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Balance Defenders

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nach langen Diskussionen sollen die fünf nun endlich lernen, ihre Kräfte einzusetzen. Na wenn das mal gut geht. ;D Komplett anzeigen

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Training

Training

„Die Welt ist in zwei Klassen geteilt,

in diejenigen, die das Unglaubliche glauben

und diejenigen, die das Unglaubliche tun.“

(Oscar Wilde, irischer Schriftsteller)


 

Die fünf folgten Eternity aus dem Aufenthaltsraum in Richtung Trainingsbereich. Wo zuvor ein nahtloser Übergang in die Trainingshalle gewesen war, befand sich nun eine Art Zwischenbereich. An der vormaligen rechten Außenwand befand sich eine Einkerbung, die eine Tür vermuten ließ, die nicht in ihren Überlegungen enthalten gewesen war.

Wie von Zauberhand tat sich die Schiebetür auch schon auf und ihnen wurde klar, dass dieser Raum ihnen wohl nicht so einfach eingefallen wäre.

Der Boden bestand aus metallisch glänzendem silbrig-schwarzem Stein – Hämatit – der mit einem weißen Muster übersäht war, das regelrecht glühte. Die Decke des Raums war nicht wie die des übrigen Gebäudes. Das Zimmer befand sich unter einer Kuppel. Schneeweiße Streben, trafen an der aus schwarzem Turmalin gefertigten Decke zusammen, die sie irgendwie an den Sternenhimmel bei Nacht erinnerte.

In der Mitte des Raums befand sich eine Mulde im Boden, deren Zweck den fünfen nicht klar war. Wie im Rest des Gebäudes gab es keine Fenster.

Obwohl die silber-schwarze Farbe des Raumes – von den Pfeilern einmal abgesehen – vermuten ließ, dass im Inneren eine unheimliche Dunkelheit herrschen würde, handelte es sich vielmehr um eine geheimnisvolle Ausstrahlung. Diese kam nicht zuletzt durch die wie von feiner Feder schwungvoll getuschten Symbole zustande, die den Raum zierten und sanft leuchteten.

„Es ist wunderschön.“, hauchte Ariane.

„Ich hoffe, es wird euch helfen, eurem Selbst auf den Grund zu gehen.“, sprach Eternity.

Sie schwebte in die Mitte des Raums zu der Mulde im Boden. Daraufhin strömte aus der Einbuchtung sanftes Licht hervor, begleitet von einer ganz zarten Musik wie aus einer Spieluhr. Das Licht, in dem kleine kristallene Figuren andächtig tanzten und dabei ständig ihre Form zu ändern schienen, wurde auf die Kuppel geworfen und zeigte dort sanfte Pastellfarben.

Das Licht drehte sich langsam zur Musik und erinnerte die fünf an eine Mischung aus einem Kaleidoskop und einem Spielzeug für Babys, das Bilder an die Decke projiziert.

Zauberhaft. Anders konnten sie es nicht beschreiben. Auf seltsame Art und Weise fühlten sie sich zurück in ihre Kindheit versetzt, in der sie noch behütet gewesen waren. Vielleicht war auch genau das Eternitys Absicht, schließlich war ein Kind sehr viel offener für alles Neue und Fantastische. Und laut dem, was sie zuvor angedeutet hatte, mussten sie sich nun auf so einiges gefasst machen, das über die Grenzen ihres Verständnisses hinausgehen würde.

„Kommt doch näher.“, bat Eternity die fünf, die noch wie angewurzelt in der Tür standen.

Vorsichtig betraten sie den Raum, während sich hinter ihnen die Tür geräuschlos schloss. Nun erkannten sie, dass um die Mulde fünf Kissen lagen, auf denen sie offensichtlich Platz nehmen sollten. Sie kamen der unausgesprochenen Aufforderung nach.

„Um den Weg zu euren Kräften zu finden, müsst ihr euch auf euch selbst konzentrieren.“, erklärte Eternity.

„Ha! Das kann ich!“, rief Vitali stolz.

„Klar.“, spottete Serena. „Ist ja auch das einzige, mit dem du dich beschäftigst.

Vitali grinste breit. „Einer muss sich ja mit den wirklich wichtigen Dingen beschäftigen!“

Serena lächelte schräg. „Seit wann bist du wichtig?“

Ariane mischte sich ein. „Spätestens seit du es als nötig erachtet hast, ein Gespräch darüber anzufangen, ob er es ist.“ Sie wandte sich an Eternity. „Was müssen wir tun?“

„Nehmt eine würdevolle Haltung ein, die zeigt, dass ihr Respekt vor euch selbst habt.“, antwortete Eternity.

Serena funkelte sie auf diesen Satz hin böse an.

Eternity präzisierte ihre Aussage daraufhin: „Gebt eurem Körper den Raum, den er braucht, um frei zu atmen. Richtet eure Wirbelsäule auf, als würde sie an einem Faden nach oben gezogen. Findet eine Position, in der ihr euch wohlfühlt, und schließt die Augen.“

Im ersten Moment kamen sie sich wie bei einer Meditationsstunde vor – was bei dem Namen Meditationsraum wohl auch naheliegend war – dennoch versuchten sie Eternitys Anweisungen zu folgen und bemerkten gleichzeitig, dass die Musik verstummt war.

„Atmet einmal ganz tief aus, drückt mit aller Kraft so viel Luft aus euren Lungen wie ihr nur könnt und dann noch ein bisschen. Bis nichts mehr geht. Haltet die Spannung für eine Sekunde und lasst dann los.“

Eternity legte eine kurze Pause ein, in der die fünf taten wie sie ihnen geheißen hatte.

„Eure Lunge füllt sich automatisch wieder mit Luft. Ihr müsst nichts dafür tun. Immer wenn ihr merkt, dass ihr euch anspannt, könnt ihr das wiederholen. Konzentriert euch jetzt auf euren Atem. Nehmt einfach wahr, wie sich euer Oberkörper bei der Einatmung weitet… und bei der Ausatmung zusammenzieht… Ihr müsst nichts dafür tun.“

Eternitys Stimme hatte einen so besänftigenden Klang, dass ihre Anspannung tatsächlich langsam nachließ.

„Euer Atem kommt und geht, ohne euer Zutun. Ihr könnt ihn einfach wahrnehmen.“

Momente lang waren nur ihre Atemzüge zu hören.

