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Balance Defenders

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Die fünf haben den Angriff der Schatthen im Supermarkt dank ihrer neuen Kräfte unbeschadet überstanden. Doch plötzlich droht alles, was sie bisher geglaubt hatten, auseinanderzubrechen. Komplett anzeigen

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Verraten

Verraten

„Besser ein offener Feind

als ein verstellter Freund.“

(Jean Giraudoux, frz. Schriftsteller, 19./20. Jh.)
 

Von unbändiger Angst überkommen pochten die Herzen der fünf in einem hektischen Rhythmus. Das Rauschen ihres Blutes hämmerte so laut in ihren Ohren, dass es die Geräusche ihrer Umgebung wie eine Hintergrundmelodie erscheinen ließ.

Der Wunsch loszurennen, hin zu ihrem Geheimversteck – dem nunmehr einzig sicheren Zufluchtsort – rang mit der Selbstbeherrschung, die sie eindringlich zur Vorsicht mahnte.

Weitere Schatthen konnten sich noch in der Nähe befinden, konnten ohne weitere Vorwarnung auf sie zu stürzen.

Argwohn und Angst mischten sich, ließen den Beschützern die Menschen um sie herum wie potentielle Feinde erscheinen und machten ihnen auch noch die kleinste Bewegung verdächtig.

Mit den letzten zwanghaft beherrschten Schritten schafften sie es zum Park, schauten sich noch einmal misstrauisch um, ehe sie den Weg durch die Bäume zu ihrem kleinen Holzhäuschen einschlugen.

Schnellstmöglich stürzten sie auf den Eingang zu, durchschritten die Pforte, dann verließ sie schließlich die Kraft.

Hilflos brachen sie in sich zusammen.

Auf dem Boden kauernd ergriff erneut ein Zittern die Macht über ihre Körper. Gierig sogen sie Luft in ihre Lungen, in der Hoffnung dadurch ihre überstrapazierten Nerven wieder etwas beruhigen zu können.

Die Bilder von zerfetzt werdenden Schatthen schossen durch ihren Geist. Ein grauenhafter Brechreiz kam in ihnen hoch, den sie nur mit größter Mühe unterbinden konnten. Verzweifelt hielten sie sich den Mund zu.

Der Kampf gegen ihren rebellierenden Körper war zu beanspruchend. Ewigkeits Anwesenheit bemerkten sie erst, als ihre Stimme sie aufhorchen ließ.

Was ist passiert?

Mit angsterfüllten Augen starrten sie das Schmetterlingsmädchen an. Doch nur für einen Moment.

Wieder jagten ihre Blicke ziellos im Raum hin und her, wie Tiere, die sich blindlings in eine Ecke verkrochen und wieder aufsprangen, auf der Suche nach einem besseren Versteck.

„Schatthen...“, hauchte Justin.

Wieder hallte ihr Todesschrei durch seine Gedanken. Er presste die Hände auf seine Ohren, in einem vergeblichen Versuch die Erinnerung auszusperren.

Ewigkeit riss die Augen auf. „Was ... Was habt ihr getan?

„Wir haben gekämpft...“, sagte Ariane atemlos.

Ewigkeit schüttelte entsetzt den Kopf, ihre Stimme wurde zu einem Kreischen: „Was habt ihr getaaan?!

Vitali fuhr auf und schrie vor Aufregung und Ohnmacht: „Unsere Kräfte eingesetzt! Was sonst?!“

Ewigkeits Tonfall blieb unnormal heftig. „Welche Kräfte?

„Ist das so wichtig!?“, brauste Serena auf. „Wir wären beinahe gestorben und du denkst nur daran, ob wir deine oder unsere neuen Kräfte benutzt haben?!“

„Welche Kräfte!

Vitali fuhr sie an: „Diejenigen, mit denen man sich auch zur Wehr setzen kann!“

Ewigkeits Medaillon begann zu leuchten und ihr Gesichtsausdruck änderte sich zu dem Eternitys.

Ihr Blick war streng, geradezu unheimlich. „Ihr habt nicht das getan, was ich euch gesagt habe.“

Mit einem Mal wurde sie laut: „Wieso habt ihr nicht das gemacht, was ich euch gesagt habe!“

Die fünf zuckten zusammen.

