"Wer nicht?"

"Und es bereitet Euch Freude, mir einen Schritt voraus zu sein."

Noriko schürzte vergnügt ihre Lippen und der Anblick eines Karpfens, der durch die Oberfläche des Teiches brach und sein Maul aufriss, genügte nicht, um sie von seinem Gesicht fortzulocken. Isamu hatte die Augenbrauen zusammengezogen, bevor er seine Hand in den Nacken hob und dort knapp über seinem Schulterfell entlang rieb. Ob er ihr Hauchen verstand oder nicht, spielte keine Rolle für sie.

Wer genießt es nicht?
 

13
 

"Brat mir doch jemand diesen Flohgeist!", flüsterte Fumi, während ihr Mund offenstand und nur der mit Perlen verzierte Fächer verhinderte, dass man ihre Fangzähne blitzen sah. "Sag, stehen meinem Chignon bereits die Härchen ab? Das ist doch nicht zu fassen!"

"Beherrsch dich! Ein Urteil steht uns nicht zu."

"Das sollte es aber!", begehrte die rothaarige Dämonin auf. "Mein armes Herz! Erst greift er ihre Hände, dann verzichtet unsere Herrin darauf, weiter als nötig zurückzuweichen und nun lächelt sie ihn an. Wenn unser Fürst auch nur eine Silbe davon aufschnappt, können wir das, was von unseren Knochen übrig bleibt, im ganzen Land zusammensuchen. Nicht, dass ich leugnen möchte, dass der zukünftige Inu no Taishou und Noriko-sama kein reizendes Bild abgeben, allerdings-"

"Fumi!"

Oh bitte! Die jüngere Hofdame stöhnte hinter den Streben ihres kleinen Schmuckstücks auf, als hindere sie nur der kleine Käfer vor ihren Getas daran, aufzustampfen. Warum musste man sie eigentlich immer unterbrechen? Sie war doch kein unbeherrschtes Plappermaul!

Dummerweise lief sie mit ihrer welpenhaften Grimasse offene Papierwände ein: Yori faltete ihren Fächer zusammen und schlug ihr gegen die Hüfte, bevor sich in ihrem ernsten, strengen Gesicht ein Unmut ausbreitete, der jedes Neugeborene zu Tode erschreckt hätte.

"Tze. Ich kann nicht behaupten, dass unsere Herrin keine Schelte verdient", knurrte Yori, bevor sie ihre Seidenlagen neu ausrichtete, "doch dieses Mal haben wir nichts gesehen."

"Ist dir ein Fieber in die Knochen gekrochen? Du willst es verschweigen? Ausgerechnet du?", erkundigte sich Fumi, bevor sie mit dem Handrücken über ihre Taille rieb. Sie sah aus, als hätte sie sich vorher die Fingerspitzen mit Speichel benetzt, um eines garstigen Tuscheflecks Herr zu werden. Doch der Blick, der an ihr zerschellte, sprach Bände.

"Wie ich bereits sagte: Es gibt nichts zu berichten", wiederholte Yori scharf, dann begradigte sie ihre Haltung, als hätte sie eine Klaue an ihrer Kehle, statt den Ausblick auf hinabtrudelnde Magnolienblätter und Schatten, die von den ersten, wärmenden Sonnenstrahlen erzeugt wurden. "Was willst du auch erwähnen? Er ist ein achthundertjähriger Welpe, der sich von dem außerordentlichen Liebreiz und der Schönheit seines Gastes beeindrucken lässt. Es wäre beschämend, hätte sie eine geringere Wirkung auf ihn! Wir sollten einfach daran denken, dass er uns vor keiner Stunde eine fürchterliche Strafe hätte einbringen können, dann ist es nur gnädig, ihm seine Jugend zu verzeihen."

Fumis Augen wurden groß, ehe sie sich diesen Vorschlag auf der Zunge zergehen ließ. Es fühlte sich an, als hätte man ihr einen Lachs zubereitet, dem die Gräten im Fleisch steckengeblieben waren: Ging sie darauf ein, konnte das böse Folgen haben.

Während sie ihren Fächer neu ausrichtete und bis zur Nasenspitze dahinter verschwand, breitete sich jedoch ein unverhofftes Grinsen auf ihren Zügen aus. "Soso. Ich verstehe."

"Tatsächlich?"

"Wie könnte ich nicht?", frohlockte Fumi, bevor sie in den typischen, hohen Singsang einer Hofdame verfiel: "Du magst ihn und hoffst, dass unsere Herrin ihm das Gähnen verzeiht. Ach, wie rebellisch von dir! Das ist das Aufmüpfigste, was du in einem ganzen Jahrtausend zu Wege gebracht hast! Ich wünschte fast, der junge Erbe würde Noriko-sama noch heute ehelichen und wir dürften für immer hier bleiben. Stell dir nur vor, wie witzig du sein könntest!"

"Fumi!"

"Ich weiß, ich weiß." Die Jüngere winkte theatralisch ab, ehe sie sich Luft zufächelte und über die dicken, fest zusammengesteckten Haarsträhnen strich. "Es ist überaus betrüblich, dass ein so junger, gutaussehender Fürstensohn ein Höllenschwert bräuchte, um sein Alter wettzumachen. Diese altbackenen Traditionen um Macht und Ehre! Ugh!"

"Fumi!"

"Herrje, wie oft willst du noch meinen Namen zwischen deinen Fangzähnen hervorpressen? Du runzelst deine Stirn, als ob er hinter mir stehen würde und ich sein Youki spüren müsste", murrte sie verärgert, ehe ihr ein heiteres Schnauben im Nacken prompt alle Farbe aus dem Gesicht weichen ließ. Nein, unmöglich!

- - - - - - -
 

Kann sie zweimal so viel Pech haben? Aber wer sollte es sonst sein? Erfahrt es in Kapitel #7, "Rohrbinse".

Rohrbinse

Abenddämmerung

- Rohrbinse -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

14
 

Einen Moment lang glaubte Fumi, es sei um sie geschehen. Sie schnappte nach Luft, viel schlimmer noch, als vor den Papierschiebetüren. Dann warf sie sich leichenblass ins Gras und lauschte auf das erste Geräusch, das ihr Leben beenden würde. Erst allmählich gewann ihr Verstand die Oberhand: Es passierte nichts. Kein scharfes Wort erklang, keine Klauen schlangen sich um ihren Hals.

War das die Ruhe vor dem Sturm?

Ängstlich wagte sie es, unter ihren Wimpern nach oben zu schielen - und erstarrte. Yori stand noch immer aufrecht, als hätte ihr die Windbrise, die durch Magnolienblätter und Halme strich, persönlich dazu geraten. Mit einem kurzen, unauffälligen Schwenk ihres Fächers deutete die Amme auf einen Platz, der hinter Fumis Schulter lag.

Verwirrt lunzte die jüngere Dämonin dorthin, ehe ihre Nase so rot wie das eigene Haar anlief.

"Fahrt doch fort", murmelte der kleine Floh, während er beide Brauen hob und die Augen schmälerte. "Unhöflicher, als mich abzuwerfen, kann es ohnehin nicht mehr werden!" Empört pustete Myouga den Halm an, der ihm die Hälfte der Sicht versperrte, aber ebenso gut hätte er gegen einen Stein schnaufen können. Während sich zwei Ärmchen anschickten, die Falten aus dem Stoff über seiner Brust zu streichen, hatte er die anderen beiden bereits in sein schmerzendes Kreuz gestemmt. Herrje, dieser Sturz hatte ihn um mindestens fünfhundert Jahre altern lassen!

Aber wer rechnete schon damit, dass die Hofdamen des Ostens schneller auf die Knie fielen, als sein Schützling Isamu eine Schwertfege über den Sand gleiten lassen konnte? Während dieser rasanten Bewegung war er noch nie heruntergepurzelt - höchstens vorher geflohen, immerhin sprach es nicht gerade für den gesunden Verstand eines Beraters, während der Übungskämpfe im Innenhof ebenfalls den Klingen der Lehrmeister ausweichen zu wollen!

"Also wirklich", murmelte er verstimmt. "Wo lernt man nur solches Benehmen? Wenn mein junger Meister das gesehen hätte." Gelacht hätte der und dann wäre ihm die Angelegenheit ein ganzes Jahrzehnt lang wieder aufgetischt worden, sobald er Isamu mit einer Predigt über Geschick und Standhaftigkeit in die Parade fahren wollte! Nun, nicht dass er vorhatte, das zu erwähnen.

Myouga drückte seinen Rücken durch, während sich die Hofdame unter raschelnden Stoffen aufrichtete, störrisch den Hals reckte und ihren Fächer wieder aus den Ärmelschleppen zog.

"Ihr habt gelauscht", knurrte Fumi unleidlich.

"Als ob! Davon kann keine Rede sein!", hielt der Floh dagegen und blies die Wangen auf, sodass er mit seiner daumennagelgroßen Gestalt aussah, als ob man ihm einen Kieselstein in den Mund geschoben hätte. "Ich hielt es nur für klug, entgegen der Windrichtung zu warten und dem Wunsch des Inu no Taishou nachzukommen! Das Gerede über ein Höllenschwert und die Ehe war wohl kaum meine Idee."

Fumis Lippen wurden schmal. Natürlich war das richtig - und sie war keine Närrin, die nicht abschätzen konnte, wie gefährlich eine listige Bemerkung in den falschen Ohren für sie werden konnte. Aber dieser Wicht hatte sie ausgetrickst! Sie sollte ihn dafür zerquetschen, nicht umgarnen!

Dieses vermaledeite, geringe Youki. Als Hundedämonin hatte sie nie gelernt, einen lästigen Flohgeist ernst zu nehmen. Dabei waren ihre Sinne ausgezeichnet: Die giftigen Schlangendämonen, die in der Residenz des Ostens in den Schatten der Steine lauern konnten, witterte sie sogar noch, wenn diese sich im Schlamm gesuhlt hatten!

Vielleicht sollte sie ihn in den Teich werfen und sehen, ob er so gut schwamm wie er Reden schwang ...

"Verehrter Dämon", ergriff Yori das Wort, ehe sich das Schweigen auf die Magnolienbäume und den Duft welkender Blätter ausbreiten konnte, "wir sind uns Eures Ranges bewusst. Seht es zwei armen Frauen nach, dass sie sich von dem wunderbaren Anblick des Teiches und dem Traum einer Ehe für ihre Herrin zu Plaudereien verleiten ließen. Fumi ist untröstlich, Euch nicht besser begrüßt zu haben. Ihr kennt die Sitten: Sie müsste niederknien, ohne Euren Blick zu kreuzen, jedoch ... wir erwarten Eure Strafe."

Wie?

Myouga erstarrte, als Yori vor ihm niedersank, die Hände weit von sich gestreckt und Fumi in einer Bewegung mit sich ziehend, die viel zu schnell für sein geübtes Auge vonstatten ging. Nur dank des dumpfen Aufpralls zwischen Gräsern und Wurzelwerk verstand er, dass die rothaarige Dämonin nicht minder übertölpelt worden war als er.

Was zum Fürsten-?!

Etwas einfältig zuckte sein Saugrüssel, dann wallte ein Gefühl in seiner Brust auf, das zwischen Peinlichkeit und Verlegenheit schwankte. Wofür hielt man ihn denn? Selbst wenn er größer und mächtiger gewesen wäre, um einer der Hofdamen des Ostens mehr zuleide zu tun, als ihr einen Blutstropfen abspenstig zu machen - das ging doch nicht!

Sie waren Gäste und sein Herr und Gebieter, der Fürst, hatte allen Kriegsherren, Generälen und Beratern noch im Morgengrauen befohlen, am Tage nur auf Gefahren zu achten. Harmlose Verfehlungen abseits der Empfangszimmer sollten unerwähnt bleiben: Die Braut und deren Geleit würde man sich nach einer Eheschließung erziehen, nicht vorher verprellen.

Eine feine Logik war das.

Nun hatte er den Salat!

Bestimmt galt diese Nachsicht auch für die Hundedämonen des Ostens, die der alte Inu no Taishou besonders schätzte. Erwähnt worden war das freilich nicht, aber Strafen hatten ihm sowieso nie zugesagt.

"Ihr missversteht mich", versuchte Myouga aufgescheucht zurückzurudern. "Ich habe nicht vor, Euch zu rügen!"

"Wir verdienen es", flüsterte Yori schicksalsergeben.

"Aber nein! Hört doch", plapperte der Floh, während er auf dem Fleckchen Gras auf-und absprang und mit den Ärmchen gegen alte Sitten und Sonnenstrahlen ankämpfte. "Ich wollte nur mehr über das Höllenschwert erfahren! Ihr sagtet, es stiftet Ehen?"

Yori spitzte ihre mit Färberdistelsaft bepinselten Lippen, die weit zarter und unauffälliger schimmerten als die ihrer Herrin. Dann warf sie verstohlen einen Blick zu Fumi, der zwar ein Blatt auf der Stirn klebte, aber ihr zustimmendes Nicken über den Halmen erkannte sie dennoch. "Ihr verschont uns?", fragte die Amme zunächst.

"Ja! Nun sprecht schon."

Huh.

Dann stimmten die Gerüchte, dass der Flohgeist als Berater eine Barmherzigkeit besaß, die im Westen völlig fehl am Platze schien. Nicht einmal bis zur Abenddämmerung ließ er sie knien! Das kam ihr gerade recht, sodass sie sich wieder aufrichtete. Die folgenden Worte wählte sie dennoch mit Bedacht, da sie ebenso viel von seinem raffinierten Verstand gehört hatte. "Unser Fürst besaß einst eine solch überragende Klinge, doch er warf sie fort."

"Fort?", schnappte Myouga verblüfft.

"Sie soll geflüstert haben, tagein und tagaus. Weder Dämonen, noch Armeen waren ihr gewachsen und wo sie schnitt, gediehen Blut und die Schreie der Sterbenden." Yori zupfte an dem wattierten Saum ihres Überkimonos, der die vielen Lagen darunter geschickt verhüllte und seidenweich auf dem Grund auflag, als sei er ein Fluss, der über Steine schlich. "Noriko-sama liebte diese Geschichten in ihren Welpentagen und sprach oft davon, sie wünsche sich einen Enkel für unseren Fürsten, der es führen könnte. Diese Beteuerung erheiterte ihn oft!"

Myouga nickte, obwohl er innerlich eine Grimasse zog.

Warum besaßen Hundedämonen nur diesen eigenartigen Humor? Gebrochene Knochen und Innereien, immer das gleiche! Nein, da lobte er sich Isamus gutes Herz, der im zarten Alter von vierzig Sommern über eine gegrillte Eidechse in Tränen ausgebrochen war. Unvorstellbar, dass der Welpe sich mit der Fürstentochter arrangieren könnte, aber wenn er klammheimlich hinter sich sah, wurde er eines Besseren belehrt.

Noriko stand dicht bei seinem Schützling und deutete auf den Halm einer Rohrbinse, welche er in seinen Klauen drehte, bis er leise auflachte und das nächste Kraut aus dem Boden rupfte.

Was war das nur für ein seltsames Spiel?

Das musste er später in Erfahrung bringen.

"Was geschah dann?", hakte Myouga ein. "Wie kam es dazu, dass sich Euer Herr des Schwertes entledigte?"

"Das weiß niemand. Er brachte es zu einer Schlucht nahe der Grenzen, wo es angeblich von einhundert Gefahren bewacht wird und auf seine Nachkommen wartet. Jedoch ..."

Yori schöpfte einen Atemzug, für den Fumi sie nur bewundern konnte. Er klang so beiläufig, so mitleidserregend! Dieses raffinierte, alte Biest betupfte sich sogar mit den Stickereien ihres Kimonoärmels die Lippen! Als ob es nicht offensichtlich war, weshalb sie davon erzählte.

Tze.

"Ich kann es nicht aussprechen", behauptete Yori dann. "Es ist zu schrecklich."

Das war es bestimmt, aber Myouga wollte es trotzdem hören. "Nur weiter! Was hat es mit der Ehe auf sich?" Ob dieses Schwert dazu riet zu heiraten? Eine teuflische Eigenschaft, die jedem einzelgängerischen und stolzen Dämon ein Hindernis wäre, aber wenn er an die damit verbundenen Kräfte und das Unheil dachte ...

Yori blinzelte seicht, ehe sie sich vertraulich vorneigte. "Unser Fürst bellte vor vielen Jahrhunderten, als ihm der erste Schwiegersohn vor der Hochzeit erschlagen wurde, dass der nächste Mann besser in der Lage dazu sei, sich zuvor des Höllenschwertes zu bemächtigen. Mit diesem in den Klauen könnte er auch den Jüngsten kaum abweisen, da er ihm ebenbürtig wäre. Bitte versteht, weiser Flohgeist, dass Fumi es nur erwähnte, weil sie Euren Fürstensohn für einen der geschicktesten hält."

"Natürlich." Myouga nickte - durchaus ein wenig geschmeichelt, dass eine Dämonin aus der Fremde ihn und sein Mündel lobte. Als Hofdame würde sie damit unter ihresgleichen nie geizen, doch dazu zählten sie beide kaum.

Leider schien das Höllenschwert nur dazu zu taugen, Noriko zu freien. Still und heimlich fragte sich Myouga, ob der zweite Schwiegersohn des Fürsten Takeru bei dem Versuch, es aus der Schlucht zu bergen, den Panthern in die Tatzen gesprungen war, dann entschied er sich zu einem klügeren Vorstoß. "Gibt es einen Weg, Euren Herrn dazu zu bringen, von dem Schwert aus freien Stücken zu berichten?"

"Ihr wollt doch nicht etwa eine Ehe stiften?"

- - - - - - -
 

Klang das bisher so? Erfahrt in Kapitel #9, "Schilfrohr", was Myouga ausheckt!

Schilfrohr

Abenddämmerung

- Rohrbinse -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

15
 

"Macht keine Scherze! Nur dem verehrten Fürsten steht es zu, dem Erben eine Braut zu empfehlen. Ich bin sein Berater, kein Kuppler!", entfuhr es Myouga, während das Entsetzen in seine Knochen sickerte und sein Gesicht bleich werden ließ. Das durfte doch nicht wahr sein!

Würde ein solches Gerücht an die Ohren des Inu no Taishous dringen, wäre es schlecht um seinen Hals bestellt. Der alte, mächtige Hund hegte einen unvergleichlichen Groll gegen jene, die sich seinen Entscheidungen widersetzten: Und in diesem Punkt hatte er ihn weder um Rat gebeten, noch ihn mit Wohlwollen bedacht, als er die Fürstentochter des Südens mit einem Schnaufen kommentiert hatte.

Myouga schluckte, während er ein zweites Mal in seinem Leben zu spüren glaubte, wie ihn eine ungeheure Welle Youki niederwalzte und am Boden hielt, bis ihm der Schweiß ausbrach und das Wimmern in der Kehle stecken blieb. Nein, das unmissverständliche Knurren seines Herrn wollte er nie wieder so nah bei seinen Ohren hören!

"Untersteht Euch, etwas Anderes zu glauben!", setzte der Flohgeist heiser nach. "Ich dachte nur daran, was es für eine nützliche Lektion wäre, wüsste der Welpe um die Tücken eines Höllenschwerts."

"Bitte vergebt mir meine einfältige Frage", stimmte Yori untertänigst zu. Dann sank sie so schnell wie eine Windbrise mit der Stirn voran auf den Boden und überschwemmte die Gräser mit ihren feinen, duftenden Stofflagen, als existiere sie nicht länger. Eine Weile geschah nichts, aber ihre Lippen kräuselten sich in der Zwischenzeit in einer unauffälligen, dünnen Linie.

Fumi begriff sofort. Sie kannten einander seit vielen Jahrhunderten und daher wusste sie, wann von ihr ein hohes, liebliches Gurren erwartet wurde, statt messerscharfer Worte, die einer anderen Kreatur schier die Augen auskratzten. Rasch wölbte sie ihre Schultern und neigte den Kopf, damit der Flohgeist nicht bemerkte, dass sie der Schliche neues Futter gab: "Vielleicht wüssten wir einen Weg, um dem Fürsten dieses Geheimnis zu entlocken."