„Alle Gedanken dürfen jetzt gehen. Sie ziehen einfach an euch vorbei wie Wolken am Firmament. Konzentriert euch einfach weiter auf euren Körper.“

Als Eternity erkannte, dass auf den Gesichtern von ein paar von ihnen Anspannung zu lesen war, sprach sie langsam weiter: „Es ist okay. Ihr müsst nichts erzwingen. Es kommt von alleine zu euch. Und egal was in euch ist oder nicht ist, es darf sein. Wirklich...“

Weitere Momente des Schweigens folgten.

„Nun sagt still zu euch selbst: Bitte, zeig mir den Weg.“

Eingelullt von Eternitys sanfter Stimme folgten sie der Anweisung.

Eine angenehme Ruhe hüllte sie ein, und auch wenn ein paar von ihnen noch unruhig waren, glaubten sie tatsächlich etwas zu fühlen.

Jeder von ihnen folgte in seiner Geschwindigkeit dem jeweiligen Gefühl in sein Inneres, oder vielleicht trat auch ihr Inneres immer mehr an die Oberfläche. Je weiter sie kamen, in desto weitere Ferne rückte ihre Umgebung und umso mehr füllte die Empfindung ihr Inneres aus.

Es war nicht möglich, dieses Gefühl in Worte zu fassen, da keine Worte der Welt sein wahres Wesen fassen konnten. Doch es hier vorzufinden, überwältigte sie.

Sie waren so davon überzeugt gewesen, dass Ewigkeit es in ihnen ausgelöst hatte, an dem Tag, an dem die Schatthen sie entführt hatten, nur um jetzt zu erkennen, dass es in ihnen selbst seinen Ursprung nahm.

Es war angenehm und intensiv, es erfüllte ihren gesamten Körper, Sie fühlten sich geborgen und ließen los, öffneten sich dieser Empfindung vollständig. Sämtliche Gedanken waren verstummt. Ein Kribbeln jagte durch sie hindurch wie ein Lachen des Lebens, ein Kichern des Glücks, das ihr ganzes Wesen erfasste.

In diesem Moment riss es ihnen die Augen auf, sie schnappten nach Luft.

Und da waren sie – die Wappen…

Die fünf wagten nicht, ihre Augen von den runden Gebilden zu lösen. Zu groß war die Furcht, dass diese im gleichen Moment wieder verschwinden könnten. Es war zu unglaublich, dass sie selbst bewirkt haben sollten, dass diese vermeintlichen Tore zu ihrer Seele nun vor ihnen in der Luft schwebten.

Vorsichtig standen sie von ihren Plätzen auf. Die Wappen waren nun direkt vor ihnen.

Zaghaft streckten sie dem ihrigen die Hand entgegen, wie sie es damals schon in den Unendlichen Ebenen getan hatten. Es kam der Moment der Berührung.

Wie ein aus ihrem Herzen emporloderndes Schicksalsfeuer, lebensspendend und wärmend,

wie ein Wind der Veränderung, befreiend und leicht,

zart und betörend wie eine ihre Eindrücke vereinende Blume,

wie ein Fels des Vertrauens, festigend und stärkend,

erfrischend und lindernd wie ein übersprudelnder Wunschquell,

elektrisierend und durchdringend wie ein Blitzgewitter ihrer geheimen Kräfte

erfüllte es ihr ganzes Wesen.

Die Intensität der Empfindung erfasste sie. Wie von einem Rausch überwältigt, wurden sie sanft mitgerissen. Wie ein zarter Hauch, ein sanfter Regenschauer oder die Liebkosung von Sonnenstrahlen weitete sich etwas über ihre Haut aus, als würde es dort erblühen und erhärten.

Sie atmeten ein und aus, immer noch mit geschlossenen Augen, spürten den Boden unter ihren Füßen und mussten erst das unglaubliche Gefühl verarbeiten,

Langsam öffneten sie ihre Augen und sahen einander an.

Ein eigentümlicher Glanz ging von ihrer Kleidung aus. Diese war mit unterschiedlichen Edelsteinen und Verzierungen geschmückt. Jede Uniform – wenn man sie überhaupt so bezeichnen konnte, denn jede hatte ihren eigenen Stil – besaß ihren eigenen zu einer speziellen Form geschliffenen Edelstein, der an unterschiedlicher Stelle angebracht war. Für eine Sekunde hatte ihre jeweilige Kleidung die Farbe ihres Edelsteins, dann nahm sie eine andere Farbe an, die sie anschließend beibehielt.

Change, beziehungsweise Vitali, betrachtete sein Outfit. Zwar hätte man sich damit auf der Straße nicht zeigen dürfen, aber so als Superheld… Ein begeistertes Grinsen nahm sein Gesicht ein. Als ihm das klar wurde, bemühte er sich sofort wieder um einen ernsteren Ausdruck. Brauchte ja nicht jeder gleich wissen, dass er die Klamotten toll fand.

Eternity strahlte vor Freude und wäre fast zurück in ihr kindlichen Ich gefallen, hätte sie sich nicht rechtzeitig wieder gesammelt. Sie räusperte sich.

„Diese Kleidung scheint ein Schutz zu sein. Die Energie der Wappen bildet sie aus. Ganz nach euren Wünschen.“

Desire alias Ariane sah Eternity fragend an. „Nach unseren Wünschen?“

Eternity nickte. „Die Energie der Wappen hat die Kleidung gebildet, das heißt, ihr müsstet sie steuern können.“

Verwirrung herrschte. Wie sollte man Kleidung steuern können?

Experimentierfreudig streckte Unite, sprich Vivien, ihren rechten Arm vor sich. Die anderen betrachteten sie interessiert.

Für einige Sekunden passierte nichts, dann mit einem Mal schien der Stoff ihrer Kleidung zu reagieren, sodass die anderen ein erschrockenes Keuchen von sich gaben.

Ihre Hand wurde von einem zauberhaften Funkeln und Glitzern eingehüllt und war im gleichen Atemzug plötzlich behandschuht, genauer gesagt, ihre Hand und ihr gesamter Arm waren vom gleichen Stoff überzogen, doch nur für einen Augenblick. Wieder konzentrierte sich Unite und schon löste sich der Stoff in Schimmern auf.

Nun war ihre Uniform rechts kurzärmlig, besaß aber an ihrem Unterarm einen Extrastoffteil, der ein wenig an einen rein dekorativen Gelenkschützer erinnerte oder eine eng anliegende Armstulpe.

