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First Kiss

One-Shots
von

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Second

Wen bitte interessierte ein toter Knilch, der nur geschwollen daher gequatscht hatte? Und wen bitte interessierte es, ob das Wort nun „schlimm“ oder „schlümm“ geschrieben wurde? Klang doch fast gleich. Jeder wusste doch, was gemeint war. Wozu also das ganze Theater? DAS war SCHLÜÜÜ!!!MMM.

Es gab doch wirklich Wichtigeres. Zum Beispiel den Cowboys beim Zureiten der Pferde zu zusehen, oder selber irgendwohin zu reiten, oder den großen Mädchen, den Cheerleadern, beim Training zu zuschauen, oder mit Vaters Blaster Tontauben schießen zu üben, oder am See die Mädchen aus seiner Klasse beim Umziehen zu beobachten. Da gab es zwar noch nicht so viel zu sehen, wie bei den Cheerleadern, aber immerhin war das Gekreische lustig.

Alle seine Freunde waren jetzt am See und hatten ihren Spaß, nur er nicht. Und das nur, weil seine Eltern ihn zur Nachhilfe verdonnert hatten. Wegen eines blöden Diktates, das er vergeigt hatte. Na gut, die Eins hatte eine Null hintendran, aber trotzdem … Das war nicht fair.

Er sah sich in seinem Zimmer um, wobei er den Fehler machte, als erstes aus dem Fenster zu sehen.

Boah, echt! Draußen strahlte die Sonne vom wolkenlosen Himmel – es konnte nicht mal regnen – leuchtete das Gras in sattem Grün und … oh, die Luft roch bestimmt nach Abenteuer und Freiheit.

Also jetzt reichte es ihm. Er würde doch nicht hier drinnen versauern, während er auf irgend so eine alte Schachtel wartete, die ihm den Unterschied von „schlimm“ und „schlümm“ erklären sollte. Nee, nee, das konnten seine Eltern vergessen. Da hörte der Spaß aber auf. Er war doch kein Gefangener.

Ein listiges Grinsen stahl sich auf das Gesicht des Dreizehnjährigen. Auf Indianersohlen schlich er zum Fenster und öffnete es geräuschlos. Tief sog er die Luft ein – oh ja, Freiheit und Abenteuer, wie er es sich gedacht hatte.

Er spähte die Hauswand hinab. Sein Zimmer lag im ersten Stock und unterhalb seiner Fensterbank endete das Rosenspalier seiner Mutter. Perfekt! Er rieb sich die Hände.

Flink schwang er sich auf die Fensterbank, tastete vorsichtig mit dem Fuß nach der ersten Querlatte des Spaliers und begann abzusteigen.

Sommer, ich komme.

Risse in seinem Shirt und Kratzer auf seinen Armen interessierten ihn nicht. Und die Schachtel, die da bald in seinem Zimmer aufkreuzen würde, die konnte warten, bis sie verfault war.

Eben fühlte er saftiges Gras an seinen Fußsohlen, da hörte er eine Stimme hinter sich.

„Hi Monchi, deine Mama hat mir schon gesagt, dass du türmen und ich dich hier finden würde“, erklang es fröhlich.

Der Junge erstarrte regelrecht.

DAS konnte einfach nicht sein! UNMÖGLICH! Seine Eltern konnten ihn nicht so sehr hassen.

Wie in Zeitlupe drehte er sich um und glotzte das Mädchen, das da stand an, wie die berühmte Gans beim berühmten Donner.

Oh, nicht doch, nicht doch, nicht doch …

DOCH!

Vor ihm stand Marissa Simmons. Sechszehn Jahre alt, drei Klassenstufen über ihm, gute Noten, beliebt bei jedem, Cheerleaderin und – das allerwichtigste – W-U-N-D-E-R-S-C-H-Ö-N.

Sie war mit ihrem wallenden haselnussbraunen Haar, den grünen Augen und den endlos langen Beinen der wahrgewordene Traum eines jeden Jungen an seiner Schule, der wusste, dass sich im BH eines Mädchens mehr beziehungsweise anderes verbergen konnte, als Watte, Taschentücher und ähnliches Füllmaterial. Dieses Mädchen hatte nicht nur „richtige“ Brüste, oh nein, davon hatte sie auch noch reichlich.