Wieso erschien ihnen Eternity schlagartig so fremd, so Furcht einflößend?

„Ihr dürft sie nicht benutzen!“, befahl Eternity. „Nie mehr dürft ihr sie benutzen!“

Vitali sprang auf. „Du hast uns gar nichts zu befehlen! Wo warst du, als wir dich gebraucht haben?! Du kannst nicht über uns bestimmen, wie du grade Lust hast!“

Justin trat vor und hielt Vitali mit seinem ausgestreckten Arm davon ab, näher an Eternity heranzugehen. Mit festem Blick sah er zu dem Schmetterlingsmädchen.

„Eternity.“, sagte er in beherrschtem Ton. „Auch wenn es dich kränkt, diese Kräfte haben uns das Leben gerettet.“

Noch ehe er weiter reden konnte, begann Eternity wieder zu schreien.

„Ihr müsst tun, was ich euch sage!“

Vivien konnte das nicht mehr mit ansehen. Sie stand auf und machte einen Schritt auf das Schmetterlingsmädchen zu. „Eternity!“

Mit versöhnlichem Blick streckte sie ihre Hand nach ihrer kleinen Freundin aus.

Wie unter Hieben wich die Kleine vor ihr zurück. „Nein!“, kreischte sie schrill und riss ihre Arme in die Höhe.

Vivien erstarrte in der Bewegung, völlig perplex von Eternitys Reaktion.

Was ging hier vor?

Ariane packte Viviens Hand, um sie daran zu hindern, sich Eternity nochmals zu nähern.

„Wir werden jetzt gehen.“, sprach Justin langsam und behutsam aus, als stünde er einem unberechenbaren Geisteskranken gegenüber, der ihn rücklings erstechen würde, drehte er ihm leichtfertig den Rücken zu.

„Nein! Ihr dürft nicht gehen! Ihr dürft jetzt nicht gehen!!!“, forderte Eternity.

Vivien starrte sie erschüttert an. Das war doch nicht die Eternity, die sie kannten.

Nein, sie wollte das nicht wahr haben! Was wurde hier gespielt?!

Ariane zog sie zu sich nach hinten, so dass die fünf jetzt wieder in einer Reihe standen.

Schweigend, aber mit abweisenden Blicken, standen sie Eternity gegenüber.

„Ihr müsst jetzt genau das tun, was ich euch sage!“, befahl Eternity. „Wenn ihr das nicht tut, dann ...“

Ehe sie weiterreden konnte, gab Justin das Zeichen rauszurennen.

Die fünf wirbelten herum, stürzten auf die Tür zu und taumelten ins Freie. Ariane zog Vivien mit sich.

Sie rannten, ohne sich umzublicken, durch das Dickicht, auf den Hauptweg des Parks, rannten weg, weit weg.

Aber wo waren sie schon sicher?

Die Schatthen konnten überall auftauchen und Eternity... – Warum war Eternity auf einmal auch zum Feind geworden!?

Das musste ein Scherz sein, ein schlechter Scherz.

Sie mussten das alles falsch verstanden haben, ganz falsch verstanden haben!

Ewigkeit wollte ihnen nichts Böses, sie wollte sie nicht beherrschen, nicht ihre Kräfte für sich nutzen, nicht sie manipulieren! Bei dem Gedanken mussten sie Tränen unterdrücken.

Wieso, wieso musste das alles passieren!? Es durfte nicht wahr sein. Das durfte es einfach nicht!

Serena ging die Puste aus. Die anderen hielten an und blickten sich panisch um. Weder Eternity noch sonst jemand waren zu sehen.

„Wir müssen weiter.“, sagte Justin.

„Was bringt es?“, rief Serena erregt. „Wir können soweit weglaufen wie wir wollen. Sie kann sich teleportieren!“

„Aber...“ Vivien verstand die Welt nicht mehr. „Das muss ein Missverständnis sein. Wir sollten zurückgehen und mit ihr reden.“

„Bist du bescheuert!“, herrschte Vitali sie an. „Hat dir das eben nicht gereicht!“

Vivien schüttelte unwillkürlich den Kopf. „Ewigkeit gehört zu uns.“ Ihr Gesichtsausdruck zeugte von innerer Qual.