Unite lachte vergnügt und strahlte die anderen mit leuchtenden Augen an. „Unser ganz eigenes Hauptquartier! Unser ganz eigenes Team-Outfit! Jetzt sind wir eine richtig professionelle Heldentruppe!“ Kein Kind hätte begeisterter schauen können. In wahrem Freudentaumel bewegte sie ihren Oberkörper hin und her. „Wie die Power Rangers oder die Sailor Krieger!“

Changes Gesicht wurde finster. Mit einer Grabesstimme begann er zu sprechen. „Hast du mich gerade mit…“ Er begann zu brüllen. „…Sailor Moon verglicheeeeeen?!!!!“

Anstatt zu antworten grinste Unite unschuldig.

„Wehe du kommst noch mal mit diesem Vergleich!!!“, schnaubte Change sie so laut an, dass Unite ihren Kopf gekünstelt nach hinten fallen ließ, als habe der Windstoß von Changes Schrei das bewirkt.

„Na wegen den verschiedenen Farben und Elementen.“, entgegnete Unite arglos. „Schau doch!“ Sie deutete auf die Edelsteine an ihren Kostümen. „Desire ist orange. Ich gelb. Destiny rot. Trust grün. Und du bist blau!“

„Das erklärt einiges.“, kommentierte Destiny, Serenas verwandelte Form, mit einem Seitenblick auf Change.

„Ja, zum Beispiel warum du immer gleich rot siehst.“, konterte Change.

Trust, zuvor Justin, ging über die Streitereien der beiden hinweg. „Was meinst du mit den Elementen?“, fragte er Unite.

„Jeder von uns steht für ein Element!“, verkündete Unite.

Change schien nicht zu verstehen. „Wie jetzt? Eisen? Silber? Kadmium?“

„Feuer, Wasser, Erde, Luft! Du Dumpfbacke.“, zickte Destiny ihn an.

„Das sind aber keine Elemente, du Besserwisserin!“, gab Change zurück.

Desire wandte sich an Unite: „Wie meinst du das?“

Unite kicherte vergnügt. „Ist euch das noch nicht aufgefallen? Vitali Luft. Serena Funke, wie Feuer. Ariane Bach, also Wasser. Und Justin Boden, sprich Erde.“

Den anderen war das tatsächlich noch nicht aufgefallen.

„Ihr habt doch sicher euer Element bei der Verwandlung gespürt!“, rief Unite.

Ihre Beschützer-Kollegen wirkten unsicher. Sie hatten zuvor nicht darüber nachgedacht, ob sie ein Element gespürt hatten.

„Ja halt mal!“, rief Change. „Was bitteschön soll Vivien Baum sein?“

„Na Pflanzen!“, antwortete Unite ohne jeden Zweifel. „Ich habe bei der Verwandlung ganz deutlich Pflanzen gespürt.“

Change zog eine zweifelnde Miene. „Wie kann man denn Pflanzen spüren?“

Unite überging seine Frage. „Wisst ihr, was die Sache jetzt noch komplett machen würde?“

Die Antwort hieß eindeutig Nein.

„Ein Team-Ruf!!“, jubelte Unite.

„Ein was?!“, spie Destiny aus.

„Ein Team-Ruf.“, wiederholte Unite, als habe sie den Spott in Destinys Stimme nicht wahrgenommen.

„So ein Blödsinn!“, keifte Destiny.

„Das dient der Motivation!“, erklärte Unite. „Im Sport wird das oft gemacht. Das steigert das Teamgefühl.“

„Das steigert die Genervtheit!“, blaffte Destiny.

„Danach wird es dir viel besser gehen!“, propagierte Unite.

Blanker Unwille sprach aus Destinys Gesicht. Unite neben ihr schmiss sich flehentlich an ihren Arm. „Lass es uns doch wenigstens versuchen!“

Destiny drehte zwanghaft den Kopf weg, um Unites treuem Hundeblick zu entgehen.

„Lass mich los.“, gab sie versteift von sich, immer noch darum bemüht, Unite auf keinen Fall anzusehen.

„Bitteeeeee!“, flehte Unite.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen und geschlossenen Augen, ließ Destiny den Kopf sinken und stöhnte sehr lange und sehr genervt.

Im gleichen Moment spürte sie Unite sie umarmen. „Danke!“

Unite begab sich wieder auf ihren Platz und strahlte die anderen voller Vorfreude an. Sie hielt die Rechte zu einer Faust geballt an ihrer Seite knapp unterhalb der Gesichtshöhe. Dann rief sie lange und gedehnt. „Balaaaaaaance….“ Sie riss ihren Arm triumphierend in die Höhe. „Defenders!!!“ Sie grinste. „Und jetzt alle zusammen!“

Weit weniger leidenschaftlich folgten die anderen ihrem Beispiel. Der Ruf klang aus ihren Mündern ziemlich unbeholfen. Und ihre Armbewegung war noch ziemlich lasch. Nur Change war mit vollem Eifer dabei.

Unite schüttelte den Kopf. „Da muss mehr Euphorie rein!“, sagte sie im Tonfall eines Filmregisseurs. „Ich will eure Emotionen sehen!“

Destiny knurrte leise.

Unite winkte Change von der gegenüberliegenden Seite zu sich. „Change, komm, wir zeigen‘s ihnen noch mal.“

Change ging um die Mulde zwischen ihnen herum und trat zwischen Unite und Desire.

Mit einem Nicken sprachen er und Unite sich ab. Beide Stimmen erklangen voller Begeisterung und Willenskraft. „Balaaaaaaance…. Defenders!!“ Ihre Arme schossen synchron in die Höhe.

Die anderen mussten zugeben: bei den beiden sah das schon ein wenig beeindruckend aus.

„Super!“, lobte Unite. Daraufhin konnte es Change nicht lassen, Destiny ein triumphierendes Grinsen zuzuwerfen, das diese mit einem grollenden Blick belohnte.

„Noch mal!“, forderte Unite.

Sie nötigte die anderen dazu, ihren Gruppenruf solange zu wiederholen, bis er sich tatsächlich enthusiastisch und kampfbereit anhörte.