„Monchi“, wie sie ihn nannte, war in sie verliebt, seit sie in der Schulcafeteria vor ihm in der Schlange gestanden und sich nach etwas gebückt hatte, dass ihr runtergefallen war. Dabei hatte er in ihren Ausschnitt und auf dessen wundervollen Inhalt sehen können. Als sie dann auch noch beim Aufstehen seinen Mund wieder zugedrückt und keck grinsend „Nicht sabbern, Schnucki“ gesagt hatte, war es ganz um ihn geschehen. Das war vor einem halben Jahr passiert und nun sollte ausgerechnet sie seine Nachhilfelehrerin sein.

Ein Laut, der wohl ein verlegenes Lachen sein sollte, entwich seinen Lippen und offenbarte sich als der elendigste Klageton des gesamten Neuen Grenzlandes.

Das Leben war nicht nur hart – es war grausam.

Aber was sollte er tun?

Vor ihm stand Marissa Simmons.

Er war ja sowas von erledigt.

In den verbleibenden vier Wochen vor den Zeugnissen, so hatten es sich seine Eltern in den Kopf gesetzt, sollte er seinen drohenden Vierer in einen Dreier verwandeln oder er würde seine Sommerferien in einer Sommerschule verbringen. Er hatte die Qual der Wahl. Entweder Sommerschule oder Marissa, entweder … oder …

Ehe er das Ganze überdenken konnte, schritt diese ganz selbstverständlich den Weg zurück ins Haus und er folgte ihr, wie ein Hündchen seinem Spielball, die Augen nicht von dem wippenden Saum ihres Sommerkleides abwenden könnend und in der Hoffnung ein Blick auf ihr Höschen zu erhaschen.
 

Sich in ihrer Nähe zu konzentrieren war noch schwerer, als sich überhaupt zu konzentrieren, noch dazu auf Rechtschreibung.

Sein Lockenkopf qualmte schon und doch blieb sein Blick an ihren Lippen hängen. Er hörte kaum, was sie sagte und das, was er wahrnahm, interessierte ihn schlichtweg nicht.

Er erfüllte die Aufgaben, die sie ihm stellte und befand, er hätte damit seinen Teil geleistet. Sie sah das jedoch anders, wies auf Fehler hin, erklärte und wollte einfach nicht aufhören über dieses bekloppte Rechtschreibzeugs zu reden. Das war zur viel der Ungerechtigkeit des heutigen Tages.

Frustriert und gelangweilt kritzelte er beiläufig etwas in seinen Block, während er halbherzig auf ihre Stimme hin nickte.

„Wenn du schon ‚Leck mich‘ schreibst, dann bitte mit ‚ck‘ und nicht mit ‚g‘, sonst ‚leG‘ ich dich und zwar ‚um‘. Nur dass wir uns da einig sind.“

Erschrocken ließ er den Stift fallen und starrte sie an. Mann, dass war jetzt aber peinlich.

Sie grinste keck.

„Das war’s für heute, Monchi“, verabschiedete sie sich, stand auf und stupfte ihm mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. „Bis morgen.“ Damit entschwand sie dem Zimmer und überließ ihn mit pubertierenden Überlegungen zu den Verben Lecken und Legen und der Ausführung durch sie.
 

***
 

Irgendwann, in der ausgesprochen weit entfernten Zukunft von in fünf bis zehn Jahren, würde ihm ein Freund oder Kollege ausführlich erklären, dass Mädchen wie Marissa Simmons das Klischee der allseits beliebten Musterschülerin durch ihre Existenz begründet hatten beziehungsweise bestätigten. Dass sie mit natürlicher Anmut und Schönheit ebenso gesegnet waren, wie mit Intelligenz, Witz und einem guten Instinkt für ihre Mitmenschen. Dieser Instinkt, so würde ihm derjenige weiter auseinander klamüsern, wäre auch der Grund, warum sich die Nachhilfestunden veränderten. Denn diese Marissa-Simmons-Mädchen wüssten aus dem Bauch heraus, dass der Junge nicht dumm war, sondern einfach lieber aktiv. Entsprechend gab es ein allenfalls beiläufiges Lernpensum aus vier oder fünf Aufgabenblättern – denn wirklich intensiv lernen musste der Schüler nicht, er brauchte lediglich eine leichte Wiederholung – das dieser als notweniges Übel und lästige Unterbrechung des Spaßes mit seiner Nachhilfelehrerin ansah und darum innerhalb weniger Minuten erfüllte – und auch um seiner Mutter „beweisen“ zu können, dass er etwas getan hatte.

In jener fernen Zukunft würde diese Erklärung den Lockenkopf genauso wenig interessieren wie in der Gegenwart.