„Und was war das dann eben!“, schrie Serena. Es war ihr anzusehen, dass die Erkenntnis sie genauso aus der Bahn geworfen hatte. Sie biss sich auf die Unterlippe. „Man kann niemandem vertrauen.“

Sobald Serena das ausgesprochen hatte, ergriff Vivien schleunigst ihre Hand und sah sie durchdringend an. „Sag das nicht!“

Mit bitter verzerrtem Gesichtsausdruck wandte Serena den Blick ab.

Vivien warf sich ihr in die Arme und hielt sich an ihr fest.

Einen Moment wusste keiner von ihnen, was sie jetzt tun sollten.

Stehen bleiben? Weiterlaufen?

Alles schien nutzlos und würde einen Angriff, egal von wem, doch nur hinauszögern. Die Schatthen und Eternity würden sie überall aufspüren, auch noch am anderen Ende der Welt.

„Vielleicht haben wir sie nur falsch verstanden.“, presste Vivien mit erstickter Stimme hervor.

„Vivien!“, herrschte Serena sie an und packte sie an den Schultern. „Es ist nicht alles rosarot, okay?“ Sie schluckte. „Wir können ihr nicht mehr vertrauen. Verstehst du?“

„Das ergibt keinen Sinn!“, rief Vivien. „Wieso sollte sie … Sie hat uns doch geholfen! Sie hat uns gezeigt, wie wir unsere Kräfte einsetzen!“

„Das kann auch pure Taktik gewesen sein.“, erwiderte Justin resigniert.

Serena nickte. „Um unser Vertrauen zu gewinnen.“

Vitali ballte die Hände zu Fäusten und zog ein gequältes Gesicht. „Und das hat sie ja auch geschafft.“

„Glaubt ihr, sie hat uns die ganze Zeit angelogen?“, fragte Ariane bestürzt.

„Wahrscheinlich.“, sagte Serena bitter.

„Aber was hat ihr das gebracht?“, sprach Ariane weiter.

Serena antwortete: „Hätten wir nicht die anderen Kräfte erlangt, wären wir von ihr abhängig geworden und da wir ihr vertrauten, hätten wir alles getan, was sie von uns wollte.“ Ihre Stimme verlor an Kraft. „Und wir hätten es auch noch für das Richtige gehalten.“

Ariane sah betreten zu Boden, dann schreckte sie mit einem Mal auf. „Der Schutzwall, der sie nicht durchgelassen hat, als wir unsere Kräfte erhalten haben! Der Ort muss gewusst haben, dass sie gegen uns ist.“

Justin ergriff das Wort. „Wisst ihr noch, was Secret im Schatthenreich gesagt hat? Er hat davon gesprochen, dass wir die ganze Zeit beobachtet werden. Serena hatte den Verdacht, dass Ewigkeit ihren und unsere Namen nur auf das Gedicht abgestimmt hat, aber dass wir Erik Geheim genannt haben, konnte sie nicht wissen. Aber wenn wir belauscht wurden, dann konnte der Feind das sehr wohl wissen.“

Vivien sah ihn ungläubig an. „Glaubst du wirklich, dass Ewigkeit zum Schatthenmeister gehört?“

In Justins Augen war Trauer zu lesen. „Ich will es nicht glauben.“

Vitali warf plötzlich ein: „Was, wenn in Wirklichkeit Eternity der Schatthenmeister ist?“

Der Gedanke war zu abstoßend, als dass der Verstand der anderen ihn einfach so hätte hinnehmen können.

Ariane setzte den Gedankengang fort. „Wir konnten uns damals nicht mehr erinnern, nachdem sie uns auf der Baustelle begegnet ist. Das heißt, sie kann auch Menschen manipulieren. Vielleicht war doch sie es, die die Leute im Supermarkt gesteuert hat.“

Serena verkniff sich auszusprechen, was sie für einen Moment dachte: Sie hatte es ja gleich gesagt und niemand hatte auf sie hören wollen! Doch in Wirklichkeit hatte sie Ewigkeit nach Kurzem ebenso ins Herz geschlossen wie die anderen. Auch sie war auf ihr falsches Spiel hereingefallen.