Die anderen Beschützer hatten gar keine Wahl, als sich Unites guter Laune anzupassen, wenn sie nicht riskieren wollten, diese Prozedur bis in alle Ewigkeit fortführen zu müssen. Und so erschallten ihre Stimmen schließlich zeitgleich und energisch: „Balaaaaaaaaance…“ Ihre Arme flogen in die Höhe. „Defenders!!“

Eternity beobachtete ihr Treiben lächelnd.

Unite hüpfte begeistert. „Jetzt sind wir bereit fürs Training!“, verkündete sie.

„Das freut mich.“, sagte Eternity schmunzelnd.
 

Gemeinsam begaben sie sich in den Trainingsraum und stellten sich nebeneinander. Eternity schwebte vor sie.

„Was sollen wir tun?“, fragte Desire.

Eternity erklärte: „Konzentriert euch wie eben. Öffnet euer Herz und lasst eure Gefühle als Energie daraus fließen.“

„Das ist alles?“, hakte Change nach, als klänge das zu einfach.

Destiny ließ ihm einen strafenden Blick zukommen. „Du wirst dich auch besonders gut konzentrieren können, wenn dir ein Schatthen gegenübersteht.“

„Hey, mittlerweile bin ich deine Wutausbrüche gewöhnt! Was soll mir da ein Schatthen noch ausmachen?“ Auf seinen Lippen zeigte sich ein schelmisches Grinsen, das durch eine flüchtige Bewegung seiner Augenbrauen noch unterstrichen wurde.

Wie Destiny dieses Grinsen hasste! Wie ein kleiner frecher Junge sah er damit aus. Dass ein Teil von ihr das niedlich fand, konnte sie einfach nicht akzeptieren! Es machte sie wütend.

„Also einfach konzentrieren.“, wiederholte Desire.

Sie und die anderen schlossen erneut die Augen.

Schweigend standen sie da. Angestrengt horchten sie auf die Stille. Ihre Gedanken waren auf das Finden eines besonderen Zugangs, eines außergewöhnlichen Gefühls fixiert, das ihre Fähigkeiten versteckt hielt. Aber je länger und intensiver sie suchten, je ehrgeiziger sie sich darum bemühten, desto weniger schien es ihnen zu gelingen. Nach über fünf Minuten erfolglosen Schweigens gaben sie es auf.

„Es klappt nicht.“, sagte Desire kleinlaut, und klang wie ein Mädchen, dessen sprechende Barbiepuppe plötzlich nicht mehr funktionierte, weil die Batterien alle waren.

Hilfesuchend sahen die fünf zu Eternity. Diese schien allerdings auch kein Patentrezept für diesen Fall parat zu haben.

„In den Zeichentrickserien rufen sie immer irgendwelche Bezeichnungen für ihre Attacken!“, kam es Unite.

„Aber das ist keine Zeichentrickserie.“, klärte Destiny sie auf.

„Vielleicht funktioniert es mit einem Spruch ja besser!“, plädierte Unite.

Wieder schauten die Beschützer auf Eternity, als habe das Schmetterlingsmädchen auf alle Fragen die passende Antwort.

Eternitys Mimik legte nahe, dass sie mit ihrer eigenen Unwissenheit kämpfte, aber die fünf nicht enttäuschen wollte. Dann begann sie zu reden, als würde sie improvisieren.

„Ähm, also… Worte… haben eine eigene Magie… Wenn man etwas in Worte fasst, dann gibt man dem Gedanken eine Form.“

Sie stockte kurz, dann setzte sie mit einem Mal erstaunlich flüssig fort, als würde sie ihre Worte aus einer unbekannten Wissensquelle zapfen. „Früher glaubte man, dass man Macht über einen Menschen hat, wenn man seinen Namen kennt, also sein Wesen in Worte fassen kann. Dieses Prinzip ist zum Beispiel noch in dem Märchen Rumpelstilzchen zu finden. Und in der christlichen Bibel heißt es: ‚Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.‘ Das Wort besitzt demnach schöpferische Kraft. Im Judentum durfte der Name Gottes nicht ausgesprochen werden. Im Islam wird der Koran nur im Original-Wortlaut also in Arabisch vorgelesen, damit die Worte nicht verfälscht werden. Und dass früher Zauberformeln wie Abrakadabra verwendet wurden, ist wohl allgemein bekannt. Ihr kennt vielleicht die Redewendung: Jemandem sein Wort geben. Das Wort bindet den Menschen. Es ist das älteste Pfand, das man einem anderen geben kann.“

Eternity hielt kurz inne, als sei sie über ihren eigenen Wortschwall überrascht. Langsam atmete sie aus wie nach einer anstrengenden Erfahrung. Anschließend sah sie die fünf wieder direkt an und fuhr, nun anscheinend wieder auf ihr eigenes Wissen zurückgreifend, fort. „Vielleicht fällt es euch leichter, eure Kräfte zu steuern, wenn ihr sie mit einem bestimmten Wort koppelt. Wenn ihr eure Kräfte darauf einstimmt, könnte das Wort wie ein Signal wirken, auf das euer Körper reagiert. Aber das ist reine Theorie. Möglicherweise ist das auch abhängig von dem Begriff, den ihr wählt. Er sollte dem Wesen eurer Kraft entsprechen. Das denke ich zumindest.“

„Hab ich’s nicht gesagt!“, triumphierte Unite.

Die anderen sahen einander fragend an.

„Was sollen wir jetzt tun?“, erkundigte sich Trust im Namen von allen.

„Jeder soll sich einen Namen für seine Kraft überlegen!“, erklärte Unite.

Langsam kam sie den anderen wie ein heimlicher Insider vor. Allerdings half ihre Erläuterung ihnen nicht wirklich weiter.

Change starrte Eternity und Unite verständnislos an. „Wie jetzt, ein Name? Elfriede oder was!?“

„Eine Bezeichnung, die den Kern deiner Kraft einfängt.“, drückte es Eternity nicht hilfreicher aber dafür poetischer aus.

„Zum Beispiel etwas, das zu unseren Namen passt. Schicksal, Verändern, Vertrauen, Wunsch.“, versuchte Unite es verständlicher zu machen.

Als die anderen weiterhin mit planlosen Gesichtsausdrücken reagierten, entschloss sich Unite schließlich zu einer Demonstration: „Ich zeig’s euch!“

Unite stellte sich vor die Gruppe. Sie schloss die Augen, legte die Hände auf die Mitte ihres Brustkorbs und versank in sich selbst. Gedanklich sammelte sie sich in ihrem Herzen bis sie eine angenehme Wärme darin spürte wie beim Herbeirufen ihres Wappens.