In der Gegenwart genoss er es nämlich viel zu sehr, Marissa zum Lachen zu bringen. Da sie gewissermaßen mit vollem Körpereinsatz lachte, war dies besonders oberhalb ihrer Gürtellinie ein traumhafter Anblick.

Sobald sie sein Zimmer betrat, verkam alles andere zur Nebensache. Wen interessierte es, dass seine Mutter seine neuerdings ausgiebigen Duschen als Wasserverschwendung betrachtete. Eigentlich sollte sie sich doch freuen, dass sie ihn nicht mehr an den Ohren in die Nasszelle schleifen musste. Und wen kümmerte es noch, dass sein Vater ihm den Preis seines exklusiven Rasierwassers vom Taschengeld abgezogen hatte, nachdem sein Sohn es aufgebraucht hatte? Immerhin hatte Marissa festgestellt, dass „Monchi“ wirklich gut roch.

Schlussendlich waren all diese Dinge doch nur die Nebenwirkungen der Nachhilfe, auf die seine Eltern ja bestanden hatten. Erhöhter Wasserverbrauch und etwas After Shave waren doch nun wirklich ein kleines Übel, denn das Ergebnis war, dass sie auf seinem Zeugnis die gewünschte Note vorfanden.

An dem Freitag, an dem er sein Zeugnis bekam, besuchte Marissa ihn noch einmal. Mochte sie auch einen großen, in Geschenkpapier eingewickelten Karton dabei haben, so störte es ihn doch augenblicklich, dass ihr Lächeln heute irgendwie … na, nicht wie sonst eben, strahlte.

„Für dich, Monchi“, meinte sie, als sie ihm ihr Mitbringsel in die Hände drückte.

„Als Glückwunsch zum Zeugnis und zum Abschied.“

Das Päckchen plumpste mit seiner Kinnlade auf den Boden.

„Abschied?“, echote er ungläubig.

Sie nickte.

„Meine Eltern haben beschlossen, nach Barahma Pekos zu ziehen. Drei Wochen, bis wir ankommen, wenn wir heute Abend aufbrechen“, erklärte sie mit einem entschuldigenden Unterton.

„Heute Abend?“ Wieder war er nur ihr Echo.

Abermals nickte Marissa und hob das Geschenk auf.

„Pack es aus, Monchi, sonst wirst du nie ein Cowboy“, grinste sie neckisch.

Cowboy? Wie musste er das verstehen? Hielt sie ihn für eine Memme? Das war doch bitte nicht ihr Ernst. Er wollte schmollen, grollen, doch wie konnte er das, bei diesem kecken Zwinkern? Was war da in dem Kasten, dass ihm über das seltsame Ziehen in seiner Brust hinweg helfen sollte?

Er nahm ihr das Paket ab und stellte es auf den Tisch.

„Na schön“, murrte er und macht so deutlich, dass er sich von ihrer Eröffnung getroffen fühlte.

Scheinbar desinteressiert riss er das Geschenkpapier ab und lüftete den Deckel. Als er die milchweiße Packfolie zur Seite wischte, konnte er nur noch ungläubig den Mund öffnen.

Mann, ernsthaft, er kam sich dämlich vor, aber er konnte es nicht verhindern.

Er sah sie an, sah wieder auf sein Präsent und zu ihr zurück.

Sie grinste fröhlich und griff in die Schachtel. Vorsichtig nahm sie den Inhalt heraus und setzte ihn auf seinen Kopf.

Na klar. Ein Cowboyhut. Etwas zu groß noch, aber ein Cowboy brauchte einen Hut. Logisch. Und der … nun, der war ab sofort heilig. Ganz klar.

„Steht dir gut“, stellte sie fest und stupfte ihm die Krempe über die Augen.

„Hey“, protestierte er postwendend und schob lässig mit einem Daumen die Kopfbedeckung zurück.

„Für `ne Lady wie dich, war das jetzt aber ganz schön kindisch“, versetzte er frech und grinste sie an.

„Für `nen Macho wie dich war das jetzt richtig cool“, gab sie zurück.

Geschmeichelt strahlte er sie an.

„Vergiss mich nicht sobald, okay“, lächelte sie.

WOW … Was …? Wie …? Wer …?

Es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass sie sich leicht zu ihm hinunter gebeugt hatte und er gerade ihre Lippen auf seinen fühlte. Seine eben gewonnene Coolness schmolz und machte seine Knie weich.