"Ja?"

"Bedauerlicherweise können wir nicht darüber sprechen. Woher sollen wir arme, einfache Frauen wissen, dass es nicht auf uns zurückfällt?" Dramatisch seufzte die rothaarige Fumi und ließ ihre Stimme wie das Tirilieren eines Vogels klingen, als sie weitersprach: "Es wäre doch sehr gefährlich, würden wir unsere Herrschaft verärgern, findet Ihr nicht?"

"Nun", flüsterte Myouga und räusperte sich, um sein beruhigtes Gemüt durchschimmern zu lassen, "niemand muss davon erfahren."

"Ein Geheimnis? Wie verwegen!" Fumi musste sich verkneifen, spöttisch zu grinsen, weil er ihnen so leicht in die Falle zu gehen schien, aber es war Yori, die ihr den Gesprächsfaden in aller Eleganz abknöpfte.

"Was haltet Ihr von einem Handel, verehrter Berater? Es gibt keinen anderen Ort im Westen, an dem ehrenhaftere Dämonen leben, und ich bin zuversichtlich, dass Euch eine Gefälligkeit dieser Art nicht gleichgültig wäre. Wortbrüchigkeit ist für jeden von uns eine schlechte Zier." Aufmerksam richtete die Amme ihren Blick auf den daumennagelgroßen Floh, der sich den Vorschlag gründlich durch den Kopf gehen ließ.

Natürlich hatte sie nichts Geringeres erwartet. Er musste weise sein, um im Haushalt des Inu no Taishous überleben zu können, denn in ihrer Heimat gab es mehr Gerüchte über den Zorn dieses Fürsten als hohe Damen am Hofe. Es hieß jedoch auch, dass dem Winzling am Schicksal des Welpen etwas lag - und darin fand sich eine Gemeinsamkeit, wenn sie an Noriko dachte. Das wusste sie beim Schopfe zu packen. "Darf ich Euch einen unbedeutenden Vorschlag unterbreiten? Seht Euch unsere Herrin an ..."
 

16
 

"Verehrteste?"

"Teuerster?" Die Hundedämonin bezähmte nur widerwillig ihren Drang herauszufinden, was um alles in der Welt ihre Hofdamen unter den Magnolienbäumen ausheckten. Beide hatten erstaunliche Ähnlichkeit mit Raben, die in den Ästen verweilten und auf eine Beute starrten. Doch da sie gegen die Windrichtung standen, fiel es ihr schwer zu wittern, was sie ins Auge gefasst hatten. Erkennen konnte sie es noch weniger: Etliche glattpolierte Steine im Gras versperrten ihre Sicht. Nun, wie auch immer.

Schicksalsergeben drehte sie ihren Kopf und musterte den Fürstensohn des Westens, der inzwischen bis zu den Knien im Teich stand. Sein gegabeltes Schulterfell schwamm wie die Seerosen im Wasser, dazu hatte sich rotes Laub, das von den nahen Bäumen hineingeweht worden war, zwischen den Härchen verfangen.

"Was ist es dieses Mal?", erkundigte sie sich und überging großzügig, dass er ihren gemeinsamen Spaziergang mit einem Bad krönte und seine Schuhe neben dem Saum ihres Kimonos lagen. Beiseite zu gehen, kam jedoch nicht infrage.

"Hmm."

"Ja?"

"Es könnte eine Sumpfdotterblume sein", schlug er vor und drehte die Pflanze mit den kleinen, ovalen Blättern im Sonnenlicht, als hätte das Kraut dadurch den Mut, ebenso zuversichtlich zu lächeln wie er.

Noriko seufzte leise.

Woher nahm er nur diese albernen Ideen? Sein Berater musste ein hoffnungsloser Fall sein, wenn sie sich dieses Ergebnis betrachtete. Glücklicherweise hatte sie in der Residenz ihres Vaters bemerkt, dass ein Mann erst lernte, ein Schwert zu führen, bevor er die Nützlichkeit seines Verstandes ergründete. Wen wunderte das? Einen Feind zu töten, war wichtiger als ihn mit Wissen sprachlos zu machen. "Euch scheint dieses Spiel zu erheitern, Teuerster."

"Oh, das tut es über die Maßen", gab Isamu vergnügt zu. Seine goldenen Augen huschten an Algen und allerlei Karpfen vorbei, als wäre er selbst ein Fisch und hätte sich nie wohler gefühlt. "Eure Geduld mit mir ist bemerkenswert."

"Wie schmeichelhaft." Leider vergaß der großgewachsene, junge Erbe dabei, dass sie keine Wahl hatte. Eine Fürstentochter konnte schlecht in den Schutz der schattigen Bäume fliehen, um sich dort mit den Fingerspitzen die Schläfen zu massieren und sich zu fragen, womit sie eine solche Beschäftigung verdient hatte. "Ihr stürzt Euch demnach öfter vor Euren Gästen in diesen Teich, um einen Vergleich zu besitzen, mein Fürst?"

"Kaum. Aber ein Welpe könnte Euren Großmut, Euer Wissen mit ihm zu teilen, nicht mehr zu schätzen wissen als ich", versicherte er verschmitzt.

"Natürlich nicht."

"Ihr werdet mich doch nicht auf dieselbe Stufe stellen wollen, meine Liebe?"

Doch.

Noriko atmete durch, während ihre rotleuchtenden Klauen beiläufig über das Muster ihres Kimonos strichen, als könne sie den aufgestickten Reihern dadurch die Federn ausrupfen. Allein, dass er in Betracht zog, mehr als ein Halbwüchsiger zu sein! Was kam als Nächstes? "Welcher Fürst würde schon durch das Wasser schreiten und einem Kinde gleichen?", fragte sie spitz.

"Ich ... verstehe. Das ist im Osten nicht üblich?"

"Nein." Natürlich nicht!

"Ich kann Euch nur dazu ermuntern. Es ist erfrischend", plauderte Isamu, ehe er mit seiner freien Klaue einen aufgefächerten Farn brach, der zwischen Schilf und Rohrbinsen wucherte und schwarze Ähren trug. Ihr Kopfschütteln brachte ihn jedoch auf einen anderen Gedanken: "Fürchtet Ihr um Euren Kimono? Ich könnte Euch tragen, Verehrteste."

Wie bitte? "Nicht nötig."

"Ah, ich vergaß. Ihr wärt sicher zu schwer."

Das ... das war doch wohl unerhört! Erst nannte er sie zu alt, dann übertölpelte er sie zu diesem Spaziergang und nun gipfelten seine unbedarften Fragen in dieser Frechheit? "Ich bewundere Euch", presste Noriko zwischen ihren Lippen hervor. "Euer Mut scheint keine Grenzen zu kennen."

"So würde ich es nicht nennen."

"Wie dann?" Dummheit? Arroganz?!

"Weitsicht", erklärte Isamu, bevor er kehrtmachte und in langen Schritten den Teich hinter sich ließ. Auf der Uferbank angekommen, kaum vier Handbreit von ihr entfernt, bedachte er seine durchtränkten, auf der Haut klebenden Hakama-Hosen mit einem Stirnrunzeln.

Daran zu zupfen, brachte ihm wenig - außer dem Wissen, dass der Schlick auch dort haftete, wo er die Bänder um seine Waden festgezurrt hatte. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr hierauf erpicht wärt. Die vielen Lagen Eures Kimonos besitzen erstaunliches Gewicht und ich hätte vor Eurer Ablehnung an Eure Ärmelschleppen denken sollen. Bei einem Missgeschick dürften sie sich noch schneller vollsaugen als meine Stoffe. Euch in dieser Gestalt zu tragen, würde das Wasser nicht von Euch fernhalten. Die Seide ist einfach zu lang und zu schwer."

Oh. "Da... davon habt Ihr gesprochen?"

"Ja", gab er zurück, während er die Pflanzenstrünke ins Gras warf. "War das zu viel gewagt?"
 


 

17
 

Sie hatte ihn missverstanden. Missverstanden!

Nicht das erste und zu ihrer Schande auch nicht das letzte Mal, obwohl sie ihre Hand vorher dafür in eine Kohlepfanne gelegt hätte, ihm überlegen zu sein! Wie erniedrigend, wenn sie an die Schande dachte, die ihr diese Narretei gegenüber einem älteren, weit mächtigeren Mann eingebracht hätte. Wollte sie so einen Gatten gewinnen?

Noriko wusste nicht mehr zu sagen, wie es ihr gelang, ihren waidwunden Stolz in der Brust zu verbergen, obwohl sie dem achthundertjährigen Sohn des Inu no Taishous inzwischen gegenübersaß. Ein schöner Spaziergang war das geworden!

Im Gegensatz zu ihr hatte er bereits vor Stunden mit der Sitte gebrochen, den Rücken durchzudrücken. Er hielt die Hände entspannt auf seinen gespreizten Oberschenkeln, falls er nicht die ausgerissenen Kräuter neben sich drehte oder lachte - und das tat er oft. Es war ein warmer, unbekümmerter Klang, dem gern eine Kopfneigung folgte, ohne dass er einen Gedanken daran zu verschwenden schien, ob sein zusammengebundenes Haar die Gräser streifte oder nicht.

Am Anfang hatte es sie verärgert, dass er so sorglos mit ihr umsprang, dann verwirrt und nun gestattete es sich Noriko immer öfter, den Düften in der Luft den Vorrang zu geben. Es half ihr dabei, nicht zugeben zu müssen, dass er sie trotz allem unterhalten konnte. Sehr sogar. Seine letzte Anekdote hatte ihre Fantasie in die Sümpfe gelockt, wo er einer Schar Oni einen Hinterhalt verdorben hatte. Zugegeben: Es war eine makellose Idee gewesen, in einer mondlosen, stockfinsteren Nacht auf einem Baum auszuruhen, in dem sieben Bienenstöcke hingen, die beim ersten Angriff wie Felsbrocken herabgefallen waren. Aber warum hatte er ihr verraten, dass er selbst dem Zorn dieser Biester nur mit Glück und völlig zerstochen entkommen war? Herrje.

Kein Wunder, dass sie ihren Unmut nicht verwinden konnte, wenn sie den Worten eines unvorsichtigen Welpens auf den Leim ging. Auf andere Kleinigkeiten zu achten, welche eine vorüberziehende Windbrise mit sich brachte, versöhnte sie jedoch allmählich.

Sie nahm den erdigen Geruch wahr, der an seinen Händen haftete, und die Witterung ihrer Hofdamen, die sie stets an blühende Frühlingswiesen erinnerte. Fumi und Yori knieten noch immer unter den Magnolienbäumen, als habe man sie in Stein gemeißelt. Nur die behutsam geschwenkten Fächer verrieten, dass sie weiterhin atmeten.

Eigenartig.

Wie kamen die beiden nur dazu, derart zufrieden zu sein? Auf ihrem letzten Spaziergang im Norden hatten sie wie nervöse Gänse gewirkt, die jemand schlachten wollte.

Aber nun, wahrscheinlich beruhigte sie die Distanz. Dieses Mal konnten sie aus der Ferne beobachten, ob es ihr gelang, sich die kleinen Samenkörner und Klettwurzeln unbemerkt von der Spinnenseide zu zupfen. Wahrscheinlich kicherten sie sogar darüber, dass ein solch heimtückischer Platz ausgewählt worden war, nachdem Isamu die Stoffe nach Kräften ausgewrungen und gute zehn Schritt vom Ufer aus zurückgelegt hatte.

"Ihr seid in Gedanken, Verehrteste."

"Sollte sich eine Frau nicht stets in Schweigen üben und einem Dämon Eures Ranges lauschen?", gab sie ohne zu zögern zurück.

"Erstaunlich."

Noriko war geneigt, ihre Stirn in Falten zu legen, doch sie weigerte sich, ihm ihre Ahnungslosigkeit unter die Nase zu reiben. "Wie bitte?"

"Fällt es Euch nicht auf? Ich habe die Hälfte des Tages damit verbracht, Euch nicht darauf hinzuweisen, welcher Pfad mir vorherbestimmt ist. Doch Ihr-" Er wollte etwas ergänzen, bevor er einem anderen Impuls folgte und die Silben auf seiner Zunge verwarf. "Später", versprach Isamu. Dann erhob er sich, ohne zu ahnen, dass ihr das sprunghafte Verhalten nur weitere Rätsel aufgab.

Himmel!

In ihren Welpentagen hatte sie sich beständiger verhalten, aber Noriko war zu gut erzogen worden, um das auszusprechen. Was auch immer in seinem Kopf herumspukte, konnte von ihr aus Spinnenweben ansetzen. Es gab sowieso nur eine Handvoll Möglichkeiten, die seinen Satz vollenden mochten.

Eine kleine Zusammenfassung. Ein Lob. Eine Schelte. Selbstbeweihräucherung!

Falls er hoffte, dass sie darüber ernsthaft grübelte, würde er sich nun mit Enttäuschung abplagen müssen. Es war ihr völlig gleichgültig!

Stur kämpfte Noriko gegen die erdrückend schwere Spinnenseide an, erhob sich ohne seine Hilfe und fand genügend Zeit, um den bepelzten Saum zu glätten, ehe er sie wieder mit einem Lächeln bedachte.

Eine Unart war das von ihm.

Frostig hielt sie ihr Kinn höher und sah ihn unter dichten Wimpern an. "Ihr verratet es mir heute Abend, mein Fürst?"

Isamu zögerte, dann breitete sich auf seinem Gesicht ein jungenhaftes, breites Grinsen aus. "Wer hätte das gedacht? Es interessiert Euch!"

Tze. "Nicht mehr als die Wärme der Mittagssonne und der Grund, der meine Hofdamen vor Entzücken seufzen lässt." Noriko nahm es hin, dass er ihre Fingerspitzen ergriff, während eine Herbstböe aufkam und die Gräser rascheln ließ. Die ausgerupften Pflanzen wirbelten prompt gegen ihre Getas, aber unverschämt wie Isamu war, neigte er sich bereits vor und beachtete sein Kraut nicht einmal.

"Ich vermute, ihnen gefällt das Schwätzchen mit Myouga."

Der Floh?

Fumi und Yori saßen bei dem Berater des-?

"Sie unterhalten sich über Euch", verriet er unbekümmert. "Soll ich Euch mehr verraten?"

- - - - - - -
 

Ob das Noriko interessiert, erfahrt ihr in Kapitel #10, "Sandelholz"!

Sandelholz

Abenddämmerung

- Sandelholz -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

18
 

Über ihr ragte der blaue Himmel auf, erstrecke sich über Wipfel und weit entfernte Bergkuppen - und sie stand vor Isamu und bemühte sich darum, die Seidenlagen glattzustreichen, statt ihrer Neugierde nachzugeben.

"Ich bin nicht sicher, mein Fürst", wich sie im sanften Singsang aus, den man im Osten des Landes für sittsam hielt. "Ich könnte meine Hofdamen ebenfalls um eine Antwort bitten."

"Das ist richtig, aber Ihr wüsstet nicht, ob sie alles erwähnen."

Oh, dieser Hund!

Für diese naseweise Feststellung hätte sie ihm am liebsten die Klauen durch das Gesicht gezogen, aber sie wollte kein einfältiges Mädchen sein. "Yori und Fumi würden es nicht wagen, mich zu belügen", bemerkte sie kühl.

"Ich verstehe. Aber ist es auch noch eine Schwindelei, wenn man einen Teil für sich behält?"

"Fällt Euch immer ein Haken auf?", fragte sie.

"Nur, solange Ihr dabei die Lippen kräuselt, als würdet Ihr auf Laichkraut beißen." Er lachte leise und auch ohne, dass sie angestrengt hinhörte, fiel ihr die ungezwungene Jugend in seiner Stimme auf. Der Tag, an dem sein Ton einen dunkleren Klang angenommen hatte, konnte noch nicht lange zurückliegen. Vielleicht vier oder fünf Jahrzehnte - Noriko wusste nicht viel von Männern, doch ihren eigenen Ärger über seine Unverfrorenheit konnte sie jederzeit erkennen.

"Zweifellos", hob sie an, "haben sie nichts Schlechtes erwähnt, denn ihre Worte erheitern Euch."

"Vergesst nicht die Euren", mahnte er vergnügt, ehe er geduldig abwartete und ihrer Hand genug Halt zugestand, um ihr dabei zuzusehen, wie sie auf ihren Getas durch die Gräser schritt. Es war ein edler, unaufdringlicher Anblick: Die Halme teilten sich vor der Hundedämonin wie das Wasser, das durch die Flosse eines Karpfens zerschnitten wurde. Er selbst hatte nicht einmal gewusst, dass dies ohne Youki möglich war. "Sie wünschen Euch einen guten Ehemann", verriet er dann.

"Tatsächlich?"

Ihr unscheinbarer Wimpernschlag vertiefte sein Lächeln. "Offenbar schätzen Eure Hofdamen an Euch mehr als Eure Schönheit. Sie loben Euren Verstand."

Norikos vornehmes, blasses Gesicht hätte an Farbe gewonnen, wäre ihr nicht eingeschärft worden, sich von Schmeicheleien nicht beherrschen zu lassen. Einer verheirateten Frau standen solche Gefühle offen, solange sie von neugeborenen Söhnen und Töchtern umgeben war, doch damit konnte sie nicht dienen. Schließlich neigte sie ihren Kopf, wie sie es immer tat, wenn ihr eine unerwartete Äußerung begegnete und sie verlegen stimmte. "Was mag Euer Berater erwidert haben?"

"Er stimmte ihnen zu."

Nun, das würde ihren Vater freuen - oder aber, begriff sie, zutiefst erzürnen, weil seine Tochter in der Nähe eines Flohs den Mund geöffnet hatte. Doch wann? Sie konnte sich nicht daran erinnern, mit ihm offen gesprochen zu haben. War sie belauscht worden? Das sollte sie dringend herausfinden. "Wollt Ihr mir verraten", spann sie den Faden weiter, der in ihrem Verstand wie ein Weberschiffchen hin und hersprang, "ob sich diese Ansicht verbreiten wird?"

"Welche? Dass Myouga versprach, Euch auch bei meinem Vater zu erwähnen und ihn um eine Empfehlung zu bitten?"

Wie?!

Der Inu no Taishou?

Der mächtigsten Dämon des Westens?

Der Gedanke riss Norikos Blick von der Umgebung fort, in der sich buntes Laub, Klettwurzeln und hinabgefallene Früchte als Hindernisse vor ihrem Kimono auftaten. Sie hoffte, dass dies ein Scherz wäre, doch auf Isamus Zügen fand sich nichts davon.

Dann stand es fest: Man hatte ihr einen Strick geknüpft, der sie den Hals kosten würde. Was sollte der Herr der Hunde denn davon halten, dass sein Berater ihn mit einer fremden Tochter belästigte? Als ob ihr Vater, der Fürst des Ostens, nicht selbst für einen Schwiegersohn sorgen könnte oder sie den Flohgeist persönlich um Beistand angebettelt hätte!

Norikos Stolz wand sich wie eine Schlange, die auf den äußersten Zweig einer Bergkirsche gekrochen war und nun zu ungeschickt baumelte, um den Rückweg zu finden.

Natürlich, versuchte sie sich zu beruhigen, gab es auch die Möglichkeit, dass es ein gutes Ende nahm. Dieser Myouga könnte sein Angebot vergessen oder nach den ersten Silben unterbrochen werden. Daiyoukai, so sagte man, interessierten sich an keinem Ort für die Belange von Damen, solange ihnen die eigene Gattin noch Welpen gebar.

"Verehrteste?", flüsterte er besorgt neben ihr. "Fühlt Ihr Euch nicht gut?"

Noriko schluckte, dann hatte sie sich wieder gefangen und senkte in einer fließenden Bewegung das Kinn vor ihm. "Ich ... ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit. Das war sehr erhellend", erwiderte sie. "Ich hatte das nicht erwartet."

Isamu runzelte die Stirn, doch ehe er einhaken konnte, trug der Wind die Geräusche von unzähligen Schritten, Geplauder und lauten Rufen zu ihnen. Alles war gedämpft, als befände es sich noch in weiter Ferne und hätte nichts mit den vielen Mannslängen zu tun, die den Bereich der westlichen Gärten vom Innenhof der Residenz trennten.