„Vereinte Kräfte!“, befahl sie energisch. Dabei riss sie ihre Augen auf und ließ ihre Arme zur Seite schnellen, um einen spektakulären Effekt zu erzielen…

Wahrscheinlich hätte es schon spektakulär gewirkt… wenn es irgendeine Wirkung gezeigt hätte.

Unite gab ein verlegenes Kichern von sich und lächelte arglos. „Ist vielleicht doch nicht so einfach.“

Destiny sah sie zynisch an.

Gedankenversunken schürzte Unite die Lippen und betrachtet die anderen. Ihr Blick blieb an Trust haften und ein verstohlenes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie trat hinüber zu Justins verwandelter Form und ergriff seine Hand.

„Vereinte Kräfte!“

Was eben so kläglich fehlgeschlagen war, war nun umso effektvoller.

Das Ergebnis von Unites Ausruf riss die anderen fast von den Füßen.

Okay, es handelte sich nicht um eine wirklich gewaltige Energiewelle, sie war eher klein und niedlich. Aber allein der Umstand, dass auf Unites Befehl eine Reaktion folgte, war einfach überwältigend.

Die Energie, die sich aus Unites Körper gelöst hatte, verteilte sich wie ein feiner Nebel im Raum. Sie streifte dabei auch die anderen Beschützer.

Die Berührung ließ die vier mit einem Mal ein Gefühl von Geborgenheit und Freiheit zugleich empfinden. Unwillkürlich schlossen sie kurzzeitig die Augen und genossen diese Wahrnehmung.

Das Schmetterlingsmädchen flog auf einmal hektisch hin und her, hoch und runter, seine Flügel flatterten aufgeregt. „Du hast es geschafft! Du hast es geschaaaafft!!“ Seine Aufregung hatte es wohl wieder in seine kindlich unschuldige Gestalt verwandelt.

Ewigkeits Begeisterung ließ sich gar nicht mehr bremsen. Übermütig schwirrte sie an Unites Backe und umarmte sie glückselig.

Desire sah Unite entgeistert an. „Wie hast du das gemacht?“

„Bei Vereinen hab ich an ‚mit vereinten Kräften‘ gedacht. Aber dann ist mir eingefallen, dass man ja zum Vereinen etwas Zweites braucht.“ Noch immer hielt sie Trusts Hand.

Trust wagte es nicht, ihr seine Hand zu entziehen und hoffte verzweifelt, dass niemand seinen Herzschlag hören konnte.

„Und dann hat’s geklappt!“, freute Unite sich. Sie schien nicht vorzuhaben, ihn wieder loszulassen.

Nach Unites Erfolg hatten die anderen nun einen Ansporn, ihre eigenen Kräfte zu erwecken, und so rätselten sie, welcher Begriff passend sein könnte.

Besonders Change schien die Wahl äußerst ernst zu nehmen. Es musste ein cooler Name sein, davon war er überzeugt. Allein der Gedanke schüttelte ihn, irgendeinen zuckersüßen Angriffsnamen zu rufen, bei dem man sich jedes Mal in Grund und Boden schämen musste und bei dem sich die Schatthen zu Tode gelacht hatten, bevor die Attacke sie überhaupt erreichen konnte! Wobei das auch eine interessante Art der Schatthenbekämpfung gewesen wäre …

Es musste also etwas Männliches sein! Wie Todesblizzard oder Vernichtungswirbel oder Spirale des Verderbens! Daher begann er eben jene Namen zu rufen in einem vergeblichen Versuch, seine Kräfte auszulösen.

Ewigkeit sah Change entsetzt an. „Mit solchen Namen kannst du eher Schatthen erschaffen als sie erlösen.

„Was soll ich denn rufen?!“ Change setzte den Blick einer kleinen naiven Person auf, nahm eine feminine Pose ein und sprach mit künstlich hoher Stimme: „Rosarote Wolke der Zufriedenheit und des Einklangs!“ Dann wandelte sich sein Gesichtsausdruck wieder zu dem eines genervten Jugendlichen. „Das kann ja wohl nicht dein Ernst sein!!“

Ewigkeit nickte begeistert. Offenbar verstand sie Sarkasmus nicht.

„Ganz sicher nicht!“, rief Change.

Ewigkeit zog einen Schmollmund. „Aber das andere hört sich so düster und bedrohlich an.

„Das ist ja grade das, was die Namen so toll macht! Düster und bedrohlich!“

Ewigkeit zog einen Schmollmund. „Ihr sollt gegen die antreten, die düster und bedrohlich sind. Ihr sollt nicht mit deren Waffen arbeiten.“ Ihr Gesicht sah aus, als würde sie gleich losheulen.

„Sollen wir jetzt etwa in pinken Tütüs durch die Gegend rennen und den Schatthen ein Tänzchen vorführen!?“, rief Change angeekelt.

„Krieg dich mal wieder ein.“, schimpfte Destiny. „Wie wär’s einfach mit Wind der Veränderung? Schlicht und einprägsam.“

Change sah sie einen Moment skeptisch an, dann zuckte er mit den Schultern. „Wenn du dir schon die Mühe gemacht hast, dir extra was für mich auszudenken, kann ich wohl schlecht ablehnen.“

„Es war keine Mühe!“, zischte Destiny.

Change grinste sie an und beugte sich zu ihr vor. „Gib doch zu, dass du mich insgeheim magst.“ Er richtete sich wieder auf und machte seltsame Bewegungen mit seinem Oberkörper, während er in einen noch seltsameren Sprechgesang verfiel:

„Duuu maagst mich, gib’s dooch zuuu! Du kannst mich leiden! Ja ja ja!“ Es war offensichtlich, dass er sie damit bloß provozieren wollte und das gelang ihm auch verdammt gut. In Destinys Gesicht zogen immer schwärzere Gewitterwolken auf.

„Halt die Klappe!“ Sie stieß Change grob von sich.

Da der Angriff für ihn unerwartet kam, schwankte er zunächst nach hinten, um schließlich ganz das Gleichgewicht zu verlieren. Unsanft landete er auf seinem Hosenboden. Doch sein Mundwerk funktionierte noch immer einwandfrei. „Das war ein schwerer Schicksalsschlag!“

Destiny starrte ihn an. „Schicksalsschlag…“

„Ja, wortwörtlich!“, beschwerte sich Change und begab sich auf dem Boden in einen halben Schneidersitz und wartete auf eine Entschuldigung von Destiny. Allerdings konnte er darauf lange warten.