Vivien sträubte sich noch immer dagegen. „Aber wieso hätte sie uns das alles über unsere Kräfte und den Schatthenmeister erzählen sollen?“

„Noch mal! Sie wollte uns auf ihre Seite ziehen!“, rief Serena.

Justin machte ein nachdenkliches Gesicht. „Wir wissen nicht, wer es alles auf uns abgesehen hat. Vielleicht ist nicht nur der Schatthenmeister hinter uns her.“

„Außerdem gibt es wahrscheinlich nicht nur einen von denen.“, ergänzte Serena.

Vivien erhob Einspruch: „Aber Ewigkeits ganze Art, ihre Blicke, ihre Fröhlichkeit, ihre Trauer, das kann doch nicht alles gespielt gewesen sein!“

Für keinen von ihnen war es einfach, diesen Gedanken anzunehmen.

„Ewigkeit ist nicht Eternity.“, fiel es Justin ein. „Eternity kam immer, wenn Ewigkeit provoziert wurde oder nicht weiter wusste. Vielleicht wird Ewigkeit auch nur kontrolliert.“

„Durch das Medaillon!“, rief Ariane. „Es leuchtet auf, wenn sie zu Eternity wird.

„Und was wollt ihr tun?“, wandte Serena ein. „Ihr das Medaillon wegreißen und hoffen, dass sie dann wieder lieb und nett ist?“

„Fürs erste tun wir gar nichts.“, beschloss Justin.

„Was wenn sie einen von uns kontrolliert?“, kam es Ariane.

Die anderen verstanden nicht recht.

„Wenn unsere Feinde andere Menschen und eventuell auch Ewigkeit so mir nichts dir nichts kontrollieren können, wer sagt uns dann, dass nicht auch einer von uns manipuliert wird, ohne dass wir es bemerken?“, erklärte Ariane.

„Ich tippe auf Serena!“, rief Vitali aus wie bei einem Ratespiel.

Serena fauchte: „Dann könnte ich dich wenigstens loswerden!“

Vitali schlug ihr kumpelhaft auf die Schulter. „Nimm doch nicht alles so persönlich!“

„So ein Gedanke macht uns nur misstrauisch gegeneinander.“, meinte Justin ernst.

„Aber er ist berechtigt.“, meinte Serena.

„Hört auf damit!“, schrie Vivien heftig. Die anderen hatten sie noch nie so gehört.

Vivien starrte sie ungewohnt durchdringend an. „Wir sind ein Team! Wir müssen einander vertrauen!“

„Damit wir wieder verraten werden?“, entgegnete Serena bissig.

„Fängst du schon wieder an.“, seufzte Vitali.

„Ist es nicht so?!“, gab Serena zurück und deutete mit ihrem Arm in die Richtung ihres ehemaligen Hauptquartiers. „Eternity könnte jederzeit bei jedem von uns auftauchen und ihn manipulieren.“

Vivien begehrte auf: „Dann merken wir es und befreien ihn davon!“

„So wie wir es bei Ewigkeit bemerkt haben?!“, fuhr Serena sie an. „Und wie würdest du die Person davon befreien wollen?“

Vitali spottete: „Willst du lieber gleich zurückgehen und Eternity töten?“

Serena starrte ihn sprachlos an, dann wandte sie sich ab.

Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und wollte sich zwingen zu sagen, dass das vielleicht die einzige Möglichkeit war. Aber allein der Gedanke schnürte ihr die Kehle zu.

Und wieder waren da die Bilder der zerfetztwerdenden Schatthen in ihrem Kopf.

„Wenn sie uns angreift, dürfen wir nicht mehr zögern.“, wisperte Serena halblaut und ging dann weiter.

Die anderen folgten.

Vivien rannte vor sie und brachte sie mit ausgebreiteten Armen zum Stehen.

„Nein! Wir werden Ewigkeit nicht wehtun!“

Vitali sprach erregt und machte den Eindruck, als stünde er kurz davor, zusammenzubrechen: „Verdammt Vivien, das ist nicht die Ewigkeit, für die wir sie gehalten haben! Sie ist gefährlich!“

„Das wissen wir doch gar nicht!“, beharrte Vivien.