Nun, diese Wende wusste er besser zu deuten, als die umgeschlagene Witterung und Anspannung Norikos. "Die nächsten Gäste scheinen anzukommen." Leise stieß der junge Hundedämon den Atem zwischen den Zähnen hervor, bevor er das Bedauern aus seiner Stimme fernhielt. "Ich hatte Freude an diesem Spaziergang."

"Teuerster?"

"Verehrteste", erwiderte er weich, bevor er nachdrücklich mit seinem Daumen über ihre Fingerknöchel strich. "Hättet Ihr morgen erneut die Güte?"

Falls sie dann noch unter den Lebenden weilte, ja, aber diese Bürde war zu schwer, um sie vor ihm auszubreiten. In diesem Moment schätzte sie das erste und vielleicht auch das einzige Mal seine Angewohnheit, alles spielerisch einfach klingen zu lassen. "Mein Wort gilt wenig in diesen Zeiten. Ihr müsst meinen Vater überzeugen, nicht mich. Bringt mich nicht in Versuchung, das Gegenteil zu hoffen."

"Wollt Ihr mir etwas verraten?"

"Nun?" In seichter Verwunderung wölbte sie ihre Augenbrauen, bis sie der Form des Sichelmondes auf ihrer Stirn glichen.

"Besitzen die Frauen im Osten die Freiheit zu sagen, was sie sich wünschen? Später?" Er wartete ab, doch ihre Lippen schienen mit seinen Worten nichts anfangen zu können. "Wenn Ihr heiratet?", half er aus.

"Oh."

"Das heißt?"

"Ich hoffe, Euch bekümmert meine Ehrlichkeit nicht, aber was sollte ich meinem Gatten schon zu erzählen haben, was er nicht längst wüsste? Die Antwort ist nein. Nie."

"Aber wie soll Euch Euer Mann begreifen, ohne Euch je sprechen zu hören?"

Noriko schlug langsam die Wimpern nieder, weil sie nicht glauben konnte, wie einfach und warm seine Frage in ihrem Herzen nachhallte. Seufzend wandte sie sich wieder dem Weg zu, dessen duftender Grund mit Laub und Früchten ihre Sinne erfüllte. "Zu schweigen ist eine Zierde, mein Fürst. Derlei bietet wenig Grund, einen Ehemann zu verärgern."

"Wie betrüblich. Ich hoffe, Myouga hat meinem Vater nicht eingeredet, mir wäre eine Braut angenehm, die mir nie widerspricht. Sie sollte wenigstens einmal am Tag daran denken."

"Und dann?"

"Dann", griff er ihren Gesprächsfaden auf und schmückte ihn grinsend aus, "könnte ich öfter im Teich Kräuter und Blumenstrünke ausreißen! Stellt Euch nur ihr Gesicht vor! Es müsste dem Euren gleichen."
 


 

19
 

Der schwere Geruch von Chrysanthemen und Tabak drang durch die Ritzen der Holzrahmen und Schiebetüren. Es überraschte Noriko, dass der Erbe des Inu no Taishous sie zurück in das Empfangszimmer führte, aber ihre weichen Schulterpelze umspielten die Spinnenseide ihres Kimonos so ungerührt, als hätte sie nichts anderes erwartet.

Da sie das raue Lachen ihres Vaters hinter der Papierschiebetür hörte, konnte Isamu sie kaum zum Narren halten. Mit dem Fürsten des Osten erlaubte sich niemand Späße. Das bedeutete allerdings auch, dass die neuen Gäste nicht von ihrem Vater oder, wichtiger noch, dem Herrn der Hunde im Hof empfangen wurden - ein deutlicher, wenn nicht sogar ernüchternder Unterschied. Sollte da nicht eine Braut dabei sein?

Oder waren die Gäste noch zu weit entfernt gewesen?

Nein, das konnte kaum stimmen. Die mächtigen Energien hatten bereits das Laub von den Bäumen jenseits des halbmondförmigen Tores gerissen und in wilden, ungestümen Böen hineingeweht. Dazu war das laute Trappeln der Strohsandalen zu hören gewesen, eifrige Schreie und Befehle, dicht gefolgt von klappernden Lacktruhen. Noriko hoffte, dass ihr jemand verraten würde, aus welcher Himmelsrichtung das Gefolge herbei eilte - als Fürstentochter sollte sie zwar schweigsam sein und sich beherrschen, aber es war doch lästig, unwissend zu sein.

Isamu auszuhorchen, nachdem er sie mit diesem elenden Teich geärgert hatte, kam jedoch nicht infrage. Am Ende unterstellte er ihr noch hörbar, neugierig zu sein! Oh, hüten sollte er sich!

Während sie sich gemeinsam der kleinen Dienerin näherten, die bereits die Stirn auf den Nachtigallboden gebettet hatte, prüfte Noriko den Abstand zu ihren Hofdamen. Beide versteckten sich hinter ihren Fächern - und wenn sie klug waren, ahnten sie bereits, dass sie mit ihnen ein Hühnchen rupfen würde. Später!

Nun kippte sie elegant den Geta zur Seite und führte ihn das letzte Mal wie ein Papierschiffchen durch das Wasser, bevor die Schiebetür zur Seite glitt. Dahinter bellte erneut ihr Vater vor Lachen und es erfüllte sie mit Stolz, dass er so eindrucksvoll und hochgewachsen war, um von allen angestarrt zu werden. Furcht und Respekt, das wusste sie, lagen dicht beieinander.

Einzig der Inu no Taishou entzog ihm augenblicklich das Ohr, knurrte rau und deutete mitsamt des rotbemalten Sakeschälchens in den Klauen auf sie. "So sehr ich es schätze, wenn du mir die vergifteten Eingeweide dieser Falkenbrut beschreibst, Takeru: Deine Tochter ist zurück. Ich sollte sie bitten, mir zu erklären, warum ich Algen an meinem Welpen wittere. Sie wird ihn doch nicht in den Teich geworfen haben, statt ihm das Fleisch von den Knochen zu schlagen?"

"Noriko."

Den Tonfall kannte sie zu gut. Ihr Vater mochte neben dem Herrn der Hunde lächeln, aber die Shamisen wagten es nicht mehr zu spielen. Die Wildrosenzweige knisterten unheilvoll unter der Welle Youki, die wie feiner Sand über die Bambusmatten huschte und Rollbilder und Vasen überspülte.

Da sie nicht vorhatte, vor Dienern und Fürsten über Isamus Unwissenheit zu reden, hielt sie sich knapp und sachlich: "Der zukünftige Herr der Hunde zeigte mir lediglich die Gärten. Er kennt keine Zimperlichkeiten."

"Hört, hört", grollte der Inu no Taishou anerkennend und seine finstere Miene gedieh sanfter. "Sie lässt an ihm ein gutes Haar, obwohl ich wette, dass er ihr keinen Grund dafür gab. Es ist ein Jammer, eine solche Schönheit nicht zu würdigen. Setz dich zu mir, mein Kind."

Was?

Noriko glaubte einen Moment, unter seiner Aufforderung zu ersticken. Vor ihrem Auge tauchte jede Möglichkeit auf, mit der sie ihn und vor allem sich bloßstellen, ja, bis ans Ende des nächsten Jahrtausends blamieren könnte. Es gab keinen gefährlicheren Platz, als neben einem Fürsten zu knien, aber dann verschwand Isamus Hand von ihrer Haut und ihr Schicksal wurde besiegelt. Was blieb ihr anderes übrig?

Das Kunststück, die vielen Damastkissen auf den Tatami-Matten nicht zu streifen, gelang ihr trotz aller Unruhe und des viel zu spät gesetzten, ersten Schritts. Ihr Vater sah zu - und sie erkannte in seinen roten, glühenden Augen nicht nur Gefallen über diese Ehre.

"Toga. Sie ist zu alt, um sie noch Kind zu nennen."

"Du hast recht", knurrte der Inu no Taishou, während er verfolgte, wie sich die Spinnenseide der zierlichen Dämonin neben ihm bauschte und dann elegant über den Boden glitt, als wären noch eintausend Beine daran, "ich sollte ihren Namen wählen. Noriko, nicht wahr? In meiner Nähe darfst du dein Kinn ein wenig höher halten. Nur zu!"

"Was hast du vor, du rauer Hund?"

- - - - - - -
 

Sie nervös machen? Das funktioniert in Kapitel #11, "Wildrose I", bestimmt ausgezeichnet. Willkommen im Dunstkreis des zukünftigen Schwiegervatis!

Wildrose I

Abenddämmerung

- Wildrose I -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

20
 

Der Inu no Taishou blickte lauernd zur Seite und in seinen Augen gedieh ein Rotschimmer, der dem Knurren in seiner Kehle weit vorausging. Dass er vor seiner Antwort die Fingerspitze unter Norikos Kinn legte, um es zum sichtbaren Ärger ihres Vaters Takeru weiter anzuheben, goss nur noch mehr Öl ins Feuer. Sein alter Freund und Nachbar verstand keinen Spaß. Innerhalb eines Wimpernschlags blätterte an den nahen Wildrosenzweigen die Rinde ab und wurde so schwarz wie die verkohlten Blüten.

Lächerlich.

"Halte mich nicht für einen Narren, Takeru", grollte der Fürst des Westens prompt. "Mir ist keine Tochter geboren worden, mit der ich die zukünftige Mutter meiner Enkel vergleichen könnte! Die Ehre, neben mir gesessen zu haben, wird ihr nicht schaden."

"Rühr sie nicht an."

"Oder was?"

Die Stille, die sich im Empfangszimmer wie Mordlust ausbreitete und den eingeflochtenen Seidenstücken der Bambusmatten die Fäden herausriss, zerschellte erst am hölzernen Räuspern Isamus.

Der junge Hundedämon bemerkte wohl, dass sich die Dienerin hinter ihm unsichtbar wünschte, als ihm alle feindseligen Blicke zuflogen, doch er nahm sich zusammen und musterte im Auge des Sturms Norikos gestreckten Hals. Unweit der Klauen seines Vaters konnte er das Pochen ihrer Schlagader erahnen und das war ihm Grund genug, den Mund zu öffnen, obgleich sein Rang unter denen der Daiyoukai lag.

"Ich hörte Myouga sagen", begann er bedächtig, "Neid und Eifersucht seien die schärfsten Schwerter der Frauen. Unerkannt bringen sie durch eine Braut Verderben und Unruhe in jede Residenz. Eure Tochter, Fürst des Ostens, dürfte derlei leicht durchschauen und parieren können. Ihr baldiger Gatte sollte es zu schätzen wissen, dass sie es gewesen ist, an der die zukünftige Fürstin des Westens gemessen wurde. Ich täte es."

Isamu deutete eine Verneigung an, ehe ihm das Zähneknirschen und ein scharfes Schnauben verrieten, wie anfällig das Gemüt von Norikos Vater für dieses Eingeständnis war.

Der alte Dämon streckte sich, dann neigte er anerkennend den Kopf. "Du bist für dein Alter außerordentlich gescheit, Junge. Dieser Flohgeist scheint nicht umsonst zu schwatzen", entschied Takeru, ehe sich ein Ausdruck auf seine Züge schlich, der die Heimtücke der Schlangendämonen in den Schatten stellte. Seine Fangzähne blitzten scharf und reißend auf. "Ich will sehen, ob dein Schwert ebenso viel taugt wie deine Zunge. Im Morgengrauen darfst du dich mit einem meiner Generäle messen. Betrachte es als Gelegenheit, deine Braut zu beeindrucken!"

Knurrend wandte sich der Fürst des Ostens wieder ab, ohne sich um den aufklappenden Mund des Welpen zu scheren. Den Versuch, ihn ein weiteres Mal anzusprechen, verdarb Takeru mit einer Handbewegung, dann stützte er sich auf seine Oberschenkel und furchte die Augenbrauen zu tödlichen Sicheln. Die Damastkissen unter seinen Knien knisterten bedrohlich, als er sich erneut zum Herrn der Hunde lehnte. "Du siehst, Toga, ich bin heute nicht weniger großzügig als du. Nun können sie uns beide bis auf die Knochen blamieren!"

"Das wagen sie sich nicht", zischte der Inu no Taishou, während er die Klauen von Norikos Kinn entfernte und ihren leisen, flatternden Atemzug mit einem Lächeln hinnahm. Danach packte er das Sakeschälchen in seiner anderen Hand fester und stürzte den letzten Schluck Maulbeerwein die Kehle hinab, ehe er das rotbemalte Gefäß der Tochter seines Gastes überließ. "Hier."

"Ich danke Euch", flüsterte sie gehorsam, aber das Herz schlug ihr fast bis zum Hals. Schon wieder diese Geste, auf die sie niemand vorbereitet hatte! Im Osten gab es nur Blicke, keine Berührungen oder aus Ton gebrannte Waren von einem Mann. Was sollte sie nun mit diesem geleerten Ding anfangen? Ihm nachschenken?

Nein, begriff sie. Er winkte einer anderen Dienerin zu, die rasch auf Knien näherrutschte und sich beim Überreichen eines neuen Schälchens kleiner als ein Kieselstein machte, über den die Brandung hinwegstob.

Noriko hätte sich gewünscht, mit ihr tauschen zu können, sobald sie zurückwich, doch sie würde sich unter den Rollbildern nicht wohler fühlen. Auf einem waren üppige Wälder und Flussläufe gemalt, in denen Dämonen mit Krallen und Schuppen lauerten - und der mächtigste, ein graues Ungetüm, wurde von einem gewaltigen Hund wie Seide zerrissen.

Nach einem Blick auf die angespannten Klauen des Inu no Taishous ermahnte sie sich jedoch, ihre Fassung zu bewahren. Bloß nicht töricht werden! Wie viele Frauen mochte es geben, die in ihrem Alter seine Hand nahe der Kehle überlebt hatten? Eben.

Entschieden presste Noriko die Fingerspitzen gegen den Schalenboden und Rand, dann verfluchte sie in Gedanken den gesamten Westen, dessen Fürsten und auch Sohn. Gewiss wäre ihr dieses Debakel erspart geblieben, hätte sich Isamu nicht in den Teich begeben und sie zu dieser albernen Ausrede gezwungen, um ihn und sich nach dem gemeinsamen Spaziergang nicht bloßzustellen.

Ja, zugegeben: Ihm war erneut das Wunder gelungen, den Unmut ihres Vaters zu zerstreuen. Sie verstand nicht, weshalb der mächtigste Mann des Ostens ihn auch noch mit einem Schwertkampf ehrte - aber dafür schuldete sie ihm nichts. Gar nichts!

Unter dichten Wimpern musterte sie Isamu, der sich beiläufig mit einer Klaue am Kinn kratzte und dann klammheimlich zweimal gegen seinen Kiefer tippte.

Noriko blinzelte entrüstet, weil er es schon wieder wagte, sie obendrein anzulächeln, bis sie verstand.

Grundgütiger!

Rasch korrigierte sie die Neigung ihres Kopfes um zwei Fingerbreit hinauf, was der Höhe entsprach, die ihr der Inu no Taishou erst im allerletzten Atemzug zugebilligt hatte. Ihr Nacken brannte förmlich, aber das dunkle Grollen an ihrer rechten Seite setzte derart nachdrücklich ein, als hätte der alte Fürst nur darauf gewartet.

"Gut so, Noriko", raunte er. "Du lernst schnell. Es sind die Feinheiten, die deinen Gatten einst davon abhalten werden, dir das Genick zu brechen."

Wie reizend, dachte sie nüchtern, auch wenn ihr das Kompliment und der Rat in seinen Worten schmeichelte. Seine Offenheit war nicht selbstverständlich, obwohl er ihr damit nur eine Lektion ihres Vaters aufwärmte: Dämonen erwarteten Stärke, Nachkommen, mehr noch: Perfektion.

Wen wunderte es da, dass beide den Namen Sesshoumaru begrüßt hatten, der all das in sich vereinte? Sie tat es nicht minder, dabei trennten sie Jahrtausende an Wissen und Macht. Die wulstigen Narben im Gesicht des Inu no Taishous warnten sie jedoch davor, ihn für allzu entgegenkommend zu halten. Ein Fürst war vieles, doch das mit Sicherheit nicht.

Sie musste das Beste aus dieser Gelegenheit schöpfen und begreifen, wie sie diesen fremden Daiyoukai gnädig stimmen konnte, ehe der Tag vorüber war. Dazu musste sie auch reden. Isamu hatte recht: Weder Fürsten, noch ihre Söhne ließen sich durch sittsames Schweigen gewinnen. Wenn sie das richtige Gespür entwickelte und auf einen anderen Mann übertrug, bekam sie die Ehe, nach der sie sich verzehrte - nicht das Abbild dessen, was ihr Vater für sie vorgesehen hatte. Nur Mut!

"Mein Fürst." Elegant wie fließendes Wasser deutete Noriko mit der freien Hand, die unter dem duftenden, stahlblauen Seidenstoff kaum zu sehen war, auf dieselbe Stelle ihres Halses, welche er erst berührt hatte. Er starrte sie unversehends mit einer Intensität an, die ihre Stimme beinahe zum Zittern brachte. Aber dann erinnerte sie sich an das Geschick ihrer Mutter, die stets am leisesten sprach, wenn bereits jeder an ihren Lippen hing.

Sie ahmte es nach, während das Antlitz ihres Vaters tödlich hinter dem des Inu no Taishous aufragte. "Vergebt mir, das Wort an Euch zu richten. Doch würde ich gestatten, dass mein Gefährte meine Kehle in Stücke reißt, hätte ich ihm die Zeit gestohlen, etwas Wichtigeres zu tun. Wie könnte ich ihn je auf diese Weise behelligen? Derlei liegt mir bereits heute fern."

Einen Moment geschah nichts, dann brach die missbilligende, ungehaltene Miene des Herrn der Hunde in Heiterkeit aus. Sein bellendes Lachen erschrak die Dienerinnen derart harsch, dass drei von ihnen die Stirn auf die Bambusmatten gesenkt hatten, ehe er sich zu Norikos Vater drehen konnte. "Oh, Takeru! Du hättest mir sagen sollen, wie entzückend sie redet! Es lässt mich fast vergessen, dass sie auch Klauen und Fangzähne besitzt."

"Tze", erwiderte der andere Dämon, während jenseits der Papierbespannungen das Singen der Nachtigallböden die herannahenden Gäste ankündigte. "Ich war aufrichtig genug, als ich dir empfahl, mein eigen Fleisch und Blut nicht anzurühren, Toga. Du kennst die Weisheiten unserer Väter."

Der Inu no Taishou glättete den blutroten Obi, ehe er die Mundwinkel so weit lupfte, dass seine sichelförmigen Youkaimale auf den Wangen emporsprangen. "Hüte dich vor schönen Worten-"

"-sie sind dir Zierde und Untergang!"

"Wie wahr. Aber über Schwiegertöchter sprachen sie nie", fuhr Toga fort, ehe er den Blick über die mit Perlmutt verzierten Schildpattnadeln in Norikos Haaren wandern ließ und Rot seine Augen erfüllte. "Mein Sohn soll es besser nicht wagen, mich mit seiner Wahl zu beleidigen."

- - - - - - -
 

Sesshoumarus liebenswerter Großvater, ja ja. Was sagt Isamu denn dazu? Erfahrt es in Kapitel #12, "Wildrose II".

Wildrose II

Abenddämmerung

- Wildrose II -
 

Autor: Morgi

Beta: - - - -

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

21
 

Isamu spannte instinktiv die Handknöchel an, doch das Gefühl der Bedrohung kam und ging wie eine leichte Brise, die kaum das Blatt einer Zeder wölben konnte. Sein Vater zeigte kein Interesse daran, der ersten Warnung noch eine zweite folgen zu lassen - und das allein war so ungewöhnlich, dass er wachsam die Brauen zusammenzog.

Lag dieses Verhalten an Noriko?