„Schicksals Schlag!“, freute sich Unite und wandte sich zu Desire und Trust, den sie tatsächlich kurz losgelassen hatte. „Und wie heißen eure Attacken?“

Trust fuhr sich mit der Rechten, die Unite zuvor gehalten hatte, unsicher durch das braune Haar. „Was hältst du von Vertrauensband?“

Unite hielt ihren Zeigefinger drohend in die Höhe. „Es geht hier nicht darum, was jemand anderes davon hält. Es ist schließlich deine Attacke!“ Dann lächelte sie. „Außerdem find ich das ’nen tollen Namen!“

Trust zeigte ein verlegenes Lächeln, was seine übliche Reaktion auf Vivien beziehungsweise Unite war. Unite indes erkundigte sich nach Desires Attackennamen.

„Wunschkraft.“, verkündete Desire.

„Dann können wir ja loslegen!“, freute sich Unite.

Allerdings zeigte sich schnell, dass eine Bezeichnung für ihre Kraft allein nicht ausreichte, um eine Wirkung zu erzielen.

Die ersten Versuche blieben erfolglos. Selbst Unite hatte mit Fehlschlägen zu kämpfen. Wieder und wieder bemühten sie sich, ihre Attacken heraufzubeschwören und riefen die zugehörigen Bezeichnungen. Dann allmählich zeigten sich kleine Reaktionen.

Zunächst war es nur ein kleines Funkeln, das Desire zu sehen geglaubt hatte. Von neuer Zuversicht gestärkt, wuchs ihre Kraft schnell zu einem feinen Nebel heran.

Unite hielt Trust noch immer an der Hand, unter dem Vorwand, sie könne nur so ihre Kräfte einsetzen – dabei wusste sie längst, dass dem nicht so war. Allerdings hinderte das Trust eher an seiner Kräfteentfaltung, da er sich dadurch auf überhaupt nichts anderes mehr konzentrieren konnte als auf die Nähe zu ihr, ganz egal wie sehr er sich anstrengte. Als auch Unite das bewusst wurde, ließ sie schließlich von ihm ab. Von da an machte er schnell Fortschritte.

Nur zwei von ihnen standen vollkommen nutzlos herum…

„Das funktioniert einfach nicht!!“, schimpfte Change lauthals, als zum x-ten Mal rein gar nichts geschah. Er hatte es mittlerweile schon mit den verschiedensten Attackennamen probiert, nachdem der Wind der Veränderung wieder und wieder versagt hatte. Unite, die sich – nachdem sie mit Trust ohnehin nicht mehr Händchenhalten konnte – kurzerhand zur Gruppenleiterin aufgeschwungen hatte, ging zu Change hinüber. „Was hast du denn?“, fragte sie wie eine verständige Betreuerin.

„Es geht einfach nicht!!“, brüllte Change sie an.

„Schrei nicht so rum!!!“, mischte sich Destiny ebenso gereizt ein.

„Du kriegst es ja selbst nicht auf die Reihe!“, gab Change wütend zurück.

„Ja! Weil du mich mit deinem blöden Geschrei ständig rausbringst!“, schrie Destiny ihrerseits.

„Als du uns alle umbringen wolltest, hast du’s doch auch gekonnt!“, stichelte Change.

„Da hatte ich auch einen anderen Ansporn!“, keifte Destiny.

„Und der wäre?“

„Dich umzubringen!“

Feindselig funkelten die beiden einander an.

„Kinder, Kinder, so geht das aber nicht.“, sagte Unite in der Stimmlage einer Erzieherin und ging zwischen die beiden. „So… Jetzt macht mir mal alles nach!“

Change und Destiny schauten auf Unite.

Unite atmete tief ein. Change und Destiny atmeten tief ein.

Unite atmete durch den Mund wieder aus. Change und Destiny atmeten durch den Mund wieder aus.

Unite legte ihre Hände auf ihre Brustmitte. Change und Destiny legten ihre Hände auf ihre Brustmitte.

Unite fing an, auf einem Bein zu hüpfen.

Bissig starrten Change und Destiny sie an.

„Was ist?“, fragte Unite unschuldig, noch immer auf einem Bein hüpfend.

„Bist du bescheuert?!“, geiferte Destiny.

„Was soll das?!“, fauchte Change.

Unite hörte auf zu hüpfen und drehte sich zu Destiny und Change um. „Jetzt weiß ich, wo euer Problem liegt!“, rief sie. „Ihr seid zu verkrampft!“

Zwei gereizte Gesichter blickten ihr entgegen.

„Ihr müsst locker bleiben!“, riet sie ihnen. „Wenn ihr etwas erzwingen wollt, dann zieht sich alles in euch zusammen. Spürt ihr das nicht? Sogar eure Gesichtsmuskeln sind total angespannt vom ganzen Bösegucken!“ Mit ihren beiden Zeigefingern verzog sie ihr Gesicht zu einer Teufelsmaske, die den Gesichtsausdrücken von Destiny und Change nachempfunden war.

„Toll und wie soll es dann gehen?!“, schnauzte Destiny sie an.

„Ihr solltet Spaß daran haben.“, erklärte Unite und erntete erneut miesepetrige Blicke. „He, das ist doch keine Prüfung, ihr braucht euch nicht so reinbeißen. Spielt ein bisschen damit. Und macht euch nicht so verrückt!“ Unite schenkte ihnen ein aufbauendes Lächeln.

Destiny und Change stöhnten genervt. Unites blöde Ratschläge brachten sie auch nicht weiter.

Ewigkeit, die die Unterhaltung mitangehört hatte, wandte sich an die beiden Sorgenkinder. „Wenn ihr die ganze Zeit die Fortschritte der anderen beobachtet, setzt ihr euch bloß unter Druck.

Change und Destiny seufzten. Ewigkeit hatte Recht. Es machte sie ganz krank, mitansehen zu müssen, wie die Energiewellen von Desire, Trust und Unite immer größer wurden, während sie so gar nichts zustande brachten!

Ihr könnt dort rübergehen!“ Das Schmetterlingsmädchen deutete zum anderen Ende des Raums. Mit lustlosen Bewegungen folgten die beiden Ewigkeits Rat. Resigniert sanken sie an einer der Wände zu Boden.