„Willst du es austesten?!“, schimpfte Vitali.

„Besser als jemand Unschuldigem wehzutun!“, rief Vivien.

Justin legte ihr mit einem Mal die Hand auf die Schulter. Er sah sie nicht an.

„Manchmal kann man sich seine Feinde nicht aussuchen.“

Vivien starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. Sie brachte keinen Ton heraus.

Serena, Vitali und Ariane umgingen sie wie eine Straßensperre und setzten ihren Weg fort.

Langsam ließ Vivien ihre Arme sinken, den Blick zu Boden gerichtet.

Schließlich ließ auch Justin sie stehen.
 

Die fünf verschanzten sich in ihren Zimmern, sprachen mit ihrer Familie kaum ein Wort. Dieses Mal war alles anders als zuvor.

Sie waren zwar in der Gruppe nach Hause gegangen, aber die Stimmung war bedrückend gewesen. Im Gegensatz zu sonst hatten sie nicht die Nähe zueinander gesucht. Sie wollten weit weg von allem. Ruhe haben,

Ruhe vor den quälenden Zwangsgedanken in ihrem Kopf, die durch die Nähe zu den anderen nur noch verstärkt wurden.

Noch immer pochte die Energie in ihren Adern und erinnerte sie schmerzlich an ihre Erlebnisse.
 

„Prinzessin, ist alles in Ordnung?“, fragte Herr Bach beim Abendessen.

„Ja.“, gab Ariane knapp zurück.

Ihre Mutter horchte auf. „Hattest du Streit?“ Sie klang eher neugierig als beunruhigt.

„Nein.“, antwortete Ariane mühsam beherrscht, ohne von ihrem Teller aufzublicken. Sie wollte nicht vor ihren Eltern zu weinen anfangen.

Ihr Vater klang furchtbar besorgt. „Ariane, ich sehe doch, dass etwas nicht stimmt.“

„Es ist alles bestens!“, rief Ariane ungewollt laut und sah daraufhin in die entsetzten Gesichter ihrer Eltern.

Abrupt stand sie vom Tisch auf, den Blick abgewandt.

„Ich ...“, sie stockte. „Tut mir leid. Ich fühl mich nicht gut.“ Sie drehte sich um und verließ eilig den Raum.
 

Herr Boden betrat das Zimmer seines jüngeren Sohns. Dieser saß im Halbdunkel auf seinem Bett.

„Justin?“

Er blickte auf, sein Vater näherte sich ihm.

„Du wirkst so abwesend.“

Herr Bodens Blick schweifte kurz hinüber zu dem Fenster, durch das man Sicht ins Nachbarhaus hatte.

„Probleme mit Frauen?“

„Das ist es nicht.“, sagte Justin kraftlos.

Sein Vater setzte sich neben ihn.

„Etwas, worüber du mit mir reden magst?“

Justin seufzte. „Derzeit passiert einfach zu viel.“

Sein Vater wartete, doch Justin schwieg. Daraufhin legte er ihm die Hand auf die Schulter.

„Wenn die Schule für dich zu anstrengend wird, deine Mutter und ich wollen dich zu nichts zwingen.“

Justin schüttelte den Kopf. „Es war meine Entscheidung, die Schule weiterzumachen.“

Er konnte seinem Vater schlecht erklären, dass sein Verhalten überhaupt nichts mit der Schule zu tun hatte.

„Ich brauche nur etwas Ruhe.“, sagte er leise.

„Okay.“ Sein Vater nickte und stand auf. „Aber wenn du irgendwelche Probleme haben solltest, kannst du immer zu mir kommen.“

„Danke.“

Herr Boden verließ das Zimmer.

Justin wandte sich für einen Moment zum Fenster. Dann schlug er die Augen nieder und rutschte weiter zurück, von wo aus er nicht zu Vivien schauen konnte. Er wollte sie gar nicht sehen.

Im ersten Moment erschrak Justin über diesen Gedanken. So etwas war ihm vorher niemals in den Sinn gekommen.

Seltsam fremd fühlte er sich in seinem eigenen Körper.