Ihre Lippen auf seinen … Das … bedeutete … sie … küsste … ihn …

SIE KÜSSTE IHN!!! Auf den Mund! Mit ihrem!

Irgendetwas begann zu wirbeln. Sein Kopf? Sein Zimmer? Der ganze Planet?

Haltsuchend streckte er die Arme nach ihr aus, bekam ihre Taille zu fassen und ignorierte, wie tollpatschig das wirken musste. Es war auch leicht, das auszublenden, denn ihr Mund fühlte sich viel fantastischer an, als er es sich je hätte ausmalen können.

Jetzt, da die Überraschung wich, berauschte ihn diese Empfindung und mit ihr fluteten auch Mut und Erkundungslust durch seinen Körper.

Langsam öffnete er seinen Mund, stieß tastend mit der Zungenspitze gegen ihren und ehe er es richtig begriff, war er über ihre Unterlippe geglitten und berührte ihre Zunge.

Irgendwann hatte er mal aufgeschnappt, dass ein Zungenkuss wie Eis essen funktioniere: Mund aufmachen und dann die Zunge wie beim Lecken bewegen. Dieser Anweisung nachzukommen, erschien ihm jetzt irgendwie zu blöd.

Viel aufregender war es, dass sich in ihren Mündern eine Art Kampf zu entspinnen schien, in welchem sie beide versuchten, die Zunge des anderen zwischen dessen Lippen zurück zu drängen.

Nur beiläufig bemerkte er, dass Marissa ihre Arme um seinen Hals gelegt und ihn näher zu sich gezogen hatte. Er verschwendete keinen Gedanken daran, wie er sich anstellte, oder wie er das seiner Mutter erklären sollte, würde diese justament hereinplatzen.

Spannender war diese kleine Schlacht, die er gerade austrug, und je länger diese dauerte, desto stürmischer wollte er sie für sich entscheiden.

Als Marissa in einem Patt-Moment den Kuss löste, wurde ihm klar, dass es bei solchen Duellen keine Sieger oder Verlierer gab, nur Genießende. Mehr oder weniger, aber garantiert auf seiner Seite.

Sie lächelte, als sie ihn ansah und in seinen Augen das abenteuerlustige Funkeln eines Eroberers erkannte.

„Uh, die Mädels müssen sich vor dir in Acht nehmen, Cowboy. Du wirst sie atemlos machen.“

Bei diesem Kompliment ließ Stolz seine Brust schwellen. Dieses Gefühl hielt an, bis die Nacht anbrach und Marissa längst für immer aus seinem Leben verschwunden war.

Der Regen, der ihm das Wochenende im wahrsten Sinne des Wortes vergraute, passte zu seiner Stimmung. Nannte man das „Liebeskummer“, was ihn da grad so lustlos machte? War ja widerliches Gefühl. Er verabscheute es, besonders, da es nichts daran änderte, dass er Marissa Simmons nie wieder sehen würde.

Er wünschte sich einen Lichtblick herbei. Irgendeinen.

Am Montag riss die Wolkendecke auf. Die Sonne strahlte so warm, als hätte es nie geregnet. Als am Nachmittag ein Freund aus der Schule vorbei kam, war schnell alles gepackt, was man für ein paar tolle Stunden am See brauchen konnte.

Er würde viele seiner Freunde und Mitschüler treffen und jede Menge Spaß haben. Dafür würde er sorgen.

Er hatte sich gerade auf sein Handtuch gesetzt, den etwas zu großen Hut in den Nacken geschoben, um freie Sicht zu haben und die Lage am See zu checken, als Tracy Meyers, ein Mädchen aus seiner Klasse, neben ihm auftauchte. Sie begrüßte ihn etwas befangen und setzte sich zu ihm. Verlegen versuchte sie ihn in ein Gespräch zu verwickeln, doch das bekam er kaum mit. Ihn lenkte die Feststellung ab, dass Tracys helles Haar auf ihrer gebräunten Haut ein sehr netter Anblick war, dass sie einen neuen Bikini trug und … oha, das war kein Füllmaterial in dem Oberteil, das war richtiger Inhalt. Wann hatte sie den denn bekommen?

Er hörte wie sie sich kleinlaut räusperte und sah zu ihr auf. Hatte sie Lippenstift auf ihrem Mund?

Verschmitzt schmunzelte er sie an. Gleich nicht mehr. Er beugte sich zu ihr und küsste sie rasch. Dann lehnte er sich leicht zurück und grinste kess: „Magst du’n Eis?“



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