„Das klappt nie.“, murmelte Destiny verstimmt.

„Das kannst du laut sagen.“, stimmte ihr Change zu.

Wieder seufzten die beiden. Change lehnte sich gegen die Wand hinter ihnen, während Destiny, die Beine an sich gezogen, ihr Gesicht in ihren Armen versinken ließ.

„Ich komm mir vor wie im Sportunterricht.“

Change sah sie fragend an. „Hä?“

Destiny hob den Kopf leicht. „Da hab ich auch nie was auf die Reihe gekriegt.“

„Ist doch egal.“, meinte Change. Destiny schaute ihn mit großen Augen an, als habe er sie gerade zur Weltrevolution aufgerufen. „Was ist?“

Sie drehte den Kopf wieder weg. „Naja, bisher haben sich immer alle darüber lustig gemacht.“

„Hä? Über was?“ Change stand auf dem Schlauch.

„Dass ich so schlecht in Sport bin.“

Changes Gesicht verzog sich in übertriebenem Schrecken. „Du bist…“ Er hielt seine Hände ans Gesicht und kreischte das nächste Wort in gespieltem Entsetzen. „un-sport-liiiich???“

Ganz offensichtlich fand Destiny den Scherz nicht komisch. Change lachte trotzdem und stupste sie freundschaftlich an. „Hey, sei doch nicht so.“ Er hob die Schultern. „Dass du dir über so was Gedanken machst!“

„Sich wie der letzte Idiot vorzukommen, ist nun mal nicht grad schön.“ Destinys Gemurmel hörte sich an wie das unzufriedene Murren einer Katze. Sie sah Change nicht an.

Changes Augenbrauen gingen in die Höhe. „Man ist doch kein Idiot, nur weil man in Sport schlecht ist…“ Seinem Tonfall war anzumerken, dass er Destinys Sichtweise überhaupt nicht nachvollziehen konnte.

Destiny sah ihn mit einem Blick an, den Change nicht die Bohne deuten konnte, daher sprach er einfach weiter. „Außerdem ist das hier doch was ganz anderes.“

Etwas Gruseliges ging in Destinys Gesicht vor. Fast wäre Change vor Schreck aufgesprungen. Destiny… lächelte!!!

Zwar nur ganz schwach. Aber doch waren ihre Mundwinkel nach oben gezogen! Das konnte nicht normal sein! Sie hatte doch absolut keinen Grund dazu. Überhaupt: Destiny lächelte nicht! Nie!! Und schon gar nicht in seiner Nähe! Ein Schauder lief über Changes Rücken. Was hatte das bloß zu bedeuten?

Destiny stand mit einem Mal auf und nahm einen tiefen Luftzug. Weiterhin lag ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen, ohne dass ihr das bewusst gewesen wäre. Die Beschützerin schloss die Augen.

Es war egal, ob es funktionierte oder nicht.

Das Lächeln auf ihren Lippen wurde bei dem Gedanken automatisch etwas breiter.

Keiner würde sie verurteilen oder über sie lachen.

Das Bild der anderen vier schoss ihr durch den Kopf. Destiny spürte, wie sich in ihren Augen Tränen bilden wollten, und holte noch einmal tief Luft. Dann öffnete sie wieder ihre Augen. Es war nicht mehr als ein Flüstern als ihre Lippen ‚Schicksalsschlag‘ formten. Ein Flüstern mit gewaltiger Wirkung!

Eine Welle an goldenem Schimmer erfüllte die Atmosphäre. Change sprang schockiert auf. Auch die anderen hatten das Schauspiel nicht übersehen. Freudenrufe drangen zu ihnen.

„Wie hast du das gemacht?!“, schrie Change.

Destiny, die im ersten Moment selbst vollkommen baff war, strahlte nun über das ganze Gesicht. So hatte Change sie wirklich noch nie gesehen! Es war ein extremer Kontrast zu ihrer ständigen Sieben-Tage-Regenwetter-Miene.

Destiny wusste zunächst nicht, was sie auf Changes Frage antworten sollte. Sie konnte ihm ja schlecht sagen, dass es an seinen Worten lag, dass sie es jetzt endlich geschafft hatte.

Destinys Mund schien etwas sagen zu wollen, tat es dann aber doch nicht, holte anschließend jedoch zu einem weiteren Versuch aus. „Du musst dich einfach freuen.“

Change musste darauf nicht antworten, sein Gesichtsausdruck allein reichte schon aus, um zu verdeutlichen, dass er nur Bahnhof verstand.

„Du musst an etwas Schönes denken und dann ist es, als würdest du deine Freude durch deinen Körper nach außen fliegen lassen.“, erklärte Destiny, dabei lächelte sie weiterhin. Change fragte sich, ob sie davon später nicht Muskelkater in ihren Mundwinkeln bekommen würde, immerhin waren diese nicht an eine solche Beanspruchung gewöhnt!

„Freuen also.“, wiederholte Change nachdenklich. Er schloss die Augen und stellte sich vor, wie er Erik beim Armdrücken besiegte. Ein breites Grinsen erschien auf seinen Lippen. „Wind der Veränderung!“

Und tatsächlich! Eine Energie löste sich aus seinem Körper und hinterließ ein seltsames Gefühl in ihm. So als wenn man auf einer Schaukel für einen Moment abhebt, dieses komische flaue Gefühl im Bauch, nur dass es hier im ganzen Körper so war. Change glaubte sogar eine Gänsehaut zu spüren.

„Woohooooo!!“, grölte er so laut er konnte und riss die Arme dabei in die Höhe.

„JA! JAAA!“, johlte er und wollte sich gar nicht mehr einkriegen. „Ich hab’s geschafft!!! Ich bin der Größte! Ich bin toll! Woohoooo!!“

Sonst hätte Destiny ihn für diesen Ausbruch wohl böse angefunkelt, aber dieses Mal konnte sie nur selbst strahlen und sich über Changes Freudentaumel mitfreuen.

Change wiederum ergriff kurzerhand Destinys Hände und sang auf und ab hüpfend. „Wir hams geschaaafft!! Wir hams geschaaaafft!!“ Erst im nächsten Moment begriff er, dass er mit Destiny Händchen hielt und ließ sofort wieder los. Sein Grinsen verschwand für einen Moment, in dem er zunächst nicht wusste, was er mit seinen Händen machen sollte, ehe er sie behelfsweise in die Seiten stemmte und ein seltsames Lächeln aufsetzte.