Er legte sich auf sein Kissen. Sicher brauchte er bloß Schlaf.
 

Ursprünglich war ein Training für Sonntag anberaumt gewesen, das nun hinfällig war.

Für gewöhnlich hätten sie einen anderen Anlass gefunden, sich miteinander zu treffen, aber jetzt wollten sie sich einfach nur verkriechen und vor der grausigen Realität verstecken. Allein der Gedanke an einander rief ihnen wieder ins Gedächtnis, in welcher Gefahr sie sich befanden. Etwas, das sie verdrängen wollten. Und so verspürten sie eine regelrechte Abneigung gegenüber der bloßen Idee, sich beieinander zu melden. Sie wollten weder die Stimme noch das Gesicht oder sonst etwas von einander wahrnehmen.

Doch montags konnten sie sich nicht länger aus dem Weg gehen.


 


 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Die fünf haben mit ihren quälenden Erkenntnissen zu kämpfen und sind wieder auf sich allein gestellt. Doch nehmen die Feinde darauf Rücksicht? Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  CMH
2022-07-03T20:21:22+00:00 03.07.2022 22:21
Warum hören sie Eternity nicht an. 😱 Es bestärkt mich in der Annahme, dass mit den neuen Kräften etwas grundlegend verkehrt ist. 😰💚
Von:  RukaHimenoshi
2021-01-08T22:51:32+00:00 08.01.2021 23:51
Oh wow, was ist denn da passiert?! Das eskalierte mir etwas zu schnell! Ó_Ò Aber gut, es war eigentlich klar, dass Ewigkeit bzw. Eternity nicht gerade glücklich darüber ist, wenn sie diese Kräfte ohnehin schon mit Argwohn betrachtet hat.
Ich bin richtig beeindruckt, wie hin und her gerissen man bei deinen "Feindbildern" ist! Erst Nathan und jetzt auch noch Ewigkeit/Eternity! Und dieser Zwiespalt wurde auch wieder richtig gut rüber gebracht! Ich habe so mit allen Seiten mitfühlen können!!! Und die arme Vivien! Ich habe den Eindruck, die Reaktion ihrer Freunde könnte sie härter getroffen haben als Eternitys Wutausbruch. °~° Und dann auch noch von Justin stehen gelassen zu werden, ach Maaaaannnnnnnn!!!!!!! T___T
Aber es ist auch richtig schwer nach allem, was passiert ist, überhaupt jemandem vertrauen zu können. Och Leute, umarmt euch und habt euch wieder lieb! X_X
Antwort von:  totalwarANGEL
09.01.2021 00:03
Ich denke Ewigkeit ist deshalb so ausgetickt, weil man die Shadows aus gewissen Gründen nicht töten sollte. Vielleicht passiert dann etwas negatives mit der Psyche desjenigen, von dem sich der Shadow abgespalten hat. Wer weiß...
Antwort von:  Regina_Regenbogen
09.01.2021 00:16
Ach, gut, böse, sind doch alles nur bürgerliche Kategorien. XD
Freut mich, dass du mit den verschiedenen Seiten dennoch mitfiebern konntest. (❁´◡`❁)
Ja, zum ersten Mal sieht man Vivien verunsichert. Das alles war einfach zu viel auf einmal für alle.
Antwort von:  Regina_Regenbogen
09.01.2021 00:21
Mein lieber totalwarANGEL, darauf kann ich leider nicht antworten, da ich mir sonst die nächsten zwei Kapitel sparen könnte. XD
Antwort von:  totalwarANGEL
09.01.2021 00:24
Heißt übersetzt: Genauso ist es.
Antwort von:  RukaHimenoshi
09.01.2021 00:24
@totalwarANGEL
Ja, einen Gedanken in diese Richtung hatte ich auch, da es ja ursprünglich darum ging die Schatthen mit "schönen Emotionen" zu erlösen, weshalb sie das versucht hatten.
Deine Theorie mit dem Abspalten der Schatthen bzw. Shadows finde ich auf jeden Fall mega interessant und schlüssig. Dass sie mit der "dunklen Seite" eines Menschen zusammenhängen ergibt besonders Sinn, wenn man daran denkt, wie sie eigentlich bekämpft werden sollten.
Aber wer denkt in so einer Paniksituation auch an Schmetterlinge auf Sonnenblumenfeldern? ^^"