Sein alter Herr betrachtete sie aus den Augenwinkeln, während die spitzen Klauen das Schälchen umfassten: Und sobald die Tochter ihres Gastes die Wimpern niederschlug, umspielte sein Mund ein Ausdruck der Zufriedenheit, als hätte er sich die beste Gesellschaft ausgesucht. In der Luft schwamm etwas Besitzergreifendes mit, das die schwere Witterung von Holzrauch, Tabak und Maulbeerwein durchsetzte. Wie seltsam.

Isamu rieb sich erneut über das Kinn.

Er wusste, wie es aussah, wenn sein Vater Gefallen an einer Hundedämonin fand und dieser unter den Augen seiner verehrten Mutter den Hof machte, doch dieses Spiel hier ging nicht über Blicke hinaus. Noriko hatte ihre stahlblauen Seidenstoffe, auf denen die Kranichstickereien die Flügel ausbreiteten, für sich. Nur ihre Fingerspitzen waren darauf gebettet - doch ehe Isamu dazu kam, die weiche Haut ihrer Handgelenke zu mustern, fiel ihm der scharfe Blick des östlichen Fürsten auf.

Oh.

Rasch zog er die Schultern höher und hoffte, dass man ihm die Neugierde nicht falsch auslegen würde. Er hatte gewiss nicht beabsichtigt, sich der älteren Erbin als Ehemann zu empfehlen, weil er wissen wollte, was sich unter dem Krepp verbarg: Das käme ihn teuer zu stehen. Zu teuer!

Wenn er den Fürsten des Ostens vorher verärgerte, würde ihn der Kampf im Morgengrauen das Leben kosten. Auch ohne dessen Zorn war die Chance verschwindend gering, einen erfahrenen und verbissenen General mit einem unentschieden abspeisen zu können.

Zu gewinnen ...

"Junger Herr", flüsterte es da. "Junger Herr!"

Myouga. Oh, den musste seine gnädige Mutter schicken.

Isamu warf einen Blick hinab auf die Bambusmatten, wo sich der kleine Flohgeist im Schatten eines Damastkissens verbarg und eine Troddel nutzte, um ungeniert an den Fransen vorbeischielen zu können. Auf der Stirn des Beraters perlte der Schweiß, dann zuckte er mit seinem Saugrüssel und einer Augenbraue, als könne er nicht glauben, dass sich der Inu no Taishou von einer Fürstentochter berichten ließ, wie viele Spinnendämonen ausgeweidet worden waren, um ihre Fäden an sich zu reißen. Unglaublich! Er lobte sogar den Vater dafür, mit einem Prankenhieb einem halben Dutzend der Biester den Garaus gemacht zu haben, woraufhin der lachend bellte!

"Was bedeutet das?", hauchte Myouga nervös. Er war doch nur wenige Augenblicke, bestenfalls eintausend Herzschläge, fortgeblieben! Wie kam es zu diesem Arrangement?

Nein, darum musste er sich später sorgen.

Myouga schnaufte, ehe er die Aufmerksamkeit seines Schützlings nach hinten, zum anderen Ende des Empfangszimmers, lenkte. Dort glitten die Papiertüren auf und eine eindrucksvolle Welle Youki trug allerlei Gerüche hinein. Feiner Jasmin, Holzkohle und frisch polierte Metalle drangen Isamu prompt in die Nase - und dass er den Atem ausstieß, statt die Hand über den Mund zu legen, brachte ihm auch nur den Ärger des kleinen Flohs ein.

"Wehe Euch!", flüsterte Myouga harsch.

"Ist das üblich für-?"

"Den Süden, ja. In der Tat. Es härtet ab", wusste der Berater zu nuscheln, ohne sich um die zweifelnden Augen des Welpen zu scheren. Ihm fiel es nicht schwer, dessen Gedanken zu erraten: Er war selbst ganz erschüttert gewesen, als er die Duftwolke im Innenhof wahrgenommen hatte und an seine empfindlichen Herrschaften dachte. Aber wer sollte auch ahnen, dass ihre Gäste diese Tradition nicht zugunsten der Brautschau aussetzten?!

Wenigstens verzichtete Isamu darauf etwas Unziemliches auszusprechen. Der achthundertjährige Welpe beobachtete schweigend, wie sich nahe der bespannten Schiebetüren die Dienerinnen niederwarfen - auch Fumi und Yori knieten dort, als seien sie ein Teil des westlichen Hausstandes. Die übrigen Hofdamen Norikos säumten die Plätze hinter ihnen, die Stirn auf den Nachtigallböden. Warum sie sich dazu gesellt hatten, war leicht zu erahnen. Niemand durfte die Blicke hochrangiger Gäste erwidern, geschweige denn einem fremden Fürsten im Wege stehen.

Dessen imposante, breite Gestalt schob sich wie ein Fels durch Magma, als er räuspernd den Holzrahmen durchschritt. Nur ein Narr hätte seiner Familie unterstellt, hinsichtlich seiner Rüstung in den Ruin getrieben worden zu sein: Bereits die winzigen Schnallen besaßen die Größe einer Faust, der Wanst verschwand hinter glänzendem Metall. Dazu trug er das Haar in einem öligen Knoten und das feiste, aufgedunsene Gesicht wie einen auf den Hals gesetzten Reiskloß.

"Der Herr des Südens, Fürst Yuusei", soufflierte Myouga so leise, dass Isamu die Ohren spitzen musste. "Wie ich Euch bereits gestern berichtete", und er sollte verflucht sein, wenn der Junge das bereits wieder vergessen hatte, "man sagt, er besiegte die gerissenen Falkendämonen in seiner Heimat ganz allein."

"Ist er über sie hinweggerollt?"

"Das ist nicht witzig! Fällt Euch nichts auf?", zischte Myouga, bevor er seinem Schützling ins Schulterfell sprang und ihm gegen die Härchen schlug. Der Welpe zuckte sofort zusammen, da dies für Hundedämonen eine empfindliche Stelle darstellte, doch ehe etwas anderes geschah, ereilte ihn ein Gedanke.

Natürlich.

Sein Vater, der Inu no Taishou, saß ungerührt und mit versteinerter Miene am weitesten von den Schiebetüren entfernt. Das war der Platz, der die größte Macht im Empfangszimmer für sich beanspruchte - und er hatte ihn nicht zu sich geholt, sondern ließ ihn mit dem Rücken zu den Gästen sitzen. So, als bräuchte er trotz seiner Jugend keinen Schutz mehr.

Dieser gerissene, alte Daiyoukai ...

"Er brüskiert ihn."

"Nein", erwiderte Myouga kopfschüttelnd, ehe er die Augen zu schmalen Schlitzen zusammenkniff und den Bewegungen des frisch eingetroffenen Fürsten folgte. Es war viel schlimmer: "Er testet ihn."
 

22
 

Noriko atmete flach ein, doch ihr nützte nicht einmal die Erfahrung mit den parfümgetränkten Ärmelschleppen ihrer Mutter etwas. Die Gerüche hatten sich längst in ihrem Verstand festgesetzt und es war unmöglich, sie wieder auszusperren. Klebriges Harz, das ihr auf der Reise in den Westen zwischen Fingerkuppen und Klauen festgehangen war, hätte sie nicht weniger reizen können - aber sich Blöße zu geben, kam nicht infrage. Sie würde darüber ebenso wenig klagen, wie über den Geruch der Chrysanthemen oder den Anblick Isamus, der klammheimlich die Lippen bewegte. Was auch immer er dort tat, war nicht weniger wagemutig als der Gast, der in seiner festgeschnürten Rüstung wie ein Kugelfisch aussah. Kein Wort!

Ihre Zukunft hing an ihrer Beherrschung und welches Recht besaß sie, einen Mann zu schelten?

Still lauschte Noriko ihrem eigenen Herzschlag, der das Blut durch ihre Adern trieb, dann sah sie verstohlen zu ihrem Vater. Sie knieten auf derselben Höhe, seit der Inu no Taishou sie an seine Seite geholt hatte, und falls er an irgendetwas im Raum Anstoß nahm, verbarg er es ausgezeichnet. Wie verrückt!

Sie erinnerte sich gut daran, wie ungnädig er mit ihren ersten Versuchen gewesen war, in seiner Nähe das Kinn zu neigen. Alles an ihr hatte er beanstandet und mit tobendem Youki vergolten. Und wie oft hatte man ihr nach dem Leben getrachtet, ja, ihn damit dummerweise angelockt, sodass er die Reste seines Zorns nach einem Kampf über ihr und sämtliche Hofdamen ausbreitete, als ob er sie ersticken wollte?

Nach all den Jahrhunderten war es beunruhigend, ihn über die Erzählungen kühl lächeln zu sehen, die sein alter Bekannter von ihr einforderte. Da ihr Vater sich allerdings nicht vor dem zweiten, eingetroffenen Gast verneigte und der Inu no Taishou ihr einen auffallend langen Blick gönnte, ahnte sie noch etwas Anderes: Man erwartete von ihr, die Neuankömmlinge ebenso wenig zu ehren. Nein, mehr noch.

Sie durfte die Brautschau mit hocherhobenem Haupt verfolgen - wie ein ranghoher Mann es sonst tat!

Noriko presste die Lippen aufeinander, um die Aufregung niederzuringen, die sie erfasste, als der Herr der Hunde neben ihr die Stille brach.

Sein Youki stieg empfindlich an, schlug Isamu ungehindert in den Magen - und doch hatte er nichts für dessen Biss auf die eigene Zunge übrig.

"Der Fürst des Südens, Yuusei", knurrte er knapp. "Es ist lange her. Mein Sohn war noch nicht geboren."

"Ebenso wenig mein Welpe", erwiderte der andere mit einer Fistelstimme, die wie kratzende Klauen auf Schieferstein klang. Er nahm sich die Zeit, einen nach dem anderen zu mustern und der Inu no Taishou stellte sie ihm finster und abgehackt vor. Dann zeichnete sich in den vollmondhaften Zügen Yuuseis ein Lächeln ab und er deutete auf die Papiertüren, wo ein als General gekleideter, grobschlächtiger und hagerer Hundedämon zur Seite trat. Der Herr des Südens schien den Anblick wie einen Tropfen Honig auf der Zunge zergehen lassen zu wollen. "Ihr seht, ich hatte allen Grund, dieses Juwel zu verbergen! Meine Tochter ist von betörender Schönheit!"

Das - so musste Noriko nach dem ersten Stoffrascheln hinter dem Holzrahmen anerkennen - war tatsächlich der Fall.

Die Seide glänzte grün wie die prächtigsten Wiesen und zeigte Bambuswedel, die mit verschwenderischen Goldfäden dem Leuchten ihrer Augen schmeichelten. Im Gegensatz zu ihrem Vater hatte sie ein kleines Kinn, porzellanweiße Haut und glitt hinein, als sei sie ein Papierschiffchen. Auf den Tatami-Matten verneigte sie sich mit einer Eleganz, die Isamu drei Ellen weiter sitzend innehalten ließ. Kein Lächeln.

Nur verwirrtes, gebanntes Starren.

Noriko sah dank seines Mundes, dass er den ersten Satz wieder verwarf - und wenn sie das aufschnappte, mussten es auch ihre Väter können, die einander einen einzigen Wimpernschlag gönnten.

Ja, ganz recht: Er war wirklich unverschämt einfach zu beeindrucken. Himmel!

Die Stille kroch über die Rollbilder und Lacktischchen hinweg, doch ehe sich Noriko erneut auf das selige Grinsen des im Empfangszimmer stehenden südlichen Fürsten stürzen konnte, vernahm sie Isamus um Höflichkeit bemühtes Husten.

"Euer Weg muss lang und beschwerlich gewesen sein, verehrter Fürst, doch ... kann Eure Tochter auch reden? Meine Begleitung am Morgen fand keinen Gefallen daran, den Bambus unter ihren Knien zu bevorzugen."

- - - - - - -
 

Immer auf die armen Fürstentöchter. Autsch! In Kapitel #13, "Wildrose III", wird es etwas giftig.

Wildrose III

Abenddämmerung

- Wildrose III -
 

Autor: Morgi

Beta: - - - -

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

23
 

Die Frage seines Schützlings erwischte Myouga wie das Holzende eines Tuschepinsels, der sich in sein Herz bohren wollte. Einen Moment rang er nach Luft, dann widerstand er der Versuchung, dem unverschämten Welpen das Fell zu gerben.

Oh, warum war er nur der Berater dieser unsäglichen Familie geworden? Er sollte es doch allmählich besser wissen! Der junge Hund verlor grundsätzlich seinen Verstand, wenn er als armer Flohgeist in seinem Schulterfell saß, statt am anderen Ende des Westens die Fingerspitzen in seine Ohren zu stecken. Reden sollte die Dame?

Eine Braut konnte kaum ungestraft sprechen, solange sie vor ihrem zukünftigen Schwiegervater kniete und der den Eindruck erweckte, als ob er jeden Anwesenden mit einem Schwerthieb in die Unterwelt schicken wollte! Nur, weil der Inu no Taishou beschlossen hatte, seine Gäste zu prüfen, musste er doch nicht seinem Vater nacheifern und das nächste streitlustige Fass ins Rollen bringen! Und auf wen würde das alles zurückfallen?

Myouga spürte das Blut in seinen Adern rauschen, dann nuschelte er elend: "Ihr bringt mich ins Grab, junger Herr." Und er konnte noch nicht einmal fliehen, weil es eine Beleidigung seines Gebieters wäre, ohne Aufforderung zu verschwinden!

"Wie?" Isamu hob eine Augenbraue, aber ehe er dazu kam, sein Gesicht dem kleinen, schwarzen Punkt hinter dem Kimonokragen zuzuwenden, löste sich die Stille im Raum auf.

Einige Chrysanthemenzweige begannen zu schwanken, als sich Fürst Yuusei mit funkelnden Augen gegen den Krötenhals klopfte und selbstgefällig sein Youki über die Tatamimatten schob.

Die zierliche Hundedämonin, die zwei Schritt von ihm entfernt kniete, verstand sofort. Rasch nahm sie die gespreizten Finger vom Bambus und hob die Schultern soweit, dass man die grünen Seiden wie die Gräser wogen sah. "Wie könnte ich Eurem Wunsch widersprechen, mein Fürst?", hauchte sie sanft. "Seit siebenhundert Sommern denke ich an nichts anderes. Ich werde mich in jeder Hinsicht als nützlich erweisen."

"Tatsächlich?", erwiderte Isamu stirnrunzelnd, aber er hütete sich davor, nachzufragen, für welche Belange das gelten sollte. Vater hatte ihm bei der ersten Gelegenheit, eine Gefährtin zu wählen, im Nachhinein sehr deutlich gemacht, dass Neugierde auch darin münden konnte, mit dem Kopf voran in einem eisigen Bachlauf zu enden. Zappelnd, so wie ein Fisch. Ihm tat der Nacken weh, wenn er nur daran dachte! "Eure Reise", fuhr er schluckend fort, "führte Euch an einem Vulkan vorbei, nicht wahr?"

"Ja, mein Fürst."

"Würdet Ihr ihn erneut besuchen wollen?"

"Alles, was Ihr wünscht." Sie streckte sich, als wollte sie die Gelegenheit nutzen, sich von den Seideneinfassungen der Matten zu lösen, und den niedrigen Lacktischchen und Damastkissen einen lobenden Blick zu gönnen. Ihre Mundwinkel hoben sich fast perlend an. "Sollte es Euer Begehr sein, mein Fürst, folge ich Euch noch heute."

"N-nicht nötig", erwiderte er knapp, bevor er sich zu einem entschuldigenden Lächeln durchrang. "Ich wollte sagen: Vater sprach von einem Meisterschmied, der sich dort mit seinem Lehrling vor Kurzem niederließ. Ich dachte, Ihr hättet einen der beiden getroffen und könntet mir zunächst von ihnen berichten. Doch dem scheint nicht so zu sein? Nun, wie stellt Ihr sie Euch vor?"

"Wie jeden anderen Mann, mein Fürst, der seinen Klingen alle Ehre macht."

"Oh." Das war alles?
 

24
 

Unglaublich.

Noriko hätte am liebsten die Stirn auf die kühlen Bambusmatten gebettet und geseufzt, weil sie sich ein geschickt eingefädeltes Gespräch erhofft hatte, aber das ... das gestaltete sich nervenzehrend und langweilte sie entsetzlich. Klang sie ebenso ausweichend? Nein, das konnte nicht sein. Um ihretwillen war er durch die Uferböschung und den ersten knietiefen Ausläufer des Teiches gewatet.

Wie kam Isamu nur auf diese seltsamen Fragen? Rechnete er ernsthaft mit einer zufriedenstellenden Antwort, wenn er sich über Dämonen unterhalten wollte, die zwischen Asche, Ruß und glühendem Metall ihr Dasein fristeten? Für eine Frau war das ein gefährliches Terrain unter den Augen fremder Herrschaften. Das sollte ihm doch sein Berater in den vergangenen Jahrzehnten verraten haben: Gab eine Dame zu, unwissend zu sein, zog das eine Blamage ins Haus - aber verweigerte sie die Antwort, konnte das als Hochmut und Beleidigung für den ranghöheren Mann verstanden werden, was in einer hundertjährigen Fehde mündete. Sollte ihm danach der Sinn stehen?

Als Welpe?

Misstrauisch atmete sie ein, ehe sie eine Bewegung in den Augenwinkeln erhaschte. Innerhalb eines Wimpernschlags waren ihre Schultern wieder steif und das Kinn elegant erhoben, doch der Inu no Taishou schien auf ihre Gesten nicht weiter zu achten.

Geduldig bettete er neben ihr das Kinn auf die Faust und flüsterte rau: "Noriko, mein Kind. Hat er auch dir von den fruchtbaren Ebenen und Teichen der Kappa berichtet, die am Fuße des Vulkans liegen?"

"Nein, mein Fürst", versicherte sie. "Ein solches Geheimnis scheint Euer verehrter Sohn seiner Braut vorzubehalten."

"Wie wahr. Sie hängt an seinen Lippen." Der Herr der Hunde bleckte die Fangzähne, bevor er erneut ein leises Bellen ausstieß und Noriko noch deutlicher das Gesicht zuneigte. Es bestand kein Zweifel daran, dass er das Interesse des südlichen und östlichen Fürsten prompt über sich hereinbrechen spürte - sein Fell richtete sich auf, als wäre ihm beides zuwider -, aber das hielt ihn nicht davon ab, sie anzufunkeln und das Sakeschälchen anzuheben. "Du tust es ebenfalls. So gebannt durch seine Worte?"

Wie bitte?

Wollte er ihr einen Strick daraus knüpfen? Als Frau war es ihre bedauernswerte Pflicht, jedem Nachkommen zuzuhören, doch das konnte sie ihm ja schlecht naseweis vor die Füße spucken. "Ich bin bemüht darum, zu lernen."

"Von ihm?"

"Er ist der zukünftige Herr der Hunde", hakte sie ein. "Es wäre vermessen zu leugnen, nicht in ihm Eure Weisheiten wiederzuerkennen."

"In der Tat", stimmte er zu, bevor seine Stimme einen lauernden, drohenden Unterton annahm. "Wie mutig von dir zu behaupten, ihm auch nur eine einzige meiner Eigenheiten ansehen zu können!" Die roten Fäden, die sich wie eine Feuersbrunst durch seine Augen fraßen, ließen sie so heftig erbleichen, dass ihre Zunge beinahe am Gaumen kleben geblieben wäre.

"V-verzeiht, mein Fürst. Ich habe zu viel gewagt."

"Ernte, was du gesät hast, und gib mir ein Beispiel."

Nein.

Nein, nein, nein! Was hatte sie getan? Sie war ihm ins offene Schwert gelaufen! Doch es schien zu spät, um sich auf die Lippen zu beißen. Jede weitere Hoffnung, der Forderung zu entschlüpfen, zerschellte bereits an den Blicken, die man ihr inzwischen zuwarf.

Den Fürsten des Südens beflügelte ein erheitertes Schmatzen, ihren Vater ein Knurren und Isamu ...

Natürlich.

Ausgerechnet jetzt musste er damit aufhören, seine potentielle Braut mit Worten einzudecken! Seine Klauen lagen ausdruckslos auf den gespannten Seidenstoffen seiner Hakama-Hosen, ehe er seine Nase kräuselte und zwischen Erstaunen und ... was war das? Mitleid?