Im gleichen Moment war auch schon Unite zu ihnen gesprungen und umarmte Destiny freudig. „Das habt ihr toll gemacht!“

Auch Ewigkeit schwirrte frohlockend um sie, während Desire und Trust ebenfalls zu ihnen traten.

Change konnte nicht anders als mit seiner Leistung zu prahlen und euphorisch zu demonstrieren, wie toll er das konnte, und ihnen zu beschreiben, wie sie es machen sollten, obwohl Desire und Trust ihre Attacken schon vor ihm hatten einsetzen können. Da er dabei jedoch so eine unschuldige Begeisterung an den Tag legte, ließen sie ihm die Freude.

„Gib nicht so an.“, sagte schließlich Destiny, um seine Hochstimmung zu bremsen. Aber Change schaute sie daraufhin so glückstrahlend an, dass sie sich abwenden musste, um ihm nicht zu zeigen, wie ansteckend sein Lächeln auf sie wirkte.

Unite entging Destinys Lächeln allerdings nicht. Sie kicherte vergnügt. „Lasst uns weitermachen!“

Die Beschützer übten – jetzt wieder gemeinsam – noch eine ganze Weile, ihre Kräfte heraufzubeschwören.

Es würde sie wohl noch viel Training kosten, sie auf Anhieb auslösen zu können, denn auch jetzt, wo jeder von ihnen es gemeistert hatte, seine Attacke einzusetzen, zeigte sich der gewünschte Effekt mitunter erst nach mehreren Versuchen. Aber das war nicht weiter schlimm, denn sie hatten gesehen, dass sie es konnten, und das war fürs Erste das Wichtigste.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Was macht eigentlich Erik währenddessen? Das und vieles mehr erfahrt ihr nächste Woche. ;D Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  CMH
2022-07-02T20:13:47+00:00 02.07.2022 22:13
Hey das mit den Nachnamen war mir noch gar nicht aufgefallen. Wie cool! 👍
Antwort von:  CMH
02.07.2022 22:27
Und die FREUDE über die Freude als Schlüssel, total erhebend, selbst beim bloßen Lesen! 👍💚
Antwort von:  Regina_Regenbogen
09.07.2022 21:53
😄 Dass die Nachnamen subtil genug sind, um einen nicht anzuspringen, ist ein Erfolg. Sind ja auch echte Nachnamen.
Oh, das freut mich sehr! 😍
Von:  totalwarANGEL
2020-11-06T21:24:35+00:00 06.11.2020 22:24
Ach geil, die Reaktion auf Sailor Moon. :D
Aber ich hätte nicht erwartet, dass er zuerst an die Elemente des Periodensystems denkt. Er hat sich bei mir ein ganz bestimmtes Bild erarbeitet, das wird er so schnell nicht mehr los.

Vivien mal wieder zum Fremdschämen... wie kann man nur so ekelhaft optimistisch sein...
He he he, ein Püppchen. Das Püppchen kann mich sowieso mal. :D

Bin ich jetzt ein Otaku, wenn ich bei der Sache "Macht über jemanden gewinnen, indem man seinen Namen kennt" zuerst an Noragami und nicht an Rumpelstilzchen denke?

Aber das Serena lächelt ist doch ein Vorzeichen der bevorstehenden Apokalypse, oder? Also jetzt glaube ich nicht mehr an ein Happy End. :P
Antwort von:  Regina_Regenbogen
06.11.2020 23:31
XD Du hast solche Vorurteile XD Aber daran bin ich ja Schuld. ;D
Ach pessimistisch sein ist auf Dauer so anstrengend und ermüdend. ;D
Wenn Ariane / Desire wüsste, dass du sie Püppchen nennst, würde sie dir den Kopf abreißen. Ich wette, dann wäre sie dir direkt sympathischer. XD

Ich würde an Death Note denken! XD

Ah, du kannst hier doch nicht die ganze Story spoilern! XD
Von:  RukaHimenoshi
2020-11-06T16:54:57+00:00 06.11.2020 17:54
Oooh, nachdem mein Fangirl-Herz im Zug so eine herbe Enttäuschung erleben musste, gleichst du das jetzt aber mit jedem Kapitel mehr und mehr aus. 🥰 Aber nachvollziehbar, dass Justin -öhm, ich meine Trust- so nicht wirklich gescheit trainieren konnte. ^^"

An sich finde ich es richtig cool, wie sie erst einmal eine Meditations-Stunde bekommen haben. :'D (Ich würde da sowas von versagen... XD) Und diese Bedeutung von Worten!!! /(°o°)\ Ich habe so mit Eternity mitfühlen können bei diesem Wow-Moment. Richtig schön beschrieben! Und besonders Serenas (ach verdammt, Destinys) Schicksalsschlag feier ich ab. :D Und Change ist das ganze Kapitel über einfach so knuffig! Wie er sich am Ende gefreut hat! <3 Und wie er es letztlich geschafft hat die Kraft freizusetzen... Grandios!!! X'D

Mir gefällt auch, dass du wirklich konsequent nun ihre Beschützernamen verwendest und auch, wie du den Übergang gestaltet hast. Wobei es am Anfang beim Lesen leider trotzdem ziemlich befremdlich ist. Der Kopf braucht wohl ein bisschen seine Zeit, bis er die richtigen Namen mit den richtigen Personen in Verbindung bringen kann. ^^" (Blöder Kopf. XD)

Ich bin schon gespannt, was Erik so treibt. :D
Antwort von:  Regina_Regenbogen
06.11.2020 19:03
Ja, Justin x Vivien bzw. Trust x Unite Momente sind zwar immer nur ganz klein, aber sie erfreuen einfach das Herz! <3
Danke für das Lob. Ich hatte ein bisschen die Sorge, dass es nerven würde mit der Meditation, aber das musste einfach sein. XD
Ja, Change hat einfach so was Unverfälschtes. :D
Oh ja, das mit dem Wechsel zu den Beschützernamen ist leider etwas schwierig, da man die Namen eben nicht direkt mit den Figuren verbindet. Vielleicht sollte ich noch ein paar mal ergänzen, wer nun wer war, damit man nicht die ganze Zeit verwirrt ist. XD


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