@Regina
Ach, das erinnert mich an was mit "alles nur schwarz-weiß" sehen. XD ... Grauen-Eminenz, NEIN! Den Spruch haben sich meine Leute schon reserviert! :'D
Aber Vivien tut mir auf jeden Fall mega leid. Und auch der ganze Rest. Nach so einer an sich schon traumatisierenden Situation... X_X
Antwort von:  Regina_Regenbogen
09.01.2021 00:33
totalwarANGEL, also manchmal würde ich dich ja diese Geschichte gern weiterschreiben lassen, nur um zu sehen, was bei dir passieren würde. ;D Mir gefällt deine Denkweise.
Antwort von:  totalwarANGEL
09.01.2021 00:52
Ich bin nur sehr beeinflusst von Persona 3, 4 und 5... :D
Dort dreht sich alles um Tarot und die Psyche der Menschen. Die Masken (Personas), die man als "Schutzgeister" beschwören kann, Shadows (Schatten) als personifizierte versteckte Wünsche und natürlich die Reise zu seinem True Self.
Sind alles interessante Spiele. ;)
Antwort von:  Regina_Regenbogen
09.01.2021 01:37
Das klingt superspannend! 😃
Das hat man nun davon, dass man nie eine Playstation hatte. 😅 Die Story klingt echt toll. Es soll ja Animeadaptionen davon geben. Vielleicht sollte ich da mal reinschauen.
Fand das mit dem Velvet Room, was du erwähnt hattest, schon so cool! 😃
Antwort von:  totalwarANGEL
09.01.2021 10:54
Persona 4 Golden gibt es inzwischen auf Steam. ;)
Antwort von:  Regina_Regenbogen
09.01.2021 16:28
Danke für den Hinweis! :D
Habe den Anime zu Persona 4 auf YouTube gefunden. :D Ich bin zu ungeduldig, um das Spiel zu spielen. XD Dafür bräuchte ich mehr Stunden am Tag.
Antwort von:  totalwarANGEL
09.01.2021 17:45
Im Anime ist das viel zu komprimiert. Da kapiert man gar nicht wirklich, was da abgeht. Ich hab manches erst nach dem Spielen verstanden.
Antwort von:  Regina_Regenbogen
09.01.2021 19:50
Oh ok, danke für den Hinweis. Hm. Dannn muss ich mir das noch mal überlegen.
Von:  totalwarANGEL
2021-01-08T22:29:16+00:00 08.01.2021 23:29
Fein? Haben die alle einen Sockenschuss? Ist schon verständlich, dass ihnen im Moment der Durchblick fehlt, aber sie sollten das noch mal mit etwas mehr Abstand betrachten. Dann kapieren sie es vielleicht auch...
(Zumindest glaube ich, etwas kapiert zu haben. XD)
Nein, für alles muss es eine andere Erklärung geben. Ich weigere mich, diesen Knochen zu schlucken. ;)
Außerdem könnten sie Ewigkeit/Eternity auch erst mal ausreden lassen...
Die Jugend von heute...

Ja und Eltern können echt lästig sein. Andauernd bemerken sie, wenn irgend was los ist.
Habe mich nur gewundert, dass nicht jeder eine kurze Szene mit seinen Eltern hat.
Eben immer für eine Überraschung gut!
Antwort von:  Regina_Regenbogen
08.01.2021 23:45
Wie, du schluckst diesen Knochen nicht? Und da hab ich als Veganer gedacht, Fleischesser schlucken alles, was vom Tier kommt. XD Du stellst meine Weltsicht auf den Kopf!
Ach, reden, reden, Kommunikation wird total überbewertet! Schau dir doch mal Facebook-Kommentare an. Miteinander zu kommunizieren, bringt nichts als Ärger. XD (╯°□°)╯︵ ┻━┻

;D Die anderen haben noch keine eigene Szene bekommen, weil diese entweder im nächsten Kapitel kommt oder ihre Reaktion sehr dem ähnelt, worum es eben im nächsten Kapitel geht. Daher wäre es zu repetitiv geworden.


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