Tat sie gerade einem achthundertjährigen Sohn leid?

Sie?

Das Gefühl, das in Norikos Hals kratzig und schwermütig aufwallte, schlug schaumige Wellen, als sie zu allem Überfluss auch noch die Kopfneigung der zweiten Fürstentochter im Raum aufschnappte. Deren sorgsam geschminktes, makelloses Gesicht zierte ein Lächeln, das die Lippen wie ein zartes Blütenblatt teilte - oder eine finstere Grotte, in der ein Ausbund an Schadenfreude begraben lag.

So war das also.

Dieses junge Ding erfreute sich an ihrem Fehltritt.

"Mein Fürst?", tastete sie sich mit schwelender Wut und spitzer Zunge heran. "Ich will Euch so viele Beispiele geben, wie Ihr verlangt. Das erste sei: Euer Sohn versteht sich wie Ihr darauf, einer Frau mit Nichtachtung zu begegnen, sobald sie seine Zeit verschwendet. Ich fühle mich geehrt, dass mir sein und auch Euer Schweigen bisher erspart blieb. Nicht jede Dame kann dieses Glück ihr Eigen nennen, wie man sieht."

- - - - - - -
 

Was hat Sesshoumaru doch für eine reizende Mutter. Das wird wohl keine Begeisterungsstürme in Kapitel #14, "Wildrose IV", auslösen.

Wildrose IV

Abenddämmerung

- Wildrose IV -
 

Autor: Morgi

Beta: - - - -

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Die Geschichte wird durch meine Rückkehr auf Animexx erneut hochgeladen.

- - - - - - -
 

25
 

Als die Braut des Südens ihren Mund zu einer mühsam beherrschten, dünnen Linie zusammenpresste, erfüllte Noriko eine tiefe Zufriedenheit. Kein anderes Gefühl zeigte die Überlegenheit einer Hundedämonin des Ostens besser als jene Genugtuung, welche von ihrem Vater mit einem leisen Bellen angestachelt wurde. Ja, der Lohn gefiel ihr: Sehr sogar. Er klang rau und wild wie das Wasser, das sich mit Gewalt einen Weg durch das Flußbett suchte und Rücksicht für das Tagewerk eines Narren hielt. Sie hatte die Stimme ihres Vaters in allen Tonlagen vernommen, seit sie die ersten Schritte unter seinen Blicken gelaufen war, und die meisten davon jagten ihr schon im Tageslicht eine furchtbare Gänsehaut die Unterarme hinab.

Ihn in diesem Moment zu amüsieren, hieß vor anderen Dämonen gehört zu werden. Wert zu besitzen!

Was konnte eine Fürstentochter mehr verlangen?

Ihr Kinn blieb gestreckt, während sich die Kanten der verkohlten Chrysanthemenblätter erneut wölbten. Der zweite Gast, Fürst Yuusei, starrte sie aus seinen Glubschaugen an, während sein Youki die Blütenzweige wie trockenes Holz entzweibrechen und die Überreste auf die Sockel der Glasvasen hinabrieseln ließ - aber ihre Mundwinkel konnte er nicht senken.

Noriko neigte ihren Kopf nur vor dem Inu no Taishou, der die Fangzähne gebleckt hielt und dem feinen Schwung ihrer Lippen folgte, als hätte er in ihrem Rachen eine Meisterklinge entdeckt. Dann schloß er seine Klauen fester um das rotbemalte Sakeschälchen und hielt das Gefäß auffordernd in Richtung seines Sohnes.

"Sieh ihn dir an", forderte der Hausherr Noriko auf, "nun hängt er an deinen Lippen!" Für einen Augenblick blieb es still, ehe der Herr der Hunde zu lachen begann, bis nicht einmal Isamu mehr zu sagen vermochte, ob sein verehrter Vater gerade die Neuankömmlinge oder ihn vor der gesamten Dienerschaft beleidigt hatte.

Eines stand für ihn jedoch fest: Die fremde Dämonin neben ihm hatte ihren verletzten Stolz in einem einzigen Rascheln des Seidenkrepps heruntergeschluckt - und wenn sie Noriko für die Blamage einen Blumenkranz flechten würde, verstand er noch weniger von Frauen, als seine Mutter immer behauptete.

Angespannt schob Isamu beide Brauen hinauf, dann versuchte er die Wogen in einem Flüstern zu glätten. "Ihr habt einen Namen?"

"Miharu, mein Fürst."

"Euer Vater hat Euch nach der Schönheit des Frühlings benannt", raunte er, doch er begann zu schweigen, ehe der Flohgeist hinter seinem Kimonokragen die vier Daumen gedrückt hatte und sein Flehen, Miharu nach der Feststellung ein Kompliment zu machen, erhört werden konnte.

Isamu hielt sich für einen mutigen Dämon, aber dumm war er nicht.
 

26
 

"Myouga." Klammheimlich stieß der junge Erbe des Westens dem Winzling in die Seite, der im weißen Schulterfell aufschrak, als hätte er nur für einen Moment nicht aufgepasst. Dass der Floh in Wahrheit eingeschlafen war, nachdem er die Gerüche von Holzkohle, Tabak und Jasmin mit einem Tröpfchen Sake hatte übertünchen wollen... ach, nein! Das würde er ihm heute nicht mehr unter den Saugrüssel reiben.

Harmlos neigte sich Isamu dem Berater seines Vaters zu. Leicht fiel das unter den vielen, wachsamen Augen nicht. Der Abend dämmerte bereits und fraß sich in atemberaubenden Farben durch die Linien in den Papierschiebetüren, sodass jeder Muschelgriff und Pinselstrich darauf in Blut versank.

Im Westen des Landes gab es nur dieses Kunsthandwerk, das sein Vater mit Anerkennung bedachte. Für gewöhnlich hatte der Inu no Taishou nichts für Männerhände übrig, die zu armselig waren, um ein Schwert zu halten. Jedoch - und das musste jeder General bestätigen - ohne Geschichtenerzähler, die Leinwände und Rollbilder zu zieren verstanden, vergaßen die Nachbarn mit der Zeit die Gräueltaten. Sie wurden aufmüpfig, wahnwitzig - und dann hatte er als einziger Sohn ganz andere Sorgen als eine Brautschau. "Ich benötige deine Hilfe, alter Freund."

"Meine?", quiekte der Floh. Eilig tilgte Myouga eine Falte aus seinem Ärmel, ehe er sich misstrauisch über die Brust strich. "Seid Ihr fiebrig, junger Herr?"

"Ich könnte in der Tat etwas frische Luft gebrauchen."

"Ist das ein Scherz?" Myouga blinzelte, ehe er seinen Blick über die Bambusmatten schweifen ließ. Obwohl die Dienerinnen die Lacktischchen sofort von Maulbeerweinspuren und geleerten Schälchen befreiten und mit ihren Kimonos wie Gottesanbeterinnen vor- und zurückwogten, war es nicht mehr stickig. Irgendjemand hatte die Regentüren einen Spalt geöffnet. Die Brise wehte stetig hinein und kühlte die Luft, ja, sogar das fleckig gewordene Gesicht Fürst Yuuseis. Er saß nur zwei Armeslängen von ihnen entfernt und verdeckte das neben ihm sitzende Töchterlein mühelos, aber seiner Selbstgefälligkeit tat das keinen Abbruch. Er strahlte wie der schneebedeckte Schopf eines Berges.

Als treuer Untertan konnte sich Myouga nicht helfen: Ihm stand es nicht zu, Isamu einen Vorwand zu schenken, sich davon zu stehlen. Wenn der nicht wiederkam ... oh du je, dann wollte er nicht mit dem Herrn der Hunde in einem Raum sitzen!

"Beißt die Zähne zusammen", riet er seinem Schützling tapfer und griff zu seiner liebsten Weisheit: "Auch der schlimmste Sturm ebbt irgendwann zu einem lauen Lüftchen ab, noch ehe der Morgen graut und die Felder wieder grün und frisch gewässert vor euch liegen!"

"So? Geschieht das bevor oder nachdem ich in der Ackerfurche ertrunken bin?"

Wie bitte?! Das war doch nicht zu fassen. Ehe der Floh empört die Wangen aufblasen konnte, wurden sie beide von dem Grunzen des Fürsten Yuuseis übertönt. Das Geräusch klang so eigenartig, dass es Isamu eiskalt den Nacken hinablief, bevor er erneut zur Seite sah.

Der Wanst ihres Gastes bebte hinter den Gürtelschnallen, doch die Freundlichkeit erschien ihm mit einem Mal höhnisch. Das faltige, aufgedunsene Gesicht fand zu schnell zur Beherrschung zurück, und je länger Isamu ihn musterte, desto größer wurde der Wunsch, einen weiteren Meter von ihm abzurutschen. Aber warum?

Er konnte sich diesen Sinneswandel nicht erklären. Bisher hatten sie nur wenige belanglose Sätze getauscht, die über verschneite Pässe und überflutete Hochebenen nicht hinausgekommen waren. Da Isamu nicht beabsichtigte, sich mit ihm einen Schwiegervater ins Haus zu holen, fand er Höflichkeiten mehr als ausreichend. Gewiss, er interessierte sich für die mit Goldfäden bestickten Ärmel und die dort lesbaren Worte - aber er wagte es nicht mehr, seinen Kopf unauffällig zu drehen, um den Windungen auf den Seidenlagen zu folgen.

In Kraft und Können trennten sie etliche Jahrtausende. Vielleicht fühlte er sich deshalb wie eine Maus unter den Augen einer kaltblütigen Krähe, die den Schnabel zu einem Lächeln aufriss.

Eine Weile starrten sie sich an, ohne eine Silbe zu verlieren, während das Geklapper von Tongefäßen und die Gespräche aus weiter Ferne zu ihnen drangen. Die Lichter der entzündeten Kohlenpfannen flackerten harsch, erzeugten dann und wann ein Knacken.

Isamu hörte seinen Vater auf Takerus Schulter schlagen, bevor sie gemeinsam der interessiert lächelnden Noriko von einem Schlangendämonennest erzählten.

Je mehr Gesichter er ins Auge fasste, desto langsamer pochten die Herzschläge der Anwesenden in seinen Sinnen: Dort war das Kratzen von Klauen, die allmählich über den Beinschutz des hagersten Kriegsherrn glitten. Da Dienerinnen, die ihre Stirn auf Tatami-Matten pressten oder sich wie Fische aus den Fluten schälten, um ihre Pflichten zu erfüllen. Zuletzt das Lachen Fumis, die Vaters erstem General hochrote Wangen bescherte und dafür mit dem Schlag eines Fächers auf den Nacken belohnt wurde, ohne dass die Amme Yori neben ihr eine Wimper verzog.

Dann endete Isamus Blick bei den buschigen Augenbrauen des südlichen Fürsten - und er begriff endlich, welches Gefühl sich in seiner Brust eingenistet hatte, als sein Gegenüber die Fänge zeigte und eine gutmütige Verbeugung einstreute.

Angst.

Die Dämmerung nährte Totenstille, als sich unsichtbare Spielsteine auf dem Brett zusammenfügten. Jeder Platz an den Schiebetüren war von Yuuseis Männern flankiert, die sich aufgrund ihres Ranges hinter den westlichen Dienern aufhielten oder dem stolzen Osten beinahe auf der Seide saßen. Der Süden hatte sich wie ein Spinnennetz ausgebreitet. Unauffällig. Bedrohlich.

"Weißt du, Junge", dachte Yuusei laut nach, während er dem bleich gewordenen Isamu dabei zusah, wie er sich unter einem Schlucken nach seinem Schälchen streckte. "Es ist eigenartig. Deine zweite Braut verspätet sich ... und niemand an diesem Ort fragt sich, warum."

- - - - - - -
 

Die Antwort will auch niemand in Kapitel #15, "Wildrose V", wissen. Oder?

Wildrose V

Abenddämmerung

- Wildrose V -
 

Autor: Morgi

Beta: Puria

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.
 

Ab hier beginnen die neuen, unbekannten Kapitel der Geschichte. Viel Spaß!

- - - - - - -
 

"Niemand? Seid Ihr Euch sicher, Fürst Yuusei?" Isamus Mundwinkel zuckte, als hätte er einen Scherz vernommen, der sich in seiner Nähe nicht ziemte – doch in Wahrheit sank sein Herz wie ein Stein in seinen Magen hinab, um an dessen Grund zu erzittern.

Verflucht sollte er sein! Myouga und der alte Schwertmeister hatten Jahrhunderte damit zugebracht, ihm Geschichten über Intrigen und Hinterhalte zu erzählen, während meisterhaft gezeichnete Rollbilder die Böden fluteten. Manche Zeichnungen hatte er bewundert, andere nie vergessen. Vom Unterholz überwucherte Pässe waren in Berge, Klippen und pechschwarze Inseln übergegangen, bis ihr Erschaffer ein Tal mit blutroten Pinselstrichen füllte, als könne ein einziger Schwertstreich einhundert Dämonen auf einmal fällen. Eine solche Klinge hatte bisher jedoch keinen Amboss verlassen.

Nie.

Wie betäubt starrte er auf den Ursuhi-Lack, der den roten Becher vor seinen Fingern wie Blut umhüllte. Dann hob er ihn auf und überschlug mit zusammengepressten Zähnen das Kräfteverhältnis, bemüht darum die Erfahrung aus Fehden und Schlachten einfließen zu lassen. Am Ende atmete er schicksalsergeben aus.

Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er sich zurück in den Morgengrauen wünschte, wo der Tau in dicken Tropfen von den Gräsern perlte und Raureif seine Finger kribbeln ließ. Die Gefahr ging nicht länger von seinem verehrten Vater aus. Der Herr der Hunde besaß kein Mitleid, sagte man, und niemand im Westen trachtete noch lauthals danach, ihm die Ländereien streitig zu machen, nachdem er das letzte halbe Dutzend Fürstensöhne nach der Größe ihrer Gedärme sowie der Farbe der Zungen sortiert und zurück in ihre Herrschaftshäuser geschickt hatte. Offenbar feite den Inu no Taishou dieser Zug jedoch nicht davor, ihnen den Tod ins Haus zu holen.

"Ihr unterschätzt meine Familie", behauptete Isamu kehlig.

"Mitnichten. Ich habe von diesem Tag geträumt, seit ich in deinem Alter war." Fürst Yuusei thronte auf seinen Damastkissen und kicherte, bis sein Kopf wie eine geltungssüchtige Lumpenpuppe schwankte. Ohne Eile lehnte er sich vor und hielt dem zukünftigen Inu no Taishou sein Sakeschälchen entgegen, als wären sie alte Kampfgefährten. "Ein wunderbarer Tropfen, nicht wahr? Wir sollten auf den Westen anstoßen, mein Junge. Lass uns noch etwas plaudern." Auf seinen fleischigen Lippen gedieh Liebenswürdigkeit, während er dabei zusah, wie Isamu den Rücken durchdrückte und sich auf die Hacken zurücksetzte. Das Gelächter im Raum schwoll unlängst wie das Summen eines Bienenstocks an, dem jemand einen garstigen Stoß versetzt hatte.

"Ihr plaudert, Fürst?"

"Ja, und ich bedaure zutiefst, dass mir kein Sohn mit deiner Beherrschung geboren wurde."

"Mein Vater wird sich geehrt fühlen."

"In der Tat. Welchen Tonfall sollte ich zum Lob wählen?", erkundigte sich Yuusei seicht.

Isamu hielt dem Blick des Gastes stand, ehe ihn das düstere, flackernde Licht der Kohlenpfannen aus den Augenwinkeln anlockte und er mit Grauen bemerkte, wie die erste, offenstehende Regentür lautlos zugeschoben wurde. Dann platzierte sich eine unheilvoll glänzende Rüstung des Südens vor den Holzriegel und der dazugehörige General – er saß kaum weiter von Norikos Hofdame Fumi entfernt als Fürst Yuusei von ihm selbst – schenkte ihm ein fangzahnbewehrtes, salbungsvolles Lächeln.

Im Westen hätte das niemand gewagt. "Ihr verschenkt keine Gelegenheit, Eindruck zu schinden", stellte er fest.

"Wie wahr! Ich komme wohl einfach nicht aus meiner Haut!", griente der ranghohe Dämon. Heiter schüttelte er die freie Ärmelschleppe, deren Goldfäden wie ein Todesgedicht glänzten, ehe er flüsterte: "Das Beste an dieser Brautschau ist nicht die Schönheit meiner Tochter, musst du wissen, sondern die Gelegenheit, etwas zwischen unseren Familien zu ändern."

"Ich verstehe."

"Nein, glaube mir, das tust du nicht", erwiderte Fürst Yuusei, ehe dessen rundes Gesicht schlagartig weitere, rote Flecken bekam. Urplötzlich bebten seine Nasenflügel und seine Finger packten heftiger das Gefäß, als seien sie die ungesund schwitzenden Fangarme eines Kraken. "Wie könntest du auch, Welpe? Du besitzt keine Tochter, welche die erste und einzige Wahl deines Nachbarn hätte sein sollen. Rivalinnen? Mein armes Täubchen! Diese Schmach. Wie lange sollte Miharu eine andere Prozession auf dem Weg zum Westen ertragen, die denselben Pfad wie sie durch die Sümpfe beansprucht?"

"Ihr-"

"Shhht. Wir wollen ihr zartes Gemüt nicht aufregen", hauchte Fürst Yuusei, bevor er das Antlitz seiner Erstgeborenen mit seinem gewaltigen Kopf verdeckte – und der Wahnwitz glühend in seine Augen kroch. "Es war der Aufregung gar nicht weiter wert. Ihre Konkurrentin starb schreiend unter mir und der Osten wird heute Nacht ebenfalls fallen. Du solltest dich freuen, Junge. Die Unterwelt wartet!"

Isamus Atem gefror in seinen Lungen, als er hinter sich das erste, dumpfe Poltern eines Körpers hörte, der auf die Bambusmatten fiel. Im nächsten Moment hechtete er geistesgegenwärtig zur Seite, bevor die Hölle losbrach.
 

27
 

Isamu fing den Fall ab, während neben ihm die Streben der Tatami brachen und Stücke in die Höhe schoßen. Ein Treffer nur und es wären seine Knochen gewesen, die Fürst Yuusei mit blanker Wut zerschlug. Jäh hob der die Klauen, speichelte und schrie Befehle in alle Himmelsrichtungen. "Tötet sie. Tötet sie alle!" In seinen hervorquellenden Augen tanzten die dämonischen Energien, und Isamu ahnte, wie dieser beleibte Dämon eine gewaltige Schar Falken vom Himmel gepflückt haben musste. Doch für Mitleid blieb keine Zeit.

Die Schwerter des Südens hackten wie im Fieber los und erstachen, was auch immer sie zu fassen bekamen. Gnade gab es nicht. Sie waren schlagartig überall und stoben in Manövern durch die Empfangsräume, als hätten sie ein Jahrtausend lang nur dafür wie besessen trainiert. Beißender Rauch drang aus Kohlepfannen, die umgestürzt wurden. Es war reines Glück, dass ihn etliche glühende Holzkohlestücken verfehlten, weil er zurück auf die Beine sprang und um Abstand feilschte. Doch wofür? Der aufsteigende Qualm ballte sich prompt zu dicken Schwaden zusammen, aufgeheizt und verzerrt vom Youki der Lebenden, bis man vielerorts die Hand vor Augen nicht mehr sah. Seidenlagen zerrissen unter dem Kreischen etlicher Hofdamen, welche Lacktablette von sich warfen, aufsprangen und gurgelnd den Tod fanden. Drei von Vaters Kriegsherrn fielen röchelnd im gleichen Zug, und das Klirren und Krachen von gezogenen Klingen geriet ohrenbetäubend, wo Stahl auf Stahl traf und haarscharf verhinderte, dass Fleisch getroffen wurde.

Verflucht! Vater! Wo zur Hölle steckte sein Vater? Was war mit Takeru? Noriko?

Er entdeckte im Dunst die verwaisten Damastkissen, an deren Troddeln Blut klebte, ehe sich aus dem Rauch ein Schatten löste. Ein General des Ostens sprang brachial über ihn hinweg und auf den Herrn des Südens zu, trunken vor Entschlossenheit. Seine Stimme schrie heiser von den Dämpfen: "Verräter!"

"Nein, Sieger." Ein Hieb prallte an der Brünne des geifernden Yuuseis einfach ab, den zweiten umwirbelte er mit beängstigender Leichtigkeit, ehe er den fleischigen Ellenbogen in das Gesicht seines Angreifers rammte.

Isamu wandte sich jäh ab, doch das Knacken und matte, in sich zusammenfallende Keuchen des Generals verfolgte ihn noch, als ihm Fürst Yuusei wieder alle Aufmerksamkeit zuteilwerden ließ.

"Mein Junge. Warte doch", gackerte Yuusei inmitten von Todesschreien, beseelt davon, wie geschickt sich seine Miharu mit einem einseitig geschliffenen Kaiken an der Wade eines Feindes verdingte und sie einem Reishalm gleich zerfetzte. "Wie unhöflich von dir, deiner letzten Unterhaltung zu entfliehen. Ich habe dir dein Schicksal offenbart! Sollte mein Schwiegersohn nicht dankbarer sein?!" Er lachte, höhnisch und laut. Das Geräusch klang wie ein Reiskloß, der hervorgewürgt wurde. Hinter ihm stürzte eine Papierwand zusammen, zu deren Füßen sich Männer mit unbändigem Hass und Überlebenswillen wie Tiere balgten und bissen.

Es glich einem Blutbad, das Isamu nur in einem Punkt lähmte: Niemand sonst hatte Augen für ihn, obwohl er mitten im Raum stand und seine eigene Klinge zog. Wohin er sich auch drehte, die Dämonen des Südens warfen all ihr Können und ihre Mordlust gegen ältere in die Waagschale. Einer sprang ihm sogar bewusst aus dem Weg.

So war das also. Grimmig schloss Isamu die Lippen zu einer schmalen Linie. "Ihr wollt meinen Kopf für euch allein." Das Heft lag entschlossen in seiner rechten Hand, doch die Erfahrung trennte sie in einem einzigen, angespannten Seitwärtsschritt.

"Kluges Bürschchen", lobte der Ältere. "Ich lösche die Zukunft des Westens mit dir aus."

"Und ich hänge an meinem Leben."

Dann spürte auch der letzte im Empfangszimmer eine Erschütterung, ehe sich eine ungeahnte Hitze in die Wangen von Männern und Frauen fraß. Aus ihren Vasen gefallene Pflaumenzweige und Chrysanthemenhalme verbrannten zu Aschehäufchen, und Leichen erzitterten, als könnten sie von der überwältigenden Energie wieder ins Leben zurückgeholt werden: Anschließend donnerte der Leib eines südlichen Angreifers gegen einen Holzbalken des Daches, bis die Splitter und der Zerschmetterte zurück auf die unten stehenden Dämonen fielen. Den verblüfften Aufschreien folgten sieben weitere Körper, einer schlimmer zugerichtet als der andere. Wie Papierkraniche schossen sie durch die Luft und trafen ihre Kameraden.

Der Kampf geriet sichtbar ins Stocken.

Sogar Fürst Yuusei schluckte und verzog gereizt die wulstigen, dichten Augenbrauen. "Hältst du mich für so leicht zu beeindrucken?"

- - - - - - -
 

Warum muss der Jüngste alles allein beantworten? Erfahrt es in Kapitel #16, "Glücksklee".

Glücksklee

Abenddämmerung

- Glücksklee -
 

Autor: Morgi

Beta: - - - - -

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.

- - - - - - -
 

28
 

"Nein." Isamus Mundwinkel huschte wie eine Sandviper in die Höhe, ehe er die Lippen öffnete und sich der prasselnden, dämonischen Energien zu seinen Füßen versicherte. Der Schwertgriff in seiner Hand heizte sich zunehmend auf und biss sich in die sonnengegerbte Haut, die ihm sein Lehrmeister mit Narben und Schwielen verziert und durch Spott abgehärtet hatte: Fast glaubte er, ihn bellend neben sich zu vernehmen.

Konzentriert Euch!

Nennt Ihr das einen festen Stand?

Fürwahr, in den Augen der Dämonen des Südens, Ostens und Westens spiegelten sich Überraschung, je verbissener er sein Youki in die Waagschale schüttete. Übermut, Wahnsinn schien es! Was wollte denn jemand ausrichten, dem erst vor wenigen Jahrhunderten das Leben geschenkt worden war? Die Jugend folgte dem Welpen auf dem Fuße, ganz gleich wie tief sich die Falte zwischen seinen Augenbrauen abzeichnete und einen Unmut zur Schau stellte, als hätte sich sein Adamsapfel nicht vor Anspannung auf- und abbewegt.

Jeder wusste, wie begrenzt seine Kräfte waren, doch Isamus Ziel verstand nur einer: Zeit. Er wollte ihnen Zeit erkaufen!

Der Miesepetrigste von Vaters Generälen, dem glühende Asche die Hälfte des Gesichts bis zum Fleisch niedergebrannt hatte, funkelte ihn an und begriff im selben Moment. Plötzlich regte sich neuer Kampfesmut und Tollkühnheit in seinen Zügen. Die Scherben zersprungener Gefäße hüpften wie Jungfische über die Bambusmatten, einmal, zweimal, und schließlich barsten die Splitter in einer Heftigkeit, welche die Leichname der Gefallenen erneut zerschnitten. Das Empfangszimmer erbebte unter der Wucht, die Isamu entfesselte, ehe der Gefolgsmann heiser vor Begeisterung brüllte: "Nieder mit dem Feind! Der Sohn unseres Herrn ist mit uns!"

Der Bann des Überraschungsangriffs brach wie eine alte, poröse Mauer. Schwerthiebe sirrten erneut durch die säuerlich stinkende Luft, um das Blatt zu wenden und sich die kostbaren Meter zurückzuerobern, welche die geschlossenen Regentüren an Freiheit und Verstärkung versprachen. Was dann losbrach, ließ sogar Fürst Yuusei erblassen. Übertölpelt musste er dabei zusehen, wie einem der seinen der Kopf von den Schultern getrennt wurde - und dieser nutzloser als ein Kürbis Miharu vor die Füße rollte. Seine Tochter riss ihre grünen Seidenlagen mit der Bambuswedelstickerei so pikiert von den Augäpfeln fort, dass er es als persönliche Beleidung empfand.

Wie konnten sie es wagen?

"Du!" Blaffend und krebsrot fand der alte Dämon zurück zur Selbstherrlichkeit, ja, wirbelte seinen gewaltigen Leib wie eine Welle um die eigene Achse, die Meeresgetier an den Klippen zerschmettern mochte. "Wen scheren deine Spielereien, Welpe? Das ändert gar nichts! Dein Ende ist besiegelt!"

"Tatsächlich? Dasselbe dachte ich, als man mir meine allererste Brautschau vorschlug."
 

29
 

Fand er das etwa unterhaltsam?!

Der Wind heulte und kreischte in ihren Ohren, doch es war die Wucht der Landung, die Noriko die Luft aus den Lungen presste. Um sie herum fielen ganze Büschel an Nadeln zu Boden. Ehe sie jedoch wusste, wie ihr geschah, verließen sie die Klauen an ihrer Hüfte. Der Herr der Hunde riss eine Schwertklinge aus der Scheide, um in einem einzigen Schnitt die Kehle eines fremden Dämons zu öffnen, der zu spät die Gefahr in seinem Rücken entdeckt hatte. Gurgelnd und krächzend stolperte der vornüber, bis er in die Knie sackte und das Leben auf den verstreuten Laubblättern und Zedernresten ließ. Sein Blut speiste den Grund der Gärten wie ein stiller Bachlauf.

"Tze."

Das Licht der untergehenden Sonne tanzte ebenso vernichtend wie sein Blick über den Leichnam, dann über die Kronen der rotgoldenen Ahornbäume zu seiner Linken. Aber er war nicht hergekommen, um sich an der Schönheit seiner Residenz zu erfreuen. Diese Dummköpfe glaubten, er würde ihre Verstecke nicht wie Ameisenlöcher ausräuchern können? Da kannten sie ihn schlecht. Ein tiefer Atemzug genügte und vor seinem geistigen Auge zeichneten sich die Schlieren ihrer dämonischen Energien ab. Drei Dutzend schwärmten gerade aus den Stallungen aus und erschlugen ihm zu Dutzenden Getreue auf den Mauern, die auch noch in Unterzahl um jeden Holzbalken feilschten - und dort, im entlegensten Winkel der Dienertrakte türmten sich schlagartig Schreie auf, schrill und ohrenbetäubend laut. Offenbar waren sich Yuuseis Männer nicht einmal zu schade dafür, in die verschlossenen Räume vorzudringen, in denen unbekümmert schwatzende Dämoninnen Seidenlagen parfümierten.

Verräter.

Steinhart zeichneten die mondsichelförmigen Wangenmale die Linie seines Kiefers nach, dann sah der Herr der Hunde kühl und ungebrochen zu Takerus Tochter. Obwohl Noriko direkt daneben gekniet hatte, als er beim ersten, jähen Schwertstreich des Südens den flachen Tisch mit den vollgestellten Lacktabletten packen und umwerfen musste, um seine eigene Kehle zu schützen, war ihre Haltung nur voll zitternder Wut - nicht verängstigt wie ein Kind.

"Mein alter Schwertbruder hat Recht behalten", knurrte er anerkennend, "mit allem."

Huh?

Wovon sprach er?

Noriko starrte ihn an, als hätte er ihr Gesicht gerade erst aus beißend-kaltem Wasser gezogen. Zu ihrem Glück konnte sie nur ahnen, wie viel Reispuder auf den Wangen unter dem Einfluss seines Youkis bereits davon geflogen war. Der Wind hatte ihre gewachsenen, aufgesteckten Haarschlaufen ruiniert - und doch hielt sie mit bebenden Schultern stand. "Wo ist mein Vater?", fragte sie hitzig. Sie konnte sich an den abplatzenden Ursuhi-Lack der Schalen erinnern, das Chaos des Überfalls, den Rauch. Selbst für Dämonen war das Vorgehen beispiellos ruchlos und brutal gewesen, aber damit endete die Dreistigkeit Fürst Yuuseis nicht. Ihr Vater war neben ihr von einer Wolke verschluckt worden, die er mit der grimmigen, jovialen Zuneigung eines Liebhabers zu begrüßen wusste. All ihre Sinne waren daran gescheitert, seinem Sprung zu folgen, weil der Inu no Taishou sie im selben Moment auf die Füße und fortgerissen hatte. Die schweren Spinnenseidenschichten an ihrem Leib, keiner Rede wert für den Hausherrn.

Nur weshalb? Warum scherte er sich überhaupt um ihren Hals? "Was ist mit Eurem Sohn?"

Statt zu antworten, bleckte er die schneeweißen Fänge und begann aus vollem Halse zu lachen. Das Geräusch drang ihr durch Mark und Bein, furchtbar heiter, stolz, ehe es ebenso schnell kippte und wie ein schlecht gestimmtes Shamisen verklang. Ohne Vorwarnung brach die Erde unter seinen Füßen auf, als sei sie frischgeschnittener Tofu und hätte sich selbst dazu verdammt, einen Pfad in die Unterwelt freizugeben.
 

30
 

"Genug von diesem Spuk!" Jäh hob der Fürst des Südens den Schwertarm, die Augen trunken vor Zorn, weil er zum zweiten Mal um Haaresbreite verfehlt hatte. Der Speichelfaden an seinem Mund ähnelte in bizarrer Hässlichkeit der Verzierung des Goldfadens auf seiner Seide, aber deshalb geriet er nicht von einem Moment auf den anderen ins ungläubige Stocken. Der Boden!? Keuchend fixierte er Isamu, als schulde der Jungspund ihm eine Erklärung für den plötzlich wankenden Grund.

Unmöglich!

Nie und nimmer sollte der in seinem Alter-!

Die Tatamimattenfasern unter ihnen bekamen einen Glanz, der ungesund schwärte. Wo der Bengel überstürzt einen weiteren Satz zurück machte und einer Hofdame mit einem harten, fast zu brüsken Klingenstreich das Leben rettete, befiel ihn selbst Gewissheit. Fürst Yuusei hatte schwarze Beulen in seinem Leben gedeihen sehen, nachdem Spinnendämonen ihr Gift in den Nacken ihrer Beute pressten und diese von innen heraus verfaulte. Doch Bambusstreben, welche wie Kohlenstücke zu weißer Asche verglühten? "Nicht schlecht. Aus dir hätte ein großer Feldherr werden können", knurrte er wie besessen.

"Ich fürchte, das sind nicht meine Lorbeeren."

"Was?!"

Ein letztes Mal begegneten sich sein und Isamus Blick, dann war es an dem Erben des Westens im tosenden Kampfeslärm zu lächeln und die blutbesudelte Schneide in die Horizontale zu bringen. Er hatte nie um einen Kampf gebeten, aber er wusste um seine einzige Überlebenschance: Den Moment der Überraschung. Sie spielten beide mit dem gleichen Blatt. Das Metall seines Schwertes spiegelte die Farbe seiner Augen, aus denen das Gold nun völlig gewichen war - und dann fegte endlich ein Zorn vor dem Empfangsraum entlang, der ihm jedes Nackenhaar aufstellte und die eigene Stimme lähmte. Außer seiner Willenskraft hielt ihn nichts auf den Beinen, als direkt eine zweite Welle näher kam. Ein Vorbote. Und was für einer. Selbst, wenn er blind gewesen wäre, hätte er spüren können, wie eine holzbespannte, dreifach verstärkte Tür unter dem zunehmenden Druck wie ein Pfirsich barst und aus den Schiebefurchen flog.

Einen Atemzug später umschlang ihn Frischluft, und obgleich sich der Süden abermals mit verbissenen, gnadenlosen Schreien auf den letzten Widerstand der Gastgeber stürzte, seufzte Isamus Herz erleichtert auf. Gerade noch rechtzeitig. Zu gut erinnerte er sich an Myougas verzweifelten Ausruf, in dieser Familie besäße niemand ein Herz außer seinem Schützling. Er würde den treuen Flohgeist suchen müssen, um ihm das Gegenteil unter den Saugrüssel zu reiben: Im Westen ließ niemand einen Welpen im Stich.

Am allerwenigsten seine Mutter.

- - - - - - -
 

Im Westen ticken die Uhren eben anders. Im nächsten Kapitel #17, "Schwarzkiefer I", ist nicht nur Fürst Yuusei für eine Überraschung gut.

Schwarzkiefer I

Abenddämmerung

- Schwarzkiefer I -
 

Autor: Morgi

Beta: - - - - -

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.

- - - - - - -
 

31
 

Als Fumi durch die zersplitternden Holzrahmen nach draußen geschleudert wurde und mit dem Rücken auf die Fußbodenbretter schlug, stöhnte und würgte sie wegen des Rauchs. In ihren Eingeweiden tobte unsäglicher Schmerz. Ihr war der Schwertknauf so hart in den Magen gerammt worden, dass sie sich Yoris Fächerhiebe herbeisehnte. Dazu kam die Rückhand, die ihre Lippen wie einen Pfirsich hatte aufplatzen lassen–

Dieser Bastard spielte mit ihr.

Nach Atem ringend erkannte sie über sich noch einen Teil der Engawa, die sich wie ein Drache unter den Windböen und Schreien zu wölben schien. Kohlrabenschwarz lag das Holz da, als hätte der Angreifer die letzten Sonnenstrahlen des Tages fortgewischt.

Ächzend rollte Fumi herum und stützte sich zwischen den zerborstenen Rahmenstücken und Ascheresten auf.

"Wohin des Weges? Ich war noch nicht fertig mit dir, Weib", knurrte es gierig in ihrem Rücken. Der Dämon des Südens trat mordlüstern über Schutt und Splitter hinweg, während seine Schwertspitze über den gebeizten, versiegelten Boden glitt.

Dieser Wahnsinnige! Hinter ihm herrschten tosender Lärm und das Gewitter dämonischer Energie, die ihre Sinne auf eine Art reizten, die Albträume rechtfertigte. Sie glaubte zwar, die Statur des jungen Isamus wie einen Pinselstrich zu erhaschen, doch es blieb keine Zeit, sich über dessen Schicksal den Kopf zu zerbrechen.

Schnell.

Sie musste Zeit gewinnen, um sich trotz des Gewichts ihres Kimonos zu erheben. Wenn sie ihr Youki zu früh benutzte, bemerkten noch mehr Angreifer, dass sie nicht auf den Tatami-Matten gestorben war. Diese Kerle würden früh genug nach Überlebenden suchen und deren Herzen wie Apfelringe aus der Brust reißen. Bis dahin musste ihre List erfolgreich sein. Er war auch nicht mehr als ein Mann, der ihresgleichen für schwach hielt!

"Sag –", krächzte sie ihm entgegen, "nennst du das eigentlich einen Treffer? Mir sind schon Seidentücher schmerzhafter auf die Finger gefallen!"

"Wie kannst du es wagen?!" Die Augen des grobschlächtigen Soldaten loderten auf. An seiner Rüstung klebten das Mark und der Seim zweier Hofdamen des Ostens und eines ranghohen Dämons, deren Hälse er wie die von Gänsen geöffnet hatte, doch seine Arroganz war ein jähzorniger Verbündeter: "Hältst du mich etwa für nachsichtig?"

"Wie wäre es mit putzig?", lachte sie übermütig vor Angst.

"Dir schnitze ich deine Schmähungen einzeln in die Knochen."

Oh Gott.

Fumi warf sich zur Seite, ehe die Klinge und das laute Knallen dämonischer Energie neben ihrer Schulter ins Holz schlug. War das sein verdammter Ernst? Ein uraltes, geschmiedetes Schwert, an dem das Youki wie ein eifersüchtiger Kappa klebte? Der trug nicht einmal die Verzierungen eines Hauptmanns auf der Seide! Kein Wunder, dass dem Süden der Stolz zu Kopf gestiegen war und ihr fetter, verrückt gewordener Fürst Yuusei den Vorstoß riskierte, sich mit zwei Familien gleichzeitig anzulegen.

Doch den Vorteil würden sie niemals behalten.

Die Kraft, mit welcher der Holzboden urplötzlich erbebte, rechtfertigte ihre Zuversicht. Sogar der Dämon sparte sich den Hieb, der ihr die Frechheiten aus dem Leib geschlagen hätte und sah wie ein erschrockener Welpe zurück. Fumi fand, wer auch immer dort seine Ankunft in einer weiteren Welle untermauerte, konnte gut und gerne ohne sie auskommen.

Das war ihre Chance! Sie wollte und musste hier weg; irgendwie zu ihrer Herrin finden!

Mit zusammengebissenen Fangzähnen holte sie genug Schwung, um verschwitzt von den Knien auf die Füße zu stolpern. Yori war es vermutlich längst gelungen, Noriko fortzubringen.

Ihr Verstand behauptete zwar eifrig, im ausbrechenden Tumult und Qualm etwas anderes gesehen zu haben – den alten Inu no Taishou, der ihre Herrin in die Höhe zerrte –, doch bloß keine voreiligen Fantasien. Es war mit Sicherheit einfacher, dem Flohgeist Myouga die Geheimnisse eines Höllenschwerts unter herabrieselnden Ahornblättern schmackhaft zu machen, als diesem blutrünstigen Hund eine gute Tat aus den Knochen zu leiern. Der Inu no Taishou verteidigte keine Welpen, hieß es. Toga-sama ließ sich sogar noch mehr Zeit als ihr eigener Fürst, um einzuschreiten.

Hatte der seinen eigenen Ruf vergessen?

Gleich zwei unbehelligte, hastige Schritte gelangen Fumi, dann ereilte sie ein Schatten aus dem Nichts – viel zu nah, viel zu kehlig geifernd, um das Unausweichliche in den Augenwinkeln nicht herannahen zu sehen.

Eine Klinge.

Nein!
 

32
 

Ihre Antwort war zart. So zart, so weit entfernt, seit er sich lachend seiner wahren Gestalt unterworfen hatte und die Farbe des Schnees in dichten, wilden Fellbahnen an seinen Flanken hinabglitt. Er überragte sie wie ein Berg das Reisfeld, grausam und unverwüstlich. Dennoch entzückte sie ihn über die Maßen. Vielleicht verriet er ihr später den Grund. "Dein Tod wäre wahrlich ein Verlust, Noriko."

Des Lächeln des Inu no Taishous fiel besitzergreifender aus als seine rachsüchtig glühenden, tiefroten Augen. In der Abenddämmerung schimmerte seine Iris fast schwarz, während ein gewaltiges Grollen seinen Hals verließ und die Luft von seiner Boshaftigkeit zu singen begann. Das Youki auf den Klauen verschluckte die nahen Gräser wie einen Leichenteppich, dann zerfiel das kräftige Grün der Halme unter einer Böe zu Asche – und er lachte erneut, als hätte er auf ihren Lippen ein gut gehütetes Geheimnis entdeckt.

Wie zauberhaft sie doch war.

Wild und unnahbar peitschte der Wind zu ihm hinauf, drängte gegen die wulstigen Narben über seinen Augenlidern und umspielte die Lefzen, die dem Tod im letzten Jahrtausend reiche Beute beschert hatten. Einen Atemzug später folgten seine Instinkte ein letztes Mal der Fährte des Südens über sämtliche Mauern hinweg. In seiner wahren Gestalt konnte er ihre Energieausbrüche und Sprünge im Kampf wie Ratten auf seinem gesamten Land trippeln spüren – es beleidigte ihn zutiefst, Dutzende weitere Schwächlinge zu erkennen, hunderte Meter entfernt, fernab in den Dörfern und Berghängen, und sogar jenseits eines Flusses, der um diese Jahreszeit ungezähmt über die Wiesen herfiel und die Sümpfe speiste. So war das also. Diese Pestbeulen sollten sich besser dankbar darüber entpuppen, dass sie noch im Empfangszimmer seine Gattin für diese Anmaßung zu Gesicht bekamen.

Ihre Grazie ... war einzigartig.

Mochte sie ihm einen Moment lang seine Abwesenheit verzeihen. Für ihn würde es keine zweite Gelegenheit geben, Takerus Tochter ohne ihre lästigen Sittenwächter zu begutachten.

Die Zedern, Zypressen und Schwarzkiefern stöhnten in den Gärten, während er unter flirrender, unheilvoll knisternder Macht das Haupt vor der jungen Hundedämonin senkte. Norikos Atem flatterte für ihn hörbar wie ein Schmetterling. Sie zeigte dieselbe, ehrfürchtige Faszination vor ihm, mit der ihm sonst sein eigensinniger Welpe im Morgengrauen auf den Fangzahn fühlte und verfolgte, ob er die Klauen entspannte oder nicht.

Zu ihrem Glück wollte er sie nicht töten. Sie stand aufrecht vor ihm, und ihre Dämonenmale unterstrichen die geschmälerten, blassen Lippen. "Toga."

"Mei... mein Fürst?"

"Es steht dir frei, meinen Namen zu benutzen, Noriko. Ich rette niemandem den Hals, der ihn nicht verdient, doch auch die unbedeutendsten Geschenke haben ihren Preis", knurrte er mit einem gerissenen Funkeln in den Augen. "Heute Nacht sitzt der Süden in meinen Mauern. Ehe ich diesem Narren Yuusei die Zunge für seine Unverfrorenheiten herausreiße: Was bietest du mir für dein Leben an?"
 

33
 

Wie?

Er ließ sie frei wählen? Nein, das konnte nur eine Falle sein. Er hatte den Erdboden wie den Körper eines Wildtiers aufgebrochen, bevor er in einem Blitz in die Luft gefahren und in einer Wucht zurückgekehrt war, die ihr eigener Vater nur in einer Stimmung reiner Mordlust wählte. Seine wahre Gestalt leibhaftig zu sehen, die Gewalt, die Ruchlosigkeit, all das zerrte an ihren Überlebensinstinkten. Sie beabsichtigte mit keinem Wimpernschlag, ihn von Angesicht zu Angesicht zu unterschätzen.

Das war die Stärke und Grausamkeit, nach der sie sich für ihre eigene Ehe verzehrte. Was für eine Schmach, dass er ihre Jugend mit einem einzigen Satz verspottete. Verflucht sollte der Westen sein. Das Offensichtliche ließ sich nicht länger leugnen: Sie war nicht aus Edelmut aus dem Empfangszimmer geschafft worden oder weil ihm die Kranichstickereien ihrer Kimonoseiden etwas bedeuteten. Er nahm seine sterbenden Männer und den Eindruck bewusst in Kauf, sich dem Blutbad auf seinem Grund und Boden zu entziehen.

Doch wofür?

Was besaß sie?

Angespannt starrte sie in die Augen des Inu no Taishous. Ihre Klauen lagen tief verborgen im Seidenkrepp der eigenen blau-weißen Ärmelschleppen.

Wonach verzehrte sich der Herr der Hunde, um eine Dämonin ihres Alters nicht nur auf Messers Schneide tanzen zu lassen, sondern sie mit einem schlimmeren Schicksal als dem Tod zu strafen – der Illusion, ihm mit einem geschickten Einwurf nützlich sein zu können? Ihr Wert lag nicht in ihrer Herkunft begründet. Im Osten entschied ihr Vater, wer die Früchte seiner Ländereien erntete und erhielt.

Die Zeit kroch wie Maden über sie, während seine Präsenz in den Gärten urplötzlich und sprunghaft anwuchs. Farne und Schachtelhalme beugten sich seinem Willen und sogar ihre hellen, wallenden Pelze erzitterten unter seinem Youki.

Erstickt verfluchte sie seinen Einfluss auf ihre Fähigkeit, sich zu sortieren. Schweigen würde sie nicht retten. Eine Idee musste her! Was half ihr, bevor er sie als lästig einstufte? Was?! Er war nicht Isamu, der sie schätz–

Natürlich.

"Nun, Noriko?"

Ja, sein Welpe!

Ihre Gedanken sprangen wie Flohgeister an ihm vorbei, aber sie zeichneten Isamu so deutlich, als stünde er direkt vor ihr. Lächelnd, verschmitzt. Er mochte ihr zur Mittagsstunde bloß graue Haare beschert haben, aber wenn es sie irritiert hatte, dass er vor der Ehe wie ein Hase Haken schlug, dann musste es den Inu no Taishou ungenießbar machen. Ein Fürstenhaus hing von der gesicherten Erblinie ab, ganz gleich welcher Feind es wagte, die Klauen nach den Lackschälchen und Pergamentrollen auszustrecken.

Isamu war ihr Trumpf.

Noriko schöpfte in der Herbstluft Atem, um sich nicht anmerken zu lassen, wie heftig der Wunsch in ihr empor loderte, vor den ungeduldig aufblitzenden Fangzähnen des Herrn der Hunde zurückzuweichen oder die verlöschenden Energien in der Residenz auf ihresgleichen abzutasten – Schwäche gewann keine Vorteile, keine Kriege, nichts.

"Ihr vermisst eine Braut für Euren Erben", sagte sie, während die raschelnden Blattadern und Nadeln in den Baumkronen drohten, ihre Stimme zu verschlucken. "Während dieses Täubchen Miharu Eure Titel und Ländereien über ihren Vater als Geschenk erhalten und offensichtlich einem anderen Ehemann als Mitgift anbieten will, werdet Ihr um den verdienten Enkel zu Euren Füßen betrogen. Es wäre vermessen zu glauben, Ihr würdet in die nächste Welt einkehren, ohne ihn je atmen zu hören."

"Sesshoumaru."

Ja. Ein Name wie geschaffen für einen Welpen. Sie beneidete jeden Mann um den Vorzug, einen Sohn damit als den seinen anzuerkennen und einem Großvater die Blutlinie zu schützen, bis der Junge ihm im Unterholz in die Flanke sprang, bereit voller Geschick seine Kräfte zu erproben.

"Ich überzeuge Euren Sohn von der Ehe", bot sie ihm in einer Tonlage an, die Isamu falls nötig an den Haaren aus der Unterwelt zurück zerren würde, sollte er sich lieber in sein Schwert stürzen statt zu heiraten – oder beim Überfall des Südens töten lassen.

"Ist das dein letztes Wort?"

Norikos Starrsinn rang ihr ein feines Lächeln ab und hangelte sich skrupellos an seiner Statur empor. "Das ist es. Isamu ist jung genug, um mir Gehör zu schenken und wird seine Braut wählen, sobald sie ihm gegenübersteht."

Warum sollte sie die Hinterlist seines Vaters auch allein ausbaden? Sie hätte auf ihre Rettung verzichtet, aber diese Unverschämtheit breitete sie vor ihm nicht aus.

"Mein liebes Kind. Ein Jammer, dass dein Vater dieses Angebot nicht hören kann", knurrte er heiter, bevor er von einem Herzschlag auf den anderen aufhörte, weiter an sich zu halten und in einer Gewalt auf die Pfoten kam, die sich in grünen, schlangenhaften Blitzen in die Höhe schraubte. Die Dämmerung zerriss in einem Heulen, das eigene Pfade in den Himmel auftat und einen ganzen Landstrich in Angst und Schrecken versetzen mochte. Ehe er endgültig von der blass gewordenen Noriko abließ, starrte er sie wie besessen, ja, trunken vor Zufriedenheit an und überbrückte den Abstand zu ihr bis auf zwei Handbreit. "Ich akzeptiere, Schwiegertochter. "

Was?

- - - - - - -
 

'Ich möchte einen Enkel' auf dämonisch. Kapitel #18, "Schwarzkiefer II", geht in die Offensive.

Schwarzkiefer II

Abenddämmerung

- Schwarzkiefer II -
 

Autor: Morgi

Beta: Silberfrost

Fandom: Inu Yasha

Genres: Drama, Romantik (Hetero), Alternative Timeline

Triggerwarnungen: Tod, Gewalt

Disclaimer: Inu Yasha ist Eigentum von Rumiko Takahashi, ich verdiene hiermit kein Geld.

- - - - - - -
 

34
 

Zwischen umgestürzten Lacktischen und mit Blut verschmierten, leeren Mündern staute sich der Qualm der Kohlenpfannen in einer Nebelwand, bevor der Rauch wie vom Hafer gestochen durch die aufgebrochene Regentür nach draußen floh und die Bambusmatten freigab. In der Luft lag ein unmenschliches Heulen. Miharu, die im Schatten ihres Vaters vor jedem Staubkorn beschützt wurde und mit dem Kaiken in der Hand einer Giftspinne glich, rundete eingeschüchtert die Schultern. Ihr Mut stolperte förmlich über den bebenden Boden. Chrysanthemen- und Pflaumenblütenzweige flockten wie Weidenkätzchen auf. Der Ruß kicherte.

Wie... wie war das möglich? "Vater?!"

"Spielereien, nichts weiter." Yuuseis fiebriges, wie Eiter tropfendes Murmeln mündete in einem Ausdruck, der schier an Wahnsinn grenzte. Dann wandte er sich geifernd und brüllend an die Kämpfenden: "Seht her!", verlangte er. "Asche, Schreie und Knochen lockten die Herrin des Hauses an! Wo bleibt die vielgepriesene Höflichkeit, die uns im Süden ziert?" Er gackerte so laut, dass es um ein Haar das Krachen der letzten, aufeinanderschlagenden Klingen verschluckte, bevor sich etliche Schwerter ineinander verkeilten und unter zornig knisternden, dämonischen Energien Köpfe gedreht wurden. "Wie lange habe ich auf diesen Tag gewartet ..."

Fürst Yuusei selbst war es, der sich in seiner schwarzglänzenden Rüstung streckte, als könnte ein Reiskloß den Tintenfisch ängstigen. In voller Leibesfülle trat er vorwärts wie er es mit seinen gewaltigen Schritten gewohnt war, und stieg dabei auf den Rücken eines Leichnams, dessen Wirbelsäule schneller als ein Pinselstiel brach. Der dumpfe Aufprall am Grund erschütterte ihn wenig. "Dreitausend Jahre ist es her, keinen Tag länger. Eine Abendstunde wie diese", sagte er, während er seine fleischigen Lippen benetzte und sich einer Erinnerung hingab, die Brücken in eine gemeinsame Vergangenheit schlug.

So elegant...

Ob einst unter Magnolienbäumen, umringt von ihren stolzen, schweigenden Hofdamen, oder jetzt im Angesicht des Todes: Schneeweiße Pelze glitten von ihrer Schulter aus hinab und wiesen ihrem schmalen, herablassenden Lächeln den Weg in das Empfangszimmer. Alles an ihr schien unberührter, ja, frostiger zu sein als der erste Morgen eines Winters. Einzig ihre Haut schimmerte unter den goldenen Augen bereits so dünn und pergamenten, als wäre sie das letzte Mal dem Leichentuch entsprungen.

Und doch...

"Die Gattin des Inu no Taishous beehrt uns. Ganz allein. Hat man Euch schon die feinen Dienerinnen erschlagen, oh große Fürstin?" Yuuseis Wangen glänzten speckig, bevor er ihrem makellosen Überkimono ein Grunzen gönnte. Er leuchtete wie der steife Brokatobi, auf dem Nadelstiche die Schönheit von Kirschblüten und blutroten Spinnenlilien für die Ewigkeit festgestickt hatten. Trunken rang er nach Luft und behielt sie großzügig in den Backentaschen. Es schien, als wolle er sie ewig zwischen seinen Zähnen und der Zunge kreisen lassen, doch sein Aufschrei beendete die Freundlichkeit: "Warum bettelt Ihr nicht um das Leben Eures Hofstaats und Welpen?! Werft Euch auf den Grund! Jetzt! Ich befehle es!"

Zu seinen Füßen begannen dank seiner Macht geborstene Holzstreben zu zittern, die in den Hälsen und Lenden der Leichen steckten, bis die Splitter auseinander blätterten. Aber was scherte es ihn?

Aufgespießte Fische waren es, welche die Herrin der Hunde bloß eines einzigen Blickes würdigte.

Sie schürzte die Lippen und tat, als hätte sie in dem Blutbad alle Zeit der Welt, um die lackierten Klauen im weiß-roten Seidenkrepp der Ärmelschleppen zu spreizen und das Verhalten der Gäste hinzunehmen. Ihr Haarschmuck, der aus Schildpattnadeln, Schmuckkämmen und Seidenblüten bestand, klirrte leise unter ihrer Kopfneigung.

Aufgebrachtes, zähes Schweigen antwortete ihr.

Irgendetwas tat sich in der Luft. Ein Funkeln, nein, ein gespenstisch dürres, grünes Leuchten erschien, das eiliger als ein herabfallender Wassertropfen von ihren Getas aus versickerte und in Fäden wiederauferstand. Erst, als hinter ihr ein Spinnennetz aushärtete, zog sie eine Perlenkette aus der zweiten Schleppe, an der ein schlichtes, goldenes Kleinod glänzte.

"Isamu", flüsterte sie nach einer Weile gegen die schweren Atemzüge des Südens an, woraufhin die Männer prompt den Erben anstarrten und eifersüchtig erkannten, dass Fürst Yuusei nicht mehr als ihre Wangen und das aufgesteckte, silberweiße Haar zu sehen bekam. "Belästigt dich dieser Welpe im Hause deines Vaters? Ich hatte eine Brautschau erwartet. Stattdessen führen unsere Männer ihre Schwertkünste vor."

"Mutter –"

"Ich vergebe dir." Ungerührt sah sie unter ihren dichten Wimpern zu dem Jungen, dessen blitzförmige Streifen jedem Narren verrieten, wer ihm einst das Leben geschenkt hatte. "Heute bleibt dir die Wahl erspart, doch halte mich kein weiteres Mal für so geduldig. – Und nun, beiseite."

Stutzend begriff der Süden, dass nicht nur der achthundertjährige Welpe sprang, als sei man ihm mit Kohlenstücken ins Fell gefahren. Klingen fielen polternd und klappernd so weit das Auge reichte. Die Verteidigung brach auseinander. Togas unbewaffnete Männer lachten rau, sobald die Angreifer des Südens den niederen Instinkten nachgaben und den heiter spottenden Fliehenden bis in die Ecken des Empfangszimmers hinterher setzten. Barsch trieben sie ihre Schwerter in die Brustkörbe. Blut spritzte. Die Hauptmänner und Soldaten des Inu no Taishous sackten mit einem wahnhaften Glanz in den Augen zu Boden. Vier, fünf, nein, sechs weitere Leichen.

Fürst Yuusei speichelte. Er war hin- und hergerissen zwischen der schmähenden Ansprache und seiner Bestürzung, als er das Schauspiel verfolgte. Die unheilvolle Vorahnung in seiner Brust sprang ihm mit einem Schlucken bis zum Adamsapfel.

Warum lächelte dieser Abschaum im Moment des Todes? Warum folgten sie dem Befehl einer Frau und opferten den Boden? Der Westen war für vieles bekannt, aber auf den Schlachtfeldern nährten die Männer den Ruf, die Unterwelt mit den Seelen ihrer Feinde zu speisen.

Eine Falle?

Nein, das konnte nicht sein. Da blieben nur die Fürstin, ihr Balg und eine Handvoll Hofdamen in zerschlissenen Seidenkimonos, als das Blut des letzten, furchteinflößenden Generals wie ein Brunnen aus dessen Kehle sprudelte.

Ihre Überzahl hatte gesiegt! Der erste Teil der Residenz war unwiderruflich gefallen. Es gab kein Zurück mehr – und der Inu no Taishou entfaltete seine volle Kraft noch irgendwo in den höchsten Wolkenbergen. Dessen Macht durfte niemandem mehr etwas nutzen: Er würde ihm vorher die Eingeweide seiner treuen Gattin vor die Füße werfen.

Wenn das kein Bannkreis hinter ihr war, sollte ihn die Hölle verschlingen. Kindische Spielereien, schrie sein Stolz. Genug der Zeitverschwendung, ehe es ihm zum Nachteil gereichte.

"Macht den Weg frei!" Zischend zog Fürst Yuusei das Schwert aus der Scheide, dann fegte sein Youki als unnatürlich, giftig-gelber Schleier in den Stahl. Die dicke, gewobene Seide seines Ärmels rutschte zurück und gab Schweißtropfen in der Größe seiner Klauen preis, während sein Fuß ein Damastkissen zur Seite stieß. "Ich tilge diese Familie eigenhändig von der Welt. Komm her, mein Junge. Du schuldest mir deinen Kopf." Lüstern maß er den Welpen des Inu no Taishous, der angespannt hinter die Pelze seiner Mutter wich und dort – wie vom Donner getroffen – den Blick auf eine grauhaarige, schwer keuchende Hofdame lenkte, die gerade noch vor ihn stolpern wollte.

Yuusei knurrte.

Diese... diese Anmaßung! Er hielt lieber eine Rangniedere in den Farben des Ostens fest, statt noch einmal das Wort an ihn, einen Fürsten, zu richten?

"Du hättest dich besser mit beiden Händen an dein Schwert geklammert!" Während Yuuseis Klinge unter der hervor brechenden Mordlust erbebte und Schlangenköpfe aus der Spitze donnerten, öffnete die Fürstin ihre Fänge und gab sich einem salbungsvollen, falschen Lächeln hin.

"Beeindruckend", hauchte die Herrin des Westens, "doch Ihr kämpft nicht gegen uns Lebende. Leistet den Toten Gesellschaft, meine hochverehrten Gäste."

Eine Handbewegung später flammte der Stein ihrer Halskette auf und stieß den Raum in Schwärze, tiefer und dunkler als jeder Abgrund. Unter den Füßen der ersten Dämonen entstand ein Pfad aus Erde und verwelkten Farnen. Wer nicht sprang, versank augenblicklich bis zu den Knöcheln in den lose aufeinander geschichteten Lehmklumpen. Entsetzte Schreie erklangen, die selbst Yuusei ins Mark fuhren.

Was ist das für ein Zauber?

Wo die Fäden des schützenden Spinnennetzes ragten, tat sich nichts. Diejenigen, die er abschlachten wollte, starrten ihn an. War das Mitleid in ihren Gesichtern? Mit ihm?!

"Wehrt euch, Ihr Narren! Schützt meinen Welpen!", befahl er erregt. "Niemand fürchtet die Kräfte dieses Weibes!" Wüst schlug Yuusei in den Grund. Der Boden spie ihn dank seines Youkis wieder wie einen Pflaumenkern aus. Kurz blitzten die Streben der Bambusmatten auf, dann schwappte die Finsternis zurück: Eine Illusion!

Die Hitze des eigenen Angriffs brannte auf seiner Haut, als er mit einem frisch ausgebrüteten Fluch auf der Zunge und überaus zornig auf ein Kraut trat. Dort, wo die Blattspindeln die Säume seiner Beinkleider berührten, geronnen sie zu zähem Schlick und aufkochenden Blasen. Als die ersten platzten, traten aberhunderte Lichter aus ihnen hervor. Jedes einzelne war winziger als ein Glühwürmchen. Der Feldherr in ihm, der Schlachten und Überfälle in windigen Gebirgen für sich entschieden hatte, brüllte. "Soll mich das schrecken?"

Diese Energie war schwach. Ein Abglanz seiner eigenen, die seine Stoffe nun senffarben färbte. Brodelnd wie ein Vulkan richtete er sich zu voller Höhe auf, bereit, die Knochen zu verformen und brechen zu lassen.

Die Herrin der Hunde lächelte still – und kaum, dass sie die bepinselten Lippen verzog, erstickten die Energien des südlichen Fürstens wie der Docht einer Kerze; kalt, nutzlos, schwach.

"Wie habt Ihr –?!", zischte Yuusei erstickt, ehe er den eindeutig eingeschüchterten Mienen seiner Männer vorgriff. "Zum Teufel mit Euch! Was spielt es für eine Rolle?!"

Rabiat schüttelte er die Schwerthand und entfesselte erneut, was ihm gehörte, aber die Mächte flackerten und verschwanden, kehrten auf die Klauen zurück und loderten fauchend an der Klinge empor. "Ihr könnt mich nicht mäßigen, Weib!"

"Ich hörte Fliegen in den Netzen klüger sprechen. Mein Sohn war gescheiter als Ihr, als er gerade meinen Fellen entschlüpfte. Ich gebe mein Leben für das der Kinder des Westens." Zurück blieb der kühne Ausdruck in ihren Augen, während das Fleisch auf ihren Wangen in den Schatten ausmergelte. Ihr Youki floss in das Medaillon, ehe sie zu altern begann. Herzschlag um Herzschlag, rasanter als ein Wasserfall hinabstürzte, brannten Muskeln von ihren Knochen. Ihre Klauen wurden brüchig. Jahrhunderte vergingen in einem Wimpernschlag. Dann umklammerte die Hand einer Greisin das Schmuckstück.

Ihre Stimme flüsterte auf dem Totenbett, das nach ihr griff. "Dient und kämpft erneut, Kinder des Westens. Tötet sie und kratzt dem Täubchen zuerst die Augen aus!"

- - - - - - -
 

Auge um Auge, Zahn um Zahn in Kapitel #19, "Schwarzkiefer III".



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (83)
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7]
/ 7

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  SUCy
2022-12-23T19:11:49+00:00 23.12.2022 20:11
Na ein ganz reizendes Persönchen XD auch wenn ich doch irgendwie Schwierigkeiten hatte hinterher zu kommen heute XD
Und warum wird sie jetzt alt? Ich steh auf den Schlauch.
Antwort von: Morgi
23.12.2022 20:40
Das Altern hängt mit der Halskette zusammen, die sie trägt. Bei Risiken und Nebenwirkungen lesen sie vorher die Packungsbeilage. ;)

Ich schau mir die Passage noch einmal genauer an, um es gegebenenfalls noch etwas verständlicher anzudeuten, ehe es im nächsten Kapitel ohnehin aufgeklärt wird. (Nur weil es Yuusei nicht auf Anhieb verstehen darf, soll es dir als Leserin nicht genauso ergehen!) Danke für den Tipp, meine Liebe! :)
Von:  Kerstin-san
2022-12-23T15:28:37+00:00 23.12.2022 16:28
Hallo,
 
oha, ist da etwa jemand nach all der Zeit noch sauer, weil die Dame ihn nicht erwählt hat? Grundgütiger! Das nenne ich mal nachtragend.
 
Ich finds beeindruckend, wie du die Macht, die die Dame des Hauses hat, beschreibst. Sie bildet dank ihrer zurückhaltenden und schweigsamen Art einen krassen Kontrast zu Yuusei, der ja bei Leibe kein Schwächling ist, aber sie muss gar nichts sagen, damit man spürt, dass auch sie einiges in petto hat.
 
Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht ganz verstehe, was genau sie Isamu vorwirft (Verzögerung? Weil die Brautschau jetzt ungeplant länger dauert, oder wie ist das gemeint?)? Ist ja kaum seine Schuld, dass der Süden beschlossen hat alles niederzumetzeln xD
 
Das nenne ich mal Treue zu Fürst und Fürstin, wenn die Soldaten des Westens da mal eben freiwillig den Löffel abgegeben, damit ihre Fürstin ihre Leichen zum Kämpfen benutzen kann. Und generell scheint sie sowohl illusionstechnisch was drauf zu haben als auch sonst recht magiebewandert zu sein. Find ich ziemlich cool und ich bin schon sehr neugierig, wie sich Miharu wohl schlagen wird. Ob der Herr Papa ihr da zur Rettung eilen kann?
 
Liebe Grüße
Kerstin
Antwort von: Morgi
23.12.2022 20:50
Verflixt, du Detektivin hast es jetzt schon erkannt! Aber ja, der Gute ist nachtragend. Das ist eine seiner besten Charaktereigenschaften! (Wie war das mit den Prioritäten? Wenigstens denkt ER an sein Kind. Das macht ihn sozialverträglicher als den Westen und Osten zusammen, gell?)

Und ja, auch richtig: Die Fürstin wirft ihrem Jungspund Trödelei bei der Brautschau vor. Hohe Ansprüche, die Gute. Du hast Isamus Gedanken in dem Punkt auf den Kopf getroffen (ich hab so gelacht!), und es freut mich natürlich, dass sie mit ihrer Art Eindruck schinden kann.
Wollen wir die Daumen drücken, dass sich die Treue zu ihr auszahlt - und Miharu den ein oder anderen Kniff auf Lager hat, der sich nicht nur auf "Deckung!" bezieht, obwohl ich an ihrer Stelle das Weite suchen würde.

Schöne Feiertage!
Antwort von:  Kerstin-san
23.12.2022 21:37
Manchmal habe ich ein Auge für Details, aber nicht immer ;)

Du hast völlig Recht: Yuuseis Verhalten finde ich in der Hinsicht sehr viel nachvollziehbarer als das des Taishous, haha.

Tja, der Junior hats nicht leicht mit der Frauenwelt - weder mit seinen eigenen Verwandten noch mit fremden Damen, was? Ich bin echt gespannt, was Miharu so auf dem Kasten hat. Flucht ist natürlich verlockend, aber ich denke der Bannkreis dürfte das wohl im Keim ersticken.

Dankeschön! Das wünsche ich dir und deinen Liebsten auch :)
Von:  Hotepneith
2022-12-22T17:48:56+00:00 22.12.2022 18:48
Auweis. Mit Mama ist nicht zu spassen.... Ich vemrute mal, das ist mehr als nur Anschauungsunterricht für Noriko. Und irgendwie,,, habe ich durchaus den Verdacht, dass die Lady ganz genau weiß, was sie tut.
Hm. Sollte einem das Täubchen Leid tun?
 
Schöne Feiertage
 
 
hotep
Antwort von: Morgi
23.12.2022 20:36
Ich glaube nicht, dass sie dir leid tun wird, aber das eine schließt das andere nicht aus. ;)
(Anschauungsunterricht ist so wichtig! Ansonsten endet man wie ein gewisser Enkel, der über Papas Geheimnisse brüten und sich in allen Ecken des Landes seine Hinweise zusammen suchen muss. Eine Unart ist das!)

Liebste Grüße und schöne Feiertage!
Von:  SUCy
2022-11-25T19:34:48+00:00 25.11.2022 20:34
Ich hab ja kurz den Atem angehalten und gedacht er will sie selbst als Zweitfrau haben XDDD
Fumi tut mir auch leid, aber vielleicht war Isamu schnell genug, mal schauen wie es weitergeht.
Und was Isamu vor allem von seinen neuen Pflichten hält XD
UND auf Sesshoumarus Oma bin ich sehr gespannt, Gene überspringen ja gerne mal eine Genereation XDD Ich hab da so eine Ahnung was uns da erwartet XD
Antwort von: Morgi
26.11.2022 16:55
Was für eine gemeine Alternative! (Ich liebe sie.) Aber nein, ganz knapp daneben, hier wird erstmal die Jugend auf Trab gehalten. Oh warte, da gibt's ein Muster, was Söhne und unerwünschte Aufgaben angeht...

Ob du bei den Genen richtig liegst, erfährst du nächste Woche. Hehe!
Von:  Hotepneith
2022-11-23T17:00:10+00:00 23.11.2022 18:00
Arme Fumi, ich hoffe für sie und alle anderen, dass es da schon Tenseiga gab, aber ich meine mich zu entsinnen, dass das erst Isamu fabrizieren ließ....
Was für ein gerissener alter Hund. Und Noriko denkt in aller Panik noch pragmatisch genug um ihren Kopf aus der Schlinge zu holen - und ihn in die nächste zu stecken, denn der widerspenstige Welpe wird von diesem Pakt nciht so übernmässig begeistert sein.
Und ja, das war auch mein Gedanke - welcher Fürst lässt seine eigenen Leute meucheln, nur um eine Svhwiegertochter zu bekommen? Der böse, gute Ruf? Immerhin sollte nach dem kleinen Youki Ausbruch auch jeder aus dem Süden mitbekommen haben,d ass es lgeich Ärger gibt. Und der werte Takeu sollte ja auch noch in der Gegend herumlungern. Von der Fürstin des Westens mal zu schweigen, die die ..äh, werten Gäste gleich in Empfang nehmen wird....
 
hotep
Antwort von: Morgi
23.11.2022 18:07
Nein, Tensaiga gibt es zu diesem Zeitpunkt nicht. Isamu hatte Miharu zwar nach einem gewissen Schmied und dessen Lehrling gefragt, aber er kennt Toutousai noch nicht. (In "Apfelblüte" besitzt er Tensaiga, inklusive der liebenswerten Erklärung Toutousais, wie es zur geschmiedeten Reihenfolge kam. Hehe!)

Wir fassen zusammen: Mutti muss es richten, Noriko ist auch nicht perfekt und dem Süden darf der Hundehintern auf Grundeis gehen (oder nicht)!
Die Frage zum Meucheln brachte mich zum Lachen. Die Sterberate ist in deinen Krimis viel, viel höher!
Von:  Kerstin-san
2022-11-23T15:45:05+00:00 23.11.2022 16:45
Hallo,
 
die arme Fumi... Als Dämonin ist sie zwar nicht völlig wehrlos, aber gegen ausgebildete Krieger hat sie nicht den Hauch einer Chance. Ich finds nachvollziehbar, dass sie einfach nur der Aufmerksamkeit der Dämonnkrieger entgehen und nach Noriko suchen will, aber ich fürchte, dass das kein gutes Ende für sie genommen hat.
 
Huuu, mit Toga will man es sich echt nicht verscherzen. Ich bin so neugierig, wie stark er in seiner Hundeform wohl ist und wie er die Angreifer des Südens durcheinander wirbeln wird.
Allerdings wundere ich mich allerdings auch etwas darüber, dass er mal eben etwas mit Noriko plaudert, statt aktiv ins Kampfgeschehen einzugreifen. Aber vlt. vertraut er darauf, dass seine verehrte Gattin die Situation auch in den Griff bekommt.
 
Ups, und so schnell kanns gehen. Schon ist man quasi verlobt, ohne dass Braut und Bräutigam das wirklich wollten. Na, viel Spaß, Noriko, wenn du das Isamu beibringen willst xD
 
Hier hat sich übrigens noch ein "ein" zu viel eingeschlichen: "dann ereilte sie ein ein Schatten aus dem Nichts"
 
Liebe Grüße
Kerstin
Antwort von: Morgi
23.11.2022 17:28
Danke, das habe ich gleich ausgebessert!

Ich hatte überlegt, ob Fumi sich auch liegend wehrt, aber das würde die kriegerische Ausbildung des Feindes zu absurd und schwach aussehen lassen. Flucht erschien beim Ausblick auf 'Schwert vs. Klauen' sinniger ... die Arme unterschreib ich. :(

Ist es noch ein wundern á la "fühlt sich falsch an" oder "wenn ihm das nicht auf die Pfoten fällt" oder "ich wittere eine Falle, das schreibt Morgi doch nicht umsonst so"? :D
Gedenken wir solange Noriko, haha!
Antwort von:  Kerstin-san
23.11.2022 17:43
"Fühlt sich falsch an" wäre zu viel gesagt, eher sowas, wie "Mann, wo liegen denn deine Prioritäten?!" xD
Antwort von: Morgi
23.11.2022 17:48
Immer beim Enkel, der die Blutlinie fortführt. Sesshoumaru konnte sich schon vorgeburtlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit wähnen! (Oder Auszug aus: "Wenn man(n) nicht alles selbst macht", "die Jugend von heute taugt nichts" und dem Bestseller, "Chance verpasst, lebt mit dem Ergebnis".)

Na, aber ich bin erleichtert, dass die Vorgehensweise nicht völlig absurd wirkt. :))
Antwort von:  Kerstin-san
23.11.2022 17:52
Jaja, Toga scheint sehr viel an seinem zukünftigen Enkel zu liegen. Die beiden haben nicht zufällig das Vergnügen sich noch kennen zu lernen, oder? Ich erinnere mich nicht genau, aber ich glaube nicht, dass in IY jemals von den Großeltern mal die Rede war, oder?

Ach quatsch, absurd ist es nicht: Im Zweifel sind es einfach die üblichen exzentrischen Dämonen. Pfff, die Hunde halt ;)
Antwort von: Morgi
23.11.2022 18:01
Hmm! Ich kann mich nicht daran erinnern, in den Filmen, Manga oder der Serie etwas von Sesshoumarus Großeltern aufgeschnappt zu haben. Die zweite Staffel von Yashahime kenne ich nicht vollständig, d.h. sollte dort eine Andeutung oder ein Charakter zu sehen sein, habe ich die originalgetreue Vorlage mindestens bei den Großvätern nicht umsetzen können (oder einen Glückstreffer gelandet, wer weiß).
Takeru, Toga und Frau Großmutter sind hier reine Eigenkreationen, die nur an die Eltern und das Enkelchen angelehnt sind.
Von:  SUCy
2022-10-29T20:02:03+00:00 29.10.2022 22:02
Ohhh es geht weiter :D
Ich musste mich erstmal ordnen, was alles passiert war.

Na ich bin auf den Auftritt von Isamus mutter gespannt :D

Antwort von: Morgi
23.11.2022 12:12
Ja, das musste ich auch in der Szenerie. Über ein Jahr hinweg vergisst man zwar nicht, wie der Raum aufgeteilt ist, aber welche Details man an welcher Stelle bereits erwähnt hatte.

Ich hibble schon darauf, was du zu Sesshoumarus Großmutter sagen wirst. (Da müssen sich noch ganz andere sortieren, haha!)
Von:  Hotepneith
2022-10-27T06:31:51+00:00 27.10.2022 08:31
Fein, dass es endlich weiter geht - und wie, gleich.
Tolle Kampfathmosphäre, (schön, dass du auch die Verletzung des Generals im Geischt nciht vergessen hast, das macht es realistischer..udn gruseliger, natürlich) Un
 
Dann der kurrze Moment, in dem Isamu mal sein, zugegeben im Verhältnis zum Südfürsten nicht besonders erscheinendes Youki zeigt, aber er hatte auch nciht ganz den Plan, der der ihm unterstellt.
Hm. Papa ist verdächtig entspannt, dafür, dass da gerade kiloweise seine Leute weggemetzelt werden und sein Einziger sich in Nöten befindet. Rettet lieber die potentielle Schwiegertochter. Da komtm doch noch was.
Okay. Da kommt wer -
Yususei, da kommt was auf dich zu und es kann dich nicht leiden....
 
Noriko bekommt wohl gleich Anschauuungsunterricht.
 
Well done und viele nette Überraschungen.
 
 
Ich hoffe auf das näcshte Kapitel nciht wieder jahrelang warten zu müssen....
 
hotep
Antwort von: Morgi
23.11.2022 12:09
Was sollte der arme Schwiegervater-in-spe vorhaben? Immer diese unterstellten Absichten! Er ist einfach nur ein sehr, sehr großzügiger, liebevoller ... Dämon, der Sesshoumarus Namen rein zufällig mag. Ha! :D
Na gut, einigen wir uns darauf, dass dein Misstrauen berechtigt sein könnte. Vielleicht. Eventuell.

Und nein, ich bemühe mich um schnelles Vorankommen. Die Pause hat zwar Spuren hinterlassen, um wieder reinzukommen, aber das nächste Kapitel steht. Ich gehe reihum bei den Geschichten.

P.s. Anschauungsunterricht? Das bringt mich auf eine Idee.
Von:  Kerstin-san
2022-10-26T15:12:11+00:00 26.10.2022 17:12
Hallo,
 
na, das ist doch mal eine nette Überraschung, dass es hier ein neues Kapitel gibt. Ich musste ganz fix mal noch das vorherige lesen, um zu wissen, was gerade überhaupt so passiert, aber dann war ich auch direkt wieder drin im Geschehen.
 
Oho, also ist es doch Isamu selbst, der für die Energiewelle verantwortlich ist. Nette Taktik, dass er den Fürsten des Südens damit etwas aus dem Konzept bringen will und ich musste loslachen, als Miharu nach all dem Schaden, den sie selbst verursacht hat, so etwas pikiert auf den Geköpften reagiert, haha.
Isamu hat auch immer einen flotten Spruch auf den Lippen, was? Ich mag seinen Humor ;)
 
Immerhin scheint der Taishou ja große Stücke auf Isamu zu halten, wenn er lieber Noriko aus der Gefahrenzone schafft, als seinen Erben. Könnte mir vorstellen, dass sie bei jedem anderen, der sowas gewagt hätte, eher schnippisch reagiert hätte, aber hier wagt selbst sie keine Widerworte. Und der Schiwegerpapa in spe ist ja sehr angetan von ihr.
 
Oh krass, Isamus Mutter höchstpersönlich kommt vorbei, um ihren Junior zu retten und dem Süden in den Hintern zu treten? DAS hab ich echt nicht kommen sehen. Bin super neugierig auf ihren Auftritt und vlt. bekommt ja auch Noriko danach die Chance mit ihr einige Worte zu wechseln.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Antwort von: Morgi
23.11.2022 12:05
Ja, die arme Miharu. Wer kam nur auf die Idee, sie anzuekeln, wenn sie das Blutbad nicht selbst verursacht hat? Stell sich einer vor, die gute Seide wird deshalb fleckig! ;))

Die Idee mit Schwiegerpapas Handlung löste den Ursprungsverlauf ab, weil ich es beim Schreiben nicht so logisch erklärt bekam wie ich mir das einmal erträumt hatte. Außerdem gab es die Verlockung, die Großmütter früher einzubinden und den Westen noch etwas kauzig-eigenwilliger aussehen zu lassen!

Davon, dich überrascht zu haben, muss ich jetzt noch etwas zehren. Das passiert so selten. Wie immer eine Freude, deinen Kommentar zu lesen!

Viele Grüße, Morgi
Von:  SUCy
2021-04-16T16:02:10+00:00 16.04.2021 18:02
Oh was ein wandel! Ich glaub ich muss jetzt auch noch mal das Kapitel davor lesen XD Um wieder so richtig rein zu kommen.
Aber mir war als hättrn sie da noch alle Small Talk geredet XD
Und ja, wo zur Hölle ist sein Vater o.o
Uh das is sp spannend! Wann geht es weiter???


Zurück